SPERRFRIST bis Redebeginn, 12:00 MEZ Matthias Müller Vorstandsvorsitzender des Volkswagen Konzerns Rede Pressekonferenz „TOGETHER – Strategie 2025“ am 16. Juni 2016 Autostadt, Wolfsburg Es gilt das gesprochene Wort Meine Damen und Herren, herzlich Willkommen hier in der Autostadt in Wolfsburg, an diesem für unser Unternehmen sehr bedeutenden Tag. Mit dem Zukunftsprogramm „TOGETHER – Strategie 2025“, das wir heute erstmals präsentieren, haben wir den größten Veränderungsprozess in der Geschichte von Volkswagen auf den Weg gebracht. Unsere neue Konzernstrategie macht den Weg frei für den Wandel eines der besten Autobauers der Welt zu einem der weltweit führenden Anbieter nachhaltiger Mobilität. Das ist die Vision, die uns leitet. Darum geht es uns und mir im Kern. Sie erinnern sich vielleicht: Ich hatte im vergangenen Herbst eine neue strategische Zielsetzung als eine unserer fünf Top-Prioritäten genannt. Heute liefern wir. Mehr als 250 Experten aus allen Teilen des Unternehmens haben in den vergangenen Monaten daran gearbeitet. Die neue Konzernstrategie ist also nicht im Elfenbeinturm entstanden. Sie ist auch nicht das Werk externer Berater, sondern kommt aus der Mitte unseres Unternehmens. Sie bündelt das Wissen, die Ideen und die visionäre Kraft all jener, die an dem Prozess beteiligt waren. Ihnen allen danke ich an dieser Stelle für den Einsatz, die Ausdauer und die Gestaltungskraft. Meine Damen und Herren, am Beginn jeder neuen Strategie muss eine selbstkritische und faire Bestandsaufnahme stehen. Sie war in unserem Fall allerdings überschattet von der Dieselthematik und deren Aufarbeitung, die in den vergangenen Monaten die Wahrnehmung des Konzerns dominiert hat. Verständlicherweise, angesichts der gravierenden Folgen, die diese Vorkommnisse für uns hatten und haben. Doch Volkswagen ist viel mehr als „Diesel“. Die Krise hat teilweise den Blick darauf verstellt, was wir in den vergangenen Jahren als Konzern erreicht haben. Unsere „Strategie 2018“ etwa war eindeutig ein Erfolg – bei aller berechtigten Kritik an einer gewissen Fixierung auf Größe und auch an einer Portion Selbstgefälligkeit, die sich im Laufe der Jahre in unser Denken und Handeln eingeschlichen hatte. Fakt ist: Wir haben die 2007 selbst gesetzten Ziele vor Plan erreicht oder waren zumindest auf einem guten Weg dazu, als die Dieselthematik uns einholte. 2 Das gilt für die Zufriedenheit unserer Kunden und die Stimmung in der Belegschaft ebenso wie für die Zahl der Auslieferungen und mit Abstrichen sogar für die Profitabilität. Fakt ist auch: Der Volkswagen Konzern ist seit 2007 in eine neue Dimension hineingewachsen. Den Umsatz haben wir seitdem in etwa verdoppelt, das Betriebsergebnis vor Sondereinflüssen ebenfalls, die Mitarbeiterzahl annähernd. Auch bei der Marktkapitalisierung liegen wir selbst nach dem scharfen Knick infolge der Dieselthematik noch deutlich im grünen Bereich. Das alles kann sich sehen lassen. Aber Zahlen beschreiben nicht das ganze Bild. Wir haben ohne Zweifel auch gravierende Schwächen. Die Stichworte lauten hier vor allem: Struktur, Kultur und Effizienz. Diese Schwächen sind seit dem vergangenen Herbst deutlicher als zuvor zutage getreten. Aber wir blenden sie keineswegs aus, sondern wir wollen sie ausmerzen. Dazu wird die neue Strategie einen wesentlichen Beitrag leisten. Volkswagen, meine Damen und Herren, hat aber zweifellos auch ausgeprägte Stärken: Wir verfügen über ein in unserer Industrie einzigartiges Portfolio faszinierender Marken. Wir decken viele Segmente der weltweiten Fahrzeugmärkte mit überzeugenden Modellen ab. Wir sind global aufgestellt wie kein zweiter Automobilhersteller. Wir verbinden technologische Kompetenz im angestammten Geschäft mit hoher Innovationskraft. Wir haben loyale Kunden, die uns weiterhin vertrauen. Eine strikte Qualitätsorientierung zieht sich durch den gesamten Konzern und all seine Marken. Wir können auf die Kompetenz und den Einsatz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bauen. Und übrigens auch auf eine selbstbewusste Mitbestimmung, die richtig verstanden und gelebt, eine Stärke und keine Belastung ist. Unsere Finanzen sind sehr solide – auch wenn die Folgen der Dieselthematik uns hier auf eine harte Probe stellen. Und nicht zuletzt haben wir eine Eigentümerstruktur, die uns die notwendige Stabilität für langfristige Planungen gibt. 3 Die Dieselthematik hat uns ordentlich durchgeschüttelt und ihre vollständige Bewältigung wird noch einige Zeit brauchen. Aber wir haben eine starke Basis, auf der wir aufbauen können, wenn wir jetzt die Zukunft des Volkswagen Konzerns gestalten. Die aktuelle Krise wirkt dabei wie ein Katalysator: Bei Volkswagen haben sich Türen geöffnet. Die Bereitschaft zur Veränderung ist deutlich gewachsen. Das spüre ich im persönlichen Kontakt mit Führungskräften, Belegschaftsvertretern und Mitarbeitern jeden Tag. Aber ganz unabhängig von „Diesel“: Der Veränderungsdruck war ohnehin schon da. Nicht zuletzt wegen des epochalen Wandels unseres Geschäfts, den wir gerade erleben. Die Schlagworte dazu kennen Sie: Die technologischen Megatrends stellen traditionelle Geschäftsmodelle in Frage, auch weil sich mit ihnen die Kundenbedürfnisse massiv verändern. Der Wettbewerb verschärft sich gefühlt von Monat zu Monat – durch alte, aber auch neue Konkurrenten, die in unser angestammtes Geschäft eindringen oder uns Chancen in angrenzenden Bereichen streitig machen wollen. Der Kapitalbedarf wird immer höher – weil die Innovationszyklen immer kürzer werden und wir neue Kernkompetenzen aufbauen müssen. Das heißt, dass wir unsere Ressourcen effizienter einsetzen und schneller werden müssen. Im Entscheiden und im Handeln. Die Rahmenbedingungen schließlich werden immer anspruchsvoller, wenn man etwa auf immer strengere Emissionsregularien und die erhöhte Volatilität auf den globalen Beschaffungs- und den Absatzmärkten schaut. Der Druck, so viel steht fest, wird weiter wachsen. Die Veränderungen des Umfelds spiegeln sich zugleich in den großen Trends unsere Industrie wider. Wir haben sie auf dieser Seite dargestellt. Die Grafik verdeutlicht: Produktinnovationen und neue Geschäftsmodelle greifen ineinander und entstehen gleichzeitig. Die Optimierung des traditionellen Geschäfts läuft parallel zur Entstehung neuer Geschäftsmodelle, etwa im Bereich der Mobilitätsdienste. Die Herausforderung, vor der Volkswagen – wie die gesamte Branche – steht, hat also viele Dimensionen. Zugleich sehen wir aber auch eine bis vor kurzem ungeahnte Dynamik in unserem Geschäft. Nicht nur das Automobil an sich wird sich in den kommenden Jahren fundamental verändern: 4 Mobilität als eigenständiges Produkt, als unser Versprechen an die Menschen, wird gerade neu definiert – vor allem von den Kunden selbst, die innovative Lösungen für ihre sich immer schneller verändernden Bedürfnisse verlangen werden. Dieser epochale Wandel eröffnet uns riesige Chancen. Wir wollen sie nutzen. Der Anspruch dabei ist klar: So wie wir mit unseren Fahrzeugen seit jeher das Leben vieler Millionen Menschen überall auf der Welt bereichert haben, so will Volkswagen auch die AutoMobilität für zukünftige Generationen maßgeblich mitgestalten. Ich gebe zu: Das ist ein hoher Anspruch. Wie wir ihm gerecht werden wollen, das beantworten wir mit unserem Zukunftsprogramm „TOGETHER – Strategie 2025“. Der Zeithorizont „2025“, den wir damit abstecken, ist Bestandteil des Namens – und steht für das langfristige Denken und Handeln, das Volkswagen schon immer ausgemacht hat. Der Begriff „TOGETHER“, den wir der Strategie voranstellen, steht für eine Denkweise, eine Haltung, die in diesem Konzern künftig noch wichtiger sein wird: Wir wissen, dass wir auf Dauer nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung erfolgreich sein können – also gemeinsam mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, gemeinsam mit bzw. für unsere Kunden, mit unseren Aktionären und Geschäfts-partnern. Und auch im vollen Bewusstsein unserer Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt. „TOGETHER“ ist also die Essenz unseres Verständnisses von Nachhaltigkeit, das in seinem umfassenden Sinne unser künftiges Handeln bestimmen wird. Meine Damen und Herren, unser Zukunftsprogramm „TOGETHER – Strategie 2025“ zielt auf nachhaltiges, profitables Wachstum. Es hat vier Eckpfeiler: Erstens: Wir transformieren unser Kerngeschäft. Fahrzeuge entwickeln, bauen und vertreiben, das bleibt auch künftig essenziell für Volkswagen. Das Gesicht dieses Geschäfts aber wird sich so massiv und nachhaltig verändern, dass der Begriff „Evolution“ für das, was vor uns liegt, viel zu schwach wäre. Zweitens: Wir bauen ein neues Geschäftsfeld für Mobilitätslösungen auf – markenübergreifend und eigenständig. Damit stellen wir sicher, dass wir diesen neuen, zusätzlichen Wachstumstreiber mit der nötigen Agilität und unternehmerischem Fokus entwickeln. 5 Drittens: Wir stärken die Innovationskraft von Volkswagen und stellen sie noch breiter auf. Dafür mobilisieren wir sowohl interne Kräfte als auch Impulse von außen. Viertens: Wir sichern die Finanzierung der immensen Zukunftsinvestitionen, die vor uns liegen. Dazu werden wir an allen verfügbaren Stellschrauben drehen. Diese vier Elemente bilden ein schlüssiges Ganzes: Die Transformation des Kerngeschäfts und das neue Geschäftsfeld Mobilitätslösungen sind das Fundament für das Wachstum von morgen. Beides wird aber nur erfolgreich sein, wenn wir eine echte Innovationskultur im Konzern etablieren – und wenn wir hinreichend profitabel sind, um das Ganze auch zu finanzieren. Was haben wir uns nun konkret vorgenommen? Diesen vier Eckpfeilern haben wir 15 strategische Initiativen auf Konzernebene zugeordnet. Diese werde ich nun zunächst kompakt vorstellen, bevor ich auf einzelne Beispiele näher eingehe. Zum ersten Eckpfeiler der Strategie: der Transformation des Kerngeschäfts. Hier haben wir insgesamt neun Initiativen entwickelt, um profitabel zu wachsen, um neue, strategische Kernkompetenzen aufzubauen und um den Unternehmergeist bei Volkswagen zu stärken: Erstens werden wir unsere Marken trennschärfer positionieren. Das heißt: Konzern und Marken werden genauer als bisher definieren, welche wachstumsträchtigen Segmente und Regionen wir bedienen wollen. Zweitens werden wir ein Fahrzeug- und Antriebsportfolio entwickeln, mit dem wir auch unter veränderten Marktbedingungen nachhaltig erfolgreich sein können. Unsere Modellpalette unterziehen wir deshalb einer strengen Prüfung. Ausschlaggebend dabei ist die Frage: Was wünschen die Kunden in den einzelnen Regionen dieser Welt wirklich? Die Gesamtzahl unserer heute rund 340 Modellvarianten werden wir im Zuge dessen reduzieren. Zudem werden wir eine Elektrifizierungsoffensive auf den Weg bringen, die in unserer Branche ihresgleichen suchen wird. Drittens straffen wir unsere modularen Baukästen, um deren Vorzüge noch besser und disziplinierter zu nutzen. Um es klar zu sagen: Die Baukästen sind der richtige Weg. Aber wir waren dabei, uns zu verzetteln. 6 Künftig werden wir, statt wie bisher mit zwölf Varianten, nur mit vier großen Baukästen arbeiten: je einem für Economy Fahrzeuge, für Volumenmodelle, für Premiumfahrzeuge und für Sportwagen. Die Komplexität wird so deutlich sinken, der betriebswirtschaftliche Nutzen steigen. Viertens werden wir endlich ein überzeugendes Angebot im boomenden Economy Segment auf die Beine stellen – gemeinsam mit Partnern aus den dafür relevanten Regionen, sprich: aus Asien. Gespräche darüber befinden sich bereits im fortgeschrittenen Stadium. Die fünfte Initiative betrifft das autonome Fahren: Wir glauben an die Zukunft dieser Technologie, an ihre rasche Verbreitung und ihr revolutionäres Potenzial. Deshalb machen wir das autonome Fahren und Künstliche Intelligenz zu Kerntechnologien von Volkswagen. Auch mit der sechsten Initiative betreten wir Neuland: Wir werden uns sehr intensiv mit der Batterietechnologie beschäftigen und auch diese zu einer neuen Kernkompetenz des Konzerns machen. Die siebte Initiative knüpft an die bereits kommunizierte Einrichtung unserer weltweit drei Volkswagen Group Future Centers an. Dort arbeiten Designer und Digitalisierungsexperten Hand in Hand am Auto der Zukunft. Unser Ziel und unser Anspruch: über alle Marken hinweg die Besten in unserer Branche zu sein, was das gesamthafte Kundenerlebnis betrifft, die sogenannte „User Experience“. Es geht darum, konsequent vom Kunden her zu denken – und die neuen technologischen Möglichkeiten dabei optimal zu nutzen. Die Initiativen acht und neun zielen auf eine Stärkung unseres Unternehmergeistes. Dazu wird zum einen die Implementierung der Baureihenorganisation in den Marken beitragen. Die Baureihen werden uns klarere Verantwortlichkeiten, kürzere Entscheidungswege und eine stärkere Ergebnisorientierung bringen. Ein bedeutender Schritt für unser Haus wird zum anderen die Neuausrichtung des Komponentengeschäfts sein, das wir konzernweit bündeln. Perspektivisch ergeben sich aus dem Prozess, den wir mit diesem ersten Schritt anstoßen, ganz neue unternehmerische Möglichkeiten. 7 Die Punkte 10 und 11 in der Übersicht betreffen das neue Geschäftsfeld Mobilitätslösungen, das wir zur zweiten Säule neben dem klassischen Geschäft aufbauen. Wie bereits erwähnt, werden wir es als eigenständige unternehmerische Einheit etablieren. Aber wir werden nicht alles machen und nicht jedem Trend hinterher laufen. Wir werden den Markt gründlich analysieren und konzentrieren uns auf die vielversprechendsten Segmente mit einem klaren Potenzial für Mehrwert für die Kunden und unser Unternehmen. Für die notwendigen Zukunftsinvestitionen in die Transformation des Kerngeschäfts und den Aufbau der zweiten Säule veranschlagen wir bis 2025 insgesamt einen zweistelligen Milliardenbetrag. Zur Finanzierung dieser gewaltigen Summe müssen und werden wir die Operative Exzellenz im gesamten Konzern deutlich verbessern. Das heißt: Wir müssen auf allen Stufen der Wertschöpfungskette, in allen Marken und Bereichen effizienter werden. Heute liegen wir bei den dafür wesentlichen Kennzahlen – zum Teil deutlich – hinter den Besten der Branche. Das kann und das wird so nicht bleiben. Alle Marken und Bereiche müssen und werden ihren Beitrag zur Effizienzsteigerung über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg leisten. Angesichts der großen Bedeutung der Marke Volkswagen kommt ihr dabei aber eine zentrale Rolle zu. Der „Zukunftspakt“, an dem Markenvorstand und Betriebsrat seit Anfang Juni arbeiten, ist der Schlüssel dafür: Im Kern geht es um eine substanzielle Steigerung von Effizienz, Produktivität und Profitabilität unserer Kernmarke. Auch bei Initiative Nummer 13 geht es um die Sicherung der Finanzierung unserer Zukunftsinvestitionen. Wir werden unser bestehendes Marken- und Beteiligungsportfolio in den kommenden Monaten mit Blick darauf prüfen, wo wir es noch optimieren können. Wir haben hier eine Reihe von Optionen. Vorentscheidungen oder gar finale Beschlüsse dazu gibt es aber noch nicht. Ich weiß: Spekulationen, um was es dabei konkret gehen könnte, sind für Sie natürlich extrem spannend, aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht zielführend. Schließlich zum vierten Eckpfeiler der Strategie, der Stärkung unserer Innovationskraft: Dazu werden wir den bereits eingeleiteten digitalen Wandel im Konzern weiter vorantreiben. Dies betrifft zum einen operative Themen wie „Industrie 4.0“ in unseren Fabriken oder die Digitalisierung im Vertrieb. Zum anderen werden wir das 8 Entwicklungstempo bei sämtlichen kundenbezogenen digitalen Anwendungen noch einmal deutlich steigern. Um Innovationen zu beschleunigen, werden wir uns auch ganz gezielt Impulse von außen holen, etwa indem wir künftig stärker auf Zukäufe und Venture-Capital-Investitionen setzen. Ich hatte es bei anderer Gelegenheit bereits gesagt: Wir geben uns nicht mehr der Illusion hin, alles besser zu können oder alles selbst entwickeln zu müssen. Für ein ingenieursgetriebenes Unternehmen wie unseres ist das gewiss ein Paradigmenwechsel. Aber wir kommen nicht an der Erkenntnis vorbei, dass eine intelligente Investitionsstrategie viel Zeit und Geld spart. Die Auswahl möglicher Engagements wird künftig zentral gesteuert. So wollen wir größtmöglichen Mehrwert für den Konzern und seine Marken generieren. Zur Stärkung unserer Innovationskraft soll auch eine Initiative beitragen, die wir „Organisation 4.0“ nennen. Volkswagen ist bekanntermaßen ein eher traditionell orientiertes Unternehmen. Aber: Neue Zeiten verlangen nach neuem Verhalten und neuem Denken. Es geht mir vor allem um Offenheit und Partnerschaftlichkeit im täglichen Arbeiten. Aber auch um klare Zielbilder und Verantwortlichkeiten unterlegt mit einer modernen, attraktiven Arbeitsorganisation. Daran arbeiten wir – und auf diesem Weg der Veränderung werden wir konsequent vorangehen. Meine Damen und Herren, das Gesamtbild kennen Sie nun. Lassen Sie mich Ihnen im Folgenden einzelne Facetten näherbringen, die mir besonders wichtig sind. Zunächst zu unserer Elektrifizierungsoffensive. Sie rückt ins Zentrum der künftigen Antriebsstrategie des Konzerns. Der Verbrennungsmotor bleibt wichtig. Er wird uns noch länger begleiten und auch im Jahr 2030 noch etwa zwei Drittel des Marktvolumens neuer Fahrzeuge ausmachen. Das heißt aber auch: Das andere Drittel wird dann elektrisch fahren. Der Durchbruch für die E-Mobilität wird bis dahin also längst Realität sein. Und wir sind entschlossen, die Elektromobilität zu einem neuen Markenzeichen von Volkswagen zu machen. Bis 2025 wird der Volkswagen Konzern mehr als 30 vollelektrische neue Fahrzeuge auf den Markt bringen. Wir erwarten, dass wir dann etwa 2 bis 3 Millionen 9 rein elektrisch angetriebener Fahrzeuge pro Jahr verkaufen werden. Das wird mit schätzungsweise 25 Prozent ein erheblicher Teil unseres gesamten Absatzes sein. Entsprechend forcieren wir unser Engagement und werden ein milliardenschweres Investitionsprogramm auf den Weg bringen. Auch das autonome Fahren ist ein Schlüsselthema für die Transformation unseres Kerngeschäfts. Auch ich, als jemand der es liebt, das Steuer selbst in der Hand zu halten, war zunächst skeptisch. Inzwischen habe ich, haben wir, nicht den geringsten Zweifel daran, dass diese revolutionäre Technologie schon innerhalb weniger Jahre zur Realität werden wird. Unser Anspruch ist es, alle relevanten Segmente abzudecken: mit autonomen Fahrzeugkonzepten für den Individualverkehr ebenso wie mit sogenannten „Last-MileSolutions“ für den Transport von Menschen und Waren in den großen Städten. An diesen Themen arbeiten wir bereits mit Hochdruck. Vollautonome Fahrzeuge mit einem von uns selbst entwickelten System werden bereits zum Dekadenwechsel auf den Markt kommen. Die kumulierten Investitionen für neue autonome Mobilitäts-lösungen werden mehrere Milliarden Euro betragen. Wir werden die notwendige Kompetenz aufbauen, u.a. planen wir rund 1.000 zusätzliche Software-Spezialisten einzustellen. Übrigens: Es ist schön zu sehen, dass wir in diesen Tagen zahlreiche Initiativbewerbungen von Top-Leuten aus den Bereichen Digitalisierung und neue Mobilität erhalten. Man traut uns offenbar zu, dass wir es ernst meinen. Damit werden wir eine ordentliche Schlagkraft entfalten können. Das ist auch notwendig, denn auch auf diesem Zukunftsfeld wollen wir eine führende Rolle spielen – und überdies nicht von Zulieferungen Dritter abhängig sein. Das ist auch ein Blickwinkel, der bei einer weiteren Kerninitiative eine wichtige Rolle spielt: dem Aufbau der Batterietechnologie zu einer Kernkompetenz des Volkswagen Konzerns. Diese Grundsatzentscheidung ist gefallen. Denn die Batterietechnologie ist der Schlüssel zur Elektromobilität. Ihr Wertschöpfungsanteil liegt bei vollelektrischen Fahrzeugen bei 20 bis 30 Prozent. Allein für die Ausstattung unserer eigenen E-Flotte benötigen wir bis 2025 eine Batteriekapazität in einer Größenordnung von 150 10 Gigawattstunden – was zugleich ein gewaltiges Beschaffungsvolumen repräsentieren würde. Die wirtschaftliche Bedeutung des Themas liegt also klar auf der Hand. Und die technologische Kompetenz stünde dem Volkswagen Konzern ohne Zweifel gut zu Gesicht. Wir werden alle strategischen Optionen gründlich prüfen, um die Batterietechnologie als neues Kompetenzfeld für den Volkswagen Konzern zu erschließen. An dieser Stelle eine Anmerkung: Dass wir nun einen so klaren Fokus auf E-Mobilität und Batterietechnologie legen, bedeutet nicht, dass wir die Arbeit an der Weiterentwicklung der Brennstoffzelle zurückfahren oder gar einstellen werden. Wir bleiben auch hier am Ball, und werden bereit sein, wenn die Zeit dafür reif ist. Meine Damen und Herren, bei den genannten Initiativen geht es darum, Chancen zu nutzen, die sich aus den technologischen Megatrends unserer Branche ergeben. Wenn wir von der Transformation des Kerngeschäfts sprechen, dann richten wir den Blick aber auch nach innen. Eine weithin unterschätzte Stärke des Volkswagen Konzerns ist die Fertigung hervorragender Komponenten wie Motoren, Getrieben, Chassis-Elementen oder Kunststoff-Bauteilen. Wenn Sie so wollen, haben wir einen der größten Automobilzulieferer der Welt unter unserem Dach: Unser Geschäftsbereich Komponente zählt derzeit rund 67.000 Mitarbeiter an 26 Standorten verschiedener Marken auf fünf Kontinenten. Wir haben entschieden, diese Aktivitäten im Konzern strategisch neu auszurichten und zu bündeln. Durch die Neuaufstellung soll das Geschäft mehr unternehmerische Freiheit bekommen. Wir versprechen uns davon mehr Transparenz und mehr internen Wettbewerb. Und nicht zuletzt auch maßgebliche Beiträge für Zukunftsthemen wie die Elektromobilität. Wir sind davon überzeugt: Wir haben in der Komponente noch viel ungenutztes Potenzial, und dieses Potenzial wollen wir heben! Der Anfang dafür ist mit dem Beschluss gemacht. Er hat übrigens die volle Unterstützung der Arbeitnehmervertreter. 11 Wer Volkswagen kennt, der weiß: Die Neuausrichtung der Komponente ist für unser Unternehmen ein großer Schritt, genau wie die Transformation des Kerngeschäfts insgesamt. Wir werden dabei verantwortungs-voll und kooperativ vorgehen. Das gehört zu Volkswagen. Das sind wir unserer Belegschaft schuldig, die in diesen bewegten Zeiten gerade Großartiges leistet. An dieser Stelle noch eine Anmerkung: Die vorgenannten Initiativen kreisen vor allem um das Pkw-Geschäft. Das heißt aber nicht, dass wir unser Nutzfahrzeuggeschäft nicht mit dem gleichen Ehrgeiz weiterentwickeln würden. Im Gegenteil: Für unser Nutzfahrzeuggeschäft, das derzeit die Marken Scania, MAN und Volkswagen Nutzfahrzeuge umfasst, haben wir das strategische Ziel formuliert, einen globalen Champion zu formen. Das ist anspruchsvoll, aber realistisch. Denn wir haben starke Marken, sind heute schon in vielen Zukunftstechnologien führend – und haben vor allem auch hier eine großartige und motivierte Mannschaft an Bord. Konkret haben wir uns vorgenommen, Volkswagen Truck & Bus als Mehr-MarkenAnbieter über den Zyklus hinweg zum profitabelsten Unternehmen der Branche zu machen. Dazu wird vor allem eine beschleunigte Integration im Markenverbund beitragen. Wir werden die Gesamtperformance der Gruppe signifikant verbessern und unsere weltweite Präsenz ausbauen – insbesondere in den Regionen, wo wir heute noch unter Wert spielen. Mittelfristig wird sich der Geschäftsbereich immer mehr vom reinen Nutzfahrzeug-Hersteller zu einem führenden Anbieter intelligenter Transportlösungen entwickeln. Meine Damen und Herren, ich hatte es vorhin schon kurz angerissen: Der zweite Eckpfeiler unserer Strategie 2025 ist der Aufbau des neuen Geschäftsfeldes Mobilitätsdienstleistungen. Warum legen wir so viel Wert auf die Feststellung, dass es markenübergreifend und -unabhängig etabliert werden soll? Weil das Thema für alle im Konzern relevant ist. Weil die neue Einheit Partner für alle Markensein wird. Und weil eine markenunabhängige Führung besser geeignet ist, frei und mutig zu denken. Seinen Sitz wird das neue Geschäftsfeld übrigens in Berlin haben, also in ausreichender Entfernung von Wolfsburg, Ingolstadt und Stuttgart. Auch darin zeigt sich, dass wir es mit der Freiheit ernst meinen. 12 Unser Ziel ist klar: Der Volkswagen Konzern will die Chancen in diesem Zukunftsmarkt nutzen. Dafür bringen wir alle Voraussetzungen mit: Wir verstehen Mobilität, und das seit mehr als hundert Jahren. Wir werden nun daran arbeiten, Mobilität neu zu definieren – gemeinsam mit Partnern, und mit vielen Millionen Kunden in aller Welt. Den ersten wichtigen Schritt haben wir mit der Beteiligung an GETT bereits getan: Die strategische Partnerschaft mit einem Unternehmen mit heute schon mehr als 50 Millionen Kunden im wachstumsstarken Markt rund um die Vermittlung von Fahrdiensten ist der Nukleus für den Ausbau des Geschäfts. Um diesen Kern werden wir in den nächsten Jahren in rascher Folge weitere Dienste wie Robotaxis, Carsharing oder Transport-On-Demand gruppieren. Dabei zielen wir sowohl auf Privat- wie auf Geschäftskunden. Die neue Einheit wird am Kundenbedarf orientierte Angebote selbst aufbauen oder zukaufen. Bis zum Jahr 2025 streben wir so in einem schnell wachsenden und hart umkämpften Markt einen Umsatz in substanzieller Milliardenhöhe an. Ich denke, das macht deutlich, was wir vorhaben: eine starke zweite Säule für unser Geschäft aufzubauen. Meine Damen und Herren, ich habe viel über neue Ertragspotenziale gesprochen. Wir werden diese aber nur erschließen können, wenn wir in der Lage sind, die nötigen Investitionen zu leisten. Die operative Ertragskraft des Volkswagen Konzerns ist hoch. Aber das reicht nicht aus, um alles sicher zu finanzieren. Wir müssen also zusätzliche Mittel generieren. Das geht am besten, indem wir unsere Effizienz steigern. In praktisch allen Konzernbereichen gibt es noch reichlich Reserven. Für diese Feststellung genügt ein Blick auf einige wesentliche Kennzahlen, bei denen wir hinter der Konkurrenz liegen. Das wollen und müssen wir ändern. Wir haben uns daher vorgenommen: Die Effizienz unserer Investitionsausgaben (Capex) deutlich zu steigern. Die Investitionsquote, gemessen am Umsatz im Automobilgeschäft, werden wir bis 2025 spürbar, aber maßvoll auf 6,0 Prozent senken. Die Effizienz unserer Aufwendungen für Forschung & Entwicklung wollen wir ebenfalls deutlich verbessern. Das heißt: Wir werden unser Geld bewusster und 13 fokussierter einsetzen. Die entsprechende F&E-Quote werden wir auf im Wettbewerbsvergleich angemessene 6,0 Prozent zurückführen. Erheblich besser wollen wir schließlich bei den zuletzt im Verhältnis zum Umsatz deutlich gestiegenen allgemeinen Vertriebs- und Verwaltungskosten werden. Hier peilen wir langfristig eine Reduzierung der Quote auf unter 12 Prozent an. Insgesamt wollen wir in den kommenden zehn Jahren durch diese erheblichen Effizienzsteigerungen auf Basis der Zahlen von 2015 ein jährliches Ertragssteigerungspotenzial in wirklich signifikanter Milliardenhöhe realisieren. Salopp gesagt, werden wir in den kommenden Jahren überflüssige Pfunde abtrainieren und zusätzliche Muskeln aufbauen. Dafür werden wir alle Konzernbereiche und alle Marken in die Pflicht nehmen. Die Konkretisierung einzelner Maßnahmen auf Konzern-, Marken- und Bereichsebene erfolgt in den kommenden Monaten. Das heißt auch: Wir bleiben mit unserer „Strategie 2025“ nicht im Vagen, sondern unterlegen sie mit klaren, verbindlichen Zielen. Volumen- oder Umsatzgrößen geben wir dabei nicht vor. Größe ist kein Selbstzweck. Sie ergibt sich vielmehr von selbst, wenn wir erfolgreich sind. Da wir dafür gute Chancen sehen, gehen wir von einem signifikanten – aber vor allem profitablen – Wachstum aus: Die Operative Umsatzrendite soll bis 2025 schrittweise auf 7 bis 8 Prozent steigen. Die Kapitalrendite im Automobilbereich soll dann bei mehr als 15 Prozent liegen. Diese Ziele halten wir für ein Unternehmen unserer Struktur im künftigen Markt- und Wettbewerbsumfeld für angemessen, ambitioniert und gleichzeitig realistisch. Wir werden damit nachhaltigen Wert auch für unsere Aktionäre schaffen. Zugleich bleiben wir trotz der aufwändigen Transformation des Konzerns einer soliden Finanzpolitik verpflichtet. Meine Damen und Herren, ich hatte es eingangs bereits gesagt. Die neue Strategie steht nicht für ein „Weiter so“. Wir haben damit den Startschuss gegeben für den größten Veränderungsprozess in der Geschichte von Volkswagen. Mit „TOGETHER. Strategie 2025“ haben wir eine klare Vision für die nächste Dekade formuliert: 14 „Volkswagen wird ein weltweit führender Anbieter nachhaltiger Mobilität sein“. Diese Vision beschreibt den Transfer unseres Führungs-anspruchs aus der alten Welt in die Mobilitätswelt von morgen. Indem wir unsere 15 strategischen Initiativen umsetzen, werden wir dafür sorgen, dass diese Vision Realität wird. Für diesen Weg haben wir dem Volkswagen Konzern auch eine neue Mission gegeben, die Richtschnur unseres täglichen Handelns ist: Wir begeistern unsere Kunden mit passgenauen Mobilitätslösungen. Wir erfüllen die vielfältigen Bedürfnisse unserer Kunden mit einem Portfolio starker Marken. Wir übernehmen und leben tagtäglich Verantwortung für Umwelt, Sicherheit und Gesellschaft. Wir handeln integer und bauen auf Verlässlichkeit, Qualität und Leidenschaft als Grundlagen unserer Arbeit. Dies so unmissverständlich zu formulieren, ist gerade jetzt für uns von größter Bedeutung. Integrität, Verantwortung und Nachhaltigkeit sind keine Lippenbekenntnisse, sondern elementare Bausteine für unsere Zukunft: Unsere wichtigste Währung sind Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in unsere Marken, in unsere Produkte und in Volkswagen als Ganzes. Wie schnell Vertrauen verloren geht, das mussten wir im vergangenen Herbst schmerzlich erfahren. Und wie schwer es zurückzugewinnen ist, das erleben wir in diesen Tagen. Ich stehe persönlich dafür ein, dass wir unserer Mission gerecht werden. Dann, und nur dann, werden wir: Die Loyalität unserer Kunden wirklich verdienen – und sie dauerhaft mit unseren Produkten begeistern. Nur dann werden wir ein exzellenter, das heißt ein verlässlicher, sicherer, moderner und weltoffener Arbeitgeber sein. Nur dann kann Volkswagen wieder Vorbild als guter Unternehmensbürger sein, der seinen Beitrag für das gesellschaftliche Wohl und eine intakte Umwelt leistet. Und nur dann werden wir wettbewerbsfähige Erträge erwirtschaften, um für unsere Eigentümer ein attraktives Investment zu bleiben. 15 All das gilt es zu schaffen, wenn wir unser zentrales, übergeordnetes Ziel erreichen wollen: nachhaltig zu wachsen – für unsere Stakeholder und gemeinsam mit ihnen. Meine Damen und Herren, ich hatte bei unserer Jahrespressekonferenz Ende April gesagt, dass wir uns von der Krise nicht lähmen lassen. Ich hoffe, ich konnte Ihnen heute mit diesem Parforce-Ritt durch unsere neue Strategie zeigen, dass dem tatsächlich so ist. Die Volkswagen Gruppe ist stark und lebendig. Wir nehmen die Herausforderungen unserer Zeit an. Und wir stellen uns jetzt neu auf: fokussierter, effizienter, innovativer, kundennäher, nachhaltiger – und konsequent auf profitables Wachstum ausgerichtet. Wir wissen dabei, wo wir herkommen. Und wir wissen, wo wir hinwollen. Wir sind bereit zur Veränderung: Der Wandel ist unser Verbündeter, nicht unser Feind. „TOGETHER – Strategie 2025“ bildet dafür den Rahmen. Was ich Ihnen heute präsentiert habe, ist der Startschuss für die weitere Ausarbeitung. Wenn Sie so wollen, hat die Arbeit gerade erst begonnen. In den kommenden Monaten werden korrespondierende Strategien der Konzernmarken erarbeitet, die den von der „Strategie 2025“ vorgegebenen Rahmen ausfüllen. Das vollständige, auf Marken- und Funktionsbereiche heruntergebrochene und mit konkreten Maßnahmen und Zahlen unterlegte strategische Programm werden wir Ihnen bis Jahresende in Gänze präsentieren können. Damit, meine Damen und Herren, bauen wir ein neues, ein besseres, ein noch stärkeres Volkswagen. Gemeinsam: …werden wir Smart Mobility Lösungen schaffen, die das Leben unserer Kunden erleichtern und bereichern. …werden wir durch alternative Antriebstechniken zu dramatischen Umweltentlastungen beitragen. …werden wir weiterhin Maßstäbe in Sachen Emotion und Qualität setzen. …werden wir die Zukunft unserer Branche prägen. …werden wir ein Unternehmen sein, auf das wir alle stolz sein können. 16 Das ist unser Anspruch. Danach streben wir. Das werden wir erreichen. *** 17
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