Das edle Wirtshaus.

44 CULINARIUM
45 CULINARIUM
Das edle Wirtshaus.
Für Lustesser und Weinkenner
Das Hotel-Restaurant «Weiss Kreuz» in Malans hat sich
innerhalb kurzer Zeit zu einem Bijou für Lustesser entwickelt.
Gastgeberin Iris Petermann und Chefkoch Stefan Jäckel verwöhnen die Gäste auf hohem Niveau. Nun soll das traditionsreiche Haus mit 15 Gault-Millau-Punkten auch ein Geheimtipp für Weinkenner werden. Im Mai entsteht die grösste
Sammlung an Magnum-Weinflaschen. Ein Grund mehr, im
«Weiss Kreuz» einzukehren.
Text Silke Knöbl Fotos Roland Korner, Weiss Kreuz
Während andere erfolgreiche Unternehmer
mit 60 Jahren kürzer treten oder in Pension
gehen, startete Iris Petermann nochmals
durch und übernahm das Hotel-Restaurant
«Weiss Kreuz» in Malans. «Ich wollte ein
einfaches Restaurant mit tollen Weinen und
feinem Essen haben», sagt die 62-Jährige,
die während 30 Jahren das Gourmetrestaurant «Kunststuben» in Küsnacht am
Zürichsee geführt hat. In der Küche sorgte
ihr Mann, Spitzenkoch Horst Petermann, für
kulinarische Köstlichkeiten.
Im «Weiss Kreuz» verwirklicht sie ihre eigenen Ideen. Ihr Mann ist beratend für sie und
das Team tätig. In der Küche steht indessen
ein anderer: Stefan Jäckel. Der 32-jährige
Deutsche hat bereits bei den Petermanns
in der «Kunststuben» gekocht. Das nötige
Rüstzeug eignete sich der junge Chefkoch
in verschiedenen internationalen Häusern
an, darunter im Hotel «Sacher» in Wien, im
Hotel «Victoria Jungfrau» in Interlaken und im
Restaurant «Clouds» in Zürich. Er setzt auf
einfache Produkte mit viel Geschmack. Auf
der regelmässig wechselnden Speisekarte
finden sich auch viele klassische Gerichte,
die er meisterhaft zubereitet.
Stefan Jäckel ist in Pirna – in der Nähe von
Dresden – aufgewachsen. Schon als Kind
half er gerne seiner Mutter in der Küche.
Dass ihr Sohn einmal Koch werden würde,
hätte sie nicht gedacht und auch nicht unbedingt gewollt. Doch der zielstrebige Deutsche setzte seinen Berufswunsch durch.
Zum Glück. Seine Kochkunst kommt an
– nicht nur bei den zahlreichen Gästen, sondern auch bei den Testern von Gault Millau,
die ihn auf Anhieb mit 15 Punkten belohnt
haben. Und er will noch mehr erreichen,
während Iris Petermann den aufstrebenden
Spitzenkoch immer wieder etwas einbremst.
Bei einer Auszeichnung sind sie sich jedoch einig: «Ein Guide-Michelin-Stern wäre
schon toll.»
Wichtige Stammtisch-Runde
Für die in Klosters aufgewachsene Gastgeberin ist das «Weiss Kreuz» auch eine
Art Rückkehr in die Bündner Heimat. Es
gefällt ihr gut in Malans. «Das ganze Team
wurde sehr herzlich aufgenommen», erzählt
sie. Besonders schätzt Iris Petermann auch
den Stammtisch im Restaurant – den Platz
der Einheimischen. Dort sitzen die Jäger
beisammen. Sie beliefern die Küche mit
erstklassigen Produkten, die dann von Stefan Jäckel und seinem Team veredelt werden. Auch wegen des Stammtischs ist das
46 CULINARIUM
«Weiss Kreuz» kein Gourmettempel, sondern
eher ein edles Wirtshaus. Das Hotel-Restaurant war mehrere Jahre geschlossen.
Es gehört Ernst Lehmann, Immobilien- und
Bauunternehmer, der das traditionelle Haus
mit viel Liebe renovieren liess. Der Malanser,
der im Hotel wohnt, hat sich schon immer
ein Restaurant gewünscht, in dem er sich
kulinarisch verwöhnen lassen kann. «Das
macht er jetzt auch», erzählt Iris Petermann.
«Er bringt uns auch viele Gäste», ergänzt
sie. Und diese kommen aus der Umgebung,
aber auch aus der Region Zürich sowie aus
dem benachbarten Liechtenstein.
Von Christina Aguilera bis Prinz Charles
Auch prominente Gäste haben das «Weiss
Kreuz» bereits entdeckt, etwa die amerikanische Sängerin Christina Aguilera. Die
36-Jährige war im Februar zu Gast und
nahm bei Winzer Martin Donatsch bei einer
Weindegustation teil. Einen Tag zuvor war sie
bei einer privaten Geburtstagsfeier im Hotel
Quellenhof in Bad Ragaz als Überraschungsgast aufgetreten. «Wir haben nicht gewusst,
wer uns besucht», sagt Iris Petermann. «Es
47 CULINARIUM
war alles geheim, und als sie bei uns war,
hat sie auch niemand erkannt», erzählt die
Gastgeberin schmunzelnd. Wer der prominente Gast war, erfuhr sie schliesslich von
Patron Ernst Lehmann, der am selben Tag
anrief und fragte: «Ist das wahr, dass Christina Aguilera bei euch ist?» Iris Petermann
antwortete darauf mit einem klaren Ja – und
wusste Bescheid.
Als Prinz Charles im letzten Jahr ins
«Weiss Kreuz» kam, war der Besuch zwar
auch geheim, aber doch anders. Der
Thronfolger des Vereinigten Königreiches
verbringt seinen Skiurlaub seit Jahrzehnten
in Davos-Klosters. Ein Freund von Iris Petermann kennt ihn persönlich und brachte ihn
an einem Samstagabend nach Malans. «Sie
kamen mit grosser Verspätung erst um halb
elf Uhr abends zum Essen an», erzählt sie. An
diesem Tag fand der Engadiner Skimarathon
statt. Dieser wirkte sich dementsprechend
auf den Strassenverkehr aus. Prinz Charles
übernachtete denn auch im «Weiss Kreuz».
Für ihn stellte Küchenchef Stefan Jäckel
eine separate Speisekarte zusammen, da
der Prinz sonntags nur vegetarisch isst. Für
das Team im «Weiss Kreuz» war sein Besuch
einzigartig. Als Erinnerung an den prominenten Gast hängt seitdem ein Porträt von ihm
beim Eingang zum Restaurant. Die Gäste
kommen nicht nur wegen des ausgezeichneten Essens, sondern auch, um feinen Wein
zu trinken. Für den Aufbau des Weinkellers
wurde Hans Rhyner verpflichtet. Der ehemalige Zugchef der Schweizer Bundesbahnen
berät seit über 15 Jahren namhafte Restaurants in der Region – darunter das Gasthaus
«Zum Gupf» – bei der Weinauswahl. Hans
Rhyner wird regelmässig von Weinführern,
wie Wine Spectator, ausgezeichnet. Der
Weinexperte setzt generell auf europäische
Weine. «Ich finde, dass wir keine Weine
aus Übersee mit langen Transportwegen
brauchen, weil wir in unseren Breitengraden
hervorragende Weine haben», erklärt er. Das
Weindorf Malans ist bekannt für charaktervolle Pinot Noirs. Die Winzerfamilie Donatsch
gehört zu den Pionieren des Weinanbaus in
der Region. Es versteht sich deshalb von
selbst, dass Kellermeister Hans Rhyner
auch die Gewächse der Bündner Herrschaft
berücksichtigt.
Grösste MagnumflaschenSammlung der Schweiz
Das «Weiss Kreuz» verfügt über zwei Weinkeller. Im ersten lagern Trouvaillen, etwa aus
der Schweiz, Österreich, Deutschland, Spanien und Portugal. Im zweiten präsentieren
sich Raritäten aus Frankreich, unter anderem
eine Auswahl der besten Weine aus dem
Bordeaux und dem Burgund – beispielsweise auch etliche Flaschen des Kultwinzers
Coche Dury. «Diese werden praktisch nicht
auf dem Markt gehandelt», weiss Hans
Rhyner. Durch sein grosses Netzwerk zu
internationalen Winzern und Weinenthusiasten kann er aber immer wieder solche
grossen Weine erwerben.
Wichtig für den Weinkenner ist, dass das
Preis-/Leistungsverhältnis stimmt. «Es gibt
sehr gute Weine für wenig Geld. Und diese
zu finden, ist für mich eine Herausforderung»,
erklärt er. Für das «Weiss Kreuz» hat er eine
besondere Idee: Er will im dritten Weinkeller,
der im Mai eröffnet werden soll, die grösste
Magnumflaschen-Sammlung der Schweiz
aufbauen. «Das wird etwas Grossartiges»,
ist der Weinprofi überzeugt. Trinken denn die
Gäste so gerne Weine aus Grossflaschen?
«Zu viert mag man schon eine eineinhalb Liter
grosse Magnumflasche», erklärt Iris Petermann. Und Hans Rhyner ergänzt: «Der Wein
aus grossen Flaschen ist zudem qualitativ
besser.» Die beiden überlegen deshalb, diese
Weine auch im Offenausschank anzubieten.
Iris Petermann schätzt die Zusammenarbeit
mit Hans Rhyner sehr. Auch die Gäste freut
es, wenn er vor Ort ist. «Er zeigt ihnen den
Weinkeller und erzählt ihnen dazu ein paar
Hintergrundgeschichten zum Wein», sagt
sie. Der Weinexperte macht regelmässig
Weinreisen. «Wenn man bei den Winzern
und Winzerinnen vor Ort ist und sieht, wie
diese mit viel Freude und riesigem Einsatz
aus 17 uralten Rebstöcken eine Flasche
hervorragenden Weins machen, ist das ein
Erlebnis, das man nicht vergisst», schwärmt
er. «Solche Geschichten erzähle ich mit
Begeisterung weiter.» Das muss sich bei den
Gästen bereits herumgesprochen haben. Sie
kehren immer wieder gerne im «Weiss Kreuz»
ein. Nicht nur wegen der Anekdoten des
Kellermeisters, sondern weil das gesamte
Angebot überzeugt.