Krautfäulebekämpfung 2016: Nach Warndienstaufruf mit geeigneten Fungiziden Die Krautfäulebekämpfung 2016 steht unmittelbar bevor. Die Empfehlungen werden, wie üblich, vor dem Hintergrund regionaler, also Standortverhältnisse der verschiedenen Anbauregionen und auf der Basis umfangreicher Versuchsergebnisse und Erfahrungswerte ausgesprochen. Dabei sollten alle zur Verfügung stehenden Informationen, wie z.B. auch Befallsmeldungen aus angrenzenden Bundesländern und den Niederlanden, sachlich beurteilt und verwertet werden – in keinem Fall jedoch zu vorschnellen, überzogenen und panischen Reaktionen führen. Vorab noch zwei wichtige Hinweise: • Kartoffelaufwuchs an Lager- oder Abfallstätten muss zwecks Vermeidung unnötiger Infektionsquellen konsequent abgetötet werden. • Kartoffeln, die als Durchwuchs- oder Unkrautkartoffeln in anderen Kulturen aufwachsen, sind bestmöglich zu bekämpfen – auch wenn z.T. beträchtlicher Mehraufwand entsteht. Hier ist die Lage infolge der „Winterwitterung“ 2015 und 2016 mit vergleichsweise milden Temperaturen und ohne ernstzunehmende Frostperioden insgesamt als sehr kritisch zu beurteilen. Mitentscheidend für Erfolg und Wirtschaftlichkeit der Krautfäulebekämpfung insgesamt ist die richtige Platzierung der ersten Fungizidmaßnahme. Zur Berechnung des Spritzstartes stehen auf der regelmäßigen Erfassung von spezifischen Bestandes- und regionalen Witterungsdaten basierende Prognosemodelle wie Simblight 1, Simphyt oder Phytprog zur Verfügung. Diese haben sich bewährt. Sie ermitteln den Massiver Phytophthora-Anfangsbefall in einer unbehandelten Kontrollparzelle Epidemiebeginn, d.h. dass die (Versuchsfeld Rupennest) Erstbehandlung kurz vorher erfolgen muß. Obwohl die Programme den Ablauf der befallsfreien Zeit mit hoher Sicherheit voraussagen, sollte man sich aber nicht blind auf diese Berechnungen verlassen, sondern zusätzlich seine Bestände regelmäßig (mindestens zweimal pro Woche) auf Frühinfektionen kontrollieren. Dieses gilt insbesondere für die hochanfälligen Sorten. Hier sollte die Krautfäulebekämpfung im Zweifelsfall auch vor dem prognostiziertem regionalen Spritzstart beginnen. KRAUTFÄULEBEKÄMPFUNG 2016: NACH W ARNDIENSTAUFRUF MIT GEEIGNETEN FUNGIZIDEN Seite 2 von 6 Empfehlungen zur Erstbehandlung im Internet Auch in 2016 wird auf zahlreichen Monitoring-Flächen zweimal wöchentlich ein unbehandeltes Teilstück auf den Erstbefall mit Krautfäule bonitiert. Ab Befallsbeginn erfolgt die Kontrolle einmal wöchentlich in der behandelten Fläche, um Aussagen über die weitere Befallsentwicklung machen zu können. Jeder Landwirt in Niedersachsen hat als Warndienst- und/oder Wetterfaxabonnement eine Zugangsberechtigung zu ISIP und kann sich so einen Überblick über die aktuelle Befallssituation in seiner Region verschaffen. Diese Daten können rechtzeitig zur Saison unter der Internetadresse www.isip.de abgerufen werden. Systemische Wirkstoffe gezielt einsetzen – Resistenzen vermeiden Die Wahl der im Verlauf der Spritzfolge eingesetzten Mittel sowie die Zeitabstände zwischen den einzelnen Behandlungen hängen im Wesentlichen von der aktuellen Witterung und dem Befallsgeschehen ab. Dabei ist die Wahl der Mittel auch im Hinblick auf einen konsequenten Wirkstoffwechsel, der einer Gefahr der Resistenzbildung weitgehend vorbeugen soll, vorzunehmen. Langjährige Untersuchungen des JKI (Julius Kühn-Institut) belegen, dass weiterhin Phytophthorastämme auftreten, die sich gegenüber dem Wirkstoff Metalaxyl (enthalten in Ridomild Gold MZ und Epok) als resistent erweisen. Das heißt nun nicht, dass gänzlich auf diese Mittel verzichtet werden muss. Es sind nach wie vor wichtige Präparate, welche gut geeignet sind, den Neuzuwachs ausreichend zu schützen. Um den Wirkstoff Metalaxyl für den Kartoffelanbau zu erhalten, sollten Ridomil Gold MZ und Epok nur gezielt mit max. einer Spritzung bei infektionsfördernden Witterungsbedingungen angewendet werden. „Krautfäule-Fungizide“ gezielt einsetzen! Die Palette der zugelassenen „Krautfäule-Fungizide“ ist nach wie vor recht umfangreich (siehe Tab. 1, Seite 5). Nennenswerte Neuzulassungen oder Zulassungsveränderungen für das Vegetationsjahr 2016 hat es nicht gegeben. Alle Fungizide sind gemäß ihrer Leistungsfähigkeit (siehe Tab. 2, Seite 6) gezielt und in Abhängigkeit von den jeweiligen Standortfaktoren (u.a. regionale Klimaverhältnisse, Sortenanfälligkeit, Höhe der N-Düngung) einzusetzen. Die Warndienst-Hinweise des zuständigen amtlichen Pflanzenschutzdienstes sind zu berücksichtigen. Im Rahmen der gezielten Bekämpfung sollte nach Warndienstaufruf die Spritzfolge wenn möglich zunächst mit einem der relativ preiswerten Fungizide der Kontaktgruppe II (z.B. Electis, Ranman, Shirlan) oder eventuell sogar der Gruppe I (z.B. Dithane Neo Tec, Polyram WG) eingeleitet werden. Die Anwendung der vergleichsweise teuren systemischen oder lokalsystemischen Mittel ist unter Beachtung der aktuellen Empfehlungen der regional zuständigen Pflanzenschutzdienststellen einzuplanen (evtl. auch von Anfang an). Faktoren wie Sortenempfindlichkeit, Flächenberegnung, nahe gelegener Folienkartoffelanbau KRAUTFÄULEBEKÄMPFUNG 2016: NACH W ARNDIENSTAUFRUF MIT GEEIGNETEN FUNGIZIDEN Seite 3 von 6 (Abnahme der Folien!), wiederholte Vernässung der Anbauflächen nach dem Pflanzen, Verwertungsrichtung der Kartoffeln sowie spezifische Standortverhältnisse und -erfahrungen sind im Einzelfall von Bedeutung und zu berücksichtigen. Im Zweifelsfall ist eine diesbezügliche Einzelberatung sicherlich hilfreich und wirtschaftlich vorteilhaft. Rückblick 2015 Das „Krautfäulejahr 2015“ war in Niedersachsen insgesamt eher entspannt mit auffällig spätem Epidemiebeginn. Beispielhaft sei hier auf die ISIP-Daten einer Wetterstation im mittleren Emsland verwiesen, die den Infektionsdruck von Anfang Mai bis Ende August 2015 in Verbindung mit dem Erscheinen der Warnkarte am 22. Juni (der seit langem späteste Termin!) und der ersten Befallsbonitur auf dem Versuchsfeld Rupennest am 23.07. (!) darstellen (Abb. 1). Unverständlich bleibt in diesem Zusammenhang der in der Praxis nicht nur vereinzelt zu beobachtende Bekämpfungsbeginn bereits Anfang Juni mit in der Regel mindestens 1 bis 2 unnötigen und damit unwirtschaftlichen Fungizidanwendungen. Abb.1: Verlauf des Phytophthora-Infektionsdrucks 2015 im Emsland ISIP - Kartoffeln KRAUTFÄULEBEKÄMPFUNG 2016: NACH W ARNDIENSTAUFRUF MIT GEEIGNETEN FUNGIZIDEN Seite 4 von 6 Vorgehensweise in 2016 Vor dem Hintergrund langjähriger Erkenntnisse und Erfahrungen sowie aktueller Versuchs- und Untersuchungsergebnisse ist für die Krautfäulebekämpfung 2016 vor allem auf folgende Punkte hinzuweisen: • • • • • Regelmäßige Feldkontrolle auf Primärherde und Stängelbefall Spritzbeginn nach regionalem Warndienstaufruf ausrichten Fungizide im Rahmen der Spritzfolge gezielt platzieren (siehe Tab.1 u. 2) Gewässerabstandsauflagen beachten Systemisch wirkende Mittel gezielt einsetzen: Kein Einsatz bei bereits bestehendem Befall (!) Nur im Bereich der ersten zwei bis drei Spritzungen (max. bis Blühende der Kartoffeln) Maximal eine Anwendung (Metalaxyl-M-Problematik) Niemals in reduzierter Aufwandmenge Keine Anwendung in Pflanzkartoffeln und in frühen Sorten. • Spritzabstände nach aktuellen Erfordernissen gestalten und auf gleichmäßigen Spritzbelag achten; Bei starken Niederschlägen nach Anwendungen von Kontaktfungiziden die Folgespritzung vorverlegen; Zur Verminderung der Infektionsgefahr sollten unkontrolliert aufwachsende Kartoffeln (u.a. in Mais, Sommergetreide und an Kartoffellagerstätten) konsequent bekämpft werden (sehr kritische Lage in 2016; s.o.). • • Landwirtschaftskammer Niedersachsen Bezirksstelle Emsland Dr. Karsten Osmers und Dipl. Ing. agr. Heiner Bruns 10.06.2016 Neben den in den Artikeln bzw. Tabellen genannten Präparaten mit einer deutschen Zulassung gibt es so genannte parallel gehandelte Pflanzenschutzmittel. Diese sind in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR zugelassen, stimmen mit einem in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmittel überein und sind als parallel gehandelte Pflanzenschutzmittel von der Zulassungsbehörde genehmigt. Eine Liste der verkehrsfähigen. Parallelimporte ist im Internetangebot des BVL verfügbar: http://www.bvl.bund.de/DE/04_Pflanzenschutzmittel/04_Anwender/04_Parallelhandel/psm_Parallelimporte_node.html Seite 5 von 6 KRAUTFÄULEBEKÄMPFUNG 2016: NACH W ARNDIENSTAUFRUF MIT GEEIGNETEN FUNGIZIDEN Tab. 1: Übersicht Fungizide 2016 (Stand: Mai 2016) Mittelauswahl Wirkstoff Wirkstoff g/ml je ha Aufwand kg/l je ha Max. Anzahl Behandl. Abstandsauflagen Gewässer 90% 75% 50% Standard Bemerkungen ► Kontaktmittel I Dithane Neotec Vondac DG Cuprozin progress Funguran progress Mancozeb Maneb Kupferhydroxid 1350 1540 766 1,8 2 2 6 6 6 5 5 * 5 5 * 10 10 5 20 15 5 Kupferhydroxid 1077 2 4 * * 5 5 Polyram WG Metiram 1260 1,8 5 5 10 15 n.E. 80 0,5 6 * * * 5 auch gegen Alternaria zugelassen ► Kontaktmittel II Ranman Top Cyazofamid Shirlan Terminus Carneol Nando 500 SC Fluazinam Fluazinam Fluazinam Fluazinam Zoxamide Mancozeb 200 200 200 200 149 1200 0,4 0,4 0,4 0,4 10 8 8 10 * * * * 5 5 5 5 5 5 5 10 10 10 10 10 1,8 3 * 5 5 10 Canvas Amisulbrom 100 0,5 6 * 5 5 5 Shaktis Amisulbrom Mancozeb 60 1200 2 6 10 15 n.E. n.E. Electis sehr regenfest; aber keine Wirkung auf Alternaria vormals Banjo als Soloprodukt nicht empfohlen ► Lokal systemische Mittel sehr regenfest; aber keine Wirkung auf Alternaria sehr regenfest; auch zugelassen gegen Alternariaarten Revus Mandipropamid 150 0,6 4 * * * * Revus Top Mandipropamid Difenoconazol 150 150 0,6 3 * * 5 5 Mandipropamid Cymoxanil Cymoxanil + Famoxate Cymoxanil 150 108 175 175 113 0,6 6 * * * * 0,7 8 5 5 10 15 Mancozeb 1700 2,5 3 5 10 15 n.E. 3 4 * 5 5 10 2 5 * 5 5 10 1,0 4 * 5 5 10 1,6 6 * 5 5 10 2,5 3 5 5 10 15 2 4 5 5 10 15 max. 1 Anwendung 2,5 3 5 5 10 20 max. 1 Anwendung 0,5 4 20 20 2,5 4 * * * * 1,6 4 * * * 5 Carial Flex Tanos Curzate M WG Zetanil M Acrobat Plus WG, Areva MZ Banjo Forte Valbon Valis M Cymoxomil 120 Mancozeb 1200 Dimethomorph + Mancozeb Fluazinam + Dimethomorph Benthiavalicarb Mancozeb Mancozeb +Valifenalate 180 1200 200 200 25 1120 1500 150 Sehr regenfest bei unbeständigem Wetter kurze Abstände wählen bei unbeständigem Wetter kurze Abstände wählen ► Systemische Mittel Ridomil Gold MZ Fantic M WG Epok Proxanil Infinito Metalaxyl + Mancozeb Benaxalyl Mancozeb Metalaxyl + Fluazinam Propamocarb + Cymoxanyl Fluopicolide Propamocarb 80 1280 100 1625 100 200 400 50 100 1000 max. 1 Anwendung Seite 6 von 6 KRAUTFÄULEBEKÄMPFUNG 2016: NACH W ARNDIENSTAUFRUF MIT GEEIGNETEN FUNGIZIDEN Tab. 2: Beurteilung der Fungizide gegen Kraut- und Knollenfäule in Kartoffeln Wirkung Produkt Vorbeugende Wirkung Kurative Wirkung Sporenabtötende Wirkung Schutz d. Neuzuwachses Wirkung Stängelbefall Kontakt Kontakt Kontakt Kontakt Kontakt + ++ ++(+) ++ ++(+) - + +(+) +(+) - (+) + + (+) + Kontakt + - - - (+) ++ ++ ++(+) +++ ++ +++ +++ ++ ++ ++(+) ++ + + + + + + + +(+) + + + +(+) - - +(+) +(+) +(+) + +(+) + + +(+) + +(+) +(+) ++(+) ++(+) +++ ++ ++(+) (+) + +(+) +(+) + (+) + - +(+) +(+) +(+) + ++ + +(+) ++ +(+) ++ Verteil. in der Pflanze Kontaktwirkung Canvas Electis Ranman Top Shaktis Shirlan, Nando, Carneol, Terminus Dithane Neo Tec, Vondac DG u.a. Teilsystemische Wirkung Acrobat Plus WG Areva MZ Banjo Forte Carial flex Curzate M WG Revus Revus top Tanos Valis M Valbon Zetanil M Teilsyst. + Kontakt Teilsyst. + Kontakt Teilsyst. + Kontakt Teilsyst. Teilsyst. + Kontakt Teilsyst. Teilsyst. Teilsyst. + Kontakt Teilsyst. + Kontakt Teilsyst. + Kontakt Teilsyst. + Kontakt Systemische Wirkung Epok Fantic M Infinito Proxanil Ridomil Gold MZ System. + Kontakt System. + Kontakt System. + Kontakt System. + Kontakt System. + Kontakt
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