0216 mittendrin Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Allschwil-Schönenbuch KIRCHE - WOZU? «Ich brauche keine Kirche, um an Gott zu glauben» Immer wieder sagen mir Leute den Satz. Ich höre ihn meistens von Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind oder von Leuten, die sich rechtfertigen wollen, warum sie sonntags nicht in den Gottesdienst kommen. Auf den ersten Blick bin ich, zumindest teilweise, durchaus mit ihnen einverstanden. Die Gottesbeziehung ist etwas, das zwischen Gott und mir direkt geschieht. Dafür brauche ich nicht zwingend eine Kirche. Ich kann auch in der Natur von Gott ergriffen werden und mein Gebet in einer stillen Kammer verrichten. Das forderte Jesus sogar von seinen Jüngerinnen und Jüngern. Aber wenn ich auf meinem Glaubensweg ganz alleine unterwegs bin, dann gehe ich das Risiko ein, dass ich irgendwann nicht mehr weiterkomme und der Glaube versiegt. Nicht zuletzt, weil mir das lebendige Gegenüber fehlt, das mich herausfordert und weiterbringt. Oder wer spielt schon gerne auf Dauer alleine Fussball? Wie Fussball ist auch das Christentum eine Teamsportart. Es lebt davon, dass verschiedene Spielerinnen und Spieler mit unterschiedlichen Fähigkeiten ein Team bilden und gemeinsam gegen innere und äussere Widerstände kämpfen. Das Fernziel der Christen ist das Reich Gottes, die Verwandlung der Welt auf Gottes Wille und Vorbild hin. Das ist sozusagen die Champions League. Beide leben vom Nachwuchs und der Unterstützung durch viele kleine Vereine. Junge Fussballer lernen dort die Grundlagen des Sportes und halten sich auch später in Form. So lernen auch junge Christen die Grundlage ihres Glaubens und halten ihre Gottesbeziehung aufrecht. Das Üben in einer Gruppe hat dabei einen besonderen Stellenwert. Wenn ich von der Gruppe gefordert und gleichzeitig getragen werde, wachse ich über mich selbst hinaus und erreiche neue Horizonte. mittendrin022016 Das reibungslose Zusammenspiel im Team wird dann vor allem im Ernstfall wichtig. Wenn der Gegner auf dem Feld steht, ist die Mannschaft als Ganzes gefordert. Jeder ist auf den anderen angewiesen, wenn es darum geht, den Ball durch alle Abwehr und Widerstände hindurch ins gegnerische Tor zu bringen. So sehe ich es auch im Glauben. Was beim Fussball Torschüsse sind, das sind im Glauben Momente, in denen ich bei Gott angekommen bin (oder er bei mir). Diese Momente brauchen immer viel innere Vorbereitung und willensstarkes Kämpfen gegen die Widerstände der inneren und äusseren Welt. Und wie es bei jedem Torschuss auch eine Portion Glück braucht, so ist jeder Gottesmoment ein Stück Gnade. Denn ob sich Gott mir zeigt oder nicht, bleibt mir unverfügbar. Wenn ich aber mein Bestes gebe, in meinem Le- Wie Fussball ist auch das Christentum eine «Teamsportart». ben an Gott dranbleibe und mich gemeinsam mit meinem Team nach vorne kämpfe, dann erhöhe ich die Chance auf einen solchen Gnadenmoment. Wer kann also auf Dauer alleine Fussball spielen und trotzdem weiterkommen? Jeder Torschuss ist der Schuss eines einzelnen, aber dahinter stehen wohl 98% Teamleistung. So ist es auch im Glauben. Ich muss den Glauben pflegen, mich mit anderen über Gedanken und Erfahrungen austauschen, um im Glauben weiter und Gott näher zu kommen. Ein gutes Team an der Seite zu haben, ist ein entscheidender Vorteil. Überlegen Sie Sich nach der nächsten Gottesbegegnung doch einmal, wer neben Gott sonst noch an der Vorbereitung zu diesem Torschuss beteiligt war. Wäre es auch ohne die Unterstützung dieser Personen zu einem Gottesmoment gekommen? • Marc Burger RUBRIKTITEL KIRCHE - WOZU? EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser, Ein Wort von Otto Dibelius begleitet mich seit Jahren: «Man muss viel Liebe investieren, wenn Glaube sich entfalten soll, und man muss viel Freiheit riskieren, wenn die Kirche lebendig bleiben soll.» Mir scheint, darin wird die Frage nach dem Sinn der Kirche, die wir in dieser Nummer stellen, auf eine tief christliche Weise beantwortet: Es geht letztlich immer um den Glauben, der, wenn er nicht aus der Liebe erwächst, ganz schnell zur Ideologie verkommt, und es geht darum, dass die Kirche selbst nie erstarrt, sondern lebendig bleibt, weil sie nur dann etwas weiterzugeben vermag, was den Menschen jeder Generation wieder inspirierend, heilend und erfüllend sein kann. Im Anschluss an den Gottesdienst vom 5. Juni diskutieren drei Allschwiler darüber, was ihnen an der Kirche wichtig ist und womit sie Mühe haben. Den Hinweis auf die Veranstaltung finden Sie etwas weiter rechts auf dieser Seite. Auf den Seiten 4 und 5 wirft uns Markus Jäggi Bälle zu, die zeigen, was es in der Kirche sonst noch alles zu erleben gibt. Der neu gewählte CVPGemeinderat Philippe Hofmann gibt Auskunft über sein Kirchenverständnis und der neue Zivildienstleistende unserer Gemeinde stellt sich in der Rubrik «Persönlich» mit einem flammenden Plädoyer für den Gottesdienst vor. Edgar Kellenberger verweist uns an den Ruf Christi und stellt uns anhand eines eindrücklichen Bildes in die lange Reihe derer, die diesem Ruf gefolgt sind. Auch sie waren manchmal hilf- und ratlos und haben sich doch festgehalten am starken Seil des Evangeliums, das auch uns Heutigen Halt und Orientierung geben kann.• Kirche – wozu? Um dieses spannende und auch brisante Thema geht es am Sonntag, 5. Juni. Sehr herzlich laden wir Sie ein zum Gottesdienst um 10 Uhr in der Christuskirche mit Pfarrerin Elke Hofheinz und zur anschliessenden Diskussionsrunde mit diesen Gästen: Alan Chalmers (65 Jahre) – Doktor der Pharmazie mit Tätigkeit in verschiedenen Pharmaunternehmen; von 2000 – 2013 Honorarkonsul Grossbritanniens und Nordirlands für die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft Paul Göttin (84 Jahre) – Schauspieler, Bühnenbildner, Kabarettist, Cartoonist; Mitbegründer Seniorentheater Allschwil; seit 20 Jahren aktiver Pensionär Florian Moser (20 Jahre) – Informatikstudent; Website- und AppEntwickler; Chorsänger Moderation: Hermann Angerer, Kirchgemeindepräsident Der Spätgottesdienst in Schönenbuch entfällt an diesem Sonntag. Alle Gemeindeglieder sind herzlich zu diesem besonderen Anlass nach Allschwil eingeladen. Für das Redaktionsteam: Vreni Mühlemann mittendrin022016 KIRCHE - WOZU? Ein bisschen mehr Gottvertrauen Heutzutage geraten Kirchen unter Rechtfertigungsdruck und sollen ihre Existenzberechtigung nachweisen. Was können wir von den ersten Christen lernen, die trotz ihrer Bedrängnis und ihrer Rand-Existenz ganz anders mit diesem Druck umgegangen sind? Warum sollte sich vor 2000 Jahren die Gesellschaft für das geringe Menschenhäuflein interessieren, das einem Jesus nachfolgen wollte, der soeben den schändlichen Verbrechertod am Kreuz erlitten hatte und dadurch endgültig disqualifiziert schien? Die ersten Christen lebten mit ihrer Glaubensüberzeugung folglich am Rande ihrer Gesellschaft. Das baldige Wachstum der christlichen Bewegung lässt sich ebenso schwer erklären, wie ich den heutigen Rückgang des christlichen Bewusstseins in Europa erklären kann. Ja ich meine, dass wir gar nicht nach einer menschlichen Begründung suchen müssen, weil die Quelle an einem ganz anderen Ort liegt: nämlich im Ruf von Jesu Botschaft. Dieser Ruf Jesu ergeht, ohne dass er in meiner Verfügungsmacht liegt und ich ihn lenken könnte. Er wirkt – damals wie heute – an Menschen, die nach unserer Einschätzung oft eher am Rande der Gesellschaft leben. Die Evangelien schildern die ersten Jünger und Jüngerinnen als armselige Personen, die selten Vorbilder sind. Paulus sagt zur Gemeinde in Korinth: «Da sind in den Augen der Welt nicht viele Weise, nicht viele Mächtige und Vornehme» (1Kor 1,26). Die Apostelgeschichte erzählt von Moral und Unmoral unter Christen (etwa Lüge und Korruption in Kapitel 5). Aber der Ruf Jesu wirkte sich trotzdem aus. Ein eindrückliches Bild Für heute möchte ich diesen Ruf anhand eines Bildes zeigen, das ein 25jähriger Mann mit einer geistigen Behinderung gemalt hat. Ohne einen regelmässigen Draht zu einer Kirche zu haben, stellt er das Wesen bibli- mittendrin022016 scher Gemeinschaft wunderbar dar. Auslöser für dieses Bild war, dass er die alttestamentliche Geschichte von Israels Wanderung durch die Wüste hörte. Wir sehen auf dem Bild den heissen Wüstensand, auf dem fünf Gestalten mit hängenden Köpfen und Lasten auf dem Rücken einem unsichtbaren Ziel entgegenwandern. Alle fünf halten sich an einem Seil. Die Bibel erwähnt zwar kein Seil, aber der Maler zeigt damit, was diesen wie verloren wirkenden Menschen Sicherheit gibt. Kaum zufällig ist das Seil im Original grün (Farbe der Hoffnung!). Gegen vorn ist das Seil straff, doch gegen hinten liegt es schlaff am Boden. Sind etwa diese Fünf das Schlusslicht einer längeren Menschenkette? Mit diesem Bild hat der Maler nicht nur seine eigene konkrete Lebenssituation hilfreich für ihn dargestellt, sondern er verdeutlicht auch uns das Wesen kirchlicher Gemeinschaft: Wir halten uns an einem Seil, an dem sich bereits vor uns Menschen hielten. Aus der Bibel erfahren wir, dass am Anfang des Seils Mose bzw. Jesus stehen. Ihnen zu folgen, gibt Sicherheit. Um im biblischen Bild zu bleiben: Es wäre eine unrealistische Überforderung, an den sichtbaren Anfang des Seils rennen zu wollen. Solches ist für den christlichen Glauben unnötig. Es genügt, immer wieder neu auf die biblische Botschaft zu hören und sich so am Seil zu halten. Was können wir lernen? Sie waren so sehr eingenommen vom Ruf Jesu, dass sie sich kaum um die Frage «Kirche – wozu?» kümmerten. Dadurch waren sie von vielem befreit, das uns heute unter Druck setzt. Sie wollten niemandem ihre Wichtigkeit und die Nützlichkeit ihrer Aktivitäten für die nichtglaubende Mehrheit beweisen. Ich frage mich, ob wir es heute eher umgekehrt machen: Wollen wir unsere Nützlichkeit beweisen, um weiterhin staatlich finanziert zu werden? Und reden wir weniger vom Ruf Jesu, weil wir befürchten, weitere Kirchensteuerzahler zu verlieren? • Edgar Kellenberger Sc hu KIRCHE – WOZU? Kle ine e Mit der Taufe sagen Eltern stellvertretend für das Kind Ja zu einem Leben mit Gott – gleichzeitig wird das Kind in die christliche Gemeinschaft aufgenommen. Dieser Übergang wird in einem Gottesdienst gefeiert. u ung Mit der sechsten Religio christl in d ric Krabbelgottesdienste, Klein und Gross-Feiern und die Kinderarche, eine Sonntagsschule an Werktagen, ermöglichen Kleinkindern erste Begegnungen mit den biblischen Geschichten. Die drei Spielgruppender Kirchgemeinde fördern die sozialen und sprachlichen Kompetenzen der Kinder. sik M Be n geg uf K er d in n de Mi tr org S e el s Seelsorgerlich tätig sind selbstverständlich die Profis, die Pfarrpersonen und der Sozialdiakon. Aber auch durch alle Kirchgemeindemitglieder, die sich für ihre Mitmenschen interessieren, ihnen zuhören und helfen, aus ihrer seelischen Not zu kommen, ist das seelsorgerliche Wirken der Kirche spürbar. Die Seelsorge in Spitälern und Gefängnissen aber auch spezielle Angebote wie die Walk-In Seelsorge der Offenen Kirche Elisabethen und die Internetseelsorge werden durch die Kantonalkirche geleistet. Die ökumenische Arbeitsgruppe Versteckte Armut Allschwil und Schönenbuch setzt sich für Menschen ein, die in materielle Not geraten sind. Sie bietet unbürokratisch Hilfe an und hilft so, wieder in ein selbstbestimmtes Leben zu finden. e Die Erfahrung zeigt es: selber in der Kirchgemei zu werden, ist mehrheitlich ein Entscheid von M Alters. Neben der Ar beit der angestellten Mita die Kirchgemeinde vom Engagement freiwil der. Freiwilligenarbeit bietet Menschen die neue, bereichernde Perspektiven, Lernm ten, Kontakte, bringt Freude am Zus wirken mit anderen und gibt Einb in neue Lebensbereiche. ch D ie r ze it Ho d n o k ia Musik und die weitere Kunst schaffen alternative Zugänge zur christlichen Botschaft. Sie erreichen auch Menschen, die sich stärker durch das Bild oder den Klang «ansprechen» lassen. In der reformierten Kirchgemeinde Allschwil-Schönenbuch können vielfältige musikalische Darbietungen genossen werden. Die Kantorei und der Gospelchor bieten die Gelegenheit, selber aktiv zu werden und mitzusingen. eu n Übung macht den Meister! Gerade bei einer für den Verstand so schwer fassbaren Sache wie dem Glauben. Der Theologiekurs der Kantonalkirche, «Glauben 12», Kontemplation oder der sakrale Tanz sind Formate, mit denen die Kirche erwachsenen Menschen hilft, einen Zugang zum Göttlichen aufzutun und zu stärken. Mit all ihren Tätigkeiten hilft Kirche Menschen, sich zu begegnen und Gemeinschaft zu erleben. ei be e g t Ar b Bil d u n gu nd Die Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Allschwil-Schönenbuch begleitet als christliche Glaubens- und Lebensgemeinschaft Menschen auf ihrem Lebensweg von der Geburt bis zum Tod. Folgen Sie dem Weg und sehen Sie, wo Kirche überall präsent ist. Markus Jäggi Ta Kirche begleitet Menschen Die Kirche soll sich aus der Politik heraushalten, ist eine landläufige Haltung. Aber das kann sie gar nicht! Die grosse und starke christliche Botschaft will die Menschen, die Gesellschaft zum Guten verändern. Damit hat sie einiges zu sagen in dieser Gesellschaft. mittendrin022016 Zwei Menschen zueinander. In de Gottes Segen fü Lebensweg. D stelle für Pa begleitet hun en er d h lic e KIRCHE – WOZU? Jug r Schule beginnt der kirchliche Religionsunterricht. Bis zum n Schuljahr werden die Kinder altersgerecht mit verschiedenen onen bekannt gemacht und tauchen vertieft in das Wesen des lichen Glaubens ein. Abwechslungsreiche Projekttage lösen der fünften und sechsten Klasse den wöchentlichen Untercht ab. Erlebnisnachmittage für Familien mit Kindern schaffen Räume für Spiel, Spass und Begegnung. Der im Kirchgemeindehaus beheimatete CEVI bietet Samstagsprogramme, Lager und weitere Events an. e ten m v ie m r e Räu d en S e ni ori nn en un io r n e S Jugendliche erfahren in den Religionsprojekttagen der achten Klassen, was christliche Werte sind. Mit der Konfirmation findet der Übergang vom Kind zum erwachsenen Christen statt. Sie bildet den Abschluss des kirchlichen Unterrichts, bestätigt die Taufe und stärkt für den weiteren Lebensweg. Mit verschiedenen Events wie dem «Sprungbrättfestival» oder dem Jugendskiweekend werden Möglichkeiten für eine sinnvolle und abwechslungsreiche Freizeitgestaltung angeboten. Die Fachstelle für Jugendarbeit der Kantonalkirche organisiert Ferienlager für Kinder und Jugendliche und bietet praxisbezogene Kurse für Leitende von Jugendlagern an To Und wieder feiert die Kirche mit! Runde Geburtstage oder goldene Hochzeiten sind Anlässe, um Gott für seine Begleitung auf dem bisherigen Lebensweg zu danken, Erinnerungen aufleben zu lassen und sich über Schönes und auch Schwieriges auszutauschen. Zunehmender Einsamkeit im Alter begegnet die Kirche mit dem monatlichen Mittwochtreff für Ältere und der Unterstützung von Angeboten der Seniorendienste Allschwil-Schönenbuch. Die Gebäude der reformierten Kirchgemeinde sind in Allschwil zentral gelegen. Die Räume werden, sofern nicht durch eigene Veranstaltungen belegt, gerne auch an Organisationen und Privatpersonen zu kostendeckenden Preisen vermietet. Damit bietet die Kirchgemeinde beispielsweise Geburtstagsfesten, Vereinsversammlungen oder Konzerten den passenden Rahmen. d sa m b eit te tes nar e m i s en haben sich gefunden und sagen Ja er kirchlichen Trauung bitten sie um ür ihre Liebe und den gemeinsamen Die kantonalkirchliche Beratungsartnerschaft, Ehe und Familie t Menschen, deren Bezieng schwierig geworden ist. E nt wic kl u ng sz u inde freiwillig aktiv Menschen reiferen tarbeitenden, lebt llig Mitarbeitenie sie ausüben möglichkeisammenblick d Am Ende jedes Lebens steht der Tod. Die Kirche begleitet Sterbende und Angehörige auf diesem letzten Weg. In der Abdankungsfeier gibt sie Angehörigen, Freunden und der ganzen Gemeinde die Gelegenheit, von der verstorbenen Person in einem würdigen Rahmen Abschied zu nehmen. G ot u l d n i k mittendrin022016 Nicht die Menschen in Allschwil und Schönenbuch werden hier von der Kirchgemeinde begleitet, sondern Menschen in der ganzen Welt. Dank des solidarischen Mittragens aller Kirchensteuerzahlenden kann die Kirchgemeinde dort vielfältige Entwicklungen fördern, wo fehlende finanzielle Mittel dies sonst verunmöglichen würden. Mit den ökumenischen Suppentagen besteht ein Gefäss, das sowohl den Menschen hier Begegnung ermöglicht und gleichzeitig einer guten Sache dient. Im Feiern, Singen und Beten öffnen sich Menschen jeden Alters für Gottes Gegenwart und stärken ihr Vertrauen in seine Kraft. Im Alltag machen sie Erfahrungen und Erlebnisse mit diesem Gottvertrauen und lassen diese in die Gemeindearbeit einfliessen. Menschen bevorzugen unterschiedliche Stile, Gottesdienste zu feiern. Die Kirchgemeinde unterhält ein entsprechend breites Angebot an verschiedenen Gottesdienstformaten. KIRCHE - WOZU? Philippe Hofmann Im Gespräch über Kirche, Religion und Gesellschaft zeigt sich der frisch gewählte CVP Gemeinderat Philippe Hofmann als pragmatischer und lösungsorientierter Politiker. Philippe, du bist CVP Politiker. Welche Bedeutung hat für dich das C im Namen der Partei? Das ist so ziemlich die schwierigste Frage, die man einem CVP Politiker stellen kann. Die CVP entstand in den katholischen Stammlanden – und jetzt diskutieren zwei Reformierte darüber (lacht). Das «Konservativ» ist aus dem ursprünglichen Namen herausgefallen. Und trotzdem ist Kirche in einem gewissen Sinn konservativ, weil sie Werte tradiert. Ich sehe das C vor allem als ein historisches Erbe, das man mitnimmt und das uns die Mitteposition brachte, in der wir jetzt sind. Was sind deine Erfahrungen mit Kirche? Mein Erfahrungsschatz ist eher beschränkt. Das hat auch mit dem Positionsverlust der Kirche in der Gesellschaft zu tun. Ich habe viele gute Erinnerungen an den Religions- und Konfunterricht. Neben vielen guten Erlebnissen mit andern Jugendlichen haben mich damals schon ausgesprochen die geschichtlichen Aspekte der Religionen interessiert. Es wird immer wieder gesagt, die Religion portiere Werte. Welche Werte sind dir wichtig und wie möchtest du sie in dein politisches Wirken einbringen? Natürlich habe ich Werte, die ich einbringen möchte. Für mich soll Politik aber vor allem pragmatisch und lösungsorientiert sein. Durch grösstmöglichen Konsens möchte ich nachhaltige Lösungen erreichen. Auf der Suche nach solchen Konsenslösungen kann ein allzu starkes Festhalten an Ideologien und Werten manchmal kontraproduktiv sein. Weiter sind mir Klarheit und Ehrlichkeit wichtig. Probleme sollen offen auf den Tisch gelegt werden. Man soll sagen, was gemacht werden kann und was nicht. So kann man falsche Erwartungen eindämmen, andere dafür aber einhalten. Der Einfluss der Kirchen auf die Gesellschaft ist in den vergangenen Jahren massiv zurückgegangen. Wo siehst du die Gründe? Das ist eine Folge der Individualisierung. Viele Menschen kommen im Alltag nicht mehr mit der Kirche in Berührung. In Malaysia habe ich einmal einen Ramadan erlebt. Da bestimmt die Religion noch den Alltag der Menschen. Das sieht man auch in Äusserlichkeiten wie zum Beispiel dem Tragen eines Bartes. Das Christentum hat solche Äusserlichkeiten abgeschafft. Vielleicht fehlt ihm nun etwas in der heutigen Welt, in der sich jeder individuell verwirklicht und dies verbringe gerne viel Zeit mit Freunden. Ich nach aussen zeigt. freue mich über kleine Dinge im Leben und bin glücklich, wenn es mir in der Arbeit geAls lokale Kirchgemeinde setzen wir uns ein lingt, einen Namen besser darzustellen. Wefür das Allgemeinwohl in unserer Gesell- niger Freude habe ich an Comedysendungen, schaft. Wo gibt es Potenzial für die Zusam- bei denen im Hintergrund gelacht wird. Ich will selber entscheiden, wann ich lache und menarbeit mit der politischen Gemeinde? Ich finde es wichtig, dass Kirche soziale wann nicht (lacht). Konventionen aufrechterhält. Diese sind sehr nützlich und wichtig. Wenn sie aufbre- Philippe, herzlichen Dank für dieses Interchen, wird das Zusammenleben noch viel view. Ich wünsch dir einen guten Start und schwieriger. Solange es soziale Konventio- viel Erfolg in deiner neuen Aufgabe als GeMarc Burger nen gibt, kann ich mich entscheiden, ob ich meinderat. • mich daran halten will oder nicht. Wenn sie sich aber auflösen, habe ich überhaupt keinen Rahmen mehr. Beispiel arbeitsfreier Sonntag, für den sich die Kirchen einsetzen? Ich finde es ganz wichtig, dass wir einen arbeitsfreien Tag haben. Sonst machen wir uns zu Sklaven der Konsumindustrie. Es ist ein Sozialprestige geworden, möglichst viel zu arbeiten und zu zeigen, das wir möglichst viel leisten können. Philippe Hofmann hat Germanistik und Geschichte studiert und im vergangenen Jahr zu einem Thema der Ortsund Flurnamenforschung Baselland promoviert. Im Februar wurde er als jüngstes Mitglied in den Allschwiler Gemeinderat gewählt. Was macht dich persönlich glücklich? Sicher mal das Zusammenleben mit meiner Frau. Auch schätze ich gutes Essen und mittendrin022016 KIRCHE - WOZU? Kirche im gesellschaftlichen Wandel Es ist eine schwierige Sache mit der Kirche: Auf der einen Seite trägt sie seit 2000 Jahre die grosse Botschaft von der Menschenfreudlichkeit Gottes in die Welt, auf der anderen Seite scheint sie kraftlos und müde geworden zu sein. beit geleistet haben, sind heute berufstätig und wollen sich kaum mehr dauerhaft zum Dienen verpflichten. Die Kirche, die einst mit Unterhaltungs- und Bildungsangeboten soziale Bedürfnisse befriedigte, hat längst Konkurrenz bekommen. Es gibt hochprofessionelle Angebote, mit denen die Kirche nicht mehr mithalten Als ich jung war, war mir klar: Die Kirche kann. Unsere Gesellschaft hat sich fundamental sind wir. Ich fühlte mich als Teil der lokalen verändert, wir leben in einer globalisierten und und der weltweiten Kirche und war gewillt, digitalisierten Welt mit ganz neuen Problemen. meinen Beitrag zu leisten. Ich wollte mit vielen andern dazu beitragen, dass unsere Welt ge- Wie und was glauben wir? Bleibt also das Religiöse. Aber ausgerechnet rechter, menschlicher und friedlicher wird. Das Evangelium hatte mich angezündet, ich fand darüber wird kaum mehr nachgedacht. Die darin so viel Kraft, Inspiration und Trost, dass theologischen Fakultäten haben sich von den ich wusste: Da ist alles drin, was wir brauchen, Kirchen entfernt. Die Ökumene steckt in der Sackgasse. Die Kirchen haben ihre gesellschaftund noch ganz viel mehr. Ich habe dann in der Kirche gelebt, gearbei- liche Relevanz verloren und die Menschen sutet, geblüht und gelitten. Mein Freundeskreis chen sich das, was sie vielleicht noch glauben, ging weit über den kirchlichen Rahmen hinaus. an den verschiedensten Orten zusammen. Sie Dort habe ich gelernt, dass Fragen wichtiger haben gemerkt, dass man auch ohne die Kirche sind als Antworten, suchen wichtiger als finden, ganz gut leben kann. Gott ist zu einem leeren Begriff geworden. und zuhören hilfreicher als reden. Viele Menschen tun sich schwer mit all den Gräueln, die in der Vergangenheit und auch Die Welt hat sich verändert Die Arbeit mit biblischen Texten hat mich heute im Namen der Religion begangen wurden immer begeistert; sie tut es noch. Aber die Insti- und werden. Sie wissen noch, dass Gott mentution Kirche ist mir mit der Zeit immer frem- schenfreundlich sein sollte, aber sie bringen ihre der geworden, obwohl ich mich mittendrin Erfahrungen nicht mit dem zusammen, was aufhielt. Immer häufiger denke ich: Das, was ihnen von Gott erzählt wird. Und sie kommen wir als Kirche tun, ist eigentlich passé, unsere nicht mehr klar mit all dem Leiden in der Welt. All das muss die Kirche ernst nehmen. Das Strukturen sind überholt, unsere Inhalte beliebig. So können wir nicht weitermachen. Aber bedeutet, dass sie die Menschen, die aufgrund wie denn sonst? Darauf habe ich bis heute keine ihrer persönlichen Situation an die Grundfragen des Lebens herankommen und darum befriedigende Antwort gefunden. Ich weiss nur, was nicht mehr geht: Mit dem ringen, gangbare Wege zu finden, engagiert, geVerkauf von Strick- und Bastelwaren kann man duldig und ernsthaft begleiten muss. Sie muss die Probleme der Drittweltländer nicht lösen. darauf verzichten, ihnen zu sagen, wo`s lang Frauen, die früher unendlich viel Freiwilligenar- geht, und ihnen den Raum offen halten, dass IMPRESSUM Zeitschrift der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Allschwil-Schönenbuch Erscheint vierteljährlich · Auflage: 4’000 Exemplare · Herausgeberin: Kirchenpflege Redaktion: Marc Burger, Markus Jäggi, Vreni Mühlemann Bilder: wo nicht anders vermerkt, zur Verfügung gestellt Gestaltungskonzept: typoallee, Michelle Kiener-Buess, Allschwil · Druck: Kurt Fankhauser AG, Basel Zuschriften: «mittendrin», Reformierte Kirchgemeinde, Baslerstrasse 226, 4123 Allschwil · [email protected] mittendrin022016 sie ihre eigenen Antworten finden können. Diese zentrale Aufgabe ist zu aufwändig, als dass wir sie den professionellen Seelsorgern überlassen könnten. Es ist der Auftrag aller Christen, einander empathisch und respektvoll zu begleiten. Gefragt sind Begegnungen auf Augenhöhe, bei denen sich alle Beteiligten ihren Fragen und Verunsicherungen stellen und dabei bereit sind, Hilflosigkeit auszuhalten. In diesen Zusammenhang gehört auch die Verkündigung, denn die Bibel bietet keine Antworten an, dafür aber eine Fülle von inspirierenden Bildern und Geschichten, die Mut machen, sich selbst, die Mitmenschen und Gott zu suchen. Das diakonische Engagement scheint mir heute immer mehr eine politische Aufgabe zu sein. In einer Welt, in der persönliche Bereicherung als Erfolg gesehen wird und Besitzstandswahrung als elementares Gebot gilt, sind wir verpflichtet, vernehmlich und uneingeschränkt auf Gerechtigkeit zu bestehen und nicht Ruhe zu geben, bis jeder einzelne Mensch auf dieser Welt in seiner Einmaligkeit und Würde respektiert wird und Zugang zu allen lebenswichtigen Ressourcen hat. Wie aber können wir unsere Erde zu einem menschenfreundlichen Ort machen, wo wir einander nicht mehr als Konkurrenten sehen, sondern als Mitmenschen, die uns etwas zu sagen haben? Ich weiss es nicht, aber ich würde in der Kirche gern darüber nachdenken und mit anderen zusammen Ideen entwickeln und mutige Projekte realisieren. Dabei ginge es immer um Versöhnung, die so unendlich schwer zu finden ist und sich wie ein grosses Wunder anfühlt. Ihr möchte ich mit andern zusammen «leise, wie einem Vogel die Hand hinhalten» (Hilde Domin). • Vreni Mühlemann KONTAKT Reformierte Kirchgemeinde Allschwil-Schönenbuch Baslerstrasse 226 · 4123 Allschwil Telefon 061 481 30 11 [email protected] [email protected] www.refallschwil.ch PERSÖNLICH AZB 4123 Allschwil 1 Matthias Roos Wozu braucht es heutzutage die Kirche noch? Ist das nicht was für die Schwachen und für die, welche alt und krank sind? Kann man nicht auch Christ sein, ohne in die Kirche zu gehen? Brauchen wir die Kirche nur, um ein schönes Weihnachtsfest feiern zu können? Im Sommer 2016 beginne ich als Zivildienstleistender bei der reformierte Kirchgemeinde Allschwil zu arbeiten. Ich wohne in Riehen, bin 22 Jahre alt und gehe in die FEG Riehen (Freie Evangelische Gemeinde). In der Gemeinde bin ich aktiv dabei und bin im Leitungsteam vom «Obegottesdienst» und von 17+. Wir haben eine gute und gesunde Jugendgruppe von über 50 Jugendlichen, welche regelmässig und spontan für vieles da ist. Für mich bedeutet Christ sein viel mehr, als am Sonntag in die Kirche zu gehen. Die Kirche ist mir ein wichtiger Eckpfeiler, welchen ich nicht weglassen kann. Jesus Christus ist für mich das Fundament meines Lebens, auf das ich mein Haus bauen will. Er ist der Fels in der Brandung. Ich baue auf ihn und nicht auf sandigen Grund. Obwohl das vielleicht manchmal schneller gehen würde, ist es doch nicht von langer Dauer, denn die Gemeinde ist für den Glauben, für den Zweifel und für viele Fragen des Lebens da. Sie kann ermutigen, zum Nachdenken animieren, aber auch zurechtweisen. Es ist ein Miteinander und man hilft sich, wo man kann. Mir tut die Kirche richtig gut, und es gibt für mich immer etwas Neues zum Lernen. In einer Zeit, wo sich alles schneller dreht, ist sie ein Ort, wo ich sein kann, wie ich bin. Ich muss mich nicht verstellen und werde angenommen, wie ich bin - mit all meinen Ecken und Kanten. Am Sonntag kann ich wieder Energie tanken für die kommende Woche. Für mich ist die Gemeinde wie eine zweite grosse Familie. Unter den Jugendlichen und über die Generationen hinaus bildet sich ein Ganzes. Die Jugendlichen haben noch viel Tatendrang und die älteren Generationen unterstützen dies, wo sie können, und geben uns oft weise Gedanken auf den Weg. Ich finde es wichtig, dass man die Generationengemeinde fördert und sie schätzen lernt, denn eine Gemeinde kann nur gesund sein, wenn Jung und Alt willkommen sind. Für mich ist ein zentraler Punkt, dass ich nicht nur an den dreieinigen Gott glaube, sondern viel mehr eine persönliche Beziehung zu ihm habe. So wie wir Menschen untereinander eine Beziehung pflegen, so pflegen wir sie auch mit Gott. Sonst würden wir nichts erleben und die Beziehung ginge in Brüche. Darum ist der Sonntag meiner Meinung nach ein Tag von sieben, an dem wir Gott begegnen und ihn nicht im Kalender einfach mal wieder abhaken können, wenn wir in die Gemeinde gehen. Bei Gott gibt es keine Strichliste, sondern er interessiert sich voll und ganz für uns. Nur ist es uns viel zu oft nicht bewusst, dass der Ball eigentlich bei uns liegt und wir uns entscheiden müssen, was wir mit unserer Zeit, die wir auf der Erde haben, anstellen. Eigentlich ist die Zeit auf der Erde in Anbetracht der Ewigkeit, die wir im Himmel verbringen werden, relativ beschränkt. Ich finde, die Gemeinde ist seit der Entstehung wichtig und kann durch nichts ersetzt oder abgeschafft werden. Gerade heute, wo es so viel Armut, soziale Ungerechtigkeit und Kriege gibt, sollte die Gemeinde doch stark sein und im Gebet einstehen. Wir sollten unsere Brüder und Schwestern im Gebet unterstützen und für den Nächsten da sein. • mittendrin022016
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