Prof. Dr. Martin Ludwig Hofmann Humanwissenschaften Hochschule Ostwestfalen-Lippe Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur Handout – 5 Vorlesung Umweltpsychologie, Umweltsoziologie (= Humanwissenschaften für Gestalter) Macht und Raum – Teil I „„Der menschliche Körper geht in eine Machtmaschinerie ein, die ihn durchdringt, zergliedert und wieder zusammensetzt ... Noch allgemeiner geht es um eine Architektur, die ein Instrument zur Transformation der Individuen ist.“ Michel Foucault I. Definitionen der Macht Klassische Definition der Macht (von Max Weber) „Jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“ Neue Definition der Macht (von Michel Foucault) - - die Vielfältigkeit von Kräfteverhältnissen, die ein Gebiet bevölkern und organisieren das Spiel, das in unaufhörlichen Kämpfen und Auseinandersetzungen diese Kräfteverhältnisse verwandelt, verstärkt, verkehrt etwas, das sich von unzähligen Punkten aus und im Spiel ungleicher und beweglicher Beziehungen vollzieht Vier Prämissen dieses neuen Macht-Verständnisses 1. „Es gibt nicht eine Macht, sondern mehrere Mächte.“ 2. „Man muss sich von der Vorstellung lösen, dass die politische Macht im Wesentlichen in den Staatsapparaten lokalisiert ist.“ 3. „Man muss die effizienzsteigernde Kraft der verschiedenen Mächte anerkennen.“ 4. „Man muss diese Machtverfahren als soziale Techniken begreifen.“ Nähe zum ökologischen Denken - Ökologie = Wissenschaft, die Wirkungen und Wechselwirkungen innerhalb eines Territoriums (Öko-Systems) untersucht. - Ökologische Grunderkenntnis: Verändere ich ein Element, verändere ich automatisch das gesamte System. II. Macht-Raum-Komplex Räume müssen laut Foucault als flexible Systeme betrachtet werden, die von Machtbeziehungen durchzogen sind. Die klassische Moderne Mit soziologischem Blick betrachtet, ist moderne Architektur als Versuch zu bewerten, den sozialen Raum radikal neu zu konstruieren - Gestaltung einer klar strukturierten Umwelt - die nicht nur die Möglichkeit eines wohlgeordneten Lebens bietet - sondern den Nutzern keine andere Wahl lässt Das erklärte Ziel moderner Architektur: „Die geduldige Erziehung durch den Architekten, die beruhigend und ordnend zur Wohlanständigkeit der gesitteten Gesellschaft führt.“ Walter Gropius Bauhaus-Direktor 1919-1928 Zwei Grundelemente des Macht-Raum-Komplexes: - Anatomo-Politik - Panoptismus III. Erstes Grundelement: Anatomo-Politik Techniken der Anatomo-Politik zielen ... - auf die einzelnen Individuen auf ihre Körper auf ihr Verhalten auf ihr Bewusstsein ... auch durch Verteilung und Kontrolle der Individuen im Raum 1. Klausur = die bauliche Abschließung eines Ortes von allen anderen Orten 2. Parzellierung = „Jedem Individuum seinen Platz und auf jedem Platz ein Individuum.“ 3. Zuweisung von Funktionsstellen = genaue Festlegung von Plätzen, die „an der Notwendigkeit der Überwachung und der Schaffung eines nutzbaren Raumes ausgerichtet ist.“ 4. Erstellung einer Rangordnung = „jedem wird ein Platz zugewiesen, der seiner Rolle und Tüchtigkeit entspricht.“ Literaturhinweis: Michel Foucault: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses, Frankfurt/M. 1994. (insbesondere die Kapitel: „Die gelehrigen Körper“, S. 173-219, „Die Mittel der guten Abrichtung“, S. 220-250, „Der Panoptismus“, S. 251-292).
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