Viele Pflegeheime sind teuer und schlecht

Deutschlandweite Untersuchung
Viele Pflegeheime sind teuer und schlecht
Rund 60 Prozent aller Heime sind bei landesweiten Prüfungen negativ aufgefallen. Am schlimmsten ist es
in Rheinland-Pfalz. Dort zahlen Bedürftige im Verhältnis das meiste Geld für am wenigsten gute Pflege.
Reporter und Programmierer des Recherchezentrums correctiv.org haben in den vergangenen Monaten
die Daten aller deutschen Pflegeheime sowie Informationen zu allen Landkreisen und Städten
ausgewertet. Die Analyse offenbart viele Probleme. Wie die Apotheken-Umschau berichtet, fallen in
Rheinland-Pfalz sogar vier von fünf Pflegeheimen bei den jährlichen Qualitätsprüfungen der
Krankenkassen negativ auf. Dabei ist die Pflege in kaum einem Bundesland so teuer wie in
Rheinland-Pfalz: 3453 Euro kostet hier im Schnitt ein Heimplatz in Pflegestufe 3 pro Monat. Mehr als
1800 Euro davon müssen Pflegebedürftige privat zahlen.
Die Rechercheure haben fünf Bereiche herausgelöst und untersucht: die ausreichende Versorgung mit
Nahrung und Flüssigkeit; den Umgang mit Schmerzpatienten; den Umgang mit Inkontinenz; die
Versorgung von Wunden; die Gabe von Medikamenten. All das sind Fragen, die zentral sind für die
Pflege alter und gebrechlicher Menschen. Das Ergebnis: Nimmt man nur diese fünf Bereiche, dann
fallen 60 Prozent aller Heime negativ auf. Mehr als 50 Prozent der Heime versorgen die Alten und
Kranken den Prüfungen zufolge nicht korrekt mit Medikamenten, mehr als 30 Prozent nicht
vorschriftsmäßig mit Nahrung und Flüssigkeit.
Durch die Auswertung dieser Bereiche ist nun erstmals auch ein detaillierter Vergleich zwischen allen
Bundesländern, Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland möglich. In Rheinland-Pfalz und
Bayern werden etwa 80 Prozent aller Heime auffällig, in Baden-Württemberg, Sachsen und
Mecklenburg-Vorpommern nur die Hälfte, in Brandenburg gar nur 40 Prozent. Die Daten geben
Hinweise darauf, wie unterschiedlich die Qualität der Pflege ist – und dass zweitens teure Pflegeheime
nicht automatisch gut sind. Im Gegenteil: Die Einrichtungen in Rheinland-Pfalz werden am häufigsten
bemängelt – und gehören mit einer Zuzahlung von 3453 Euro bei Pflegestufe drei zu den teuersten. Nur
Nordrhein-Westfalen (3601 Euro) und das Saarland (3614 Euro) sind teurer. In Sachsen-Anhalt (2450
Euro), Mecklenburg-Vorpommern (2571 Euro), Sachsen (2602 Euro) und Niedersachsen (2673 Euro)
ist die private Zuzahlung dagegen nur etwa halb so hoch, die Heime sind rund 1000 Euro günstiger –
jeden Monat.
Es gibt noch einen weiteren Grund, warum die Pflege so unterschiedlich ist. Zu viele Menschen reden
bei der Finanzierung mit. In jedem einzelnen deutschen Bundesland werden Rahmenverträge
ausgehandelt, von drei Parteien: den Pflegekassen, den Sozialämtern, den Heimbetreibern. Dabei
müssen sich stets alle Beteiligten einig sein.
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Zudem haben die Sozialämter der Kommunen ein zu großes Interesse an Billig-Pflege. Warum? Die
Preise in der Pflege steigen, aber die Pflegekassen zahlen gleich viel. Was dazu führt, dass der
Eigenanteil für die Bewohner und ihre Angehörigen seit Jahren steigt. Ein Beispiel: Seit 1999 ist der
Eigenanteil in Pflegestufe 1 um 400 Euro pro Monat gestiegen. Wer sich diesen Eigenanteil nicht leisten
kann, beantragt Hilfe vom Staat. Was dazu führt, dass die Sozialämter die Kosten noch härter drücken
als die Pflegekassen.
Dieser Artikel erschien am 10.06.2016 unter folgendem Link:
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