kein Fussball den Faschisten! «Fussball verbindet» oder «Fussball überwindet Grenzen» sind ein, zwei der Phrasen, die immer wieder auftauchen, wenn es um die angeblich integrative oder «völkerverbindende» Wirkung des Fussballs geht. Klar kann Fussball, wie jede andere Sportart oder Spiel, ein gutes Mittel sein, um Hürden zu überwinden und um sich Menschen aus anderen Kulturkreisen anzunähern, wenn es zum Beispiel über die Sprache nicht so leicht funktioniert. Negative Seiten des Fussballs werden dabei häufig ausgeblendet. Alleine das Prinzip «wir gegen die anderen» bringt offensichtliche Gefahren mit sich. Denn schnell sind «wir» die Guten und die anderen, die Bösen. Daraus kann einerseits ein ungesunder Patriotismus, aber auch Diskriminierungen des Gegners entstehen. Eine «lange Tradition» im Stadion hat so auch Rassismus. Manche mögen sich noch an offen rassistische Gesänge erinnern, an Affenlaute oder an Bananenwürfe. Solche Aktionen gibt es leider immer noch, aber zum Glück auch nicht mehr so häufig, wie es noch vielerorts in den 80er Jahre war. Dies war eine Zeit, in welcher sich Nazis begannen in Fussballstadien breit zu machen und die Tribünen auch als Agitationsfeld gesehen haben. Durch das Aufkommen der Ultra-Kultur wurden die Nazis mal mehr, mal weniger aus dem Stadion oder zumindest aus dem Blickfeld der Berichterstattung vertrieben. In den letzten Monaten und Jahren ist aber ein gefährliches Comeback der «brauen Wand» zu beobachten. In Aachen, Duisburg oder Braunschweig wurden antifaschistische Ultragruppen von rechten Hooligans des selben Vereins bedroht, angegriffen und aus dem Stadion vertrieben. In anderen Vereinen besteht die aktive Fanszene schon seit Jahrzehnten aus Personen, die auch in rechtsextremen Gruppen agieren. Rassismus im Stadion gibt es überall. In Russland sind rassistische Ansichten oft ein fester Bestandteil der Ultra-Szene. In Jerusalem gründeten Fans von Beitar Jerusalem einen neuen Verein – Beitar Nordia – weil sie ihn von einer rechtsradikalen Fangruppe «La Familia» übernommen sahen. In Israel werden häufig arabische Spieler aber natürlich auch People of Color rassistisch beleidigt und diskriminiert. Angreifer aus den Reihen von Frente Atlético, einer Madrider Gruppierung, haben im Dezember 2014 einen antifaschistischen Ultra aus La Coruña bei Auseinandersetzungen vor dem Spiel bei Atlético Madrid zu Tode geprügelt. In der Kurve von Dinamo Zagreb ist die Ultra-Gruppe Bad Blue Boys aktiv, welche nationalistisch eingestellt sind und Überschneidungen mit rechtsextremen Skinheads werden immer wieder dokumentiert. Ähnlich ist das bei Torcida von Hajduk Split. Rassistische Beschimpfungen, diskriminierende Banner oder nationalsozialistische Symbole gehören dort beinahe schon zum guten Ton. Aber auch in südamerikanischen Ländern, wie zum Beispiel Brasilien, hat Rassismus eine Tradition. Zuletzt in den Schlagzeilen waren die Fans von Porto Alegre die im Herbst letzten Jahres den Torhüter des FC Santos Mario Duarte rassistisch Beschimpft haben. Die rassistischen Fans sind aber auch nicht kreativer als hierzulande und beleidigen Spieler mit afrikanischem Hintergrund mit «macaco» (dt. Affe) oder «stinkender Schwarzer». Klar ist, dass Rassismus beim Fussball weder ein regionales noch ein temporäres Problem ist. Rassismus ist, wie jede andere Diskriminierung, ein gesellschaftliches Problem – Fussballspiele dienen dabei höchstens als Katalysator. Aber die Dynamik, die in Fankurven entstehen kann, bringt spezifische Probleme mit sich. Denn nach 90 Minuten, nach ein paar Bier, ist die Stimmung oft so ausgelassen, dass die Hemmungen immer mehr fallen und so der Weg von rassistischen Beschimpfungen bis zu körperlichen Angriffen nicht mehr weit ist. In Erinnerung ist allen sicher noch die Demonstration unter dem Motto «Hooligans gegen Salafisten» im letzten Herbst in Köln. Rund 4000 Hooligans und Nazis marschierten dort Hand in Hand und verbreiteten offen fremdenfeindliche Ansichten und tobten sich in der Stadt ein wenig aus. Auch wenn die Bewegung um HoGeSa nicht in diesem Rahmen aufrecht erhalten werden kann, zeigt sich, was passiert, wenn Hooligans aktiv beginnen, sich mit der rechten Szene zu vernetzen. Neben diesen «alltäglichen» Problemen findet dazu noch alle zwei Jahre ein Grossevent statt, wo der Nationalstolz noch etwas grösser ist als sonst. Wenn eine Männerfussball-EM oder -WM stattfindet, sind plötzlich alle Fans «unserer» Schweizer Nationalmannschaft. Vor allem, wenn das eigene Team erfolgreich ist, nehmen nationalistische Ausuferungen zu. Automatisch macht sich in den Köpfen eine «Überlegenheit» breit. Patriotismus muss dann meist als Deckmantel herhalten, um das eigene fremdenfeindliche Verhalten zu rechtfertigen. Dieses Problem benötigt aber eine eigene Auseinandersetzung und soll an einer anderen Stelle ausführlicher behandelt werden. Klar ist, dass Fussball verbinden kann, er es aber zu oft nicht tut. Dass das so nicht bleibt, liegt auch an uns. Wir sehen uns auf den Strassen und auf den Rängen, Alerta! no racism ∙ No sexism ∙ No homophobia ∙ No Lookism ∙ No Ableism ∙ No Antisemitism
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