Krokodil – Programm 01.06.-30.06. mi 01.06. 17.45 Uhr Parchim International, OmdU 19.15 Uhr Событие (The Event), OmdU 20.45 Uhr CHAMISSOS SCHATTEN – Kap 3: Kamtschatka do 02.06. 17.45 Uhr Событие (The Event), OmdU 19.00 Uhr Parchim International, OmdU 20.45 Uhr CHAMISSOS SCHATTEN – Kap 3: Kamtschatka fr 03.06. geschlossene Veranstaltung sa 04.06. geschlossene Veranstaltung so 05.06. geschlossene Veranstaltung mo 06.06. 18.00 Uhr Событие (The Event), OmdU 19.15 Uhr Класс коррекции (Lenas Klasse), OmdU 21.00 Uhr Parchim International, OmdU di 07.06. 18.00 Uhr Событие (The Event), OmdU 19.15 Uhr Класс коррекции (Lenas Klasse), OmdU 21.00 Uhr Parchim International, OmdU mi 08.06. 19.00 Uhr Событие (The Event), OmdU 20.15 Uhr CHAMISSOS SCHATTEN – Kap 3: Kamtschatka do 09.06. 19.00 Uhr Событие (The Event), OmdU 20.15 Uhr CHAMISSOS SCHATTEN – Kap 1: Alaska fr 10.06. keine Vorstellung sa 11.06. keine Vorstellung so 12.06. keine Vorstellung mo 13.06. keine Vorstellung di 14.06. keine Vorstellung mi 15.06. keine Vorstellung do 16.06. 19.00 Uhr CHAMISSOS SCHATTEN – Kap 2.2: Tschukotka fr 17.06. 19.00 Uhr Событие (The Event), OmdU 20.15 Uhr CHAMISSOS SCHATTEN – Kap 2.1: Tschukotka sa 18.06. 16.30 Uhr Im Strahl der Sonne (В лучах солнца), OmdU 18.15 Uhr CHAMISSOS SCHATTEN – Kap 3: Kamtschatka 21.15 Uhr Parchim International, OmdU so 19.06. 16.30 Uhr Rabbi Wolff 18.15 Uhr CHAMISSOS SCHATTEN – Kap 3: Kamtschatka 21.15 Uhr Parchim International, OmdU mo 20.06. di 21.06. mi 22.06. ! ATHOS – Im Jenseits dieser Welt KINO KROKODIL Juni 16 19.00 Uhr Im Strahl der Sonne (В лучах солнца), OmdU 20.45 Uhr Parchim International, OmdU keine Vorstellung 19.00 Uhr Событие (The Event), OmdU 20.15 Uhr Aleksandr Newskij (Александр Невский), DF ▲ 75. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion do 23.06. 19.00 Uhr Sworn Virgin (Vergine giurata), OmdU 20.30 Uhr Athos – Im Jenseits dieser Welt, OmdU ◄ fr 24.06. 19.00 Uhr Sworn Virgin (Vergine giurata), OmdU 20.30 Uhr Athos – Im Jenseits dieser Welt, OmdU ◄ sa 25.06. 16.15 Uhr Rabbi Wolff 18.00 Uhr Im Strahl der Sonne (В лучах солнца), OmdU 19.45 Uhr Athos – Im Jenseits dieser Welt, OmdU ◄ 21.30 Uhr Sworn Virgin (Vergine giurata), OmdU so 26.06. 16.00 Uhr CHAMISSOS SCHATTEN – Kap 3: Kamtschatka 19.00 Uhr Athos – Im Jenseits dieser Welt, OmdU ◄ 20.45 Uhr Sworn Virgin (Vergine giurata), OmdU mo 27.06. 19.00 Uhr Athos – Im Jenseits dieser Welt, OmdU ◄ 20.45 Uhr Sworn Virgin (Vergine giurata), OmdU di 28.06. 19.00 Uhr Sworn Virgin (Vergine giurata), OmdU 20.30 Uhr Athos – Im Jenseits dieser Welt, OmdU ◄ mi 29.06. 19.00 Uhr Sworn Virgin (Vergine giurata), OmdU 20.30 Uhr Athos – Im Jenseits dieser Welt, OmdU ◄ do 30.06. 18.00 Uhr Sworn Virgin (Vergine giurata), OmdU 19.30 Uhr Athos – Im Jenseits dieser Welt, OmdU ◄ 21.15 Uhr Mittagssonne (Zvizdan), OmdU ◄ = Credo ut intelligam (Fortsetzung im Juli) ▲ = Sergej Eisenstein DF= Deutsche Fassung OmdU= Original mit deutschen Untertiteln OF= Originalfassung OmeU= Original mit engl. Untertiteln Kino Krokodil – Filme aus Russland und Osteuropa Greifenhagener Str. 32, 10437 Berlin Kino: Fon (030) 44 04 92 98 (ab 19 Uhr) Email: [email protected] Eintrittspreis: 6,50 € Andere Preise gelten bei Kurzfilmen, Überlängen und Programmen mit Livemusikbegleitung. www.kino-krokodil.de Änderungen vorbehalten S-Bahn: S8, S85, Ringbahn Schönhauser Allee, Ausgang Greifenhagener Str. U-Bahn: U2 Schönhauser Allee Tram: M1, M13, 50 Schönhauser Allee / Bornholmer Str. Athos – Im Jenseits dieser Welt ◄ D/ Griechenland 2016, 99 min, OmdU KINOSTART ◄ Filmreihe: Credo ut intelligam (Fortsetzung im Juli) Regie: Peter Bardehle, Andreas Martin Athos ist das Herz der Orthodoxie, ein Refugium, in dem das Alte wichtiger ist als das Neue. Der Tagesablauf schwingt im Rhythmus liturgischer Gesänge und Gebete, in denen das untergegangene Byzanz vor allem im Zeitgefühl der dort lebenden Mönche fortlebt. Ihr Alltag zeigt eine Existenz jenseits dieser Welt. Zum ersten Mal entsteht auf Athos ein Filmtagebuch für "Aventure Humaine". Die Landschaft und die Beobachtungen der Mönche sind das Tableau für Metaebenen. Dabei geht es um zwei wesentliche Botschaften: Zeit für das Leben und Respekt für den Menschen. An beiden scheint es in unserer Welt zu fehlen. (Österreichisches Filminstitut) Unser westliches Leben ist geprägt von Erfolgsdruck, stetigem Lärm, hastigen Trends, schlechten Nachrichten und einem immer schneller werdenden Tempo, dem sich der Mensch in der modernen Gesellschaft fugen muss. Erfolg in der materiellen Welt ist zwar uber kurze Distanz angenehm, bietet jedoch selten die erhoffte Erfullung. Unser komplexes westliches Leben ist an der Grenze dessen angelangt, was Geist und Seele ertragen können. Wir haben immer mehr Möglichkeiten, Angebote und Freiheiten, können sie aber nicht genießen und empfinden uns selbst als gehetzt, gefangen und unfrei. Selten haben so viele junge Menschen ihre Sehnsucht nach Spiritualität auf dem Jakobsweg, in indischen Ashrams, in Altötting oder auf anderen Pilgerwegen zu stillen gesucht. Es ist keine Weltflucht, sondern Ausdruck einer neuen Nachdenklichkeit in einer immer schneller getakteten Welt, die der Entfaltung der Seele, des Geistes oder einfach nur der Gemeinschaft wenig Raum lässt. (…) Ich habe schon mehrfach Exerzitien im Kloster und in vielen Klöstern Station gemacht, katholischen wie orthodoxen. Auf dem Athos hat mich erstaunt, dass nicht mehr- wie einst- Bauernjungen Mönche werden, sondern Chirurgen aus New York oder Chemiker aus Hamburg, die als Endvierziger ihre Karrieren aufgeben und auf Athos neu anfangen, angelockt vom einfachen Leben, einer neuen Freiheit und der Magie tausendjähriger Rituale. Diesen Zauber in einem unbekannten Stuck Europa wollte ich in einem Film festhalten und erzählen. Wir mussten dabei behutsam und vorsichtig vorgehen, denn Filmkameras haben auf dem Berg Athos eigentlich keinen Platz. So konnten wir vieles nicht erzählen, weil die Mönche nicht bereit waren, sich vor der Kamera zu zeigen oder zu äußern. Wir haben diese Zurückhaltung in aller Freundschaft respektiert. Wir lassen den Film im Kino auch ohne Kommentar laufen, um den besonderen Takt des Orts einzufangen. (Peter Bardehle) Sworn Virgin (Vergine giurata) I/ CH/ D/ Albanien 2015, 87 min, OmdU KINOSTART Regie: Laura Bispuri Hana Doda wächst in der rauen, traditionsverhafteten Berglandschaft Albaniens auf, in der alte Gesetze und konservative Geschlechterrollen seit jeher das Leben der Menschen bestimmen. Doch Hana begehrt auf: Sie legt nach dem traditionellen Recht des Kanun den Schwur ewiger Jungfräulichkeit ab, da sie ihre Zukunft nicht als Ehefrau und Dienerin sieht. Fortan wird sie als Mann behandelt, und als Zeichen ihrer neu gewonnen Freiheit erhält sie den Namen Mark und ein Gewehr. Doch sie findet keine Erfüllung in ihrem Sein und bricht nach zehn langen Jahren Einsamkeit zu ihrer Cousine Lila nach Mailand auf. Sie hofft, dort ein neues Leben beginnen zu können, stößt aber bei ihrer Familie zunächst auf Ablehnung und in der fremden Gesellschaft auf ungeahnte Begegnungen. Stück für Stück nähert Mark sich wieder Hana an – und muss sich entscheiden, welches Leben sie fortan führen möchte. Zvizdan (Mittagssonne) HR/ SL/ RS 2015, 119 min, OmdU KINOSTART Parchim International D 2015, 90 min, OmdU Regie: Stefan Eberlein, Manuel Fenn 2007 kauft der chinesische Investor Jonathan Pang einen alten Militärflughafen in Mecklenburg-Vorpommern. In einer kleinen Stadt namens Parchim will er eine internationale Drehscheibe für Flugfrachtverkehr zwischen China, Europa und Afrika schaffen. Herr Pang hat sich nicht weniger vorgenommen, als die internationalen Warenströme umzulenken und aus Parchim ein neues Zentrum der Globalisierung zu machen. Aber passt seine Idee auch in die norddeutsche Provinz? Die Arbeitslosenquote ist hoch, der Flughafen liegt seit 17 Jahren brach. Ein Container auf Stelzen dient als provisorischer Tower, die Landebahn bröckelt und die Belegschaft spricht kein Englisch. Während Jonathan Pangs deutscher Berater Werner Knan sich weiter und weiter in den Sumpf deutscher Bürokratie verrennt, reist Herr Pang mit bezwingendem Optimismus quer durch die Welt, um über alle Grenzen hinweg andere von seiner Idee zu begeistern. Событие (The Event) NL/ B 2015, 74 min, OmdU Regie: Sergej Losniza Wie schon in früheren Filmen verwendet Sergei Loznitsa Schwarz-WeißAufnahmen aus Archiven, um damit Geschichte zu rekonstruieren, wenn nicht zu konstruieren. Es sind Bilder des historischen Ereignisses, das den endgültigen Zerfall der Sowjetunion einleitete: der gescheiterte Putschversuch am 19. August 1991. In den Straßen von Sankt Petersburg, das damals noch Leningrad hieß, stehen die Menschen. Die Kamera bewegt sich durch die Massen und erfasst Gesichter, ihr Ausdruck: nichtwissend. Sie alle warten und hören den endlosen Verlautbarungen zu. Loznitsas gekonnte künstlerische Intervention betrifft die Tonspur. Während des dreitägigen Coup d‘État sendete das staatliche Fernsehen der UdSSR – wie stets in Krisensituationen – ununterbrochen Aufzeichnungen des Tschaikowski-Balletts „Schwanensee“. Der Regisseur nimmt das Musikmotiv auf, es gliedert den Film in Kapitel. Die Berichterstattung aus dem Radio ist ein weiteres narratives Element, das Loznitsa zu seinem Quasi-Kommentar macht und damit den Zustand der Unsicherheit, des Nicht-Wissens und der Nicht-Information unterstreicht.. (Zaza Rusadze, DOK Leipzig 2015) „THE EVENT ist ein meisterlicher Film über die Abgründe des Politischen. An den Orten, an denen 1917 das große, gewaltsame Experiment des Sowjetkommunismus begann, hoffen Menschen auf neue Freiheit. Sie ahnen noch nicht, was wir schon wissen: dass der schmächtige Geheimdienstler, der in einer Szene an der Seite des Bürgermeisters Sobtschak durch das Bild huscht, mit Russland etwas ganz anderes vorhat. Sein Name: Vladimir Putin. (Bert Rebhandl, Zitty) Класс коррекции (Lenas Klasse) RUS/ D 2014, 89 min, OmdU Rabbi Wolff D 2016, 90 min 19.+25.06. Regie: Britta Wauer William Wolf macht sein Leben sichtlich Spaß. Der Brite, der erst mit 53 Jahren zum Rabbiner umschulte, ist Vorstand der jüdischen Gemeinden Rostock, Schwerin und Wismar und pendelt zwischen seinem urigen Anwesen „Little Paddock“ in der Nähe von London und seinem Amtssitz im Norden Deutschlands, zwischen Tel Aviv, Berlin und Brooklyn. Das Unglaubliche: Willy Wolff ist 88 Jahre alt. Im Strahl der Sonne (В лучах солнца) RUS/ D/ CZ/ Nordkorea 2015, 90 min, OmdU Regie: Dalibor Matanić Vor dem Hintergrund eines weit zurückreichenden ethnischen Konflikts, erzählt MITTAGSSONNE von der Zerbrechlichkeit und der Intensität einer verbotenen Liebe. Der erste Teil spielt 1991: zwei junge Erwachsene müssen sich heimlich treffen, um ihre Liebesgeschichte leben zu können. Der Krieg ist gerade ausgebrochen: in diesem von Wahnsinn, Chaos und Angst regierten Umfeld erscheint die Liebe als verbotener Luxus. In der zweiten, 2001 angesiedelten Geschichte ist der Krieg bereits vorbei, doch scheint es für die Liebenden unmöglich zu sein, ihr Abenteuer in eine echte Liebesbeziehung zu verwandeln: die Wunden des Krieges sind noch zu frisch, um so leicht zu vernarben. Die dritte Geschichte spielt 2011; nun kann die Liebe endlich bestehen, unter der Voraussetzung, dass es den Liebenden gelingt, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Schmerz und Argwohn sind aus ihrem Leben noch nicht völlig verschwunden, und es ist schwierig, sich davon zu befreien, doch scheint es immerhin möglich zu sein. 06.+07.06. Regie: Iwan Twerdowski Nachdem sie jahrelang zu Hause von ihrer Mutter unterrichtet wurde, kommt die aufgrund einer Muskelerkrankung an den Rollstuhl gefesselte 15-jährige Lena zum Beginn des neuen Schuljahres in eine Sonderklasse für Schüler mit Behinderungen. Schon bald versucht Lena, ihre Mitschüler zu motivieren, sich stärker im Unterricht zu engagieren, um am Ende des Jahres in eine „normale“ Klasse versetzt zu werden. Doch mit ihren Ideen eckt Lena an. Bei der Schulkommission, die nichts für die Schüler unternehmen will. Und bei den Mitschülern, die ihr das aufkeimende Liebesglück mit ihrem Mitschüler Anton nicht gönnen. Bald schon eskaliert die Situation. Prädikat „besonders wertvoll“ 18.+20.+25.06. Regie: Witalij Manskij Die 8-jährige Zin-mi lebt mit ihren Eltern in Pjöngjang in Verhältnissen wie aus einem nordkoreanischen Bilderbuch. Regisseur Witalij Manskij durfte sie ein Jahr lang mit der Kamera begleiten, streng bewacht von Aufpassern des Regimes. Sein Film blickt hinter die Fassade einer allgegenwärtigen staatlichen Inszenierung – und findet das Menschliche hinter den Masken. CHAMISSOS SCHATTEN – eine Reise zur Beringsee in drei Kapiteln. (D 2016) letzte Termine! Regie: Ulrike Ottinger Reisedokumentation über ihre Erkundung der Anliegerstaaten der Beringsee. Auf den Spuren von Adelbert von Chamisso und Captain James Cook hat die inzwischen über 70-jährige Kultregisseurin Ulrike Ottinger das abgelegene Gebiet zwischen dem amerikanischen und dem eurasischen Kontinent bereist. LETZTE TERMINE: KAP 1 (190 min): ALASKA UND DIE ALEUTINISCHEN INSELN 09.06. KAP 2.1 (192 min): TSCHUKOTKA UND DIE WRANGELINSEL 17.06. KAP 2.2 (156 min): TSCHUKOTKA UND DIE WRANGELINSEL 16.06. KAP 3: KAMTSCHATKA UND DIE BERINGINSEL letztmalig am 26.06. (KAP 3 außerdem noch am 01.+02.+08.+18.+19.06.) Sergej Eisensteins „Alexander Newski“ Eine kurze Einführung von Frithjof Benjamin Schenk Wer war Alexander Newski? Alexander Newski (1220-1263) war ein Fürst von Nowgorod und Großfürst von Wladimir-Suzdal´. Seine Lebenszeit fällt in die Zeit als die Teilfürstentümer der ehemaligen Kiewer Rus´ von den Mongolen erobert und vom Westen von katholischen Mächten bedroht wurden. Der Nowgoroder Fürst Alexander erwarb sich historischen Ruhm in zwei legendären Schlachten: 1240 gegen die Schweden an der Newa (daher sein Beiname) und 1242 gegen die Ritter des Deutschen Ordens („Schlacht auf dem Eis“). Während er sein Fürstentum gegen die Feinde des Westens mit Waffengewalt verteidigte, verfolgte er gegenüber den Mongolen eine ausgleichende Politik. Aus den Händen des Chans erhielt er die Großfürstenwürde von Wladimir und zwang sein altes Fürstentum Nowgorod unter die mongolische Tributherrschaft. 1263 starb Alexander in Gorodec an der Wolga auf der Rückreise von der Goldenen Horde in seine Heimat. Alexander Newski wurde bereits kurz nach seinem Tod am Ort seines Grabes in Wladimir als Lokalheiliger verehrt. Im 16. Jahrhundert erfolgte unter Zar Iwan IV. (dem „Schrecklichen“) seine offizielle Kanonisierung durch die Russisch Orthodoxe Kirche. Einen ersten Höhepunkt erlebte der Newski-Kult in Russland im frühen 18. Jahrhundert unter Peter dem Großen. Der Reformzar ließ die Reliquien des Heiligen in die neue Hauptstadt St. Petersburg verlegen und gründete dort zu seinen Ehren ein Kloster (Alexander Newski Lawra). Peters Ziel war es, sich selbst als legitimen Nachfolger des Helden von der Newa zu inszenieren und seinen eigenen Sieg gegen die Schweden gedanklich mit dem Sieg Alexanders von 1240 zu verknüpfen. Seit dieser Zeit wurde Alexander Newski in St. Petersburg als Stadtpatron verehrt. Im 19. Jahrhundert war er zudem der Namensheilige von drei Zaren, weswegen in dieser Zeit in Russland und im Ausland zahlreiche neue Kirchen dem Heiligen von der Newa geweiht wurden (z.B. in Sophia, Warschau und Potsdam). Während des Ersten Weltkrieges stilisierte die russische Kriegspropaganda Alexander Newski erstmals zu einer anti-deutschen Identifikationsfigur und hob seine Verdienste in der „Schlacht auf dem Eis“ von 1242 hervor. Nach der Oktoberrevolution versuchten die neuen Machthaber zunächst die Erinnerung an den heiligen Fürsten zu unterdrücken. Er galt den Bolschewiki als Repräsentant der alten Macht und Symbol des verhassten russischen Nationalismus. Im Zuge der Kampagne gegen den orthodoxen Reliquienkult wanderten Alexanders Gebeine von der Lawra ins Museum für Religion und Atheismus. In sowjetischen Schulgeschichtsbüchern sollte bis auf weiteres nicht mehr an die Helden aus dem untergegangenen Zarenreich erinnert werden. Dass Newski nicht vergessen wurde, verdankt er nicht zuletzt der ideologischen Wende in der UdSSR in den 1930er Jahren. Im Zeichen des von Stalin ausgerufenen sozialistischen Realismus und Sowjetpatriotismus konnte und sollte nun wieder an die großen Führer und Feldherren der russischen Geschichte erinnert werden. Newski wurde von der Parteiführung Mitte der 1930er Jahre vor allem als antideutsche Figur gebraucht. Das neue offizielle Bild des Nowgoroder Fürsten wurde der sowjetischen Öffentlichkeit erstmals im Frühjahr 1937 präsentiert. Diese neue „Lesart“ des Fürsten war auch für Sergej Eisenstein maßgeblich, dem im Mai 1937 angeboten wurde, einen Historienfilm über den Helden aus dem 13. Jahrhundert zu drehen. „Alexander Newski“ in der Biografie Eisensteins 1937 war der Ruhm Sergej Eisensteins, des Pioniers der sowjetischen Kinematografie und Regisseurs des „Panzerkreuzer Potemkins“ (1925) in der UdSSR verblasst. Nach seiner Rückkehr aus Mexiko 1932 geriet Eisenstein zunehmend in Konflikt mit Boris Schumjatzki, dem Leiter der zentralen staatlichen Filmbehörde, dessen Vision eines „Kinos für Millionen“ mit den formal-ästhetischen Ansprüchen Eisensteins kollidierte. Nachdem der Streit 1935 auf der Allunionskonferenz für Filmschaffende eskaliert war, bemühte sich Eisenstein seine Loyalität mit einem neuen Film über den Pionier Pavlik Morozow („Bezhin Lug“) unter Beweis zu stellen. Der Film konnte jedoch nicht fertiggestellt werden, und im April 1937 beantragte Schumjatzki bei Stalin, Eisenstein die weitere Arbeit gänzlich zu verbieten und seinen Ruf in einer öffentlichen Kampagne zu zerstören. Stalin und das Politbüro folgten diesem Rat jedoch nicht: Mitte Mai 1937 unterbreitete die Direktorin des Mosfil’m-Studios dem Regisseur vielmehr das Angebot, einen Historienfilm, entweder über Minin und Poscharski, Iwan Susanin oder Alexander Newski zu drehen. Eisenstein entschied sich für die dritte Variante, vermutlich auch deshalb, weil es nur wenig Quellenmaterial zur Geschichte des 13. Jahrhunderts gibt. Dies eröffnete dem Regisseur Freiräume, ohne Historikern zu viel Angriffsfläche für Kritik zu geben. Für Eisenstein hatte der Film eine klare Funktion zu erfüllen: es galt der Partei zu beweisen, dass er in der Lage war, einen Film zu drehen, der den Erwartungen Stalins entsprach. 1937 markierte den Höhepunkt der „Säuberungen“ der sowjetischen Elite, und ein Scheitern des Projekts hätte für den Regisseur lebensbedrohlich werden können. Eisenstein war sich bewusst, dass er einen patriotischen Film drehen sollte, der deutlich auf die Ereignisse seiner Gegenwart, insbesondere die Machtergreifung der Nazis in Deutschland und die drohende Kriegsgefahr anspielte. Gleichzeitig galt es, den mittelalterlichen Fürsten als väterliche Führerfigur, klugen Staatsmann und genialen Feldherren zu zeichnen. Die Grundstruktur des späteren Filmes übernahm der Regisseur dabei dem Drehbuch von Petr Pawlenko. Der linientreue Autor hatte in seiner Vorlage bereits den Plot mit den beiden, ineinander verwobenen Handlungssträngen entworfen: Auf der einen Seite steht die Liebesgeschichte um die Recken Wasili Buslaj, Gavrilo Oleksitsch und die schöne Olga, auf der anderen die Erzählung vom Kampf der Stadtrepublik Nowgorod unter Alexander Newski gegen den Angriff des Deutschen Ordens. Zwar versuchte Eisenstein bei der Weiterentwicklung des Drehbuchs der Story und den Figuren noch weitere Facetten hinzuzufügen (z.B. sollte der Fürst am Ende des Films auf der Rückreise von den Mongolen sterben), scheiterte damit jedoch am Veto Stalins, der sich Ende 1938 persönlich in die Diskussion über die richtige Präsentation des Helden einschaltete und ein Machtwort sprach: „Das Szenarium endet hier. Ein so guter Fürst darf nicht sterben“ – vermerkte er handschriftlich am Rand des Drehbuchs. Gedreht wurde der Film in Rekordzeit – ganz im Sinne der Idee der Stoßarbeit und der Übererfüllung des Plans. Obgleich erst am 5. Juni 1938 mit den Aufnahmen begonnen wurde, sollte der Film zum Jahrestag der Oktoberrevolution am 7. November fertig sein. Das Unmögliche gelang, und Stalin war begeistert. Am 1. Dezember 1938 kam der Film mit über 800 Filmkopien in die sowjetischen Kinos. Am ersten Tag sollen den Film allein in Moskau rund 45.000 Zuschauer gesehen haben. „Alexander Newski“ wurde Eisensteins größter Publikumserfolg, für das Werk wurden im der Lenin-Orden und später der Stalin Preis verliehen. Eisenstein war es gelungen, sich mit dem Film in der Partei zu rehabilitieren und die Grundlage für sein weiteres filmisches Schaffen in der UdSSR zu legen. Persönlich betrachtete er „Alexander Newski“ als das am wenigsten gelungene seiner Werke. Allein die Zusammenarbeit mit dem Komponisten Sergej Prokofjew und das Experimentieren mit dem Wechselspiel von Ton und Musik bezeichnete er rückblickend als interessant an diesem Film. Über ein Jahr stand „Alexander Newski“ auf den Spielplänen der sowjetischen Kinos. In der Presse wurden die Zuschauer bewusst auf die Parallelen zwischen der Geschichte auf der Leinwand und der politischen Lage der Gegenwart hingewiesen. Die Botschaft war deutlich: Sollte es Hitlerdeutschland wagen, die Sowjetunion anzugreifen, werden die Nazis das gleiche Schicksal erleiden wie die Ritter des Deutschen Ordens in der Schlacht auf dem Eis. Es war daher nur folgerichtig, dass der Film im September 1939, nach der Unterzeichnung des Hitler-Stalin-Paktes aus den sowjetischen Kinos verschwand und im Juni 1941 – nach dem Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion – wieder aus dem Archiv hervorgeholt wurde. „Wer mit dem Schwert zu uns kommt, wird durch das Schwert fallen.“ – Diese Kernbotschaft des Films von 1938 (die übrigens auf einem BibelZitat und dem Auszug aus einer Stalin-Rede beruht) sollte zahlreiche Soldaten der Roten Armee auf ihrem Vormarsch nach Berlin im Frühjahr 1945 inspirieren. (Frithjof Benjamin Schenk, Basel – Mai 2016) Александр Невский (Aleksandr Newskij) ▲ SU 1938, 108 min, 35mm, DF 22.06. zum 75. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion Regie: Sergej Eisenstein Kamera: Eduard Tissé Musik: Sergej Prokofjew Dieser episch angelegte Film erzählt die Geschichte des russischen Nationalhelden Alexander Newski, der im 13. Jahrhundert das russische Volksheer zum Sieg über die von Westen her vorrückenden deutschen Ordensritter führt. Mit großer Grausamkeit gehen die deutschen Eroberer gegen die Bevölkerung vor, foltern, töten oder verschleppen jeden, der sich ihnen in den Weg stellt. In dieser Situation ist es Fürst Alexander Newski, der ruhmreiche Sieger über die Schweden, der die Führung des russischen Heeres übernimmt. Mit Hilfe einer List lockt Newski die Deutschen auf den vereisten Peipussee, wo es zur entscheidenden Schlacht kommt. Nach mörderischem Kampf flüchten die überlebenden Feinde, und unter ihrem Gewicht bricht das Eis des Sees, in dem sie versinken. Diese grandios inszenierte "Schlacht auf dem Eis", in der die deutschen Eindringlinge vernichtend geschlagen werden, bildet zweifellos den Höhepunkt des Films. Am Ende wird Alexander Newski in Nowgorod als Held gefeiert. „Die Bilder barbarischer deutscher Ritter und Pfaffen, die Kinder ins offene Feuer werfen und wie ein stählerner Koloss in die Schlacht ziehen, stecken voller Vorahnungen der bald konkret erlebten Wehrmachts- und SSVerbrechen. Nach dem deutschen Überfall am 22. Juni 1941 wurde der zum Widerstand aufrufende Hymnus dieses verbotenen Filmes zur Erkennungsmelodie von Radio Moskau.“ (Hans-Joachim Schlegel, goEast Symposium 2003)
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