Artikel FrauenSicht - Feministinnen zwingen Facebook zum Einlenken

Dieses Foto von Tess Holliday wollte Facebook zuerst nicht akzeptieren.
Feministinnen zwingen Facebook zum
Einlenken
fs / 02. Jun 2016 - Facebook wollte die Werbung für eine Veranstaltung zum
Körperbild von Frauen nicht akzeptieren. Die Veranstalterinnen mobilisierten
erfolgreich die Öffentlichkeit.
Die feministische Gruppe «Cherchez la Femme» aus Australien organisiert Anfang
Juni in Melbourne eine Veranstaltung, die fülligen Frauen ein positives
Selbstwertgefühl vermitteln soll. Dafür wollten die Aktivistinnen auf Facebook in Form
einer bezahlten Anzeige Werbung machen. Solche bezahlte Beiträge werden den
Nutzerinnen und Nutzern prominenter angezeigt und erreichen deshalb ein
grösseres Publikum.
Facebook lehnt Plus-Size-Model ab
Doch Facebook lehnte ab. Der Grund: Auf dem Veranstaltungshinweis ist das 125
Kilogramm schwere Model Tess Holliday im Bikini zu sehen. Laut Facebook verletzt
dieses Bild des Plus-Size-Models die Werberichtlinien des Netzwerkes. Es zeige
einen Körper in einer Weise, dass übergewichtige Facebook-Nutzerinnen und Nutzer sich selber «schlecht fühlten». Der Veranstaltungshinweis wurde zwar nicht
gelöscht, aber nicht gegen Bezahlung prominenter platziert.
Gang an die Öffentlichkeit
«Cherchez la Femme» veröffentlichte die Begründung von Facebook auf Facebook.
Der Konzern habe «anscheinend keine Ahnung, dass übergewichtige, sich selbst als
fett beschreibende Frauen sich super finden können». Das Foto zeige eine
«wunderbare» Frau. Die Aktivistinnen kritisierten Facebook und riefen zum
Widerstand gegen jeden auf, «der versucht, uns zu sagen, dass manche Körper
'wünschenswerter' sind als andere».
Facebook krebst zurück
Im Netz erhielten die Aktivistinnen viel Unterstützung. Medien wurden auf die
Kontroverse aufmerksam. Darauf machte Facebook einen Rückzieher. In der
Entschuldigung, die der «Guardian» veröffentlicht hat, heisst es, dass Facebook
Millionen von Werbebildern pro Woche beurteilen müsse und es deshalb auch
Fehlentscheide geben könne. Das Thema der Veranstaltung – ein positives
Selbstwertgefühl für füllige Frauen – erwähnt Facebook in der Antwort mit keinem
Wort.
Kontext bleibt unbeachtet
Das ist nicht erstaunlich: Facebook nutzt Algorithmen, um zu prüfen, ob ein Motiv
oder ein Kommentar den internen Richtlinien entspricht. Doch diese können den
Kontext eines Kommentars oder einer Anzeige nicht verstehen. Dafür würde es
Menschen brauchen. Angesichts der Grösse von Facebook sind diese jedoch ein
erheblicher Kostenfaktor. Und ein börsennotiertes Unternehmen wie Facebook hat
kein Interesse, in diesem Bereich zu investieren. Für «Cherchez la Femme»
hingegen war die Kontroverse beste und kostenlose Werbung für die Veranstaltung.
Facebook ist nicht das erste Mal in der Kritik. Zuletzt hat der Konzern monatelang
Meldungen über eine Seite ignoriert, die zu Gewalt gegen Frauen aufrief. Erst als
sich eine Journalistin meldete, wurde die Seite gelöscht.