DGAPjahresbericht - Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik eV

DGAPjahresbericht
2015/16
Inhalt
2
Zum Geleit
4
Die DGAP – das Netzwerk für Außenpolitik
10
Mitglieder und Förderer
12
Veranstaltungshöhepunkte 2015 /16
20
Außenpolitik vermitteln –
das DGAPforschungsinstitut
Schwerpunkte 2015 /16
22
Europas Schwäche ist Putins Stärke
Stefan Meister und Jana Puglierin
26
Renaissance militärischer Macht?
Svenja Sinjen
29
Bedingte Krisenfähigkeit
Henning Riecke
32
Eine neue „Grand S­trategy“ für die USA
Josef Braml
36
China: Auftakt zum Abschwung?
Claudia Schmucker
Anhang
40
Gremien, Aufbau, Struktur
42
Die Köpfe
44
Die Regionalforen
45
Finanzbericht
46
Bilanzen
47
Gewinn- und Verlustrechnung
48
Impressum
Ihre Ansprechpartner
2
Zum Geleit
Was sich mit der Annexion der Krim vor zwei
Jahren und der Eurokrise schon abzeichnete, wurde
in den darauffolgenden Jahren 2015/16 noch
deutlicher. Wir befinden uns in einer Epochenwende. Noch nie zuvor war das vereinigte Europa
solch großen Fliehkräften ausgesetzt wie jetzt.
Aus dem „Ring von Freunden“, den die EU vor nur
einem Jahrzehnt in ihrer Sicherheitsstrategie als Ziel angab, ist ein „Ring of Fire“ geworden: Syrien wurde in einem nunmehr vier Jahre andauernden Krieg fast vollkommen
zerstört, Libyen zerfällt vor unseren Augen, Ägypten steuert zurück in eine Militärdiktatur,
ohne so dramatische Probleme wie Jugendarbeitslosigkeit zu lösen, die einst zur Revolution geführt hatten. Der Krieg in der Ukraine geht weiter, was die Umsetzung dringend
notwendiger Reformen nicht gerade erleichtert.
Zu den äußeren Bedrohungen aber kommen die Zweifel vieler Europäer am Friedensund Integrationsprojekt selbst. Die Briten stimmen per Referendum in diesem Jahr über
den Verbleib in der EU ab, mit ungewissem Ausgang. In Polen und schon seit geraumer
Zeit in Ungarn lässt sich beobachten, dass das Transformationsvermögen der EU vielleicht doch nicht so nachhaltig war. Und die Erfolge populistischer Parteien – nun auch in
Deutschland – demonstrieren, dass die Zweifel an der liberalen Demokratie und ihrer
Problemlösungsfähigkeit wachsen. Die Flüchtlingskrise hat diese Trends in einigen Teilen
der europäischen Bevölkerung nur noch verstärkt.
Diese Zweifel sind auch in den USA zu beobachten, wo Donald Trump Erfolge einfährt, die
kaum ein Beobachter vorhergesehen hatte. Und auch hier gilt: Es geht nicht so sehr um
die Person als um ein grundsätzliches Unbehagen am sogenannten „politischen Establishment“, am „liberalen Projekt“, an der Globalisierung. In Zeiten einer „Wende nach innen“
geraten auch Freihandelsabkommen wie die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft TTIP enorm unter Druck. Die profunden Änderungen, die während der vergangenen Jahre zu beobachten sind,
analytisch aufzubereiten, mit den richtigen Fragen Orientierung zu schaffen, die Komplexität von Außenpolitik zu kommunizieren, die gesellschaftliche Debatte zu inspirieren und
Politik zu beraten, das sind die Aufgaben der DGAP. Allen, die zum Gelingen der Arbeit
der DGAP beigetragen haben, insbesondere unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern,
unseren Mitgliedern und Förderern, danke ich sehr.
Ihr
Dr. Arend Oetker
Präsident
Der Hauptsitz der DGAP in der Rauchstraße 17/18 in Berlin-Tiergarten.
Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige
Politik e.V. ist das nationale Netzwerk
für Außenpolitik. Seit über 60 Jahren fördern
wir die außenpolitische Meinungsbildung
in Deutschland: unabhängig, überparteilich,
gemeinnützig.
5
Dialog führen
DGAPgesellschaft
Politik vermitteln
DGAPforschungsinstitut
Wissen vertiefen
DGAPbibliothek
Die DGAP – das Netzwerk für Außenpolitik
„Die Zukunft unseres Landes wird von unserer außenpolitischen
­Kompetenz abhängen“, Peter Altmaier, Chef des Bundeskanzleramts,
am 3. März 2016 in der DGAP.
Ziel der DGAP ist es, den außenpolitischen Austausch
aktiv zu fördern und Akteure aus dem In- und Ausland
miteinander zu vernetzen.
Mit jährlich rund 250 Vorträgen, Konferenzen, Podiumsdiskussionen und Kamingesprächen sowie einer
Vielzahl von Veröffentlichungen ihres Forschungsinstituts ist die DGAP eine unabhängige und kompetente
Plattform. Sie ist das einzige Netzwerk in Deutschland,
das gezielt alle Akteure der Außenpolitik – Politiker,
Unternehmer, Wissenschaftler und Medienvertreter –
gleichermaßen einbezieht.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Forschungsinstituts der DGAP beraten Entscheider aus Politik,
Wirtschaft und Zivilgesellschaft und informieren die
breite Öffentlichkeit über Fragen der internationalen
Politik.
Durch das Forschungsinstitut und als Herausgeberin der Zeitschriften IP – Internationale Politik und
des Berlin Policy Journal leistet die DGAP im In- wie
im ­Ausland einen substanziellen Beitrag zur außen­
politischen Debatte und zur -Stellung Deutschlands in
der Welt.
DGAPjahresbericht 2015 / 16
6 Die DGAP – das Netzwerk für Außenpolitik
Ein gemeinnütziger Verein – getragen
von vielen engagierten Mitgliedern
Die DGAP ist ein gemeinnütziger Verein, in dem sich
rund 2.600 Mitglieder engagieren. Ehemalige Bundeskanzler, Minister und Staatssekretäre zählen zum
Mitgliederkreis ebenso wie namhafte Persönlichkeiten
aus Wissenschaft, Wirtschaft, Diplomatie und den
Medien; darunter Patrick Adenauer, Peter Altmaier,
Franziska Augstein, Reinhard Bütikofer, Hubert Burda,
Sawsan Chebli, Gerda Hasselfeldt, Helmut Kohl, Alexander Graf Lambsdorff, Günther Nonnenmacher, Volker
Perthes, Ruprecht Polenz, Wolfgang Schäuble, Irmgard
­Schwaetzer, Marietta Slomka, Emil Underberg und
Ulrich Wickert.
Ehrenmitglieder der DGAP sind Ursula Braun, Klaus
von Dohnanyi, Hans-Dietrich Genscher †, Karl Kaiser,
Hans-Ulrich Klose, Helmut Schmidt †, Rita Süssmuth,
Günter Verheugen und Antje Vollmer.
Auch nach dem Vortrag von Dr. Norbert Röttgen
geht die Diskussion weiter.
DGAPjahresbericht 2015 / 16
Den außenpolitischen Nachwuchs fördern
Die Mitgliedschaft in der DGAP steht allen politisch
Interessierten offen. Um insbesondere dem Nachwuchs
den Einstieg in das Netzwerk für Außenpolitik zu
erleichtern, gründete die DGAP im Jahr 2008 die Junge
DGAP. Mit attraktiven Veranstaltungsformaten und
einem Mentorenprogramm wird eine Brücke zwischen
jüngeren und älteren Mitgliedern der DGAP geschlagen.
Die Junge DGAP richtet sich an alle, die Interesse an
internationaler Politik haben und nach Möglichkeiten
suchen, ihr Wissen und ihr Netzwerk im Rahmen von
Veranstaltungen zu erweitern. Sie umfasst alle Mitglieder der DGAP unter 35 Jahren.
Eine außenpolitische Gesellschaft
mit langjähriger Tradition
Gegründet wurde die DGAP am 29. März 1955 nach
dem Vorbild des britischen Chatham House und des
amerikanischen Council on Foreign Relations als eine
von der Regierung und den politischen Parteien unabhängige
Gesellschaft. Zu den Gründungsmitgliedern zählten Arnold Toynbee
(Chatham House), Berthold Beitz
(Krupp), Außenminister Heinrich
von Bre­ntano, Wilhelm Beutler
(BDI), Günter Henle (Klöckner &
Co.), Otto Wolff von Amerongen
(Otto-Wolff-Gruppe) und Bundespräsident Theodor Heuss. Eine der
Gründungsansprachen hielt Bundeskanzler Konrad Adenauer.
Die ersten fünf Jahre hatte die
DGAP ihren Sitz in Frankfurt a.M.
und zog 1960 in die damalige
Bundeshauptstadt Bonn. Nach der
Deutschen Einheit erwarb die Gesellschaft das Gebäude der ehemaligen Gesandtschaft des Königreichs
Jugoslawien in Berlin-Tiergarten.
Seit 1999 befindet sich hier der
Hauptsitz der DGAP, unweit des Regierungsviertels und
in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer Vielzahl von
Stiftungen und diplomatischen Vertretungen. Die Veranstaltungen der DGAP finden sowohl an ihrem Hauptsitz
in Berlin statt als auch bundesweit in ihren Regionalforen in NRW, München, Hansestädte, Sachsen, Frankfurt
und Baden-Württemberg.
Die DGAP – das Netzwerk für Außenpolitik 7
In- und ausländische Experten diskutieren in vertraulichem Rahmen über die Entwicklungen in Russland.
Unabhängig dank einer breiten
Unterstützung
Praxisorientierte Forschung und Beratung
im DGAPforschungsinstitut
Die Arbeit der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige
Politik wird durch die Beiträge ihrer Mitglieder, eine
institutionelle Förderung des Auswärtigen Amtes sowie
durch die Zuwendungen von zahlreichen Stiftungen,
Botschaften, Verbänden und Unternehmen finanziert.
Diese breite Unterstützung sichert dem Verein seine
Existenz und Unabhängigkeit.
Zur effektiven Unterstützung der DGAP schlossen
sich bereits 1955 Unternehmen und Institutionen in
einem eigenen gemeinnützigen Verein zusammen, dem
Fördererkreis der DGAP e.V.
Als Tochtergesellschaft des Fördererkreises wurde im
Herbst 2011 die DGAP Consulting GmbH gegründet. Sie
bietet privatwirtschaftlichen wie öffentlichen Auftrag­
gebern maßgeschneiderte Beratungs- und Serviceleistungen zu außenpolitischen und globalen Fragen an.
Zur langfristigen Finanzierung der Aufgaben der
DGAP wurde darüber hinaus im Jahr 2010 die Stiftung
der DGAP für Auswärtige Politik gegründet. Die Erträge
sollen die Wettbewerbsfähigkeit der DGAP im Zuge der
wachsenden globalen Herausforderungen verbessern
und ihre Unabhängigkeit langfristig sichern.
Das Forschungsinstitut der DGAP versteht sich als
Berater, Netzwerker und Impulsgeber der operativen
Außenpolitik. An der Schnittstelle von Wissenschaft,
Politik, Wirtschaft und Medien beschäftigen sich mehr
als 30 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit
folgenden Themen:
..Europa und die Europäische Union
..Frankreich und deutsch-französische Beziehungen
..USA und die transatlantischen Beziehungen
..Mittel- und Osteuropa, Russland und Zentralasien
..Naher und Mittlerer Osten
..China und der Asien-Pazifik-Raum
..Sicherheits- und Verteidigungspolitik
..Luft- und Raumfahrtpolitik
..Weltwirtschaft
In Konferenzen, Gesprächskreisen und Studiengruppen gestaltet und schärft das Forschungsinstitut die
außenpolitische Debatte. Mit Publikationen und Interviews berät und informiert es zudem die interessierte
Öffentlichkeit über aktuelle außenpolitische Themen.
DGAPjahresbericht 2015 / 16
8 Die DGAP – das Netzwerk für Außenpolitik
IP: Zeitschrift und Länderporträts
Hintergründe zu Politik und Wirtschaft
Die DGAP ist Herausgeberin der IP – Internationale
Politik, Deutschlands führender außenpolitischer Zeitschrift. Die IP erscheint seit 1945 (bis 1994 unter dem
Namen Europa-Archiv) und ist sowohl im Abonnement
als auch bundesweit im Bahnhofs- und Flughafenbuchhandel erhältlich. Alle zwei Monate beleuchtet die
Zeitschrift in Hintergrundartikeln, Essays und Reportagen aktuelle Fragen der Außen-, Europa- und Sicherheitspolitik. Sie initiiert Debatten und ist ein Forum für
politische Streit- und Grundsatzfragen.
Als ein Hauptthema der zurückliegenden Monate zogen sich die Krisen in Europa durch jede Ausgabe der IP:
von der Zuwanderung der Flüchtlinge über den Konflikt
in der Ukraine bis hin zur andauernden Schuldenkrise.
Angesichts der inneren und äußeren Bedrohungen
diskutierten renommierte Autorinnen und Autoren in
der September-Oktober-Ausgabe 2015 die Frage, wie das
Projekt Europa neuen Schwung bekommen kann, wie
es mit der „Unvollendeten“ weitergehen soll. In der MärzApril-Ausgabe 2016 standen die Fliehkräfte im Mittelpunkt, die für „stürmische Zeiten“ verantwortlich sind.
Ein Lichtblick 2015 war der erfolgreiche Abschluss
der Atomverhandlungen mit dem Iran – und für die
IP Anlass, sich einem Titelthema zu widmen, das sich
DGAPjahresbericht 2015 / 16
genauer mit den komplexen politischen Verhältnissen in
der Islamischen Republik beschäftigt. Während westliche Länder hoffen, dass der Iran ein vielversprechender
Wirtschaftspartner und ein moderaterer Akteur in der
Region werde, lässt das Regime in Teheran doch keinen
Zweifel daran, dass sich an den Grundfesten der Revolution nichts ändern wird. Das Ende einer Ordnung im
Nahen Osten ist ein weiteres Thema, das die IP kontinuierlich beleuchtet, vor allem den Krieg in Syrien, die
alten und neuen Krisen in Ägypten und Libyen sowie die
Ausweitung des sogenannten Islamischen Staates.
Ohne Russland wird es, darüber besteht Konsens, keine Fortschritte bei der Beendigung diverser Kriege und
Konflikte geben. Doch was will Moskau, was trennt uns,
wo ist Zusammenarbeit möglich? Die Mai-Juni-Ausgabe
2016 steht unter dem Titelthema „Russland verstehen“.
Auch Wirtschaftsthemen werden in der IP regelmäßig
diskutiert, so im Juli-August 2015 im Schwerpunkt
„Industrie 4.0“. Dabei forderten der EU-Kommissar für
Digitale Wirtschaft sowie die CEOs von Telekom und
Siemens mehr Engagement, um den technologischen
Rückstand gegenüber den USA und auch China nicht
noch größer werden zu lassen. Welche Rolle neue Technologien bei den Wanderungsbewegungen in Richtung
Europa spielen, stand im Mittelpunkt der Januar-Februar-Ausgabe 2016 mit dem Titel „Smarte Revolution“.
Zusätzlich zur IP erscheint drei Mal jährlich ein Länderporträt mit fundiertem Hintergrund zu Wirtschaft,
Politik und Kultur eines Landes: 2015 zu Japan, China und
Indien, 2016 zu Großbritannien, Israel und Südkorea.
Die DGAP – das Netzwerk für Außenpolitik 9
Berlin Policy Journal
Digital und auf Englisch
Entsprechend der gewachsenen Rolle Deutschlands
und Europas hat die Redaktion der IP im April 2015 das
englischsprachige Berlin Policy Journal auf den Weg
gebracht. Das digitale BPJ erscheint sechs Mal jährlich
als App-Magazin, das für Tablets und Smartphones
konzipiert und als Abonnement im iTunes-Store und bei
Google Play erhältlich ist.
Die Aufgabe des Berlin Policy Journal ist es, einer internationalen Leserschaft eine informierte, substanzielle Debatte über deutsche und europäische Außenpolitik
zu ermöglichen. In den ersten Ausgaben beschäftigte
sich das BPJ mit dem Zustand des Westens („The West
Adrift“), der Europäischen Union nach der Griechenland-Rettung („Steady Hand Needed“), den Aufbau­
bemühungen in der Ukraine („Building Ukraine Under
Threat“), der neuen außenpolitischen Rolle Deutschlands („Über-Merkel“) und zur europäischen Dimension
der Flüchtlingskrise („Problem solved?“).
Begleitet wird das Berlin Policy Journal von der Web­
site www.berlin­policyjournal.com. Hier findet man neben aktuellen Kommentaren sieben regelmäßige Blogs:
­„Berlin Observer“ (Critical notes on German foreign
policy and a peek behind the curtain of a newly indispensable nation), „Eye on Europe“ (Views and insights
from around the old continent and the European Union’s
engine room in Brussels), „Planet Moscow“ (Comments
and analysis of Moscow’s foreign policy and developments in the post-Soviet space), „Manhattan Transfer“
(Still crucial after all those years: Posts on the transatlantic alliance and the United States), „Beyond the Seas“
(Notes on new powers and old problems: China, India,
the Middle East, and beyond) „Bullets and Bytes“ (Our
security blog on military affairs, terrorism, intelligence,
and cyber warfare) sowie „Going Renewable“ (The
latest on Germany’s Energiewende, the transition of one
of the world’s most advanced economies to green energy).
Die meinungsfreudigen Blogbeiträge u.a. von Anders
Aslund, Elizabeth Pond, Charles Grant, Ulrich Speck,
Jonathan Fenby, Soli Özel und Ali Alfoneh finden viel
Aufmerksamkeit.
Individuell zugeschnittene
Rechercheangebote
Die Bibliothek und Dokumentationsstelle bietet den
Mitgliedern der DGAP sowie der interessierten Öffent­
lichkeit einen einzigartigen Bestand an Print- und
Online-Materialien zur deutschen Außen- und Sicherheitspolitik ab 1945. Dieser ist über World Affairs Online
(WAO) – eine der umfangreichsten Datenbanken ihrer
Art in Europa – zugänglich. Neben der Literaturversorgung helfen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
Bibliothek bei thematischen Recherchen und stellen ein
vielseitiges Serviceangebot sowohl vor Ort im Lesesaal
als auch über die Homepage bereit.
Die DGAP hat eine der ältesten und größten öffentlichen Spezialbibliotheken für deutsche Außenpolitik und internationale Beziehungen.
DGAPjahresbericht 2015 / 16
10
Die Mitglieder
DGAPgesellschaft
Junge DGAP
Die DGAP hat derzeit mehr als 2.600 Mitglieder. Darunter sind namhafte Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und den Medien. So konnten etwa
Dr. Wolf Preuss, Professor Dr. Dieter Weiss und Professor Dr. Gerda Zellentin 2015 auf eine 50-jährige DGAPMitgliedschaft zurückblicken.
Für ihre Mitglieder organisiert die DGAP eine Vielzahl von Veranstaltungen in Berlin und bundesweit in
den regionalen Foren. Seit dem Umzug von Bonn nach
Berlin im Jahr 1999 hat sich die Anzahl der Mitglieder
mehr als verdoppelt. Die Hälfte der heutigen Mitglieder
kommt aus der Region Berlin/Brandenburg. Die zweitgrößte Gruppe findet sich in Nordrhein-Westfalen.
Der Altersdurchschnitt der Mitglieder liegt derzeit
bei knapp unter 50 Jahren. Bei den Neueintritten zeichnet sich eine deutliche Verjüngung ab: Der Altersdurchschnitt lag bei den neuen Mitgliedern im Jahr 2015
bei 33 Jahren. Allerdings ist die DGAP noch immer eine
männliche Domäne, nur 16 Prozent ihrer Mitglieder
sind weiblich.
2008 wurde die Junge DGAP ins Leben gerufen, die
sich an ein politisch interessiertes Publikum bis 35 Jahre
richtet. Heute gehören der Jungen DGAP knapp ein
Drittel aller DGAP-Mitglieder an.
Die Junge DGAP organisiert jährlich eine Vielzahl
von Veranstaltungen, speziell für die jüngere Zielgruppe. Besonders beliebt ist das Mentorenprogramm,
das junge DGAP-Mitglieder mit erfahrenen Mitgliedern
zum vertieften Gedankenaustausch zusammenbringt.
Die Möglichkeit, in der DGAP mitzuwirken und eigene
Konzepte in die Arbeitsgruppen einzubringen, wird
von den jungen Mitgliedern aktiv genutzt. Die Vernetzung
ist hoch und geht mit verschiedenen Initiativen einher: So wurden beispielsweise in Berlin und in allen
regionalen Foren regelmäßig stattfindende Stammtische eingerichtet.
Altersverteilung
Regionale Verteilung
der persönlichen Mitglieder
der Mitglieder
Nordrhein-Westfalen
361
bis 35 Jahre
712
36 bis 65 Jahre
1.026
älter als 65 Jahre
242
Berlin /
Brandenburg
181
1.379
Frankfurt a.M.
146
550
143
154
70
Ausland
Hansestädte
Baden-Württemberg
Sachsen
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München
11
Förderer im Jahr 2015
100.000 € und mehr
Airbus Group
Robert Bosch Stiftung gmbh
Dr. Arend Oetker
Auswärtiges Amt
Deutsche Bank ag
Otto Wolff-Stiftung
Huawei Technologies
Deutschland gmbh
Stifterverband für die
Deutsche Wissenschaft e.V.
Alfred Freiherr von Oppenheim
Stiftung
Stiftung Mercator gmbh
Sal. Oppenheim Stiftung
Zeit-Stiftung Ebelin und
Gerd Bucerius
25.000 € und mehr
BMW Stiftung Herbert Quandt
Dr. Ursula Braun
Daimler ag
Deutsch-Tschechischer
Zukunftsfonds
Shell Deutschland Oil gmbh
Fritz Thyssen Stiftung
10.000 € und mehr
Audi ag
Roland Berger Holding gmbh
Deutsche Post ag
Deutsche Telekom ag
Evonik Industries ag
Jutta Freifrau von Falkenhausen
The German Marshall Fund
of the United States
goetzpartners
Corporate Finance gmbh
Metro ag
Hamburgische Stiftung für
Wissenschaften, Entwicklung
und Kultur Helmut und
Hannelore Greve
Schubert & Salzer gmbh
KPMG ag
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Rheinmetall ag
Stiftung für Deutsch-Polnische
Zusammenarbeit
Vontobel Holding ag
5.000 € und mehr
BASF se
E.ON se
Bayer ag
Dr. Joh. Christian Jacobs
BMW ag
BP Europa se
Dr. Ursula Braun Stiftung
Commerzbank ag
Deutsche Gesellschaft für
Internationale Zusammenarbeit (GIZ) gmbh
MAN se
Media Consulta
Peter Jungen Holding gmbh International Holding ag
Dr. Arend Oetker
KfW Bankengruppe
Holding gmbh & co. kg
KNAUF-Gruppe gus
Otto gmbh & co. kg
KWS SAAT se
Philips Deutschland gmbh
Linde ag
Robert Bosch gmbh
Lockheed Martin Overseas
Services Corporation
Rolls-Royce Deutschland
ltd. & co. kg
Sal. Oppenheim jr. & Cie.
ag & co. kgaA
Dr. Benno Schwarz
Siemens ag
SMS Holding gmbh
ThyssenKrupp ag
Volkswagen ag
bis 5.000 €
Bundesverband der
Dt. Industrie e.V. (BDI)
Bundesverband Großhandel, Außenhandel,
Dienstleistungen e.V. (BGA)
Bundesvereinigung
der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (BDA)
Dt. Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK)
Deutsche Lufthansa ag
Peter Klöckner-Stiftung
Eurojet Turbo gmbh
Dr. h.c. Walther Leisler Kiep †
Alexander von HumboldtStiftung
Endrik Lettau
Maik Schätzlein
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Veranstaltungshöhepunkte 2015 / 16
„Nur ein solidarisches Europa kann eine ernstzunehmende Rolle in der
Außenpolitik spielen“, Dr. Norbert Röttgen am 7. Mai 2015 in der DGAP.
Mit jährlich rund 250 hochkarätig besetzten Veranstaltungen begleitet die
DGAP die zentralen weltpolitischen Entwicklungen analytisch und gestaltet
die Debatte über internationale Fragen mit.
Unsere Palette an Veranstaltungsformaten reicht von
Vorträgen über Podiumsdiskussionen und Expertengesprächen bis hin zu international besetzten Fachkonferenzen. Damit verfolgt die DGAP zum einen das Ziel,
aktuelle Themen aufzugreifen und zu erörtern. Zum
anderen dienen Studiengruppen und Gesprächskreise
dem kontinuierlichen Austausch von Experten.
Im Fokus der Veranstaltungsthemen stand Europa, wie es sich im Zuge der Flüchtlingssituation und
ansteigender Europa-Skepsis entwickelt. Auch die
Beziehungen zu Russland angesichts der russischen
Propaganda und seiner hybriden Kriegsführung
waren im Blick. Veranstaltungen griffen die Situation
im Nahen Osten auf und die anwesenden Experten
analysierten, welche Auswirkungen diese Veränderungen auf Deutschland und Europa haben. Außerdem
deckten die Veranstaltungen die Themen Sicherheitsund Verteidigungspolitik, Luft- und Raumfahrt sowie
Digitalisierung ab.
Dr. Thomas Enders, CEO Airbus Group, Günther
­Oettinger, EU-Kommissar, und Dr. Norbert Röttgen,
MdB, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses,
referierten im Rahmen des 60-jährigen Jubiläums der
DGAP. Überdies waren der italienische Außenminister
Paolo Gentiloni und die Leiterin des Planungs- und Analysestabs der NATO, Dr. Stefanie Babst, zu Gast sowie
weitere hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus
Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Medien.
DGAPjahresbericht 2015 / 16
Weiterbildungsmöglichkeiten erhalten junge Berufstätige und Graduierte in Programmen des Forschungsinstituts über Sommerschulen und Kollegs wie das Carl
Friedrich Goerdeler-Kolleg, das Diplomatenkolleg oder
den deutsch-französischen Zukunftsdialog. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen neben Deutschland
aus Frankreich, Mittel- und Osteuropa einschließlich
Russland, aus dem Mittelmeer-Raum, dem Nahen Osten
und dem südlichen Kaukasus.
Bei regelmäßigen Kamingesprächen diskutieren
wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
DGAP mit den Mitgliedern über aktuelle Entwicklungen
der internationalen Politik.
Die Junge DGAP bietet alternative Veranstaltungsformate. Ihre Mitglieder trafen beim Privatissimum
Peer Steinbrück. Dr. Gregor Gysi sprach im Format
Unter Drei über Oppositionsarbeit in der deutschen
Außenpolitik zu den Themen Ukraine-Konflikt, Waffenlieferungen an die Kurden und Griechenland-Hilfe. Mit
den Botschaftern aus Kanada, Armenien, Israel, Indien,
Venezuela und Kosovo konnten sich die Mitglieder beim
Ambassador’s Briefing austauschen.
Die Veranstaltungen der DGAP finden sowohl am
Hauptsitz in Berlin als auch in den DGAPforen NRW,
München, Hansestädte, Sachsen, Frankfurt und BadenWürttemberg statt. Einen Eindruck über die Veranstaltungsagenda 2015 /16 vermitteln Ihnen die folgenden
Seiten.
Veranstaltungshöhepunkte 13
19. März 2015
7. Mai 2015
Suche nach einer neuen deutschen ­ Deutschland als „europäische
Orientierungsmacht“
Russland-Politik
Fjodor Lukjanow, Chefredakteur Russia in Global Affairs, beschreibt
Russlands Vorgehen in der Ukraine-Krise als Ablenkungsmanöver.
Dr. Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, weist
auf die Rolle Deutschlands als europäische Orientierungsmacht hin.
Bei der Diskussion über die Neuausrichtung der deutschen Russland-Politik vor dem Hintergrund der
Ukraine-Krise kamen Vertreter aus Politik, Wirtschaft
und Zivilgesellschaft zu Wort. Die zivilgesellschaftliche
Position repräsentierte Prof. Dr. Joachim Rogall, Geschäftsführer der Robert Bosch Stiftung. Er verdeutlichte, dass sich seine Stiftung für die Unterstützung eines
unabhängigen russischen Journalismus einsetze.
Dr. Gernot Erler, Koordinator für zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit mit Russland, Zentral­
asien und den Ländern der Östlichen Partnerschaft
des Auswärtigen Amtes, gab zu bedenken, dass für die
deutsche Politik weiterhin gelte: Frieden in Europa ist
nur mit und nicht gegen Russland möglich. Aus russischer Perspektive erklärte Lukjanow, dass sich Russland
derzeit in einer „Phase des gescheiterten Übergangs“
befände. Nach seiner Rückkehr in das Präsidialamt 2012
sei Wladimir Putin bewusst geworden, dass das aktuelle
Entwicklungsmodell Russlands in einer „strategischen
Sackgasse“ stecke. Die Ukraine-Krise sei aufgegriffen
worden, um das „ideologische Vakuum“ zu füllen.
Als Stimme der Wirtschaft betonte Prof. Dr. Rainer
Lindner, ehemaliger Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, die deutsche Wirtschaft
könne eine Schlüsselrolle im Dialog mit Russland spielen. Damit kein dauerhafter Unsicherheitsfaktor in der
Ostukraine drohe, brauche es nicht nur eine neue Russland-Strategie, sondern auch eine Ukraine-Strategie.
CDU-Politiker Norbert Röttgen identifizierte drei Ordnungserschütterungen, die die größten Herausforderungen für deutsche und europäische Außenpolitik darstellen: der Ukraine-Russland-Konflikt, der Staatenzerfall
in Nordafrika und die innere Erosion der Europäischen
Union. Bei seinem Vortrag erklärte der CDU-Politiker,
welche Erwartungen sich damit an die deutsche Außenpolitik stellen.
Da Deutschland zurzeit politische und wirtschaftliche Stabilität genießt, müsse es außenpolitische Verantwortung übernehmen. Röttgen sprach von der „Rolle
einer europäischen Orientierungsmacht“; denn andere
Staaten würden sich an Deutschland orientieren, ob
Berlin dies nun wolle oder nicht.
Die Lösung der drei zentralen Krisen sieht er in der
Stärkung der europäischen Einheit und des transatlantisches Bündnisses. Mit der „Wirklichkeitsverweigerung“
bei der Euro-Solidarkrise und in der Flüchtlingspolitik
könne es nicht weitergehen und die EU müsse Verantwortung übernehmen. Um als vollwertiger außenpolitischer
und wirtschaftlicher Akteur wahrgenommen zu werden,
müsse die EU ihre innere Zerrissenheit überwinden.
Röttgen äußerte sich auch zur europäischen Politik
gegenüber Russland und den Vereinigten Staaten. Eine
militärische Option würde keine Lösung des RusslandKonflikts bringen. Im Hinblick auf die USA rät er, die
transatlantische Einheit durch Projekte wie TTIP zu
erweitern.
DGAPjahresbericht 2015 / 16
14 Veranstaltungshöhepunkte
1. Juni 2015
Digitale Revolution – Wettlauf um
die Zukunft Europas
8. Juni 2015
Ja: Wir wollen „Big Data“. ­­Aber ­bitte
„Made in Europe“
EU-Kommissar Günther Oettinger betont die Brisanz der digitalen
­ genda für die Zukunftsfähigkeit der EU.
A
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom AG Timotheus Höttges
über die dringende digitale Neuausrichtung Deutschlands und Europas.
Die Wichtigkeit einer europaweiten, einheitlichen
Strategie für die Nutzung und Sicherung von Daten
erklärt sich durch die stetig wachsende globale Vernetzung. Günther Oettinger verdeutlichte, dass Daten der
„Rohstoff der Zukunft“ seien. Mit einer systematischen
Digitalisierung könne die europäische Integration vorangetrieben werden.
Für eine erfolgreiche Industrie 4.0-Strategie nannte
Oettinger drei Punkte: Zum Ersten bedürfe es einer
digitalen Infrastruktur, die mit einem flächendeckenden
Ausbau von Breitbandleitungen realisiert werden könne.
Dies müsse in den nächsten fünf bis acht Jahren passieren. Zum Zweiten müsse eine gute Ausbildung von digitalen Fachkräften sichergestellt werden. Damit sollen
digitale Kompetenzlücken geschlossen werden. ­Drittens
forderte er die Verabschiedung von europäischen Datenschutzregelungen. Für eine erfolgreiche digitale Stra­
tegie sei es nicht zielführend, wenn jedes Mitgliedsland
seine eigenen nationalen Politiken verfolge.
Digitalisierung sei eine gemeinsame europäische Mission. Damit Europa in Zukunft mit den USA und Südkorea mithalten könne, müsse jetzt gehandelt werden.
Nun seien die deutsche Industrie und die deutsche
Politik am Zuge, so Oettinger.
DGAPjahresbericht 2015 / 16
Timotheus Höttges referierte über die Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung. Er unterstrich,
dass der Transformation der digitalen Wirklichkeit
politische und gesellschaftliche Veränderungen folgen
müssten.
Auf der einen Seite arbeitete Höttges die anwachsende Bedrohung von Cyber-Kriminalität heraus, für die
Europa noch nicht gerüstet sei. Auf der anderen Seite
ermunterte er dazu, dennoch den digitalen Ausbau
voranzutreiben. Denn mögliche Bedrohungen und Sicherheitsrisiken dürften die digitale Weiterentwicklung
Europas nicht blockieren. Der hemmende Punkt für
den digitalen Durchbruch der EU liege darin begründet,
dass Europa auf dem digitalen Markt nicht die gleichen
Bedingungen habe wie die USA. Ein Wirtschaftswunder 4.0 könne nur mit einem Abbau von Asymmetrien
zwischen den USA und der EU in Bezug zum Datenschutz verwirklicht werden. Dazu sei die Verabschiedung der europäischen Datenschutzgrundverordnung
ein wichtiger Schritt. Die USA hätten die erste Halbzeit
des globalen Internetwettbewerbs für sich entschieden.
Wenn Europa in der zweiten Halbzeit aufholen möchte,
müsse es jetzt handeln.
Veranstaltungshöhepunkte 15
9. Juni 2015
Dialog als Lösung der deutsch-­
russischen Vertrauenskrise
Über Wege aus dem angespannten Verhältnis: Dr. Eckhard Cordes,
Vorsitzender des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft.
Die EU-Sanktionen gegenüber Russland und die russischen Gegensanktionen führen auf beiden Seiten zu
wirtschaftlichen Verlusten. Wie es zwischen Russland
und Deutschland wieder zu einer Annäherung kommen
könnte, thematisierte Eckhard Cordes, Vorstandsvorsitzender der Metro AG, in seinem Vortrag.
Die Wirtschaft setze nicht auf einen Abbruch der
Beziehungen, sondern auf Dialog und wirtschaftliche
Verflechtung. Cordes sagte, dass sich die deutsche
Wirtschaft trotz gesunkener Exporte und aktueller Probleme weiterhin in Russland engagieren wolle. Deshalb
würden bereits aufgebaute Kontakte und Beziehungen
fortgeführt und dazu genutzt, einen Dialog aufrechtzuerhalten.
Eine Vertiefung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Beziehungen würde langfristig zu einem
sichereren Europa führen als die momentane Politik der
Sanktionen. Die Politik der Bestrafung begünstige die
„Entstehung der Wagenburgmentalität“ und eine Destabilisierung in Russland. Obwohl die Annexion der Krim
ein Völkerrechtsbruch seitens Russlands sei, würden
Sanktionen die Spannung zwischen Konfliktparteien
nicht abbauen.
10. September 2015
Junge DGAP: Privatissimum mit
Prof. Dr. Norbert Lammert
Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert im Austausch mit den
Mitgliedern der Jungen DGAP über Politik und seinen Werdegang.
Die Veranstaltungen der Jungen DGAP richten sich im
Besonderen an Studierende und Young Professionals.
Im kleinen, vertrauten Kreis können sich die Mitglieder
mit namhaften Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft,
Wissenschaft und Medien austauschen.
Beim Veranstaltungsformat Priviatissimum geben
prominente Politiker, Unternehmer, Wissenschaftler
oder Journalisten sowohl Hintergrundinformationen
über aktuelle Ereignisse als auch Einblicke in deren
persönlichen beruflichen Werdegang.
Im Rahmen dieses Formats waren bereits ­Dr. ­Josef
Ackermann, Dr. Wolfgang Ischinger, Horst Köhler,
Prof. Dr. Michael Naumann, Dr. Wolfgang Schäuble,
Prof. Dr. Gesine Schwan und Peer Steinbrück zu Gast
der Jungen DGAP.
Beim Privatissimum im September 2015 sprach
Norbert Lammert, Präsident des Deutschen Bundestags,
über seine persönlichen Erfolge und Herausforderungen
seiner Karriere. Im Austausch mit dem Publikum schilderte der gebürtige Bochumer seinen Entwicklungsweg
und daraus gezogene Lehren. Des Weiteren ging er auch
auf aktuelle Fragen der deutschen und europäischen
Politik ein.
DGAPjahresbericht 2015 / 16
16 Veranstaltungshöhepunkte
21. September 2015
Arbeitsgruppe Ungarn sorgte
für Kontroversen
7. Oktober 2015
Über die Stärkung des Industrie­
standorts Europa
Bei der Debatte des Berichts der Arbeitsgruppe Ungarn: Dr. Klaus von
Dohnanyi, Dr. Gereon Schuch und Boris Kálnoky (v. li.).
Dr. Thomas Enders diskutiert mit den Mitgliedern darüber, wie Deutschland in einer globalen und digitalisierten Welt wettbewerbsfähig bleibt.
Die Arbeitsgruppe Ungarn unter dem Vorsitz von
Dr. Klaus von Dohnanyi reflektierte die deutsche Presseberichterstattung zu Ungarn kritisch in einem Bericht.
Darin ging es um folgende Fragen: Wie war die Lage
tatsächlich? Was war nach demokratischen Grundsätzen kritikwürdig? Wie sieht Ungarn im europäischen
Vergleich aus? Was ist vor dem Hintergrund europäischer Subsidiarität zu akzeptieren, auch wenn man
selbst andere Wege gehen würde?
Am 11. Juni 2015 stellte die Arbeitsgruppe ihre Ergebnisse zu diesen Fragen in einem Abschlussbericht vor.
Diese Ergebnisse erzeugten im Publikum Widerspruch
und wurden während der Veranstaltung sowie im
Nachgang in den Medien kontrovers diskutiert. Deshalb
folgte am 21. September eine Anschlussveranstaltung,
zu der Vertreter aus Medien und Politik geladen waren.
Dabei wurde den verschiedenen Meinungen Raum geboten, um diese gemeinsam auf einem Podium in einer
Diskussion zu vertiefen und die kontroversen Punkte
zu erörtern.
Airbus-Chef Thomas Enders betonte in seiner Rede
drei entscheidende Punkte zu Europas Beitrag für die
Zukunft: Industrie, Innovation, Internationalisierung.
Er sprach über Absatzmärkte, Industrie 4.0 und eine
Politik, die Bremsklötze aus dem Weg schaffen müsse.
In einem Vortrag analysierte Enders Digitalisierung
und Internationalisierung und beantwortete die Frage,
welche politischen Rahmenbedingungen der Industriestandort Europa brauche. Dabei akzentuierte er die
Wechselwirkung zwischen Globalisierung und Digitalisierung als Treibkraft für Wirtschaft und Gesellschaft
in Europa. Die Industrie habe bereits das große Potenzial von Big Data erkannt, aber die Politik hinke noch
hinterher.
Bisher sähe die europäische Politik in der Digitalisierung mehr Gefahren als Chancen. Dabei müsse die
Politik Unternehmen nicht schützen. Es brauche auch
keine bombastischen Investitionen, sondern Struktur­
reformen für gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen.
In puncto Innovation und Internationalisierung hob
Enders die „Can do“-Mentalität der Schwellenländer
wie Indien oder Brasilien hervor. Er zeigte sich begeistert von den talentierten Mitarbeitern und neuen Ideen.
Der europäische Blickwinkel allein reiche nicht aus, um
in den verschiedenen Geschäftsfeldern zu wachsen.
Man müsse eine Unternehmenskultur schaffen, die „the
best and the brightest“ findet und bindet.
DGAPjahresbericht 2015 / 16
Veranstaltungshöhepunkte 17
2. November 2015
Nach den Wahlen in der Türkei –
Es bleibt alles anders?
1. Dezember 2015
Junge DGAP: Unter Drei mit
Steffen Seibert
SPD-Politikerin Michelle Müntefering geht auf die aktuelle politische
Situation in der Türkei mit Blick auf EU-Beitrittsverhandlungen ein.
Regierungssprecher Steffen Seibert beschreibt seinen Alltag und seinen
Wechsel vom ZDF ins Bundespresseamt nach Berlin.
Die AKP hat die absolute Mehrheit zurückerobert,
doch auch die HDP hat erneut den Einzug ins Parlament
geschafft. Michelle Müntefering und Dr. Magdalena
Kirchner, sicherheitspolitische Expertin der Stiftung
Wissenschaft und Politik, thematisierten in einer Debatte
nach den Wahlen in der Türkei den Wahlkampf, die
innenpolitische Dimension des Wahlausgangs und mögliche Ansatzpunkte für zukünftige europäische
und deutsche Politik.
Der Wahlerfolg der AKP werde die Verhandlungsposition der Türkei und Präsident Recep Tayyip Erdogans
gegenüber der EU stärken. Laut Kirchner sei der Preis
für Deutschland und die EU gestiegen, beispielsweise
für Unterstützung in der Flüchtlingskrise. Die Politik
müsse sich genau überlegen, wie wichtig ihr Prinzipien
und Werte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und
Pressefreiheit sind, insbesondere wenn diese mit Interessen kollidieren.
Müntefering warnte davor, den EU-Beitrittsprozess
für diese Zwecke zu instrumentalisieren. Vielmehr
müssten hier rationale und offene Verhandlungen
geführt werden. Außenpolitisch werde die AKP nach
ihrem Wahlgewinn den Konflikt mit den Kurden und
der PKK deeskalieren. Mit Blick auf Syrien sei allerdings
kein Kurswechsel zu erwarten.
Unter dem Motto „Den richtigen Ton treffen“ sprach
Steffen Seibert über seinen Arbeitsalltag als Regierungssprecher, die Herausforderungen durch die Flüchtlingskrise und Lösungsansätze für den Syrien-Krieg.
Als Chef des Bundespresseamts gab er Einblicke in seine
Arbeit und hinter die Kulissen.
Seibert beschrieb, wie ein Tag mit Angela Merkel abläuft und unterstrich, dass er sehr eng mit der Bundeskanzlerin zusammenarbeitet.
Außerdem schilderte er seinen Wechsel aus dem
Journalismus ins Presseamt und ermunterte die Teilneh­mer, auch mal neue Wege zu wagen. Seibert ging
auf zahlreiche Fragen des Publikums ausführlich und
in persönlicher Art und Weise ein.
DGAPjahresbericht 2015 / 16
18 Veranstaltungshöhepunkte
9. Februar 2016
Iran: Teil des Problems, Teil der
­Lösung – oder beides?
Meir Javedanfar, Dozent am Interdisciplinary Center (IDC), sagt, der Iran
kämpfe auch mit den Folgen einer Dürreperiode.
Ist mit dem Atomabkommen zwischen dem Iran und
den EU3+3 ein Durchbruch geschafft? Wird das Land
nach Aufhebung der Sanktionen zum Eldorado westlicher Investoren? Verhält sich Teheran in seiner Außenpolitik zukünftig konstruktiver und sucht den Ausgleich
mit dem regionalen Rivalen Saudi-Arabien? Haben die
„Modernisierer“ in Teheran nun Oberwasser? Darüber
diskutierte kurz vor den iranischen Parlamentswahlen
im Februar 2016 ein hochkarätiges Panel angesehener
Iran-Experten: Ali Alfoneh, Senior Fellow der Foun­
dation for Defense of Democracies in Washington,
D.C., Meir Javedanfar, Dozent am IDC in Herzliya, und
Dr. Ali Fathollah-Nejad, Associate Fellow der DGAP.
Die Experten waren sich einig, das Atomabkommen
nicht als Öffnung des Landes zum Westen und insbesondere zu den USA zu interpretieren. Die wiederholten
Warnungen des Obersten Religionsführers Ayatollah
Ali Khamenei vor „amerikanischer Subversion“ zeigten, dass die Islamische Republik mit dem Abkommen
keinen wirklichen Kurswechsel vollzogen habe. Selbst
eine Abstrafung der Hardliner bei den Wahlen bedeute
nicht, dass sich das Land modernisiere. Irans Wirtschaft
werde nicht allein durch mehr ausländischen Handel
und Investitionen wieder in Schwung zu bringen sein.
Zudem betonte Javedanfar, dass das Land auch an
den Folgen einer Dürreperiode leide. Darüber werde in
den Medien nicht berichtet, obwohl dieses Problem die
womöglich größte Herausforderung für das Land sei.
DGAPjahresbericht 2015 / 16
15. Februar 2016
DGAPforum Hansestädte:
Außen­politischer Salon
In seiner Rede zur Ausrichtung der Europapolitik plädiert Gerhard
Schröder, Bundeskanzler a. D., für eine Annäherung an Russland.
Beim vierten Außenpolitischen Salon in Hamburg
­sprachen Hamburgs Oberbürgermeister Olaf Scholz
und Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder über aktuelle Fragen der Europapolitik. Zunächst gab Olaf Scholz
eine Einführung, in der er die Flüchtlingsproblematik
aus Hamburger Sicht schilderte.
Im Anschluss daran referierte Gerhard Schröder
zum Thema „Perspektiven und Herausforderungen für
die internationale und die europäische Politik“. Dabei
thematisierte er die europäische Flüchtlingspolitik,
Bekämpfung des IS in Syrien und im Irak sowie die
Beziehungen zu Russland, der Türkei und Frankreich.
Er betonte die Wichtigkeit des Dreiklangs Sicherheit,
Solidarität und Stabilität für die Zukunft Europas.
Weiterhin warb Schröder für ein partnerschaftliches
Verhältnis zu Russland und zur Türkei. Er befürwortete
den Dialog mit Moskau und ­empfahl, die Sanktionen zu
beenden. Die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland hätten ihr Ziel verfehlt. Zudem unterstrich Schröder die Wichtigkeit der Diplomatie und die Rückbesinnung der Pflege von freundschaftlichen Verhältnissen
zu europäischen Partnerländern wie Frankreich.
Veranstaltungshöhepunkte 19
24. Februar 2016
Anpassungen der NATO vor dem
Gipfel in Warschau
14. März 2016
Industrie 4.0 in der Luftfahrt: ­
Der Sprung in die Digitalisierung
Vor dem NATO-Gipfel im Juli erläutert General Denis Mercier, Supreme
Allied Commander Transformation der NATO, die Reformansätze.
Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz moderiert die Sitzung der
DGAP-Projektgruppe Internationale Luftfahrtpolitik.
General Denis Mercier sprach vor rund 200 Gästen der
DGAP zum Thema „Toward Warsaw and Beyond: A Vision for NATO Transformation“. General Mercier erläuterte zunächst die Gefahren, denen sich das wichtigste
Militärbündnis der Welt derzeit und in Zukunft stellen
müsse und zog dann Konsequenzen für die langfristige
Transformation der NATO.
In der anschließenden Debatte mit dem Publikum,
die der Forschungsdirektor der DGAP, Prof. Dr. Eberhard Sandschneider, moderierte, wurden zahlreiche
Aspekte der Transformationsagenda vertieft. Dazu
gehörte vor allem die Frage, wie es der NATO konkret
gelingen könne, den militärischen Vorsprung langfristig zu erhalten, um sich auf ein breites Spektrum an
Gefahren, die nicht exakt hervorgesagt werden könnten,
vorzubereiten.
Die Veranstaltung war der dritte Teil einer Diskussionsreihe des Berliner Forum Zukunft und des Programms Transatlantische Beziehungen/USA der DGAP.
Beide Forschungsprogramme widmen sich im Vorfeld
des NATO-Gipfels in Warschau der Frage, welche verteidigungspolitischen Reformen das Bündnis anstoßen
muss, um sich auf die Zukunft vorzubereiten. Die Anpassung der Abschreckungskonzeption der NATO und
die Frage, wie man die unterschiedlichen Interessen der
ost- und südeuropäischen Verbündeten bedienen kann,
sind zentrale Punkte auf ihrer Forschungsagenda.
Unter dem Vorsitz des Ersten Bürgermeisters der
Freien und Hansestadt Hamburg, Olaf Scholz, wurde
im Rahmen der DGAP-Projektgruppe Internationale
Luftfahrtpolitik über die Vorteile und Herausforderungen von Industrie 4.0 für die Luftfahrtbranche diskutiert. Matthias Krämer (Abteilungsleiter Mobilität und
Logistik, BDI) sprach zunächst über die Konsequenzen
der vierten industriellen Revolution für die deutsche
Industrie insgesamt.
Anschließend ging Axel Flaig (Senior Vice President,
Head of Research & Technology, Airbus S.A.S.) auf das
Potenzial für die Luftfahrtindustrie ein. Axel Krein
(Senior Vice President, Head of Cyber Security Program,
Airbus Group) adressierte den speziellen Aspekt der
Cyber-Sicherheit in der Luftfahrt. In der Diskussion
wurde u.a. über die Fabrik der Zukunft und die Arbeitswelt von morgen gesprochen.
Die Sitzung der Projektgruppe fand im Rahmen des
luftfahrtpolitischen Schwerpunkts des Berliner Forum
Zukunft statt, das sich 2016 unter verschiedenen Gesichtspunkten mit der Zukunft des Luftfahrtstandorts
Deutschland beschäftigt.
DGAPjahresbericht 2015 / 16
21
Immer aktuell informiert: Die Expertinnen und Experten des Forschungsinstituts publizieren zu
den relevanten Themen der internationalen Politik.
Außenpolitik vermitteln –
das DGAPforschungsinstitut
Im Forschungsinstitut der DGAP arbeiten über 30 Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler. Als Berater, Impulsgeber und Netzwerker forschen sie praxisorientiert zur Zukunft der EU sowie zu Fragen der Außen- und Sicherheits­
politik im europäischen und globalen Kontext.
In den acht Programmen des Forschungsinstituts der
DGAP setzten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im
Jahr 2015 insgesamt 40 Projekte um. Mit zahlreichen
Veranstaltungen und Publikationen analysierten und
bewerteten sie die außenpolitischen Brennpunkte und
Ereignisse des vergangenen Jahres.
In einem breiten Publikationsportfolio von längeren
wissenschaftlichen Studien über Kurzanalysen bis zu
prägnanten Standpunkten zeigte das Forschungsinstitut
Problemlagen auf, skizzierte Entwicklungsszenarien
und gab politische Empfehlungen. Um die Reichweite
seiner Publikationen zu vergrößern, hat das Forschungsinstitut zudem sein Angebot zweisprachiger oder auch
nur englischsprachiger Publikationen weiter ausgebaut.
Um sich inhaltlich noch breiter aufstellen zu können,
hat das Forschungsinstitut sein Netzwerk an externen,
an die DGAP angebundenen Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern vergrößert. Mittlerweile erweitern
rund 20 Associate Fellows die Expertise der DGAP und
somit auch die Sichtbarkeit unseres Instituts.
Als unabhängiges Forschungsinstitut möchte die
DGAP aktuelle Diskussionen anstoßen und fundierte
Analysen des politischen Zeitgeschehens liefern. Die
Experten gestalten und schärfen die Debatte in der
außenpolitischen Gemeinschaft in zahlreichen Fachkonferenzen, Gesprächskreisen und Projektgruppen.
Weiterhin bringen sie mit Medienkommentierungen
oder Gastbeiträgen in überregionalen und internationalen Medien ihre Expertise in die öffentliche Diskussion
ein. Aus den inhaltlichen Schwerpunkten 2015/16 des
Forschungsinstituts lesen Sie auf den folgenden Seiten
ausgewählte Beiträge.
DGAPjahresbericht 2015 / 16
22
Die Desinformationsstrategie gegen den Westen zeigt sich auch in der Inszenierung Wladimir Putins.
Europas Schwäche ist Putins Stärke
Glaubt man russischen Medien, ist Europa am Ende.
Lawinenartig drängen muslimische Flüchtlinge Tag
für Tag in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union,
vergewaltigen Frauen und Kinder und lassen die Kriminalstatistik explosionsartig nach oben schnellen. Die
europäischen Behörden können dem Treiben nur hilflos
zuschauen, überall herrscht Chaos, die Bürger Europas
können sich nirgends mehr sicher fühlen.
Dies gilt besonders für Deutschland. Spätestens seit
den Übergriffen von Köln in der Silvesternacht wird die
Bundesrepublik in russischen Nachrichtensendungen
und Talkshows gerne als Land kurz vor dem Zusammenbruch dargestellt. Im Fall „Lisa“, der angeblichen
und inzwischen widerlegten Vergewaltigung einer
13-jährigen Russland-Deutschen durch Migranten,
schaltete sich der russische Außenminister Sergei
Lawrow persönlich ein. Er kritisierte die Bundesregierung dafür, die Wahrheit über Lisas Verschwinden
DGAPjahresbericht 2015 / 16
aufgrund von „politischer Korrektheit“ vertuschen zu
wollen. Ziel dieser russischen Propagandamaschinerie ist es, antieuropäische Ressentiments und bereits
bestehende Zweifel und Ängste weiter zu schüren. Sie
speist sich aus Lügen, Halbwahrheiten und Verschwörungstheorien. Die Propaganda richtet sich zunächst
an das heimische Publikum in Russland. Es soll der
Eindruck erweckt werden, Europa stehe kurz vor dem
Kollaps, während Russlands Präsident Wladimir Putin
die Lage fest im Griff hat und sein Land weiter nach
vorne bringt – Merkel ist Chaos und Putin Stabilität.
Da können die Russen auch leichter über die spürbare
Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation hinwegsehen. Das dekadente westliche Demokratiemodell
soll unglaubwürdig erscheinen und für die russische
Gesellschaft keine Alternative sein.
Die Propaganda der russischen Medien zielt aber
immer stärker auch direkt auf Europa. Sie ist Teil einer
Schwerpunkt – Europas Schwäche ist Putins Stärke 23
breit angelegten Strategie nichtmilitärischer Einflussnahme, die in den USA und in Europa oftmals als „hybride“ und in Russland als „nichtlineare“ Kriegsführung
bezeichnet wird. Mittels russischer Auslandsmedien
wie des Fernsehsenders RT oder der Medienplattform
Sputnik, der Finanzierung und Unterstützung von
links- und rechtspopulistischen europäischen Parteien
und Organisationen oder der gezielten Ausweitung
informeller Netzwerke soll die Einheit der europäischen Staaten geschwächt werden. Damit soll die EU an
Strahlkraft nach außen verlieren und weniger anziehend auf die Staaten der östlichen Nachbarschaft sowie
die russische Gesellschaft wirken. Deutschland ist zu
einem Hauptziel dieser Propagandamaschine geworden,
da Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Führungsrolle
in Europa innehat und für eine harte Haltung sowie
Sanktionen gegenüber Russland steht.
­ anipuliert werden kann. Deshalb können Farbrevolum
tionen aus Sicht des Kremls nur von außen initiiert worden sein. Auch aus diesem Grund war der Kreml immer
wieder von gesellschaftlichen Dynamiken in Russland
und anderen postsowjetischen Ländern wie Georgien
und der Ukraine überrascht worden.
Die russische Führung sieht sich im Recht, auf die
„Angriffe“ des Westens mit gleichen Mitteln zu reagieren. Es ist sozusagen Notwehr, als Reaktion auf einen
Angriff des Westens, so die russische Lesart. Um das
europäische Projekt zu torpedieren und einen Keil
zwischen die Mitgliedstaaten der EU zu treiben, setzt
der Kreml besonders auf den massiven Ausbau seiner
Moderne Kriegsführung
Die russische Führung trägt mit diesem Vorgehen den
veränderten Regeln der Kriegsführung im 21. Jahrhundert Rechnung. In einer vielzitierten Rede vom Januar
des Jahres 2013 argumentiert der russische Generalstabschef Walerij Gerassimow, politische Ziele seien
nicht mehr mit konventioneller Feuerkraft zu erreichen,
sondern durch den „breit gestreuten Einsatz von Desinformationen, von politischen, ökonomischen, humanitären und anderen nichtmilitärischen Maßnahmen, die in
Verbindung mit dem Protestpotenzial der Bevölkerung
zum Einsatz kommen“.
Diese Lektion in moderner Kriegsführung, so die russische Argumentation, habe der Westen noch vor Russland entwickelt. Unter dem Deckmantel von „Demokratieförderung“ und „Stärkung der Zivilgesellschaft“
hätten die USA und die EU jahrelang nichtmilitärische
Maßnahmen eingesetzt, um unliebsame Regime in der
europäischen Peripherie zu schwächen und letztlich zu
stürzen. Die Farbrevolutionen in Georgien und der Ukraine, der Arabische Frühling und zuletzt die MaidanRevolution 2013 werden von Russland regelmäßig als
Beweis für diese These angeführt.
Auch wenn die amerikanische Politik in Irak, Afghanistan und Nordafrika in ihrer Wirkung kritisch gesehen
werden muss, unterschätzt die russische Führung gesellschaftliche Prozesse in einer globalisierten Welt.
Die russische Sichtweise basiert auf der fehlenden demokratischen Einstellung russischer Eliten. Diese sehen
auch in ihrer eigenen Bevölkerung keinen relevanten
Akteur, der eine eigene politische Stimme hat, sondern
durch Medien, Propaganda und Politiktechnologie
Pegida-Demonstrationen gegen den Kurs Angela Merkels.
Auslandsmedien und auf die systematische Unterstützung EU-skeptischer, antiamerikanischer Gruppen in
Europa, die sich gegen das bestehende System wenden.
Putins Russland ist damit zu einem idealen Partner für
viele populistische linke wie rechte Gruppen innerhalb
der EU geworden, die ohnehin ablehnen, was „common
sense“ westlicher Politik ist: Sie wenden sich gegen die
USA, gegen die Bürokraten in Brüssel, gegen die Idee
des „Westens“, gegen die Eurorettung, gegen eine „Islamisierung des Abendlands“, gegen TTIP. Indem Putin
allen die Stirn bietet, wird er zur Projektionsfläche für
eine mögliche alternative Politik, ohne dass er tatsächlich eine Alternative anbietet.
Fliehkräfte der EU
Dabei kommt es der russischen Führung entgegen,
dass die EU momentan in einer tiefen politischen, wirtschaftlichen und institutionellen Krise steckt und als
erfolgreiches Modell ohnehin wenig Strahlkraft – auch
DGAPjahresbericht 2015 / 16
24 Schwerpunkt – Europas Schwäche ist Putins Stärke
für die eigenen Bürger – besitzt. Der Kreml muss gar
nicht viel machen, um Europa zu spalten. Es genügt, die
Fliehkräfte der EU zu verstärken. Und das hat Erfolg.
Das Misstrauen gegen die europäischen Institutionen,
Eliten und Mainstream-Medien wächst von Tag zu Tag.
Die Überforderung und Uneinigkeit der europäischen
Staats- und Regierungschefs durch die Flüchtlingskrise
potenzieren diesen Trend exponentiell. Das zeigt auch
der Fall „Lisa“, mit dem es russischen Medien gelang,
mehrere Tausend Russland-Deutsche in Berlin und anderen deutschen Städten auf die Straße zu bringen, um
gegen Angela Merkels liberale Flüchtlingspolitik zu demonstrieren. Zur russischsprachigen Bevölkerungsgrup-
politischen Establishments, das traditionell eine gewisse Nähe zu Russland pflegt. Der in der französischen
politischen Kultur immer schon ausgeprägte Antiamerikanismus und die Skepsis gegenüber der Globalisierung
sowie zunehmend auch gegenüber Europa bilden hier
das Bindeglied. Der Kreml unterstützt vor allem den
Front National (FN) – nicht nur politisch, sondern auch
finanziell. Dieser eignet sich besonders gut, um den
Zusammenhalt in der EU zu schwächen und den westlichen Block zu spalten.
Claire Demesmay, Frankreich-Expertin der DGAP,
bilanziert in ihrer Studie: „Der FN ist zwar in der
Opposition und hat nur zwei Parlamentssitze, aber
seine Stimme zählt in der öffentlichen Diskussion
des Landes eindeutig; auch im Europaparlament, wo
er die stärkste politische Kraft aus Frankreich bildet,
ist er gut vertreten.“ Wie die letzten Regionalwahlen
gezeigt haben, ist der Front National in der Mitte der
Gesellschaft angekommen. Den FN und die russische
Führung eint das Projekt, eine Alternative zum Modell
der liberalen, globalisierten Welt etablieren zu wollen
– eine Alternative, in der NATO, EU und die USA keine
Rolle mehr in Europa spielen.
Russisch-griechisches Bündnis möglich
Alexis Tsipras sucht die Nähe zu Russland.
pe aus allen postsowjetischen Ländern in Deutschland
inklusive der Russland-Deutschen gehören knapp sechs
Millionen Menschen, die sich vor allem aus russischen
Medien informieren.
Der Fall „Lisa“ zeigt, dass die russische Propaganda
diesen Bevölkerungsteil und die Flüchtlingskrise gezielt
missbraucht, um Druck auf die deutsche Regierung auszuüben. Gleichzeitig ist es dem Kreml in der Vergangenheit gelungen, einflussreiche deutsche Multiplikatoren,
wie den ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder,
über Energieprojekte auf seine Gehaltsliste zu setzen.
Schröder gehörte zu den prominentesten Stimmen in
Deutschland, die Verständnis für die Annexion der Krim
aufbrachten; er ist in der SPD weiterhin ein wichtiger
Ansprechpartner in Russland-Fragen.
Unterstützung für den Front National
Auch in Frankreich trifft die russische Propaganda
auf Resonanz, vor allem innerhalb des französischen
DGAPjahresbericht 2015 / 16
Eine Alternative zum „Brüsseler Spardiktat“ bietet
Russland potenziell auch für Griechenland. Hier gibt
es ebenfalls traditionelle Anknüpfungspunkte. Julian Rappold, EU-Experte der DGAP, formuliert das in
seiner Studie so: „Das gemeinsame, über Jahrhunderte gewachsene kulturelle und religiöse Erbe, das die
Wurzeln und Werte christlicher Orthodoxie maßgeblich
geprägt hat und das sich auch über die Abgrenzung zum
Westen definiert, formt das griechische Russland-Bild
und trägt zu einer positiven Wahrnehmung Russlands
bei.“ Frustriert durch die europäische Austeritätspolitik
intensivierte sich mit der Wahl der Links-Rechts-Koalition von Alexis Tsipras Athens Bemühen um ein engeres
griechisch-russisches Verhältnis.
Dies legte den Verdacht nahe, Russland könne
Griechenland als trojanisches Pferd innerhalb von EU
und NATO instrumentalisieren, um den auf Konsens
ausgelegten Entscheidungsfindungsprozess in beiden
Institutionen nachhaltig zu sabotieren. Auch wenn
es der griechischen Regierung bislang offiziell nicht
gelang, finanzielle und wirtschaftliche Unterstützung
von Russland zu erwirken, bleibt dieser Verdacht bestehen. Umso mehr, wenn es zukünftig doch zu einem
Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone oder dem
Schengen-Raum kommen sollte.
Schwerpunkt – Europas Schwäche ist Putins Stärke 25
Serbien als russischer Spielball
Die Studie der russisch-serbischen Beziehungen von
­Sarah Wohlfeld, Balkan-Expertin der DGAP, zeigt, wie
es Russland gelingt, durch die Betonung der gemeinsamen slawischen Identität, den Rückgriff auf antiwestliche Ressentiments und die demonstrative Unterstützung in der Kosovo-Frage seinen Einfluss in Serbien
geltend zu machen: „In den serbischen Medien wird
Putin als starker Mann vermarktet, der dem Westen
Paroli bietet und Serbiens Interessen verteidigt.“ Die
Wissenschaftlerin kommt zu dem Ergebnis, dass Moskau Serbien als Austragungsort für einen Machtkampf
mit Brüssel nutzt. Im Kern geht es Russland darum,
Zweifel an der Legitimität der EU zu schüren und die
Union im Land zu diskreditieren. Wie in Griechenland
findet Russland auch bei der serbischen Führung Gehör,
da sich Teile der Bevölkerung von der EU abgehängt
und betrogen fühlen.
Vergleicht man die Ergebnisse dieser Länderstudien
der DGAP zu Frankreich, Griechenland und Serbien und
nimmt die Erfahrungen aus Deutschland hinzu, so fällt
auf, dass die Einflussnahme und Propaganda in Europa
vor allem da Wirkung zeigen, wo die EU schwach ist. Die
russischen Strategen haben die Schwächen der EU und
ihrer Mitgliedstaaten analysiert und über Jahre Netzwerke und Instrumente aufgebaut, um diese wirksam zu
nutzen. Diese können aber nur deshalb Breitenwirkung
entfalten, weil die EU viele der in sie gesetzten Hoffnungen nicht erfüllen konnte bzw. bei ihren eigenen Werten
und Normen nicht konsequent ist.
Werte und Normen der EU
Wie sollten Deutschland und die EU darauf reagieren?
Gegenpropaganda ist keine angemessene Reaktion.
Wichtig wäre es, die Netzwerke, Finanzierungsstrukturen und Instrumente russischer Politik und Medien
transparent zu machen und damit offensiv umzugehen.
Dafür braucht es Medien- und Regionalexperten sowie
Wissenschaftler, die sich mit politischen, gesellschaftlichen und medialen Entwicklungen in Russland und
anderen postsowjetischen Ländern beschäftigen. Hier
sollte massiv in den Aufbau von Expertise in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten sowie in die Medienkompetenz
in der Bevölkerung investiert werden.
Die Krise der Medien hat zu einem verbreiteten Abzug von Journalisten vor Ort geführt, was insbesondere
die postsowjetischen Länder betrifft. Auf Propaganda
sollte mit Qualitätsjournalismus reagiert werden, der
vor Ort Fakten überprüfen und Entwicklungen in Russland einschätzen kann. Das European Endowment for
Der serbische Präsident Tomislav Nikolic (re.) empfängt Putin in Belgrad.
Democracy hat konkrete Vorschläge für die Stärkung
der russischsprachigen Medienkompetenz gemacht.
Dazu zählen die Einrichtung regionaler Medien-Hubs
in russischer Sprache, der Aufbau eines russischsprachigen Medienkompetenzzentrums, das die Arbeit
von NGOs, Bildungseinrichtungen und Regierungen
koordinieren kann sowie die Schaffung eines Fonds für
die Unterstützung unabhängiger russischsprachiger
Medien.
Gleichzeitig müssen die EU-Mitgliedstaaten und ihre
politischen Eliten dafür Sorge tragen, dass sie innere Reformen voranbringen und zu den europäischen Prinzipien stehen. Sie müssen sich mit Anti-EU-, Anti-US- und
Anti-Establishment-Stimmungen auseinandersetzen. Es
braucht Glaubwürdigkeit mit Blick auf das Werte- und
Normenfundament innerhalb und außerhalb der EU.
Das kann bis hin zu Sanktionsmechanismen gegen jene
Regierungen in der EU führen, die Grundrechte aushöhlen und durch Populismus den Zusammenhalt in der EU
schwächen wollen.
Dr. Stefan Meister ist Programmleiter für Russland,
Osteuropa und Zentralasien am Robert Bosch-Zentrum für
Mittel- und Osteuropa der DGAP. Er forscht zur russischen
Außen- und Sicherheitspolitik, zu den EU-Russland-Beziehungen und zur Östlichen Partnerschaft der EU.
Dr. Jana Puglierin ist Programmleiterin des Alfred von
Oppenheim-Zentrums für Europäische Zukunftsfragen.
Ihre Schwerpunkte sind europäische Außen-, Sicherheitsund Verteidigungspolitik.
DGAPjahresbericht 2015 / 16
26
Assad-treue Soldaten beobachten die Lage bei der historischen Stadt Palmyra.
Renaissance militärischer Macht?
Auch im vergangenen Jahr wurden in den verschiedensten Regionen der Welt zahlreiche Konflikte mit militärischen Mitteln ausgetragen. Im Zentrum der deutschen
sicherheitspolitischen Debatte standen vor allem die
verheerenden kriegerischen Auseinandersetzungen in
Syrien und im Irak sowie der andauernde Konflikt um
die Ukraine. Als Ergebnis ist das Thema Verteidigung
wieder stärker in den Fokus sicherheitspolitischer Experten geraten; einzelne Stimmen konstatierten sogar
eine „Renaissance militärischer Macht“.
Die deutsche Politik zeigt sich dennoch regelmäßig
überrascht, wenn ein Akteur wieder einmal zu den Waffen greift, und betont gebetsmühlenartig, dass es keine
militärischen Lösungen für politische Probleme gäbe.
Haben Putin und Assad oder der Islamische Staat den
Deutschen etwa nicht richtig zugehört? Oder verstehen
die Deutschen nicht, nach welchen Spielregeln sich die
internationale Sicherheitspolitik ausrichtet?
DGAPjahresbericht 2015 / 16
Die Welt hat sich in den vergangenen 25 Jahren zweifelsfrei stark gewandelt. Zu diesem Wandel gehören die
andauernde Erosion von Staatlichkeit und technologische Innovationen sowie neue Kommunikationsformen.
Während die deutsche Debatte vor allem den Wandel
betont, wird die Tatsache, dass das internationale System auch durch erhebliche Kontinuitätslinien gekennzeichnet ist, weitestgehend vernachlässigt. Zu diesen
Kontinuitätslinien gehört auch die Bedeutung militärischer Macht. Putin, Assad und der Islamische Staat haben in eindrucksvoller Weise bewiesen, was das heißen
kann. Der russische Präsident hat mit der Annexion der
Krim im März 2014 die europäische Friedensordnung,
wie sie nach Ende des Kalten Krieges mit der Charta von
Paris vereinbart worden war, aufgekündigt und einen
Krieg mit der Ukraine provoziert. Putin zielt darauf ab,
den westlichen Einfluss in der russischen Nachbarschaft
zurückzudrängen und seinen eigenen Handlungsspiel-
Schwerpunkt – Renaissance militärischer Macht? 27
raum zu erweitern. Assad hingegen bekämpft seit 2011
große Teile seines eigenen Volkes, um das Überleben
seiner Diktatur zu sichern. Mehr als 250.000 Menschen
haben im Zuge des syrischen Bürgerkriegs ihr Leben gelassen. Millionen Syrer sind auf der Flucht und ­suchen
Schutz in Europa. Der Islamische Staat, der in den
Nachwehen des Irak-Krieges von 2003 geboren wurde,
versucht sein Kalifat im Nahen und Mittleren Osten
durchzusetzen und trägt seinen Terror auch auf den
europäischen Kontinent.
Rolle militärischer Macht verstehen
Dies zeigt, dass zahlreiche Akteure militärische Mittel
gezielt einsetzen, um ihre politischen Ziele zu erreichen.
Sie sind elementarer Bestandteil ihrer Strategie und
werden dann eingesetzt, wenn es aus ihrer Perspektive
zweckdienlich ist. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass
militärische Macht von jeher eine wichtige Rolle bei der
Umsetzung politischer Ziele gespielt hat. Es gibt derzeit
auch nicht den geringsten Hinweis, dass sich dies in
Zukunft grundlegend ändern wird – so wünschenswert
das auch sein mag.
Durch die rasante Verbreitung moderner Technologien werden zudem immer mehr staatliche und
nicht-staatliche Akteure in den Besitz von immer
machtvolleren Mitteln gelangen, wodurch sich ihr
Handlungsspielraum erweitert. Hier treffen Kontinuität
und Wandel des internationalen Systems in gefährlicher Weise aufeinander. Die deutsche Sicherheitspolitik
steht vor der großen Aufgabe, sich diesen Tatsachen
und Entwicklungen zu stellen. Sie muss sich in die Lage
versetzen, die deutschen Interessen wahren zu können
und bereits verloren gegangenen Handlungsspielraum,
wie er beispielsweise in Syrien und im Irak deutlich
geworden ist, zurückzugewinnen.
Die Politik hat zu Recht erkannt, dass sie zur Durchsetzung ihrer Interessen eine breite Palette an Fähigkeiten bereitstellen muss. Der berühmte „comprehensive
approach to security“ ist seit Jahren ein Gemeinplatz
in Kommentaren von Politikern. In dieser Hinsicht hat
die deutsche Sicherheitspolitik also kein Erkenntnisproblem; allenfalls ein Problem bei der effektiven Verbindung der verschiedenen Politikfelder. Das eigentliche
Problem liegt vielmehr im mangelnden Verständnis der
Rolle militärischer Macht in der internationalen Politik.
Es ist verständlich, dass gerade die Deutschen nach den
katastrophalen Erfahrungen und Folgen der beiden
Weltkriege ein besonders schwieriges Verhältnis zu
militärischen Fragen haben. Nichtsdestotrotz muss die
deutsche Politik anerkennen, dass militärische Macht
im internationalen System Gewicht hat und genutzt
wird. Wie also damit umgehen?
Abschreckung und Verteidigung
Demokratien tun sich aus gutem Grund schwer damit,
militärische Auseinandersetzungen zu führen. Dementsprechend ist das Prinzip der Abschreckung der zentrale
Kern aller verteidigungspolitischen Anstrengungen.
Abschreckung bedeutet jedoch nicht, dass militärische
Mittel nicht zur Anwendung kommen. Nur wenn Streitkräfte in der Lage sind, eine militärische Auseinandersetzung zu führen, können sie auch den Versuch unternehmen, einen Gegner abzuschrecken. Die Politik muss
die Streitkräfte nicht nur zu dieser Aufgabe befähigen,
sondern darüber hinaus glaubhaft versichern, dass sie
gewillt ist, sie gegebenenfalls auch einzusetzen. Es versteht sich von selbst, dass die Fähigkeit, einen Krieg zu
führen, von existenzieller Bedeutung sein kann, wenn
Abschreckung versagen sollte.
Darüber hinaus darf das Ziel der Abschreckung nicht
verabsolutiert werden; es ist vielmehr die Sicherung
der Freiheit, die für jede Demokratie oberste Priorität
haben muss. Ihr Schutz bzw. ihre Durchsetzung kann
den Gebrauch militärischer Mittel notwendig machen.
Die Verteidigung des eigenen Landes oder von Bündnispartnern, aber auch Interventionen zum Schutz von
Menschenrechten oder Handelswegen lassen sich nicht
immer vermeiden. Dabei gilt, dass Interventionen ohne
den effektiven Schutz der Heimat nur schwer möglich sind. Würden wir wirklich Menschenrechte oder
Handelswege am anderen Ende der Welt verteidigen,
wenn die Bundesrepublik dem Gegner „offene Flanken“
bietet?
Die jüngsten Terroranschläge in Europa zeigen deutlich, dass auch der Islamische Staat diesen Zusammenhang erkannt hat. Er versucht, die Europäer u.a. von
einer weiteren Aufstockung ihres militärischen Engagements im Nahen Osten abzuhalten, indem er Anschläge
in europäischen Ländern verübt. Die Terroristen zielen
auf unsere Schwachpunkte und nutzen dabei die Mittel,
die sie derzeit zur Verfügung haben.
Diese Vorgehensweise ist eine der Grundregeln des
Krieges. Man möchte sich nicht vorstellen, was passiert,
wenn der Islamische Staat in den Besitz von Massenvernichtungswaffen käme – aber man muss es sich vorstellen. Wer diesen Zusammenhang versteht, kann von
Entwicklungen auf der Weltbühne nicht grundsätzlich
überrascht sein; weder vom anfänglichen Einsatz militärischer Macht noch von einer militärischen Reeskalation, wie sie derzeit in Syrien erkennbar ist. Gleichwohl
DGAPjahresbericht 2015 / 16
28 Schwerpunkt – Renaissance militärischer Macht?
kann der konkrete Zeitpunkt, zu dem ein Akteur militärische Mittel einsetzt, nicht vorhergesagt werden.
Deutsche Verteidigungspolitik organisieren
Auf dieser Basis muss die deutsche Verteidigungspolitik
organisiert werden. Die Konzentration auf einzelne,
mehr oder weniger wahrscheinliche Konfliktszenarien
ist dabei nicht hilfreich. Sie führt dazu, dass der poli-
bloße Rhetorik, die man ebenso wie die Rolle militärischer Macht kleinreden kann. Im Gegenteil: Präsident
Barack Obama hat zwar nicht grundsätzlich mit der
globalen ordnungspolitischen Rolle der USA gebrochen,
aber de facto einen relativen Rückzug der USA vorangetrieben (Stichworte: nation building at home, leading
from behind) und ein erhebliches Maß an Glaubwürdigkeit eingebüßt (Stichwort: red line in Syria). Daran
­ändert auch das amerikanische „re-engagement“ in
Osteuropa nichts. Es beweist aber gleichzeitig, dass die
USA die Rolle militärischer Macht verstehen.
Deutschland sollte die USA ermuntern, ihre globale
ordnungspolitische Rolle wieder zu stärken und sie
dabei effektiv unterstützen. Dieser Vorsatz ist nicht nur
in unserem ureigensten Interesse, sondern wäre auch
umso dringlicher, wenn der nächste Präsident der USA
Donald Trump hieße. Die Pax Americana ist nach wie
vor die einzige Ordnung, die mit unseren Interessen
vereinbar ist. Eine chinesische oder islamistische Weltordnung ist keine Option.
Instrument Militär dauerhaft stärken
Ursula von der Leyen bei einem Besuch im NATO-Stützpunkt Incirlik mit
dem türkischen Verteidigungsminister İsmet Yılmaz (re.).
tische Handlungsspielraum bei einer Veränderung der
Konfliktlage eingeschränkt ist. So hat das AfghanistanSzenario, das die deutsche Verteidigungspolitik die vergangenen zehn Jahre bestimmt hat, dazu geführt, dass
die Bündnisverteidigung vernachlässigt wurde und nun
unter erheblichem Zeitdruck wieder revitalisiert werden
muss. Derzeit debattiert die NATO über die Frage, welches Konfliktszenario für die weiteren Verteidigungsanstrengungen Priorität haben sollte. Die Antwort muss
lauten: Wir wissen nicht, was kommt. Unter Umständen
sind wir gleichzeitig mit ganz unterschiedlichen Problemen in verschiedenen Regionen der Welt konfrontiert.
Daraus ergibt sich, dass „Allround-Fähigkeiten“ in ausreichendem Maße bereitgestellt werden müssen. Es geht
also darum, sich auf all diejenigen Konfliktszenarien
einzustellen, die nicht eindeutig ausgeschlossen werden
können.
Die Fähigkeit, sich rasch und lagebezogen auf alle Erfordernisse einstellen zu können, war stets die sinnvollere Planungsgröße. Dies erscheint umso wichtiger, als
dass die USA die Europäer seit Jahren auffordern, mehr
in ihre Verteidigung zu investieren, um sich stärker an
den Lasten zu beteiligen. Diese Aufforderung ist keine
DGAPjahresbericht 2015 / 16
Die deutsche Sicherheitspolitik hat nun die Aufgabe, diese Zusammenhänge zu erklären und für Unterstützung
in der Bevölkerung zu werben. Die ständige Betonung,
dass es keine militärischen Lösungen für politische
Probleme gäbe, ist irreführend. Niemand hat behauptet,
dass es militärische Lösungen gäbe; Militärs am allerwenigsten. Der Einsatz militärischer Macht kann aber
Handlungsspielräume für politische Lösungen eröffnen
oder zurückgewinnen und im Extremfall das eigene
Überleben sichern. Dazu muss das Instrument Militär
dauerhaft gestärkt werden und einen festen Platz in der
Konzeption gesamtstaatlicher Sicherheitspolitik einnehmen. Das neue Weißbuch der Bundesregierung, das
im Laufe des Jahres abgeschlossen sein soll, aber auch
die Diskussionen in der NATO über die sicherheitspolitischen Prioritäten und die Ausgestaltung der Abschreckung bieten die Gelegenheit, die notwendigen Kurs­
korrekturen einzuleiten. Diejenigen, die eine „Renaissance der Verteidigung“ konstatieren, haben die Rolle
militärischer Macht verkannt und die Kontinuitätslinien
der internationalen Sicherheitspolitik in gefährlicher
Weise ignoriert.
Svenja Sinjen ist Leiterin des Berliner Forum Zukunft im
Forschungsinstitut der DGAP. Ihre Fachbereiche umfassen Außen-, Sicherheits-, und Verteidigungspolitik sowie
Transatlantische Sicherheitsbeziehungen/NATO.
29
Die Bundeswehr beteiligt sich weiterhin an der Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte.
Bedingte Krisenfähigkeit
NATO und EU sind beide dem Aufgabenprofil der
Krisenreaktion verpflichtet. Allerdings zeigt sich nach
den frustrierenden Erfahrungen in Afghanistan, dem
Scheitern der amerikanischen Irak-Mission und festgefahrenen Konflikten in Osteuropa eine „Interventionsmüdigkeit“, die fehlende Bereitschaft, in Krisen
einzugreifen. Die Neuorientierung der NATO, die
ihre Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeit vor
allem gegenüber Russland ausbaut, verstärkt diese
Zurückhaltung. In der Krisenreaktion herrscht so das
Dilemma, dass die politisch möglichen, bescheidenen
Interventionsziele kaum nachhaltige Stabilisierung und
politischen Wandel in Krisenländern erreichen können,
dass aber keiner der westlichen Staaten die Verantwortung und den Mitteleinsatz für eine ambitionierte
Zielsetzung übernehmen will. Neue Missionen werden
mit geringer Truppengröße und begrenztem Mandat
durchgeführt, eher polizeilich als militärisch. Dies birgt
das Risiko, dass mehr Krisen aus dem Ruder laufen, wie
es in Syrien geschehen ist.
Die sinkende westliche Einsatzbereitschaft muss
mit Blick auf die Risiken bewertet werden, die diese
Konflikte für das politische Gefüge Europas bringen.
Flüchtlinge, humanitäre Katastrophen und islamischer
Extremismus sorgen dafür, dass diese Konflikte auch
die Sicherheit Deutschlands und den Zusammenhalt
Europas gefährden können. Die Flüchtlingskrise hat
gezeigt, wie schwach die Glaubwürdigkeit der traditionellen Parteien und die gegenseitige Unterstützung in
der EU sind. Einiges steht also auf dem Spiel.
Europa muss sich nicht in jede Krise einmischen,
doch überwiegt der Eindruck, dass selbst wenn dies
notwendig und angemessen wäre, die Europäer dazu
nicht in der Lage wären. Welche Vorstellungen über
die Einwirkung in Konflikten haben die Staaten der
NATO und der EU heute? Deutschland als mittlerweile
DGAPjahresbericht 2015 / 16
30 Schwerpunkt – Bedingte Krisenfähigkeit
­stärkster Staat in Europa muss sich fragen: Wie können
die vorhandenen Instrumente besser genutzt werden?
Bisherige Krisenreaktion von NATO und EU
Die beiden europäischen Sicherheitsinstitutionen EU
und NATO haben bislang in den Krisen in der südlichen
Nachbarschaft eher eine Zuschauerrolle gespielt, obwohl Krisenreaktion zu ihrem Aufgabenportfolio gehört.
Die EU hat ihre Gemeinsame Sicherheits- und
Verteidigungspolitik (GSVP) in Richtung einer flexibleren zivil-militärischen Aufstellung reformiert. Sie ist
in zahlreichen, zum Teil komplexen Missionen in der
Nachbarschaft aktiv, öfter in zivil-polizeilichen Beratungsfunktionen, beim Grenzschutz oder im Monitoring und weniger in Form der Friedenserzwingung.
Diese eher zivile Orientierung ist auch in der mageren
militärischen Ausstattung der GSVP erkennbar. Das
militärische Interventionsinstrumentarium ist unterentwickelt, die Battle Group etwa ist bislang nicht zum
Einsatz gekommen. Im Syrien-Krieg hat die EU für sich
keine Rolle in der Krisenreaktion gefunden, sondern unterstützt die Nachbarstaaten Syriens bei der Aufnahme
von Flüchtlingen. Es wird interessant werden, wie die
für Juni 2016 angekündigte neue „Global Strategy“ der
EU ihre Rolle in der Krisenregion umreißt.
Im Strategischen Konzept der NATO von 2010 zählt
Krisenreaktion neben Abschreckung/Verteidigung
und kooperativer Sicherheit zu den drei Hauptaufgaben. Spätestens seit dem Georgien-Krieg von 2008 war
Kritik aus Osteuropa hörbar, dass die Allianz zu sehr auf
Krisenreaktion und Stabilisierung setze und zu wenig
in die Abwehr Russlands investiere. Heute hat sich dies
umgekehrt: Während die NATO ihre Fähigkeiten unter
dem Banner der Abschreckung und Rückversicherung
neu aufstellt und Mechanismen zur Truppenverlegung
aufbaut, herrscht bei der Krisenreaktion eine gewisse
Antriebslosigkeit. In Afghanistan oder Kosovo steht die
NATO für Sicherungs- und Beratungsaufgaben bereit.
In Syrien aber findet sie nur schwer eine Rolle für sich,
auch wenn sie den Rahmen für die Gründung der Koalition gegen den IS bildete und Hilfe beim Fähigkeitsaufbau im Irak leistet. Aktuell wird diskutiert, ob die NATO
ihre Fähigkeiten zur Luftraumüberwachung über Syrien
einsetzen sollte.
Ertüchtigung von Partnern
Vielleicht als Ausgleich dieser zögerlichen Haltung sind
heute vermehrt Konzepte zum Fähigkeitsausbau von
Partnernationen in Krisengebieten im Gespräch, in der
EU verstärkt seit 2013. Dies baut auf den Erfahrungen
DGAPjahresbericht 2015 / 16
bei Ausbildungsmissionen der NATO im Irak und in Afghanistan sowie der EU in mehreren Einsätzen in Afrika
auf. Auch die Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen etwa zur Unterstützung von Friedensmissionen
in Afrika gibt es seit über zehn Jahren. Bei derartigen
­Missionen ging es bisher nie darum, den Partnerländern
auch Waffen mitzuliefern. Die eher entwicklungspolitisch ausgerichteten Finanzierungsinstrumente der EU
stellen für eine solche Hilfe keine Finanzierungsmöglichkeiten bereit. Die Hohe Vertreterin bemüht sich um
eine Lockerung dieser Regularien, dabei geht es um
nichttödliche Waffen. Problematisch ist in dieser Überprüfung, dass die Mitgliedstaaten kaum eine gemeinsame Vorstellung haben, wer in den Krisen der Nachbarschaft auf welche Weise unterstützt werden soll.
In Deutschland hat der politische Entscheidungsdruck die Konzeption überholt: Mit der Ausstattung der
kurdischen Streitkräfte im Norden Iraks seit Sommer
2014 ließ sich die Bundeswehr auf kombinierte Militärund Ausbildungshilfe ein. Direkte Waffenhilfe bleibt
aber auf absehbare Zeit Domäne der Nationalstaaten.
Ertüchtigung und Fähigkeitsausbau setzen ein Mindestmaß an staatlicher Kontrolle im Empfängerland voraus. Je unübersichtlicher und gewalttätiger eine Krisenlage, je korrupter das unterstützte Regime, desto größer
die Risiken. Der Ertüchtigungsansatz dient wegen der
langen Zeithorizonte kaum als Instrument zum Eingreifen in einen ausgebrochenen Bürgerkrieg. In Syrien
existiert keine aus westlicher Sicht legitime Regierung,
dafür eine dreistellige Zahl von Oppositionsgruppen,
von denen viele selbst extremistische und terroristische
Qualität haben. In Libyen erwägt die NATO eine engere
Partnerschaft, sobald eine Einheitsregierung zustande
gekommen ist; ob diese Voraussetzung bald erfüllt sein
wird, ist mehr als unsicher. Ertüchtigung kann Teil einer
entwicklungspolitischen Gesamtstrategie sein, aber
eine durchdachte und ausreichend ausgestattete Stabilisierungsmission nicht ersetzen.
Neue informelle Koalitionen
In Syrien und im Irak sind externe Mächte aktiv, die
durch Unterstützung von Kriegsparteien oder direkte
militärische Präsenz versuchen, Einfluss zu nehmen.
Iran hat das Assad-Regime seit Beginn des Bürgerkriegs
unterstützt, die USA und Frankreich einzelne Oppositionsgruppen. Die USA haben begonnen, im Irak und
in Syrien direkte Angriffe gegen den IS zu fliegen. Seit
Sommer 2014 ist auch die iranische Luftwaffe gegen
den IS im Irak aktiv. Die Hisbollah kämpft aufseiten
Assads. Der halbwegs stabile Waffenstillstand im März
Schwerpunkt – Bedingte Krisenfähigkeit 31
2016 zeigt, dass diese Mächte Einfluss auf die Kriegsparteien in Syrien haben.
Zusätzlich ist eine Reihe von Koalitionen in den beiden Ländern in Stellung gegangen, vornehmlich gegen
den IS, aber auch zur Unterstützung des Assad-Regimes
in Damaskus: Seit September 2014 existiert eine AntiIS-Koalition unter amerikanischer Führung, an der sich
Kanada, Australien sowie einige europäische und arabische Staaten beteiligen. Russland griff ab September
2015 für ein halbes Jahr aufseiten des Assad-Regimes in
den Krieg ein, bekämpfte aber eher die Assad-Gegner
und nur zweitrangig den IS. Russlands Partner sind
schiitische Kräfte, der Iran und die Hisbollah. Moskau
zielt auf die Sicherung seiner strategischen Positionen
im Mittelmeer-Raum, auch mit Blick auf eine regionale
Neuordnung. Kurz nach den Anschlägen von Paris im
November 2015 brachte Frankreich durch Anrufung der
Allianzklausel der EU eine Koalition zusammen, die am
ehesten der Unterstützung französischer Luftangriffe
gegen IS-Stellungen dient. Diese Koalitionen sind auch
politische Bezugsrahmen für Partner, die sich nicht militärisch, sondern durch Fähigkeitsausbau oder Finanzhilfen beteiligen wollen.
Auch Deutschland ist in derartige Konstellationen
eingebunden. Insgesamt verteilt dieses Vorgehen
die Verantwortung auf mehrere Schultern und kann
schwelende Machtkonflikte einhegen. Der Umstand,
dass in Syrien der Krieg gegen den IS das verbindende
Glied ist, nicht aber der Kampf gegen Assad, beschränkt
die Kooperation auf Minimalziele. Zusammenhalt und
Engagement der Koalitionäre sind von der Tageslage
abhängig. Ein Unterbau, der die Kooperation stabilisiert,
fehlt meist, nur die US-geführte Anti-IS-Koalition hält
regelmäßige Ministertreffen ab.
Deutschland beteiligt sich durch den Fähigkeitsaufbau bei den kurdischen Peschmerga und unterstützt
Frankreich mit Aufklärungsflugzeugen und einer Marineeinheit. Den Zusammenhalt der Koalitionen auch
diplomatisch zu unterstützen, für mehr Teilnehmer und
höheres Engagement zu werben, kann Aufgabe deutscher Außenpolitik sein.
Mehr Einsatz
Die Zeiten sind vorbei, in denen sich die westlichen
Staaten selbst als ehrgeizige Stabilitätsexporteure für
innerstaatliche, ethnische oder Sezessionskonflikte in
Nachbarländern sehen konnten. Zu deutlich wurden
die Grenzen dieses Ansatzes etwa in Afghanistan, die
hohen Kosten für die Erreichung bescheidener Ziele und
die undankbare Rolle westlicher Interventions­armeen
in schwer lösbaren Konflikten. Das darf aber nicht
heißen, dass Krisenbewältigung insgesamt aus dem
Instrumentenkasten verschwinden sollte.
In Syrien sollte Deutschland – unabhängig von seiner
militärischen Rolle – diplomatische, finanzielle und
entwicklungspolitische Mittel anwenden, um viele
Partner für die Behandlung des Konflikts zu gewinnen.
Das betrifft die Wiener Friedensgespräche sowie den
Zusammenhalt der US-geführten Anti-IS-Koalition und
der kollektiven Nothilfe für Frankreich. Auch wenn
Deutschland gegenwärtig keinen Sitz im UN-Sicherheitsrat hat, kann es in den Konfliktverhandlungen für
eine starke Rolle der UN eintreten.
Die Umrisse einer Nachkriegsordnung für Syrien sind
noch nicht erkennbar. Es ist aber plausibel, dass eine
Friedensordnung nur mit militärischer Absicherung
entwickelt werden kann. Dies gilt auch für Übergangsphasen, in denen schon humanitäre Unterstützung
und Monitoring in einem zum Teil feindseligen Umfeld
notwendig sind. Ob die NATO oder die EU eine Rolle
dabei spielen, und wenn ja welche, ist angesichts dann
konkreter werdender Anforderungen zu entscheiden.
Von vornherein ausschließen darf man sie nicht.
Deutschland kann zu einem angemessenen Zeitpunkt seine Bereitschaft signalisieren, Verantwortung
zu übernehmen. Abhängig von der Struktur eines
Nachkriegssyriens (zentralisiert oder kantonisiert) und
der Ausgestaltung einer Stabilisierungsmission sind der
Aufbau des Sicherheitssektors in den sich neu formierenden Landesteilen oder die Ertüchtigung dann sinnvoll, wenn die Partner lange politisch begleitet werden.
Solche Missionen erfordern auch eine aktive Beteiligung der Bundeswehr. Weitere Einsatzprofile könnten
die militärische Absicherung humanitärer Unterstützung oder indirekte Maßnahmen wie Seeraumüber­
wachung oder die Entlastung amerikanischer Kräfte in
anderen Einsatzgebieten (etwa auf dem Balkan) sein,
die dann Kräfte für den Einsatz gegen den IS freisetzen.
Dr. Henning Riecke leitet das Programm USA/Trans­
atlantische Beziehungen der DGAP. Seine Fachgebiete sind
die Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands und der
USA. Er koordiniert die Studiengruppen „Strategische
Fragen“, „Europapolitik“ und „Globale Zukunftsfragen“
der DGAP.
DGAPjahresbericht 2015 / 16
32
Der chinesische Außenminister Wang Yi (li.) und US-Außenminister John Kerry (re.) bei einer Pressekonferenz in Washington D.C.
Eine neue „Grand Strategy“ für die USA
Die Blockade zwischen Kongress und Präsident wird
auch nach den Kongress- und Präsidentschaftswahlen
am 8. November 2016 bestehen bleiben. Dabei wäre politisches Handeln dringend nötig, um die US-Wirtschaft
wieder anzukurbeln. Denn die durch das Gelddrucken
der US-Notenbank erkaufte Zeit läuft ab. Derweil dürfte
aber ein ernstzunehmender äußerer Rivale, namentlich
China, helfen, innere Zerwürfnisse zu überwinden
und dem Präsidenten als Oberbefehlshaber der Nation
Handlungsfreiheiten zu eröffnen. Europa, vor allem die
Handelsnation Deutschland, muss vermeiden, zwischen
die Fronten von Militärmächten zu geraten.
Am 20. Januar 2017 wird der nächste Präsident oder
die erste Präsidentin der USA den Amtseid auf der
Westseite des Kapitols, am Sitz des Parlaments, ablegen
und danach die Pennsylvania Avenue hinunter zum
Weißen Haus fahren. Dieses Ritual, das die beiden
widerstreitenden Staatsgewalten, den Kongress und
DGAPjahresbericht 2015 / 16
das Amt des Präsidenten, verbindet, verdeutlicht das
institutionelle Spannungsverhältnis, in dem auch der
nächste Amtsinhaber im Weißen Haus versuchen muss,
Politik zu gestalten, um die prekäre Lage seines Landes
zu verbessern.
Was viele Beobachter hierzulande nicht auf dem
Schirm haben, die sich nur auf das Kopf-an-Kopf-Rennen der Bewerber um das vermeintlich mächtigste Amt
in Washington konzentrieren, sind die Wahlkämpfe, in
denen die Mehrheitsverhältnisse der beiden Kammern
im Kongress entschieden werden. Die Wahlen um die
435 Sitze im Abgeordnetenhaus und ein Drittel (34 Sitze)
des 100-köpfigen Senats sind genauso wichtig, weil jede
Seite im Kapitol auch den nächsten Präsidenten in den
meisten Politikfeldern blockieren kann – und es auch
tun wird.
Es wäre jedoch handlungsfähige Politik nötig, um die
Wirtschaft wieder in Gang zu bringen und auf Touren
Schwerpunkt – Eine neue „Grand Strategy“ für die USA 33
zu halten. Indem die US-Notenbank unvorstellbare
4.500 Milliarden Dollar Geld druckte, konnten der
wirtschaftliche Einbruch bislang abgewendet und ein
mäßiges Wachstum erwirkt werden. Doch damit wurde
nur Zeit gekauft und im schlimmsten Fall dafür gesorgt,
dass sich weitere Finanzblasen gebildet haben.
Derzeit lassen sich viele Beobachter noch von den
hohen Kursen an den Börsen blenden. Viele deutsche
Unternehmensführer bleiben unbeirrt in ihren Lobpreisungen der amerikanischen Marktwirtschaft oder
glauben an die Wunderheilung des „amerikanischen
Patienten“. Dass die aktuellen Börsenwerte einer Handvoll IT-Unternehmen jene der führenden 20 deutschen
Industrieunternehmen übertreffen, wird gern als Beleg
für die Innovationskraft der USA herangezogen. Von
diesen „Wert“-Schöpfungen werden aber wieder nur
wenige profitieren. Wer die aktuellen Börsenwerte einiger aktuell hoch gehandelter US-Unternehmen für bare
Münze nimmt, ignoriert die Tatsache, dass die derzeitigen Kurse an den Börsen nicht zuletzt auch dank der
Geldschwemme der US-Notenbank nach oben befördert
wurden und sich die „Werte“ als weitere Illusion herausstellen könnten. Im schlimmsten Fall wird die Blase
zerplatzen – mit unvorhersehbaren Folgen. Im besten
Fall wird die Luft langsam entweichen, die Aktienkurse
werden etwas langsamer sinken und sich wieder den
realen Wirtschaftsverhältnissen annähern.
Zu Tode „fracken“
Im Energiesektor werden die Folgen der lockeren Geld­­
politik bereits deutlich sichtbar. Der „Ölrausch“ in den
USA wurde beflügelt durch das billige Geld der US-­
Notenbank. Viele kleinere Pionierunternehmen, die
von Private-Equity-Firmen finanziert und vertraglich
zu Mindestmengen verpflichtet wurden, können aufgrund des durch den Preiskampf Saudi-Arabiens forcierten Überangebots und Preisverfalls bei Schiefergas
nicht mehr ihre Investitions- und Produktionskosten
­decken. Die meisten Pioniere werden sich wirtschaftlich zu Tode „fracken“. In erster Linie sind Produzenten
gefährdet, die nicht eigenes Kapital investiert, sondern
sich hoch verschuldet haben. Viele sind von Investoren
abhängig, die nicht langfristig anlegen, sondern den
schnellen Profit suchen. Beide, klamme Produzenten
und profitorientierte Investoren, dürften sich jedoch
mit dem Fracking-Boom verspekuliert haben.
Mit dem Zerplatzen der Blase im Öl- und Gassektor
wird auch der Traum von der Energieunabhängigkeit und der Reindustrialisierung der USA endgültig
­zerstört werden. Vielmehr besteht die Gefahr, dass
ganze Landstriche, die bislang vom Öl- und Gasboom
profitierten, nunmehr mit wirtschaftlichen Einbrüchen
konfrontiert werden, die Arbeitsplätze vernichten.
Zudem werden die Staatshaushalte einer Reihe von
Einzelstaaten belastet und Banken gefährdet, die die
Öl- und Gasförderung mit Krediten befeuert hatten. Es
bleibt zu hoffen, dass nicht wieder – wie schon nach
dem Platzen der Immobilienblase – durch umfangreiche Kreditausfälle das gesamte Finanzsystem in Mitleidenschaft gezogen wird.
Gleichwohl ist der Fluch für die Öl- und Gasförder­
regionen ein zeitlich begrenzter Segen für die US-Volkswirtschaft, die zu zwei Dritteln von privater Nachfrage
getrieben wird. Solange die Ölpreise niedrig sind, haben
Amerikaner mehr Kaufkraft und können es sich leisten,
zu konsumieren oder ihre drückende Schuldenlast
etwas zu erleichtern. Es ist alarmierend, dass trotz des
durch die US-Notenbank herbeigeführten niedrigen
Zinsniveaus und der indirekten Wirtschaftsförderung
durch niedrige Energiepreise die Wirtschaft nicht wirklich Fahrt aufnehmen kann.
Soziale Schieflage
Um die dahindümpelnde Realwirtschaft anzukurbeln,
müsste die Politik sehr schnell handeln: in Infrastruktur und Bildung investieren sowie durch eine Reform
des Steuersystems dafür sorgen, dass die gravierende
Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen nicht
weiter wächst. Sieht man sich die Verteilung der Vermögen und Einkommen in den USA genauer an, fallen
einem sofort gravierende Unterschiede auf, die sozialen Sprengstoff bergen und geradezu verhindern, dass
die Wirtschaft wieder in Gang kommt. Wenn nämlich
stimmt, dass die amerikanische Wirtschaft zum Gutteil
durch den Privatkonsum angetrieben wird, dann ist die
soziale Schieflage Gift für die wirtschaftliche Erholung.
Im Vergleich zu anderen hochindustrialisierten Ländern
ist in den USA die Umverteilung in Form von Arbeitslosengeld und Sozialabgaben recht gering. Das hat zur
Folge, dass immer mehr Amerikaner immer weniger
kaufen können, weil auch das Konsumieren auf Pump
nicht mehr in dem Ausmaß wie bisher möglich ist.
Während die partiell ungleiche Einkommensverteilung in vielen europäischen Ländern durch Sozialpolitik
ausgeglichen wird, finanzieren andere, allen voran
die US-Bürger, ihren Konsum durch Kredite. Fehlende
staatliche Regulierungen, die lockere Geldpolitik der
US-Notenbank und auch ausländische Kreditgeber
halfen dabei, indem sie reichlich billiges Geld zur Verfügung stellten und den amerikanischen Traum einer
DGAPjahresbericht 2015 / 16
34 Schwerpunkt – Eine neue „Grand Strategy“ für die USA
„Eigentümergesellschaft“ und eine Wohlstandsillusion
nährten. Der Immobilienmarkt, der bis zum Platzen
der Blase im Jahr 2008 zwei Drittel bis drei Viertel des
US-Konsums alimentierte, indem Häuser immer wieder
beliehen und als Geldautomaten missbraucht wurden,
wird diese vermeintliche Wachstumsfunktion nicht
mehr übernehmen können.
China als Gegenspieler
Das kreditfinanzierte amerikanische Konsummodell
funktionierte in der Vergangenheit, weil asiatische
Volkswirtschaften, vor allem China, den Gegenwert
ihrer Exporte den USA wieder als Kredite zur Verfügung stellten. Indem die chinesische Zentralbank
fortwährend US-Staatsanleihen kaufte, sorgte sie dafür,
dass sie einerseits die eigene Währung, den Renminbi,
gegenüber dem Dollar abwertete. Andererseits konnten
die nunmehr mit einem kräftigen Dollar ausgestatteten Amerikaner über diesen Währungsmechanismus
weiterhin verbilligte chinesische Produkte kaufen. Der
erst später fällige Preis: die Zinsen in den USA waren
zu niedrig und führten zu Fehlallokationen, indem sie
eine Immobilienblase nährten, die das Konsumieren
auf Pump ermöglichte. Diese Symbiose funktionierte bis zum Platzen der Immobilienblase, der damit
­ausgelösten Banken- und Finanzkrise und der einher­
gehenden weltweiten „Wert“-Verluste.
Aus bisherigem Schaden klüger geworden, versuchen die Entscheidungsträger in Peking nun, sich
aus der Dollar-Falle zu lösen, die eigene Wirtschaft
stärker auf Binnenkonsum umzustellen und Chinas
Exportmärkte zu diversifizieren. Mit der sogenannten
Seidenstraßeninitia­tive („Ein Gürtel, eine Straße“) will
das Reich der Mitte über Land- und Seewege seine Wirtschaft mit den Nachbarn in der Region, mit Westasien,
Afrika und Europa verbinden. Wenn China Straßen,
Bahnlinien, Flughäfen, Häfen und Telekommunikationsverbindungen selbst oder über von ihm dominierte
multilaterale Organisationen finanziert, kommen vor
allem chinesische Arbeiter in Lohn und Brot. Zudem
werden neue Absatzmärkte in Zentralasien und Europa
erschlossen – und die historischen Einflussbereiche
wieder belebt.
Das ist aus Sicht der Geostrategen in Washington ein
äußerst bedrohliches Szenario. Wenn China sogenannte öffentliche Güter wie Infrastruktur, Handels- und
Informationswege zur Verfügung stellt, baut es langsam, aber sicher seine Vormachtstellung aus. Indem
es als kluge Macht seine nationalen Interessen breiter
definiert, anderen erlaubt, davon ebenso zu profitieren, kann es Führung beanspruchen und Gefolgschaft
erwarten. Ein Beleg dafür ist Pekings Erfolg, trotz
massiven Drucks der USA, europäische Partner wie
Großbritannien, Frankreich und Deutschland für seine
Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) gewonnen zu haben. Da der amerikanische Kongress über fünf
Jahre internationale Vereinbarungen blockierte, China
mehr Mitsprache in den bestehenden, von den USA
Marode, renovierungsbedürftige Infrastruktur in den USA: Brückeneinsturz in Minneapolis.
DGAPjahresbericht 2015 / 16
Schwerpunkt – Eine neue „Grand Strategy“ für die USA 35
dominierten Bretton-Woods-Institutionen (Weltbank
und IWF) einzuräumen, baut Peking nunmehr von ihm
beeinflusste Alternativstrukturen auf.
Eine neue „Grand Strategy“
Der amerikanische Politikwissenschaftler Francis
Fukuyama, der seinerzeit vorschnell das „Ende der
Geschichte“ ausrief, feierte im Wettkampf der Systeme
den endgültigen Sieg liberaler Demokratien und freier
Marktwirtschaften, diagnostiziert heute elementare
Defizite der amerikanischen Demokratie. Diese seien
umso problematischer, weil sich ein neuer Konkurrent,
namentlich China, anschicke, sein Gegenmodell zu exportieren. Die Geschichte geht also doch weiter, denn
Fukuyama sieht eine neue „historische Auseinandersetzung“ um das „Schicksal Eurasiens“: zwischen den
USA und seinen westlichen Partnern auf der einen und
China auf der anderen Seite.
Bereits heute stellt die von Peking weltweit orchestrierte Entwicklungshilfe die Bemühungen von Weltbank
und Internationalem Währungsfonds in den Schatten. Während dem amerikanischen Staat Geld und
Handlungsfähigkeit fehlen, selbst im eigenen Land die
maroden Straßen, Brücken und Flughäfen zu erneuern,
finanziert China weltweit Infrastruktur, entwickelt damit neue Absatzmärkte und kann sich so vom bisherigen
Hauptabnehmer USA emanzipieren – dem es bislang in
großen Mengen das Geld geliehen hatte, damit dieser
chinesische Produkte kaufen konnte.
Das betrifft nicht nur US-Bürger, die aus ihrer Wohlstandsillusion gerissen werden, sondern auch den amerikanischen Staat, der schon seit Längerem über seine
Verhältnisse lebt. China ist nicht mehr bereit, mit seinen
Devisenreserven den US-Staatshaushalt zu finanzieren,
der zu einem Großteil dafür verwendet wird, die Weltmacht militärisch und sicherheitsdienstlich gegen die
„gelbe Gefahr“ aufzurüsten. Diese Veränderungen des
„business as usual“ alarmieren den militärisch-industriellen Komplex ebenso wie die Wall Street.
Die Vordenker in Think Tanks mahnen bereits
zu einer neuen „Grand Strategy“. Auch sie nehmen
China ins Visier. Anstelle des bisherigen Flickwerks
einzelner Strategien gegenüber bestimmten Ländern
beziehungsweise in Politikfeldern (Sicherheits-, Han-
dels- oder Energiepolitik) sollten die USA wieder eine
globale, themenübergreifende Ausrichtung, also eine
umfassende „Grand Strategy“, verfolgen. Damit solle
auf jeden Fall verhindert werden, dass ein möglicher
Rivale den USA die See- oder Lufthoheit im eurasischen
Raum – dem bevölkerungsreichsten und wirtschaftlich
interessantesten Gebiet dieser Erde – streitig macht,
wirtschaftliche Aktivitäten der USA unterbindet oder
ihnen den Zugang zu Ressourcen verwehrt. Obwohl
dies selten offen ausgesprochen worden ist, haben die
Militäroperationen und diplomatischen Aktivitäten der
USA in den vergangenen Dekaden genau dieses zentrale
Ziel verfolgt, so die Analyse des Congressional Research
Service (CRS), des überparteilichen wissenschaftlichen
Dienstes des Kongresses.
China wird auch von den aktuellen Wahlkämpfern
thematisiert, von denen die meisten von der Finanzund Rüstungsindustrie gesponsert und von Experten
in Think Tanks beraten werden, die sich damit eine
Anstellung in der nächsten Regierung erhoffen. Bei
allen Widersprüchen in innen- und außenpolitischen
Fragen ist man sich in einem Punkt relativ einig: der
Bedrohung durch China zu begegnen. Wer das Ganze
als Wahlkampfgetöse abtut, das nach den Wahlen wieder vergessen sein wird, ignoriert die innenpolitische
Dynamik in den USA ebenso wie die wirtschaftlichen
Zusammenhänge und die sich international abzeichnenden Machtverschiebungen. Die USA werden mit
allen Mitteln harter und weicher Macht versuchen, den
weiteren Machtzuwachs Chinas zu verhindern.
Deutschlands Verantwortliche in Politik und Wirtschaft sollten sich bereits jetzt Gedanken machen, wie
diese Konfrontation zwischen China und den USA
abgemildert werden kann. Denn es ist nicht im Interesse einer Handelsnation, die umfangreiche Wirtschafts-,
Handels- und Währungsbeziehungen mit beiden
unter­hält, zwischen die Fronten von Militärmächten zu
geraten.
Dr. Josef Braml ist USA-Experte im Forschungsinstitut
der DGAP. Im März 2016 erschien sein neues Buch „Auf
Kosten der Freiheit: Der Ausverkauf der amerikanischen
Demokratie und die Folgen für Europa“.
DGAPjahresbericht 2015 / 16
36
Trotz derzeitig guter Prognosen bleibt China ein Risiko für die Weltwirtschaft.
China: Auftakt zum Abschwung?
Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist besorgt
über die Entwicklung der Weltwirtschaft. Laut seinem
World Economic Outlook vom April 2016 wächst „die
Weltwirtschaft schon zu lange zu langsam“, so dass sie
deutlich stärker Risiken ausgesetzt ist. Zu den Risiken
zählt der IWF die Volatilität der Finanzmärkte, unter
der vor allem die Entwicklungs- und Schwellenländer
zu leiden haben; den längeren Zeitraum von niedrigen
Ölpreisen (zu Lasten der ölexportierenden Länder) und
die Möglichkeit eines deutlich stärkeren Abschwungs
in China. Auch geopolitische Spannungen spielen eine
Rolle.
China wird somit als eines der zentralen Risiken für
die Weltwirtschaft gesehen. Die Volksrepublik hatte zu
Beginn des Jahres unter Börsenturbulenzen zu leiden,
gepaart mit einer hohen Kapitalflucht und einer deutlichen Abwertung des Yuan. Gleichzeitig sind die öffentlichen und privaten Schulden seit der globalen Finanz-
DGAPjahresbericht 2015 / 16
krise 2008/09 von 160 Prozent des BIP auf 240 Prozent
des BIP gestiegen. Trotzdem prognostiziert die chinesische Regierung weiterhin ein beständiges Wachstum,
auch wenn die Wirtschaft 2015 mit 6,9 Prozent die niedrigste Wachstumsrate seit 25 Jahren verzeichnete. Für
das laufende Jahr rechnet China mit 6,5 Prozent. Diese
­Prognose wird auch vom IWF in seinem Frühjahrsausblick u
­ nterstützt, die er im Vergleich zum Januar sogar
um 0,2 Prozent anhob.
Da das Wachstum jedoch durch kurzfristige Konjunkturmaßnahmen und staatliche Kredite gefördert wurde,
die auch die Schulden des Landes in die Höhe treiben,
hat der IWF die langfristige Prognose wiederum gesenkt. China befindet sich in einer Umstrukturierungsphase von einer Wirtschaft, die sich auf die Produktion
von Exportgütern konzentriert, zu einem Modell, das
sich stärker auf privaten Konsum und Dienstleistungen
stützt. Diese Transformation führt jedoch zu wirtschaft-
Schwerpunkt – China: Auftakt zum Abschwung? 37
lichen Unsicherheiten, die auch die Weltwirtschaft
beinträchtigen können.
Der IWF befürchtet vor allem eine Ansteckungsgefahr für die Entwicklungs- und Schwellenländer, die
derzeit mit zahlreichen Problemen zu kämpfen haben.
Maurice Obstfeld, Chefökonom des IWF, warnte daher
in seinem wirtschaftlichen Ausblick vom April 2016,
dass niedriges Wachstum „weniger Raum für Fehler“
lasse, vor allem auch in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Auch IWF-Direktorin Christine Lagarde
erklärte, dass das globale Wachstum 2016 „enttäuschend und ungleich“ sein werde.
Durch die wirtschaftliche Schwäche Chinas besteht
die Gefahr, dass der Welthandel, der zuletzt nur noch
um 3 Prozent pro Jahr gestiegen ist, weiter einbrechen
könnte. In den vergangenen Jahren lag die Wachstumsrate bei durchschnittlich 7 Prozent. China war laut der
Welthandelsorganisation (WTO) 2014 der weltweit
größte Warenexporteur und der zweitgrößte ­Importeur
nach den USA. Gleichzeitig ist es der fünftgrößte Exporteur von Dienstleistungen und nach den USA auch der
zweitgrößte Importeur. Der Welthandel könnte somit
durch den Abschwung Chinas als zentralem Player weiter ins Stocken geraten.
Außerdem hätte eine Rezession in China negative Folgen für die Rohstoffpreise. China ist einer der
größten Importeure von Rohstoffen, inklusive Öl. Seit
Juni 2014 ist der globale Ölpreis von 115 Dollar (pro Fass
Rohöl) um mehr als 60 Prozent auf bis zu 30 Dollar
gesunken. Dies führt dazu, dass viele rohstoffexportierende Schwellenländer stark unter Druck stehen.
Sinkt die Nachfrage durch den Rückgang von China als
Rohstoffabnehmer weiter ab, könnte die Wirtschaft der
angeschlagenen Schwellenländer (wie Brasilien und
Russland) weiter einbrechen. Der IWF prognostiziert
für Brasilien 2016 bereits einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 3,8 Prozent und für Russland um
1,8 Prozent (nach einem Rückgang um 3,7 Prozent im
vergangenen Jahr).
Die Probleme Chinas zeigten sich bereits im Finanzsektor, wo es immer wieder zu Turbulenzen kam. Obwohl der IWF betonte, dass die Börsen überreagiert hätten, stehen 2016 doch deutliche Anpassungen ins Haus.
Dies hat Auswirkungen auf das Vertrauen der Marktteilnehmer. Nach einer Studie von PWC sahen 66 Prozent
der Vorstandsvorsitzenden beim Weltwirtschaftsforum
in Davos im Januar 2016 mehr Gefahren für das Wachstum des eigenen Unternehmens als vor drei Jahren
(7 Prozent mehr als 2015). Die FAZ bezeichnete daher
2016 bereits als „das Jahr der düsteren Stimmung“.
Je nachdem, wie sich die Wirtschaft in China weiterentwickelt, kann es zu einem Problem für die Weltwirtschaft werden, gegen das die anderen Staaten nur noch
sehr wenige effektive Abwehrmöglichkeiten haben.
Bereits als Reaktion auf die globale Finanzkrise und die
daran anschließende Krise in Europa haben viele Staaten ihr Pulver in der Geld- und Fiskalpolitik verschossen
und hohe Schulden angehäuft. Aufgrund der großen
Unsicherheiten und Risiken senkte der IWF die Prognose für die Weltwirtschaft (im Vergleich zum Januar
2016) um 0,2 Prozent auf 3,2 Prozent für dieses Jahr und
von 3,6 Prozent auf 3,5 Prozent für 2017.
Tief in der Kreide
Infolge des Konjunkturprogramms steigen Chinas Schulden seit 2007 massiv an
China
2000
23
China
2007
China
2014
Regierung
7
42
55
83
8
24
72
65
Finanzinstitute
(in % BIP)
121
20
158
125
38
Unternehmen
Privathaushalte
Quelle: McKinsey
Die globale Wirtschaft bleibt auf einem Wachstumspfad, wenngleich auf niedrigerem Niveau – und dies
auch nur unter der Voraussetzung, dass die genannten
Risiken nicht eintreten. Vor allem die Schwellen- und
Entwicklungsländer haben jedoch unter der sinkenden Nachfrage nach Waren, Dienstleistungen und
Rohstoffen und der geringeren Risikobereitschaft der
Finanzteilnehmer zu leiden. 2015 erwartete der IWF ein
Wirtschaftswachstum von nur 4 Prozent. Auch danach prognostiziert er für 2016 ein geringes Wachstum
von 4,1 Prozent und 4,6 Prozent für 2017; dies sind die
niedrigsten Wachstumsraten seit Beginn der globalen
Finanzkrise 2008/09.
Dr. Claudia Schmucker leitet das ­P rogramm Globalisierung und Weltwirtschaft. Sie arbeitet zur globalen
­Finanzkrise, der Rolle der G20 und des IWF sowie zur
WTO und zum Welthandelssystem. Zudem koordiniert sie
die Studiengruppen „Globalisierung und Weltwirtschaft“
sowie „Globale Zukunftsfragen“.
DGAPjahresbericht 2015 / 16
282
39
Anhang
DGAPjahresbericht 2015 / 16
40 Anhang
Gremien, Aufbau, Struktur der DGAP
Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V.
Vorstand
Dr. Arend Oetker,
Präsident
Dr. Harald Kindermann,
Generalsekretär
Dr. Tessen von Heydebreck,
Schatzmeister
Jutta Freifrau von Falkenhausen,
Syndika
Stand: April 2016
Dr. Elke Dittrich,
Leiterin der Bibliothek und Dokumentationsstelle und Verwaltung
Dr. Michael J. Inacker
Dr. Sylke Tempel,
Chefredakteurin der Zeitschriften
IP – Internationale Politik und
BPJ – Berlin Policy Journal
Hagen Graf Lambsdorff
Prof. Dr. Eberhard Sandschneider,
Otto Wolff-Direktor des Forschungsinstituts
Präsidium
1 Wissenschaftlicher Beirat 2 Finanzausschuss
Niels Annen
Prof. Dr. Wolfgang Ischinger
Prof. Dr. Thomas Risse 1
Dr. Stefanie Babst
Dr. Christian Jacobs
Herbert J. Scheidt 2
Prof. Dr. Roland Berger
Bertram Kawlath
Dr. Frithjof Schmidt
Elmar Brok
Eckart von Klaeden
Stephan Steinlein
Sevim Dagdelen
Prof. Dr. Joachim Krause 1
Karsten D. Voigt
Dr. Thomas Enders
Prof. Dr. Charles A. Kupchan
Prof. Dr. Lars P. Feld 1
Prof. Dr. Klaus Mangold 2
Dr. Ludolf G.
von Wartenberg 2
Dr. Stephan Goetz 2
Philipp Mißfelder †
Prof. Dr. Armin Grunwald 1
Hildegard Müller
Jürgen Hardt
Christopher Freiherr von Oppenheim
Dr. Werner Hoyer
Dr. Bernhard Reutersberg
Dr. Heinrich Weiss 2
Prof. Dr. Michael Zürn 1
Ehrenmitglieder
Dr. Ursula Braun
Prof. Dr. Dr. h.c. Karl Kaiser
Prof. Dr. Rita Süssmuth
Dr. Klaus von Dohnanyi
Hans-Ulrich Klose
Prof. h.c. Günter Verheugen
Prof. Dr. h.c. Hans-Dietrich Genscher †
Helmut Schmidt †
Dr. Antje Vollmer
DGAPjahresbericht 2015 / 16
Anhang – Gremien, Aufbau, Struktur der DGAP 41
Deutsche Gesellschaft für
Auswärtige Politik e.V.
Mitgliederversammlung
Vorstand
Präsidium
Regionalforen
Fördererkreis
der DGAP e.V.
Stiftung der DGAP
für Auswärtige
Politik
Vorstand
Stiftungsrat
Junge DGAP
Forschungsinstitut
Wissenschaftlicher Beirat des Präsidiums
Bibliothek und Dokumentationsstelle
DGAP
Consulting GmbH
Geschäftsführung
Zeitschriften IP und BPJ
Beirat
Um die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. auf
Verein zusammengeschlossen, dem Fördererkreis der DGAP e.V.
Dauer als unabhängigen Akteur und Impulsgeber für die
Ende 2011 wurde die DGAP Consulting GmbH als hundertpro-
außenpolitische Diskussion zu erhalten, wurde 2010 die
zentige Tochtergesellschaft des Fördererkreises gegründet. Die
Stiftung der DGAP für Auswärtige Politik errichtet.
Zur effektiven Unterstützung der DGAP hatten sich bereits
DGAP Consulting verfolgt das Ziel, über Beratungsleistungen
und Serviceleistungen wie Gutachten, Workshops und Semi-
im Jahr 1955 zahlreiche Unternehmen, Institutionen,
nare weitere Einnahmen für den Fördererkreis der DGAP zu
Stiftungen und Verbände in einem eigenen gemeinnützigen
erwirtschaften.
Fördererkreis
der DGAP e.V.
Stiftung der DGAP
für Auswärtige Politik
DGAP
Consulting GmbH
Geschäftsführender Vorstand
Dr. Harald Kindermann, Vorstand
Stefan Dauwe, Geschäftsführer
Dr. Arend Oetker, Vorsitzender
Dr. Harald Kindermann,
Stellvertretender Vorsitzender
Dr. Tessen von Heydebreck,
Schatzmeister
Stiftungsrat
Dr. Arend Oetker, Vorsitzender
Jutta Freifrau von Falkenhausen
Fritjof von Nordenskjöld
Weitere Vorstandsmitglieder
Dr. Tessen von Heydebreck
Andreas Herschel
Herbert J. Scheidt
Dr. Joachim Lang
Dr. Bernhard Rabert
DGAPjahresbericht 2015 / 16
42 Anhang
Köpfe der DGAP 2015 / 16
DGAPgesellschaft
Stand: April 2016 * ausgeschieden 2015/16
Dr. Arend Oetker,
Präsident
Andreas Alvarez y Semtner,
Leiter Online-Redaktion
Dr. Harald Kindermann
Generalsekretär
Wiebke Ewering*,
Referentin für Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Elke Dittrich,
Leiterin der Verwaltung
Sabine Straßenburg,
Referentin Geschäftsführung / Generalsekretariat
Evelyn Rehm,
Mitglieder- und
Fördererbetreuung
Claudia Böhmer
Dennis Eden
Miranda Robbins
Marlies Brettschneider
Eva Rüskamp
Bahtiyar Edilbekov
Anja Runge
Mickel Hausotte
Werner Scharek
Christine Krüger,
Referentin für Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit
Marlies Knütter
Leonore Schäfer
Uwe Knütter
Phan Khan Tran
Yulia Loeva,
Leiterin Veranstaltungsorganisation
They-Thuy-Linh Luu*
Monika Wilhelm*
Viola Miculcy
Sabine Wolf
Susanne Marcus*,
Referentin für Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit
DGAPbibliothek und Dokumentationsstelle
Dr. Elke Dittrich,
Leiterin
Erdenchimeg Amgalanbaatar
Nora Lorenz
Verena Schrader
Monika Wilhelm*
Rüdiger Wittke*
Zeitschriften IP und BPJ
Dr. Sylke Tempel,
Chefredakteurin
Dr. Henning Hoff
Uta Kuhlmann-Awad
Charlotte Merkl
Joshua Raisher
Dr. Joachim Staron
DGAPforen
Junge DGAP
DGAPforesight
Diplomatenausbildung
Evelyn Rehm
Venetia Malim,
Geschäftsführerin
Dr. Josef Braml
Sophia Azara,
Koordinatorin
Robert Hirsch
Corinna Blutguth
Carl-Philipp Sassenrath
Gregor Darmer*,
Koordinator
Pia Seyfried
Natalya Nepomnyashcha
Gesa Giesing
Laura Krug
DGAPjahresbericht 2015 / 16
Anhang – Köpfe der DGAP 43
DGAPforschungsinstitut
Prof. Dr. Eberhard Sandschneider,
Otto Wolff-Direktor
des Forschungsinstituts
Dr. Gereon Schuch,
Stellv. Direktor des Forschungsinstituts
Stand: April 2016 * ausgeschieden 2015/16
Henriette Krauße,
Büroleiterin des Forschungsdirektors
Sarah Pagung, Persönliche Referentin
des stellv. Forschungsdirektors
Laura Krug,
Persönliche Referentin des Forschungsdirektors
Programme
Alfred von OppenheimZentrum für Europäische
Zukunftsfragen
Almut Möller*,
Programmleiterin
Dr. Jana Puglierin,
Programmleiterin
Henrik Holst
Julian Rappold
Sarah Wohlfeld
Associate Fellows
Dr. Cornelius Adebahr
Theresia Töglhofer
Natasha Wunsch
Berliner Forum Zukunft
Svenja Sinjen,
Programmleiterin
Daniela Braun
PD Dr. Sigrid Faath*
Frankreich / DeutschFranzösische Beziehungen Dr. Jakob Farah
USA / Transatlantische
Beziehungen
Dr. Claire Demesmay,
Programmleiterin
Dr. Henning Riecke,
Programmleiter
Olga Galashevich*
Julie Hamann
Sara Jakob
Stephanie Reuter
Associate Fellows
Prof. Dr. Stefan Brüne
Tobias Koepf*
Prof. Dr. Sabine Ruß-Sattar
Katrin Sold
Dr. Ali Fathollah-Nejad
Ibrahim El-Houdaiby
Sebastian Sons
Dr. Josef Braml
Sebastian Feyock
Robert Bosch-Zentrum
für Mittel- und Osteuropa,
Russland und Zentralasien
Jonas Kassow
Dr. Gereon Schuch,
Zentrumsleiter
PD Prof. Dr. Erwin Häckel
Dr. Stefan Meister,
Programmleiter Osteuropa,
Russland und Zentralasien
Sascha Knöpfel*
Juulia Barthel
Associate Fellows
Sebastian Gräfe
Dr. Magdalena Kirchner*
Silvia Petig
Dr. Nicole Renvert
Globalisierung und
Weltwirtschaft
Lea Sophie Deworetzki
Oliver Schmidt*
Anna Gelencsér*
Dr. Claudia Schmucker,
Programmleiterin
Dániel Hegedűs
Fellow der
Robert Bosch Stiftung
Associate Fellow
Wilfried Jilge
Eric Langland
Diana Klie
Fellow der Alexander von 
­­
Humboldt-Stiftung
Dr. Jana Puglierin*
Claire Luzia Leifert
Jasmine Hernandez
Alexander Reinicke*
Naher Osten und
Nordafrika
Emilie Mansfeld
Sarah Pagung
Senior Associate Fellows
Dina Fakoussa-Behrens,
Programmleiterin
Lisa Pfann*
Dr. Klaus von Dohnanyi
Anna Quirin
Sarah Hartmann,
Programmleiterin in
Elternzeitvertretung von
Frau Fakoussa-Behrens
Hans-Ulrich Klose
Jan Vařak
Prof. Dr. Reinhard Loske
Associate Fellows
Markus Meckel
Dr. Maria Davydchyk
Ruprecht Polenz
Liana Fix*
Dr. Rainer Stinner
Prof. Dr. Andrea Gawrich
Karsten D. Voigt
Sebastian Feyock*
Kirsten Wiegand
Associate Fellows
Dr. Sandro Gaycken
Cornelius Vogt
China / Asien-Pazifik
Prof. Dr.
Eberhard ­Sandschneider,
Programmleiter
Associate Fellows
Dr. Sebastian Bersick*
Dr. Johannes Kadura*
Anne-Kathrin Langhorst
Dr. Katharina Gnath
Laura Lale Kabis
Inken Wiese*
Associate Fellows
Dr. Behrooz Abdolvand*
Christian Achrainer
Kristian Brakel
Luba von Hauff
Dr. Dr. Martin Sieg
Dr. Iryna Solonenko
Dr. Christian Wipperfürth
DGAPjahresbericht 2015 / 16
44 Anhang
Die Regionalforen der DGAP
Die Aktivitäten der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige
und Förderer der DGAP betreuen überwiegend ehrenamtlich
Politik beschränken sich nicht auf Berlin. Durch die Regio-
die einzelnen Foren. Die Junge DGAP ergänzt das Angebot
nalforen bietet die DGAP ihren Mitgliedern bundesweit ein
der Regionalforen durch weitere Veranstaltungsformate,
attraktives Veranstaltungsprogramm. Engagierte Mitglieder
Stammtische und Unternehmensbesuche.
DGAPforum NRW
DGAPforum Hansestädte
DGAPforum Frankfurt
Das DGAPforum NRW wurde 1999 in
Das DGAPforum Hansestädte wurde
In Frankfurt a.M. wurde 2010 auf Initia-
Bonn gegründet und ist heute auch in
2007 gegründet. Seit 2011 besteht eine
tive unserer Präsidiumsmitglieder
Düsseldorf und Köln aktiv. Das Forum
Kooperation mit dem Hamburger Abend-
Herbert J. Scheidt und Prof. Dr. Günther
hat rund 360 Mitglieder. 2015 fanden
blatt. Das Forum hat rund 150 Mitglieder
Nonnenmacher das Forum DGAP im
12 Veranstaltungen statt: 7 in Düsseldorf,
und wird geleitet von DGAP-Präsidiums-
Dialog gegründet.
4 in Bonn und eine in Köln. Die Junge
mitglied Dr. Joh. Christian Jacobs, der
Das Forum hat rund 180 Mitglieder. Es
DGAP organisierte 11 Veranstaltungen.
2015 die Reihe „Politischer Salon“ ins
fanden 5 Veranstaltungen der Jungen
Leben rief. Es fanden 4 Veranstaltungen
DGAP statt.
Volker Schlegel, Vorsitzender
statt. Die Junge DGAP richtete 2015
DGAPforum NRW / Köln
12 Veranstaltungen aus.
Boris Aaron Rothe, Stv. Vorsitzender
Dr. Joh. Christian Jacobs, Vorsitzender
DGAPforum NRW / Düsseldorf
Junge DGAP Hansestädte
Lenka Heimöller, Stv. Vorsitzende
Paul Thomas Brzesina
Junge DGAP NRW
Jonas Abs
Oliver Mersmann
Junge DGAP Frankfurt a.M.
Christoph Kehr von Plettenberg
DGAPforum
Baden-Württemberg
Das DGAPforum Baden-Württemberg ist
mit seiner Gründung 2013 das Neueste
DGAPforum München
DGAPforum Sachsen
der Foren. Geleitet wird es vom ehemaligen Stuttgarter Oberbürgermeister Prof.
Das DGAPforum München wurde 2006
In Sachsen ist die DGAP seit 2008 aktiv.
Dr. Wolfgang Schuster. Finanziell wird
auf Initiative von Dr. Benno Schwarz mit
Seit 2009 leitet Prof. Dr. Clauß Dietz das
es von der Robert Bosch Stiftung und
Unterstützung unseres Förderers und
DGAPforum Sachsen, das Veranstaltun-
vom Institut für Auslandsbeziehungen
Präsidiumsmitglieds Prof. Dr. h.c. Roland
gen in Dresden und Leipzig organisiert.
(ifa) unterstützt. Das Forum hat rund 150
Berger gegründet. Seit 2007 koordiniert
Das Forum hat rund 70 Mitglieder und
Mitglieder und organisierte 4 Veranstal-
ein Steering Committee die Aktivitäten.
organisierte 2 Veranstaltungen, bei der
tungen. Die Junge DGAP organisierte 6
Das Forum hat rund 250 Mitglieder und
Jungen DGAP waren es 7.
Veranstaltungen.
Prof. Dr. Clauß Dietz, Vorsitzender
Prof. Dr. Wolfgang Schuster, Vorsitzender
Junge DGAP Sachsen
Junge DGAP Stuttgart
Felix Klein
Karoline Gil
organisierte 11 Veranstaltungen. Bei der
Jungen DGAP waren es 10.
Dr. Benno Schwarz, Vorsitzender
Junge DGAP München
Carsten Berger
DGAPjahresbericht 2015 / 16
Anhang 45
Finanzbericht der DGAP
Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP)
DGAP Jahr für Jahr vor finanziellen Herausforderungen. Um
wird durch die Beiträge ihrer Mitglieder, eine institutionelle
ihre Ziele erreichen zu können, muss sie über Forschung und
Förderung des Auswärtigen Amtes sowie durch die Unter-
Publikationen, Veranstaltungen, die Zeitschrift IP – Internati-
stützung von Einzelpersonen, Unternehmen, Stiftungen und
onale Politik / Berlin Policy Journal (BPJ) sowie die Bibliothek
Verbänden finanziert. Diese breite Form der Unterstützung
und Dokumentationsstelle weitere Maßnahmen finanzieren
sichert der DGAP ihre Unabhängigkeit. Gleichwohl steht die
und dafür kontinuierlich Spenden einwerben.
Überblick über den Geschäftsverlauf des Jahres 2015
Ertrags-, Vermögens- und Finanzlage
Auch im Jahr 2015 ist es gelungen, die
1 T € = Abkürzung für 1000 Euro.
Die Gesamterträge sind im Vergleich
Die aufwendigsten Programme
Basisfinanzierung der Grundstrukturen
zum Vorjahr um 2,2 Prozent auf T€ 4.516
waren das Robert Bosch-Zentrum für
der DGAP sicherzustellen.
(i. Vj. T€ 4.618) gesunken. Die Aufwen-
Mittel- und Osteuropa, Russland und
dungen sind gegenüber dem Vorjahr
Zentralasien mit T€ 701 (i. Vj. T€ 620),
Jahre 2015 institutionell mit T€ 845 (i.Vj.
um rund 1,9 Prozent auf 4.511 T€ (i. Vj.
das Programm Frankreich mit T€ 309
T€ 748) gefördert.
T€ 4.597) ebenfalls zurückgegangen.
Das Auswärtige Amt hat die DGAP im
Die Anzahl der zahlenden Mitglieder
Die Entwicklung gegenüber dem
(i. Vj. T€ 310), das Programm Naher und
Mittlerer Osten mit T€ 232 (i. Vj. T€ 432)
ist von 2.236 auf 2.241 gestiegen. Die
Vorjahr resultiert unter anderem aus der
sowie die Forschungsprofessur mit
Erträge aus Mitgliedsbeiträgen sind
geringeren Anzahl der abgewickelten
T€ 246 (i. Vj. T€ 244). Die Finanzierung
im Berichtsjahr auf 440 angewachsen.
Projekte und den damit verbundenen
erfolgte durch private und öffentliche
Die erhaltenen Projektmittel sind mit
gesunkenen Sitzungs- und Honorar-
Projektzuwendungen.
­­T€ 2.160 (i. Vj. T€ 2.175) relativ konstant
kosten.
geblieben, was insbesondere auf das im
Die Steuern von Einkommen und Er-
Die DGAP schließt ihr Geschäftsjahr
2015 mit einem Ergebnisvortrag in Höhe
Geschäftsjahr 2014 angelaufene Pro-
trag sind gegenüber zum Vorjahr nahezu von T€ 9 ab (i. Vj. T€ 6).
gramm Russland und Zentralasien sowie
konstant geblieben.
die im Zweijahres-Rhythmus durchge-
In den Forschungsprogrammen der
führte Deutsch-Tschechische Jahreskon-
DGAP wurden 2015 insgesamt 40 Projek-
ferenz zurückzuführen ist.
te (i. Vj. 42) betreut.
Für die kommenden Jahre 2016 und
2017 strebt die DGAP ein ausgeglichenes
Ergebnis an.
DGAPjahresbericht 2015 / 16
46 Anhang
Bilanz der DGAP e.V. zum 31. Dezember 2015
Aktiva in Euro
2015
2014
20.297,50
4.091,00
AAnlagevermögen
I. Immaterielle Vermögensgegenstände
1. Entgeltlich erworbene Software
II. Sachanlagen
1. Grundstücke mit Geschäftsbauten
2. Betriebs- und Geschäftsausstattung
5.274.691,64
5.323.888,13
83.917,00
5.358.608,64
100.121,00
5.424.009,13
A
5.378.906,14
5.428.100,13
915,33
2.242,08
BUmlaufvermögen
I. Vorräte
Verbrauchsmaterial
II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände
1. Forderungen aus Beiträgen
2. Forderungen aus der Abwicklung von Projekten
5.999,25
7.497,00
1.436.220,43
1.566.872,44
43.074,50
1.485.294,18
292.024,89
272.535,05
B
1.778.234,40
1.910.596,78
CRechnungsabgrenzungsposten
C
44.529,69
44.328,00
Summe Aktiva
7.201.670,23
7.383.024,91
2015
2014
3. Sonstige Vermögensgegenstände
III. Kassenbestand und Guthaben bei Kreditinstituten
Passiva in Euro
61.450,21
1.635.819,65
AEigenkapital
I. Vereinskapital
II. Ergebnisvortrag
B Sonderposten aus Zuwendung zur Finanzierung
des Anlagevermögens
1.646.366,10
1.646.366,10
8.931,76
6.173,82
A
1.655.297,86
1.652.539,92
B
3.222.354,07
3.296.071,84
CRückstellungen
1. Sonstige Rückstellungen
246.800,00
C
259.300,00
246.800,00
259.300,00
DVerbindlichkeiten
1. aus Lieferungen und Leistungen
2. aus der Abwicklung von Projekten
3. gegenüber dem Fördererkreis der DGAP e.V.
35.773,50
47.967,85
4. Sonstige Verbindlichkeiten
47.700,08
56.908,52
ERechnungsabgrenzungsposten
DGAPjahresbericht 2015 / 16
120.487,60
107.523,10
1.727.909,26
1.777.049,05
D
1.931.870,44
1.989.448,52
B, C und D
5.401.024,51
5.544.820,36
E
145.347,86
185.664,63
Summe Passiva
7.201.670,23
7.383.024,91
Anhang 47
Gewinn- und Verlustrechnung der DGAP e.V.
1. Januar – 31. Dezember in Euro
2015
2014
1.Erträge aus Mitgliedsbeiträgen
439.991,38
425.653,72
2.Zuwendungen aus Mitteln des
Fördererkreises der DGAP e.V.
546.393,12
706.673,81
2.069.089,75
2.207.628,11
4.Bundeszuschüsse außerhalb des Projektgeschäfts
844.574,00
748.000,00
5.Sonstige Erträge
615.930,28
529.702,95
3.Erträge aus Projektmitteln
6.Personalaufwand
a) Löhne und Gehälter
b) Soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung – davon für Altersversorgung T€ 108 (i. Vj. T € 116)
7.Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen
-1.968.863,42
-441.565,95
-1.921.076,78
-2.410.429,37
-466.623,51
-2.387.700,29
-96.736,69
-89.556,66
-2.003.922,97
-2.119.783,64
9.Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge
0,00
673,28
10. Zinsen und ähnliche Aufwendungen
0,00
-1.007,00
11. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit
4.889,50
20.284,28
12. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag
-1.630,09
-2.177,02
-501,47
-501,47
14. Jahresüberschuss
2.757,94
17.605,79
15. Ergebnisvortrag aus dem Vorjahr
6.173,82
-11.431,97
16. Ergebnisvortrag
8.931,76
6.173,82
8.Sonstige Aufwendungen
13. Sonstige Steuern
Der vom Vorstand aufgestellte Jahresabschluss – einschließlich Anhang – ist
von der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüft und mit dem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk vom 6. April 2016 versehen worden.
DGAPjahresbericht 2015 / 16
48 Impressum
© Mai 2016
Herausgeber Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP)
Redaktion Christine Krüger
Lektorat Uta Kuhlmann-Awad
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Bildnachweis
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Dirk Enters; S. 2: © David Ausserhofer; S. 3: © Annette Hornischer;
S. 4: © DGAP/Dirk Enters; S. 6: © DGAP/Dirk Enters; S. 7: © DGAP;
S. 9: © DGAP/Dirk Enters; S. 13 links: © Andreas Schoettke; S. 13
rechts: © DGAP/Dirk Enters; S. 14–15: © DGAP/Dirk Enters; S. 16 links:
© DGAP; S. 16 rechts: © DGAP/Dirk Enters; S. 17 links: © DGAP;
S. 17 rechts: © DGAP/Dirk Enters; S. 18 links: ©  DGAP; S. 18 rechts:
©  Stephan Pflug; S. 19 links: ©  DGAP/Dirk Enters; S. 19 rechts:
©  DGAP; S. 20: © ­A nnette Hornischer; S. 22: © REUTERS/RIA Novosti;
S. 23: © REUTERS/Fabrizio Bensch; S. 24: © REUTERS/RIA Novosti;
S. 25: © REUTERS/POOL New; S. 26: © REUTERS/Sana Sana;
S. 28: © REUTERS/POOL New; S. 29: © Bundeswehr/Oliver Pieper;
S. 32: © REUTERS/Yuri Gripas; S. 34: © REUTERS/Larry Downing;
S. 36: © REUTERS/Antara Photo Agency; S. 37: Graphik © Thorsten
Kirchhoff; S. 38: © Annette Hornischer
DGAPjahresbericht 2015 / 16
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