VT 133 526 Geschichte

Der Wismarer Schienenbus „Typ Hannover" ist ein Anfang der 1930er Jahre entwickelter
Leichttriebwagen für den kostengünstigen Personenverkehr auf Kleinbahnen.
Schon in den 1920er Jahren suchten die Kleinbahnen nach Möglichkeiten, schwach ausgelastete
Strecken möglichst kostengünstig betreiben zu können. Die überwiegend eingesetzten gemischten
Züge waren wegen der Rangieraufenthalte recht langsam. Auch verkehrten täglich nur wenige Züge. Um schnellere und häufigere Fahrten anbieten zu können, wurden Triebwagen beschafft. Durch
Einzelfertigung und nicht immer ausgereifte Technik waren diese oft zu teuer. Deshalb wurde versucht, Erfahrungen und Komponenten aus dem Omnibusbau einzubringen. Der Einsatz umgerüsteter Omnibusse war nicht von Erfolg beschieden, da sie keine leistungsfähigen Getriebe hatten, auch
ein Wendegetriebe war im Autobau unbekannt.
Ab 1932 baute die Triebwagen- und Waggonfabrik Wismar AG einen leichten zweiachsigen
Triebwagen, der durch die Verwendung zahlreicher Bauteile aus dem Straßenfahrzeugbau günstig
gefertigt werden konnte. So wurden beispielsweise Ford-Benzinmotoren mit jeweils 40 PS samt
Getriebe eingebaut. Die Verwendung von Kraftfahrzeuggetrieben mit fünf Vorwärtsgängen und
einem Rückwärtsgang machte den Einbau von zwei Motoren nötig. Diese wurden vor dem eigentlichen Fahrzeugkasten angeordnet und verliehen ihm ein unverkennbares Äußeres. Wegen der geringen Kosten wurde der Wismarer Schienenbus gerade für Klein- und Privatbahnen interessant. 1932
wurde ein Prototyp für die Kleinbahn Lüneburg–Soltau geliefert. Die Erfahrungen damit waren so
gut, dass das Landeskleinbahnamt Hannover eine Serie von neun Exemplaren für verschiedene
Kleinbahnen bestellte.
Vorzüge waren der niedrige Preis (er lag mit etwa 25.000 Reichsmark bei der Hälfte eines normalen
Triebwagens), seine Wartungsfreundlichkeit (die Motoren waren leicht erreichbar und Ersatzteile
bei jedem Ford-Händler zu bekommen) und auch sein Komfort (obwohl er nur 3. Klasse führte,
waren die Sitze gepolstert).
In der Praxis sind aber nur wenige Fahrzeuge typenrein ausgeliefert worden. In der Regel wurden
die Fahrzeuge nach den Wünschen des Bestellers hergestellt. Etwa ein Drittel der Fahrzeuge lässt
sich genau einem dieser Typen zuordnen.
Unabhängig von der Spurweite wurde der Triebwagen mit zwei Wagenkästen geliefert. Die schmalere Variante (2050 mm bis 2430 mm) hatte gerade Seitenwände, die breitere (2900 mm bis 2902
mm) gerade Seitenwände, die sich im Bereich des Einstieges schräg verjüngten. Nur die Triebwagen mit 750 mm und 900 mm Spurweite hatten immer gerade Seitenwände. Die Schiebetüren saßen
ganz am Ende, die bei wenigen Exemplaren eingebauten Drehtüren waren etwas zur Mitte hin versetzt.
Bis 1941 wurden 57 Triebwagen und zwei Beiwagen produziert und in unterschiedlichen
Spurweiten an verschiedene Bahngesellschaften im In- und Ausland geliefert. Die Deutsche
Reichsbahn übernahm 1935 acht Triebwagen der Eisenbahnen des Saargebietes, die sie als 133 009
und 133 010 (4000 mm Achsstand, 40 PS Benzin) 133 011 und 133 012 (4000 mm Achsstand, 50
PS Benzin) und 135 077 bis 135 080 (6000 mm Achsstand, 50 PS Diesel) einreihte. Sie waren 1933
als T 71 und 72 bzw. 1934 als T 73 bis 76 geliefert worden. Die letzteren verfügten über ein Mylius-Wendegetriebe und konnten so mit beiden Motoren gleichzeitig angetrieben werden. Während
einige der Wagen im Krieg zerstört wurden oder nach Kriegsende im Ausland verblieben, gelangten
noch vier Triebwagen dieser Herkunft zur Deutschen Bundesbahn, die ihnen die Nummern VT 88
900 bis 902 (langer Radstand) und VT 89 900 (ex 133 010)
Durch die Verstaatlichung von Privatbahnen in der DDR kamen auch einige Exemplare zur Deutschen Reichsbahn der DDR und erhielten dort die Nummern VT 133 505–510, 513–515 (1.435
mm) und 524–525 (750 mm). Die Anfang der 1960er Jahre mit 47-PS-Phänomen/Garant-LKWDieselmotoren neu motorisierten VT 133 513–514 trugen zunächst die Bezeichnungen VT 135
501–502.
Wegen seiner langen Motorvorbauten, die für jede Richtung einen eigenen Motor aufnehmen, erhielt diese Bauart auch den Spitznamen „Schweineschnäuzchen". Die Fahrzeuge erwiesen sich als
echte „Kleinbahnretter", weil die hohen Kosten des allgemein defizitären Personenverkehrs auf den
norddeutschen Kleinbahnen erheblich gesenkt werden konnten. Oftmals ersetzten die Schienenbusse des Typs Hannover Züge, die nur aus der Lok und einem oder sehr wenigen Wagen bestanden
und daher hohe Betriebskosten verursachten. Ab sechs zahlenden Fahrgästen fuhr der Triebwagen
rentabel.
Auch an verschiedene Privatbahnen in Spanien wurden zwischen 1933 und 1937 insgesamt 25
Triebwagen und drei Beiwagen geliefert. Von den nach der Verstaatlichung der Eisenbahnen in
Spanien von der Red Nacional de los Ferrocarriles Españoles (RENFE) übernommenen Fahrzeugen
wurden vier Triebwagen umgebaut und mit stärkeren Motoren versehen. Andere wurden zu antriebslosen Packwagen umgebaut. Ende der 1960 Jahre waren alle Triebwagen in Spanien ausgemustert.
Der Wagenkasten ruht auf einem Rahmen aus zwei Gitterlangträgern, die vorne und hinten zusammenlaufen. Die Träger waren zur Gewichtseinsparung mit Löchern versehen. Die gesamte Konstruktion war verschweißt, der Triebwagen war damit das erste vollständig verschweißte Schienenfahrzeug. Die Profile waren gesickt. Insgesamt wog der Triebwagen sechs Tonnen. Die Tragfedern
waren auf Gummistücken gelagert. Eine Besonderheit dieses Typs sind die gummigefederten Räder, bei denen die Gummielemente zwischen Radreifen und Radkörper angeordnet sind. Dieses
Konstruktionsmerkmal ist also keineswegs eine moderne Erfindung im Zusammenhang mit dem
ICE. Wegen des geringen Achsstands von nur 3,5 m bis 4 m neigt das Fahrzeug allerdings leicht
zum Schlingern.
An jedem Ende befindet sich eine identische Maschinenanlage mit Ford-Vergasermotoren, der über
ein Vierganggetriebe und Kardanwelle auf die erste Achse wirkt, es wird jeweils nur der in Fahrtrichtung vordere Motor benutzt und von dem vorderen Führerstand bedient. Zum Rangieren und bei
Ausfall eines Motors konnte auch im Rückwärtsgang gefahren werden.
Der Prototyp hatte Drehtüren, die meisten Serienfahrzeuge bekamen 740 mm breite Schiebetüren.
Bei der Innengestaltung wirkten Bauhausschüler mit. Das machte sich in den klaren Formen und
auch dem Design der Stoffbezüge bemerkbar. Die Wände waren mit Sperrholz verkleidet, der Fußboden mit Linoleum belegt. Die Sitze waren gepolstert. Die Fenster ließen sich teilweise herunterkurbeln.
Der jeweils nicht benutzte Führerstand wurde hochgeklappt, sodass der Einstiegsraum frei blieb.
Die Heizung war zunächst eine Frischluftheizung mit der Ausnutzung der Motorwärme, später
wurden auch Webasto-Heizungen eingebaut. Der Innenraum war elektrisch beleuchtet.
Kamen zunächst Ford-AA-Motoren (die LKW-Version des Ford Modell A) zum Einsatz, wurden
ab 1935 stärkere Ford-BB-Motoren eingebaut, die eine Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit von
50 km/h auf 60 km/h ermöglichten. Erkennbar waren diese Schienenbusse an den senkrechten Gitterstäben des Kühlers. Von der Variante mit Holzvergaser wurden nur zwei Exemplare hergestellt.
Anstelle einer Sitzgruppe wurde im Wageninnern ein Holzvergaser installiert. Erkennbar war das an
dem fehlendem Fenster. Später wurden bei Umbauten auch diverse andere Motoren eingebaut, bei
der Deutschen Reichsbahn der DDR Motoren Robur Typ 4 KVD 12,5 SLR.
Um größere Gepäckstücke und Güter befördern zu können, erhielten viele Schienenbusse Dachgepäckträger, wie sie auch bei Omnibussen üblich waren. Der Platz neben den vorgebauten Motoren
wurde oft auch zum Anbringen von Gitterkörben oder für Fahrradhalterungen genutzt. Neu war
auch die Farbgebung mit roten Wagenkästen und beigen Fensterbändern. Auch verschiedene Personen- und Gepäckbeiwagen wurden angeboten, aber lediglich die Fliegerkommandantur List erhielt
einen dieser Beiwagen der Waggonfabrik Wismar.
Besonders abweichend vom Typenplan waren die Triebwagen für die Eisenbahnen des
Saargebietes. Nach zwei der Regelausführung entsprechenden Triebwagen wurden zwei weitere mit
verbreiterten Türen und Längsbänken beschafft sowie vier Schienenbusse mit sechs Metern Achsstand und Dieselmotoren mit gemeinsamen Myliusgetriebe, das ein Fahren mit beiden Motoren
gleichzeitig und Antrieb beider Achsen ermöglichte. Außerdem erhielten sie Dieselmotoren mit 50
PS von Humboldt-Deutz.
Beschreibung des Triebwagen
VT 133 526
Dieseltriebwagen
Baureihe
Fabrik-Nr.
Betriebsgattung
frühere Länderbezeichnung
Spurweite
technische Daten
Sitzplätze / Stehplätze
zulässige Fahrgeschwindigkeit
Achsfolge
Raddurchmesser
Achstand
Drehzapfenabstand
Länge über Puffer
Fahrzeugbreite
Fahrzeughöhe über Sole
Masse Triebwagen
Masse dienstbereite Triebwagen
Masse besetzter Triebwagen
Kraftstoffvorrat
technische Daten Motor & Antrieb
Motor (D-Diesel oder O-Otto)
Motortyp
Leistung
Kraftübertragung
Getriebebauart
Art des Antriebes
Bremse
Urheber- / Rekonstruktionsfirma
Urheberfirma
erstes Baujahr der Serie
gebaute Stückzahl
Baujahr der Lok
Rekonstruktionsausführende Firma
Rekonstruktion durchgeführt am
Verbleib bei
Km/h
mm
mm
mm
mm
mm
mm
t
t
t
Liter
PS
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:
T2 (Bauart Hannover)
2591
B
„Schweineschnauze“
1000
:
:
:
:
:
:
:
:
:
:
:
:
:
24
45
A 1*
700
4000
----10100
2430
2865
5,80
7,00
8,53
500
:
:
:
:
:
:
:
Diesel
2 x Garant 32
47
mechanisch
4-Gang Lkw-Getriebe
Kardernwelle
Trommelbremse
/
Waggonbau Wismar
1932
57
1939
14