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15 | ExportManager | Finanzieren
Ausgabe 5 | 8. Juni 2016
Flexible Finanzierung im internationalen E-Commerce
Dirk Oliver Haller
Vorstandsvorsitzender,
DFT Deutsche Finetrading AG
Für mittelständische Onlinehändler stellt der Direktimport von exklusiven Waren aus anderen EU-Ländern eine Marktnische dar,
die auch kleinere Anbieter erfolgreich besetzen können. Der grenzüberschreitende Zahlungsverkehr innerhalb der Europäischen
Union wurde in den vergangenen Jahren erheblich vereinfacht. Allerdings ist die Kreditfinanzierung von Handelsgeschäften zuletzt
schwieriger geworden. Mit Finetrading kann sich die Finanzierungslücke schließen lassen.
Kleinere Händler setzen auf
­exklusive Nischen
© Ridofranz/iStock/Thinkstock/Getty Images
Der Trend zum Onlinehandel ist schon seit
einigen Jahren ein stabiler Wachstumsfaktor für die Einzelhandelsbranche. Bei
näherer Betrachtung zeigen die digitalen
Märkte ein differenziertes Bild: Während
beispielsweise bei frischen Lebensmitteln
der Onlinehandel nur eine minimale
Bedeutung hat, setzen in anderen Warengruppen große Teile der Kunden auf das
Shopping im Internet. Besonders hoch liegen die Marktanteile von Onlinehändlern
laut einer GfK-Studie bei Technikartikeln
und Medien sowie Sport- und Freizeitartikeln, wo jeweils mehr als 20 Prozent der
Kunden ihre Waren über das Internet
erwerben. Auch in den Bereichen Mode
und Lifestyle, Garten und Heimwerken
sowie Einrichten und Wohnen hat das
wachstumsträchtige E-Commerce-Segment schon heute eine nicht zu unterschätzende Bedeutung.
Neue grenzüberschreitende Zahlungssyteme haben den Onlinehandel in Europa spürbar belebt.
Bei der Betrachtung der Anbieter zeigt
sich, dass Konzerne wie Amazon, der
Otto-Versand oder Zalando in ihren
Marktsegmenten eine große Dominanz
aufweisen. Weil im E-Commerce für den
Verbraucher ein Preisvergleich mit weni-
[email protected]
gen Mausklicks durchführbar ist, haben
kleinere Onlinehändler oft kaum eine
Chance, sich im Preiswettbewerb mit den
großen Platzhirschen zu behaupten. In
allen Unternehmensbereichen vom Ein-
kauf über Lagerhaltung und Logistik bis
hin zu Marketing können die dominierenden Anbieter ihre Größenvorteile ausspielen und ihre Preise oft weitaus günstiger
kalkulieren als ein kleiner Onlineshop.
Gerade für kleine und mittelständische
Onlinehändler besteht eine erfolgreiche
Strategie, um sich dem ruinösen Preiswettbewerb zu entziehen, in der Verlagerung des Sortiments weg von der Massenware hin zu exklusiven Nischenprodukten. Auf diese Weise können auch kleinere
Shops ein gewisses Alleinstellungs­
merkmal erzielen, einen Kundenstamm
aufbauen und letztlich ertragreich wirtschaften.
Das Zusammenwachsen der EU-Staaten
und die damit verbundene Vereinfachung
von Import- und Exportaktivitäten innerhalb der Europäischen Union haben überdies den Boden dafür bereitet, dass mittlerweile viele kleinere und mittelgroße
E-Commerce-Unternehmen ihre Internationalisierung vorantreiben – das gilt
sowohl auf der Einkaufs- wie auf der Verkaufsseite. So kommt bei der Gewinnung
von Kunden im EU-Ausland mittelständischen Onlineshopbetreibern zugute, dass
der grenzüberschreitende Zahlungsver-
➤
kehr innerhalb der Europäischen Union in
den vergangenen Jahren erheblich vereinfacht wurde. Die Einführung der SEPALastschrift hat dazu ebenso einen wertvollen Beitrag geleistet wie das Aufkommen von internationalen Zahlungsdienstleistern wie etwa PayPal, über die
Käufer und Verkäufer auch internationale
Zahlungen auf unkomplizierte Weise
abwickeln können.
Ausgabe 5 | 8. Juni 2016
Wichtig für den betriebswirtschaftlichen
Erfolg ist neben dem richtigen Gespür bei
Produktauswahl und Marketingstrategie
auch die effiziente Finanzierung der Handelsgeschäfte. Häufig gilt es, die Warenlieferung über einige Wochen oder Monate
zwischenzufinanzieren und dann aus den
damit erzielten Umsatzerlösen die Verbindlichkeiten zurückzuführen.
Erfolg mit Direktimporten
Erschwerter Kreditzugang
bei der Handelsfinanzierung
Auch der Import von Waren aus anderen
EU-Ländern lässt sich mittlerweile fast
genauso komfortabel abwickeln wie der
Warenerwerb im Inland. Viele kleinere
und mittelständische Onlineshopbetreiber setzen daher inzwischen auf Direktimporte aus anderen europäischen Regionen, um ihren Kunden mit einem möglichst einzigartigen Produktsortiment ein
besonderes Einkaufserlebnis zu bieten.
Die Beispiele für solche Geschäftsmodelle können überaus vielfältig sein, so
etwa
Allerdings zeigt eine Studie der Internationalen Handelskammer (ICC), in der 480
Banken aus mehr als 100 Ländern zu
ihrem Verhalten bei der Kreditvergabe für
Handelsfinanzierungen befragt wurden:
Gerade für kleine und mittelständische
Unternehmen ist die Finanzierung grenzüberschreitender Handelsgeschäfte
schwieriger geworden. Als Grund für die
zunehmende Anzahl an abgelehnten
Finanzierungsanträgen nennt ein großer
Teil der Banken verschärfte Regularien bei
der Kreditvergabe.
➤➤ ein Onlineshop für mediterrane Olivenöle, die der Händler direkt aus
Griechenland, Italien und Spanien
importiert,
➤➤ ein Internetmodehändler, der handgefertigte Schuhe aus südeuropäischen Ländern verkauft oder
➤➤ ein Onlinespirituosenhändler, der
Whisky direkt aus Schottland und
Irland importiert und die edlen Tropfen in seinem Internetshop anbietet.
Für viele mittelständische Onlinehändler
ist es daher sinnvoll, den Finanzierungsmix mit bankenunabhängigen Alternativen zu ergänzen. Speziell für die Finanzierung von Import- oder Exportgeschäften
kann sich Finetrading als nützlicher Baustein im Finanzierungsgefüge erweisen.
Bei Finetrading handelt es sich um eine
bankenunabhängige Finanzierungsform,
der ein Handelsgeschäft zugrunde liegt.
Der Finetrader schaltet sich als Zwischen-
händler ein, erwirbt die Ware vom Verkäufer und veräußert sie praktisch im selben
Moment an den Abnehmer weiter. Dabei
kommen unterschiedliche Zahlungsziele zum Einsatz: Während der Finetrader
die Rechnung des Lieferanten sofort
begleicht, lässt er dem Abnehmer bis zu
sechs Monate Zeit, um die Ware zu bezahlen. Bei Investitionsgütern kann das Zahlungsziel sogar zwölf Monate betragen.
Auf diese Weise wird mit einfachsten Mitteln ein Finanzierungsmodell aufgebaut,
ohne dass dabei ein Bankkredit benötigt
wird.
Spielraum bleibt erhalten
Aufgrund der kurz- bis mittelfristigen
Finanzierungsdauer und der überschaubaren Mindestfinanzierungssummen ist
Finetrading gut geeignet, wenn mittelständische Handelsunternehmen einen
Warenimport für den Zeitraum zwischen
der Warenlieferung und der Erzielung von
Umsätzen im Verkauf finanzieren wollen.
Bei den Verhandlungen zu LieferbedinMarktanteile des Onlinehandels am
gesamten Einzelhandel nach Waren­
gruppen (%)
Technik und Medien
20,9
Sport und Freizeit
20,2
Fashion und Lifestyle
18,9
Garten und Heimwerken
7,9
Einrichten und Wohnen
7,8
Lebensmittel und Drogerie
1,2
Quelle: GfK.
gungen und Preisen bleibt der Finetrader
unbeteiligt, so dass sich Verkäufer und
Abnehmer in gewohnter Weise über die
Modalitäten verständigen können. Weil
der Abnehmer keine betrieblichen Vermögenswerte als Finanzierungssicherheit
stellen muss, bleibt auch der unternehmerische Spielraum für Investitionen und
Wachstumsfinanzierung erhalten.
„Häufig gilt es, die Warenlieferung
über einige Wochen oder Monate
zwischenzufinanzieren und dann
aus den damit erzielten Umsatzerlösen die Verbindlichkeiten
zurückzuführen.“
Der Trend zur bankenunabhängigen
­Finetrading-Finanzierung im grenzüberschreitenden E-Commerce spiegelt sich
auch in den Kundenanfragen bei der DFT
Deutsche Finetrading AG wider. So arbeitet das Unternehmen als Finanzierungsgeber mit etlichen Onlinehändlern zusammen, unter anderem auch mit einem
in Deutschland ansässigen Onlinemodehändler, der handgefertigte Schuhe aus
Spanien importiert. Je nach Bedarf können Finanzierungsnehmer einzelne
Geschäfte über Finetrading finanzieren
oder sich einen Finanzierungsrahmen einräumen lassen, der sich ähnlich wie ein
Kontokorrentkredit flexibel nutzen lässt.
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