Ausgabe 22 10. Juni 2016 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Mittelstand Roboter-Boom kommt im Mittelstand an 2015 konnte die Robotik- und Automationsbranche einen Rekordumsatz erzielen D ie Übernahmeanfrage des chinesischen Klimaanlagen- und Hausgeräte-Hersteller Midea bei dem deutschen Unternehmen Kuka hat für großes Aufsehen gesorgt. Selbst die deutsche Regierung versuchte, sich einzumischen, und machte deutlich, einen europäischen Investor vorzuziehen. Kuka zeigt, wie bedeutend die Robotikbranche in den vergangenen zwei Jahren geworden ist. Im Zuge der Digitalisierung werden Roboter auch zunehmend für den deutschen Mittelstand interessant. Und die Technik, die deutsche Unternehmen produzieren, hat im Zuge der Industrie 4.0 auch international einen hohen Stellenwert. Im vergangenen Jahr erreichte die deutsche Robotik- und Automationsbranche einen Rekordumsatz in Höhe von 12,2 Milliarden Euro. Das entspricht einer Zunahme um sieben Prozent. In diesem Jahr soll das Umsatzvolumen eine Größenordnung von 12,5 Milliarden Euro erreichen. Die neuen Leichtbauroboter sind günstiger und innovativer als die klassischen Schwergewichte der Automation. Foto: Flickr/Freaktography/CC by nc nd 2.0 Vor 11 Jahren lag der Umsatz in der Branche noch bei 6,9 Milliarden Euro. „Der große, weltweite Bedarf an Robotik, industrieller Bildverarbeitung und Integrated Assembly Solutions lässt unsere Branche optimistisch in die Zukunft blicken“, sagt Norbert Stein vom VDMA. Das liegt auch daran, dass der deutsche Mittelstand sich immer stärker nach Möglichkeiten für den Einsatz von Automation und Robotertechnik umsieht. Die Mehrheit der Industrie-Manager rechnen mit einem Roboter-Boom im deutschen Mittelstand (81 Prozent). Dabei spielen die neuen Leichtbauroboter eine große Rolle. Diese sind mittlerweile kostengünstiger als die klassischen Industrie-Roboter und sind darauf ausgelegt, mit den Mitarbeiter quasi Hand in Hand zu arbeiten. 86 Prozent der Industriemanager schätzen, dass digital vernetzte Industrie-Roboter die Fertigungsmethoden revolutionieren werden. „Stückkostenfragen und die einfache Bedienbarkeit stehen bei den Entscheidern hoch im Kurs, wenn es um die Frage nach dem Einsatz kollaborativer Roboter geht, die mit den Werkern Handin-Hand zusammenarbeiten“, heißt es in einer aktuellen Studie der AUTOMATICA, der Fachmesse für Automatisierung. Das zeigt sich bereits bei den Absatzmärkten für 2015: 45 Prozent der Umsät- Analyse Demografischer Wandel birgt Wachstumschancen für den Mittelstand Die zunehmende Alterung der Gesellschaft entwickelt sich einer Studie zufolge zur Wachstumsstütze des deutschen Mittelstands. Die kleinen und mittleren Unternehmen erwarten durch den demografischen Wandel ein jährliches Umsatzplus von 24 Milliarden Euro. „In der Diskussion um den demografischen Wandel stehen vielfach Schwierigkeiten wie Nachfolgeprobleme oder Fachkräfteengpässe im Mittelpunkt, doch das greift zu kurz“, sagte KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner. Die Entwicklung bietet auch Wachstumschancen für viele mittelständische Unternehmen, so das Ergebnis der neuen KfW-Studie. Tatsächlich komme es zu Verschiebungen beim Konsum: Ältere Haushalte geben mehr Geld für Gesundheit und Wohnen aus, aber weniger für Bekleidung und Mobilität. Zugleich steige der Bevölkerungsanteil Älterer Jahr für Jahr. Sie seien zudem kaufkräftiger als frühere Generationen. „So ist der Anstieg der privaten Konsumausgaben während der letzten zehn Jahre fast vollständig auf die älteren Haushalte zurückzuführen“, so die Studie. Jedes fünfte Unternehmen rechne demnach angesichts des Wandels mit Umsatzsteigerungen, nur jedes zehnte mit Einbußen. Während in der Industrie die Pessimisten überwiegen, ist die Zuversicht bei den Dienstleistern besonders groß. Die Unternehmen, die mit sinkender Nachfrage nach ihren Produkten und Dienstleistungen rechnen, müssten rasch handeln, rät die Förderbank. Seien Kunden und Umsatz erst einmal verloren, sei der Rückstand schwer wettzumachen. Schon heute gingen immerhin 20 Prozent des Investitionswachstums im Mittelstand auf Anpassungen an den demografiebedingt veränderten Konsum zurück. „Die demografische Entwicklung setzt aktuell Investitionsimpulse von fast drei Milliarden Euro jährlich“, sagte Zeuner. „Die spezifische Konsumstruktur älterer Haushalte bekommt gesamtwirtschaftlich mehr und mehr Gewicht. Im Zuge der Bevölkerungsalterung steigt schon seit Jahren der Anteil Älterer. Die Alterung wird sich in Kürze merklich beschleunigen, denn die etwa 20 Millionen Baby-Boomer erreichen im Lauf der kommenden 15–20 Jahre das Ruhestandsalter. Aktuell haben 36 Prozent der Privathaushalte einen mindestens 60 Jahre alten Haushaltsvorstand, im Jahr 2030 werden es ca. 44 Prozent sein.“ 1 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |22/16 ze erwirtschaftete die Branche auf dem heimischen Markt. In Europa waren es 24 Prozent. In den kommenden Jahren ist vor allem aus China eine steigende Nachfrage zu erwarten. Die Industrie des Landes steht vor einem Wechsel. Automation wird immer bedeutender – auch im Zuge der geplanten Wirtschaftsreformen. Weltweit wurden zwischen 2010 und 2015 etwa 1,1 Millionen neue Industrieroboter installiert. Insgesamt wurden 240.000 Roboter im vergangenen Jahr verkauft (8 Prozent), wie aus dem aktuellen Bericht der International Federation of Robotics hervorgeht. In den USA stiegen die Verkäufe um 11 Prozent. In China stieg die Nachfrage nach Industrierobotern am stärksten: Die Verkäufe erreichten ein Plus von 16 Prozent. „Trotz allgemeiner Investitionszurückhaltung baute das Reich der Mitte mit rund 66.000 Einheiten inklusive chinesischer Hersteller seine Position als Nachfragemarkt Nummer Eins überdurchschnittlich aus“, so die IFR. In Europa lagen die Verkaufszahlen bei knapp 50.000. „Im Zeitalter der Industrie 4.0 spielt die Automobilbranche eine führende Rolle, um mit neuester Robotertechnik die direkte Mensch-Maschine-Kollaboration zu verwirklichen“, sagt Stefan Lampa von der KUKA Roboter GmbH. Darüber 10. Juni 2016 Quelle: VDMA Robotik + Automation hinaus steige die Nachfrage nach Automatisierung in neuen Marktfeldern, in denen diese Lösungen bisher eine geringere Rolle gespielt haben. „Ein besonders wichtiger Markt ist hier für uns der Elektroniksektor.“ Die IFR schätzt, dass 2018 weltweit 2,3 Millionen Industrieroboter in Fabriken arbeiten werden. Finanzen Notlage der Lebensversicherer: Der erste Run-off ist eingeleitet Die Lebensversicherung als eine der wichtigsten Formen der privaten Altersvorsorge befindet sich in einer Krise D ie zur Münchner Rück gehörende ERGO-Versicherung kündigte diese Woche einen Paukenschlag an. Sie hat das Neugeschäft mit klassischen Lebensversicherungen eingestellt und schickt die mehr als 6 Millionen bestehenden Altverträge in einen Run-off. Durch die Auslagerung will die ERGO einen völligen Bruch mit einem Neustart verbinden, der keine klassischen Garantieprodukte mehr enthält. Es ist zu erwarten, dass diese Maßnahme des Branchenriesen einen Trend setzt. Für einen bedeutenden Teil der Versicherten wie für die Versicherung selbst schafft dies aber auch enorme Unsicherheit und kann das Ende der Lebensversicherung als Branche bedeuten. Die angekündigte Restrukturierung der ERGO ist ein breit basierter, radikaler Umbau, der über die Lebensversicherungs-Sparte hinausgeht. Wichtige Themen sind Digitalisierung, vereinfachte Plattformen, drastische Kostensenkung inklusive Personalabbau hauptsächlich im Vertrieb und Veränderung des Ver- Struktur von Versicherungsleistungen der deutschen Lebensversicherer 2014. triebsmodells durch die Forcierung des Direktvertriebs. Auch dies sind Themen der gesamten Versicherungswirtschaft. ERGO ist insofern ein Trendsetter, als die Gesellschaft auch international wachsen will und von der Markt- und Branchenkenntnis sowie von der Finanzkraft der Muttergesellschaft profitiert. Die ERGO trennt das Geschäft mit den Altbeständen auch organisatorisch Quelle: GDV vom Neugeschäft. Das Neugeschäft wird in ERGO Vorsorge betrieben und soll eine neue Distributionsstruktur erhalten. Dieses Neugeschäft enthält keine klassischen Garantieprodukte mehr. Forciert werden sollen fondsgebundene und kapitalmarktnahe Policen, bei denen der Kunde das Investitionsrisiko trägt, sowie reine Risikopolicen (Invalidität, Todesfall). Die Altbestände von ERGO 2 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |22/16 Stornoquote der deutschen Lebensversicherer im Zeitablauf. Leben, VICTORIA Leben und ERGO Pensionskasse werden in eine separate Gesellschaft übertragen. Angedacht ist, dass diese Gesellschaft auch als Plattform dient, um zukünftige Run-off-Portfolios weiterer Versicherungsgesellschaften zu übernehmen und zu verwalten. Die zentrale Verwaltung und Abwicklung sehr großer Portfolios soll Kostenersparnis bringen. Die Lebensversicherung als wichtigste Form der privaten Altersvorsorge in Deutschland steckt in einer existentiellen Krise. Sie ist von einer fundamentalen, präzedenzlosen Unsicherheit belastet. Grund sind einerseits die Nullund Negativzinsen der EZB sowie deren Staatsanleihenkäufe. Die EZB-Politik hat zu einer historisch einzigartigen Absenkung der Zinsen über die ganze Kurve hinweg bis ans lange Ende geführt. Andere Kräfte, vor allem die Solvenz II-Bestimmungen, verstärken diesen Effekt noch. Die Lebensversicherung in Deutschland ist aus drei verschiedenen Grün- Quelle: Statista den besonders exponiert. Sie hat, wie fast überall in Kontinentaleuropa, einen nur geringen Teil von fondsgebundenen Policen. Sie ist also hauptsächlich mit Garantien belastet, die mit Eigenkapital unterlegt werden müssen – dies im Unterschied etwa zu den angelsächsischen Ländern. Dann ist die Lebensversicherung in Deutschland seit Beginn der 2000er Jahre hauptsächlich eine Versicherung mit laufenden Renten. Sie hat dadurch viel längere Laufzeiten als reine Kapitalversicherungen. Das erhöht ihre Verpflichtungen und erfordert viel zusätzliches Eigenkapital. Der hohe Anteil laufender Renten führt im Übrigen zu einem besonders ausgeprägten Ungleichgewicht der Laufzeit und Zinsempfindlichkeit von Anlagen und Verpflichtungen in der Bilanz zu Marktwerten (engl. duration gap). Bei einem anhaltenden Zinsfall sind Versicherer mit großer Durationslücke besonders negativ betroffen. Der hohe Anteil von Verträgen mit laufenden Renten ist eine Folge der damals einge- 10. Juni 2016 leiteten steuerlichen Begünstigung. Schließlich ist die Lebensversicherung in Deutschland seit 2011 mit niedrigeren Kapitalmarktrenditen konfrontiert als das europäische Ausland. Die Jahre mit extrem hohen Renditen in den Peripherieländern haben dort den Anlagenotstand erst viel später ausgelöst. Die Projektion der Zukunftserträge und -verpflichtungen der Lebensversicherer im Garantiegeschäft kann mit den klassischen Methoden nicht mehr gemacht werden. Dadurch ist die Lebensversicherung in einer fundamentalen Unsicherheit. Der Run-off der Altbestände und die Aufgabe der Garantieprodukte im Neugeschäft eines finanzstarken und großen Erstversicherers zeigen drastisch die Notlage und Verzweiflung. Andere Versicherer werden ohne Zweifel folgen. Denn der Ausweg über Fondspolicen und kapitalmarktnahe Produkte ist keineswegs eine sichere Sache. Sie erfolgt zum falschen Zeitpunkt (Nulloder Negativzinsen) und ist mit hohen Reputationsrisiken aus dem Altbestand belastet. Die Lebensversicherung in Deutschland als Branche steht vor dem Überlebenskampf und könnte zusätzlich mit Banken und unabhängigen Anbietern in Wettbewerb geraten. Die Probleme der Lebensversicherung sind nicht einfach die Strukturkrise einer Problembranche. Die Lebensversicherung ist die dominierende Form privater Vorsorge, weil in Deutschland Pensionskassen im internationalen Vergleich wenig verbreitet sind. Innovation Solarstraßen sollen Strom für deutsche E-Autos liefern Forscher entwickeln einen Straßenbelag, der nicht nur Solar-Energie liefert, sondern Schadstoffe aus der Luft filtern kann D eutsche Forscher an der RWTH Aachen haben eigene Solarstraßen entwickelt. Die in den Straßenbelag eingebaute Photovoltaik liefert nicht nur Energie, sondern soll zusätzlich noch Schadstoffe aus der Luft filtern. Den Forschern zufolge könnte die Nutzung der rund 1,4 Milliarden Quadratmeter „horizontalen Flächen“ für die Solarenergie in Deutschland genug Strom für 20 Millionen E-Fahrzeuge liefern, so Ingenieur Lukas Renken vom Team der RWTH Aachen. Solar-Module gibt es derzeit in Deutschland nur für Dächer und Fassaden, nicht jedoch für waagerechte Flächen wie Straßen, die potentiell jedoch viel mehr Fläche bieten als Dächer. Würden nur 15 Prozent der Straßen mit den Solarmodulen ausgestattet und für Energieerzeugung genutzt, bräuchte Deutschland den Entwicklern zufolge kein einziges Atomkraftwerk mehr. Die etwa fünf bis sechs Millimeter dicken Solar-Module sind aus bruchsicherem und rutschfestem Spezialglas und können wie ein Fliesenteppich zusammengesetzt und einzeln ausgetauscht werden. Allerdings sind die Forscher noch in der Testphase: In den nächsten zwei Jahren werden die technischen und wirtschaftlichen Risiken befahrbarer Solar-Module erforscht, eine erste Testfläche entsteht dazu in Berlin. 3 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |22/16 So müssen sie zum Beispiel eine mechanische Belastbarkeit von bis zu 11,5 Tonnen Achsenlast haben, um auch LKWs tragen zu können. Hierzu könnten die Forscher nach Frankreich schauen, wo die Konkurrenz bereits einen ähnlichen Belag zur Marktreife gebracht hat, der auch schwere Transporter tragen kann. Frankreichs Regierung will in den nächsten fünf Jahren rund 1000 Kilometer Straßen mit Solarzellen ausstatten. Diese sollen Strom für fünf Millionen Franzosen liefern, bezahlt werden soll die neue Energie mit Steuern auf Erdöl. Auch die Aachener Forscher werden staatlich gefördert, denn mit dem Projekt wollen die Wissenschaftler auch das wachsende Strombedarfs-Problem angehen, dass durch die Energiewende und die geplante Umstellung von Verbrennungsmotoren auf Elektroautos bevorsteht. Denn der Ausstieg aus der Atomkraft macht alternative Stromquellen unverzichtbar. Zudem steigert die zunehmende Elektromobilität den Verbrauch. Durch die Solarmodule könnten sich die Straßen quasi selbst finanzieren: Die lokalen Versorger können auf regenerative Alternativen umstellen und langfristig die Kosten für die Straßenerhaltung refinanzieren, so Donald Müller, Judex vom RWTH Forschungspartner Solmove GmbH. Der Energieaufwand für die Produktion der Module werde demnach in drei Jahren ausgeglichen. Das System soll zudem mit einer Lebensdauer von 25 Jahren länger halten als konventioneller Asphalt, der in der Regel nach 20 Jahren 10. Juni 2016 Die Wissenschaftler um Professor Markus Oeser wollen Photovoltaikzellen in die Oberfläche von Straßen integrieren. Foto: RWTH Aachen University/Peter Winandy grundsaniert werden muss. Doch die Forscher haben den Bodenbelag nicht nur zur Energiegewinnung entwickelt, sondern gleich noch mit einem weiteren klimafreundlichen Feature ausgestattet: Die besondere Oberfläche führt zu photokatalytischen Effekten, baut Stickstoff ab und kann zur Luftreinhaltung beitragen, so Lukas Renken. An warmen Sommertagen kann Stickstoffdioxid zu Stickstoffmonoxid zerfallen und mit dem Luftsauerstoff bodennahes, schädliches Ozon bilden. Über 40 Prozent dieser Emissionen verursacht der Straßenverkehr. Damit nicht genug: Die Fahrbahnen sollen zudem selbstreinigende Eigenschaften erhalten, damit möglichst we- nig Schmutz das Sonnenlicht von den Solarzellen abhält. Eine akustisch optimierte Struktur macht die Solarstraßen zudem besonders leise und reduziert den Straßenlärm erheblich. Zu guter Letzt haben die Ingenieure eine denkbar bequeme Art der Energieübertragung geplant: Dank Induktionsschleifen versorgen die PhotovoltaikFahrbahnen die Autos während der Fahrt drahtlos mit Energie. Auch Ampelsysteme werden über die Module mit Energie versorgt, ebenso wie in den Seitenstreifen integrierte LED-Lampen zur Straßenbeleuchtung. Sollte dann noch Energie übrig bleiben, haben die Entwickler auch an Systeme gedacht, die die überschüssige Energie zwischenspeichern. Innovation Bergbau 4.0: Volvo testet fahrerlose LKWs unter Tage Die schwedischen Autobauer Volvo und Saab haben eine fahrerlose LKW-Flotte für den Bergbau entwickelt W ährend die Konkurrenz an autonomen Autos für den Straßenverkehr arbeitet, haben Volvo und Saab einen einfacheren und lukrativeren Markt für die Technologie erschlossen: Sie haben eine funktionsfähige fahrerlose LKW-Flotte für die Bergbau-Industrie entwickelt. Das Projekt ist eine Zusammenarbeit der schwedischen Autobauer, wobei Saabs Tochterfir- ma Combitech die Software-Technologie für die LKWs mitentwickelt hat. Die autonomen Lastwagen navigieren selbstständig durch unterirdische Minen und transportieren die Rohstoffe in vernetzen Fahrzeug-Flotten ab. Die Lösung soll die Minen-Industrie „revolutionieren“, formuliert der Konzern in einer Mitteilung. Die Produktivität, Sprit-Effi- zienz und Sicherheit soll dadurch erhöht werden, dass die Fahrer durch Software ersetzt werden. Die Trucks navigieren sowohl über als auch unter Tage absolut selbstständig. Sie nutzen dazu Sensoren und GPS-Technologie, um ihre Umgebung ununterbrochen abzutasten, feste und bewegliche Hindernisse zu erfassen und zu umfahren sowie 4 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |22/16 Daten zu sammeln, um die Route und die Transportsicherheit weiter zu verbessern. Letztlich ist es dieses gesamte automatisierte Transportnetz, das Volvo an die Industrie verkaufen will – weniger ein einzelnes Fahrzeug. Der Einsatz autonomer FahrzeugTechnologie in der Industrie bietet eine Reihe von Vorteilen gegenüber dem Einsatz als Privatauto etwa in Städten. Derzeit konkurrieren Google, Tesla und viele große Autobauer auf diesem Gebiet. Einerseits fällt auf Industrie-Geländen natürlich der Verkehr weg – die Komplexität ist deutlich reduziert. Ohne Ampeln, Fußgänger oder andere Verkehrsteilnehmer kann die Technik weit schneller implementiert werden, ohne ein größeres Sicherheitsrisiko darzustellen. Dadurch ist der industrielle Einsatz ein lukratives Geschäftsfeld für Volvo, das leichter zu erreichen und weniger hart umkämpft ist als der Einsatz in Städten. Volvo ist allerdings längst nicht der erste Hersteller autonomer LKWs: Daimler etwa hat bereits fahrerlose LKWs auf den Straßen. Jüngst fand sogar eine Truck Platoon Challenge durch Europa statt, bei der verschiedene LKW-Flotten gegeneinander antraten. Die LKW-Flotten sollen den Unter- nehmen finanzielle Vorteile bringen: Die Fahrzeuge bewegen sich in einem Verband fort und kommunizieren miteinander. Dadurch können sie mit weniger Abstand hintereinander fahren, das Tempo für die Flotte präzise kalkulieren und dadurch allein rund 15 Prozent Sprit sparen, so eine aktuelle Studie der niederländischen Verkehrsbehörde TNO. Die eingesparten Lohnkosten für den Fahrer dürften gerade in der umkämpften Rohstoffbranche ein weiteres gewichtiges Argument für den Einsatz der Roboterlaster sein. Eine Automatisierung würde somit auch den Jobverlust für tausende Minenarbeiter bedeuten, die oft in Regionen arbeiten, wo es kaum alternative Arbeitsplätze gibt. Andererseits gehören die Berufe des Minenarbeiters sowie des Fernfahrers laut Statistik zu den stark gesundheitsgefährdend Berufen, weswegen ein Ersatz der anstrengenden Tätigkeiten durch Maschinen für viele eine willkommene Entwicklung darstellt: Fernfahrer sind belastet durch unregelmäßige Arbeitszeiten, monotone Tätigkeiten, wenig Zugang zu gesunder Ernährung, Schlaf und Bewegung, Stress und haben Statistiken zufolge ein erhöhtes Risiko für chronische Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck oder 10. Juni 2016 Die Minen-Industrie bietet einen lukrativen Markt für autonome LKW-Technologie. Foto: Screenshot Übergewicht. Der Bergbau ist ohnehin traditionell eine der härtesten Branchen für menschliche Arbeiter. Minenunglücke bedeuten oft den Tod für hunderte Arbeiter. In Australien wurde die Entwicklung daher bei der Einweihung eines der ersten Projekte mit automatisierten LKWs im Bergbau daher eher positiv aufgenommen: „Wir bewegen uns von primitiven zu fortgeschrittenen Arbeiten“, so Eisenbergbau-Experte Philip Kirchlechner im vergangenen Jahr, nachdem lokale Bergbauunternehmen in Australien etwa 30 Roboter-LKWs an zwei Standorten eingesetzt haben: „Indem man diese banalen, oft gefährlichen Arbeitsplätze beseitigt, kann man sicherere und anspruchsvollere Jobs schaffen.“ Wirtschaft Euro-Rettung treibt Griechenland in die nächste Rezession Griechenland wehrt sich gegen Forderungen internationaler Gläubiger. Insbesondere der Verkauf von Krediten ist umstritten Griechenland kann Insidern zufolge einige der Zusatz-Forderungen der internationalen Geldgeber nicht umsetzen. Dies habe Finanzminister Euclid Tsakalotos vergangene Woche in einem Brief an seine europäischen Partner und den Internationalen Währungsfonds (IWF) erklärt, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von drei mit den Verhandlungen vertrauten Personen. Laut griechischer Zeitung Ta Nea ging der Brief an EU-Kommissar Pierre Moscovici, EZB-Direktor Benoit Coeure und IWF-Europa-Chef Poul Thomsen. Vom Finanzministerium war vorerst keine Stellungnahme zu erhalten. Offen blieb zunächst auch, ob das Vorgehen die Auszahlung weiterer Kredittranchen an Grie- chenland verzögern könnte. Die Finanzminister der Euro-Zone und der IWF hatten sich erst vorige Woche auf weitere Kredite für Griechenland geeinigt. Die Geldgeber und die Regierung in Athen verständigten sich grundsätzlich auf die Auszahlung von 10,3 Milliarden Euro. Einem Insider zufolge drehen sich die Forderungen um Reformen bei der Rente. „Wir können keine wesentlichen Veränderungen machen“, sagte ein Regierungsvertreter zu Reuters. „Aber wir werden die technischen Verbesserungen angehen, die diskutiert wurden. Einige von ihnen sind richtig.“ Eine Telefonkonferenz zwischen griechischen Staatsvertretern und Repräsentanten der Gläubiger-Organisationen endete ohne Ergebnis, die sich ebenfalls mit den von Athen geforderten Sparmaßnahmen, Privatisierungen und Reformen befasst hatte, wie die griechische Zeitung Ekathimerini berichtet. Dabei ging es in erster Linie um den geplanten Verkauf ausfallgefährdeter Kredite, die mit Garantien des griechischen Staates versehen sind, und um die von den Gläubigern geforderte Einziehung von bereits geleisteten Zuschusszahlungen an arme Rentner. Die Regierung in Athen befürchtet, dass der Verkauf der Kredite aufgrund der Staatsgarantien zu hohen Schadensersatzforderungen in der Zukunft führen könnte. Die Rücknahme der Zuschuss-Zahlungen hingegen würde die Lage der ohnehin leidenden Bevölkerung 5 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |22/16 Premier Tsipras ist wie seine Vorgänger auf das Wohlwollen der Kommission angewiesen. weiter verschlechtern. Insgesamt verlangt der Internationale Währungsfonds und die EU-Institutionen 15 Änderungen bei den ReformenVorhaben. Wie Ekathimerini schreibt, soll bis zum kommenden Freitag eine Einigung erzielt werden. Eine weitere Telefonkonferenz sei zudem geplant gewesen. Unterdessen steuert das Land auf die nächste Rezession zu. Die Wirtschaft des Krisenstaates schrumpfte zwischen Januar und März um 0,5 Prozent zum Vorquartal und damit stärker als zunächst angenommen, wie das Statistikamt Elstat mitteilte. Fachleute sprechen von einer Rezession, wenn das Bruttoinlandsprodukt zwei Quartale in Folge sinkt. In sieben der vergangenen acht Jahre war die Wirtschaft des hoch verschuldeten Landes geschrumpft. Auch für 2016 erwartet die EU-Kommission ein Minus von 0,3 Prozent. Im ersten Quartal bremsten sinkende Exporte die Konjunktur in dem EuroLand. Zudem sank der gesamte Konsum um 0,5 Prozent. Eine Einigung mit den Geldgebern könnte ab dem dritten Quartal für Schwung sorgen, sagte EurobankAnalyst Platon Monokroussos. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte auf einer Konferenz in Berlin, er sehe Griechenlands Entwicklung trotz aller Schwierigkeiten mit mehr Hoffnung. Die dortige Arbeitslosigkeit nähere sich einem Wendepunkt. 10. Juni 2016 Foto: EU-Kommission Schäuble fügte jedoch hinzu: „Kein Land in Europa hat einen so hohen Anteil an Steuern, die eigentlich bezahlt werden müssen, aber nicht erhoben werden.“ Bisher wurden laut einer Studie in Griechenland so gut wie ausschließlich die europäischen Banken gerettet, die sich in Griechenland verspekuliert hatten. In einer nächsten Etappe werden die europäischen Steuerzahler die Kredite des IWF übernehmen müssen. Die griechische Bevölkerung hat im Rahmen dieses staatlich organisierten PonziSchemas so gut wie kein Geld gesehen. Der Abstieg der Wirtschaft und die entsprechenden sozialen Folgen sind von kritischen Beobachtern seit langem prognostiziert worden. 6 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |22/16 10. Juni 2016 Finanzen JP Morgan: Diskussion über Brexit ist hysterisch Neben der Unsicherheit über die Folgen eines Brexits nimmt auch die Unzufriedenheit mit der EU zu J P Morgan Asset Management zeigt in einer erfrischend nüchternen Analyse, dass die Auswirkungen des EU-Austritts von Gegnern und Befürwortern deutlich übertrieben dargestellt werden. Die Bank rechnet im Übrigen damit, dass die EU-Befürworter knapp gewinnen werden: „Wir denken nicht, dass Staatsanleihen des Vereinigten Königreichs in diesem Szenario unter ernsthaften Druck geraten würden. Jedoch sollten Investoren mit einer signifikanten Schwächung des Sterling, sowie einem Abschwung von Dividenden und der Londoner Immobilienpreise rechnen – und damit, dass das Wirtschaftswachstum und Zinssätze in den nächsten ein, zwei Jahren etwas geringer ausfallen werden, als es der Fall wäre, wenn die Abstimmung zugunsten des Status quo ausfiele. Obwohl wir ein Abstimmungsergebnis zugunsten eines Verbleibs in der Europäischen Union (EU) erwarten, ist ein „Abschieds“-Votum eindeutig eine Möglichkeit und etwas, auf das sich Investoren vorbereiten sollten. Auf lange Sicht sind sowohl die Kosten, als auch die potentiellen Vorteile eines Brexits für die Wirtschaft des Vereinigten Königreichs von Kommentatoren und Befürwortern auf beiden Seiten wahrscheinlich überspitzt dargestellt. Der Übergang zu neuen Regelungen würde chaotisch und möglicherweise sehr teuer werden – nicht nur für das Vereinigte Königreich, sondern auch für seine engsten Handelspartner. Wir gehen davon aus, dass diese makroökonomischen Auswirkungen mit der Zeit nachlassen werden, sobald die Post-EU Landschaft etwas klarer in Erscheinung tritt. An diesem Punkt würden mikroökonomische Faktoren übernehmen und Investoren müssten sehr sorgfältig erwägen, wie einzelne Sektoren und Firmen für das neue Umfeld positioniert sind. Der Sektor der finanziellen Dienstleistungen hat wahrscheinlich das Meiste zu verlieren, sowie – möglicherweise – auch Bauherren im Vereinigten Kö- Juncker: Ich habe mein Leben lang an Europa geglaubt. Ich habe meine Gründe dafür. Viele dieser Gründe sind, wie ich weiß, der heutigen Generation nicht mehr zu erklären, was in gewisser Hinsicht auch ein Glück ist. Foto: EU-Kommission nigreich. Produktionsfirmen und inländisch orientierte Dienstleistungsunternehmen könnten auf lange Sicht einige Vorteile sehen oder aber kaum betroffen sein.“ Gleichzeitig dokumentiert derzeit eine internationale Umfrage eine zunehmend EU-kritische Stimmung auch in anderen europäischen Staaten. In der veröffentlichten Erhebung des in Washington ansässigen Pew Research Center äußerten beispielsweise nur noch 50 Prozent der befragten Deutschen eine positive Meinung von der EU, das waren acht Prozentpunkte weniger als noch im Vorjahr. Das Institut befragte für die Erhebung Bürger in insgesamt zehn EU-Staaten. In Frankreich sank die Zustimmung zur EU binnen Jahresfrist sogar um 17 Punkte auf 38 Prozent. Nur im krisengeplagten Griechenland lag der Zustimmungswert mit 27 Prozent noch niedriger. Höheres Ansehen genießt die Union bei den neuen Mitgliedern in Osteuropa: In Polen äußerten 72 Prozent eine positive Meinung, in Ungarn 61 Prozent. In Großbritannien, wo die Bürger Ende Juni über einen Verbleib in der EU abstimmen, äußerten sich in der Pew-Befragung 48 Prozent negativ über die Union und 44 Prozent positiv. Für den Ansehensverlust sind offenbar die Unzufriedenheit über den Umgang mit der Flüchtlingskrise und mit der Wirtschafts- und Währungskrise verantwortlich. Unzufrieden mit der EU-Wirtschaftspolitik zeigten sich 65 Prozent der Spanier, 66 Prozent der Franzosen, 68 Prozent der Italiener und 92 Prozent der Griechen. In Deutschland äußerten nur 38 Prozent ihr Missfallen. Nicht einverstanden mit dem EU-Krisenmanagement angesichts des Flüchtlingszuzugs zeigten sich 67 Prozent der befragten Deutschen, 77 Prozent der Italiener, 88 Prozent der Schweden und 94 Prozent der Griechen. Den zehn Ländern, in denen die Befragung stattfand, war gemein, dass sich jüngere und eher linksorientierte Befragte tendenziell positiver über die EU äußerten als ältere und rechtsorientierte. Impressum Geschäftsführer: Christoph Hermann, Karmo Kaas-Lutsberg. Herausgeber: Dr. Michael Maier (V.i.S.d. §§ 55 II RStV). Redaktion: Anika Schwalbe, Gloria Veeser, Nicolas Dvorak. Sales Director: Philipp Schmidt. Layout: Nora Lorz. Copyright: Blogform Social Media GmbH, Kurfürstendamm 206, D-10719 Berlin. HR B 105467 B. Telefon: +49 (0) 30 / 81016030, Fax +49 (0) 30 / 81016033. Email: [email protected]. Erscheinungsweise wöchentliches Summary: 52 Mal pro Jahr. Bezug: [email protected]. Mediadaten: [email protected]. www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de 7
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