SWR2 Tagesgespräch

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an.
Tom Koenigs, Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied im
Bundestags-Untersuchungsausschuss Vereinte
Nationen, gab heute, 03.06.16, dem Südwestrundfunk
ein Interview zum Thema:
„Kandidatenkür für die Nachfolge von Ban Ki Moon“.
Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Pascal Fournier.
Mit freundlichen Grüßen
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Datum:
03.06.2016
Grünen-Abgeordneter Koenigs sieht Anzeichen für Reform der Vereinten Nationen
Baden-Baden: Der Grünen-Bundestagsabgeordnete und langjährige UN-Mitarbeiter Tom
Koenigs sieht bei der gegenwärtigen Kandidaten-Kür für die Nachfolge von UN-Generalsekretär
Ban Ki Moon Signale für eine Reform der Organisation. Bans Amtszeit endet mit diesem Jahr.
Erstmals in der UN-Geschichte betreiben die Kandidaten Wahlkampf und stellen sich
öffentlichen Diskussionen oder Anhörungen in der UN-Vollversammlung. Koenigs, der für seine
Fraktion im Bundestags-Unterausschuss „Vereinte Nationen“ sitzt, sagte im Interview mit dem
Südwestrundfunk (SWR), dass die Besetzung des UN-Generalsekretärs-Postens bislang in
„Hinterzimmern ausgekungelt“ wurde, sei dem Gewicht des Amtes nicht angemessen. Koenigs
stellte sich im SWR-Tagesgespräch ausdrücklich hinter Forderungen, den Posten an eine Frau
zu vergeben: „Das wäre ein gutes Signal“, so der Grünen-Politiker wörtlich und verwies auf die
gewachsene Bedeutung von Frauen in Wirtschaft, Politik und in diversen UNUnterorganisationen. Insgesamt sieht er im Auswahlverfahren Schritte hin zu einer Reform der
Vereinten Nationen. Deren gegenwärtigen Zustand bezeichnete Koenigs als „unglaublich
schwierig und konfliktreich“. Zugleich bescheinigte er der Organisation „große Möglichkeiten“.
Die UN seien immer nur so gut, wie die Staaten sie machten – deswegen seien hier immer
wieder Impulse und Initiativen des Generalsekretärs gefragt. Als Beispiel nannte Koenigs den
UN-Weltnothilfe-Gipfel in Istanbul in der vergangenen Woche. Denn: „Die Menschenrechte und
die (UN-)Charta sind noch so modern und aktuell wie bei der Gründung der Vereinten Nationen
vor 70 Jahren“, so Koenigs weiter.
Wortlaut des Live-Gesprächs:
Fournier: Vier Frauen, vier Männer, allesamt erfahrene Politikerinnen und Politiker, auch
mit reichlich UN-Erfahrung zum Teil, bewerben sich um den Posten als UNGeneralsekretär oder Generalsekretärin. Gibt es eigentlich Eigenschaften oder
Kardinaltugenden, die einen für diesen Posten prädestinieren?
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Koenigs: Ich glaube das Wichtigste ist, dass die gewählte Person unabhängig ist, auch
prinzipienfest, und Kreativität hat, um diplomatische Kompromisse zu finden. Die
Generalsekretärin oder der Generalsekretär darf nicht einer, auch seiner vergangenen
Regierung, alleine das Wort reden, sondern muss alle Staaten vertreten und dann auch in dem
Konzert der internationalen Gemeinschaft eine starke Stimme bilden, die letzen Endes zum
Konsens führt. Das ist eine unglaublich schwierige Aufgabe.
Fournier: Das eigentliche Verfahren ist ja wie immer: Irgendwann in diesem Jahr schlägt
der Sicherheitsrat dann einen Kandidaten vor und die Generalversammlung wählt ihn
oder sie dann. Dieses Mal allerdings darf die Generalversammlung der Vereinten
Nationen die Kandidaten vorher auch mal anhören und befragen. Die Kandidaten werben
öffentlich für sich, machen also Wahlkampf. Das ist alles eher neu. Wie bewerten Sie
das?
Koenigs: Das ist schon ein Schritt zur Reform der Vereinten Nationen. Denn dass das bisher in
Hinterzimmern weitgehend ausgekungelt war, ist eigentlich dem Gewicht des Amtes nicht
angemessen. Von daher finde ich das schon eine gute Öffnung. Und in den Diskussionen wird
sich auch den Staaten, die ja letzten Endes dann in der Generalversammlung die
Generalsekretärin oder den Generalsekretär wählen, zeigen, wer die entsprechenden
Qualifikationen hat. Denn die liegen auch in der Fähigkeit, seine Nachricht mitzuteilen, nach
außen zu geben. Denn der Generalsekretär oder Generalsekretärin, das ist auch eine
moralische Stimme. Sie müssen ja die Prinzipien der Charta und den Ruf nach Frieden und
Menschenrechten glaubwürdig vertreten.
Fournier: Sie haben gerade erklärt, der künftige Generalsekretär muss sich vor allem
durch Unabhängigkeit und Überparteilichkeit auszeichnen. Aber es gab im Vorab
durchaus auch konkrete Forderungen und Wünsche. Der nächste Generalsekretär soll
aus Osteuropa kommen. Es sollte vielleicht auch endlich mal eine Generalsekretärin
sein. Sind das auch Innovationssignale?
Koenigs: Das sind halb und halb. Es gibt eine Regel, dass die verschiedenen Gruppen, also
die verschiedenen kontinentalen Gruppen, in den Vorschlägen und in den GeneralsekretärsPersonen wechseln sollten. Wenn man danach sieht, wäre jetzt die westliche Gruppe dran, die
allerdings auch Australien und Neuseeland mit einschließt. Das kann man beachten, muss man
aber nicht, wäre aber vielleicht sinnvoll, damit sich alle Staaten vertreten fühlen. Eben auch
durch diese Rotation. Die Innovation, auch eine Generalsekretärin einzubeziehen, ist wichtig,
denn das hat es bisher noch nicht gegeben und das Gewicht der Frauen, gerade zum Beispiel
in der Wirtschaft, aber auch im Peacekeeping, im Frieden-Machen oder in den
Unterorganisationen der Vereinten Nationen, hat glücklicherweise zugenommen, und hier wäre
es ein gutes Signal, wenn es eine Frau würde.
Fournier: Was für eine UN erbt eigentlich Bans Nachfolger oder Nachfolgerin?
Koenigs: Eine unglaublich schwierige, konfliktreiche, aber Vereinte Nation mit großen
Möglichkeiten. Die Vereinten Nationen sind ja immer nur so gut wie die Staaten sie machen.
Die Generalsekretärin/der Generalsekretär kann die Staaten aber auffordern, kann sie drängen,
etwas Neues zu machen. Zum Beispiel jetzt vor 8 Tagen zu einem internationalen Gipfel der
humanitären Helfer und humanitären Hilfe aufzurufen. Das sind Initiativen, die vom
Generalsekretär kommen. Aber auch sämtliche Personalfragen in dieser großen Organisation.
Und man muss schon so eine Organisation führen können, mit schwierigen Mitgliedern, mit
schwierigen Fragen und auch einem Sack voll Problemen, die eher größer geworden sind als
kleiner. Die Menschenrechte und die Charta sind trotzdem noch so modern, noch so aktuell,
wie sie bei der Gründung der Vereinten Nationen vor 70 Jahren waren.
Fournier: Im Vorfeld der Kandidatenkür fiel auch schon mal der Name „Angela Merkel“.
Unter anderem die „New York Times“ traut ihr den Job einer Generalsekretärin durchaus
auch zu. Nur mal theoretisch, sollte man ihr diesen Job auch wünschen – oder wäre das
gemein?
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Koenigs: Ich wüsste nicht, warum das gemein ist. Das ist wahrscheinlich der schwierigste und
höchste Posten, den es auf dieser Welt gibt. Und wenn da qualifizierte Kandidaten dabei sind,
die sich darum bewerben, ist das erst mal gut. Und jemand, der lange eine Regierung in
schwierigen Zeiten geführt hat, ist sicher qualifiziert. Und eine Frau als Generalsekretärin wäre
eine Innovation. Aber ich bin sicher, dass Frau Merkel in ihrem Posten glücklicher ist als dort.
- Ende Wortlaut -
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)