Drucksache 6/5437

LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN
6. Wahlperiode
Drucksache 6/5437
25.06.2016
BESCHLUSSEMPFEHLUNG UND BERICHT
des Europa- und Rechtsausschusses (3. Ausschuss)
zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung
- Drucksache 6/4469 -
Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Landesrichtergesetzes des
Landes Mecklenburg-Vorpommern
A
Problem
Das Landesrichtergesetz sieht in der geltenden Fassung eine Beteiligung des Richterrates nur
an den allgemeinen und sozialen Angelegenheiten vor. Das Personalvertretungsgesetz des
Landes gilt insoweit entsprechend, als sich aus dem Landesrichtergesetz und dem Deutschen
Richtergesetz nichts anderes ergibt. Insbesondere im Bereich personeller Maßnahmen bleiben
die Beteiligungsrechte der Richtervertretungen - auch unter Berücksichtigung der den Präsidialräten zugewiesenen Aufgaben - hinter denjenigen der Personalvertretungen zurück. Dieser
generelle Verweis auf die personalvertretungsrechtlichen Regelungen des Landes wird der
Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Justiz als Dritte Gewalt nicht mehr gerecht. Ziel des
vorgelegten Gesetzentwurfes ist deshalb die grundsätzliche Anpassung des Landesrichtergesetzes an das Personalvertretungsgesetz des Landes im Hinblick auf Beteiligungstatbestände, Verfahren und Gremienstruktur, wobei der aus Artikel 97 Grundgesetz und dem
Deutschen Richtergesetz resultierende besondere Status von Richterinnen und Richtern zu
berücksichtigen ist.
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B
Lösung
Mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung sollen die Beteiligungsrechte von Richterinnen
und Richtern - orientiert an den Empfehlungen einer durch das Justizministerium im Einvernehmen mit dem Hauptrichterrat und dem Hauptstaatsanwaltsrat eingesetzten Expertenkommission - eigenständig im Landesrichtergesetz geregelt werden (Artikel 1) und an die des
Personalvertretungsgesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern angeglichen werden, um
gegenüber dem allgemeinen Personalvertretungsrecht bestehenden justizspezifischen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Wegen der engen Zuordnung der Staatsanwaltschaft als Organ
der Rechtspflege und als Strafverfolgungs- und Anklagebehörde zur Dritten Gewalt sollen
ihre Beteiligungsrechte im Landesrichtergesetz entsprechend denen der Richterschaft geregelt
werden. Die Gremienstruktur der richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Beteiligung wird
beibehalten, wobei das im Personalvertretungsrecht bewährte Instrument der Einigungsstelle
ergänzend aufgenommen wird. Ergänzt wird das Verfahren außerdem durch das Instrument
eines turnusmäßigen oder anlassbezogenen Beteiligungsgespräches.
Die Beteiligungsrechte werden inhaltlich präzisiert und erweitert. Die Beteiligung der
Richter- und Staatsanwaltsräte erfolgt auch bei organisatorischen und personellen Maßnahmen, soweit nicht die Zuständigkeit des Präsidialrats oder des erweiterten Hauptstaatsanwaltsrates gegeben ist. Es wird zwischen der Mitbestimmung und der Mitwirkung als der
schwächeren Form der Beteiligung unterschieden. Neben seinen bisherigen Zuständigkeiten
bei der Beförderung, Anstellung und Entlassung von Richterinnen und Richtern auf Probe
und kraft Auftrags wird der Präsidialrat auch im Falle einer Veränderung der Gerichtsorganisation vor der Übertragung eines anderen Richteramtes und vor der Amtsenthebung
einer Richterin oder eines Richters sowie vor der Abordnung einer Richterin oder eines
Richters auf Lebenszeit oder auf Zeit ohne ihre oder seine Zustimmung beteiligt. Ein Mitglied
des Präsidialrats kann bei Bewerbungsgesprächen für Neueinstellungen teilnehmen.
An der Rechtswegzuweisung an die Verwaltungsgerichtsbarkeit wird festgehalten, wobei eine
Konzentration der erstinstanzlichen Verfahren bei dem bereits für das Personalvertretungsrecht zuständigen Verwaltungsgericht Greifswald erfolgt. Wie im Personalvertretungsrecht
finden die Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlussverfahren Anwendung.
Die bislang bestehende organisatorische Angliederung der Richterdienstgerichtsbarkeit bei
der ordentlichen Gerichtsbarkeit wird auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit verlagert. Die
Besetzung des Richterdienstgerichts und des Dienstgerichtshofs wird stärker an die Verwaltungsgerichtsbarkeit angebunden.
Wegen der anstehenden Änderung des Landesdisziplinargesetzes ist eine gesonderte Regelung für Richter und Staatsanwälte hinsichtlich der Unterbrechungswirkung für Maßnahmeverbote aufzunehmen.
Artikel 2 regelt das Inkrafttreten und enthält eine Übergangsvorschrift im Hinblick auf die
geänderte Besetzung der Vertretungsgremien.
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Der Europa- und Rechtsausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf der Landesregierung mit
zwei Änderungen und im Übrigen unverändert anzunehmen. Bei Abordnungen und
Versetzungen sollen auch die Richterräte der abgebenden Dienstelle beteiligt werden
(§ 15g Absatz 2 Satz 2 des Gesetzentwurfs). Darüber hinaus soll § 16 des Gesetzentwurfs
redaktionell geändert werden.
Einvernehmen im Ausschuss
C
Alternativen
Keine.
D
Kosten
Die für die Angleichung der Beteiligungsrechte der Richter und Staatsanwälte an das Niveau
des Personalvertretungsgesetzes erforderliche Freistellung im Umfang von 1,0 Arbeitskraftanteilen für einen Richter der Besoldungsgruppe R 1 Bundesbesoldungsordnung wird im
Hinblick auf die sich daraus ergebenden Personalkosten sowie den Vollzugsaufwand auf
Seiten der Justizverwaltung im Rahmen der Stellen und Mittel des Justizministeriums
gedeckt.
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Beschlussempfehlung
Der Landtag möge beschließen,
den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 6/4469 mit folgenden Maßgaben und
im Übrigen unverändert anzunehmen:
Artikel 1 Nummer 5 wird wie folgt geändert:
1. In § 15g Absatz 2 Satz 2 werden nach dem Wort „Richterräte“ die Wörter „der abgebenden
und“ eingefügt.
2. In § 16 wird der Absatz nach Absatz 5 Nummer 7 mit der Absatzbezeichnung 3 zu
Absatz 6. Die Nummern 8 und 9 werden die Nummern 1 und 2 des neuen Absatzes 6.
Schwerin, den 14. April 2016
Der Europa- und Rechtsausschuss
Detlef Müller
Vorsitzender und Berichterstatter
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Bericht des Abgeordneten Detlef Müller
I.
Allgemeines
Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern hat den Gesetzentwurf der Landesregierung, Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Landesrichtergesetzes des Landes
Mecklenburg-Vorpommern auf Drucksache 6/4469 während seiner 100. Sitzung am
23. September 2015 beraten und an den Europa- und Rechtsausschuss federführend sowie zur
Mitberatung an den Finanzausschuss überwiesen.
Der Europa- und Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf in mehreren Sitzungen, darunter
einer öffentlichen Anhörung, beraten - abschließend am 13. April 2016 - und einvernehmlich
die vorliegende Beschlussempfehlung angenommen.
II.
Stellungnahme des mitberatenden Finanzausschusses
Der Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 117. Sitzung am 3. März 2016
abschließend beraten und im Ergebnis seiner Beratung mit den Stimmen der Fraktionen der
SPD, der CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der NPD einstimmig
beschlossen, dem federführenden Europa- und Rechtsausschuss aus finanzpolitischer Sicht
die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs zu empfehlen.
III.
Wesentliche Ergebnisse der Beratungen des Europa- und Rechtsausschusses
1.
Anhörungsergebnisse
In der öffentlichen Anhörung haben ein Staatssekretär a.D., der Präsident des Oberlandesgerichtes Rostock, der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts Greifswald, der Richterbund
Mecklenburg-Vorpommern e.V. sowie ein Abteilungsleiter der Justizbehörde der Freien und
Hansestadt Hamburg ihre schriftlichen Stellungnahmen erläutert und ergänzt. Der
Vorsitzende des Hauptrichterrates beim Justizministerium des Landes MecklenburgVorpommern hat ausschließlich mündlich Stellung genommen.
Ein Staatssekretär a. D. hat erklärt, die sorgfältige Vorbereitung des Entwurfs durch die
Expertenkommission sei Ausdruck einer gründlichen Gesetzgebungsarbeit. Die Kommissionsempfehlungen seien einstimmig verabschiedet worden, was ihnen ein besonderes
Gewicht verleihe. Die Kommission habe sich für eine eigenständige Regelung der Beteiligungsrechte der Richterinnen und Richter im Landesrichtergesetz ausgesprochen, um den
spezifischen Bedürfnissen und dem besonderen Rechtsstatus der Richterinnen und Richter in
angemessener Weise Rechnung zu tragen. Er begrüße, dass dieser Empfehlung gefolgt
worden sei. Die Kommission habe zudem empfohlen, die richterlichen Beteiligungstatbestände um personelle und organisatorische Angelegenheiten zu erweitern, um grundsätzlich ein gleiches Beteiligungsrecht wie im Personalvertretungsgesetz zu erreichen. Dazu
habe sie einen Katalog mitbestimmungs- und mitwirkungspflichtiger Tatbestände erarbeitet,
der im Vergleich zu einer Generalklausel für mehr Rechtsklarheit sorge.
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Der Katalog sei so gefasst, dass vergleichbare, nicht ausdrücklich genannte Tatbestände
gleichwohl mitbestimmungs- oder mitwirkungspflichtig sein könnten. Die Kommission habe
die Stellenbesetzung ohne Ausschreibung als einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand
vorgesehen, anders als der Gesetzentwurf, der bei der Übernahme von Richtern auf Probe in
das Richterverhältnis auf Lebenszeit ohne Ausschreibung eine alleinige Entscheidung des
Präsidialrates ohne Beteiligung der Richterräte vorsehe. Freie Planstellen sollten grundsätzlich im Hinblick auf Artikel 33 Absatz 2 Grundgesetz ausgeschrieben und Ausnahmen
minimiert werden. Eine weitere Abweichung des Gesetzentwurfs von den Vorschlägen der
Expertenkommission stelle der Einsatz der Richter auf Probe dar. Die Kommission habe vorgeschlagen, den Richterrat insbesondere bei der Frage einzubeziehen, welchem Geschäftsbereich ein Proberichter zugewiesen werden solle. Der Gesetzentwurf reduziere die Mitbestimmung auf Fälle, in denen einem Richter auf Probe durch den Präsidenten eines oberen
Landesgerichts ein Dienstleistungsauftrag erteilt werde und sofern der Proberichter einen
Antrag stelle. Da es bei dieser Entscheidung auch um die Interessen der jeweiligen Geschäftsbereiche gehe, seien die Richterräte aus Gründen der Akzeptanz und Transparenz einzubeziehen. Zudem bestehe die Gefahr, dass die Regelung leerlaufe, denn die besondere
Bewährungssituation der Richter auf Probe werde diese davon abhalten, sich gegen die Entscheidung des Präsidenten zu wenden. Auf das Antragserfordernis sei deshalb zu verzichten.
Weiter habe die Kommission vorgeschlagen, bei Abordnungen und Versetzungen sowohl die
abgebende als auch die aufnehmende Dienststelle zu beteiligen, da bei Abordnungen und
Versetzungen die Interessen beider Dienststellen betroffen seien. Sowohl die Auswahl für
eine Erprobung als auch die Übertragung von Verwaltungsaufgaben zum Zwecke der Erprobung seien von Bedeutung für die Karriere der Richter, weshalb beides mitbestimmungspflichtige Tatbestände sein sollten. Da der Mitwirkungstatbestand „Gestaltung von Arbeitsplätzen“ auch die Ausstattung mit IT-Technik umfasse, bestünden gegen ihn keine Bedenken.
Im Übrigen sei der Gesetzentwurf den Vorschlägen der Kommission gefolgt. Das gelte insbesondere für die Struktur der richterlichen Beteiligungsgremien und das Verfahren der richterlichen Beteiligung. Besondere Erwähnung verdiene die Etablierung einer Einigungsstelle
sowie die Einführung des institutionalisierten Beteiligungsgesprächs, die Möglichkeiten für
frühzeitige konsensuale Lösungen böten. Auch sei der Gesetzentwurf dem Kommissionsvorschlag gefolgt, die Beteiligungsrechte der Staatsanwälte im Richtergesetz zu belassen. Der
Gesetzentwurf sehe vor, dass der erforderliche Mehrbedarf, der mit einer Arbeitskraft angegeben sei, aus dem vorhandenen Etat gedeckt werde. Dies sei nach der Erfahrung aus Niedersachsen möglich.
Der Präsident des Oberlandesgerichts Rostock hat ausgeführt, dass der Gesetzentwurf
sorgfältig erarbeitet, durchdacht sowie dogmatisch schlüssig sei. Es bestünden keine grundsätzlichen Bedenken, sondern es bestehe der Wunsch, das Verfahren praktikabler zu gestalten.
Die vorgesehene Personalbeteiligung führe zu einem nicht unerheblichen personellen Mehrbedarf. Die Beteiligung wirke sich auf den gesamten Personalkörper aus. Auch in der
Verwaltung werde zusätzliche Arbeit anfallen, die nicht konkret bemessen werden könne. Er
gehe davon aus, dass der Mehrbedarf mit der im Gesetzentwurf angeführten Freistellung der
Mitglieder des Hauptrichterrates im Umfang von insgesamt 1,0 Arbeitskraftanteilen nicht
gedeckt sei. In Niedersachen würden bei ähnlich gestalteten Beteiligungsrechten deutlich
höhere Freistellungen in Anspruch genommen. Dabei sei allerdings zu beachten, dass
Niedersachsen ein größeres Bundesland mit einer größeren Justiz sei. Die vorgesehenen
Mitbestimmungsrechte könnten das Zuweisungsverfahren von Proberichtern auf bis zu zweieinhalb Monate verzögern.
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Die Erprobungsphase diene neben der Feststellung der Eignung sowie der Begabungen und
Neigungen der Assessoren auch dazu, Defizite im personellen Bereich zu beheben. Aktuell
gebe es nur wenige Proberichter, weshalb es schwierig sei, personelle Engpässe zu beheben.
Eine Vereinfachung des Mitbestimmungsverfahrens sei vor diesem Hintergrund wünschenswert. Er bitte darum, den Katalog der Beteiligungsrechte und die Ausgestaltung des Beteiligungsverfahrens kritisch zu prüfen und zu begrenzen. Beförderungsämter würden in der Justiz
nur vergeben, wenn die entsprechenden Richter eine Erprobungszeit erfolgreich absolviert
hätten. Bei der Auswahl von Erprobungsrichtern werde sich die Mitbestimmung des Richterrats in erster Linie auf Konkurrenzsituationen beziehen. Der Richterrat verfüge jedoch in der
Regel nicht über die für die Auswahl maßgeblichen Erkenntnisse, da die Einsicht in die
Personalakten aller Konkurrenten nur bei deren Zustimmung zulässig sei. Für eine Mitwirkung bei Abordnungen mit Zustimmung des Richters außerhalb von Erprobungen sehe er kein
Bedürfnis. Die dauerhafte Übertragung von Verwaltungsaufgaben stelle eine bloße Aufgabenzuweisung im Rahmen des Direktionsrechts dar und sei der Mitwirkung daher nicht
zugänglich. Gerichtsverwaltungsangelegenheiten gehörten zu den richterlichen Pflichten. Die
Begrenzung des Einsatzes richterlicher Arbeitskraft in der Justizverwaltung sei bereits durch
die nach § 21 Absatz 6 Gerichtsverfassungsgesetz vorgesehene Anhörung des Präsidiums
gewährleistet. Im Übrigen bedürfe der Entwurf einer redaktionellen Überarbeitung in § 16 des
Artikels 1 Nummer 5.
Der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts Greifswald hat dargelegt, der Gesetzentwurf
sei in weiten Teilen ausgewogen. Die Expertenkommission habe den Mitbestimmungstatbestand der Stellenbesetzung ohne Ausschreibung vorgeschlagen und sich dabei an der
Regelung in Niedersachsen orientiert. Dieser Tatbestand sei in sämtlichen Personalvertretungsgesetzen der Länder sowie in dem des Bundes enthalten. Er halte diesen Beteiligungstatbestand für sinnvoll. In Mecklenburg-Vorpommern gebe es seit circa zehn Jahren die
Praxis, Richterplanstellen nicht auszuschreiben. Dies halte er für rechtlich zulässig und sinnvoll, da auf diese Weise eine gleichmäßige Qualität in der Fläche gewährleistet werde.
Würden Stellen ausgeschrieben, müsste die Besetzung der Stellen nach dem Kriterium der
Leistung erfolgen. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass sich dann an den attraktiven Standorten die leistungsstarken Bewerber durchsetzten. Um die Transparenz und Akzeptanz bei
der Verteilung konkreter Richterämter zu erhöhen, sei es sinnvoll, eine Beteiligung
des Hauptrichterrats einzuführen. Das würde zur Akzeptanz der Rechtslage in MecklenburgVorpommern beigetragen. Der Gesetzentwurf sehe stattdessen eine Beteiligung des Präsidialrats vor, was nicht die beschriebene Wirkung haben dürfte. Zudem sehe der Gesetzentwurf - anders als von der Expertenkommission vorgeschlagen - keine Mitbestimmung bei
der Entscheidung über die Verwendung von Proberichtern durch das Justizministerium oder
durch die Präsidenten der Landgerichte vor. Es sei zutreffend, dass die Mitbestimmung des
Richterrats einen erhöhten Verwaltungsaufwand bedeute. Die Zuweisungsentscheidungen
berührten aber nicht nur die Belange der Proberichter, sondern auch die Belange der anderen
Beschäftigten. Vor dem Hintergrund der angestrebten Stärkung der Beteiligungsrechte der
Richtervertretungen sei zumindest die Beteiligung des Hauptrichterrates bei der Verteilung
der Proberichter auf die einzelnen Gerichtszweige im Rahmen der Rotation durch das Justizministerium angezeigt.
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Das im Gesetzentwurf vorgesehene Antragserfordernis führe zu einem Leerlaufen der
Regelung. Die Übertragung von Verwaltungsaufgaben zum Zwecke der Erprobung habe für
den Betroffenen eine erhebliche Bedeutung für seinen weiteren beruflichen Werdegang. Nach
dem Personalentwicklungskonzept sei dies Voraussetzung, um bestimmte Beförderungsämter
erreichen zu können. Vor diesem Hintergrund halte er eine Mitbestimmung der Richterräte für
sinnvoll. Der Gesetzentwurf sehe bei Abordnungen und Versetzungen nur die Beteiligung der
aufnehmenden Dienststelle vor. Eine Beteiligung der abgebenden und der aufnehmenden
Dienststelle sei jedoch sinnvoll und in den Personalvertretungsgesetzen so üblich. In der
Regel treffe allerdings die übergeordnete Dienststelle die Entscheidung, sodass dann weder
die abgebende noch die aufnehmende Dienststelle zu beteiligen seien.
Der Richterbund Mecklenburg-Vorpommern e.V. hat erklärt, dass der Gesetzentwurf im
Wesentlichen den Vorstellungen des Landesrichterbundes entspreche. Der größte Kritikpunkt
betreffe die fehlende generelle Beteiligung bei Stellenbesetzungen ohne Ausschreibung, die
schon aus rechtlicher Sicht äußerst problematisch zu bewerten seien. Es bestehe die Gefahr
der Intransparenz, da der Großteil der potentiellen Bewerber vom Vorhandensein der Stelle
nichts erfahre, sodass der Eindruck entstehe, dass die Besetzung willkürlich und ohne
Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze erfolge. Eine Stellenbesetzung ohne Ausschreibung
bedürfe daher der Transparenz durch die Beteiligung der Gremien. Aus Sicht des Richterbundes müsse sichergestellt sein, dass in allen Fällen der Stellenbesetzung ohne Ausschreibung eine Beteiligung stattfinde. Im Hinblick auf das Zusammentreffen von Maßnahmen nach
§ 16 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 des Gesetzentwurfs sei durch eine Ergänzung sicherzustellen,
dass nicht durch eine willkürliche Verknüpfung verschiedener Maßnahmen die Mitbestimmungsregelungen umgangen würden. Der Entwurf der Expertenkommission habe in
§ 16 Absatz 5 Nummer 3 die Mitbestimmung bei der Gestaltung der Arbeitsplätze einschließlich der IT-Ausstattung, der wesentlichen Änderung und Fortentwicklung der Fachanwendungsprogramme vorgesehen. Aus Sicht des Richterbundes sei eine Mitbestimmung bei allen
erheblichen Veränderungen im Bereich der IT oder durch die IT unabdingbar, zumal kein
Bereich so erhebliche Auswirkungen auf die zukünftige Arbeitsweise der gesamten Justiz
haben werde. Die Einführung insbesondere der Elektronischen Akte werde die richterliche
Arbeitsweise massiv beeinflussen und verändern. Zudem würden Veränderungen in der IT
großen Vorbehalten begegnen. Die Einführungen des Elektronischen Rechtsverkehrs und der
Elektronischen Akte würden zwangsläufig mit wesentlichen Änderungen der Fachanwendungen einhergehen. Es sei daher sinnvoll, die Richterräte hierbei möglichst umfassend
einzubeziehen. Gegenüber dem Entwurf der Expertenkommission sei der Mitwirkungstatbestand des § 16a Absatz 1 Nummer 10 auf die wesentlichen Entscheidungen der obersten
Dienstbehörde beschränkt. Diese Beschränkung sei abzulehnen. Sinnvoll für eine Erhöhung
der Akzeptanz von Entscheidungen, die regelmäßig das persönliche Arbeitsumfeld beträfen,
könne nur die Einbeziehung der Richtervertretungen auf örtlicher Ebene sein.
Ein Abteilungsleiter der Justizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg hat dargelegt, der Gesetzentwurf stelle gegenüber der bisherigen Rechtslage einen deutlichen Fortschritt dar und sei grundsätzlich zu begrüßen. Die Regelung der Beteiligungsrechte unmittelbar im Landesrichtergesetz diene der Transparenz. Der im Gesetzentwurf vorgesehene
umfangreiche Mitbestimmungs- und Mitwirkungskatalog sei als nicht abschließend anzusehen und im Vergleich zum bisherigen Rechtszustand zu begrüßen, da die Kompetenzen der
Richterräte erweitert würden.
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Vorzugswürdig sei allerdings eine Allzuständigkeit. Im Rahmen der Novellierung des
Mitbestimmungsrechts in Hamburg vor zwei Jahren hätten sich die Richter für eine echte
Allzuständigkeit eingesetzt, wonach der Richterrat bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen mitwirke, die die Richter insgesamt,
Gruppen von ihnen oder einzelne Richter beträfen. Dadurch werde die umfassende Beteiligung des Richterrates sichergestellt. Unklar formuliert sei die Regelung in § 16 Absatz 1
Satz 3 des Gesetzentwurfs. Die Unterscheidung zwischen Mitwirkung und Mitbestimmung
sei nicht durch zwingende rechtliche Gründe vorgegeben und nicht im Sinne einer möglichst
umfassenden Mitbestimmung. Das vorgesehene Beteiligungsgespräch sei sinnvoll und uneingeschränkt positiv zu bewerten, um bereits zu einem frühen Zeitpunkt konsensuale Lösungen
zu finden. Gegen die Eröffnung des Rechtsweges zu den Verwaltungsgerichten bei Rechtsstreitigkeiten aus der Bildung und der Tätigkeit der Richtervertretungen, die Anwendung der
Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlussverfahren und die örtliche
Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Greifswalds gebe es keine Bedenken. Sinnvoll und
begrüßenswert sei die Einbeziehung der Staatsanwaltschaft, da diese trotz ihrer Qualität als
Teil der vollziehenden Gewalt zur Strafrechtspflege gehöre. Der Gesetzentwurf halte an dem
bisher geltenden Modell mit Richterräten, Bezirksrichterräten und einem Hauptrichterrat fest,
was die Rechte der Richterräte der einzelnen Gerichte schwäche, aber im Sinne effizienter
Abläufe vorzugswürdig sei. Die Einführung des „erweiterten Personalrates“ sei nicht unbedenklich, da die Richtervertreter jederzeit überstimmt werden könnten. Die Gewährung von
Rechten für den Personalrat bei der Personalauswahl sei positiv zu bewerten, allerdings bleibe
es bei der Entscheidungskompetenz der Exekutive. Ein größeres Maß an Unabhängigkeit der
Justiz gegenüber der Exekutive als der vorliegende Gesetzentwurf es vorsehe, sei möglich und
wünschenswert. Generell erscheine es geboten, der Dritten Gewalt zur Gewährleistung der
Rechtsstaatlichkeit eine möglichst große Unabhängigkeit zu gewähren. Nur eine vom Einfluss
der anderen Gewalten weitestmöglich freie Justiz könne strukturellen Gefahren für den
Rechtsstaat zuverlässig und wirkungsvoll gegenübertreten. Eine gegenüber dem vorliegenden
Gesetzentwurf erweiterte Mitbestimmung im Bereich der Beförderungen und Einstellungen
trüge zur Unabhängigkeit der Justiz bei. Noch wirksamer wäre die Einrichtung eines Richterwahlausschusses. Dieser könne der Justiz ein sehr viel höheres Maß an Unabhängigkeit und
Legitimation verleihen. Durch einen Richterwahlausschuss werde gewährleistet, dass Personalentscheidungen nicht mehr der Alleinentscheidung der Exekutive überlassen seien. Die
Erfahrungen mit dem Richterwahlausschuss in Hamburg seien durchweg positiv. Dadurch sei
ein transparenteres Verfahren und eine erhöhte Zufriedenheit innerhalb der Richterschaft
erzielt worden. Der Richterwahlausschuss setze sich in Hamburg so zusammen, dass eine
Entscheidung gegen die Stimmen der Richter und der Opposition nicht möglich sei.
Der Vorsitzende des Hauptrichterrates beim Justizministerium des Landes
Mecklenburg-Vorpommern hat ausschließlich mündlich ausgeführt, dass der Hauptrichterrat den Entwurf der Expertenkommission begrüße. Dem Hauptrichterrat sei an einem möglichst schnellen Inkrafttreten des Gesetzentwurfs gelegen, auch wenn im Gesetzentwurf nicht
alle für den Hauptrichterrat als wichtig angesehenen Vorschläge der Expertenkommission
übernommen worden seien. In der Praxis komme es nicht darauf an, wie dezidiert ein Mitbestimmungstatbestand aufgeführt sei, sondern dass die Transparenz und die Akzeptanz innerhalb der Richterschaft für Maßnahmen der Justizverwaltung und des Justizministeriums
gefördert würden. In der Vergangenheit sei die Richterschaft zum Teil vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Vor diesem Hintergrund stellten die Regelungen des Gesetzentwurfs
einen großen Fortschritt dar.
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Die Quartalsgespräche seien in der Praxis das Mittel, das der kooperativen Zusammenarbeit
diene. Das beste Richtergesetz helfe nicht, wenn sich diese Kultur der kooperativen Zusammenarbeit zwischen der Richterschaft und der Gerichtsleitung und dem Justizministerium
nicht entwickle. Im Übrigen relativiere sich in der Praxis die Unterscheidung zwischen Mitwirkung und Mitbestimmung, da es immer das Letztentscheidungsrecht des Dienstherrn gebe.
Der zusätzliche Verwaltungsaufwand werde gering sein, sofern die Richterschaft frühzeitig
und vernünftig über organisatorische und personelle Maßnahmen informiert werde. Die für
den Streitfall vorgesehenen formalisierten Verfahren spielten in der Praxis keine Rolle, wenn
die kooperative Zusammenarbeit bereits im Planungsstadium stattfinde. IT-Maßnahmen seien
von der Mitbestimmung ausgenommen, da sich Mecklenburg-Vorpommern bei der Anschaffung und Erstellung von IT-Software im Länderverbund befinde. Wenn MecklenburgVorpommern in diesem Zusammenhang etwas verhindere, könne der Länderverbund
scheitern. Unabhängig davon gelinge die Einführung einer neuen Technik nicht, wenn diese
von der Richterschaft nicht akzeptiert werde. Der Hauptrichterrat habe der Expertenkommission vorgeschlagen, im Falle des Zusammentreffens von Maßnahmen nach den §§ 16,
16a des Gesetzentwurfs den höheren Beteiligungstatbestand anzuwenden. Das sei nicht
geschehen, da eine willkürliche Zusammenlegung von Maßnahmen nach den §§ 16, 16a zur
Auslösung der niedrigeren Beteiligungsform eine Umgehung darstelle, die vor dem Verwaltungsgericht keinen Bestand habe. Ob die vorgesehenen 1,0 Arbeitskraftanteile ausreichend
seien, werde die Praxis zeigen. Der Arbeitsanfall der Richter werde am Jahresanfang durch
das Präsidium festgelegt. Sei für einen Richter ein Pensum von 130 vorgesehen und falle
zusätzlich Personalvertretungsarbeit von 50 Prozent an, könne das Pensum nicht erreicht
werden. Aus diesem Grund habe sich der Hauptrichterrat für die abstrakte Regelung eingesetzt. Es sei unschädlich, dass der erweiterte Personalrat gegenüber dem Richterrat über eine
quantitative Mehrfunktion verfüge, denn ein Richter sei schon nach der Verfassung stärker
geschützt als ein Mitarbeiter, Beamter und Angestellter. Die Mitwirkungstatbestände nach
§ 16a Absatz 1 des Gesetzentwurfs stellten eine exemplarische Aufzählung dar, die grundsätzlich nicht abschließend sei.
2. Ergebnisse der Beratungen im Europa- und Rechtsausschuss
a) Allgemeines
Vonseiten der Justizministerin wurde dargelegt, dass die Novellierung des Landesrichtergesetzes Gegenstand des Koalitionsvertrages sei. Bisher sehe das Landesrichtergesetz die
Beteiligung des Richterrates nur in allgemeinen und sozialen Angelegenheiten vor. Durch die
Novellierung würden die Regelungen des Landesrichtergesetzes an die des Personalvertretungsgesetzes angepasst. Im Rahmen der Vorbereitung des Gesetzentwurfes sei eine
Expertenkommission eingesetzt worden, deren Mitglieder je zur Hälfte durch die Richter- und
Staatsanwaltsvertretungen sowie durch das Justizministerium benannt worden seien. Dabei
habe es sich um Experten des Landes, des Bundes und anderer Bundesländer gehandelt. Die
Kommission habe ein Eckpunktepapier erarbeitet und einem konkreten Gesetzentwurf
einstimmig zugestimmt. Dieser orientiere sich am Niedersächsischen Landesrichtergesetz und
sei durch das Justizministerium überarbeitet worden. Die Einführung und Ausgestaltung von
Beteiligungsrechten erfordere Akzeptanz sowohl auf Seiten der Vertretungen und Vertretenen
als auch auf Seiten der Dienststellen und Behörden. Der Gesetzentwurf stelle einen ausgewogenen Kompromiss zwischen diesen beiden Seiten dar.
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Dabei sei der Expertenentwurf in großen Teilen übernommen worden. Wesentliche Neuregelung sei, dass die Beteiligungstatbestände auch auf personelle und organisatorische Maßnahmen ausgedehnt würden. Ferner solle zwischen Mitbestimmung und Mitwirkung unterschieden werden. Des Weiteren würden institutionalisierte Beteiligungsgespräche eingeführt.
Die erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren in Richtervertretungsangelegenheiten sollten
beim Verwaltungsgericht Greifswald konzentriert werden. Die Richterdienstgerichte würden
der Verwaltungsgerichtsbarkeit angegliedert. Insgesamt verbessere der Gesetzentwurf die
Beteiligungsrechte der Richter und Staatsanwälte des Landes erheblich.
Im Zusammenhang mit der Auswertung der Anhörung hat das Justizministerium erklärt, es
sei deutlich geworden, dass es um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Polen Dienststellen- und Gerichtsleitungen einerseits und Richtervertretungen andererseits gehe. Dem
werde der Gesetzentwurf nach der Mehrheit der Sachverständigen gerecht. Die Stärkung der
Beteiligung bedeute gleichzeitig eine Stärkung der Autonomie der Justiz. Gegenstand der
Novellierung des Landesrichtergesetzes sei allein die Schaffung eines zeitgemäßen Standards
richterlicher und staatsanwaltlicher Beteiligung. Auch von der Expertenkommission sei für
die Beibehaltung der bisherigen Gremienstruktur und aufgrund der Gefahr einer Politisierung
der Justiz nicht für die Einrichtung eines Richterwahlausschusses plädiert worden. Gegen eine
Allzuständigkeit der Richtervertretungen spreche die Prämisse eines ausgewogenen Beteiligungsgremiums, denn diese Zuständigkeit könne zu einer ausufernden, unbegrenzten Beteiligung führen und stelle eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung gegenüber den
übrigen Beschäftigten der Justiz dar. Im Übrigen sei eine solche Allzuständigkeit innerhalb
der zur Verfügung stehenden Ressourcen praktisch nicht mehr darstellbar und sei im Hinblick
auf die besondere Stellung der Richter auch nicht erforderlich. Zur Kritik des Abrückens des
Gesetzentwurfs vom Kommissionsentwurf bei Stellenbesetzungen ohne Ausschreibungen sei
anzumerken, dass in der Justiz grundsätzlich alle Beförderungsstellen ausgeschrieben würden
und die Fälle von Stellenbesetzungen ohne Ausschreibungen klar auf Lebenszeiternennungen
von Proberichtern sowie bei Beförderungsämtern auf absolute Ausnahmefälle beschränkt
seien. In beiden Fällen erfolge eine Beteiligung des Präsidialrates, der neben dem Präsidenten
des obersten Gerichts aus von der Richterschaft gewählten Mitgliedern bestehe und somit
hinreichend demokratisch legitimiert sei. Aus diesem Grund könne von der Akzeptanz der
Entscheidung ausgegangen werden. Auf diese Weise würden zudem divergierende Entscheidungen vermieden und nunmehr sei auch für den Präsidialrat die Anrufung der Einigungsstelle möglich. Eine Versetzung erfolge grundsätzlich nur mit Zustimmung der Richter. In den
gesetzlich definierten, eng begrenzten Fällen einer Versetzung ohne Zustimmung wirke der
Richterrat oder der Präsidialrat mit.
Zur Kritik an der vorgesehenen Erteilung von Dienstleistungsaufträgen an Proberichter allein
auf Ebene der Präsidenten der oberen Landesgerichte hat das Justizministerium erklärt, dass
die sachlichen Kriterien für die Zuweisung von Proberichtern an die einzelnen Geschäftsbereiche maßgeblich durch das Proberichterkonzept vorgegeben seien. Beteiligung sei im
Hinblick auf die Frage der örtlichen Zuweisung an ein bestimmtes Gericht und eine Staatsanwaltschaft vorgesehen. Die Entscheidung über die Zuweisung zu einem Amtsgericht innerhalb eines Landgerichtsbezirks, die dem Landgerichtspräsidenten übertragen sei, wirke sich
für die Betroffenen nachrangig aus, da die Entfernungen zwischen den Amtsgerichten so
gering seien, dass ein Pendeln unproblematisch sei. Die Beteiligung solle in Abwägung der
Praktikabilität des Zuweisungsverfahrens einerseits und dem Maß an Betroffenheit der Proberichter andererseits entsprechend begrenzt bleiben.
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Die Befürchtung einiger Sachverständiger, das Antragserfordernis für die Beteiligung bei der
Zuweisung von Proberichtern lasse den Beteiligungstatbestand leerlaufen, erscheine unbegründet. Dies mache der Umstand, dass Proberichter sogar gerichtlichen Rechtsschutz gegen
Zuweisungsentscheidungen in Anspruch nähmen, deutlich. Für die teilweise geforderte Aufnahme eines Beteiligungstatbestands bei der Übertragung von Verwaltungsaufgaben zum
Zwecke der Erprobung bestehe kein Bedürfnis. Diese unterliege bereits der Mitbestimmung
nach § 16 Absatz 2 Nummer 2 des Gesetzentwurfs. Soweit angeführt worden sei, dass der
Richterrat nicht über die für die Auswahl maßgeblichen Erkenntnisse verfüge, werde auf die
Unterrichtungspflicht der Dienststelle hingewiesen. Wesentliche Bereiche der IT-Ausstattung
fielen unter die Gestaltung des Arbeitsplatzes nach § 16 Absatz 5 Nummer 3 des Gesetzentwurfs und die Einführung von Fachanwendungen nach § 16 Absatz 5 Nummer 6. Eine
darüber hinaus gehende Beteiligung verkenne, dass das unterschiedliche Beteiligungsniveau
zwischen richterlichem und staatsanwaltschaftlichem Dienst einerseits und dem nachgeordneten Dienst andererseits eher zu Spannungen und damit zu einer geringeren Akzeptanz führe.
Eine ergänzende Regelung zur Abgrenzung zwischen Mitbestimmung und Mitwirkung sei
aufgrund der dezidierten Beteiligungskataloge nicht erforderlich. Die Maßnahmen der Mitbestimmung und Mitwirkung ließen sich nicht beliebig - zur Umgehung der Mitbestimmung kombinieren. Im Übrigen bestehe im Kollisionsfall ein Vorrang der Mitwirkung. Bei Abordnungen gebe es aufgrund der Gleichstellung mit § 68 Absatz 1 Nummer 10 Landespersonalvertretungsgesetz ein Beteiligungsbedürfnis. Zwar sei der Richter gemäß § 42 Deutsches
Richtergesetz zur Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben verpflichtet, allerdings nur in
gegenüber der Rechtsprechung untergeordnetem Umfang. Die Wahrnehmung von Aufgaben
der Gerichtsverwaltung, die regelmäßig Angelegenheiten der Richter tangierten, setze auch
eine Sensibilität im Umgang mit der Unabhängigkeit einerseits und der Dienstaufsicht andererseits voraus. Vor dem Hintergrund dieses Spannungsverhältnisses erscheine eine Beteiligung des Richterrates angezeigt. Hintergrund der Beschränkung der Mitwirkung bei
Entscheidungen zur Planung von Neu-, Um- und Erweiterungsbauten sowie zur Anmietung
von Diensträumen auf wesentliche Entscheidungen der obersten Dienstbehörde sei die Tatsache, dass sich die Mitwirkung nur auf Maßnahmen im Rahmen der Zuständigkeit beziehen
könne. Zuständig für die Bauplanung und -unterhaltung sowie für konkrete Baumaßnahmen
oder die Anmietung von Diensträumen seien das Finanzministerium und der Betrieb für Bau
und Liegenschaften BBL. Die Änderung der Zahl der Mitglieder der Richtervertretungen in
§ 15b Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzentwurfs von bisher 20 auf 14 diene der Angleichung
der Richtervertretungen an die Dienststellen- und Gerichtsleitungen. Sofern der Gerichtsleitung ab dieser Zahl an Richtern ein Personalanteil für Verwaltungsaufgaben zustehe, solle
dem auch für die Richtervertretungen entsprochen werden. Der zusätzlich zu erwartende
Verwaltungsaufwand wegen der Erweiterung der beteiligungspflichtigen Maßnahmen ergebe
sich aus einer Vielzahl unterschiedlicher beteiligungspflichtiger personeller, allgemein
personeller, sozialer und sonstiger innerdienstlicher sowie organisatorischer Maßnahmen.
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Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode
Drucksache 6/5437
b) Zu den einzelnen Bestimmungen
Zu Artikel 1
Änderungsanträge
Die Fraktionen der CDU und der SPD haben beantragt, Artikel 1 Nummer 5 wie folgt zu
ändern:
„1. In § 15g Absatz 2 Satz 2 werden nach dem Wort ‚Richterräte‘ die Wörter ‚der abgebenden und‘ eingefügt.
2. In § 16 wird der Absatz nach Absatz 5 Nummer 7 mit der Absatzbezeichnung 3 zu
Absatz 6. Die Nummern 8 und 9 werden Nummern 1 und 2 des neuen Absatzes 6.“
Mit den Änderungsanträgen werde der Anhörung Rechnung getragen.
Der Ausschuss hat diese Änderungsanträge jeweils einvernehmlich mit den Stimmen der
Fraktionen der SPD, der CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung
vonseiten der Fraktion der NPD angenommen.
Die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben beantragt, in § 16
Absatz 2 des Artikels 1 Nummer 5 folgende Nummer 1 einzufügen:
„1. die Stellenbesetzung ohne Ausschreibung,“, und die Nummerierung der weiteren
Nummern entsprechend zu ändern.
Zur Begründung ist vonseiten der Fraktion DIE LINKE dargelegt worden, dass Stellenbesetzungen zwar möglich und üblich seien, aber unter größtmöglicher Akzeptanz erfolgen
sollten. Aus diesem Grund sollten die Richterräte mitwirkungsberechtigt sein. Die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat ergänzt, dass aus Gründen der Transparenz eine Mitbestimmung geboten sei.
Der Ausschuss hat mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, der CDU und der
NPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
beschlossen, den Änderungsantrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN abzulehnen.
Die Fraktion DIE LINKE hat beantragt, in Artikel 1 Nummer 5 den § 16 Absatz 2 wie folgt
zu ändern:
„Die neue Nummer 2 wird wie folgt gefasst:
‚2. die Verwendung einer Richterin oder eines Richters auf Probe,‘“
Der Ausschuss hat mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, der CDU und der
NPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
beschlossen, den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE abzulehnen.
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Die Fraktion DIE LINKE hat beantragt, in Artikel 1 Nummer 5 § 16 Absatz 5 wie folgt zu
ändern:
„a) Nummer 3 wird wie folgt neu gefasst:
‚3. Die Gestaltung von Arbeitsplätzen und grundlegend neuer Arbeitsmethoden oder
Maßnahmen, die einer solchen Einführung gleichkommen, auch im Rahmen der
Informations- und Kommunikationstechnik,‘
b) In Nummer 5 wird nach dem Wort ‚Männern‘ das Wort ‚und‘ eingefügt.
c) Nummer 6 wird gestrichen.
d) Die Nummer 7 wird Nummer 6.“
Zur Begründung wurde angeführt, dass sich die Mitwirkungsrechte des Richterrates im
Hinblick auf die IT-Ausstattung nicht nur aus der Gesetzesbegründung, sondern auch aus dem
Wortlaut selbst ergeben sollten.
Der Ausschuss hat mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, der CDU und der
NPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
beschlossen, diesen Änderungsantrag abzulehnen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat beantragt, § 16 Absatz 5 Nummer 3 in
Artikel 1 Nummer 5 wie folgt neu zu fassen:
„3. Die Gestaltung von Arbeitsplätzen, einschließlich der IT-Ausstattung, der wesentlichen
Änderung und der Fortentwicklung der Fachanwenderprogramme,“.
Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass dieser Vorschlag im Rahmen der Anhörung
thematisiert worden sei. Er werde für sinnvoll gehalten.
Der Ausschuss hat mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, der CDU und der
NPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
beschlossen, diesen Änderungsantrag abzulehnen.
Die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben beantragt, in Artikel 1
Nummer 5 § 16a Absatz 1 Nummer 10 wie folgt zu ändern:
„Die Worte ‚wesentliche Entscheidungen der obersten Dienstbehörde zur‘ werden durch das
Wort ‚die‘ ersetzt.“
Die Beschränkung der Mitwirkung auf wesentliche Entscheidungen der obersten Dienstbehörde werde abgelehnt. Eine Einbeziehung der Richtervertretungen vor Ort erhöhe die
Akzeptanz der entsprechenden Entscheidungen deutlich.
Der Ausschuss hat mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, der CDU und der
NPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
beschlossen, diesen Änderungsantrag abzulehnen.
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Drucksache 6/5437
Zu Artikel 1 in der geänderten Fassung
Der Ausschuss hat dem geänderten Artikel 1 einvernehmlich mit den Stimmen der Fraktionen
der SPD, der CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung vonseiten
der Fraktion der NPD zugestimmt.
Zu Artikel 2
Der Ausschuss hat dem unveränderten Artikel 2 einvernehmlich mit den Stimmen der
Fraktionen der SPD, der CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung
vonseiten der Fraktion der NPD zugestimmt.
c) Zum Gesetzentwurf insgesamt
Die Beschlussempfehlung insgesamt ist einvernehmlich mit den Stimmen der Fraktionen der
SPD, der CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung vonseiten der
Fraktion der NPD angenommen worden.
Schwerin, den 14. April 2016
Detlef Müller
Berichterstatter
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