Qualitative Ansätze zur Regulierung des Glücksspielangebotes Robert Hess M.A. Geschäftsführer, SCHMIDT Gruppe Entertainment, Zossen Sehr geehrter Herr Trümper, Sehr geehrte Damen und Herren, zunächst vielen Dank für die Einladung und die Möglichkeit Ihnen Gedanken zu qualitativen Regulierungsansätzen im Glücksspielwesen näher zu bringen, ich meine damit Gedanken des Düsseldorfer Kreises und sein vor kurzem vorgelegtes Verbraucherschutzkonzept. Doch vorweg noch eine Klarstellung, die mir angesichts der brancheninternen Diskussionen in der Automatenwirtschaft der letzten Tage wichtig ist. Ich spreche hier nicht als ein Vertreter der Deutschen Automatenwirtschaft oder eines Verbandes, ich spreche hier ganz schlicht als Robert Hess, Geschäftsführer der SCHMIDT Gruppe Entertainment, einem marktführenden Unternehmen der Spielstättenbranche, bekannt unter dem Logo "Spielstation". Die Inhalte werden von meinen Geschäftsführerkollegen voll mitgetragen. Nun zu meinen Ausführungen. "Der Glücksspielstaatsvertrag ist eine Dauerbaustelle. Eigentlich müsste erst die Abrissbirne das nicht tragfähige Konstrukt zerschlagen, damit danach die Bagger rollen können, um etwas Neues aufzubauen. Doch der Bauplan fehlt". Das ist keine Interpretation meinerseits, sondern die Aussage des Abgeordneten Rasmus Andresen vom Bündnis 90/Die Grünen am 27. April 2016, also vor wenigen Tagen, im Landtag Schleswig-Holstein vorgetragen. Weiter führte er aus, dass der Handlungsbedarf groß sei. Wir brauchen Rechtssicherheit und keine wirkungslosen Verbote. Wir brauchenRegeln, die das Angebot in geordnete Bahnen lenkt und den Schutz der Spielerinnen und Spieler sichert. Um das zu erreichen, müssten alle Bundesländer sich wieder an einen Tisch setzen. Ganz vielen Punkten dieser aktuellen Beurteilung des Zustandes der Glücksspielregulierung in Deutschland stimme ich vorbehaltlos zu. Nur zwei Punkten nicht! Reicht es wirklich aus, wenn sich nur die Bundesländer wieder an einen Tisch setzen und den externen Sachverstand außen vor lassen? Angesichts der negativen Erfahrungen aus dem Lotteriestaatsvertrag, dem Glücksspielstaatsvertrag und dem Glücksspieländerungsstaatsvertrag und ihrem Scheitern, muss dies massiv in Frage gestellt werden. Es braucht neue Denkansätze. Es braucht eine große gemeinsame Anstrengung aller Akteure, die mit Glücksspiel zu tun haben. Also der Suchtwissenschaft, der Prävention, der Politik als Regulierer und den Glücksspielanbietern. Die stereotypen Denk- und Agitationsschablonen der Vergangenheit müssen ins Museum. Wir benötigen dringend einen diskriminierungsfreien und vorurteilsfreien Denk- und Diskussionsprozess. Und genau hier kommt der Düsseldorfer Kreis ins Spiel. Er ist eine Initiative von Personen, die im Glücksspiel oder seinem Umfeld, der Prävention und Wissenschaft seit vielen Jahren jede Menge Erfahrung gesammelt hat und die eine Überzeugung eint: so kann es dauerhaft nicht weiter gehen. Gemeinsam müssen wir einen neuen Regulierungsansatz für Glücksspiel finden. Der Beginn eines intensiven Diskurses war das Jahr 2012. Diese Bürgerinitiative wurde von Knut Walter und Martin Reeckmann ins Leben gerufen. Und sehr viel später wurde auch ich in diesen Kreis aufgenommen. Heute sind verantwortliche Personen aus der Wissenschaft, die Professoren Bühringer und Ennuschat, aus der Prävention Herr Zeltner, von Westlotto Herr Weber, von Westspiel Herr Stumpf, von Löwen Entertainment Herr Dr. Henzgen, von Löwen Play Herr Kron, Herr Reeckmann und Herr Walter und ich Teilnehmer dieses Kreises. Unseren geringen finanziellen Aufwand tragen wir per Umlage unter fünf Unternehmen. Vor wenigen Wochen haben wir gemeinsam ein Verbraucherschutzkonzept für Glücksspiel in Deutschland vorgelegt. Kaum auf der Bühne der Öffentlichkeit angekommen, regten sich schon die bekannten Widersprecher. Das sind die Rituale der Vergangenheit, die Furcht, eigenen Einfluss zu verlieren. Im Spiegelartikel zum Düsseldorfer Kreis wurde dies mehr als deutlich. Ein Professor aus Bremen hat sogar festgestellt, er habe auf Nachfrage eine Mitarbeit abgelehnt. Nur zur Klarstellung: von uns wurde er nie gefragt. Ich denke, dass wir diese Art der nicht inhaltlich geprägten Auseinandersetzung in die Tonne treten sollten. Mein Appell lautet ganz einfach: lassen Sie uns doch gemeinsam und ohne Aufregung nach einer besseren Regulierung suchen. Was meinen wir mit Verbraucherschutz? Da steht zunächst die Erkenntnis, dass Glücksspiel eine Dienstleistung ist. Natürlich eine mit Risiken. Der Nutzer der Dienstleistung ist ein ganz normaler Verbraucher. Und für diesen Verbraucher müssen mindestens die gleichen Sicherheitsstandards und Rechte gelten wie für Nutzer anderer Dienstleistungen. Verbraucherschutz geht also weit über die bisherigen Regulierungsdeterminanten Jugend- und Spielerschutz hinaus, aber inkludiert diese selbstredend. So verstandener Verbraucherschutz im Glücksspiel umfasst eben neben Jugend- und Spielerschutz zum Beispiel auch Vertragsrechtsschutz und den Schutz vor Betrug und Manipulation und anderen illegalen Handlungen. Es geht also um Qualität, um die Qualität der Regulierung, der Prävention, der Glücksspielangebote und der Glücksspielanbieter. Nach dem Scheitern des Regulierungsansatzes mit singulärer unspezifischer Angebotsreduzierung, siehe z. B. Sportwetten, sind wir überzeugt, den neuen Weg der qualitätsorientierten Regulierung gemeinsam diskutieren zu sollen. Wir sind zu dieser Diskussion bereit. Wir wollen, dass Glücksspielen eine Freizeitbeschäftigung und Quelle der Unterhaltung bleibt, soweit Erwachsene daran teilnehmen wollen. Natürlich erfordert auch dies regulierende Eingriffe unterschiedlichster Art, auch differenziert nach dem jeweiligen Glücksspielangebot. So erscheint es zwingend geboten, dass es bei Poker nur ein Spielerkonto geben kann. Auch die Ideen einer spielformübergreifenden personengebundenen Spielerkarte sollten wir voranbringen. Zunächst sicherlich als Medium der Spielfreigabe. Dabei dürfen wir aber auch nicht vor Forderungen der Prävention zurückschrecken, dass der Spielgast sich durchaus selbst Limits setzen darf. Eine differenzierte Vorstellung würde an dieser Stelle den zeitlichen Rahmen eines Impulsreferates definitiv sprengen. Sie sind herzlich eingeladen sich mit unseren Gedanken auseinander zu setzen. Das Verbraucherschutzkonzept können Sie auf unserer Website lesen oder herunterladen (www.duesseldorfer-kreis.de). Wichtig erscheint mir heute noch einige Stichworte zu den Grundsätzen unseres Konzeptes zu geben. Wir wollen z.B.: - Schaffung einer unabhängigen Regulierungsstelle - frühzeitiger und langfristiger Verbraucherschutz - wissenschaftliche Grundlage und Praxistauglichkeit - geringstmögliche Autonomieeinschränkung - Kontrolle und Sanktionen - Angebote an niedrigschwelliger Beratung und Behandlung. Wenn Sie mit uns im Interesse eines europarechtskonformen und kohärenten Regulierungsansatzes diskutieren oder sich austauschen möchten, sind Sie herzlich eingeladen. Wir sind überzeugt, dass Politik Glücksspielangebote in Deutschland kohärent anhand qualitativer Kriterien regulieren kann. Und diese Chance sollten wir sprichwörtlich nicht verspielen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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