Radiogottesdienst am 22. Mai 2016 St. Norbert-Kirche in Friedland Predigt von Pfarrer Georg Vetter Liebe Schwestern und Brüder! „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen." Das ist ein Wort des Philosophen Ludwig Wittgenstein. Wenn ich es ernst nähme, müsste ich jetzt umgehend aufhören zu reden. Aber diesen Gefallen will ich Ihnen nicht sofort tun. Doch das heutige Fest der heiligsten Dreifaltigkeit macht Predigern und Gläubigen Schwierigkeiten. Wie können Christen angemessen von einem Gott sprechen, der sich in drei Personen darstellt? Als mathematische Formel würde es lauten: 3 = 1. Welchen Gewinn haben Gläubige für ihr Leben, wenn ihnen heute in der Präfation, dem Gebet vor der Wandlung, erklärt wird, dass wir „im Lobpreis des wahren und ewigen Gottes die Sonderheit in den Personen, die Einheit im Wesen und die gleiche Fülle in der Herrlichkeit" anbeten? Klingt das nicht nach „spitzfindigen Spekulationen weltfremder Theologen aus längst vergangener Zeit" (kath. Erwachsenen Katechismus). Wir Christen sprechen von drei Personen, aber wir glauben an einen Gott! Ich muss zugeben: Es ist unmöglich, dies zu verstehen. Aber wenn ich etwas nicht verstehe, heißt dies noch lange nicht, dass es dies nicht gäbe. Lassen Sie es mich mit einem Bild verdeutlichen: Ich habe hier ein Glas mit Wasser. (Füllen) Das könnte ich jetzt trinken. Es ist frisches, klares Wasser, gesund obendrein. Ich könnte damit auch meine Hände waschen oder Blumen gießen. Wenn eine riesige Menge Wasser zusammenkommt, können Menschen darin schwimmen oder sogar Schiffe darauf fahren. Hier habe ich etwas Anderes: Eis (gegeneinanderschlagen). Trinken kann ich es nicht. Ich kann nichts damit reinigen und Schiffe können auch nicht darauf fahren. Aber ich könnte, wäre es größer, Schlittschuh darauf laufen. Eishockeyspieler oder Bobfahrer hätten ihre helle Freude daran. Auch könnte ich Getränke damit kühlen. Und: Speise-Eis ist köstlich.Was ist Eis eigentlich? Sie wissen es: gefrorenes Wasser. Können wir einfach „Wasser" statt „Eis" dazu sagen? Nein, höchstens „gefrorenes Wasser". Das sagt aber niemand. Eis ist eben Eis! Ein Glas Wasser habe ich dabei - außerdem Eis. Eine dritte Sache konnte ich nicht mitbringen: nämlich Dampf. Wenn ich einen Topf mit Wasser erhitze, dann kocht es bei 100 Grad. Bei heißem Wasser entsteht Dampf, der so viel Kraft hat, dass er den Deckel vom Topf hebt. Heißen Wasserdampf braucht man zum Beispiel um Milch für einen Cappuccino zu erhitzen oder um Räume zu heizen. Früher griff man in der Industrie auf die Kraft von schweren Dampfmaschinen zurück. Schiffe fahren heute noch mit Volldampf voraus. Liebe Hörerinnen und Hörer: Warum diese Ausführungen? Wir sprechen Gott mit drei Namen an: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Wir sagen von ihm: Er ist ein Gott in drei Personen. Er ist immer derselbe eine Gott, aber er zeigt sich uns in drei Personen. Nun kann natürlich einer sagen: Was habe ich von alledem? Dazu drei Fragen: Erstens: “Aus welchen Quellen leben wir; was gibt mir Halt und Kraft?" Da antworte ich: Ich vertraue darauf, dass mein Leben einen Wert hat, den ich mir nicht selbst erarbeiten muss. Katholisches Rundfunkreferat – www.ndr.de/kirche 2 Ich sehe mein Leben als Geschenk, das ich einem anderen verdanke. Ich darf mein Leben gestalten in Freiheit und mit Phantasie mit den mir geschenkten Fähigkeiten. Ich glaube daran, dass ich auch in Krankheit und Leid nicht allein, sondern von Gott gestärkt und begleitet bin. Ich hoffe, dass ein anderer vollenden wird, was in meinem Leben bruchstückhaft bleiben wird. Und ich habe ein Gegenüber, dem ich mein Leid klagen und meine Freude mitteilen kann. Ja, ich glaube an Gott, den Vater. Zweitens: “An wem orientiere ich mich?” Ich halte mich an Jesus von Nazareth. Wir nennen ihn Sohn Gottes, weil er wie kein anderer diesen Gott, den Vater, gezeigt hat. Er hat vorgelebt, wie Gott sich seine Welt wünscht. Jesus spielt uns den Dreiklang zu, der uns zu einem erfüllten Leben führen will: Nämlich den Dreiklang der Gottesliebe, der Nächstenliebe und der Selbstliebe. Mein Leben kann einen guten Klang bekommen, wenn ich Gott die Ehre gebe und mich als sein Geschöpf verstehe, wenn ich den anderen respektiere und ihm menschlich begegne, wenn ich auch mich selbst akzeptiere und mir etwas gönne. Ja, ich glaube an Jesus Christus! Drittens: “Wie lebe ich meinen Glauben?” Ich versuche, im Geiste Jesu, in seinem Sinn zu reden und zu handeln. Ich versuche, so wie er den Mitmenschen zu begegnen, ihre Bitten und Fragen zu hören, sie in ihren körperlichen und seelischen Nöten nicht allein zu lassen und sie soweit ich kann - aufzurichten und zu unterstützen. Ich möchte den Geist Jesu, seine Ideen und Visionen von einer neuen Welt weitertragen. Und ich will auch andere davon begeistern. Ich treffe mich in unseren Kirchen mit anderen Menschen, um miteinander zu beten und zu singen, um uns als frohe Gemeinschaft zu erleben. Ja, ich glaube an den Heiligen Geist. Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer Zum Schluss noch ein Vergleich: Gott ist wie die Sonne. Er sendet seine Strahlen, das ist Gottes Sohn. Und der Heilige Geist ist die Wärme und die Helligkeit, die von der Sonne auf der Erde ankommen. Sonne, Strahlen, Wärme - alles ist irgendwie dasselbe! Genug der Spekulation! Ein Wissenschaftler schreibt: Gottes Geheimnisse begreift man nicht -man staunt und betet sie an! In Jesus zeigt Gott uns sein menschliches Antlitz. Er ist ein menschenfreundlicher, ein barmherziger Gott. Er ist als Heiliger Geist da - mitten in unserer Welt. Er ist immer bei uns. Er geht alle unsere Wege mit! Amen. Katholisches Rundfunkreferat – www.ndr.de/kirche
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