Ein Funken Hoffnung ist noch da

Samstag, 28. Mai 2016
POCKING / BAD FÜSSING
„Ein Funken Hoffnung ist noch da“
Nummer 121
/
Seite 19
Trotz klarer Rechtslage und minimaler Chance beim Landratsamt: Gemeinderat Bad Füssing unterstützt zwei Bauvoranfragen aus Flickenöd
Von Angela Esterer
Das Baugesetzbuch
gibt die Regeln vor
„Meine Familie wohnt in
Flickenöd, wir haben zwei
Kinder und wollen uns vergrößern – und der Grund ist
da“, sagt Daniel Dillinger.
Mit seinem Reifenservice
zieht er demnächst um: „Ich
gehe nach Hartkirchen, weil
ich mich hier nicht vergrößern kann“, sagt er. Wie sich
im Gremium herausstellte,
hatte er für den kleinen Betrieb in Flickenöd keine baurechtliche
Genehmigung.
„Ich hab’ unseren Stadl umgebaut, Betonboden rein und
eine Hebebühne errichtet, also nur im Inneren umgebaut“, gibt Daniel Dillinger
unumwunden zu.
Er wundere sich schon,
dass Bürgermeister Alois
Brundobler im Bauausschuss
als Einziger gegen sein Vorhaben gestimmt habe. „Obwohl doch das gesamte Gremium dafür war“, sagt Dillinger. Dabei hat der Rathauschef als Spitze der Verwaltung nur nach geltendem
Recht gehandelt: „Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur
zulässig, wenn öffentliche
Belange nicht entgegenste-
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Wir sind für Sie da.
„Wir hängen da jetzt alles rein“ – Benjamin Spannbauer (v.l.) sowie Daniel und Ramona Dillinger wollen in Flickenöd Wohnhäuser errichten. Der Gemeinderat
unterstützt das Vorhaben – trotz der eindeutigen Rechtslage. Nun entscheidet das Landratsamt über die Anträge.
− Foto: Jörg Schlegel
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dass es – wie es das Baugesetzbuch formuliert – „die
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stieß das auf Unveroder Erweiterung einer Splitständnis:
„Ich verstehe das
tersiedlung befürchten lässt“.
nicht“,
sagte
etwa Christina
Ist denn da nichts möglich
Hecka,
„für
die
jungen Leute
über eine Außenbereichssatzung? Sind die Vorausset- sollte man es nochmal versuzungen dafür nicht gegeben? chen.“ Auch eine andere Idee
Nein, antwortet die Verwal- kam ins Spiel: Könnte man
tung. Auch hier ist das Bau- denn nicht die Ortsabrungesetzbuch richtungweisend: dungssatzung Voglöd erweiNur in Bereichen im Außen- tern? „Dann ist aber Baubereich, „die nicht überwie- recht ausgewiesen“, machte
gend landwirtschaftlich ge- Brundobler die Folgen deutprägt sind und in denen eine lich. Sein Vorschlag, dass das
EinvernehWohnbebauung von einigem „gemeindliche
men
nicht
hergestellt
werden
Gewicht vorhanden ist“, sei
kann“,
wurde
mit
1:7
Stimeine Satzung möglich. Außerdem darf keine Splittersied- men abgelehnt. Anders forlung zu befürchten sein. Fli- muliert: Aus Sicht des Ausckenöd kann diese Prämis- schusses stellt das Vorhaben
sen nicht erfüllen: „Die Vor- in diesem Bereich eine Abaussetzungen sind nicht ge- rundung des Gebiets dar.
geben – es muss ein größerer
baulicher Bereich vorhanden
Hitzige Debatte im
sein, dann könnte man Baulücken auffüllen – es müsste
Gemeinderat
also eine Entwicklung in
Richtung Wohnort sichtbar
sein“, erklärt Flock die
So gelangte die AngelegenRechtslage. In dem kleinen heit vor das Gesamtgremium
Ortsteil stehen allerdings nur – was für „volles Haus“ sorgdrei Wohnhäuser – die Recht- te. Rund 15 Zuhörer, meist
sprechung geht jedoch von Flickenöder, verfolgten das
mindestens acht Wohnhäu- Geschehen. Josef Flock ersern aus, „unter Umständen läuterte den Sachstand und
noch von fünf bis sechs“.
die Rechtslage – und wurde
Schon im Bauausschuss dann von Hans Resch rüde
hatte der Bauamtsleiter da- unterbrochen: „Wann hören
her ausdrücklich betont: „Es Sie auf, dass die Leute mit
gibt keine rechtliche Mög- diesen an den Haaren herbeilichkeit, dass das Landrats- gezogenen Sachen gequält
amt das genehmigt.“ Der Bür- werden“, schimpfte der Gegermeister ergänzte: „Wenn meinderat. Dass es sich keidas Landratsamt nicht zu- neswegs um aus der Luft Gestimmt, dann hat er keine griffenes, sondern um AuszüChance.“ Er wies auf die ge aus dem Baugesetzbuch
„Gleichheit vor dem Gesetz“ handele, stellte daraufhin
hin: „Ich vertrete den Antrag Alois Brundobler klar. „Mir
daher auch heute nicht.“ Er liegen die Leute am Herzen“,
bot jedoch an, nochmals mit betonte er, aber man wolle ihdem Kreisbauamt zu reden, nen keine falschen Hoffnun„ob es nicht eine andere Mög- gen machen „und zusätzliche
lichkeit gibt“.
Kosten vermeiden“. Und so
A
Bad Füssing. Die Eltern
wohnen dort. Verwandte
und Freunde leben in der
Nachbarschaft. Das Grundstück ist vorhanden. Der Wille zum Neubau sowieso.
Nicht vorhanden ist allerdings etwas Entscheidendes:
die baurechtliche Grundlage
für das Vorhaben in Flickenöd. Bauausschuss und Gemeinderat haben nun den
Bauvoranfragen dennoch zugestimmt – und damit den
„schwarzen Peter“ an die Genehmigungsbehörde Landratsamt weitergegeben.
Zur Vorgeschichte: Seit
mehreren Monaten beschäftigen sich Verwaltung und
Gremien mit Anträgen aus
Flickenöd. Gelegen ist der
kleine Ortsteil an der St 2110
zwischen Würding und Hartkirchen. Rund ein Dutzend
Einwohner leben dort, drei
Wohnhäuser und mehrere
Nebengebäude gibt es. Im
vergangenen September hatte Daniel Dillinger eine Bauvoranfrage für ein Wohnhaus, eine Garage und KfzWerkstätte gestellt – „damals
hat das Landratsamt mitgeteilt, dass keine Chance besteht, der Antrag wurde daraufhin zurückgezogen“, so
Bauamtsleiter Josef Flock.
Im Bauausschuss Ende
April lag dann wieder ein Anliegen aus Flickenöd vor.
Dieses Mal von Christa Dillinger, der Mutter des ersten
Antragstellers: Sie hatte eine
Bauvoranfrage für ein Wohnhaus eingereicht. Und auch
von Benjamin Spannbauer,
dem Cousin von Daniel Dillinger, war im März eine Bauvoranfrage zur „Aufstellung
einer Außenbereichssatzung
für den Bereich Flickenöd
zur Errichtung eines Wohnhauses“ eingegangen.
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unterstrich der Bürgermeister nochmals: „Die Aussicht
auf Baugenehmigung ist
nicht gegeben.“
Die anschließende Diskussion zeigte, dass sich einige
Gemeinderäte nicht mit der
aktuellen Rechtslage anfreunden konnten. Stefan
Lengdobler
vergewisserte
sich: „Also aus unserer Sicht
spricht nichts dagegen, dem
trotzdem
zuzustimmen?“
Und Alois Brenzinger sagte:
„Mit gesundem Menschenverstand versteht man das
nicht.“ Brigitte Steidele hakte
nach: „Anders gefragt: Einen
Saustall für 2000 Sauen dürfte man da hinbauen?“ Und
bekam ein „Ja“ als Antwort.
Denn: Das wäre ein privilegiertes Vorhaben im Außenbereich – auf einer landwirtschaftlichen Fläche. FranzXaver Dullinger berichtete:
„Ich habe mir diese ’Splittersiedlung’ zweimal angeschaut. Wir sollten dafür sein
– ob zwei oder fünf Häuser,
das ändert das Landschaftsbild nicht.“
Für Erregung sorgte noch
einmal Resch, als er den Bürgermeistern vorwarf, sich bei
Feuerwehrversammlungen
gerne mit den Aktiven fotografieren zu lassen und deren
wichtige Arbeit herauszustellen. Dann müsse man die
Jungen auch anderswo fördern, so Resch. „Wer glaubt
euch denn dann noch, wenn
ihr solche Entscheidungen
trefft?“, fragte er ungehalten.
Darauf entgegnete Brundobler scharf: „Es gibt Recht und
Gesetz“, Reschs Einwand sei
„populistisch“.
Nach der hitzigen Debatte
wurde der Bauvoranfrage
von
Christa
Dillinger
schließlich „gemeindliches
Einvernehmen“ erteilt. Nun
geht das Vorhaben vor das
Landratsamt. Die Genehmigungsbehörde wird sich
ebenso mit der Bauvoranfrage von Benjamin Spannbauer beschäftigen. In seinem
Schreiben hatte er darauf
hingewiesen, dass sein Vater
einen Herzinfarkt hatte, er
selbst bei Bedarf schnelle
Hilfe leisten wolle. Rein baurechtlich gesehen – nur „private Interessen“, so Flock.
Im Bauausschuss war
Spannbauers Anliegen mit
6:2 Stimmen abgelehnt worden. Doch die Verwaltung
sprang ein – so konnte dem
Gemeinderat nun ein neuer
Plan vorgestellt werden –
„damit ein Funken Chance
besteht“, so Brundobler. Das
Bauamt hat die Anordnung
des Neubaus geändert – jetzt
wirkt der Entwurf wesentlich
kompakter, die neuen Gebäude sind nahe an der bestehenden Bebauung errichtet.
„Ich war überrascht, wie sehr
uns das Bauamt geholfen
hat“, sagt Spannbauer. „Wir
wollen reinen Wein einschenken und aufklären –
und eben auch helfen, wenn
andere Möglichkeiten bestehen“, unterstreicht Flock.
Die Chance für die beiden
Anträge
aus
Flickenöd
schätzt der Bauamtschef so
ein: „Die Aussichten sind
sehr gering.“ Von Verwal-
www.pnp.de
tungsseite aus sei es so: „Wir
wollen ehrlich mit dem Bürger umgehen – und ich sage
ihm das auch. Politisch ist
dann offen, ob er was erreichen kann.“
Aber hat nicht der Gemeinderat dann falsche Hoffnungen gemacht? Flock
winkt ab. „In anderen Gemeinden ist es nicht selten,
dass ein Gemeinderat so beschließt.“ Es gebe „zig solche
Fälle wie in Flickenöd“. Dass
das Gremium zugestimmt
hat, ändere am Sachverhalt
nichts. Derzeit werde der Antrag vom Landratsamt geprüft, der Bescheid dürfte
nicht allzu lange dauern,
meint Flock.
In Flickenöd ist man dennoch zuversichtlich: „Ein
Funken Hoffnung ist noch
da“, sagt Daniel Dillinger.
Was seine Familie bei einer
Ablehnung macht, ist unklar.
„Einen Plan B haben wir
noch nicht.“ Sein Cousin
sagt: „Wir hängen da alles
rein – der Grund ist da, anderswo müsste man ihn teuer
kaufen.“
− Kommentar Seite 21
Frau rettet Schwimmer vor dem Ertrinken
Dramatischer Zwischenfall am Pockinger Badesee – Junger Flüchtling gerät in Not
Pocking.
Dramatische
Szenen am Fronleichnamstag am Naturfreibad an der
Füssinger Straße. Ein Mann,
ein junger Kriegsflüchtling
aus Belgien, drohte im See zu
ertrinken. Eine Frau aus
Laupheim reagierte geistesgegenwärtig, zog den Mann
an Land und rettete ihm so aller Wahrscheinlichkeit nach
das Leben.
Die Beamten der Polizeistation Pocking wurden am
Donnerstagnachmittag von
der Rettungsleitstelle über einen Badeunfall informiert.
Als die Beamten am Naturfreibad an der Füssinger Straße ankamen, wurde ein Besucher gerade vom Rettungsdienst behandelt. Bei der weiteren Befragung von Badegästen stellte sich heraus,
dass es mit dem Mann kurz
vorher einen dramatischen
Zwischenfall gegeben hatte.
Der junge Mann war ins Was-
ser und hatte dann offenbar
plötzlich noch in Ufernähe
Probleme. Zweimal ging er
kurz unter. Eine junge Frau
aus Laupheim war zu der
Zeit auf der Liegewiese und
konnte das Geschehen beobachten. Sie zögerte nicht
lange und schwamm zu dem
Mann. Sie konnte ihn noch
rechtzeitig aus dem Wasser
helfen. Bei dem Geschädigten handelte es sich um einen
Kriegsflüchtling aus Belgien,
der sich hier momentan zu
Besuch bei Verwandten aufhält. Offenbar hatte der junge
Badegast andere gesundheitliche Probleme, die eventuell
zum Schwimmunfall führten. Er musste nach der Behandlung durch den Notarzt
in das Krankenhaus Rotthalmünster eingeliefert werden.
Die junge Besucherin wurde
von der Polizei gelobt, weil
sie rasch und richtig reagierte.
− red
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Verkaufsoffener Sonntag am 29. 5. 2016 von 11.ºº-16.ºº