Musterlösungen – Klausur Geometrie

Musterlösungen – Klausur Geometrie
Aufgabe 1 (Total: 8 Punkte). Seien A, B, C die Eckpunkte eines nichtentarteten Dreiecks in der euklidischen Ebene. Seien D, E, F derart gewählt, dass folgende Teilverhältnisse gelten: T V (A, B; D) =
T V (B, C; E) = T V (C, A; F ) = 31 . Verwenden Sie im folgenden baryzentrische Koordinaten immer
bezüglich A, B, C. Die Gerade durch zwei verschiedene Punkte P und Q bezeichnen wir mit gP Q .
a) Geben Sie die Definition für das Teilverhältnis T V (P, Q; R) für drei kollineare Punkte P , Q, R
mit P 6= Q an. [1 Punkt]
b) Geben Sie die baryzentrischen Koordinaten der Punkte D, E, F an. [1 Punkt]
c) Geben Sie die Menge aller Punkte auf gDC in baryzentrischen Koordinaten an. [2 Punkte]
d) Berechnen Sie die baryzentrischen Koordinaten des Schnittpunktes von gAE und gDC . [2 Punkte]
e) Berechnen Sie das Verhältnis der Flächeninhalte der Dreiecke ABC und P QR, wobei {P } :=
gAE ∩ gDC , {Q} := gAE ∩ gBF und {R} := gBF ∩ gDC ist. [2 Punkte]
(Tipp zu e): Wenn Sie P berechnet haben, können Sie aufgrund der Symmetrie des Problems die Punkte
Q und R durch zyklisches Vertauschen erhalten.)
−→
−−→
Lösung 1. a) Seien P, Q, R drei kollineare Punkte mit P 6= Q, dann gibt es ein λ ∈ R mit P R = λP Q.
Dann ist T V (P, Q; R) = λ.
(Da Aufgabe 1 in der euklidischen Ebene spielt, kann man auch definieren: T V (P, Q; R) =
−→
kP Rk
−
−
→ .)
kP Qk
−−→
−−→
b) Wegen T V (A, B; D) = 31 ist AD = 13 AB, also D − A = 13 (B − A), also D = 23 A + 13 B. Da alle
Teilverhältniss gleich sind, ergibt zyklisches Vertauschen E = 32 B + 13 C und F = 23 C + 13 A.
c) gDC := {sD + (1 − s)C | s ∈ R} = { 23 sA + 13 sB + (1 − s)C | s ∈ R}
d) gAE := {rA + (1 − r)E | r ∈ R} = {rA + (1 − r) 23 B + (1 − r) 13 C | r ∈ R}
Für den Schnittpunkt P muss dann gelten:
2
s =r
3
1
2
s = (1 − r)
3
3
1
1 − s = (1 − r).
3
Also s = 67 und r = 47 und damit P = 47 A + 27 B + 17 C.
−−→ −→ −→
e) Zyklisches Vertauschen ergibt: Q = 47 B + 27 C + 17 A und R = 47 C + 27 A + 17 B. Also P Q = P A − QA =
−
−
→
−
→
−
−
→
−
→
−
−
→
−
→
−
→
−
−
→
−
→
−
−
→
−
−→ 3 −→
1
4
2
2
1
2
1
1
4 →
1−
2
7 BA+ 7 CA− 7 BA− 7 CA = − 7 BA− 7 CA und analog P R = 7 BA+ 7 CA− 7 BA− 7 CA = 7 BA− 7 CA.
−−→ −→
2 −−→ 1 −→ 1 −−→ 3 −→
2|P QR| =| det(P Q, P R)| = | det(− BA − CA, BA − CA)|
7
7
7
7
−−→ −→
7
1
= | det(BA, CA)| = 2|ABC|.
49
7
(Das vorletzte Gleichheitszeichen benutzt die Spaltenlinearität der Determinante.) Das Verhältnis der
Flächeninhalte ist damit 1/7.
Aufgabe 2 (Total: 10 Punkte).
a) Geben Sie die Definition des Begriffes einer projektiven Abbildung f : P (V ) → P (V ) (V sei ein
endlich dimensionaler K-Vektorraum). [2 Punkte]
b) Sei f : P (R4 ) → P (R4 ) gegeben durch
[x0 : x1 : x2 : x3 ] 7→ [2x1 + 3x3 : x0 : 4x2 : x3 ].
Zeigen Sie, dass f ein projektiver Isomorphismus ist. [2 Punkte]
c) Definieren Sie den Begriff der projektiven Punktbasis. [1 Punkt]
d) Sei A = [1 : 0 : 0 : 0], B = [0 : 1 : 0 : 0], C = [0 : 0 : 1 : 0], D = [0 : 0 : 0 : 1] und E = [1 : 1 : 1 : 2].
Bilden A, B, C, D, E ∈ P (R4 ) eine projektive Punktbasis? Begründen Sie? [2 Punkte]
e) Geben Sie fünf paarweise verschiedene Punkte in P (R4 ) an, die keine projektive Punktbasis
bilden, und begründen Sie. [1 Punkt]
f) Berechnen Sie f (gAB ) ∩ f (gCF ), wobei gAB die projektive Gerade durch die Punkte A und B
bezeichnet und F = [1 : 1 : 2 : 0] ist. [2 Punkte]
Lösung 2. a) f : P (V ) → P (V ) heißt projektive Abbildung, falls es eine injektive lineare Abbildung
fˆ: V → V gibt mit f ([v]) = [fˆ(v)] für alle v ∈ V ist (wobei v ∈ V \ {0} → [v] ∈ P (V ) die kanonische
Projektion ist).
b) Wir wählen fˆ: V → V als (x0 , x1 , x2 , x3 ) 7→ (2x1 + 3x3 , x0 , 4x2 , x3 ). Diese Abbildung ist linear.
Desweiteren ist sie bijektiv, denn fˆ−1 : (y0 , y1 , y2 , y3 ) 7→ (y1 , (y0 − 3y3 )/2, y2 /4, y3 ) ist die Umkehrabbildung. [Alternativ kann man bijektiv auch direkt nachrechnen.] Desweiteren ist f die zu fˆ gehörige
projektive Abbildung. Damit ist f ein projektiver Isomorphismus.
c) Eine Menge von Punkten P1 , . . . , Pn+2 ∈ P (V ) mit dim V = n + 1 ist eine projektive Punktbasis, wenn
es eine Basis e1 , . . . , en+1 von V gibt, so dass Pi = [ei ] für i ≤ n + 1 und Pn+2 = [e1 + . . . + en+1 ].
(Dazu äquivalent: Eine Menge von Punkten P1 , . . . , Pn+2 ∈ P (V ) mit dim V = n + 1 ist eine projektive
Punktbasis, wenn für alle i = 1, . . . , n + 2 die Punkte P1 , . . . , Pi−1 , Pi , . . . , Pn+2 linear unabhängig sind.)
d) Ja. Wähle e1 = (1, 0, 0, 0), e2 = (0, 1, 0, 0), e3 = (0, 0, 1, 0) und e4 = (0, 0, 0, 2). Dann ist e1 , . . . , e4
eine Basis von R4 und A = [e1 ], B = [e2 ], C = [e3 ], D = [e4 ] und E = [e1 + e2 + e3 + e4 ].
e) Wir wählen fünf verschiedene Punkte auf einer projektiven Geraden. Dann spannen ihre zugehörigen
Ursprungsgeraden nur einen zweidimensionalen Untervektorraum von R4 und können so nie von einer
Basis kommen wie in c) gefordert: z.B: Pi = [1 : i : 0 : 0] für i = 1, . . . , 5.
f)
1.Weg:
gAB = {[1 : 0 : 0 : 0] + s[0 : 1 : 0 : 0] |s ∈ R} ∪ {B}
und
gCD = {[0 : 0 : 1 : 0] + r[1 : 1 : 2 : 0] |r ∈ R} ∪ {F }
Der Schnittpunkt ist [1 : 1 : 0 : 0]. Da f ein Iso ist, ist
f (gAB ) ∩ f (gCF ) = f (gAB ∩ gCF ) = f ([1 : 1 : 0 : 0]) = [2 : 1 : 0 : 0].
2. Weg:
f (gAB ) ={f ([1 : 0 : 0 : 0]) + sf ([0 : 1 : 0 : 0]) |s ∈ R} ∪ {f (B)}
={[0 : 1 : 0 : 0] + s[2 : 0 : 0 : 0] |s ∈ R} ∪ {[2 : 0 : 0 : 0]}
und
f (gCD ) ={f ([0 : 0 : 1 : 0]) + rf ([1 : 1 : 2 : 0]) |r ∈ R} ∪ {f (F )}
={[0 : 0 : 4 : 0] + r[2 : 1 : 8 : 0] |r ∈ R} ∪ {[2 : 1 : 8 : 0]}.
Der Schnittpunkt ist [2 : 1 : 0 : 0].
Aufgabe 3 (Total: 5 Punkte).
a) Sei Z = [0, 2π) und dZ (α, β) := |eiα − eiβ |. Zeigen Sie, dass
(Z, dZ ) ein metrischer Raum ist. [3 Punkte]
b) Sei h : Z → Z eine surjektive Abbildung mit dZ (α, β) = dZ (h(α), h(β)) für alle α, β ∈ Z und
h(0) = 0. Bestimmen Sie alle solchen Abbildungen h - begründen Sie. [2 Punkte]
Lösung 3. a) 1 Weg:
Es ist dZ (α, β) = 0 gdw |eiα − eiβ | = 0, also gdw eiα = eiβ sind. Da Z = [0, 2π) ist, muss α = β sein.
Weiterhin ist dZ offentsichtlich symmetrisch. Sei nun α, β, γ ∈ Z. Dann ist
dZ (α, β) + dZ (β, γ) = |eiα − eiβ | + |eiβ − eiγ | ≥ |eiα − eiγ | = dZ (α, γ),
wobei die benutzte Ungleichung die Dreiecksungleichung für reelle Zahlen ist. Damit ist also (Z, dZ ) ein
metrischer Raum.
2. Weg: (Z, dZ ) kann man als Einheitskreis im R2 interpretieren mit dZ dem Sekantenabstand. Dann ist
1
dZ gleich der euklidischen Metrik auf R2 eingeschränkt auf S . Also ist dZ eine Metrik.
b) h(α) = α und h(α) = 2π − α sind zwei solcher Abbildungen. Wir wollen zeigen, dass dies alle sind:
Erfülle h die Bedingungen. Dann ist insbesondere |eih(α) − 1| = dZ (h(α), h(0) = 0) = dZ (α, 0) = |eiα − 1|.
Die Menge der {eiγ }γ beschreibt den Einheitskreis um den Ursprung. Die Menge aller Punkte x ∈ C
mit |x − 1| = const ist ein Kreis um den Punkt (1, 0). Dieser Kreis hat mit {eiγ }γ aber nur zwei
Schnittpunkte gemeinsam – nämlich eiα und ei(2π−α) . Also muss h(α) ∈ {α, 2π − α} für jedes α gelten.
Wegen |eih(β) − eih(α) | = |eiβ − eiα |, also |ei(h(β)−h(α)) − 1| = |ei(β−α) − 1|, folgt analog zu oben aus
h(α) = α für ein α ∈ (0, 2π), dass h(β) = β für alle β sein muss. Analog verfährt man falls h(α) = 2π − α
für ein α ∈ (0, 2π). Damit sind die beiden h vom Anfang die einzign Abbildungen, die die Bedingungen
erfüllen.
Aufgabe 4 (Total: 5 Punkte). Seien A, B, C die Eckpunkte eines nichtentarteten Dreiecks in der euklidischen Ebene.
a) Geben Sie die Definition des Winkels ^ACB an. [1 Punkt]
b) Beweisen Sie den Kosinussatz, d.h. zeigen Sie
−−→
−−→
−→
−−→ −→
kABk2 = kBCk2 + kACk2 − 2kBCkkACk cos ^ACB.
[2 Punkte]
c) Der Satz des Thales lautet: Jeder Perephiewinkel über einem Durchmesser ist ein rechter Winkel.
Beweisen Sie den Satz des Thales ohne Verwendung des Perephie-Zentriwinkelsatzes. [2 Punkte]
Lösung 4. a) ^ACB = arccos
−→ −
−
→
hCA,CBi
−→ −
−
→
kACkkABk
b)
−−→
−→ −−→
−−→
−→
−→ −−→
kABk2 =kAC + CBk2 = kBCk2 + kACk2 + 2hAC, CBi
−−→
−→
−→ −−→
=kBCk2 + kACk2 − 2hAC, BCi
−−→
−→
−−→ −→
=kBCk2 + kACk2 − 2kBCkkACk cos ^ACB
c) Sei AB der Durchmesser und M der Mittelpunkt und C der dritte Punkt des Dreiecks.
−−→ −−→
−−→
1.Weg: Dann ist −M A = M B und kM Ak = kM Ck.
−→ −−→
−−→ −−→ −−→ −−→
−−→
−−→ −−→
−−→ −−→
−−→ −−→
hCA, CBi =hCM + M A, CM + M Bi = kCM k2 + hM A, CM i + hCM , M Bi + hM A, M Bi
−−→
−−→ −−→
−−→ −−→
−−→ −−→
=kCM k2 − hM B, CM i + hCM , M Bi − hM B, M Bi = 0
Also ist bei C ein rechter Winkel.
2.Weg: Die Dreiecke AM C und CM B sind jeweils gleichschenklig (Ihre Schenkel sind alle Radien). Damit
ist ^CAM = ^ACM und ^BCM = ^CBM . Wir haben
π =^CAB + ^ABC + ^BCA
=^CAM + ^AM C + ^BCM + ^ACM
=2(^BCM + ^ACM ) = 2^BCA
Also ist ^BCA = π/2.
Andere Wege möglich, z.B: Spiegelung des Dreiecks am Durchmesser führt zu einem Sehnenviereck. Der
Satz vom Sehnenviereck liefert die Behauptung.
Zusatzaufgabe (Total: 4 Zusatzpunkte). Seien g1 , g2 , h1 , h2 projektive Geraden in einer projektiven
Ebene P (V ). Sei g1 ∩ g2 = {P }, h1 ∩ h2 = {Q} und P 6∈ h1 , P 6∈ h2 , Q 6∈ g1 , Q 6∈ g2 und P 6= Q. Sei
{Bij } = gi ∩ hj . Wählen Sie eine affine Ebene A in P (V ) derart, dass die Punkte Bij alle in A liegen
und dort ein Parallelogramm bilden. Begründen Sie ihre Wahl.
Wie viele Möglichkeiten haben Sie die affine Ebene wie gefordert zu wählen?
Lösung 5. Wähle A derart, dass P und Q in ∞A liegen. Wegen P 6= Q und A eine Ebene, ist gP Q = ∞A
und damit ist A eindeutig bestimmt. Dann sind in A die Geraden g1 und g2 bzw. h1 und h2 parallel.
Liege ein Punkt Bij nicht in A. So würde Bij ∈ gP Q gelten und damit würde gi = hj sein. Das wäre ein
Widerspruch zu P 6∈ h1 . Damit liegen alle Bij in A und sind die Eckpunkte des von g1 , g2 und h1 , h2
gebildeten Parallelogramms.
Was sind die Möglichkeiten A wie gewünscht zu wählen? 4 Punkte können auf verschiedene Weisen
ein Parallelogramm bilden - je nach dem welche Verbindungen der Punkte Kanten oder Diagonalen
sein sollen. Liege B11 auf einer Diagonale mit B22 , so müssen wie oben g1 und g2 bzw. h1 und h2
parallel sein. Andererseits kann B11 auf einer Diagonale mit B12 liegen, dann müssen h1 und h2 bzw.
gB11 B22 und gB21 B12 parallel sein. Um das zu erreichen muss A so gewählt werden, dass ∞A = gQS mit
S = gB11 B22 ∩ gB21 B12 ist. Die letzte Mäglichkeit wäre dann, dass B11 auf einer Diagonale mit B21 liegen,
dann müssen g1 und g2 bzw. gB11 B22 und gB21 B12 parallel sein. Um das zu erreichen, muss A so gewählt
werden, dass ∞A = gP S ist. Es gibt also drei Möglichkeiten.