SÜDWESTRUNDFUNK Anstalt des öffentlichen Rechts Radio Fernsehen Internet PRESSE Information Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an. Tom Koenigs, Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied im Bundestags-Untersuchungsausschuss Vereinte Nationen, gab heute, 03.06.16, dem Südwestrundfunk ein Interview zum Thema: „Kandidatenkür für die Nachfolge von Ban Ki Moon“. Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Pascal Fournier. Mit freundlichen Grüßen Zentrale Information Chefredaktion Hörfunk Zentrale Information SWR Tagesgespräch Postadresse 76522 Baden-Baden Hausadresse Hans-Bredow-Straße 76530 Baden-Baden Telefon Telefax 07221/929-23981 07221/929-22050 Internet www.swr2.de Datum: 03.06.2016 Grünen-Abgeordneter Koenigs sieht Anzeichen für Reform der Vereinten Nationen Baden-Baden: Der Grünen-Bundestagsabgeordnete und langjährige UN-Mitarbeiter Tom Koenigs sieht bei der gegenwärtigen Kandidaten-Kür für die Nachfolge von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon Signale für eine Reform der Organisation. Bans Amtszeit endet mit diesem Jahr. Erstmals in der UN-Geschichte betreiben die Kandidaten Wahlkampf und stellen sich öffentlichen Diskussionen oder Anhörungen in der UN-Vollversammlung. Koenigs, der für seine Fraktion im Bundestags-Unterausschuss „Vereinte Nationen“ sitzt, sagte im Interview mit dem Südwestrundfunk (SWR), dass die Besetzung des UN-Generalsekretärs-Postens bislang in „Hinterzimmern ausgekungelt“ wurde, sei dem Gewicht des Amtes nicht angemessen. Koenigs stellte sich im SWR-Tagesgespräch ausdrücklich hinter Forderungen, den Posten an eine Frau zu vergeben: „Das wäre ein gutes Signal“, so der Grünen-Politiker wörtlich und verwies auf die gewachsene Bedeutung von Frauen in Wirtschaft, Politik und in diversen UNUnterorganisationen. Insgesamt sieht er im Auswahlverfahren Schritte hin zu einer Reform der Vereinten Nationen. Deren gegenwärtigen Zustand bezeichnete Koenigs als „unglaublich schwierig und konfliktreich“. Zugleich bescheinigte er der Organisation „große Möglichkeiten“. Die UN seien immer nur so gut, wie die Staaten sie machten – deswegen seien hier immer wieder Impulse und Initiativen des Generalsekretärs gefragt. Als Beispiel nannte Koenigs den UN-Weltnothilfe-Gipfel in Istanbul in der vergangenen Woche. Denn: „Die Menschenrechte und die (UN-)Charta sind noch so modern und aktuell wie bei der Gründung der Vereinten Nationen vor 70 Jahren“, so Koenigs weiter. Wortlaut des Live-Gesprächs: Fournier: Vier Frauen, vier Männer, allesamt erfahrene Politikerinnen und Politiker, auch mit reichlich UN-Erfahrung zum Teil, bewerben sich um den Posten als UNGeneralsekretär oder Generalsekretärin. Gibt es eigentlich Eigenschaften oder Kardinaltugenden, die einen für diesen Posten prädestinieren? Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) Koenigs: Ich glaube das Wichtigste ist, dass die gewählte Person unabhängig ist, auch prinzipienfest, und Kreativität hat, um diplomatische Kompromisse zu finden. Die Generalsekretärin oder der Generalsekretär darf nicht einer, auch seiner vergangenen Regierung, alleine das Wort reden, sondern muss alle Staaten vertreten und dann auch in dem Konzert der internationalen Gemeinschaft eine starke Stimme bilden, die letzen Endes zum Konsens führt. Das ist eine unglaublich schwierige Aufgabe. Fournier: Das eigentliche Verfahren ist ja wie immer: Irgendwann in diesem Jahr schlägt der Sicherheitsrat dann einen Kandidaten vor und die Generalversammlung wählt ihn oder sie dann. Dieses Mal allerdings darf die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Kandidaten vorher auch mal anhören und befragen. Die Kandidaten werben öffentlich für sich, machen also Wahlkampf. Das ist alles eher neu. Wie bewerten Sie das? Koenigs: Das ist schon ein Schritt zur Reform der Vereinten Nationen. Denn dass das bisher in Hinterzimmern weitgehend ausgekungelt war, ist eigentlich dem Gewicht des Amtes nicht angemessen. Von daher finde ich das schon eine gute Öffnung. Und in den Diskussionen wird sich auch den Staaten, die ja letzten Endes dann in der Generalversammlung die Generalsekretärin oder den Generalsekretär wählen, zeigen, wer die entsprechenden Qualifikationen hat. Denn die liegen auch in der Fähigkeit, seine Nachricht mitzuteilen, nach außen zu geben. Denn der Generalsekretär oder Generalsekretärin, das ist auch eine moralische Stimme. Sie müssen ja die Prinzipien der Charta und den Ruf nach Frieden und Menschenrechten glaubwürdig vertreten. Fournier: Sie haben gerade erklärt, der künftige Generalsekretär muss sich vor allem durch Unabhängigkeit und Überparteilichkeit auszeichnen. Aber es gab im Vorab durchaus auch konkrete Forderungen und Wünsche. Der nächste Generalsekretär soll aus Osteuropa kommen. Es sollte vielleicht auch endlich mal eine Generalsekretärin sein. Sind das auch Innovationssignale? Koenigs: Das sind halb und halb. Es gibt eine Regel, dass die verschiedenen Gruppen, also die verschiedenen kontinentalen Gruppen, in den Vorschlägen und in den GeneralsekretärsPersonen wechseln sollten. Wenn man danach sieht, wäre jetzt die westliche Gruppe dran, die allerdings auch Australien und Neuseeland mit einschließt. Das kann man beachten, muss man aber nicht, wäre aber vielleicht sinnvoll, damit sich alle Staaten vertreten fühlen. Eben auch durch diese Rotation. Die Innovation, auch eine Generalsekretärin einzubeziehen, ist wichtig, denn das hat es bisher noch nicht gegeben und das Gewicht der Frauen, gerade zum Beispiel in der Wirtschaft, aber auch im Peacekeeping, im Frieden-Machen oder in den Unterorganisationen der Vereinten Nationen, hat glücklicherweise zugenommen, und hier wäre es ein gutes Signal, wenn es eine Frau würde. Fournier: Was für eine UN erbt eigentlich Bans Nachfolger oder Nachfolgerin? Koenigs: Eine unglaublich schwierige, konfliktreiche, aber Vereinte Nation mit großen Möglichkeiten. Die Vereinten Nationen sind ja immer nur so gut wie die Staaten sie machen. Die Generalsekretärin/der Generalsekretär kann die Staaten aber auffordern, kann sie drängen, etwas Neues zu machen. Zum Beispiel jetzt vor 8 Tagen zu einem internationalen Gipfel der humanitären Helfer und humanitären Hilfe aufzurufen. Das sind Initiativen, die vom Generalsekretär kommen. Aber auch sämtliche Personalfragen in dieser großen Organisation. Und man muss schon so eine Organisation führen können, mit schwierigen Mitgliedern, mit schwierigen Fragen und auch einem Sack voll Problemen, die eher größer geworden sind als kleiner. Die Menschenrechte und die Charta sind trotzdem noch so modern, noch so aktuell, wie sie bei der Gründung der Vereinten Nationen vor 70 Jahren waren. Fournier: Im Vorfeld der Kandidatenkür fiel auch schon mal der Name „Angela Merkel“. Unter anderem die „New York Times“ traut ihr den Job einer Generalsekretärin durchaus auch zu. Nur mal theoretisch, sollte man ihr diesen Job auch wünschen – oder wäre das gemein? Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) Koenigs: Ich wüsste nicht, warum das gemein ist. Das ist wahrscheinlich der schwierigste und höchste Posten, den es auf dieser Welt gibt. Und wenn da qualifizierte Kandidaten dabei sind, die sich darum bewerben, ist das erst mal gut. Und jemand, der lange eine Regierung in schwierigen Zeiten geführt hat, ist sicher qualifiziert. Und eine Frau als Generalsekretärin wäre eine Innovation. Aber ich bin sicher, dass Frau Merkel in ihrem Posten glücklicher ist als dort. - Ende Wortlaut - Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
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