Dr. Klaus Dorn, Marburg hr2-Zuspruch am Morgen Montag. 30.05.2016 Die Frucht des Baumes Trisomie 21, auch Down-Syndrom genannt, im Volksmund Mongoloismus, lässt sich mit hoher statistischer Wahrscheinlichkeit noch während der Schwangerschaft vorhersagen. Hundertprozentige Sicherheit wird kein Arzt garantieren. Diese Möglichkeiten verdanken wir neuesten Untersuchungsmethoden. Mit ihnen können wir herausfinden, ob ein Fötus gesund ist oder nicht. Das ist sicher ein enormer Forschungserfolg. Doch was fangen wir mit diesem Wissen an? Das sind dann die Schattenseiten. Es sind die Mütter oder die Eltern, die einen derartigen Befund aushalten müssen, bis das Kind – entsprechend der Vorhersage – mit Behinderung geboren wird. Vielleicht kommt es aber dann doch – wider Erwarten und gegen alle Befürchtungen – gesund zur Welt. Vielleicht entscheiden sich die Eltern aber auch für einen Schwangerschaftsabbruch! Und daher noch einmal die Frage: Was machen wir dann mit unserem Wissen? Sind solche Vorhersagen eigentlich ein Segen? Sind sie wirklich ein Fortschritt? Welchen Nutzen haben Eltern davon, und was erlebt das Kind im Mutterleib angesichts einer solchen Prognose? Das Ungeborene bekommt nicht nur die Musik mit, die seine Mutter gerade hört, es nimmt auch Anteil an Freude, Schmerz, an Ängsten und Zuversicht. Was geschieht mit dem kleinen Menschlein, wenn es mehrere Monate die Anspannung der Mutter verspürt? So wie in diesem Fall ist es uns schon oft gegangen und es wird uns auch immer wieder so gehen. Jeder Fortschritt stößt nicht nur die Tür zu neuen Fragen auf, sondern verlangt uns auch immer wieder neue Entscheidungen ab. Da, wo es um Gesundheit und Krankheit, um Leben und Tod geht, sind derartige Entscheidungen freilich immer wieder besonders gravierend. Soll ein Mensch tatsächlich durch Medikamente und Reanimation wieder ins Leben zurückgeholt werden? Wie ist der Zustand seines Gehirns? In manchen Fällen wäre es vielleicht besser gewesen, nicht zu reanimieren. Aber wer weiß das schon? Dürfen wir eine Entdeckung, eine Erfindung, eine neue Entwicklung in der Praxis anwenden? Sind die Risiken absehbar, sind sie vertretbar? Ähnlich folgenschwere Fragen haben sich schon viele Menschen gestellt, auch in früheren Zeiten und auch schon in der Bibel. Und sie haben die Notwendigkeit, Entscheidungen zu treffen, in der Form einer Geschichte erzählt. Es ist die Geschichte von Adam, Eva und dem Apfel im Paradies. Der Mensch isst von der Frucht des Baumes, die ihm eigentlich verboten war, und gelangt zur Erkenntnis von Gut und Böse. Er wird in Zukunft immer Alternativen haben und muss zwischen ihnen abwägen, manchmal auch zwischen dem Schlechten und dem noch Schlechteren. Auch wenn er es nicht tut und den Dingen ihren Lauf lässt, hat er sich entschieden. Aber sich richtig und verantwortungsvoll zu entscheiden, ist bei aller Qual auch ein Segen, der mir mein Menschsein lebenswerter macht.
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