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Pressemitteilung | 22.5.2016 | acr
Märchenhafte Opernrarität von Jules Massenet mit doppeltem Berlin-Debüt
Damiano Michieletto inszeniert Cendrillon (Aschenputtel)
Premiere: Sonntag, 12. Juni 2016 | 19 Uhr
Von Rossinis La Cenerentola über Prokofjews Ballett Cinderella bis zum gleichnamigen
Walt-Disney-Musical – das weltweit bekannte Märchen vom armen unterdrückten
Mädchen war für viele Komponisten ein beliebter Bühnenstoff. Jules Massenets 1899
uraufgeführte Adaption war seinerzeit die erfolgreichste, doch heute führt sein
Cendrillon eher ein Aschenputtel-Dasein auf den Spielplänen der Bühnen. Die
Neuproduktion an der Komischen Oper Berlin wartet daher mit einem doppelten
Berlin-Debüt auf: Nicht nur Regie-Shooting-Star Damiano Michieletto debütiert in
der Hauptstadt, auch das Werk, das er inszeniert, feiert seine Berlin-Premiere, denn
in der Hauptstadt war es tatsächlich noch nie zu sehen. Die Musikalische Leitung liegt
in den Händen von Generalmusikdirektor Henrik Nánási. Die Titelrolle übernimmt
Nadja Mchantaf, die zur nächsten Spielzeit von der Dresdener Semperoper ins
Ensemble der Komischen Oper Berlin wechselt.
Cendrillon entstand an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert und traf den Nerv einer Zeit radikaler gesellschaftlicher und technischer Umbrüche, in der die Sehnsucht
nach kleinen Fluchten aus einer Wirklichkeit, die die Menschen zunehmend überforderte, ins schier Unendliche wuchs. Massenet konzentriert sich in seiner zauberischtraumhaften Version der Geschichte ganz auf das gefährdete Glück des Liebespaares.
Dem Venezianer Damiano Michieletto eilt nicht erst seit seinen Arbeiten am Royal
Opera House der durchaus liebevollen Ruf eines »enfant terrible des Musiktheaters«
voraus. Unlängst sorgte er mit Inszenierungen von Rossinis Guillaume Tell, Mascagnis
Cavalleria rusticana und Leoncavallos Pagliacci in London für Aufmerksamkeit bei Publikum und Kritik, wurde mit dem renommierten Laurence Olivier Award geehrt und
gilt als international gefragter Neuerer der Opernregie. Michieletto erzählt die Fabel
von Mädchen, Märchenprinz und Tanz im »gläsernen Pantoffel« für ein erwachsenes
und junges Publikum: als Teil der neidvoll-harten Realität einer Ballettschule, in der
die Leistungsansprüche der Erwachsenen auf die Träume von jungen Menschen
treffen – und in der nach einem Unfall der Prima Ballerina Märchenhaftes geschieht.
Informationen zu Stab, Besetzung und Terminen sowie Hintergrundinformationen und
ausgewählte Biografien finden sich auf den folgenden Seiten.
Stiftung Oper in Berlin/Komische Oper Berlin
Behrenstraße 55–57, 10117 Berlin
Telefon +49 (0)30 202 60 370
Fax +49 (0)30 20260 366
Dr. Andrea C. Röber
Pressesprecherin
[email protected]
www.komische-oper-berlin.de
Jules Massenet
Cendrillon (Aschenputtel)
Oper in vier Akten [1899] | In französischer Sprache
Libretto von Henri Cain nach dem Märchen von Charles Perrault
Musikalische Leitung: Henrik Nánási
Inszenierung: Damiano Michieletto
Bühnenbild: Paolo Fantin
Kostüme: Klaus Bruns
Dramaturgie: Simon Berger
Chöre: David Cavelius
Licht: Diego Leetz
Besetzung
Nadja Mchantaf (Cendrillon/Aschenputtel), Agnes Zwierko (Madame de la Haltière), Karolina
Gumos (Le Prince Charmant), Mari Eriksmoen (La Fée), Mirka Wagner (Noémie), Zoe Kissa
(Dorothée), Werner van Mechelen (Pandolfe), Carsten Sabrowski (Le Roi), Christoph Späth
(Le Doyen da la Faculté), Nikola Ivanov (Le Surintendant des plaisiers), Philipp Meierhöfer
(Le Premier Ministre), Chorsolisten der Komischen Oper Berlin u. a.
Termine
Einführungsmatinee: Sonntag, 5. Juni 2016, 12 Uhr (davor ab 10 Uhr Opernfrühstück)
Premiere: Sonntag, 12. Juni 2016, 19 Uhr
Weitere Vorstellungen: 16. / 19. / 26. / 29. Juni und 2. / 10. Juli 2016
Karten
Preise: 12 - 92 €
Kartentelefon (030) 47 99 74 00 | Mo bis Sa: 9 bis 20 Uhr, So- und Feiertage: 14 bis 20 Uhr
[email protected]
www.komische-oper-berlin.de
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Hintergrund
Jeder kennt sie, die Geschichte von jenem einfachen Mädchen, das mit seinem
verwitweten Vater in mitleiderregenden Verhältnissen unter den neidischen Blicken
der eifersüchtigen Stiefmutter und der eitlen Stiefschwestern heranwächst. Harte
Hausarbeit muss es verrichten, und nur unter den Vögeln findet es Freunde. Zum
Glück jeder Kindheit wird zuletzt alles gut, das Mädchen erlöst, wiedergefunden
anhand eines Schuhs, aus der Hand eines Märchenprinzen, an dessen Hand das
Mädchen schließlich aufs Schloss geführt wird … In Italien heißt das Kind La
cenerentola, in England Cinderella, in Spanien La cenicienta, in Russland Золушка,, in
Deutschland Aschenputtel und in Frankreich: Cendrillon.
Der Stoff ist wahrlich europäisch: Er wurde bereits 1674 in einer Märchensammlung
des italienischen Dichters Giovanni Battista Basile veröffentlicht. 1697 bearbeitete
der französische Dichter Charles Perrault das Märchen als Cendrillon oder der kleine
gläserne Pantoffel. Diese französische Version ist weit weniger grausam als die in
Deutschland bekannte Fassung der Gebrüder Grimm, die 1812 veröffentlicht wurde.
Bei Perrault gibt es kein »Bäumchen schüttle Dich« am Grab der Mutter und keine
abgehackten Zehen mit Blut im Schuh. Die Bestrafung der Bösen – im deutschen
Märchen immer ein wesentlicher moralischer Bestandteil – bleibt ganz aus. Genau
202 Jahre nach der Veröffentlichung von Perraults Märchen, nach Vertonungen
durch Laruette, Isouard und natürlich Rossini, brachte der spätromantische
Komponist Jules Massenet den Stoff neuerlich auf die Opernbühne: Sein Cendrillon
wurde 1899 an der Opéra Comique uraufgeführt.
Massenets Schaffen fällt in eine Zeit radikaler politischer und sozialer Umschwünge
angesichts der Industrialisierung. Mit seiner Märchenoper offerierte der Komponist
dem Publikum durchaus lyrisch-sentimentalen Eskapismus. Doch hinter allem
Sentiment stecken in Cendrillon auch Wahrheiten über die Liebe, Eifersucht,
Einsamkeit und Sehnsucht nach Vertrauen. Die emotionalen Tücken einer
dysfunktionalen Patchwork-Familie treffen auf ehrliche Gefühle in der innigen
Beziehung zwischen Aschenputtel und ihrem Vater Pandolfe, der seinerseits auch für
eine gute Portion gallischen Humor im Stück sorgt. Stilsicher und mit Mut zu
theatraler Opulenz verbindet Massenet die vielfältigen Möglichkeiten des modernen
Orchesters mit der französischen Theatertradition zu einem Klanggebilde ganz im
Geiste des »Fin de siècle«. Große Gesten treffen in Cendrillon auf leichte
Tanzrhythmen und spielerischer Witz auf lyrische Innerlichkeit. Massenet, der
»Vielkomponierer« und Meister des melodischen Verlaufs, erschuf ein durch und
durch modernes Werk, inspiriert von Jugendstil, Art déco und symbolistischer
Weltverrätselung, den Facetten der neuen Kunst in seinem ansonsten eher
technifizierten Zeitalter.
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Über die Inszenierung von Damiano Michieletto
»Es ist absolut wichtig, die grotesk-humorvollen Elemente des Stücks
herauszuarbeiten und mit einer ergreifenden Liebesgeschichte zu verbinden«, sagt
Damiano Michieletto über seine Berliner Cendrillon-Inszenierung. Michieletto
interessiert, was das Kindermärchen uns in einer realen Erwachsenenwelt sagen kann.
Ohne Putzigkeiten wie hilfreiche Täubchen und Zaubersprüche bleibt der ganz reale
Wunsch nach Erlösung aus sozialem und psychologischem Elend die Essenz der
Aschenputtel-Geschichte. So inszeniert Michieletto die Handlung in einer
Ballettschule: Die böse Stiefmutter ist eine zielstrebige Tanzlehrerin, die ihre Töchter
durch übertriebenen Ehrgeiz unter massiven Leistungsdruck stellt. Anstelle der
königlichen Brautschau beim Ball müssen die Mädchen zum Casting antreten für die
begehrte Rolle der Cinderella. Aschenputtel ist verletzt und dadurch im
Konkurrenzkampf benachteiligt. Eine verzweifelte Lage, dennoch wartet natürlich
Massenets Musik mit sphärischen, surrealen Traummomenten und zauberhaft
duftigen Melodien auf. Mit Damiano Michieletto nimmt sich ein Regisseur dieser
Zauberwelt an, der in seiner Theatersprache hart-realistische und dämonisch-surreale
Abgründigkeit durchaus gekonnt verwebt. Die Kombination dieser künstlerischen
Ansätze verspricht einen tragik-komischen Theaterabend mit Kontrast und
Hintergründigkeit zu dem französischen Spätromantiker Massenet.
Biographien (Auswahl)
Innerhalb kurzer Zeit hat sich Damiano Michieletto auf der internationalen Opernszene
als seiner der interessantesten Vertreter der jüngeren Generation italienischer
Regisseure etabliert. Er studierte Opern- und Theaterregie an der Scuola d'arte
drammatica Paolo Grassi in Mailand und hat einen Abschluss in Moderner Literatur der
Universität in Venedig, seiner Heimatstadt. Seine hochgelobte Inszenierung von Jaromír
Weinbergers Švanda the Bagpiper beim Wexford Festival 2003 wurde mit dem Irish Times /
ESB Theatre Award ausgezeichnet. Zu seinen weiteren Inszenierungen zählen L’italiana
in Algeri am Teatro Olimpico in Vicenza, La gazza ladra als Co-Produktion des Rossini
Festivals in Pesaro und den Opernhäusern in Bologna und Verona (2008 mit dem
Premio Franco Abbiati ausgezeichnet), Lucia di Lammermoor, Il corsaro, Luisa Miller und
Poliuto in Zürich, Roméo et Juliette und ein Mozart/Da Ponte-Zyklus am Teatro La Fenice
in Venedig, Die Entführung aus dem Serail am Teatro San Carlo in Neapel, La scala di seta
beim Rossini Festival und an der Mailänder Scala, Il barbiere di Siviglia am Grand Théâtre
de Genève, Madama Butterfly in Turin, L’elisir d’amore in Valencia, Graz und Madrid,
Martinůs The Greek Passion in Palermo, Così fan tutte am New National Theatre in Tokio, Il
trittico am Theater an der Wien und am Königlichen Opernhaus in Kopenhagen, Un ballo
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in maschera an der Scala, Idomeneo am Theater an der Wien sowie The Rake’s Progress an der
Oper Leipzig und am Teatro La Fenice.
Er debütierte 2012 bei den Salzburger Festspielen mit La Bohème (mit Anna Netrebko als
Mimì) und kehrte 2013 für Falstaff und 2014 für La cenerentola zurück. In der Spielzeit
2014/15 inszenierte Damiano Michieletto unter anderem Il viaggio a Reims an der
Netherlands Opera in Amsterdam, Guillaume Tell am Londoner Royal Opera House. Zu
seinen Neuproduktionen 2015/2016 zählen unter anderem Die Zauberflöte am La Fenice,
Cavalleria rusticana und Pagliacci in Covent Garden und Rossinis Otello in Wien. Beim
Rossini Festival in Pesaro inszeniert er im August La donna del lago.
Damiano Michieletto hat darüber hinaus einige weniger bekannte Opern inszeniert
sowie Schauspiel, zuletzt Gogols Revisor am Teatro Stabile del Veneto und Ramón María
del Valle-Incláns Divinas palabras am Piccolo Teatro di Milano.
Henrik Nánási stammt aus Pécs, Ungarn. Seine musikalische Ausbildung erhielt er am
Béla-Bartók-Konservatorium in Budapest und an der Universität für Musik und
darstellende Kunst in Wien. Nach ersten Engagements am Stadttheater Klagenfurt und
am Theater Augsburg wurde er 2007 Erster Kapellmeister und Stellvertretender
Chefdirigent am Staatstheater am Gärtnerplatz in München. Er hat zahlreiche
Auszeichnungen und Stipendien erhalten, so unter anderem die Würdigung der
Bayreuther Richard-Wagner-Stiftung, das Stipendium des Bundesministeriums für
Wissenschaft, Verkehr und Kunst sowie die Anerkennung der Dr. Martha SobotkaCharlotte Janeczek-Stiftung für außerordentliche künstlerische Begabung.
Heute ist Henrik Nánási ein international gefragter Künstler an zahlreichen
Opernhäusern. Er leitete Turandot am Royal Opera House Covent Garden in London,
La traviata an der Bayerischen Staatsoper und Carmen in der Arena di Verona. Weitere
Aufgaben führten ihn an die Hamburgische Staatsoper, an die Oper Frankfurt sowie an
die Dresdner Semperoper. Zuletzt gab er sein Debüt am Opernhaus Zürich, am Palau
de les Arts Reina Sofia in Valencia und an der Lyric Opera of Chicago. Er arbeitet mit
namhaften internationalen Orchestern zusammen, darunter das RadioSymphonieorchester Wien, das Bruckner Orchester Linz, die Essener Philharmoniker,
das Orchestra del Maggio Musicale Fiorentino, das Orchestra del Teatro di San Carlo di
Napoli und das Orchestra del Teatro Massimo Palermo.
Seit der Spielzeit 2012/13 ist Henrik Nánási Generalmusikdirektor der Komischen Oper
Berlin. Dort verantwortete er die musikalische Leitung der Neuproduktionen von Die
Zauberflöte, Mazeppa, Così fan tutte, Der feurige Engel, Die schöne Helena, Don Giovanni, Gianni
Schicchi/Herzog Blaubarts Burg, Jewgeni Onegin sowie im Sommer 2016 Cendrillon . In der
Spielzeit 2016/17 wird er neben seinen Aufgaben an der Komischen Oper Berlin sein
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Debüt an der Opéra National de Paris mit Mozarts Die Zauberflöte geben. Darüber
hinaus kehrt er an das Royal Opera House Covent Garden in London zurück, wo er
Rossinis Il barbiere di Siviglia dirigieren wird, sowie an das Palau de les Arts Reina Sofia
in Valencia mit einer Neuproduktion von Massenets Werther. Auf dem Konzertpodium
gibt Nánási sein Debüt beim Orchestra del Teatro La Fenice di Venezia.
Nadja Mchantaf wurde in Husum/Schleswig- Holstein geboren. Nach einer 10jährigen Tanzausbildung absolvierte die Sopranistin ihr Gesangsstudium in Leipzig
bei Regina Werner-Dietrich und wird seit 2010 gesangstechnisch von Brigitte
Eisenfeld betreut. Schon während ihres Studiums gastierte sie an der Oper Leipzig,
im Gewandhaus und beim Bachfest Leipzig.
Direkt nach dem Examen 2009 trat sie ihr Engagement im Jungen Ensemble der
Semperoper Dresden an und sang unter anderem die Titelpartie in Henzes Dresdner
Uraufführung Gisela!. Daraufhin wurde Nadja Mchantaf Mitglied des festen Ensembles
der Semperoper Dresden und war dort zu hören als Pamina (Die Zauberflöte), Musetta
(La Bohème), Micaela (Carmen), Servilia (La clemenza di Tito), Gretel (Hänsel und Gretel),
Prinzessin Eudoxie (La Juive), Ännchen (Der Freischütz) Valencienne (Die lustige Witwe),
Lucilla (Il tutore), Lidotschka (Moskau, Tscherjomuschki) und Morgana (Alcina). In der
Premiere von L‘elisir d‘amore unter Riccardo Frizza sang sie die Adina und unter
Christian Thielemann die 5. Magd (Elektra) mit CD Produktion bei der Deutschen
Grammophon. Diese Spielzeit ist sie an der Semperoper als Musetta, Gretel und 5.
Magd zu erleben.
Mit Mozarts Tamiri aus Il re pastore debütierte Nadja Mchantaf 2014 an der Komischen
Oper Berlin und wurde daraufhin für diese Spielzeit als Titelpartie in Massenets
Cendrillon engagiert. Gastspiele führten sie zudem an die Staatsoper Stuttgart, zur
Shanghai Symphonie und zum Beijing Music Festival. An der Oper Graz sowie in der
dazugehörigen CD Produktion sang sie die Angèle in Der Opernball.
Ab der Saison 2016/17 wird Nadja Mchantaf zum festen Ensemble der Komischen
Oper Berlin gehören und dort u.a. als Tatjana (Jewgeni Onegin), Rusalka
(Rusalka), Donna Anna (Don Giovanni) und Micaela (Carmen) zu erleben sein.
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