ANZEIGE ANZEIGE Leonardo Hotels EM 2016 – online tippen & gewinnen! leonardo-hotels.de leonardo-hotels.de MONTAG, 13. JUNI 2016 KUNDENSERVICE 0 8 0 0 / 9 3 5 8 5 3 7 ** D 2,50 E URO Zippert zappt THEMEN Jeder gegen jeden, alle gegen alle LUTZ WÖCKENER A Der Horror von Orlando AP/PHELAN M. EBENHACK; DPA/ RAINER JENSEN Der Nachtklub „Pulse“ in Orlando im US-Bundesstaat Florida ist nach einem verheerenden Amoklauf weiträumig abgesperrt. Verzweifelte Familienangehörige kommen an der Polizei nicht vorbei. Sie hoffen, dass ihre Verwandten nicht unter den mindestens 50 Toten und 53 Verletzten sind. Ein einzelner Angreifer schoss in dem vor allem von Homosexuellen besuchten Klub um sich. Es ist die schlimmste Bluttat eines Todesschützen in der Geschichte der USA. Der Täter wurde erschossen. TV-Sendern zufolge hatte er sich zum Islamischen Staat bekannt. Seite 20 Brutaler EM-Start: England und Russland droht Ausschluss Uefa spricht nach Fan-Krawallen in Marseille Verwarnung aus und verstärkt Sicherheitspersonal. Auch deutsche Hooligans liefern sich vor Auftaktspiel der Nationalmannschaft Schlägereien mit Anhängern POLITIK Kanzlerin in China: Ein Ehrendoktortitel und der Wunsch nach Freiräumen Seite 6 POLITIK Wie Imame ihre Koranschüler ausbeuten Seite 8 WIRTSCHAFT Warum der Job jeden achten Postboten krank macht Seite 9 Nr. 136 KOMMENTAR S PD-Chef Gabriel hat nach mehrstündigem Nachdenken, unterbrochen von nur einer kurzen Kaffeepause, die Leitlinien für den Wahlkampf 2017 formuliert und ins Deutsche übersetzen lassen. Hauptanliegen der SPD ist demnach die musikalische Früh- und Späterziehung der Deutschen. Gabriel fordert einen „Dreiklang sozialer Gerechtigkeit, wirtschaftlicher Modernisierung und Stärkung unserer Demokratie“. Das dürfte eine sehr ambitionierte Komposition werden, die man sicherlich nicht bei Dieter Bohlen bestellen kann. Aber es kann nicht schaden, wenn das deutsche Volk mal wieder Quintenzirkel, Mundorgel und Stimmgabel zur Hand nimmt, um für diesen Dreiklang zu üben. Am Ende werden riesige Chöre im ganzen Land den Dreiklang zum Besten geben, und Gabriel dirigiert das Ganze. Das ist endlich mal ein Programm, das die Massen begeistern und die Wahlkabinen füllen wird. Die SPD kann sich berechtigte Hoffnungen auf die absolute Mehrheit machen, denn der Vorsitzende hat das absolute Gehör für die Stimmung im Volke. Bald auch in Ihrem Fernseher: „The Socialdemocratic Voice of Germany“ oder „Sing, mein Sozi, sing!“. B V or dem EM-Start wurde fast nur über die Terrorgefahr gesprochen, doch nun überschatten brutale Gewaltausbrüche von Hooligans am Rande der Partie England gegen Russland in Marseille das Turnier. Die Europäische Fußball-Union (Uefa) verwarnte England und Russland offiziell und drohte mit dem Ausschluss von der EM, sollte es zu erneuten Ausschreitungen kommen. Als Konsequenz aus den Ereignissen verstärkte die Uefa zudem die Sicherheitsmaßnahmen und erhöhte das Sicherheitspersonal. Das gilt besonders für die noch anstehenden Hochrisikospiele, darunter auch Deutschland gegen Polen am Donnerstag im Pariser Stade de France. Nach Angaben von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) haben die deutschen Behörden den französischen Sicherheitskräften die Namen und Daten von rund 2500 polizeibekannten und gewalttätigen deutschen Hooligans übermittelt. „Frankreich wird Grenzkontrollen durchführen und kann dann mit diesen Erkenntnissen arbeiten“, sagte de Maizière der „Bild am Sonntag“. Allerdings ist es im Vorfeld des Auftaktspiels der Nationalmannschaft gegen die Ukraine am Sonntag zu Ausschreitungen im Stadtzentrum von Lille gekommen. Mehr als 50 deutsche Hooligans griffen da- bei am späten Nachmittag in der Nähe des Bahnhofs ukrainische Fans an. Das bestätigte Volker Goll, stellvertretender Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS). „Die französische Polizei hat sehr spät eingegriffen“, sagte Goll. Die KOS begleitet die deutschen Fans in Frankreich. Nach Augenzeugenberichten flogen vor den Straßencafés Flaschen und Stühle. Nach Informationen sollen sich rund 150 polizeibekannte Gewalttäter aus Deutschland in Lille aufhalten. Jürgen Lankes, der Leiter der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) in Ein Signal gegen Rechtspopulisten Die Hoffnung, dass eine friedliche Fußball-EM zur Stärkung der europäischen Idee beitragen könnte, hat auch Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne). Im „Welt“-Interview rät sie, die EM zu nutzen, um deutlich zu machen, warum „die Rechtspopulisten und Vorvorgestrigen in ganz Europa auf der falschen Seite“ stünden. Roth: „Diese Europameisterschaft ist hochpolitisch.“ Seite 4 Duisburg, sagte der „Welt“, dass sich gewalttätige Ausschreitungen von Fußballfans durch Meldeauflagen oder Reiseverbote „immer nur einschränken, aber nie ganz ausschalten lassen“. So seien mehr als 600 bekannte Störer aus Deutschland vor der EM persönlich aufgesucht worden. Ein Defizit sieht er deshalb nicht. „Das Terrorthema hat medial sicher viele andere Themen überlagert. Allerdings sind wir seit über einem Jahr mit den französischen Sicherheitsbehörden und unserem europäischen Netzwerk dabei, diese EM vorzubereiten.“ Ein zentrales Thema seien „Fußballstörer“ gewesen. Die im französischen Fernsehen live übertragenen Bilder der Krawalle in Marseille hatten für Entsetzen gesorgt. Die Fans waren mit Stühlen und prügelnd aufeinander losgegangen, Polizisten mussten die verfeindeten Gruppen mit Tränengas und Wasserwerfern trennen. Ein britischer Fan schwebt weiterhin in Lebensgefahr. Im Stadion waren nach dem Spiel russische Zuschauer auf in benachbarten Blöcken sitzende englische Fans losgestürmt, diese Bilder allerdings waren aus Angst vor Nachahmern nicht überall im TV zu sehen. „Mehrere Engländer sind im Krankenhaus“, twitterte der britische Botschafter Julian King. Die Ordnungskräfte seien überfordert gewesen. Alexander Schprigin von der Vereinigung russischer Fußballfans bestritt die Beteiligung seiner Landsleute vehement: „Es gab keine Probleme.“ Die englische Regierung zeigte sich „zutiefst beunruhigt“ über die Vorfälle. Sie bot den französischen Behörden an, vor dem Spiel zwischen England und Wales am Donnerstag zusätzliche Polizeikräfte zu entsenden. Zugleich versprach sie Hilfe bei „der Beweisführung gegen jeden England-Fan, der in diese Unruhen involviert ist“. Frankreichs Medien machten auch den Verantwortlichen Vorwürfe. „Le Parisien“ kritisierte, dass Frankreich es im Gegensatz zu den EM-Turnieren 2004 in Portugal und 2008 in Österreich und der Schweiz nicht geschafft habe, diese Auswüchse zu verhindern. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) forderte für die Randalierer harte Strafen. Die Szenen machten ihn auch als Fußballfan „fassungslos und wütend“, sagte er der „Welt“. Sollte es sich in den jeweiligen Heimatländern um bekannte Gewalttäter gehandelt haben, müssten sich die dortigen Sicherheitsbehörden die Frage stellen, warum sie die Hooligans nicht an der Ausreise gehindert haben. Pistorius lobte, dass die Sicherheitskräfte jetzt auch personell noch einmal nachsteuern, „damit so etwas wie in Marseille im Umfeld der kommenden Risikospiele hoffentlich nicht mehr passiert“. Siehe Kommentar, EM-Seiten 21-24 m Ende drang die Gewalt auch noch in den letzten Winkel vor. An einen Ort, der während der Fußball-Europameisterschaft der sicherste in ganz Marseille sein sollte. Kein Bombenattentäter, kein Terrorist werde es hierhin schaffen. So hatten es Organisatoren und Sicherheitsbehörden gesagt. Tatsächlich zündeten russische Fans während des Spiels gegen England einen Knallkörper und schossen eine Leuchtkugel auf die Gegengeradentribüne. Nach dem Schlusspfiff stürmten sie problemlos die angrenzenden Zuschauerränge und schlugen auf alles und jeden ein, der es nicht schnell genug zu den verstopften Ausgängen schaffte. Das Französische Innenministerium und der Marseiller Polizeipräfekt feierten sich am Tag danach für Entschlossenheit und Tatkraft. Aussagen, die beinahe so unglaublich erscheinen wie die Ohnmacht, mit der sie der Gewalt begegnet waren. Polizei und Sicherheitsbehörden versagten auf ganzer Linie. Dann auch noch am Samstag stundenlange chaotische Jagdszenen durch das Marseiller Hafenviertel mit Hunderten Verletzten. Russen gegen Engländer, Engländer gegen Russen: Es wurde getreten, geschlagen, gestochen. Jeder gegen jeden. Alle gegen alle. Die Einsatzkräfte griffen angesichts der unübersichtlichen Lage kaum ein. Jene kompromisslose Strategie, die die Polizei in den ersten beiden Nächten der Gewalt gewählt hatte, war am späten Samstagnachmittag einer Beobachterrolle gewichen. 1200 Polizisten waren im Einsatz, Hundestaffeln, Hubschrauber. Das Ergebnis: 15 Festnahmen. Fünfzehn! Toleranz, die auch am Stadion konsequent umgesetzt wurde. Die angekündigten Mega-Sicherheitsschleusen entpuppten sich als überflüssige Durchlaufstationen. Wenn russische Hooligans problemlos Knallkörper und Raketen ins Stadion bekommen, werden Terroristen nicht am Einlass scheitern. Jedes deutsche Zweitligaspiel ist sicherer als diese EM. Szenen wie der Blocksturm sind da angesichts der Ignoranz der französischen Behörden nur logisch. Die konzertiert agierenden Schlägertrupps aus Russland müssen sich vorkommen wie im Schlaraffenland. Als der letzte Zuschauer entkommen und die Polizei wieder abgezogen war, sammelten die russischen Schläger einige zurückgelassene englische Banner ein und posierten damit stolz im Stadion. Sie fragten noch einen Ordner, ob er ein Foto von ihnen und den Trophäen machen könne. Immerhin, er lehnte ab. Entschlossen und tatkräftig. lutz.wö[email protected] FEUILLETON Ausstellung zeigt bislang unbekannte Fotos vom Bau der Berliner Mauer Er ist wieder da – dieses Mal in Italien Die Zeitung „Il Giornale“ hat ihrer Samstagsausgabe Adolf Hitlers „Mein Kampf“ beigelegt – eine Provokation mitten im Wahlkampf Seite 17 LOTTO: 6 – 13 – 21 – 27 – 38 – 45 Superzahl: 5 Spiel77: 6 1 5 3 0 2 4 Super6: 3 0 4 0 1 6 ohne Gewähr E ines ist sicher: Mit Hitler kann man stets gut provozieren. Mutmaßlich um Provokation geht es der Mailänder Tageszeitung „Il Giornale“, die einem Großteil ihrer Samstagsauflage zwei Bücher beigelegt hat: William Shirers Klassiker „Aufstieg und Fall des Dritten Reiches“ – und Adolf Hitlers „Mein Kampf“. ANZEIGE VON SVEN FELIX KELLERHOFF „Die spektakulärsten Flugzeuglandungen“ Heute um 20.05 Uhr Wir twittern Diskutieren live aus dem Sie mit uns Newsroom: auf Facebook: twitter.com/welt facebook.com/welt „Die Welt“ digital Lesen Sie „Die Welt“ digital auf allen Kanälen – mit der „Welt“-App auf dem Smartphone oder Tablet. Attraktive Angebote finden Sie auf welt.de/digital oder auch mit den neuesten Tablets auf welt.de/bundle Ministerpräsident Matteo Renzi nannte die Aktion prompt „abscheulich“; für Renzo Gattegna, den Präsidenten der Jüdischen Gemeinschaft Italiens, ist die Verbreitung per Kiosk „unanständig“. Die Beilage von ganzen Büchern ist bei italienischen Zeitungen üblich. „Il Giornale“ startet mit Hitler eine achtbändige Folge günstiger Ausgaben älterer Werke über die Geschichte des Dritten Reiches. Man darf jedoch vermuten, dass es vor allem um den Tabubruch geht, als erstes Medium weltweit „Mein Kampf“ zu verbreiten. In diesem Fall handelt sich um die 1937 vom Verlag Bompiani veröffentlichte italienische Ausgabe des zweiten Bandes von „Mein Kampf“ unter dem Titel „La mia Battaglia“. Den von antisemitischen Ausfällen durchdrungenen Text übersetzt hatte Angelo Treves, ironischerweise ein italienischer Jude. Der Ausgabe beigefügt ist ein Kommentar des Historikers Francesco Perfetti, der Zeitgeschichte an der Universität Rom lehrt. Vom Umfang her können seine Erläuterungen aber nicht mithalten mit der deutschen kritischen Ausgabe, die das Institut für Zeitgeschichte Anfang dieses Jahres veröffentlichte und die bisher mehr als 80.000-mal verkauft worden ist. Juristisch ist gegen die Hitler-Ausgabe von „Il Giornale“ nichts einzuwenden: Zum 31. Dezember 2015 sind alle Urheberrechte weltweit ausgelaufen. Seither kann man mit Hitlers Texten machen, was man will. Erst kürzlich hatte ein mehrfach vorbestrafter Rechtsextremist namens Adrian Preißinger angekündigt, eine unkommentierte deutsche Ausgabe zu veröffentlichen – als „wissenschaftlichen Quellen- text“. Allerdings kann man die von Preißinger angekündigte Version ebenso wie Treves’ italienische Übersetzung schon seit Jahren im Internet herunterladen, natürlich kostenlos. Um mehr Information über das bis heute mit Abstand bestverkaufte Buch eines (mehr oder weniger) deutschsprachigen Autors kann es also weder hierzulande noch „Il Giornale“ in Italien gehen. Die Verbreitung von „La mia Battaglia“ dürfte im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Gesetzes gegen die Leugnung des Holocaust durch das italienische Parlament vor wenigen Tagen stehen. Darauf weist Vincenzo Pinto hin, Leiter der wissenschaftlichen Website „Free Ebrei“, die 2017 eine kritische italienische Ausgabe von „Mein Kampf“ herausgeben will: „,Il Giornale‘ hat sich gegen dieses Gesetz ausgesprochen.“ Das Blatt mit einer Auflage von 200.000 Exemplaren, das als konservativ gilt, gehört Paolo Berlusconi, dem Bruder des früheren Premiers Silvio Berlusconi. Die Veröffentlichung erfolgt mitten im Kommunalwahlkampf und hat das offenbar angestrebte Ziel erreicht: Provokation. DIE WELT, Axel-Springer-Straße 65, 10888 Berlin, Redaktion: Brieffach 2410 Täglich weltweit in über 130 Ländern verbreitet. Pflichtblatt an allen deutschen Wertpapierbörsen. Telefon: 030 / 2 59 10 Fax 030 / 259 17 16 06 E-Mail: [email protected] Anzeigen: 030 / 58 58 90 Fax 030 / 58 58 91 E-Mail [email protected] Kundenservice: DIE WELT, Brieffach 2440, 10867 Berlin Telefon: 0800 / 9 35 85 37 Fax: 0800 / 9 35 87 37 E-Mail [email protected] A 3,20 & / B 3,20 & / CH 5,00 CHF / CZ 95 CZK / CY 3,40 & / DK 25 DKR / E 3,20 & / I.C. 3,20 & / F 3,20 & / GB 3,00 GBP / GR 3,40 & / I 3,20 & / IRL 3,20 & / L 3,20 & / MLT 3,20 & / NL 3,20 & / P 3,20 & (Cont.) / PL 15 PLN / SK 3,20 € + © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung DW-2016-06-13-zgb-ekz- 1948c1d3b5299d81b4ed8d5c0851f1c7 ISSN 0173-8437 136-24 ZKZ 7109
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