Bulgarien: Korruption trübt Geschäftsumfeld

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Ausgabe 5 | 8. Juni 2016
Bulgarien: Korruption trübt Geschäftsumfeld
Christoph Witte
Direktor Deutschland,
Credimundi, Member of the
Credendo Group
Bulgarien spürt den Rückgang der EU-Mittel: Die öffentliche Hand schränkt ihre Investitionen ein. Doch der private Verbrauch und
die Nettoexporte dürften das Wachstum in den Jahren 2016 und 2017 stabil bei 2,3 % halten. Gleichzeitig leiden die Unternehmen
unter einer hohen Verschuldung, auch sie halten sich mit Investitionen zurück, und eine Erholung der Kreditvergabe ist nicht in Sicht.
Darin spiegeln sich Engpässe auf der Angebots- und auf der Nachfrageseite wider.
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Exporte profitieren
von Euro-Schwäche
Für 2016 und 2017 wird eine Wachstumsverlangsamung prognostiziert, die vor-
Hohe Schulden erschweren
­Investitionen
© Taratorki/iStock/Thinkstock/Getty Images
Bulgariens Hauptexportpartner im Güterbereich sind Deutschland, Italien, die Türkei, Rumänien und Griechenland. Ein
beträchtlicher Teil der bulgarischen
Exporte geht in Länder außerhalb der
Euro-Zone. Sie wurden im vergangenen
Jahr vom niedrigen Wert des Euro begünstigt, an den Bulgariens Landeswährung
gekoppelt ist. Das Wirtschaftswachstum
profitierte 2015 auch vom Anstieg der
öffentlichen Investitionen, die durch die
Kohäsions- und Strukturfonds der als Kofinanzierer auftretenden EU ermöglicht
wurden. Dieser Anstieg war auf die Verwendung der verbleibenden Mittel aus
dem vorherigen Finanzierungszyklus von
2007–2013 zurückzuführen und dürfte
sich folglich in diesem Jahr nicht mit derselben Geschwindigkeit fortsetzen. Die
Privatinvestitionen werden weiterhin von
einem ungünstigen Geschäftsumfeld
beeinträchtigt.
waren. Der Export dürfte von einer höheren Nachfrage aus der EU profitieren
(nahezu 60 % der exportierten Güter werden in die Europäische Union ausgeführt),
und der geringere Wert des Euro dürfte
sich ebenfalls positiv auswirken. Dank dieser Faktoren sollten die Nettoexporte
einen wichtigen Beitrag zum Wirtschaftswachstum leisten. Der IWF prognostiziert
für die Jahre 2016 und 2017 ein reales BIPWachstum von 2,3%.
Jeder möchte ein Stück vom Kuchen – die meisten Unternehmen sehen sich durch Korruption belastet.
wiegend auf die verminderte Verfügbarkeit von EU-Zuschüssen im Vergleich zu
2015 zurückzuführen ist. Andererseits
könnte der private Verbrauch künftig
zunehmen. Noch im Jahr 2015 blieb er
trotz der niedrigen Inflation eher
gedämpft, da das Lohnwachstum gering
und die Haushaltslage wenig expansiv
Die Verschuldung bulgarischer Nichtfinanzunternehmen, die 2014 bei etwa
100% des BIP lag, gehört zu den höchsten
unter den neuen EU-Mitgliedstaaten. Die
Schulden sind in den Boomjahren vor der
Krise stark angestiegen und seit 2008 nur
leicht zurückgegangen. Dieses Schuldendienstrisiko wird nun von negativer Inflation weiter verschärft, was die Rentabilität
von Nichtfinanzunternehmen unter Druck
setzt und den Schuldenabbau erschwert.
Die Bau- und Immobilienbranche wird
vom in der Krise 2009 erfolgten Verfall der
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Vermögenspreise noch zusätzlich getroffen, da diese Branche in der Zeit vor der
Krise erheblich zum Schuldenanstieg beigetragen hat. Gemäß der Europäischen
Kommission sind „die Branchen, die mit
dem größten Risiko für die Tragfähigkeit
des Schuldenstands konfrontiert sind, die
Bau- und Immobilienbranche, Hotels und
Restaurants sowie andere Unternehmensdienstleistungen.“ Die Schulden des
öffentlichen Stromversorgers NEK betragen ebenfalls nahezu 4% des BIP, und die
finanziellen Probleme werden aufgrund
des gesellschaftlichen Drucks in Verbindung mit steigenden Strompreisen
zunehmend akut.
„Mit dem größten Risiko für die
T­ragfähigkeit des Schuldenstands
sind die Bau- und Immobilien­
branche, Hotels und Restaurants
sowie andere Unternehmensdienstleistungen konfrontiert.“
Trotz vielversprechender Finanzreformen
erfolgt keine Erholung des Kreditwachstums. Das Kreditwachstum im Unternehmenssektor stagniert seit 2010 und verzeichnet seit der Bankenkrise 2014 sogar
einen Rückgang, was Engpässe auf der
Angebots- sowie auf der Nachfrageseite
widerspiegelt. Zwar hat die Zentralbank
negative Anreize eingeführt, damit Banken keine überschüssigen Liquiditätsreserven einbehalten, doch die schwachen
Wirtschaftsaktivitäten und das Streben
nach Schuldenabbau bei einem hohen
Verschuldungsgrad senken die Nachfrage
auf Unternehmensseite.
Korruption und Bürokratie
belasten Unternehmen
Bürokratie und Korruption werden häufig
als die größten Hürden für Geschäftstätigkeiten in Bulgarien genannt. Laut einer
Studie der Europäischen Kommission
geben 61% der Manager aus dem bulgarischen Privatsektor an, dass Korruption für
ihre Geschäftstätigkeit ein Problem darstelle (EU-Durchschnitt: 40%). Nahezu
60% der Unternehmen (der höchste Prozentsatz in der EU) erklären, dass Korruption sie daran gehindert habe, eine öffentliche Ausschreibung zu gewinnen oder
einen öffentlichen Auftrag zu erhalten
(seit 2013 um 2 Prozentpunkte gestiegen). Nur 14% (der niedrigste Prozentsatz
in der EU) erklären, dass Bulgarien Maßnahmen gegen Korruption neutral
anwende (gesunken von 23% im Jahr
2013). Die Behörden gehen dieses Problem nur sehr langsam an und werden
dabei von schwachen Institutionen
behindert. Ein instabiler politischer und
gesetzlicher Rahmen, Zweifel an der
Unabhängigkeit, Qualität und Effizienz
der Justiz sowie langwierige Insolvenzverfahren stellen ebenfalls Investitionshindernisse dar.
Die derzeitige Minderheitsregierung
stützt sich auf die Mitte-rechts-Partei
­„Bürger für eine Europäische Entwicklung
∆Exportiert. Finanziert.
Installiert.
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Das kurzfristige politische Risiko Bulgariens, d.h. die Liquidität des Landes, wird
von der Credendo Group in die niedrigste
Kategorie eingestuft (1 von 7). Diese positive Bewertung ist hauptsächlich auf Bulgariens Mitgliedschaft in der Europäischen Union (EU) zurückzuführen, was die
Auferlegung (langfristiger) Kapitalverkehrskontrollen innerhalb der Union verhindert und die Kontrolle des makro­
ökonomischen Gleichgewichts ermöglicht. Günstige interne Faktoren, z.B. hohe
Währungsreserven, die deutlich über der
kurzfristigen Auslandsverschuldung liegen, untermauern das positive Urteil.
Die Bewertung des mittel- bis langfristigen politischen Risikos (Kategorie 4 von
7), das die Zahlungsfähigkeit des Landes
widerspiegelt, wird unverändert von der
recht hohen Auslandsverschuldung
beeinträchtigt, auch wenn diese, sowohl
absolut als auch relativ gesehen, zurückgeht. Die umfassende Reduzierung des
Haushaltsdefizits, die geringe Anfälligkeit
für externe Einflüsse (das Land erwirtschaftet seit 2013 einen Leistungsbilanzüberschuss), umfassende Finanzpolster
im Rahmen des Currency-Boards und eine
begrenzte Abhängigkeit vom internationalen Kapitalmarkt haben das Land vor
den im vergangenen Jahr erfolgten
­K apitalabzügen aus Schwellenländern
geschützt. Auch wenn die regelmäßigen
Phasen politischer Instabilität diesen
positiven Trend nicht beeinträchtigt
haben, bilden sie dennoch ein Hindernis
für dringend erforderliche Strukturreformen, die Bulgarien erlauben würden, mit
dem Einkommensniveau anderer EUStaaten gleichzuziehen. Allgemeine Korruption und mangelnde Rechtsstaatlichkeit verschlechtern das Geschäftsumfeld.
Insgesamt ordnet die Credendo Group
das Geschäftsrisiko auf einer Skala von A
bis C in Kategorie B ein.
Weitere Länderberichte und aktuelle
­Risikobewertungen von Credimundi
finden Sie unter www.credimundi.de.
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Next Issue: June 9, 2016
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he Business Law Magazine reports quarterly on all important questions related
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No. 1 – March 3, 2016
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In this issue
Tax law – Management equity programs – BEPS – Bitcoins – VAT – European law –
Digital single market – Compliance – UK Bribery Act – Gender diversity – Legal market
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Bulgariens“ (GERB) und den konservativen Reformblock (RB). Die Koalition benötigt für die Verabschiedung von Gesetzen
die Unterstützung weiterer Parteien: der
sozialdemokratischen ABV und der rechtsnationalen Patriotischen Front (PF). Im
vergangenen Februar überstand die Koalition das erste von der Opposition beantragte Misstrauensvotum. Anlass war die
Unzufriedenheit mit den Gesundheitsreformen, die das finanzschwache, ineffiziente Gesundheitssystem straffen sollen.
Da die Regierung nicht über eine M
­ ehrheit
verfügt, können vorgezogene Neuwahlen
offensichtlich nicht ausgeschlossen werden. Nichtsdestoweniger fährt die Regierung entschlossen einen wirtschaftsfreundlichen Kurs und setzt auf die weitere Verbesserung des Geschäftsumfelds
und die Förderung von Direktinvestitionen, insbesondere in der IT-, Outsourcing-, Hightech-, Automobil- und Innovationsindustrie sowie in der Pharmazie-,
Biotechnologie-, Elektronikbranche und
im E-Commerce.
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