Die Ära Bismarck Sozialistengesetz Sozialgesetzgebung Kulturkampf Gründerjahre und –krise Schutzzollpolitik Mit dem "Brotkorbgesetz" (1875) werden alle staatlichen Zuschüsse an die katholische Kirche eingefroren. 1874/75 wird die Zivilehe im Reich eingeführt. Die standesamtliche Trauung muss vor der kirchlichen erfolgen, die Trauung der Brautleute und der Eintrag ins Personenstandsregister durch Standesbeamte sind verpflichtend. "Kanzelparagraph" (10. Dezember 1871); er untersagt katholischen Priestern politische Äußerungen in Predigten; “der Missbrauch des geistlichen Amts zur Gefährdung des öffentlichen Lebens” wird mit Gefängnis bestraft. Bismarck will einen “Präventivkrieg” gegen den politischen Katholizismus führen und dabei die Gelegenheit nutzen, den Einfluss des Staates auf Bereiche wie Schule und Zivilehe auszudehnen. Er treibt die Zentrumspartei in eine scharfe Opposition gegen die Regierung und beginnt mit Unterstützung der Liberalen den Kulturkampf. Die seit 1873 in Deutschland anhaltende Gründerkrise löste einen drastischen Fall der seit den 1850er Jahren durch den wirtschaftlichen Aufschwung überhöhten - Preise für Agrar- und Industrieprodukte aus. Deshalb führte die Reichsregierung 1879 Schutzzölle auf ausländische Agrar- und Industrieprodukte ein: Sie sollten die deutsche Wirtschaft begünstigen und zu einer Stabilisierung der Preise beitragen. Die durch die Zölle nunmehr verteuerten Erzeugnisse aus dem Ausland sollten nicht mehr mit den kostengünstigeren Produkten aus Deutschland konkurrieren. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts produzierten vor allem die USA, aber auch Russland und Argentinien vergleichsweise kostengünstig landwirtschaftliche Erzeugnisse. Die erwirtschafteten Überschüsse wurden in westeuropäische Länder exportiert, wo sie die Preise drückten. Bismarck reagiert mit dem Versuch, die SAP verbieten zu lassen. Am 11. Mai 1878 legt er im Reichstag ein Sozialistengesetz vor, das aber durchfällt. Als kurze Zeit später zwei Attentate auf Wilhelm I. verübt werden, schiebt Bismarck den Sozialisten die Schuld zu. Er lässt das Parlament auflösen. Der neue - deutlich konservativere Reichstag stimmt dem Gesetz wider die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie am 21. Oktober 1878 zu. Das bedeutet: Verbot sozialistischer Vereine und Schriften sowie polizeiliche Überwachung von Parteifunktionären. Die Teilnahme an Parlamentswahlen darf die Regierung aus Verfassungsgründen den Sozialdemokraten nicht verwehren. Nach der Reichsgründung 1871 erlebten die deutsche Wirtschaft einen regelrechten Wachstumsschub. Die Schaffung eines einheitlichen Marktes, eine wirtschaftsliberale Gesetzgebung und nicht zuletzt die französischen Reparationszahlungen infolge des Deutsch-Französischen Krieges bewirkten einen scheinbar ungebremsten Fortschrittsoptimismus und förderten die rasant ansteigende Konjunktur. Während der "Gründerzeit" erreichten Aktienkurse und Investitionen bis dahin ungekannte Höhen, bis die Spekulationsblase im so genannten Gründerkrach platzte. Von 843 nach 1870 neu gegründeten Aktiengesellschaften standen 1874 bereits 120 in Liquidation, 37 hatten Konkurs angemeldet. Mit vorbildlichen Arbeitsschutzmaßnahmen und sozialer Absicherung soll der Unzufriedenheit des Proletariats der Boden entzogen werden. In rascher Folge werden das Krankenversicherungsgesetz (15. Juni 1883), das Unfallversicherungsgesetz (6. Juli 1884) und das Gesetz über die Invaliditätsund Altersversicherung (22. Juni 1889) verabschiedet. Allerdings verfehlt Bismarck auch in seinem zweiten Kampf gegen einen innenpolitische Gegner sein Ziel: Die SAP löst sich nicht auf und die Arbeiter lassen sich durch die moderne Sozialgesetzgebung Bismarcks nicht "kaufen". Bei Bismarcks Abgang 1890 ist SAP, die sich mittlerweile SPD nennt, die stärkste Partei im Reich.
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