DGAPjahresbericht 2015/16 Inhalt 2 Zum Geleit 4 Die DGAP – das Netzwerk für Außenpolitik 10 Mitglieder und Förderer 12 Veranstaltungshöhepunkte 2015 /16 20 Außenpolitik vermitteln – das DGAPforschungsinstitut Schwerpunkte 2015 /16 22 Europas Schwäche ist Putins Stärke Stefan Meister und Jana Puglierin 26 Renaissance militärischer Macht? Svenja Sinjen 29 Bedingte Krisenfähigkeit Henning Riecke 32 Eine neue „Grand Strategy“ für die USA Josef Braml 36 China: Auftakt zum Abschwung? Claudia Schmucker Anhang 40 Gremien, Aufbau, Struktur 42 Die Köpfe 44 Die Regionalforen 45 Finanzbericht 46 Bilanzen 47 Gewinn- und Verlustrechnung 48 Impressum Ihre Ansprechpartner 2 Zum Geleit Was sich mit der Annexion der Krim vor zwei Jahren und der Eurokrise schon abzeichnete, wurde in den darauffolgenden Jahren 2015/16 noch deutlicher. Wir befinden uns in einer Epochenwende. Noch nie zuvor war das vereinigte Europa solch großen Fliehkräften ausgesetzt wie jetzt. Aus dem „Ring von Freunden“, den die EU vor nur einem Jahrzehnt in ihrer Sicherheitsstrategie als Ziel angab, ist ein „Ring of Fire“ geworden: Syrien wurde in einem nunmehr vier Jahre andauernden Krieg fast vollkommen zerstört, Libyen zerfällt vor unseren Augen, Ägypten steuert zurück in eine Militärdiktatur, ohne so dramatische Probleme wie Jugendarbeitslosigkeit zu lösen, die einst zur Revolution geführt hatten. Der Krieg in der Ukraine geht weiter, was die Umsetzung dringend notwendiger Reformen nicht gerade erleichtert. Zu den äußeren Bedrohungen aber kommen die Zweifel vieler Europäer am Friedensund Integrationsprojekt selbst. Die Briten stimmen per Referendum in diesem Jahr über den Verbleib in der EU ab, mit ungewissem Ausgang. In Polen und schon seit geraumer Zeit in Ungarn lässt sich beobachten, dass das Transformationsvermögen der EU vielleicht doch nicht so nachhaltig war. Und die Erfolge populistischer Parteien – nun auch in Deutschland – demonstrieren, dass die Zweifel an der liberalen Demokratie und ihrer Problemlösungsfähigkeit wachsen. Die Flüchtlingskrise hat diese Trends in einigen Teilen der europäischen Bevölkerung nur noch verstärkt. Diese Zweifel sind auch in den USA zu beobachten, wo Donald Trump Erfolge einfährt, die kaum ein Beobachter vorhergesehen hatte. Und auch hier gilt: Es geht nicht so sehr um die Person als um ein grundsätzliches Unbehagen am sogenannten „politischen Establishment“, am „liberalen Projekt“, an der Globalisierung. In Zeiten einer „Wende nach innen“ geraten auch Freihandelsabkommen wie die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft TTIP enorm unter Druck. Die profunden Änderungen, die während der vergangenen Jahre zu beobachten sind, analytisch aufzubereiten, mit den richtigen Fragen Orientierung zu schaffen, die Komplexität von Außenpolitik zu kommunizieren, die gesellschaftliche Debatte zu inspirieren und Politik zu beraten, das sind die Aufgaben der DGAP. Allen, die zum Gelingen der Arbeit der DGAP beigetragen haben, insbesondere unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, unseren Mitgliedern und Förderern, danke ich sehr. Ihr Dr. Arend Oetker Präsident Der Hauptsitz der DGAP in der Rauchstraße 17/18 in Berlin-Tiergarten. Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. ist das nationale Netzwerk für Außenpolitik. Seit über 60 Jahren fördern wir die außenpolitische Meinungsbildung in Deutschland: unabhängig, überparteilich, gemeinnützig. 5 Dialog führen DGAPgesellschaft Politik vermitteln DGAPforschungsinstitut Wissen vertiefen DGAPbibliothek Die DGAP – das Netzwerk für Außenpolitik „Die Zukunft unseres Landes wird von unserer außenpolitischen Kompetenz abhängen“, Peter Altmaier, Chef des Bundeskanzleramts, am 3. März 2016 in der DGAP. Ziel der DGAP ist es, den außenpolitischen Austausch aktiv zu fördern und Akteure aus dem In- und Ausland miteinander zu vernetzen. Mit jährlich rund 250 Vorträgen, Konferenzen, Podiumsdiskussionen und Kamingesprächen sowie einer Vielzahl von Veröffentlichungen ihres Forschungsinstituts ist die DGAP eine unabhängige und kompetente Plattform. Sie ist das einzige Netzwerk in Deutschland, das gezielt alle Akteure der Außenpolitik – Politiker, Unternehmer, Wissenschaftler und Medienvertreter – gleichermaßen einbezieht. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Forschungsinstituts der DGAP beraten Entscheider aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft und informieren die breite Öffentlichkeit über Fragen der internationalen Politik. Durch das Forschungsinstitut und als Herausgeberin der Zeitschriften IP – Internationale Politik und des Berlin Policy Journal leistet die DGAP im In- wie im Ausland einen substanziellen Beitrag zur außen politischen Debatte und zur -Stellung Deutschlands in der Welt. DGAPjahresbericht 2015 / 16 6 Die DGAP – das Netzwerk für Außenpolitik Ein gemeinnütziger Verein – getragen von vielen engagierten Mitgliedern Die DGAP ist ein gemeinnütziger Verein, in dem sich rund 2.600 Mitglieder engagieren. Ehemalige Bundeskanzler, Minister und Staatssekretäre zählen zum Mitgliederkreis ebenso wie namhafte Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Diplomatie und den Medien; darunter Patrick Adenauer, Peter Altmaier, Franziska Augstein, Reinhard Bütikofer, Hubert Burda, Sawsan Chebli, Gerda Hasselfeldt, Helmut Kohl, Alexander Graf Lambsdorff, Günther Nonnenmacher, Volker Perthes, Ruprecht Polenz, Wolfgang Schäuble, Irmgard Schwaetzer, Marietta Slomka, Emil Underberg und Ulrich Wickert. Ehrenmitglieder der DGAP sind Ursula Braun, Klaus von Dohnanyi, Hans-Dietrich Genscher †, Karl Kaiser, Hans-Ulrich Klose, Helmut Schmidt †, Rita Süssmuth, Günter Verheugen und Antje Vollmer. Auch nach dem Vortrag von Dr. Norbert Röttgen geht die Diskussion weiter. DGAPjahresbericht 2015 / 16 Den außenpolitischen Nachwuchs fördern Die Mitgliedschaft in der DGAP steht allen politisch Interessierten offen. Um insbesondere dem Nachwuchs den Einstieg in das Netzwerk für Außenpolitik zu erleichtern, gründete die DGAP im Jahr 2008 die Junge DGAP. Mit attraktiven Veranstaltungsformaten und einem Mentorenprogramm wird eine Brücke zwischen jüngeren und älteren Mitgliedern der DGAP geschlagen. Die Junge DGAP richtet sich an alle, die Interesse an internationaler Politik haben und nach Möglichkeiten suchen, ihr Wissen und ihr Netzwerk im Rahmen von Veranstaltungen zu erweitern. Sie umfasst alle Mitglieder der DGAP unter 35 Jahren. Eine außenpolitische Gesellschaft mit langjähriger Tradition Gegründet wurde die DGAP am 29. März 1955 nach dem Vorbild des britischen Chatham House und des amerikanischen Council on Foreign Relations als eine von der Regierung und den politischen Parteien unabhängige Gesellschaft. Zu den Gründungsmitgliedern zählten Arnold Toynbee (Chatham House), Berthold Beitz (Krupp), Außenminister Heinrich von Brentano, Wilhelm Beutler (BDI), Günter Henle (Klöckner & Co.), Otto Wolff von Amerongen (Otto-Wolff-Gruppe) und Bundespräsident Theodor Heuss. Eine der Gründungsansprachen hielt Bundeskanzler Konrad Adenauer. Die ersten fünf Jahre hatte die DGAP ihren Sitz in Frankfurt a.M. und zog 1960 in die damalige Bundeshauptstadt Bonn. Nach der Deutschen Einheit erwarb die Gesellschaft das Gebäude der ehemaligen Gesandtschaft des Königreichs Jugoslawien in Berlin-Tiergarten. Seit 1999 befindet sich hier der Hauptsitz der DGAP, unweit des Regierungsviertels und in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer Vielzahl von Stiftungen und diplomatischen Vertretungen. Die Veranstaltungen der DGAP finden sowohl an ihrem Hauptsitz in Berlin statt als auch bundesweit in ihren Regionalforen in NRW, München, Hansestädte, Sachsen, Frankfurt und Baden-Württemberg. Die DGAP – das Netzwerk für Außenpolitik 7 In- und ausländische Experten diskutieren in vertraulichem Rahmen über die Entwicklungen in Russland. Unabhängig dank einer breiten Unterstützung Praxisorientierte Forschung und Beratung im DGAPforschungsinstitut Die Arbeit der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik wird durch die Beiträge ihrer Mitglieder, eine institutionelle Förderung des Auswärtigen Amtes sowie durch die Zuwendungen von zahlreichen Stiftungen, Botschaften, Verbänden und Unternehmen finanziert. Diese breite Unterstützung sichert dem Verein seine Existenz und Unabhängigkeit. Zur effektiven Unterstützung der DGAP schlossen sich bereits 1955 Unternehmen und Institutionen in einem eigenen gemeinnützigen Verein zusammen, dem Fördererkreis der DGAP e.V. Als Tochtergesellschaft des Fördererkreises wurde im Herbst 2011 die DGAP Consulting GmbH gegründet. Sie bietet privatwirtschaftlichen wie öffentlichen Auftrag gebern maßgeschneiderte Beratungs- und Serviceleistungen zu außenpolitischen und globalen Fragen an. Zur langfristigen Finanzierung der Aufgaben der DGAP wurde darüber hinaus im Jahr 2010 die Stiftung der DGAP für Auswärtige Politik gegründet. Die Erträge sollen die Wettbewerbsfähigkeit der DGAP im Zuge der wachsenden globalen Herausforderungen verbessern und ihre Unabhängigkeit langfristig sichern. Das Forschungsinstitut der DGAP versteht sich als Berater, Netzwerker und Impulsgeber der operativen Außenpolitik. An der Schnittstelle von Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Medien beschäftigen sich mehr als 30 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit folgenden Themen: ..Europa und die Europäische Union ..Frankreich und deutsch-französische Beziehungen ..USA und die transatlantischen Beziehungen ..Mittel- und Osteuropa, Russland und Zentralasien ..Naher und Mittlerer Osten ..China und der Asien-Pazifik-Raum ..Sicherheits- und Verteidigungspolitik ..Luft- und Raumfahrtpolitik ..Weltwirtschaft In Konferenzen, Gesprächskreisen und Studiengruppen gestaltet und schärft das Forschungsinstitut die außenpolitische Debatte. Mit Publikationen und Interviews berät und informiert es zudem die interessierte Öffentlichkeit über aktuelle außenpolitische Themen. DGAPjahresbericht 2015 / 16 8 Die DGAP – das Netzwerk für Außenpolitik IP: Zeitschrift und Länderporträts Hintergründe zu Politik und Wirtschaft Die DGAP ist Herausgeberin der IP – Internationale Politik, Deutschlands führender außenpolitischer Zeitschrift. Die IP erscheint seit 1945 (bis 1994 unter dem Namen Europa-Archiv) und ist sowohl im Abonnement als auch bundesweit im Bahnhofs- und Flughafenbuchhandel erhältlich. Alle zwei Monate beleuchtet die Zeitschrift in Hintergrundartikeln, Essays und Reportagen aktuelle Fragen der Außen-, Europa- und Sicherheitspolitik. Sie initiiert Debatten und ist ein Forum für politische Streit- und Grundsatzfragen. Als ein Hauptthema der zurückliegenden Monate zogen sich die Krisen in Europa durch jede Ausgabe der IP: von der Zuwanderung der Flüchtlinge über den Konflikt in der Ukraine bis hin zur andauernden Schuldenkrise. Angesichts der inneren und äußeren Bedrohungen diskutierten renommierte Autorinnen und Autoren in der September-Oktober-Ausgabe 2015 die Frage, wie das Projekt Europa neuen Schwung bekommen kann, wie es mit der „Unvollendeten“ weitergehen soll. In der MärzApril-Ausgabe 2016 standen die Fliehkräfte im Mittelpunkt, die für „stürmische Zeiten“ verantwortlich sind. Ein Lichtblick 2015 war der erfolgreiche Abschluss der Atomverhandlungen mit dem Iran – und für die IP Anlass, sich einem Titelthema zu widmen, das sich DGAPjahresbericht 2015 / 16 genauer mit den komplexen politischen Verhältnissen in der Islamischen Republik beschäftigt. Während westliche Länder hoffen, dass der Iran ein vielversprechender Wirtschaftspartner und ein moderaterer Akteur in der Region werde, lässt das Regime in Teheran doch keinen Zweifel daran, dass sich an den Grundfesten der Revolution nichts ändern wird. Das Ende einer Ordnung im Nahen Osten ist ein weiteres Thema, das die IP kontinuierlich beleuchtet, vor allem den Krieg in Syrien, die alten und neuen Krisen in Ägypten und Libyen sowie die Ausweitung des sogenannten Islamischen Staates. Ohne Russland wird es, darüber besteht Konsens, keine Fortschritte bei der Beendigung diverser Kriege und Konflikte geben. Doch was will Moskau, was trennt uns, wo ist Zusammenarbeit möglich? Die Mai-Juni-Ausgabe 2016 steht unter dem Titelthema „Russland verstehen“. Auch Wirtschaftsthemen werden in der IP regelmäßig diskutiert, so im Juli-August 2015 im Schwerpunkt „Industrie 4.0“. Dabei forderten der EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft sowie die CEOs von Telekom und Siemens mehr Engagement, um den technologischen Rückstand gegenüber den USA und auch China nicht noch größer werden zu lassen. Welche Rolle neue Technologien bei den Wanderungsbewegungen in Richtung Europa spielen, stand im Mittelpunkt der Januar-Februar-Ausgabe 2016 mit dem Titel „Smarte Revolution“. Zusätzlich zur IP erscheint drei Mal jährlich ein Länderporträt mit fundiertem Hintergrund zu Wirtschaft, Politik und Kultur eines Landes: 2015 zu Japan, China und Indien, 2016 zu Großbritannien, Israel und Südkorea. Die DGAP – das Netzwerk für Außenpolitik 9 Berlin Policy Journal Digital und auf Englisch Entsprechend der gewachsenen Rolle Deutschlands und Europas hat die Redaktion der IP im April 2015 das englischsprachige Berlin Policy Journal auf den Weg gebracht. Das digitale BPJ erscheint sechs Mal jährlich als App-Magazin, das für Tablets und Smartphones konzipiert und als Abonnement im iTunes-Store und bei Google Play erhältlich ist. Die Aufgabe des Berlin Policy Journal ist es, einer internationalen Leserschaft eine informierte, substanzielle Debatte über deutsche und europäische Außenpolitik zu ermöglichen. In den ersten Ausgaben beschäftigte sich das BPJ mit dem Zustand des Westens („The West Adrift“), der Europäischen Union nach der Griechenland-Rettung („Steady Hand Needed“), den Aufbau bemühungen in der Ukraine („Building Ukraine Under Threat“), der neuen außenpolitischen Rolle Deutschlands („Über-Merkel“) und zur europäischen Dimension der Flüchtlingskrise („Problem solved?“). Begleitet wird das Berlin Policy Journal von der Web site www.berlinpolicyjournal.com. Hier findet man neben aktuellen Kommentaren sieben regelmäßige Blogs: „Berlin Observer“ (Critical notes on German foreign policy and a peek behind the curtain of a newly indispensable nation), „Eye on Europe“ (Views and insights from around the old continent and the European Union’s engine room in Brussels), „Planet Moscow“ (Comments and analysis of Moscow’s foreign policy and developments in the post-Soviet space), „Manhattan Transfer“ (Still crucial after all those years: Posts on the transatlantic alliance and the United States), „Beyond the Seas“ (Notes on new powers and old problems: China, India, the Middle East, and beyond) „Bullets and Bytes“ (Our security blog on military affairs, terrorism, intelligence, and cyber warfare) sowie „Going Renewable“ (The latest on Germany’s Energiewende, the transition of one of the world’s most advanced economies to green energy). Die meinungsfreudigen Blogbeiträge u.a. von Anders Aslund, Elizabeth Pond, Charles Grant, Ulrich Speck, Jonathan Fenby, Soli Özel und Ali Alfoneh finden viel Aufmerksamkeit. Individuell zugeschnittene Rechercheangebote Die Bibliothek und Dokumentationsstelle bietet den Mitgliedern der DGAP sowie der interessierten Öffent lichkeit einen einzigartigen Bestand an Print- und Online-Materialien zur deutschen Außen- und Sicherheitspolitik ab 1945. Dieser ist über World Affairs Online (WAO) – eine der umfangreichsten Datenbanken ihrer Art in Europa – zugänglich. Neben der Literaturversorgung helfen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bibliothek bei thematischen Recherchen und stellen ein vielseitiges Serviceangebot sowohl vor Ort im Lesesaal als auch über die Homepage bereit. Die DGAP hat eine der ältesten und größten öffentlichen Spezialbibliotheken für deutsche Außenpolitik und internationale Beziehungen. DGAPjahresbericht 2015 / 16 10 Die Mitglieder DGAPgesellschaft Junge DGAP Die DGAP hat derzeit mehr als 2.600 Mitglieder. Darunter sind namhafte Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und den Medien. So konnten etwa Dr. Wolf Preuss, Professor Dr. Dieter Weiss und Professor Dr. Gerda Zellentin 2015 auf eine 50-jährige DGAPMitgliedschaft zurückblicken. Für ihre Mitglieder organisiert die DGAP eine Vielzahl von Veranstaltungen in Berlin und bundesweit in den regionalen Foren. Seit dem Umzug von Bonn nach Berlin im Jahr 1999 hat sich die Anzahl der Mitglieder mehr als verdoppelt. Die Hälfte der heutigen Mitglieder kommt aus der Region Berlin/Brandenburg. Die zweitgrößte Gruppe findet sich in Nordrhein-Westfalen. Der Altersdurchschnitt der Mitglieder liegt derzeit bei knapp unter 50 Jahren. Bei den Neueintritten zeichnet sich eine deutliche Verjüngung ab: Der Altersdurchschnitt lag bei den neuen Mitgliedern im Jahr 2015 bei 33 Jahren. Allerdings ist die DGAP noch immer eine männliche Domäne, nur 16 Prozent ihrer Mitglieder sind weiblich. 2008 wurde die Junge DGAP ins Leben gerufen, die sich an ein politisch interessiertes Publikum bis 35 Jahre richtet. Heute gehören der Jungen DGAP knapp ein Drittel aller DGAP-Mitglieder an. Die Junge DGAP organisiert jährlich eine Vielzahl von Veranstaltungen, speziell für die jüngere Zielgruppe. Besonders beliebt ist das Mentorenprogramm, das junge DGAP-Mitglieder mit erfahrenen Mitgliedern zum vertieften Gedankenaustausch zusammenbringt. Die Möglichkeit, in der DGAP mitzuwirken und eigene Konzepte in die Arbeitsgruppen einzubringen, wird von den jungen Mitgliedern aktiv genutzt. Die Vernetzung ist hoch und geht mit verschiedenen Initiativen einher: So wurden beispielsweise in Berlin und in allen regionalen Foren regelmäßig stattfindende Stammtische eingerichtet. Altersverteilung Regionale Verteilung der persönlichen Mitglieder der Mitglieder Nordrhein-Westfalen 361 bis 35 Jahre 712 36 bis 65 Jahre 1.026 älter als 65 Jahre 242 Berlin / Brandenburg 181 1.379 Frankfurt a.M. 146 550 143 154 70 Ausland Hansestädte Baden-Württemberg Sachsen DGAPjahresbericht 2015 / 16 München 11 Förderer im Jahr 2015 100.000 € und mehr Airbus Group Robert Bosch Stiftung gmbh Dr. Arend Oetker Auswärtiges Amt Deutsche Bank ag Otto Wolff-Stiftung Huawei Technologies Deutschland gmbh Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V. Alfred Freiherr von Oppenheim Stiftung Stiftung Mercator gmbh Sal. Oppenheim Stiftung Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius 25.000 € und mehr BMW Stiftung Herbert Quandt Dr. Ursula Braun Daimler ag Deutsch-Tschechischer Zukunftsfonds Shell Deutschland Oil gmbh Fritz Thyssen Stiftung 10.000 € und mehr Audi ag Roland Berger Holding gmbh Deutsche Post ag Deutsche Telekom ag Evonik Industries ag Jutta Freifrau von Falkenhausen The German Marshall Fund of the United States goetzpartners Corporate Finance gmbh Metro ag Hamburgische Stiftung für Wissenschaften, Entwicklung und Kultur Helmut und Hannelore Greve Schubert & Salzer gmbh KPMG ag Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rheinmetall ag Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit Vontobel Holding ag 5.000 € und mehr BASF se E.ON se Bayer ag Dr. Joh. Christian Jacobs BMW ag BP Europa se Dr. Ursula Braun Stiftung Commerzbank ag Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) gmbh MAN se Media Consulta Peter Jungen Holding gmbh International Holding ag Dr. Arend Oetker KfW Bankengruppe Holding gmbh & co. kg KNAUF-Gruppe gus Otto gmbh & co. kg KWS SAAT se Philips Deutschland gmbh Linde ag Robert Bosch gmbh Lockheed Martin Overseas Services Corporation Rolls-Royce Deutschland ltd. & co. kg Sal. Oppenheim jr. & Cie. ag & co. kgaA Dr. Benno Schwarz Siemens ag SMS Holding gmbh ThyssenKrupp ag Volkswagen ag bis 5.000 € Bundesverband der Dt. Industrie e.V. (BDI) Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. (BGA) Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (BDA) Dt. Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK) Deutsche Lufthansa ag Peter Klöckner-Stiftung Eurojet Turbo gmbh Dr. h.c. Walther Leisler Kiep † Alexander von HumboldtStiftung Endrik Lettau Maik Schätzlein DGAPjahresbericht 2015 / 16 12 Veranstaltungshöhepunkte 2015 / 16 „Nur ein solidarisches Europa kann eine ernstzunehmende Rolle in der Außenpolitik spielen“, Dr. Norbert Röttgen am 7. Mai 2015 in der DGAP. Mit jährlich rund 250 hochkarätig besetzten Veranstaltungen begleitet die DGAP die zentralen weltpolitischen Entwicklungen analytisch und gestaltet die Debatte über internationale Fragen mit. Unsere Palette an Veranstaltungsformaten reicht von Vorträgen über Podiumsdiskussionen und Expertengesprächen bis hin zu international besetzten Fachkonferenzen. Damit verfolgt die DGAP zum einen das Ziel, aktuelle Themen aufzugreifen und zu erörtern. Zum anderen dienen Studiengruppen und Gesprächskreise dem kontinuierlichen Austausch von Experten. Im Fokus der Veranstaltungsthemen stand Europa, wie es sich im Zuge der Flüchtlingssituation und ansteigender Europa-Skepsis entwickelt. Auch die Beziehungen zu Russland angesichts der russischen Propaganda und seiner hybriden Kriegsführung waren im Blick. Veranstaltungen griffen die Situation im Nahen Osten auf und die anwesenden Experten analysierten, welche Auswirkungen diese Veränderungen auf Deutschland und Europa haben. Außerdem deckten die Veranstaltungen die Themen Sicherheitsund Verteidigungspolitik, Luft- und Raumfahrt sowie Digitalisierung ab. Dr. Thomas Enders, CEO Airbus Group, Günther Oettinger, EU-Kommissar, und Dr. Norbert Röttgen, MdB, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, referierten im Rahmen des 60-jährigen Jubiläums der DGAP. Überdies waren der italienische Außenminister Paolo Gentiloni und die Leiterin des Planungs- und Analysestabs der NATO, Dr. Stefanie Babst, zu Gast sowie weitere hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Medien. DGAPjahresbericht 2015 / 16 Weiterbildungsmöglichkeiten erhalten junge Berufstätige und Graduierte in Programmen des Forschungsinstituts über Sommerschulen und Kollegs wie das Carl Friedrich Goerdeler-Kolleg, das Diplomatenkolleg oder den deutsch-französischen Zukunftsdialog. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen neben Deutschland aus Frankreich, Mittel- und Osteuropa einschließlich Russland, aus dem Mittelmeer-Raum, dem Nahen Osten und dem südlichen Kaukasus. Bei regelmäßigen Kamingesprächen diskutieren wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DGAP mit den Mitgliedern über aktuelle Entwicklungen der internationalen Politik. Die Junge DGAP bietet alternative Veranstaltungsformate. Ihre Mitglieder trafen beim Privatissimum Peer Steinbrück. Dr. Gregor Gysi sprach im Format Unter Drei über Oppositionsarbeit in der deutschen Außenpolitik zu den Themen Ukraine-Konflikt, Waffenlieferungen an die Kurden und Griechenland-Hilfe. Mit den Botschaftern aus Kanada, Armenien, Israel, Indien, Venezuela und Kosovo konnten sich die Mitglieder beim Ambassador’s Briefing austauschen. Die Veranstaltungen der DGAP finden sowohl am Hauptsitz in Berlin als auch in den DGAPforen NRW, München, Hansestädte, Sachsen, Frankfurt und BadenWürttemberg statt. Einen Eindruck über die Veranstaltungsagenda 2015 /16 vermitteln Ihnen die folgenden Seiten. Veranstaltungshöhepunkte 13 19. März 2015 7. Mai 2015 Suche nach einer neuen deutschen Deutschland als „europäische Orientierungsmacht“ Russland-Politik Fjodor Lukjanow, Chefredakteur Russia in Global Affairs, beschreibt Russlands Vorgehen in der Ukraine-Krise als Ablenkungsmanöver. Dr. Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, weist auf die Rolle Deutschlands als europäische Orientierungsmacht hin. Bei der Diskussion über die Neuausrichtung der deutschen Russland-Politik vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise kamen Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zu Wort. Die zivilgesellschaftliche Position repräsentierte Prof. Dr. Joachim Rogall, Geschäftsführer der Robert Bosch Stiftung. Er verdeutlichte, dass sich seine Stiftung für die Unterstützung eines unabhängigen russischen Journalismus einsetze. Dr. Gernot Erler, Koordinator für zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit mit Russland, Zentral asien und den Ländern der Östlichen Partnerschaft des Auswärtigen Amtes, gab zu bedenken, dass für die deutsche Politik weiterhin gelte: Frieden in Europa ist nur mit und nicht gegen Russland möglich. Aus russischer Perspektive erklärte Lukjanow, dass sich Russland derzeit in einer „Phase des gescheiterten Übergangs“ befände. Nach seiner Rückkehr in das Präsidialamt 2012 sei Wladimir Putin bewusst geworden, dass das aktuelle Entwicklungsmodell Russlands in einer „strategischen Sackgasse“ stecke. Die Ukraine-Krise sei aufgegriffen worden, um das „ideologische Vakuum“ zu füllen. Als Stimme der Wirtschaft betonte Prof. Dr. Rainer Lindner, ehemaliger Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, die deutsche Wirtschaft könne eine Schlüsselrolle im Dialog mit Russland spielen. Damit kein dauerhafter Unsicherheitsfaktor in der Ostukraine drohe, brauche es nicht nur eine neue Russland-Strategie, sondern auch eine Ukraine-Strategie. CDU-Politiker Norbert Röttgen identifizierte drei Ordnungserschütterungen, die die größten Herausforderungen für deutsche und europäische Außenpolitik darstellen: der Ukraine-Russland-Konflikt, der Staatenzerfall in Nordafrika und die innere Erosion der Europäischen Union. Bei seinem Vortrag erklärte der CDU-Politiker, welche Erwartungen sich damit an die deutsche Außenpolitik stellen. Da Deutschland zurzeit politische und wirtschaftliche Stabilität genießt, müsse es außenpolitische Verantwortung übernehmen. Röttgen sprach von der „Rolle einer europäischen Orientierungsmacht“; denn andere Staaten würden sich an Deutschland orientieren, ob Berlin dies nun wolle oder nicht. Die Lösung der drei zentralen Krisen sieht er in der Stärkung der europäischen Einheit und des transatlantisches Bündnisses. Mit der „Wirklichkeitsverweigerung“ bei der Euro-Solidarkrise und in der Flüchtlingspolitik könne es nicht weitergehen und die EU müsse Verantwortung übernehmen. Um als vollwertiger außenpolitischer und wirtschaftlicher Akteur wahrgenommen zu werden, müsse die EU ihre innere Zerrissenheit überwinden. Röttgen äußerte sich auch zur europäischen Politik gegenüber Russland und den Vereinigten Staaten. Eine militärische Option würde keine Lösung des RusslandKonflikts bringen. Im Hinblick auf die USA rät er, die transatlantische Einheit durch Projekte wie TTIP zu erweitern. DGAPjahresbericht 2015 / 16 14 Veranstaltungshöhepunkte 1. Juni 2015 Digitale Revolution – Wettlauf um die Zukunft Europas 8. Juni 2015 Ja: Wir wollen „Big Data“. Aber bitte „Made in Europe“ EU-Kommissar Günther Oettinger betont die Brisanz der digitalen genda für die Zukunftsfähigkeit der EU. A Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom AG Timotheus Höttges über die dringende digitale Neuausrichtung Deutschlands und Europas. Die Wichtigkeit einer europaweiten, einheitlichen Strategie für die Nutzung und Sicherung von Daten erklärt sich durch die stetig wachsende globale Vernetzung. Günther Oettinger verdeutlichte, dass Daten der „Rohstoff der Zukunft“ seien. Mit einer systematischen Digitalisierung könne die europäische Integration vorangetrieben werden. Für eine erfolgreiche Industrie 4.0-Strategie nannte Oettinger drei Punkte: Zum Ersten bedürfe es einer digitalen Infrastruktur, die mit einem flächendeckenden Ausbau von Breitbandleitungen realisiert werden könne. Dies müsse in den nächsten fünf bis acht Jahren passieren. Zum Zweiten müsse eine gute Ausbildung von digitalen Fachkräften sichergestellt werden. Damit sollen digitale Kompetenzlücken geschlossen werden. Drittens forderte er die Verabschiedung von europäischen Datenschutzregelungen. Für eine erfolgreiche digitale Stra tegie sei es nicht zielführend, wenn jedes Mitgliedsland seine eigenen nationalen Politiken verfolge. Digitalisierung sei eine gemeinsame europäische Mission. Damit Europa in Zukunft mit den USA und Südkorea mithalten könne, müsse jetzt gehandelt werden. Nun seien die deutsche Industrie und die deutsche Politik am Zuge, so Oettinger. DGAPjahresbericht 2015 / 16 Timotheus Höttges referierte über die Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung. Er unterstrich, dass der Transformation der digitalen Wirklichkeit politische und gesellschaftliche Veränderungen folgen müssten. Auf der einen Seite arbeitete Höttges die anwachsende Bedrohung von Cyber-Kriminalität heraus, für die Europa noch nicht gerüstet sei. Auf der anderen Seite ermunterte er dazu, dennoch den digitalen Ausbau voranzutreiben. Denn mögliche Bedrohungen und Sicherheitsrisiken dürften die digitale Weiterentwicklung Europas nicht blockieren. Der hemmende Punkt für den digitalen Durchbruch der EU liege darin begründet, dass Europa auf dem digitalen Markt nicht die gleichen Bedingungen habe wie die USA. Ein Wirtschaftswunder 4.0 könne nur mit einem Abbau von Asymmetrien zwischen den USA und der EU in Bezug zum Datenschutz verwirklicht werden. Dazu sei die Verabschiedung der europäischen Datenschutzgrundverordnung ein wichtiger Schritt. Die USA hätten die erste Halbzeit des globalen Internetwettbewerbs für sich entschieden. Wenn Europa in der zweiten Halbzeit aufholen möchte, müsse es jetzt handeln. Veranstaltungshöhepunkte 15 9. Juni 2015 Dialog als Lösung der deutsch- russischen Vertrauenskrise Über Wege aus dem angespannten Verhältnis: Dr. Eckhard Cordes, Vorsitzender des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft. Die EU-Sanktionen gegenüber Russland und die russischen Gegensanktionen führen auf beiden Seiten zu wirtschaftlichen Verlusten. Wie es zwischen Russland und Deutschland wieder zu einer Annäherung kommen könnte, thematisierte Eckhard Cordes, Vorstandsvorsitzender der Metro AG, in seinem Vortrag. Die Wirtschaft setze nicht auf einen Abbruch der Beziehungen, sondern auf Dialog und wirtschaftliche Verflechtung. Cordes sagte, dass sich die deutsche Wirtschaft trotz gesunkener Exporte und aktueller Probleme weiterhin in Russland engagieren wolle. Deshalb würden bereits aufgebaute Kontakte und Beziehungen fortgeführt und dazu genutzt, einen Dialog aufrechtzuerhalten. Eine Vertiefung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Beziehungen würde langfristig zu einem sichereren Europa führen als die momentane Politik der Sanktionen. Die Politik der Bestrafung begünstige die „Entstehung der Wagenburgmentalität“ und eine Destabilisierung in Russland. Obwohl die Annexion der Krim ein Völkerrechtsbruch seitens Russlands sei, würden Sanktionen die Spannung zwischen Konfliktparteien nicht abbauen. 10. September 2015 Junge DGAP: Privatissimum mit Prof. Dr. Norbert Lammert Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert im Austausch mit den Mitgliedern der Jungen DGAP über Politik und seinen Werdegang. Die Veranstaltungen der Jungen DGAP richten sich im Besonderen an Studierende und Young Professionals. Im kleinen, vertrauten Kreis können sich die Mitglieder mit namhaften Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien austauschen. Beim Veranstaltungsformat Priviatissimum geben prominente Politiker, Unternehmer, Wissenschaftler oder Journalisten sowohl Hintergrundinformationen über aktuelle Ereignisse als auch Einblicke in deren persönlichen beruflichen Werdegang. Im Rahmen dieses Formats waren bereits Dr. Josef Ackermann, Dr. Wolfgang Ischinger, Horst Köhler, Prof. Dr. Michael Naumann, Dr. Wolfgang Schäuble, Prof. Dr. Gesine Schwan und Peer Steinbrück zu Gast der Jungen DGAP. Beim Privatissimum im September 2015 sprach Norbert Lammert, Präsident des Deutschen Bundestags, über seine persönlichen Erfolge und Herausforderungen seiner Karriere. Im Austausch mit dem Publikum schilderte der gebürtige Bochumer seinen Entwicklungsweg und daraus gezogene Lehren. Des Weiteren ging er auch auf aktuelle Fragen der deutschen und europäischen Politik ein. DGAPjahresbericht 2015 / 16 16 Veranstaltungshöhepunkte 21. September 2015 Arbeitsgruppe Ungarn sorgte für Kontroversen 7. Oktober 2015 Über die Stärkung des Industrie standorts Europa Bei der Debatte des Berichts der Arbeitsgruppe Ungarn: Dr. Klaus von Dohnanyi, Dr. Gereon Schuch und Boris Kálnoky (v. li.). Dr. Thomas Enders diskutiert mit den Mitgliedern darüber, wie Deutschland in einer globalen und digitalisierten Welt wettbewerbsfähig bleibt. Die Arbeitsgruppe Ungarn unter dem Vorsitz von Dr. Klaus von Dohnanyi reflektierte die deutsche Presseberichterstattung zu Ungarn kritisch in einem Bericht. Darin ging es um folgende Fragen: Wie war die Lage tatsächlich? Was war nach demokratischen Grundsätzen kritikwürdig? Wie sieht Ungarn im europäischen Vergleich aus? Was ist vor dem Hintergrund europäischer Subsidiarität zu akzeptieren, auch wenn man selbst andere Wege gehen würde? Am 11. Juni 2015 stellte die Arbeitsgruppe ihre Ergebnisse zu diesen Fragen in einem Abschlussbericht vor. Diese Ergebnisse erzeugten im Publikum Widerspruch und wurden während der Veranstaltung sowie im Nachgang in den Medien kontrovers diskutiert. Deshalb folgte am 21. September eine Anschlussveranstaltung, zu der Vertreter aus Medien und Politik geladen waren. Dabei wurde den verschiedenen Meinungen Raum geboten, um diese gemeinsam auf einem Podium in einer Diskussion zu vertiefen und die kontroversen Punkte zu erörtern. Airbus-Chef Thomas Enders betonte in seiner Rede drei entscheidende Punkte zu Europas Beitrag für die Zukunft: Industrie, Innovation, Internationalisierung. Er sprach über Absatzmärkte, Industrie 4.0 und eine Politik, die Bremsklötze aus dem Weg schaffen müsse. In einem Vortrag analysierte Enders Digitalisierung und Internationalisierung und beantwortete die Frage, welche politischen Rahmenbedingungen der Industriestandort Europa brauche. Dabei akzentuierte er die Wechselwirkung zwischen Globalisierung und Digitalisierung als Treibkraft für Wirtschaft und Gesellschaft in Europa. Die Industrie habe bereits das große Potenzial von Big Data erkannt, aber die Politik hinke noch hinterher. Bisher sähe die europäische Politik in der Digitalisierung mehr Gefahren als Chancen. Dabei müsse die Politik Unternehmen nicht schützen. Es brauche auch keine bombastischen Investitionen, sondern Struktur reformen für gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen. In puncto Innovation und Internationalisierung hob Enders die „Can do“-Mentalität der Schwellenländer wie Indien oder Brasilien hervor. Er zeigte sich begeistert von den talentierten Mitarbeitern und neuen Ideen. Der europäische Blickwinkel allein reiche nicht aus, um in den verschiedenen Geschäftsfeldern zu wachsen. Man müsse eine Unternehmenskultur schaffen, die „the best and the brightest“ findet und bindet. DGAPjahresbericht 2015 / 16 Veranstaltungshöhepunkte 17 2. November 2015 Nach den Wahlen in der Türkei – Es bleibt alles anders? 1. Dezember 2015 Junge DGAP: Unter Drei mit Steffen Seibert SPD-Politikerin Michelle Müntefering geht auf die aktuelle politische Situation in der Türkei mit Blick auf EU-Beitrittsverhandlungen ein. Regierungssprecher Steffen Seibert beschreibt seinen Alltag und seinen Wechsel vom ZDF ins Bundespresseamt nach Berlin. Die AKP hat die absolute Mehrheit zurückerobert, doch auch die HDP hat erneut den Einzug ins Parlament geschafft. Michelle Müntefering und Dr. Magdalena Kirchner, sicherheitspolitische Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik, thematisierten in einer Debatte nach den Wahlen in der Türkei den Wahlkampf, die innenpolitische Dimension des Wahlausgangs und mögliche Ansatzpunkte für zukünftige europäische und deutsche Politik. Der Wahlerfolg der AKP werde die Verhandlungsposition der Türkei und Präsident Recep Tayyip Erdogans gegenüber der EU stärken. Laut Kirchner sei der Preis für Deutschland und die EU gestiegen, beispielsweise für Unterstützung in der Flüchtlingskrise. Die Politik müsse sich genau überlegen, wie wichtig ihr Prinzipien und Werte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit sind, insbesondere wenn diese mit Interessen kollidieren. Müntefering warnte davor, den EU-Beitrittsprozess für diese Zwecke zu instrumentalisieren. Vielmehr müssten hier rationale und offene Verhandlungen geführt werden. Außenpolitisch werde die AKP nach ihrem Wahlgewinn den Konflikt mit den Kurden und der PKK deeskalieren. Mit Blick auf Syrien sei allerdings kein Kurswechsel zu erwarten. Unter dem Motto „Den richtigen Ton treffen“ sprach Steffen Seibert über seinen Arbeitsalltag als Regierungssprecher, die Herausforderungen durch die Flüchtlingskrise und Lösungsansätze für den Syrien-Krieg. Als Chef des Bundespresseamts gab er Einblicke in seine Arbeit und hinter die Kulissen. Seibert beschrieb, wie ein Tag mit Angela Merkel abläuft und unterstrich, dass er sehr eng mit der Bundeskanzlerin zusammenarbeitet. Außerdem schilderte er seinen Wechsel aus dem Journalismus ins Presseamt und ermunterte die Teilnehmer, auch mal neue Wege zu wagen. Seibert ging auf zahlreiche Fragen des Publikums ausführlich und in persönlicher Art und Weise ein. DGAPjahresbericht 2015 / 16 18 Veranstaltungshöhepunkte 9. Februar 2016 Iran: Teil des Problems, Teil der Lösung – oder beides? Meir Javedanfar, Dozent am Interdisciplinary Center (IDC), sagt, der Iran kämpfe auch mit den Folgen einer Dürreperiode. Ist mit dem Atomabkommen zwischen dem Iran und den EU3+3 ein Durchbruch geschafft? Wird das Land nach Aufhebung der Sanktionen zum Eldorado westlicher Investoren? Verhält sich Teheran in seiner Außenpolitik zukünftig konstruktiver und sucht den Ausgleich mit dem regionalen Rivalen Saudi-Arabien? Haben die „Modernisierer“ in Teheran nun Oberwasser? Darüber diskutierte kurz vor den iranischen Parlamentswahlen im Februar 2016 ein hochkarätiges Panel angesehener Iran-Experten: Ali Alfoneh, Senior Fellow der Foun dation for Defense of Democracies in Washington, D.C., Meir Javedanfar, Dozent am IDC in Herzliya, und Dr. Ali Fathollah-Nejad, Associate Fellow der DGAP. Die Experten waren sich einig, das Atomabkommen nicht als Öffnung des Landes zum Westen und insbesondere zu den USA zu interpretieren. Die wiederholten Warnungen des Obersten Religionsführers Ayatollah Ali Khamenei vor „amerikanischer Subversion“ zeigten, dass die Islamische Republik mit dem Abkommen keinen wirklichen Kurswechsel vollzogen habe. Selbst eine Abstrafung der Hardliner bei den Wahlen bedeute nicht, dass sich das Land modernisiere. Irans Wirtschaft werde nicht allein durch mehr ausländischen Handel und Investitionen wieder in Schwung zu bringen sein. Zudem betonte Javedanfar, dass das Land auch an den Folgen einer Dürreperiode leide. Darüber werde in den Medien nicht berichtet, obwohl dieses Problem die womöglich größte Herausforderung für das Land sei. DGAPjahresbericht 2015 / 16 15. Februar 2016 DGAPforum Hansestädte: Außenpolitischer Salon In seiner Rede zur Ausrichtung der Europapolitik plädiert Gerhard Schröder, Bundeskanzler a. D., für eine Annäherung an Russland. Beim vierten Außenpolitischen Salon in Hamburg sprachen Hamburgs Oberbürgermeister Olaf Scholz und Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder über aktuelle Fragen der Europapolitik. Zunächst gab Olaf Scholz eine Einführung, in der er die Flüchtlingsproblematik aus Hamburger Sicht schilderte. Im Anschluss daran referierte Gerhard Schröder zum Thema „Perspektiven und Herausforderungen für die internationale und die europäische Politik“. Dabei thematisierte er die europäische Flüchtlingspolitik, Bekämpfung des IS in Syrien und im Irak sowie die Beziehungen zu Russland, der Türkei und Frankreich. Er betonte die Wichtigkeit des Dreiklangs Sicherheit, Solidarität und Stabilität für die Zukunft Europas. Weiterhin warb Schröder für ein partnerschaftliches Verhältnis zu Russland und zur Türkei. Er befürwortete den Dialog mit Moskau und empfahl, die Sanktionen zu beenden. Die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland hätten ihr Ziel verfehlt. Zudem unterstrich Schröder die Wichtigkeit der Diplomatie und die Rückbesinnung der Pflege von freundschaftlichen Verhältnissen zu europäischen Partnerländern wie Frankreich. Veranstaltungshöhepunkte 19 24. Februar 2016 Anpassungen der NATO vor dem Gipfel in Warschau 14. März 2016 Industrie 4.0 in der Luftfahrt: Der Sprung in die Digitalisierung Vor dem NATO-Gipfel im Juli erläutert General Denis Mercier, Supreme Allied Commander Transformation der NATO, die Reformansätze. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz moderiert die Sitzung der DGAP-Projektgruppe Internationale Luftfahrtpolitik. General Denis Mercier sprach vor rund 200 Gästen der DGAP zum Thema „Toward Warsaw and Beyond: A Vision for NATO Transformation“. General Mercier erläuterte zunächst die Gefahren, denen sich das wichtigste Militärbündnis der Welt derzeit und in Zukunft stellen müsse und zog dann Konsequenzen für die langfristige Transformation der NATO. In der anschließenden Debatte mit dem Publikum, die der Forschungsdirektor der DGAP, Prof. Dr. Eberhard Sandschneider, moderierte, wurden zahlreiche Aspekte der Transformationsagenda vertieft. Dazu gehörte vor allem die Frage, wie es der NATO konkret gelingen könne, den militärischen Vorsprung langfristig zu erhalten, um sich auf ein breites Spektrum an Gefahren, die nicht exakt hervorgesagt werden könnten, vorzubereiten. Die Veranstaltung war der dritte Teil einer Diskussionsreihe des Berliner Forum Zukunft und des Programms Transatlantische Beziehungen/USA der DGAP. Beide Forschungsprogramme widmen sich im Vorfeld des NATO-Gipfels in Warschau der Frage, welche verteidigungspolitischen Reformen das Bündnis anstoßen muss, um sich auf die Zukunft vorzubereiten. Die Anpassung der Abschreckungskonzeption der NATO und die Frage, wie man die unterschiedlichen Interessen der ost- und südeuropäischen Verbündeten bedienen kann, sind zentrale Punkte auf ihrer Forschungsagenda. Unter dem Vorsitz des Ersten Bürgermeisters der Freien und Hansestadt Hamburg, Olaf Scholz, wurde im Rahmen der DGAP-Projektgruppe Internationale Luftfahrtpolitik über die Vorteile und Herausforderungen von Industrie 4.0 für die Luftfahrtbranche diskutiert. Matthias Krämer (Abteilungsleiter Mobilität und Logistik, BDI) sprach zunächst über die Konsequenzen der vierten industriellen Revolution für die deutsche Industrie insgesamt. Anschließend ging Axel Flaig (Senior Vice President, Head of Research & Technology, Airbus S.A.S.) auf das Potenzial für die Luftfahrtindustrie ein. Axel Krein (Senior Vice President, Head of Cyber Security Program, Airbus Group) adressierte den speziellen Aspekt der Cyber-Sicherheit in der Luftfahrt. In der Diskussion wurde u.a. über die Fabrik der Zukunft und die Arbeitswelt von morgen gesprochen. Die Sitzung der Projektgruppe fand im Rahmen des luftfahrtpolitischen Schwerpunkts des Berliner Forum Zukunft statt, das sich 2016 unter verschiedenen Gesichtspunkten mit der Zukunft des Luftfahrtstandorts Deutschland beschäftigt. DGAPjahresbericht 2015 / 16 21 Immer aktuell informiert: Die Expertinnen und Experten des Forschungsinstituts publizieren zu den relevanten Themen der internationalen Politik. Außenpolitik vermitteln – das DGAPforschungsinstitut Im Forschungsinstitut der DGAP arbeiten über 30 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Als Berater, Impulsgeber und Netzwerker forschen sie praxisorientiert zur Zukunft der EU sowie zu Fragen der Außen- und Sicherheits politik im europäischen und globalen Kontext. In den acht Programmen des Forschungsinstituts der DGAP setzten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Jahr 2015 insgesamt 40 Projekte um. Mit zahlreichen Veranstaltungen und Publikationen analysierten und bewerteten sie die außenpolitischen Brennpunkte und Ereignisse des vergangenen Jahres. In einem breiten Publikationsportfolio von längeren wissenschaftlichen Studien über Kurzanalysen bis zu prägnanten Standpunkten zeigte das Forschungsinstitut Problemlagen auf, skizzierte Entwicklungsszenarien und gab politische Empfehlungen. Um die Reichweite seiner Publikationen zu vergrößern, hat das Forschungsinstitut zudem sein Angebot zweisprachiger oder auch nur englischsprachiger Publikationen weiter ausgebaut. Um sich inhaltlich noch breiter aufstellen zu können, hat das Forschungsinstitut sein Netzwerk an externen, an die DGAP angebundenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vergrößert. Mittlerweile erweitern rund 20 Associate Fellows die Expertise der DGAP und somit auch die Sichtbarkeit unseres Instituts. Als unabhängiges Forschungsinstitut möchte die DGAP aktuelle Diskussionen anstoßen und fundierte Analysen des politischen Zeitgeschehens liefern. Die Experten gestalten und schärfen die Debatte in der außenpolitischen Gemeinschaft in zahlreichen Fachkonferenzen, Gesprächskreisen und Projektgruppen. Weiterhin bringen sie mit Medienkommentierungen oder Gastbeiträgen in überregionalen und internationalen Medien ihre Expertise in die öffentliche Diskussion ein. Aus den inhaltlichen Schwerpunkten 2015/16 des Forschungsinstituts lesen Sie auf den folgenden Seiten ausgewählte Beiträge. DGAPjahresbericht 2015 / 16 22 Die Desinformationsstrategie gegen den Westen zeigt sich auch in der Inszenierung Wladimir Putins. Europas Schwäche ist Putins Stärke Glaubt man russischen Medien, ist Europa am Ende. Lawinenartig drängen muslimische Flüchtlinge Tag für Tag in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, vergewaltigen Frauen und Kinder und lassen die Kriminalstatistik explosionsartig nach oben schnellen. Die europäischen Behörden können dem Treiben nur hilflos zuschauen, überall herrscht Chaos, die Bürger Europas können sich nirgends mehr sicher fühlen. Dies gilt besonders für Deutschland. Spätestens seit den Übergriffen von Köln in der Silvesternacht wird die Bundesrepublik in russischen Nachrichtensendungen und Talkshows gerne als Land kurz vor dem Zusammenbruch dargestellt. Im Fall „Lisa“, der angeblichen und inzwischen widerlegten Vergewaltigung einer 13-jährigen Russland-Deutschen durch Migranten, schaltete sich der russische Außenminister Sergei Lawrow persönlich ein. Er kritisierte die Bundesregierung dafür, die Wahrheit über Lisas Verschwinden DGAPjahresbericht 2015 / 16 aufgrund von „politischer Korrektheit“ vertuschen zu wollen. Ziel dieser russischen Propagandamaschinerie ist es, antieuropäische Ressentiments und bereits bestehende Zweifel und Ängste weiter zu schüren. Sie speist sich aus Lügen, Halbwahrheiten und Verschwörungstheorien. Die Propaganda richtet sich zunächst an das heimische Publikum in Russland. Es soll der Eindruck erweckt werden, Europa stehe kurz vor dem Kollaps, während Russlands Präsident Wladimir Putin die Lage fest im Griff hat und sein Land weiter nach vorne bringt – Merkel ist Chaos und Putin Stabilität. Da können die Russen auch leichter über die spürbare Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation hinwegsehen. Das dekadente westliche Demokratiemodell soll unglaubwürdig erscheinen und für die russische Gesellschaft keine Alternative sein. Die Propaganda der russischen Medien zielt aber immer stärker auch direkt auf Europa. Sie ist Teil einer Schwerpunkt – Europas Schwäche ist Putins Stärke 23 breit angelegten Strategie nichtmilitärischer Einflussnahme, die in den USA und in Europa oftmals als „hybride“ und in Russland als „nichtlineare“ Kriegsführung bezeichnet wird. Mittels russischer Auslandsmedien wie des Fernsehsenders RT oder der Medienplattform Sputnik, der Finanzierung und Unterstützung von links- und rechtspopulistischen europäischen Parteien und Organisationen oder der gezielten Ausweitung informeller Netzwerke soll die Einheit der europäischen Staaten geschwächt werden. Damit soll die EU an Strahlkraft nach außen verlieren und weniger anziehend auf die Staaten der östlichen Nachbarschaft sowie die russische Gesellschaft wirken. Deutschland ist zu einem Hauptziel dieser Propagandamaschine geworden, da Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Führungsrolle in Europa innehat und für eine harte Haltung sowie Sanktionen gegenüber Russland steht. anipuliert werden kann. Deshalb können Farbrevolum tionen aus Sicht des Kremls nur von außen initiiert worden sein. Auch aus diesem Grund war der Kreml immer wieder von gesellschaftlichen Dynamiken in Russland und anderen postsowjetischen Ländern wie Georgien und der Ukraine überrascht worden. Die russische Führung sieht sich im Recht, auf die „Angriffe“ des Westens mit gleichen Mitteln zu reagieren. Es ist sozusagen Notwehr, als Reaktion auf einen Angriff des Westens, so die russische Lesart. Um das europäische Projekt zu torpedieren und einen Keil zwischen die Mitgliedstaaten der EU zu treiben, setzt der Kreml besonders auf den massiven Ausbau seiner Moderne Kriegsführung Die russische Führung trägt mit diesem Vorgehen den veränderten Regeln der Kriegsführung im 21. Jahrhundert Rechnung. In einer vielzitierten Rede vom Januar des Jahres 2013 argumentiert der russische Generalstabschef Walerij Gerassimow, politische Ziele seien nicht mehr mit konventioneller Feuerkraft zu erreichen, sondern durch den „breit gestreuten Einsatz von Desinformationen, von politischen, ökonomischen, humanitären und anderen nichtmilitärischen Maßnahmen, die in Verbindung mit dem Protestpotenzial der Bevölkerung zum Einsatz kommen“. Diese Lektion in moderner Kriegsführung, so die russische Argumentation, habe der Westen noch vor Russland entwickelt. Unter dem Deckmantel von „Demokratieförderung“ und „Stärkung der Zivilgesellschaft“ hätten die USA und die EU jahrelang nichtmilitärische Maßnahmen eingesetzt, um unliebsame Regime in der europäischen Peripherie zu schwächen und letztlich zu stürzen. Die Farbrevolutionen in Georgien und der Ukraine, der Arabische Frühling und zuletzt die MaidanRevolution 2013 werden von Russland regelmäßig als Beweis für diese These angeführt. Auch wenn die amerikanische Politik in Irak, Afghanistan und Nordafrika in ihrer Wirkung kritisch gesehen werden muss, unterschätzt die russische Führung gesellschaftliche Prozesse in einer globalisierten Welt. Die russische Sichtweise basiert auf der fehlenden demokratischen Einstellung russischer Eliten. Diese sehen auch in ihrer eigenen Bevölkerung keinen relevanten Akteur, der eine eigene politische Stimme hat, sondern durch Medien, Propaganda und Politiktechnologie Pegida-Demonstrationen gegen den Kurs Angela Merkels. Auslandsmedien und auf die systematische Unterstützung EU-skeptischer, antiamerikanischer Gruppen in Europa, die sich gegen das bestehende System wenden. Putins Russland ist damit zu einem idealen Partner für viele populistische linke wie rechte Gruppen innerhalb der EU geworden, die ohnehin ablehnen, was „common sense“ westlicher Politik ist: Sie wenden sich gegen die USA, gegen die Bürokraten in Brüssel, gegen die Idee des „Westens“, gegen die Eurorettung, gegen eine „Islamisierung des Abendlands“, gegen TTIP. Indem Putin allen die Stirn bietet, wird er zur Projektionsfläche für eine mögliche alternative Politik, ohne dass er tatsächlich eine Alternative anbietet. Fliehkräfte der EU Dabei kommt es der russischen Führung entgegen, dass die EU momentan in einer tiefen politischen, wirtschaftlichen und institutionellen Krise steckt und als erfolgreiches Modell ohnehin wenig Strahlkraft – auch DGAPjahresbericht 2015 / 16 24 Schwerpunkt – Europas Schwäche ist Putins Stärke für die eigenen Bürger – besitzt. Der Kreml muss gar nicht viel machen, um Europa zu spalten. Es genügt, die Fliehkräfte der EU zu verstärken. Und das hat Erfolg. Das Misstrauen gegen die europäischen Institutionen, Eliten und Mainstream-Medien wächst von Tag zu Tag. Die Überforderung und Uneinigkeit der europäischen Staats- und Regierungschefs durch die Flüchtlingskrise potenzieren diesen Trend exponentiell. Das zeigt auch der Fall „Lisa“, mit dem es russischen Medien gelang, mehrere Tausend Russland-Deutsche in Berlin und anderen deutschen Städten auf die Straße zu bringen, um gegen Angela Merkels liberale Flüchtlingspolitik zu demonstrieren. Zur russischsprachigen Bevölkerungsgrup- politischen Establishments, das traditionell eine gewisse Nähe zu Russland pflegt. Der in der französischen politischen Kultur immer schon ausgeprägte Antiamerikanismus und die Skepsis gegenüber der Globalisierung sowie zunehmend auch gegenüber Europa bilden hier das Bindeglied. Der Kreml unterstützt vor allem den Front National (FN) – nicht nur politisch, sondern auch finanziell. Dieser eignet sich besonders gut, um den Zusammenhalt in der EU zu schwächen und den westlichen Block zu spalten. Claire Demesmay, Frankreich-Expertin der DGAP, bilanziert in ihrer Studie: „Der FN ist zwar in der Opposition und hat nur zwei Parlamentssitze, aber seine Stimme zählt in der öffentlichen Diskussion des Landes eindeutig; auch im Europaparlament, wo er die stärkste politische Kraft aus Frankreich bildet, ist er gut vertreten.“ Wie die letzten Regionalwahlen gezeigt haben, ist der Front National in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Den FN und die russische Führung eint das Projekt, eine Alternative zum Modell der liberalen, globalisierten Welt etablieren zu wollen – eine Alternative, in der NATO, EU und die USA keine Rolle mehr in Europa spielen. Russisch-griechisches Bündnis möglich Alexis Tsipras sucht die Nähe zu Russland. pe aus allen postsowjetischen Ländern in Deutschland inklusive der Russland-Deutschen gehören knapp sechs Millionen Menschen, die sich vor allem aus russischen Medien informieren. Der Fall „Lisa“ zeigt, dass die russische Propaganda diesen Bevölkerungsteil und die Flüchtlingskrise gezielt missbraucht, um Druck auf die deutsche Regierung auszuüben. Gleichzeitig ist es dem Kreml in der Vergangenheit gelungen, einflussreiche deutsche Multiplikatoren, wie den ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder, über Energieprojekte auf seine Gehaltsliste zu setzen. Schröder gehörte zu den prominentesten Stimmen in Deutschland, die Verständnis für die Annexion der Krim aufbrachten; er ist in der SPD weiterhin ein wichtiger Ansprechpartner in Russland-Fragen. Unterstützung für den Front National Auch in Frankreich trifft die russische Propaganda auf Resonanz, vor allem innerhalb des französischen DGAPjahresbericht 2015 / 16 Eine Alternative zum „Brüsseler Spardiktat“ bietet Russland potenziell auch für Griechenland. Hier gibt es ebenfalls traditionelle Anknüpfungspunkte. Julian Rappold, EU-Experte der DGAP, formuliert das in seiner Studie so: „Das gemeinsame, über Jahrhunderte gewachsene kulturelle und religiöse Erbe, das die Wurzeln und Werte christlicher Orthodoxie maßgeblich geprägt hat und das sich auch über die Abgrenzung zum Westen definiert, formt das griechische Russland-Bild und trägt zu einer positiven Wahrnehmung Russlands bei.“ Frustriert durch die europäische Austeritätspolitik intensivierte sich mit der Wahl der Links-Rechts-Koalition von Alexis Tsipras Athens Bemühen um ein engeres griechisch-russisches Verhältnis. Dies legte den Verdacht nahe, Russland könne Griechenland als trojanisches Pferd innerhalb von EU und NATO instrumentalisieren, um den auf Konsens ausgelegten Entscheidungsfindungsprozess in beiden Institutionen nachhaltig zu sabotieren. Auch wenn es der griechischen Regierung bislang offiziell nicht gelang, finanzielle und wirtschaftliche Unterstützung von Russland zu erwirken, bleibt dieser Verdacht bestehen. Umso mehr, wenn es zukünftig doch zu einem Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone oder dem Schengen-Raum kommen sollte. Schwerpunkt – Europas Schwäche ist Putins Stärke 25 Serbien als russischer Spielball Die Studie der russisch-serbischen Beziehungen von Sarah Wohlfeld, Balkan-Expertin der DGAP, zeigt, wie es Russland gelingt, durch die Betonung der gemeinsamen slawischen Identität, den Rückgriff auf antiwestliche Ressentiments und die demonstrative Unterstützung in der Kosovo-Frage seinen Einfluss in Serbien geltend zu machen: „In den serbischen Medien wird Putin als starker Mann vermarktet, der dem Westen Paroli bietet und Serbiens Interessen verteidigt.“ Die Wissenschaftlerin kommt zu dem Ergebnis, dass Moskau Serbien als Austragungsort für einen Machtkampf mit Brüssel nutzt. Im Kern geht es Russland darum, Zweifel an der Legitimität der EU zu schüren und die Union im Land zu diskreditieren. Wie in Griechenland findet Russland auch bei der serbischen Führung Gehör, da sich Teile der Bevölkerung von der EU abgehängt und betrogen fühlen. Vergleicht man die Ergebnisse dieser Länderstudien der DGAP zu Frankreich, Griechenland und Serbien und nimmt die Erfahrungen aus Deutschland hinzu, so fällt auf, dass die Einflussnahme und Propaganda in Europa vor allem da Wirkung zeigen, wo die EU schwach ist. Die russischen Strategen haben die Schwächen der EU und ihrer Mitgliedstaaten analysiert und über Jahre Netzwerke und Instrumente aufgebaut, um diese wirksam zu nutzen. Diese können aber nur deshalb Breitenwirkung entfalten, weil die EU viele der in sie gesetzten Hoffnungen nicht erfüllen konnte bzw. bei ihren eigenen Werten und Normen nicht konsequent ist. Werte und Normen der EU Wie sollten Deutschland und die EU darauf reagieren? Gegenpropaganda ist keine angemessene Reaktion. Wichtig wäre es, die Netzwerke, Finanzierungsstrukturen und Instrumente russischer Politik und Medien transparent zu machen und damit offensiv umzugehen. Dafür braucht es Medien- und Regionalexperten sowie Wissenschaftler, die sich mit politischen, gesellschaftlichen und medialen Entwicklungen in Russland und anderen postsowjetischen Ländern beschäftigen. Hier sollte massiv in den Aufbau von Expertise in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten sowie in die Medienkompetenz in der Bevölkerung investiert werden. Die Krise der Medien hat zu einem verbreiteten Abzug von Journalisten vor Ort geführt, was insbesondere die postsowjetischen Länder betrifft. Auf Propaganda sollte mit Qualitätsjournalismus reagiert werden, der vor Ort Fakten überprüfen und Entwicklungen in Russland einschätzen kann. Das European Endowment for Der serbische Präsident Tomislav Nikolic (re.) empfängt Putin in Belgrad. Democracy hat konkrete Vorschläge für die Stärkung der russischsprachigen Medienkompetenz gemacht. Dazu zählen die Einrichtung regionaler Medien-Hubs in russischer Sprache, der Aufbau eines russischsprachigen Medienkompetenzzentrums, das die Arbeit von NGOs, Bildungseinrichtungen und Regierungen koordinieren kann sowie die Schaffung eines Fonds für die Unterstützung unabhängiger russischsprachiger Medien. Gleichzeitig müssen die EU-Mitgliedstaaten und ihre politischen Eliten dafür Sorge tragen, dass sie innere Reformen voranbringen und zu den europäischen Prinzipien stehen. Sie müssen sich mit Anti-EU-, Anti-US- und Anti-Establishment-Stimmungen auseinandersetzen. Es braucht Glaubwürdigkeit mit Blick auf das Werte- und Normenfundament innerhalb und außerhalb der EU. Das kann bis hin zu Sanktionsmechanismen gegen jene Regierungen in der EU führen, die Grundrechte aushöhlen und durch Populismus den Zusammenhalt in der EU schwächen wollen. Dr. Stefan Meister ist Programmleiter für Russland, Osteuropa und Zentralasien am Robert Bosch-Zentrum für Mittel- und Osteuropa der DGAP. Er forscht zur russischen Außen- und Sicherheitspolitik, zu den EU-Russland-Beziehungen und zur Östlichen Partnerschaft der EU. Dr. Jana Puglierin ist Programmleiterin des Alfred von Oppenheim-Zentrums für Europäische Zukunftsfragen. Ihre Schwerpunkte sind europäische Außen-, Sicherheitsund Verteidigungspolitik. DGAPjahresbericht 2015 / 16 26 Assad-treue Soldaten beobachten die Lage bei der historischen Stadt Palmyra. Renaissance militärischer Macht? Auch im vergangenen Jahr wurden in den verschiedensten Regionen der Welt zahlreiche Konflikte mit militärischen Mitteln ausgetragen. Im Zentrum der deutschen sicherheitspolitischen Debatte standen vor allem die verheerenden kriegerischen Auseinandersetzungen in Syrien und im Irak sowie der andauernde Konflikt um die Ukraine. Als Ergebnis ist das Thema Verteidigung wieder stärker in den Fokus sicherheitspolitischer Experten geraten; einzelne Stimmen konstatierten sogar eine „Renaissance militärischer Macht“. Die deutsche Politik zeigt sich dennoch regelmäßig überrascht, wenn ein Akteur wieder einmal zu den Waffen greift, und betont gebetsmühlenartig, dass es keine militärischen Lösungen für politische Probleme gäbe. Haben Putin und Assad oder der Islamische Staat den Deutschen etwa nicht richtig zugehört? Oder verstehen die Deutschen nicht, nach welchen Spielregeln sich die internationale Sicherheitspolitik ausrichtet? DGAPjahresbericht 2015 / 16 Die Welt hat sich in den vergangenen 25 Jahren zweifelsfrei stark gewandelt. Zu diesem Wandel gehören die andauernde Erosion von Staatlichkeit und technologische Innovationen sowie neue Kommunikationsformen. Während die deutsche Debatte vor allem den Wandel betont, wird die Tatsache, dass das internationale System auch durch erhebliche Kontinuitätslinien gekennzeichnet ist, weitestgehend vernachlässigt. Zu diesen Kontinuitätslinien gehört auch die Bedeutung militärischer Macht. Putin, Assad und der Islamische Staat haben in eindrucksvoller Weise bewiesen, was das heißen kann. Der russische Präsident hat mit der Annexion der Krim im März 2014 die europäische Friedensordnung, wie sie nach Ende des Kalten Krieges mit der Charta von Paris vereinbart worden war, aufgekündigt und einen Krieg mit der Ukraine provoziert. Putin zielt darauf ab, den westlichen Einfluss in der russischen Nachbarschaft zurückzudrängen und seinen eigenen Handlungsspiel- Schwerpunkt – Renaissance militärischer Macht? 27 raum zu erweitern. Assad hingegen bekämpft seit 2011 große Teile seines eigenen Volkes, um das Überleben seiner Diktatur zu sichern. Mehr als 250.000 Menschen haben im Zuge des syrischen Bürgerkriegs ihr Leben gelassen. Millionen Syrer sind auf der Flucht und suchen Schutz in Europa. Der Islamische Staat, der in den Nachwehen des Irak-Krieges von 2003 geboren wurde, versucht sein Kalifat im Nahen und Mittleren Osten durchzusetzen und trägt seinen Terror auch auf den europäischen Kontinent. Rolle militärischer Macht verstehen Dies zeigt, dass zahlreiche Akteure militärische Mittel gezielt einsetzen, um ihre politischen Ziele zu erreichen. Sie sind elementarer Bestandteil ihrer Strategie und werden dann eingesetzt, wenn es aus ihrer Perspektive zweckdienlich ist. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass militärische Macht von jeher eine wichtige Rolle bei der Umsetzung politischer Ziele gespielt hat. Es gibt derzeit auch nicht den geringsten Hinweis, dass sich dies in Zukunft grundlegend ändern wird – so wünschenswert das auch sein mag. Durch die rasante Verbreitung moderner Technologien werden zudem immer mehr staatliche und nicht-staatliche Akteure in den Besitz von immer machtvolleren Mitteln gelangen, wodurch sich ihr Handlungsspielraum erweitert. Hier treffen Kontinuität und Wandel des internationalen Systems in gefährlicher Weise aufeinander. Die deutsche Sicherheitspolitik steht vor der großen Aufgabe, sich diesen Tatsachen und Entwicklungen zu stellen. Sie muss sich in die Lage versetzen, die deutschen Interessen wahren zu können und bereits verloren gegangenen Handlungsspielraum, wie er beispielsweise in Syrien und im Irak deutlich geworden ist, zurückzugewinnen. Die Politik hat zu Recht erkannt, dass sie zur Durchsetzung ihrer Interessen eine breite Palette an Fähigkeiten bereitstellen muss. Der berühmte „comprehensive approach to security“ ist seit Jahren ein Gemeinplatz in Kommentaren von Politikern. In dieser Hinsicht hat die deutsche Sicherheitspolitik also kein Erkenntnisproblem; allenfalls ein Problem bei der effektiven Verbindung der verschiedenen Politikfelder. Das eigentliche Problem liegt vielmehr im mangelnden Verständnis der Rolle militärischer Macht in der internationalen Politik. Es ist verständlich, dass gerade die Deutschen nach den katastrophalen Erfahrungen und Folgen der beiden Weltkriege ein besonders schwieriges Verhältnis zu militärischen Fragen haben. Nichtsdestotrotz muss die deutsche Politik anerkennen, dass militärische Macht im internationalen System Gewicht hat und genutzt wird. Wie also damit umgehen? Abschreckung und Verteidigung Demokratien tun sich aus gutem Grund schwer damit, militärische Auseinandersetzungen zu führen. Dementsprechend ist das Prinzip der Abschreckung der zentrale Kern aller verteidigungspolitischen Anstrengungen. Abschreckung bedeutet jedoch nicht, dass militärische Mittel nicht zur Anwendung kommen. Nur wenn Streitkräfte in der Lage sind, eine militärische Auseinandersetzung zu führen, können sie auch den Versuch unternehmen, einen Gegner abzuschrecken. Die Politik muss die Streitkräfte nicht nur zu dieser Aufgabe befähigen, sondern darüber hinaus glaubhaft versichern, dass sie gewillt ist, sie gegebenenfalls auch einzusetzen. Es versteht sich von selbst, dass die Fähigkeit, einen Krieg zu führen, von existenzieller Bedeutung sein kann, wenn Abschreckung versagen sollte. Darüber hinaus darf das Ziel der Abschreckung nicht verabsolutiert werden; es ist vielmehr die Sicherung der Freiheit, die für jede Demokratie oberste Priorität haben muss. Ihr Schutz bzw. ihre Durchsetzung kann den Gebrauch militärischer Mittel notwendig machen. Die Verteidigung des eigenen Landes oder von Bündnispartnern, aber auch Interventionen zum Schutz von Menschenrechten oder Handelswegen lassen sich nicht immer vermeiden. Dabei gilt, dass Interventionen ohne den effektiven Schutz der Heimat nur schwer möglich sind. Würden wir wirklich Menschenrechte oder Handelswege am anderen Ende der Welt verteidigen, wenn die Bundesrepublik dem Gegner „offene Flanken“ bietet? Die jüngsten Terroranschläge in Europa zeigen deutlich, dass auch der Islamische Staat diesen Zusammenhang erkannt hat. Er versucht, die Europäer u.a. von einer weiteren Aufstockung ihres militärischen Engagements im Nahen Osten abzuhalten, indem er Anschläge in europäischen Ländern verübt. Die Terroristen zielen auf unsere Schwachpunkte und nutzen dabei die Mittel, die sie derzeit zur Verfügung haben. Diese Vorgehensweise ist eine der Grundregeln des Krieges. Man möchte sich nicht vorstellen, was passiert, wenn der Islamische Staat in den Besitz von Massenvernichtungswaffen käme – aber man muss es sich vorstellen. Wer diesen Zusammenhang versteht, kann von Entwicklungen auf der Weltbühne nicht grundsätzlich überrascht sein; weder vom anfänglichen Einsatz militärischer Macht noch von einer militärischen Reeskalation, wie sie derzeit in Syrien erkennbar ist. Gleichwohl DGAPjahresbericht 2015 / 16 28 Schwerpunkt – Renaissance militärischer Macht? kann der konkrete Zeitpunkt, zu dem ein Akteur militärische Mittel einsetzt, nicht vorhergesagt werden. Deutsche Verteidigungspolitik organisieren Auf dieser Basis muss die deutsche Verteidigungspolitik organisiert werden. Die Konzentration auf einzelne, mehr oder weniger wahrscheinliche Konfliktszenarien ist dabei nicht hilfreich. Sie führt dazu, dass der poli- bloße Rhetorik, die man ebenso wie die Rolle militärischer Macht kleinreden kann. Im Gegenteil: Präsident Barack Obama hat zwar nicht grundsätzlich mit der globalen ordnungspolitischen Rolle der USA gebrochen, aber de facto einen relativen Rückzug der USA vorangetrieben (Stichworte: nation building at home, leading from behind) und ein erhebliches Maß an Glaubwürdigkeit eingebüßt (Stichwort: red line in Syria). Daran ändert auch das amerikanische „re-engagement“ in Osteuropa nichts. Es beweist aber gleichzeitig, dass die USA die Rolle militärischer Macht verstehen. Deutschland sollte die USA ermuntern, ihre globale ordnungspolitische Rolle wieder zu stärken und sie dabei effektiv unterstützen. Dieser Vorsatz ist nicht nur in unserem ureigensten Interesse, sondern wäre auch umso dringlicher, wenn der nächste Präsident der USA Donald Trump hieße. Die Pax Americana ist nach wie vor die einzige Ordnung, die mit unseren Interessen vereinbar ist. Eine chinesische oder islamistische Weltordnung ist keine Option. Instrument Militär dauerhaft stärken Ursula von der Leyen bei einem Besuch im NATO-Stützpunkt Incirlik mit dem türkischen Verteidigungsminister İsmet Yılmaz (re.). tische Handlungsspielraum bei einer Veränderung der Konfliktlage eingeschränkt ist. So hat das AfghanistanSzenario, das die deutsche Verteidigungspolitik die vergangenen zehn Jahre bestimmt hat, dazu geführt, dass die Bündnisverteidigung vernachlässigt wurde und nun unter erheblichem Zeitdruck wieder revitalisiert werden muss. Derzeit debattiert die NATO über die Frage, welches Konfliktszenario für die weiteren Verteidigungsanstrengungen Priorität haben sollte. Die Antwort muss lauten: Wir wissen nicht, was kommt. Unter Umständen sind wir gleichzeitig mit ganz unterschiedlichen Problemen in verschiedenen Regionen der Welt konfrontiert. Daraus ergibt sich, dass „Allround-Fähigkeiten“ in ausreichendem Maße bereitgestellt werden müssen. Es geht also darum, sich auf all diejenigen Konfliktszenarien einzustellen, die nicht eindeutig ausgeschlossen werden können. Die Fähigkeit, sich rasch und lagebezogen auf alle Erfordernisse einstellen zu können, war stets die sinnvollere Planungsgröße. Dies erscheint umso wichtiger, als dass die USA die Europäer seit Jahren auffordern, mehr in ihre Verteidigung zu investieren, um sich stärker an den Lasten zu beteiligen. Diese Aufforderung ist keine DGAPjahresbericht 2015 / 16 Die deutsche Sicherheitspolitik hat nun die Aufgabe, diese Zusammenhänge zu erklären und für Unterstützung in der Bevölkerung zu werben. Die ständige Betonung, dass es keine militärischen Lösungen für politische Probleme gäbe, ist irreführend. Niemand hat behauptet, dass es militärische Lösungen gäbe; Militärs am allerwenigsten. Der Einsatz militärischer Macht kann aber Handlungsspielräume für politische Lösungen eröffnen oder zurückgewinnen und im Extremfall das eigene Überleben sichern. Dazu muss das Instrument Militär dauerhaft gestärkt werden und einen festen Platz in der Konzeption gesamtstaatlicher Sicherheitspolitik einnehmen. Das neue Weißbuch der Bundesregierung, das im Laufe des Jahres abgeschlossen sein soll, aber auch die Diskussionen in der NATO über die sicherheitspolitischen Prioritäten und die Ausgestaltung der Abschreckung bieten die Gelegenheit, die notwendigen Kurs korrekturen einzuleiten. Diejenigen, die eine „Renaissance der Verteidigung“ konstatieren, haben die Rolle militärischer Macht verkannt und die Kontinuitätslinien der internationalen Sicherheitspolitik in gefährlicher Weise ignoriert. Svenja Sinjen ist Leiterin des Berliner Forum Zukunft im Forschungsinstitut der DGAP. Ihre Fachbereiche umfassen Außen-, Sicherheits-, und Verteidigungspolitik sowie Transatlantische Sicherheitsbeziehungen/NATO. 29 Die Bundeswehr beteiligt sich weiterhin an der Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte. Bedingte Krisenfähigkeit NATO und EU sind beide dem Aufgabenprofil der Krisenreaktion verpflichtet. Allerdings zeigt sich nach den frustrierenden Erfahrungen in Afghanistan, dem Scheitern der amerikanischen Irak-Mission und festgefahrenen Konflikten in Osteuropa eine „Interventionsmüdigkeit“, die fehlende Bereitschaft, in Krisen einzugreifen. Die Neuorientierung der NATO, die ihre Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeit vor allem gegenüber Russland ausbaut, verstärkt diese Zurückhaltung. In der Krisenreaktion herrscht so das Dilemma, dass die politisch möglichen, bescheidenen Interventionsziele kaum nachhaltige Stabilisierung und politischen Wandel in Krisenländern erreichen können, dass aber keiner der westlichen Staaten die Verantwortung und den Mitteleinsatz für eine ambitionierte Zielsetzung übernehmen will. Neue Missionen werden mit geringer Truppengröße und begrenztem Mandat durchgeführt, eher polizeilich als militärisch. Dies birgt das Risiko, dass mehr Krisen aus dem Ruder laufen, wie es in Syrien geschehen ist. Die sinkende westliche Einsatzbereitschaft muss mit Blick auf die Risiken bewertet werden, die diese Konflikte für das politische Gefüge Europas bringen. Flüchtlinge, humanitäre Katastrophen und islamischer Extremismus sorgen dafür, dass diese Konflikte auch die Sicherheit Deutschlands und den Zusammenhalt Europas gefährden können. Die Flüchtlingskrise hat gezeigt, wie schwach die Glaubwürdigkeit der traditionellen Parteien und die gegenseitige Unterstützung in der EU sind. Einiges steht also auf dem Spiel. Europa muss sich nicht in jede Krise einmischen, doch überwiegt der Eindruck, dass selbst wenn dies notwendig und angemessen wäre, die Europäer dazu nicht in der Lage wären. Welche Vorstellungen über die Einwirkung in Konflikten haben die Staaten der NATO und der EU heute? Deutschland als mittlerweile DGAPjahresbericht 2015 / 16 30 Schwerpunkt – Bedingte Krisenfähigkeit stärkster Staat in Europa muss sich fragen: Wie können die vorhandenen Instrumente besser genutzt werden? Bisherige Krisenreaktion von NATO und EU Die beiden europäischen Sicherheitsinstitutionen EU und NATO haben bislang in den Krisen in der südlichen Nachbarschaft eher eine Zuschauerrolle gespielt, obwohl Krisenreaktion zu ihrem Aufgabenportfolio gehört. Die EU hat ihre Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) in Richtung einer flexibleren zivil-militärischen Aufstellung reformiert. Sie ist in zahlreichen, zum Teil komplexen Missionen in der Nachbarschaft aktiv, öfter in zivil-polizeilichen Beratungsfunktionen, beim Grenzschutz oder im Monitoring und weniger in Form der Friedenserzwingung. Diese eher zivile Orientierung ist auch in der mageren militärischen Ausstattung der GSVP erkennbar. Das militärische Interventionsinstrumentarium ist unterentwickelt, die Battle Group etwa ist bislang nicht zum Einsatz gekommen. Im Syrien-Krieg hat die EU für sich keine Rolle in der Krisenreaktion gefunden, sondern unterstützt die Nachbarstaaten Syriens bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Es wird interessant werden, wie die für Juni 2016 angekündigte neue „Global Strategy“ der EU ihre Rolle in der Krisenregion umreißt. Im Strategischen Konzept der NATO von 2010 zählt Krisenreaktion neben Abschreckung/Verteidigung und kooperativer Sicherheit zu den drei Hauptaufgaben. Spätestens seit dem Georgien-Krieg von 2008 war Kritik aus Osteuropa hörbar, dass die Allianz zu sehr auf Krisenreaktion und Stabilisierung setze und zu wenig in die Abwehr Russlands investiere. Heute hat sich dies umgekehrt: Während die NATO ihre Fähigkeiten unter dem Banner der Abschreckung und Rückversicherung neu aufstellt und Mechanismen zur Truppenverlegung aufbaut, herrscht bei der Krisenreaktion eine gewisse Antriebslosigkeit. In Afghanistan oder Kosovo steht die NATO für Sicherungs- und Beratungsaufgaben bereit. In Syrien aber findet sie nur schwer eine Rolle für sich, auch wenn sie den Rahmen für die Gründung der Koalition gegen den IS bildete und Hilfe beim Fähigkeitsaufbau im Irak leistet. Aktuell wird diskutiert, ob die NATO ihre Fähigkeiten zur Luftraumüberwachung über Syrien einsetzen sollte. Ertüchtigung von Partnern Vielleicht als Ausgleich dieser zögerlichen Haltung sind heute vermehrt Konzepte zum Fähigkeitsausbau von Partnernationen in Krisengebieten im Gespräch, in der EU verstärkt seit 2013. Dies baut auf den Erfahrungen DGAPjahresbericht 2015 / 16 bei Ausbildungsmissionen der NATO im Irak und in Afghanistan sowie der EU in mehreren Einsätzen in Afrika auf. Auch die Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen etwa zur Unterstützung von Friedensmissionen in Afrika gibt es seit über zehn Jahren. Bei derartigen Missionen ging es bisher nie darum, den Partnerländern auch Waffen mitzuliefern. Die eher entwicklungspolitisch ausgerichteten Finanzierungsinstrumente der EU stellen für eine solche Hilfe keine Finanzierungsmöglichkeiten bereit. Die Hohe Vertreterin bemüht sich um eine Lockerung dieser Regularien, dabei geht es um nichttödliche Waffen. Problematisch ist in dieser Überprüfung, dass die Mitgliedstaaten kaum eine gemeinsame Vorstellung haben, wer in den Krisen der Nachbarschaft auf welche Weise unterstützt werden soll. In Deutschland hat der politische Entscheidungsdruck die Konzeption überholt: Mit der Ausstattung der kurdischen Streitkräfte im Norden Iraks seit Sommer 2014 ließ sich die Bundeswehr auf kombinierte Militärund Ausbildungshilfe ein. Direkte Waffenhilfe bleibt aber auf absehbare Zeit Domäne der Nationalstaaten. Ertüchtigung und Fähigkeitsausbau setzen ein Mindestmaß an staatlicher Kontrolle im Empfängerland voraus. Je unübersichtlicher und gewalttätiger eine Krisenlage, je korrupter das unterstützte Regime, desto größer die Risiken. Der Ertüchtigungsansatz dient wegen der langen Zeithorizonte kaum als Instrument zum Eingreifen in einen ausgebrochenen Bürgerkrieg. In Syrien existiert keine aus westlicher Sicht legitime Regierung, dafür eine dreistellige Zahl von Oppositionsgruppen, von denen viele selbst extremistische und terroristische Qualität haben. In Libyen erwägt die NATO eine engere Partnerschaft, sobald eine Einheitsregierung zustande gekommen ist; ob diese Voraussetzung bald erfüllt sein wird, ist mehr als unsicher. Ertüchtigung kann Teil einer entwicklungspolitischen Gesamtstrategie sein, aber eine durchdachte und ausreichend ausgestattete Stabilisierungsmission nicht ersetzen. Neue informelle Koalitionen In Syrien und im Irak sind externe Mächte aktiv, die durch Unterstützung von Kriegsparteien oder direkte militärische Präsenz versuchen, Einfluss zu nehmen. Iran hat das Assad-Regime seit Beginn des Bürgerkriegs unterstützt, die USA und Frankreich einzelne Oppositionsgruppen. Die USA haben begonnen, im Irak und in Syrien direkte Angriffe gegen den IS zu fliegen. Seit Sommer 2014 ist auch die iranische Luftwaffe gegen den IS im Irak aktiv. Die Hisbollah kämpft aufseiten Assads. Der halbwegs stabile Waffenstillstand im März Schwerpunkt – Bedingte Krisenfähigkeit 31 2016 zeigt, dass diese Mächte Einfluss auf die Kriegsparteien in Syrien haben. Zusätzlich ist eine Reihe von Koalitionen in den beiden Ländern in Stellung gegangen, vornehmlich gegen den IS, aber auch zur Unterstützung des Assad-Regimes in Damaskus: Seit September 2014 existiert eine AntiIS-Koalition unter amerikanischer Führung, an der sich Kanada, Australien sowie einige europäische und arabische Staaten beteiligen. Russland griff ab September 2015 für ein halbes Jahr aufseiten des Assad-Regimes in den Krieg ein, bekämpfte aber eher die Assad-Gegner und nur zweitrangig den IS. Russlands Partner sind schiitische Kräfte, der Iran und die Hisbollah. Moskau zielt auf die Sicherung seiner strategischen Positionen im Mittelmeer-Raum, auch mit Blick auf eine regionale Neuordnung. Kurz nach den Anschlägen von Paris im November 2015 brachte Frankreich durch Anrufung der Allianzklausel der EU eine Koalition zusammen, die am ehesten der Unterstützung französischer Luftangriffe gegen IS-Stellungen dient. Diese Koalitionen sind auch politische Bezugsrahmen für Partner, die sich nicht militärisch, sondern durch Fähigkeitsausbau oder Finanzhilfen beteiligen wollen. Auch Deutschland ist in derartige Konstellationen eingebunden. Insgesamt verteilt dieses Vorgehen die Verantwortung auf mehrere Schultern und kann schwelende Machtkonflikte einhegen. Der Umstand, dass in Syrien der Krieg gegen den IS das verbindende Glied ist, nicht aber der Kampf gegen Assad, beschränkt die Kooperation auf Minimalziele. Zusammenhalt und Engagement der Koalitionäre sind von der Tageslage abhängig. Ein Unterbau, der die Kooperation stabilisiert, fehlt meist, nur die US-geführte Anti-IS-Koalition hält regelmäßige Ministertreffen ab. Deutschland beteiligt sich durch den Fähigkeitsaufbau bei den kurdischen Peschmerga und unterstützt Frankreich mit Aufklärungsflugzeugen und einer Marineeinheit. Den Zusammenhalt der Koalitionen auch diplomatisch zu unterstützen, für mehr Teilnehmer und höheres Engagement zu werben, kann Aufgabe deutscher Außenpolitik sein. Mehr Einsatz Die Zeiten sind vorbei, in denen sich die westlichen Staaten selbst als ehrgeizige Stabilitätsexporteure für innerstaatliche, ethnische oder Sezessionskonflikte in Nachbarländern sehen konnten. Zu deutlich wurden die Grenzen dieses Ansatzes etwa in Afghanistan, die hohen Kosten für die Erreichung bescheidener Ziele und die undankbare Rolle westlicher Interventionsarmeen in schwer lösbaren Konflikten. Das darf aber nicht heißen, dass Krisenbewältigung insgesamt aus dem Instrumentenkasten verschwinden sollte. In Syrien sollte Deutschland – unabhängig von seiner militärischen Rolle – diplomatische, finanzielle und entwicklungspolitische Mittel anwenden, um viele Partner für die Behandlung des Konflikts zu gewinnen. Das betrifft die Wiener Friedensgespräche sowie den Zusammenhalt der US-geführten Anti-IS-Koalition und der kollektiven Nothilfe für Frankreich. Auch wenn Deutschland gegenwärtig keinen Sitz im UN-Sicherheitsrat hat, kann es in den Konfliktverhandlungen für eine starke Rolle der UN eintreten. Die Umrisse einer Nachkriegsordnung für Syrien sind noch nicht erkennbar. Es ist aber plausibel, dass eine Friedensordnung nur mit militärischer Absicherung entwickelt werden kann. Dies gilt auch für Übergangsphasen, in denen schon humanitäre Unterstützung und Monitoring in einem zum Teil feindseligen Umfeld notwendig sind. Ob die NATO oder die EU eine Rolle dabei spielen, und wenn ja welche, ist angesichts dann konkreter werdender Anforderungen zu entscheiden. Von vornherein ausschließen darf man sie nicht. Deutschland kann zu einem angemessenen Zeitpunkt seine Bereitschaft signalisieren, Verantwortung zu übernehmen. Abhängig von der Struktur eines Nachkriegssyriens (zentralisiert oder kantonisiert) und der Ausgestaltung einer Stabilisierungsmission sind der Aufbau des Sicherheitssektors in den sich neu formierenden Landesteilen oder die Ertüchtigung dann sinnvoll, wenn die Partner lange politisch begleitet werden. Solche Missionen erfordern auch eine aktive Beteiligung der Bundeswehr. Weitere Einsatzprofile könnten die militärische Absicherung humanitärer Unterstützung oder indirekte Maßnahmen wie Seeraumüber wachung oder die Entlastung amerikanischer Kräfte in anderen Einsatzgebieten (etwa auf dem Balkan) sein, die dann Kräfte für den Einsatz gegen den IS freisetzen. Dr. Henning Riecke leitet das Programm USA/Trans atlantische Beziehungen der DGAP. Seine Fachgebiete sind die Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands und der USA. Er koordiniert die Studiengruppen „Strategische Fragen“, „Europapolitik“ und „Globale Zukunftsfragen“ der DGAP. DGAPjahresbericht 2015 / 16 32 Der chinesische Außenminister Wang Yi (li.) und US-Außenminister John Kerry (re.) bei einer Pressekonferenz in Washington D.C. Eine neue „Grand Strategy“ für die USA Die Blockade zwischen Kongress und Präsident wird auch nach den Kongress- und Präsidentschaftswahlen am 8. November 2016 bestehen bleiben. Dabei wäre politisches Handeln dringend nötig, um die US-Wirtschaft wieder anzukurbeln. Denn die durch das Gelddrucken der US-Notenbank erkaufte Zeit läuft ab. Derweil dürfte aber ein ernstzunehmender äußerer Rivale, namentlich China, helfen, innere Zerwürfnisse zu überwinden und dem Präsidenten als Oberbefehlshaber der Nation Handlungsfreiheiten zu eröffnen. Europa, vor allem die Handelsnation Deutschland, muss vermeiden, zwischen die Fronten von Militärmächten zu geraten. Am 20. Januar 2017 wird der nächste Präsident oder die erste Präsidentin der USA den Amtseid auf der Westseite des Kapitols, am Sitz des Parlaments, ablegen und danach die Pennsylvania Avenue hinunter zum Weißen Haus fahren. Dieses Ritual, das die beiden widerstreitenden Staatsgewalten, den Kongress und DGAPjahresbericht 2015 / 16 das Amt des Präsidenten, verbindet, verdeutlicht das institutionelle Spannungsverhältnis, in dem auch der nächste Amtsinhaber im Weißen Haus versuchen muss, Politik zu gestalten, um die prekäre Lage seines Landes zu verbessern. Was viele Beobachter hierzulande nicht auf dem Schirm haben, die sich nur auf das Kopf-an-Kopf-Rennen der Bewerber um das vermeintlich mächtigste Amt in Washington konzentrieren, sind die Wahlkämpfe, in denen die Mehrheitsverhältnisse der beiden Kammern im Kongress entschieden werden. Die Wahlen um die 435 Sitze im Abgeordnetenhaus und ein Drittel (34 Sitze) des 100-köpfigen Senats sind genauso wichtig, weil jede Seite im Kapitol auch den nächsten Präsidenten in den meisten Politikfeldern blockieren kann – und es auch tun wird. Es wäre jedoch handlungsfähige Politik nötig, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen und auf Touren Schwerpunkt – Eine neue „Grand Strategy“ für die USA 33 zu halten. Indem die US-Notenbank unvorstellbare 4.500 Milliarden Dollar Geld druckte, konnten der wirtschaftliche Einbruch bislang abgewendet und ein mäßiges Wachstum erwirkt werden. Doch damit wurde nur Zeit gekauft und im schlimmsten Fall dafür gesorgt, dass sich weitere Finanzblasen gebildet haben. Derzeit lassen sich viele Beobachter noch von den hohen Kursen an den Börsen blenden. Viele deutsche Unternehmensführer bleiben unbeirrt in ihren Lobpreisungen der amerikanischen Marktwirtschaft oder glauben an die Wunderheilung des „amerikanischen Patienten“. Dass die aktuellen Börsenwerte einer Handvoll IT-Unternehmen jene der führenden 20 deutschen Industrieunternehmen übertreffen, wird gern als Beleg für die Innovationskraft der USA herangezogen. Von diesen „Wert“-Schöpfungen werden aber wieder nur wenige profitieren. Wer die aktuellen Börsenwerte einiger aktuell hoch gehandelter US-Unternehmen für bare Münze nimmt, ignoriert die Tatsache, dass die derzeitigen Kurse an den Börsen nicht zuletzt auch dank der Geldschwemme der US-Notenbank nach oben befördert wurden und sich die „Werte“ als weitere Illusion herausstellen könnten. Im schlimmsten Fall wird die Blase zerplatzen – mit unvorhersehbaren Folgen. Im besten Fall wird die Luft langsam entweichen, die Aktienkurse werden etwas langsamer sinken und sich wieder den realen Wirtschaftsverhältnissen annähern. Zu Tode „fracken“ Im Energiesektor werden die Folgen der lockeren Geld politik bereits deutlich sichtbar. Der „Ölrausch“ in den USA wurde beflügelt durch das billige Geld der US- Notenbank. Viele kleinere Pionierunternehmen, die von Private-Equity-Firmen finanziert und vertraglich zu Mindestmengen verpflichtet wurden, können aufgrund des durch den Preiskampf Saudi-Arabiens forcierten Überangebots und Preisverfalls bei Schiefergas nicht mehr ihre Investitions- und Produktionskosten decken. Die meisten Pioniere werden sich wirtschaftlich zu Tode „fracken“. In erster Linie sind Produzenten gefährdet, die nicht eigenes Kapital investiert, sondern sich hoch verschuldet haben. Viele sind von Investoren abhängig, die nicht langfristig anlegen, sondern den schnellen Profit suchen. Beide, klamme Produzenten und profitorientierte Investoren, dürften sich jedoch mit dem Fracking-Boom verspekuliert haben. Mit dem Zerplatzen der Blase im Öl- und Gassektor wird auch der Traum von der Energieunabhängigkeit und der Reindustrialisierung der USA endgültig zerstört werden. Vielmehr besteht die Gefahr, dass ganze Landstriche, die bislang vom Öl- und Gasboom profitierten, nunmehr mit wirtschaftlichen Einbrüchen konfrontiert werden, die Arbeitsplätze vernichten. Zudem werden die Staatshaushalte einer Reihe von Einzelstaaten belastet und Banken gefährdet, die die Öl- und Gasförderung mit Krediten befeuert hatten. Es bleibt zu hoffen, dass nicht wieder – wie schon nach dem Platzen der Immobilienblase – durch umfangreiche Kreditausfälle das gesamte Finanzsystem in Mitleidenschaft gezogen wird. Gleichwohl ist der Fluch für die Öl- und Gasförder regionen ein zeitlich begrenzter Segen für die US-Volkswirtschaft, die zu zwei Dritteln von privater Nachfrage getrieben wird. Solange die Ölpreise niedrig sind, haben Amerikaner mehr Kaufkraft und können es sich leisten, zu konsumieren oder ihre drückende Schuldenlast etwas zu erleichtern. Es ist alarmierend, dass trotz des durch die US-Notenbank herbeigeführten niedrigen Zinsniveaus und der indirekten Wirtschaftsförderung durch niedrige Energiepreise die Wirtschaft nicht wirklich Fahrt aufnehmen kann. Soziale Schieflage Um die dahindümpelnde Realwirtschaft anzukurbeln, müsste die Politik sehr schnell handeln: in Infrastruktur und Bildung investieren sowie durch eine Reform des Steuersystems dafür sorgen, dass die gravierende Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen nicht weiter wächst. Sieht man sich die Verteilung der Vermögen und Einkommen in den USA genauer an, fallen einem sofort gravierende Unterschiede auf, die sozialen Sprengstoff bergen und geradezu verhindern, dass die Wirtschaft wieder in Gang kommt. Wenn nämlich stimmt, dass die amerikanische Wirtschaft zum Gutteil durch den Privatkonsum angetrieben wird, dann ist die soziale Schieflage Gift für die wirtschaftliche Erholung. Im Vergleich zu anderen hochindustrialisierten Ländern ist in den USA die Umverteilung in Form von Arbeitslosengeld und Sozialabgaben recht gering. Das hat zur Folge, dass immer mehr Amerikaner immer weniger kaufen können, weil auch das Konsumieren auf Pump nicht mehr in dem Ausmaß wie bisher möglich ist. Während die partiell ungleiche Einkommensverteilung in vielen europäischen Ländern durch Sozialpolitik ausgeglichen wird, finanzieren andere, allen voran die US-Bürger, ihren Konsum durch Kredite. Fehlende staatliche Regulierungen, die lockere Geldpolitik der US-Notenbank und auch ausländische Kreditgeber halfen dabei, indem sie reichlich billiges Geld zur Verfügung stellten und den amerikanischen Traum einer DGAPjahresbericht 2015 / 16 34 Schwerpunkt – Eine neue „Grand Strategy“ für die USA „Eigentümergesellschaft“ und eine Wohlstandsillusion nährten. Der Immobilienmarkt, der bis zum Platzen der Blase im Jahr 2008 zwei Drittel bis drei Viertel des US-Konsums alimentierte, indem Häuser immer wieder beliehen und als Geldautomaten missbraucht wurden, wird diese vermeintliche Wachstumsfunktion nicht mehr übernehmen können. China als Gegenspieler Das kreditfinanzierte amerikanische Konsummodell funktionierte in der Vergangenheit, weil asiatische Volkswirtschaften, vor allem China, den Gegenwert ihrer Exporte den USA wieder als Kredite zur Verfügung stellten. Indem die chinesische Zentralbank fortwährend US-Staatsanleihen kaufte, sorgte sie dafür, dass sie einerseits die eigene Währung, den Renminbi, gegenüber dem Dollar abwertete. Andererseits konnten die nunmehr mit einem kräftigen Dollar ausgestatteten Amerikaner über diesen Währungsmechanismus weiterhin verbilligte chinesische Produkte kaufen. Der erst später fällige Preis: die Zinsen in den USA waren zu niedrig und führten zu Fehlallokationen, indem sie eine Immobilienblase nährten, die das Konsumieren auf Pump ermöglichte. Diese Symbiose funktionierte bis zum Platzen der Immobilienblase, der damit ausgelösten Banken- und Finanzkrise und der einher gehenden weltweiten „Wert“-Verluste. Aus bisherigem Schaden klüger geworden, versuchen die Entscheidungsträger in Peking nun, sich aus der Dollar-Falle zu lösen, die eigene Wirtschaft stärker auf Binnenkonsum umzustellen und Chinas Exportmärkte zu diversifizieren. Mit der sogenannten Seidenstraßeninitiative („Ein Gürtel, eine Straße“) will das Reich der Mitte über Land- und Seewege seine Wirtschaft mit den Nachbarn in der Region, mit Westasien, Afrika und Europa verbinden. Wenn China Straßen, Bahnlinien, Flughäfen, Häfen und Telekommunikationsverbindungen selbst oder über von ihm dominierte multilaterale Organisationen finanziert, kommen vor allem chinesische Arbeiter in Lohn und Brot. Zudem werden neue Absatzmärkte in Zentralasien und Europa erschlossen – und die historischen Einflussbereiche wieder belebt. Das ist aus Sicht der Geostrategen in Washington ein äußerst bedrohliches Szenario. Wenn China sogenannte öffentliche Güter wie Infrastruktur, Handels- und Informationswege zur Verfügung stellt, baut es langsam, aber sicher seine Vormachtstellung aus. Indem es als kluge Macht seine nationalen Interessen breiter definiert, anderen erlaubt, davon ebenso zu profitieren, kann es Führung beanspruchen und Gefolgschaft erwarten. Ein Beleg dafür ist Pekings Erfolg, trotz massiven Drucks der USA, europäische Partner wie Großbritannien, Frankreich und Deutschland für seine Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) gewonnen zu haben. Da der amerikanische Kongress über fünf Jahre internationale Vereinbarungen blockierte, China mehr Mitsprache in den bestehenden, von den USA Marode, renovierungsbedürftige Infrastruktur in den USA: Brückeneinsturz in Minneapolis. DGAPjahresbericht 2015 / 16 Schwerpunkt – Eine neue „Grand Strategy“ für die USA 35 dominierten Bretton-Woods-Institutionen (Weltbank und IWF) einzuräumen, baut Peking nunmehr von ihm beeinflusste Alternativstrukturen auf. Eine neue „Grand Strategy“ Der amerikanische Politikwissenschaftler Francis Fukuyama, der seinerzeit vorschnell das „Ende der Geschichte“ ausrief, feierte im Wettkampf der Systeme den endgültigen Sieg liberaler Demokratien und freier Marktwirtschaften, diagnostiziert heute elementare Defizite der amerikanischen Demokratie. Diese seien umso problematischer, weil sich ein neuer Konkurrent, namentlich China, anschicke, sein Gegenmodell zu exportieren. Die Geschichte geht also doch weiter, denn Fukuyama sieht eine neue „historische Auseinandersetzung“ um das „Schicksal Eurasiens“: zwischen den USA und seinen westlichen Partnern auf der einen und China auf der anderen Seite. Bereits heute stellt die von Peking weltweit orchestrierte Entwicklungshilfe die Bemühungen von Weltbank und Internationalem Währungsfonds in den Schatten. Während dem amerikanischen Staat Geld und Handlungsfähigkeit fehlen, selbst im eigenen Land die maroden Straßen, Brücken und Flughäfen zu erneuern, finanziert China weltweit Infrastruktur, entwickelt damit neue Absatzmärkte und kann sich so vom bisherigen Hauptabnehmer USA emanzipieren – dem es bislang in großen Mengen das Geld geliehen hatte, damit dieser chinesische Produkte kaufen konnte. Das betrifft nicht nur US-Bürger, die aus ihrer Wohlstandsillusion gerissen werden, sondern auch den amerikanischen Staat, der schon seit Längerem über seine Verhältnisse lebt. China ist nicht mehr bereit, mit seinen Devisenreserven den US-Staatshaushalt zu finanzieren, der zu einem Großteil dafür verwendet wird, die Weltmacht militärisch und sicherheitsdienstlich gegen die „gelbe Gefahr“ aufzurüsten. Diese Veränderungen des „business as usual“ alarmieren den militärisch-industriellen Komplex ebenso wie die Wall Street. Die Vordenker in Think Tanks mahnen bereits zu einer neuen „Grand Strategy“. Auch sie nehmen China ins Visier. Anstelle des bisherigen Flickwerks einzelner Strategien gegenüber bestimmten Ländern beziehungsweise in Politikfeldern (Sicherheits-, Han- dels- oder Energiepolitik) sollten die USA wieder eine globale, themenübergreifende Ausrichtung, also eine umfassende „Grand Strategy“, verfolgen. Damit solle auf jeden Fall verhindert werden, dass ein möglicher Rivale den USA die See- oder Lufthoheit im eurasischen Raum – dem bevölkerungsreichsten und wirtschaftlich interessantesten Gebiet dieser Erde – streitig macht, wirtschaftliche Aktivitäten der USA unterbindet oder ihnen den Zugang zu Ressourcen verwehrt. Obwohl dies selten offen ausgesprochen worden ist, haben die Militäroperationen und diplomatischen Aktivitäten der USA in den vergangenen Dekaden genau dieses zentrale Ziel verfolgt, so die Analyse des Congressional Research Service (CRS), des überparteilichen wissenschaftlichen Dienstes des Kongresses. China wird auch von den aktuellen Wahlkämpfern thematisiert, von denen die meisten von der Finanzund Rüstungsindustrie gesponsert und von Experten in Think Tanks beraten werden, die sich damit eine Anstellung in der nächsten Regierung erhoffen. Bei allen Widersprüchen in innen- und außenpolitischen Fragen ist man sich in einem Punkt relativ einig: der Bedrohung durch China zu begegnen. Wer das Ganze als Wahlkampfgetöse abtut, das nach den Wahlen wieder vergessen sein wird, ignoriert die innenpolitische Dynamik in den USA ebenso wie die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die sich international abzeichnenden Machtverschiebungen. Die USA werden mit allen Mitteln harter und weicher Macht versuchen, den weiteren Machtzuwachs Chinas zu verhindern. Deutschlands Verantwortliche in Politik und Wirtschaft sollten sich bereits jetzt Gedanken machen, wie diese Konfrontation zwischen China und den USA abgemildert werden kann. Denn es ist nicht im Interesse einer Handelsnation, die umfangreiche Wirtschafts-, Handels- und Währungsbeziehungen mit beiden unterhält, zwischen die Fronten von Militärmächten zu geraten. Dr. Josef Braml ist USA-Experte im Forschungsinstitut der DGAP. Im März 2016 erschien sein neues Buch „Auf Kosten der Freiheit: Der Ausverkauf der amerikanischen Demokratie und die Folgen für Europa“. DGAPjahresbericht 2015 / 16 36 Trotz derzeitig guter Prognosen bleibt China ein Risiko für die Weltwirtschaft. China: Auftakt zum Abschwung? Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist besorgt über die Entwicklung der Weltwirtschaft. Laut seinem World Economic Outlook vom April 2016 wächst „die Weltwirtschaft schon zu lange zu langsam“, so dass sie deutlich stärker Risiken ausgesetzt ist. Zu den Risiken zählt der IWF die Volatilität der Finanzmärkte, unter der vor allem die Entwicklungs- und Schwellenländer zu leiden haben; den längeren Zeitraum von niedrigen Ölpreisen (zu Lasten der ölexportierenden Länder) und die Möglichkeit eines deutlich stärkeren Abschwungs in China. Auch geopolitische Spannungen spielen eine Rolle. China wird somit als eines der zentralen Risiken für die Weltwirtschaft gesehen. Die Volksrepublik hatte zu Beginn des Jahres unter Börsenturbulenzen zu leiden, gepaart mit einer hohen Kapitalflucht und einer deutlichen Abwertung des Yuan. Gleichzeitig sind die öffentlichen und privaten Schulden seit der globalen Finanz- DGAPjahresbericht 2015 / 16 krise 2008/09 von 160 Prozent des BIP auf 240 Prozent des BIP gestiegen. Trotzdem prognostiziert die chinesische Regierung weiterhin ein beständiges Wachstum, auch wenn die Wirtschaft 2015 mit 6,9 Prozent die niedrigste Wachstumsrate seit 25 Jahren verzeichnete. Für das laufende Jahr rechnet China mit 6,5 Prozent. Diese Prognose wird auch vom IWF in seinem Frühjahrsausblick u nterstützt, die er im Vergleich zum Januar sogar um 0,2 Prozent anhob. Da das Wachstum jedoch durch kurzfristige Konjunkturmaßnahmen und staatliche Kredite gefördert wurde, die auch die Schulden des Landes in die Höhe treiben, hat der IWF die langfristige Prognose wiederum gesenkt. China befindet sich in einer Umstrukturierungsphase von einer Wirtschaft, die sich auf die Produktion von Exportgütern konzentriert, zu einem Modell, das sich stärker auf privaten Konsum und Dienstleistungen stützt. Diese Transformation führt jedoch zu wirtschaft- Schwerpunkt – China: Auftakt zum Abschwung? 37 lichen Unsicherheiten, die auch die Weltwirtschaft beinträchtigen können. Der IWF befürchtet vor allem eine Ansteckungsgefahr für die Entwicklungs- und Schwellenländer, die derzeit mit zahlreichen Problemen zu kämpfen haben. Maurice Obstfeld, Chefökonom des IWF, warnte daher in seinem wirtschaftlichen Ausblick vom April 2016, dass niedriges Wachstum „weniger Raum für Fehler“ lasse, vor allem auch in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Auch IWF-Direktorin Christine Lagarde erklärte, dass das globale Wachstum 2016 „enttäuschend und ungleich“ sein werde. Durch die wirtschaftliche Schwäche Chinas besteht die Gefahr, dass der Welthandel, der zuletzt nur noch um 3 Prozent pro Jahr gestiegen ist, weiter einbrechen könnte. In den vergangenen Jahren lag die Wachstumsrate bei durchschnittlich 7 Prozent. China war laut der Welthandelsorganisation (WTO) 2014 der weltweit größte Warenexporteur und der zweitgrößte Importeur nach den USA. Gleichzeitig ist es der fünftgrößte Exporteur von Dienstleistungen und nach den USA auch der zweitgrößte Importeur. Der Welthandel könnte somit durch den Abschwung Chinas als zentralem Player weiter ins Stocken geraten. Außerdem hätte eine Rezession in China negative Folgen für die Rohstoffpreise. China ist einer der größten Importeure von Rohstoffen, inklusive Öl. Seit Juni 2014 ist der globale Ölpreis von 115 Dollar (pro Fass Rohöl) um mehr als 60 Prozent auf bis zu 30 Dollar gesunken. Dies führt dazu, dass viele rohstoffexportierende Schwellenländer stark unter Druck stehen. Sinkt die Nachfrage durch den Rückgang von China als Rohstoffabnehmer weiter ab, könnte die Wirtschaft der angeschlagenen Schwellenländer (wie Brasilien und Russland) weiter einbrechen. Der IWF prognostiziert für Brasilien 2016 bereits einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 3,8 Prozent und für Russland um 1,8 Prozent (nach einem Rückgang um 3,7 Prozent im vergangenen Jahr). Die Probleme Chinas zeigten sich bereits im Finanzsektor, wo es immer wieder zu Turbulenzen kam. Obwohl der IWF betonte, dass die Börsen überreagiert hätten, stehen 2016 doch deutliche Anpassungen ins Haus. Dies hat Auswirkungen auf das Vertrauen der Marktteilnehmer. Nach einer Studie von PWC sahen 66 Prozent der Vorstandsvorsitzenden beim Weltwirtschaftsforum in Davos im Januar 2016 mehr Gefahren für das Wachstum des eigenen Unternehmens als vor drei Jahren (7 Prozent mehr als 2015). Die FAZ bezeichnete daher 2016 bereits als „das Jahr der düsteren Stimmung“. Je nachdem, wie sich die Wirtschaft in China weiterentwickelt, kann es zu einem Problem für die Weltwirtschaft werden, gegen das die anderen Staaten nur noch sehr wenige effektive Abwehrmöglichkeiten haben. Bereits als Reaktion auf die globale Finanzkrise und die daran anschließende Krise in Europa haben viele Staaten ihr Pulver in der Geld- und Fiskalpolitik verschossen und hohe Schulden angehäuft. Aufgrund der großen Unsicherheiten und Risiken senkte der IWF die Prognose für die Weltwirtschaft (im Vergleich zum Januar 2016) um 0,2 Prozent auf 3,2 Prozent für dieses Jahr und von 3,6 Prozent auf 3,5 Prozent für 2017. Tief in der Kreide Infolge des Konjunkturprogramms steigen Chinas Schulden seit 2007 massiv an China 2000 23 China 2007 China 2014 Regierung 7 42 55 83 8 24 72 65 Finanzinstitute (in % BIP) 121 20 158 125 38 Unternehmen Privathaushalte Quelle: McKinsey Die globale Wirtschaft bleibt auf einem Wachstumspfad, wenngleich auf niedrigerem Niveau – und dies auch nur unter der Voraussetzung, dass die genannten Risiken nicht eintreten. Vor allem die Schwellen- und Entwicklungsländer haben jedoch unter der sinkenden Nachfrage nach Waren, Dienstleistungen und Rohstoffen und der geringeren Risikobereitschaft der Finanzteilnehmer zu leiden. 2015 erwartete der IWF ein Wirtschaftswachstum von nur 4 Prozent. Auch danach prognostiziert er für 2016 ein geringes Wachstum von 4,1 Prozent und 4,6 Prozent für 2017; dies sind die niedrigsten Wachstumsraten seit Beginn der globalen Finanzkrise 2008/09. Dr. Claudia Schmucker leitet das P rogramm Globalisierung und Weltwirtschaft. Sie arbeitet zur globalen Finanzkrise, der Rolle der G20 und des IWF sowie zur WTO und zum Welthandelssystem. Zudem koordiniert sie die Studiengruppen „Globalisierung und Weltwirtschaft“ sowie „Globale Zukunftsfragen“. DGAPjahresbericht 2015 / 16 282 39 Anhang DGAPjahresbericht 2015 / 16 40 Anhang Gremien, Aufbau, Struktur der DGAP Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. Vorstand Dr. Arend Oetker, Präsident Dr. Harald Kindermann, Generalsekretär Dr. Tessen von Heydebreck, Schatzmeister Jutta Freifrau von Falkenhausen, Syndika Stand: April 2016 Dr. Elke Dittrich, Leiterin der Bibliothek und Dokumentationsstelle und Verwaltung Dr. Michael J. Inacker Dr. Sylke Tempel, Chefredakteurin der Zeitschriften IP – Internationale Politik und BPJ – Berlin Policy Journal Hagen Graf Lambsdorff Prof. Dr. Eberhard Sandschneider, Otto Wolff-Direktor des Forschungsinstituts Präsidium 1 Wissenschaftlicher Beirat 2 Finanzausschuss Niels Annen Prof. Dr. Wolfgang Ischinger Prof. Dr. Thomas Risse 1 Dr. Stefanie Babst Dr. Christian Jacobs Herbert J. Scheidt 2 Prof. Dr. Roland Berger Bertram Kawlath Dr. Frithjof Schmidt Elmar Brok Eckart von Klaeden Stephan Steinlein Sevim Dagdelen Prof. Dr. Joachim Krause 1 Karsten D. Voigt Dr. Thomas Enders Prof. Dr. Charles A. Kupchan Prof. Dr. Lars P. Feld 1 Prof. Dr. Klaus Mangold 2 Dr. Ludolf G. von Wartenberg 2 Dr. Stephan Goetz 2 Philipp Mißfelder † Prof. Dr. Armin Grunwald 1 Hildegard Müller Jürgen Hardt Christopher Freiherr von Oppenheim Dr. Werner Hoyer Dr. Bernhard Reutersberg Dr. Heinrich Weiss 2 Prof. Dr. Michael Zürn 1 Ehrenmitglieder Dr. Ursula Braun Prof. Dr. Dr. h.c. Karl Kaiser Prof. Dr. Rita Süssmuth Dr. Klaus von Dohnanyi Hans-Ulrich Klose Prof. h.c. Günter Verheugen Prof. Dr. h.c. Hans-Dietrich Genscher † Helmut Schmidt † Dr. Antje Vollmer DGAPjahresbericht 2015 / 16 Anhang – Gremien, Aufbau, Struktur der DGAP 41 Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. Mitgliederversammlung Vorstand Präsidium Regionalforen Fördererkreis der DGAP e.V. Stiftung der DGAP für Auswärtige Politik Vorstand Stiftungsrat Junge DGAP Forschungsinstitut Wissenschaftlicher Beirat des Präsidiums Bibliothek und Dokumentationsstelle DGAP Consulting GmbH Geschäftsführung Zeitschriften IP und BPJ Beirat Um die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. auf Verein zusammengeschlossen, dem Fördererkreis der DGAP e.V. Dauer als unabhängigen Akteur und Impulsgeber für die Ende 2011 wurde die DGAP Consulting GmbH als hundertpro- außenpolitische Diskussion zu erhalten, wurde 2010 die zentige Tochtergesellschaft des Fördererkreises gegründet. Die Stiftung der DGAP für Auswärtige Politik errichtet. Zur effektiven Unterstützung der DGAP hatten sich bereits DGAP Consulting verfolgt das Ziel, über Beratungsleistungen und Serviceleistungen wie Gutachten, Workshops und Semi- im Jahr 1955 zahlreiche Unternehmen, Institutionen, nare weitere Einnahmen für den Fördererkreis der DGAP zu Stiftungen und Verbände in einem eigenen gemeinnützigen erwirtschaften. Fördererkreis der DGAP e.V. Stiftung der DGAP für Auswärtige Politik DGAP Consulting GmbH Geschäftsführender Vorstand Dr. Harald Kindermann, Vorstand Stefan Dauwe, Geschäftsführer Dr. Arend Oetker, Vorsitzender Dr. Harald Kindermann, Stellvertretender Vorsitzender Dr. Tessen von Heydebreck, Schatzmeister Stiftungsrat Dr. Arend Oetker, Vorsitzender Jutta Freifrau von Falkenhausen Fritjof von Nordenskjöld Weitere Vorstandsmitglieder Dr. Tessen von Heydebreck Andreas Herschel Herbert J. Scheidt Dr. Joachim Lang Dr. Bernhard Rabert DGAPjahresbericht 2015 / 16 42 Anhang Köpfe der DGAP 2015 / 16 DGAPgesellschaft Stand: April 2016 * ausgeschieden 2015/16 Dr. Arend Oetker, Präsident Andreas Alvarez y Semtner, Leiter Online-Redaktion Dr. Harald Kindermann Generalsekretär Wiebke Ewering*, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Dr. Elke Dittrich, Leiterin der Verwaltung Sabine Straßenburg, Referentin Geschäftsführung / Generalsekretariat Evelyn Rehm, Mitglieder- und Fördererbetreuung Claudia Böhmer Dennis Eden Miranda Robbins Marlies Brettschneider Eva Rüskamp Bahtiyar Edilbekov Anja Runge Mickel Hausotte Werner Scharek Christine Krüger, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Marlies Knütter Leonore Schäfer Uwe Knütter Phan Khan Tran Yulia Loeva, Leiterin Veranstaltungsorganisation They-Thuy-Linh Luu* Monika Wilhelm* Viola Miculcy Sabine Wolf Susanne Marcus*, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit DGAPbibliothek und Dokumentationsstelle Dr. Elke Dittrich, Leiterin Erdenchimeg Amgalanbaatar Nora Lorenz Verena Schrader Monika Wilhelm* Rüdiger Wittke* Zeitschriften IP und BPJ Dr. Sylke Tempel, Chefredakteurin Dr. Henning Hoff Uta Kuhlmann-Awad Charlotte Merkl Joshua Raisher Dr. Joachim Staron DGAPforen Junge DGAP DGAPforesight Diplomatenausbildung Evelyn Rehm Venetia Malim, Geschäftsführerin Dr. Josef Braml Sophia Azara, Koordinatorin Robert Hirsch Corinna Blutguth Carl-Philipp Sassenrath Gregor Darmer*, Koordinator Pia Seyfried Natalya Nepomnyashcha Gesa Giesing Laura Krug DGAPjahresbericht 2015 / 16 Anhang – Köpfe der DGAP 43 DGAPforschungsinstitut Prof. Dr. Eberhard Sandschneider, Otto Wolff-Direktor des Forschungsinstituts Dr. Gereon Schuch, Stellv. Direktor des Forschungsinstituts Stand: April 2016 * ausgeschieden 2015/16 Henriette Krauße, Büroleiterin des Forschungsdirektors Sarah Pagung, Persönliche Referentin des stellv. Forschungsdirektors Laura Krug, Persönliche Referentin des Forschungsdirektors Programme Alfred von OppenheimZentrum für Europäische Zukunftsfragen Almut Möller*, Programmleiterin Dr. Jana Puglierin, Programmleiterin Henrik Holst Julian Rappold Sarah Wohlfeld Associate Fellows Dr. Cornelius Adebahr Theresia Töglhofer Natasha Wunsch Berliner Forum Zukunft Svenja Sinjen, Programmleiterin Daniela Braun PD Dr. Sigrid Faath* Frankreich / DeutschFranzösische Beziehungen Dr. Jakob Farah USA / Transatlantische Beziehungen Dr. Claire Demesmay, Programmleiterin Dr. Henning Riecke, Programmleiter Olga Galashevich* Julie Hamann Sara Jakob Stephanie Reuter Associate Fellows Prof. Dr. Stefan Brüne Tobias Koepf* Prof. Dr. Sabine Ruß-Sattar Katrin Sold Dr. Ali Fathollah-Nejad Ibrahim El-Houdaiby Sebastian Sons Dr. Josef Braml Sebastian Feyock Robert Bosch-Zentrum für Mittel- und Osteuropa, Russland und Zentralasien Jonas Kassow Dr. Gereon Schuch, Zentrumsleiter PD Prof. Dr. Erwin Häckel Dr. Stefan Meister, Programmleiter Osteuropa, Russland und Zentralasien Sascha Knöpfel* Juulia Barthel Associate Fellows Sebastian Gräfe Dr. Magdalena Kirchner* Silvia Petig Dr. Nicole Renvert Globalisierung und Weltwirtschaft Lea Sophie Deworetzki Oliver Schmidt* Anna Gelencsér* Dr. Claudia Schmucker, Programmleiterin Dániel Hegedűs Fellow der Robert Bosch Stiftung Associate Fellow Wilfried Jilge Eric Langland Diana Klie Fellow der Alexander von Humboldt-Stiftung Dr. Jana Puglierin* Claire Luzia Leifert Jasmine Hernandez Alexander Reinicke* Naher Osten und Nordafrika Emilie Mansfeld Sarah Pagung Senior Associate Fellows Dina Fakoussa-Behrens, Programmleiterin Lisa Pfann* Dr. Klaus von Dohnanyi Anna Quirin Sarah Hartmann, Programmleiterin in Elternzeitvertretung von Frau Fakoussa-Behrens Hans-Ulrich Klose Jan Vařak Prof. Dr. Reinhard Loske Associate Fellows Markus Meckel Dr. Maria Davydchyk Ruprecht Polenz Liana Fix* Dr. Rainer Stinner Prof. Dr. Andrea Gawrich Karsten D. Voigt Sebastian Feyock* Kirsten Wiegand Associate Fellows Dr. Sandro Gaycken Cornelius Vogt China / Asien-Pazifik Prof. Dr. Eberhard Sandschneider, Programmleiter Associate Fellows Dr. Sebastian Bersick* Dr. Johannes Kadura* Anne-Kathrin Langhorst Dr. Katharina Gnath Laura Lale Kabis Inken Wiese* Associate Fellows Dr. Behrooz Abdolvand* Christian Achrainer Kristian Brakel Luba von Hauff Dr. Dr. Martin Sieg Dr. Iryna Solonenko Dr. Christian Wipperfürth DGAPjahresbericht 2015 / 16 44 Anhang Die Regionalforen der DGAP Die Aktivitäten der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige und Förderer der DGAP betreuen überwiegend ehrenamtlich Politik beschränken sich nicht auf Berlin. Durch die Regio- die einzelnen Foren. Die Junge DGAP ergänzt das Angebot nalforen bietet die DGAP ihren Mitgliedern bundesweit ein der Regionalforen durch weitere Veranstaltungsformate, attraktives Veranstaltungsprogramm. Engagierte Mitglieder Stammtische und Unternehmensbesuche. DGAPforum NRW DGAPforum Hansestädte DGAPforum Frankfurt Das DGAPforum NRW wurde 1999 in Das DGAPforum Hansestädte wurde In Frankfurt a.M. wurde 2010 auf Initia- Bonn gegründet und ist heute auch in 2007 gegründet. Seit 2011 besteht eine tive unserer Präsidiumsmitglieder Düsseldorf und Köln aktiv. Das Forum Kooperation mit dem Hamburger Abend- Herbert J. Scheidt und Prof. Dr. Günther hat rund 360 Mitglieder. 2015 fanden blatt. Das Forum hat rund 150 Mitglieder Nonnenmacher das Forum DGAP im 12 Veranstaltungen statt: 7 in Düsseldorf, und wird geleitet von DGAP-Präsidiums- Dialog gegründet. 4 in Bonn und eine in Köln. Die Junge mitglied Dr. Joh. Christian Jacobs, der Das Forum hat rund 180 Mitglieder. Es DGAP organisierte 11 Veranstaltungen. 2015 die Reihe „Politischer Salon“ ins fanden 5 Veranstaltungen der Jungen Leben rief. Es fanden 4 Veranstaltungen DGAP statt. Volker Schlegel, Vorsitzender statt. Die Junge DGAP richtete 2015 DGAPforum NRW / Köln 12 Veranstaltungen aus. Boris Aaron Rothe, Stv. Vorsitzender Dr. Joh. Christian Jacobs, Vorsitzender DGAPforum NRW / Düsseldorf Junge DGAP Hansestädte Lenka Heimöller, Stv. Vorsitzende Paul Thomas Brzesina Junge DGAP NRW Jonas Abs Oliver Mersmann Junge DGAP Frankfurt a.M. Christoph Kehr von Plettenberg DGAPforum Baden-Württemberg Das DGAPforum Baden-Württemberg ist mit seiner Gründung 2013 das Neueste DGAPforum München DGAPforum Sachsen der Foren. Geleitet wird es vom ehemaligen Stuttgarter Oberbürgermeister Prof. Das DGAPforum München wurde 2006 In Sachsen ist die DGAP seit 2008 aktiv. Dr. Wolfgang Schuster. Finanziell wird auf Initiative von Dr. Benno Schwarz mit Seit 2009 leitet Prof. Dr. Clauß Dietz das es von der Robert Bosch Stiftung und Unterstützung unseres Förderers und DGAPforum Sachsen, das Veranstaltun- vom Institut für Auslandsbeziehungen Präsidiumsmitglieds Prof. Dr. h.c. Roland gen in Dresden und Leipzig organisiert. (ifa) unterstützt. Das Forum hat rund 150 Berger gegründet. Seit 2007 koordiniert Das Forum hat rund 70 Mitglieder und Mitglieder und organisierte 4 Veranstal- ein Steering Committee die Aktivitäten. organisierte 2 Veranstaltungen, bei der tungen. Die Junge DGAP organisierte 6 Das Forum hat rund 250 Mitglieder und Jungen DGAP waren es 7. Veranstaltungen. Prof. Dr. Clauß Dietz, Vorsitzender Prof. Dr. Wolfgang Schuster, Vorsitzender Junge DGAP Sachsen Junge DGAP Stuttgart Felix Klein Karoline Gil organisierte 11 Veranstaltungen. Bei der Jungen DGAP waren es 10. Dr. Benno Schwarz, Vorsitzender Junge DGAP München Carsten Berger DGAPjahresbericht 2015 / 16 Anhang 45 Finanzbericht der DGAP Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) DGAP Jahr für Jahr vor finanziellen Herausforderungen. Um wird durch die Beiträge ihrer Mitglieder, eine institutionelle ihre Ziele erreichen zu können, muss sie über Forschung und Förderung des Auswärtigen Amtes sowie durch die Unter- Publikationen, Veranstaltungen, die Zeitschrift IP – Internati- stützung von Einzelpersonen, Unternehmen, Stiftungen und onale Politik / Berlin Policy Journal (BPJ) sowie die Bibliothek Verbänden finanziert. Diese breite Form der Unterstützung und Dokumentationsstelle weitere Maßnahmen finanzieren sichert der DGAP ihre Unabhängigkeit. Gleichwohl steht die und dafür kontinuierlich Spenden einwerben. Überblick über den Geschäftsverlauf des Jahres 2015 Ertrags-, Vermögens- und Finanzlage Auch im Jahr 2015 ist es gelungen, die 1 T € = Abkürzung für 1000 Euro. Die Gesamterträge sind im Vergleich Die aufwendigsten Programme Basisfinanzierung der Grundstrukturen zum Vorjahr um 2,2 Prozent auf T€ 4.516 waren das Robert Bosch-Zentrum für der DGAP sicherzustellen. (i. Vj. T€ 4.618) gesunken. Die Aufwen- Mittel- und Osteuropa, Russland und dungen sind gegenüber dem Vorjahr Zentralasien mit T€ 701 (i. Vj. T€ 620), Jahre 2015 institutionell mit T€ 845 (i.Vj. um rund 1,9 Prozent auf 4.511 T€ (i. Vj. das Programm Frankreich mit T€ 309 T€ 748) gefördert. T€ 4.597) ebenfalls zurückgegangen. Das Auswärtige Amt hat die DGAP im Die Anzahl der zahlenden Mitglieder Die Entwicklung gegenüber dem (i. Vj. T€ 310), das Programm Naher und Mittlerer Osten mit T€ 232 (i. Vj. T€ 432) ist von 2.236 auf 2.241 gestiegen. Die Vorjahr resultiert unter anderem aus der sowie die Forschungsprofessur mit Erträge aus Mitgliedsbeiträgen sind geringeren Anzahl der abgewickelten T€ 246 (i. Vj. T€ 244). Die Finanzierung im Berichtsjahr auf 440 angewachsen. Projekte und den damit verbundenen erfolgte durch private und öffentliche Die erhaltenen Projektmittel sind mit gesunkenen Sitzungs- und Honorar- Projektzuwendungen. T€ 2.160 (i. Vj. T€ 2.175) relativ konstant kosten. geblieben, was insbesondere auf das im Die Steuern von Einkommen und Er- Die DGAP schließt ihr Geschäftsjahr 2015 mit einem Ergebnisvortrag in Höhe Geschäftsjahr 2014 angelaufene Pro- trag sind gegenüber zum Vorjahr nahezu von T€ 9 ab (i. Vj. T€ 6). gramm Russland und Zentralasien sowie konstant geblieben. die im Zweijahres-Rhythmus durchge- In den Forschungsprogrammen der führte Deutsch-Tschechische Jahreskon- DGAP wurden 2015 insgesamt 40 Projek- ferenz zurückzuführen ist. te (i. Vj. 42) betreut. Für die kommenden Jahre 2016 und 2017 strebt die DGAP ein ausgeglichenes Ergebnis an. DGAPjahresbericht 2015 / 16 46 Anhang Bilanz der DGAP e.V. zum 31. Dezember 2015 Aktiva in Euro 2015 2014 20.297,50 4.091,00 AAnlagevermögen I. Immaterielle Vermögensgegenstände 1. Entgeltlich erworbene Software II. Sachanlagen 1. Grundstücke mit Geschäftsbauten 2. Betriebs- und Geschäftsausstattung 5.274.691,64 5.323.888,13 83.917,00 5.358.608,64 100.121,00 5.424.009,13 A 5.378.906,14 5.428.100,13 915,33 2.242,08 BUmlaufvermögen I. Vorräte Verbrauchsmaterial II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände 1. Forderungen aus Beiträgen 2. Forderungen aus der Abwicklung von Projekten 5.999,25 7.497,00 1.436.220,43 1.566.872,44 43.074,50 1.485.294,18 292.024,89 272.535,05 B 1.778.234,40 1.910.596,78 CRechnungsabgrenzungsposten C 44.529,69 44.328,00 Summe Aktiva 7.201.670,23 7.383.024,91 2015 2014 3. Sonstige Vermögensgegenstände III. Kassenbestand und Guthaben bei Kreditinstituten Passiva in Euro 61.450,21 1.635.819,65 AEigenkapital I. Vereinskapital II. Ergebnisvortrag B Sonderposten aus Zuwendung zur Finanzierung des Anlagevermögens 1.646.366,10 1.646.366,10 8.931,76 6.173,82 A 1.655.297,86 1.652.539,92 B 3.222.354,07 3.296.071,84 CRückstellungen 1. Sonstige Rückstellungen 246.800,00 C 259.300,00 246.800,00 259.300,00 DVerbindlichkeiten 1. aus Lieferungen und Leistungen 2. aus der Abwicklung von Projekten 3. gegenüber dem Fördererkreis der DGAP e.V. 35.773,50 47.967,85 4. Sonstige Verbindlichkeiten 47.700,08 56.908,52 ERechnungsabgrenzungsposten DGAPjahresbericht 2015 / 16 120.487,60 107.523,10 1.727.909,26 1.777.049,05 D 1.931.870,44 1.989.448,52 B, C und D 5.401.024,51 5.544.820,36 E 145.347,86 185.664,63 Summe Passiva 7.201.670,23 7.383.024,91 Anhang 47 Gewinn- und Verlustrechnung der DGAP e.V. 1. Januar – 31. Dezember in Euro 2015 2014 1.Erträge aus Mitgliedsbeiträgen 439.991,38 425.653,72 2.Zuwendungen aus Mitteln des Fördererkreises der DGAP e.V. 546.393,12 706.673,81 2.069.089,75 2.207.628,11 4.Bundeszuschüsse außerhalb des Projektgeschäfts 844.574,00 748.000,00 5.Sonstige Erträge 615.930,28 529.702,95 3.Erträge aus Projektmitteln 6.Personalaufwand a) Löhne und Gehälter b) Soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung – davon für Altersversorgung T€ 108 (i. Vj. T € 116) 7.Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen -1.968.863,42 -441.565,95 -1.921.076,78 -2.410.429,37 -466.623,51 -2.387.700,29 -96.736,69 -89.556,66 -2.003.922,97 -2.119.783,64 9.Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge 0,00 673,28 10. Zinsen und ähnliche Aufwendungen 0,00 -1.007,00 11. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit 4.889,50 20.284,28 12. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag -1.630,09 -2.177,02 -501,47 -501,47 14. Jahresüberschuss 2.757,94 17.605,79 15. Ergebnisvortrag aus dem Vorjahr 6.173,82 -11.431,97 16. Ergebnisvortrag 8.931,76 6.173,82 8.Sonstige Aufwendungen 13. Sonstige Steuern Der vom Vorstand aufgestellte Jahresabschluss – einschließlich Anhang – ist von der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüft und mit dem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk vom 6. April 2016 versehen worden. DGAPjahresbericht 2015 / 16 48 Impressum © Mai 2016 Herausgeber Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP) Redaktion Christine Krüger Lektorat Uta Kuhlmann-Awad Gestaltungskonzept Carolyn Steinbeck Druck Media-Print Informationstechnologie GmbH, Paderborn Bildnachweis Umschlagbild: © REUTERS/Maxim Zmeyev; Umschlag innen: © DGAP/ Dirk Enters; S. 2: © David Ausserhofer; S. 3: © Annette Hornischer; S. 4: © DGAP/Dirk Enters; S. 6: © DGAP/Dirk Enters; S. 7: © DGAP; S. 9: © DGAP/Dirk Enters; S. 13 links: © Andreas Schoettke; S. 13 rechts: © DGAP/Dirk Enters; S. 14–15: © DGAP/Dirk Enters; S. 16 links: © DGAP; S. 16 rechts: © DGAP/Dirk Enters; S. 17 links: © DGAP; S. 17 rechts: © DGAP/Dirk Enters; S. 18 links: © DGAP; S. 18 rechts: © Stephan Pflug; S. 19 links: © DGAP/Dirk Enters; S. 19 rechts: © DGAP; S. 20: © A nnette Hornischer; S. 22: © REUTERS/RIA Novosti; S. 23: © REUTERS/Fabrizio Bensch; S. 24: © REUTERS/RIA Novosti; S. 25: © REUTERS/POOL New; S. 26: © REUTERS/Sana Sana; S. 28: © REUTERS/POOL New; S. 29: © Bundeswehr/Oliver Pieper; S. 32: © REUTERS/Yuri Gripas; S. 34: © REUTERS/Larry Downing; S. 36: © REUTERS/Antara Photo Agency; S. 37: Graphik © Thorsten Kirchhoff; S. 38: © Annette Hornischer DGAPjahresbericht 2015 / 16 Rauchstraße 17 / 18 . 10787 Berlin-Tiergarten Tel. +49 (0)30 25 42 31 -0 / Fax -16 . [email protected] . www.dgap.org Ihre Ansprechpartner Generalsekretariat Sabine Straßenburg +49 (0)30 25 42 31 -18 [email protected] DGAPforschungsinstitut Henriette Krauße +49 (0)30 25 42 31 -27 [email protected] Förderer und Mitglieder Evelyn Rehm +49 (0)30 25 42 31 -40 [email protected] Pressestelle Christine Krüger +49 (0)30 25 42 31 -32 [email protected] Veranstaltungen Yulia Loeva +49 (0)30 25 42 31 -28 [email protected] IP – Internationale Politik BPJ – Berlin Policy Journal Charlotte Merkl +49 (0)30 25 42 31 -46 [email protected] D GAPbibliothek und Dokumentationsstelle Verena Schrader +49 (0)30 25 42 31 -21 [email protected] Junge DGAP Venetia Malim +49 (0)30 25 42 31 -73 [email protected]
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