INHALT GRUSSWORT Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) WEITERES PROGRAMM PROGRAMM.....................................................................2 Pressekonferenz und Eröffnung am 27. Mai 2016, Veranstaltungshinweise in Venedig „Der Umzug der Menschheit“ – Symposium des Bund Deutscher Architekten (BDA) Buchpräsentation „Germania, Venezia. Die deutschen Beiträge zur Architekturbiennale Venedig seit 1991“ FAKTEN, TEAM UND KONTAKTE................................5 Performing Architecture, Goethe-Institut KONZEPT Making Heimat. Germany, Arrival Country......................8 STATEMENTS ZUR ÖFFNUNG DES DEUTSCHEN PAVILLONS....................................................................13 Werner Durth: Aufbrüche. Zum deutschen Beitrag 2016 Andreas Hild: Dornröschens Erwachen Christoph Ingenhoven: Café Deutschland PUBLIKATION................................................................18 ARRIVAL CITIES?..........................................................19 Fragen und Zitate BIOGRAFIEN..................................................................24 Peter Cachola Schmal Oliver Elser Anna Scheuermann Doug Saunders Something Fantastic (Elena Schütz, Julian Schubert, Leo Streich) SPONSOREN UND PARTNER......................................26 DEUTSCHES ARCHITEKTURMUSEUM SOMETHING FANTASTIC 1 PROGRAMM Pressekonferenz 27.5.2016, 11 Uhr Es sprechen: - Barbara Hendricks, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit - Peter Cachola Schmal, Generalkommissar und Direktor Deutsches Architekturmuseum - Oliver Elser, Kurator Deutsches Architekturmuseum - Anna Scheuermann, Projektkoordinatorin - Doug Saunders, Autor Arrival City: How the Largest Migration in History Is Reshaping Our World Offizielle Eröffnung 27.5.2016, 12:30 Uhr Es sprechen: - Barbara Hendricks, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit - Peter Cachola Schmal, Generalkommissar und Direktor Deutsches Architekturmuseum - Oliver Elser, Kurator Deutsches Architekturmuseum - Anna Scheuermann, Projektkoordinatorin DEUTSCHES ARCHITEKTURMUSEUM SOMETHING FANTASTIC 2 WEITERES PROGRAMM Samstag 28.5.2016 Deutscher Pavillon 11 – 13 Uhr „Der Umzug der Menschheit“ – Symposium des Bund Deutscher Architekten (BDA) Einführung: Heiner Farwick, Peter Cachola Schmal, „Integration als Aufgabe von Stadt und Architektur“: Barbara Hendricks, Diskussion: Naika Foroutan (angefragt), Hans Joachim Schellnhuber, Doug Saunders, Thomas Willemeit, Moderation: Matthias Böttger 13 – 14:30 Uhr Buchpräsentation „Germania, Venezia. Die deutschen Beiträge zur Architekturbiennale Venedig seit 1991“ Mit Gunther Adler, Oliver Elser, Francesca Ferguson, Burkhard Grashorn, Verena Hartbaum, Peter Cachola Schmal + Stephan Trüby, Moderation: Florian Heilmeyer HINWEIS Performing Architecture - Goethe-Institut 26. – 29.5.2016 Chiesa della Misericordia/Campo de l'Abazia, 30121 Cannaregio www.goethe.de/performingarchitecture In Act and Thought - A Score for Six Performers 26. - 27.5.2016, 19 und 21 Uhr Tanz-Performance von Fabrice Mazliah, mit Katja Cheraneva, Frances Chiaverini, Josh Johnson, David Kern, Yasutake Shimaji, Ildikó Tóth 3 ARCH+ features #50 28.5.2016, 16 Uhr Diskussion mit Armen Avanessian, Arno Brandlhuber, Christian Kerez, Erica Overmeer, Christopher Roth, Moderation: Sandra Oehy + Anh-Linh Ngo Culinary Lessons 29.5.2016, 14:30 Uhr Gespräch mit Tobias Rehberger, Sanford Kwinter, Daniel Birnbaum, Jan Åman, Fabrice Mazliah, Johan Bettum et al. Matinee der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen (AKH) „Ein regionaler Blick auf globale Herausforderungen“ 29.5.2016, 11 Uhr Palazzo Contarini Polignac, 874 Dorsoduro, 30123 Venezia Gesprächsrunde mit Peter Cachola Schmal, Oliver Elser, Brigitte Holz, Werner Durth (angefragt) und Horst Schneider, Moderation: Isabella Göring 4 FAKTEN, TEAM UND KONTAKTE ORT PUBLIKATION Deutscher Pavillon Giardini della Biennale 30122 Venedig, Italien Making Heimat. Germany, Arrival Country Herausgeber: Peter Cachola Schmal, Oliver Elser, Anna Scheuermann Erscheint im Hatje Cantz Verlag, 2016 Englisch/Deutsch, ISBN 978-3-7757-4141-5 DATEN Ausstellung 28. Mai – 27. November 2016 10 – 18 Uhr, montags geschlossen (außer am 30. Mai, 5. September, 31. Oktober und 21. November 2016) Eintritt zu den Biennale Ausstellungen: 30 Euro (48 Stunden gültig), 25 Euro (einmaliger Besuch des Arsenals und der Giardini) Reduziert bis 26 Jahre: 22 Euro Eintritt frei für Kinder bis 6 Jahre Weitere Informationen zu Gruppentickets, Dauerkarten und Kombitickets, unter: www.labiennale.org WEBSITE / SOCIAL MEDIA www.makingheimat.de Facebook: www.facebook.com/architekturmuseum Twitter/Periscope: @DAM_ArchMuseum Instagram: @makingheimat #makingheimat Professional Preview 26. – 27. Mai 2016 Pressekonferenz Deutscher Pavillon 27. Mai, 11 Uhr Eröffnung Deutscher Pavillon 27. Mai 2016, 12:30 Uhr Die Ausstellung Making Heimat. Germany, Arrival Country wird im Frühjahr 2017 im Deutschen Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt am Main gezeigt. 5 TEAM Das Deutsche Architekturmuseum (DAM) wurde durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit beauftragt, den Deutschen Pavillon auf der 15. Internationalen Architekturausstellung 2016 – La Biennale di Venezia zu kuratieren. Generalkommissar Peter Cachola Schmal, Direktor DAM Kurator Oliver Elser, Kurator DAM Projektkoordinatorin Anna Scheuermann Berater Doug Saunders, Toronto Kai Vöckler, Offenbach Kuratorischer Assistent Felix Torkar Rechercheassistenz Tiziana Agus Gala von Nettelbladt Grafische Gestaltung und Ausstellungsgestaltung Something Fantastic, Berlin: Elena Schütz, Julian Schubert, Leonard Streich mit Julius Fischötter, Marius Helten, Ruben Bernegger, Charlotte Schönberger Kontaktarchitekten in Venedig Clemens F. Kusch und Martin Weigert, cfk architetti Eventmanager in Venedig Solmarino: Tomas Ewald Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation BUREAU N cultural communications: Julia Albani, Joanna Kamm, Silke Neumann, Joanne Pouzenc, Sören Zuppke DAM: Brita Köhler, Stefanie Lampe Locationscout Offenbach Urban Media Project: Loimi Brautmann Administration Inka Plechaty, Jacqueline Brauer DEUTSCHES ARCHITEKTURMUSEUM SOMETHING FANTASTIC 6 PRESSEBILDER Hochauflösendes Bildmaterial: www.makingheimat.de/#presse KONTAKT Deutsches Architekturmuseum (DAM) Schaumainkai 43 60596 Frankfurt am Main Tel +49.69.212 38844 [email protected] www.dam-online.de PRESSEKONTAKT BUREAU N cultural communications Naunynstraße 38 10999 Berlin Tel +49.30.627.36102 [email protected] www.bureau-n.de 7 KONZEPT Making Heimat. Germany, Arrival Country Deutscher Pavillon 15. Internationale Architekturausstellung 2016 – La Biennale di Venezia 28. Mai – 27. November 2016 Das Deutsche Architekturmuseum (DAM) realisiert im Deutschen Pavillon auf der 15. Internationalen Architekturausstellung 2016 – La Biennale di Venezia die Ausstellung Making Heimat. Germany, Arrival Country. Die inhaltliche Verantwortung für den deutschen Beitrag tragen Peter Cachola Schmal, Generalkommissar und Direktor des Deutschen Architekturmuseums, Oliver Elser, Kurator am Deutschen Architekturmuseum und die Projektkoordinatorin Anna Scheuermann. Das Berliner Architekturbüro Something Fantastic ist für den gestalterischen Gesamtauftritt des Deutschen Pavillons verantwortlich. Vier große Öffnungen, für die mehr als 48 Tonnen Ziegelsteine aus den denkmalgeschützten Wänden gebrochen wurden, verwandeln den Deutschen Pavillon in ein offenes Haus. Der Pavillon ist offen. Deutschland ist offen. Im vergangenen Jahr wurden die deutschen Grenzen für über eine Million Flüchtlinge offengehalten. Obwohl die Außengrenzen der EU aktuell für Flüchtlinge weitgehend geschlossen wurden, fordert die Geste des offenen Hauses dazu auf, über Deutschland als offenes Einwanderungsland nachzudenken. Mit der Ausstellung Making Heimat. Germany, Arrival Country stellt das DAM Thesen und Beispiele aus deutschen Arrival Cities (Ankunftsstadtvierteln) zur Diskussion, die gemeinsam mit dem kanadischen Autor Doug Saunders entwickelt wurden. Sein Buch Arrival City. Die neue Völkerwanderung diente als Vorlage für einen auch in Deutschland fälligen Perspektivwechsel auf Einwandererviertel. Diese werden meist als Problemviertel bezeichnet, bieten ihren Bewohnern und Neuankömmlingen aber die wichtigsten Voraussetzungen einer Arrival City: Kostengünstiger Wohnraum, Zugang zu Arbeitsplätzen, kleinteilige Gewerbeflächen, gute Verkehrsanbindungen, Netzwerke anderer Einwanderer derselben Kultur und nicht zuletzt eine Haltung der Toleranz, die auch das Akzeptieren informeller Praktiken einschließt. Bevor jedoch aus vielen der Neuankömmlinge reguläre Einwanderer werden können, leben gegenwärtig Tausende von Flüchtlingen in Deutschland in Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften. Deren architektonische Qualität wird anhand von Beispielen, die aus der Datenbank www.makingheimat.de ausgewählt wurden, in einem speziell dieser Bauaufgabe gewidmeten Ausstellungsraum vorgestellt. Das wachsende Archiv der realisierten und aktuell in Deutschland sowie in Europa entstehenden Flüchtlingsbauten bietet einen umfangreichen Einblick in die Realität und fordert dazu auf, den dringenden Bedarf an kostengünstigem und qualitätsvollem Wohnraum zu decken. Hierin liegt eine der zentralen Voraussetzungen für einen erfolgreichen Integrationsprozess. 8 Das offene Haus Die Öffnung des Deutschen Pavillons und seine Verwandlung in einen lebendigen öffentlichen Raum wurden zusammen mit Something Fantastic entwickelt. Für die Berliner Architekten ist die Öffnung des Pavillons nicht nur ein politisches, städtebauliches und architektonisches Statement, sondern auch eine Willkommensgeste für die Ausstellungsbesucher. Sie bieten Sitzinseln im Innen- und Außenraum, freies WLAN, Strom, weiße Plastikstühle und, an den Eröffnungstagen, einen Ayranbrunnen, der von einem libanesischen Gastronomen aus Mestre, der Arrival City Venedigs, betrieben wird. Something Fantastic haben im Rahmen ihrer Lehrtätigkeit an der ETH Zürich zahlreiche internationale Arrival Cities besucht und orientieren sich bei ihrem gestalterischen Gesamtkonzept für den Deutschen Pavillon an den pragmatischen, improvisierten und effektiven Gestaltungsprinzipien der Arrival Cities. Die im Copyshop auf bunte Papiere gedruckten Ausstellungstexte wurden auf die Wand tapeziert, die zur Schließung der Wände bereitgestellten Ziegelsteine werden als Tresen und Sitzmöbel verwendet. Nach Ablauf der Ausstellung werden die Öffnungen gemäß Auflage der Denkmalschutzbehörde wieder zugemauert. Für die Dauer der Biennale wird es von Mai bis November 2016 keine geschlossenen Türen im Deutschen Pavillon geben. Tag und Nacht steht er offen. Denkmalschutz Die Öffnung der Wände wurde mit Emanuela Carpani, der Leiterin der venezianischen Denkmalschutzbehörde, bis ins Detail abgestimmt. Die dreiseitigen Stahlrahmen sind erdbebensicher ausgeführt. Sie werden im Zuge des Rückbaus wieder entfernt. Dennoch ist nicht zu leugnen, dass massiv in die Denkmalsubstanz eingegriffen wurde und dass der Deutsche Pavillon dadurch neu interpretiert wird. Zwei Architekten und ein Architekturhistoriker wurden daher gebeten, Stellung zu beziehen: - Prof. Dr.-Ing. Werner Durth, Vorsitzender der Auswahlkommission für den deutschen Beitrag zur Architekturbiennale 2016 - Prof. Andreas Hild, Lehrstuhl für Entwerfen, Umbau und Denkmalpflege der TU München - Christoph Ingenhoven, Inhaber von ingenhoven architects, Düsseldorf Die Statements liegen der Pressemappe bei. 9 “Reporting from the Front” Das Leitmotiv der diesjährigen Architekturbiennale wurde durch den Direktor Alejandro Aravena als Aufruf an die teilnehmenden Architekten und Kuratoren formuliert: „Reporting from the Front“. Die Ausstellung im Deutschen Pavillon nimmt darauf in zweifacher Weise Bezug. Zum einen, indem das „Reporting“ im Vordergrund steht, also das Eintauchen in die Wirklichkeit auf dem Wege eines Reports über die realen Zustände. Rund die Hälfte der Autorinnen und Autoren des Katalogs sind Journalisten, die aus deutschen Arrival Cities berichten. Zum anderen wird die Frage, wo gegenwärtig in Deutschland eine „Front“ verläuft, von der es zu berichten lohnt, so beantwortet: Deutschland steht gegenwärtig international für eine beispiellose Flüchtlingspolitik. „Reporting from the Front“, das wird durch Making Heimat. Germany, Arrival Country in Form von Reportagen aus Deutschland interpretiert, die den beiden Themenkomplexen „Einwanderung und Arrival Cities“ und „Bauen für Flüchtlinge“ gewidmet sind. 8 Thesen zur Arrival City In enger Zusammenarbeit mit Doug Saunders wurden acht Thesen zur Arrival City erarbeitet. Mit diesen Thesen stellt das DAM die Frage, welche architektonischen und städtebaulichen Bedingungen in den Arrival Cities gegeben sein müssen, damit sich Einwanderer in Deutschland erfolgreich integrieren können. Wenn sich die Fehler der 1960er- und 1970er-Jahre nicht wiederholen sollen, dürfen die Neubürger nicht als Gäste behandelt werden, die jederzeit wieder nach Hause geschickt werden können. Sie müssen die Chance bekommen, dass Deutschland zu ihrer zweiten Heimat wird. Einwanderer schließen sich mit ihresgleichen zusammen. So entstehen ganz ohne Planung, eine Vielzahl von Arrival Cities. Doug Saunders definiert sie folgendermaßen: „The Arrival City is a City within a City“. Der kanadische Journalist und Bestsellerautor hat weltweit Arrival Cities besucht. Seine Beobachtungen stützen sich auf Besuche in Slums und Favelas. Diese Viertel sind und bleiben arm, aber sie haben eine hohe Fluktuation. Für viele sind sie Durchgangsstationen in ein besseres Leben. Die Ankunftsstädte in Deutschland entstehen nicht durch die prozentuale Verteilung von Asylsuchenden und nicht unter den Bedingungen der gerade wieder diskutierten „Residenzpflicht“, sondern in urbanen Zonen. Dieses Modell der Arrival City wird in der Ausstellung auf Beispiele aus Deutschland angewendet. Eines davon ist die Offenbacher Innenstadt, ein weiteres das Dong Xuan Center in Berlin-Lichtenberg, ein vietnamesischer Großmarkt, in dem vieles gänzlich anders funktioniert, als man es in Deutschland gewohnt ist. Die aktuelle Flüchtlingssituation und die Anforderungen an eine Arrival City berühren sich an einem entscheidenden Punkt: Es gibt in Deutschland eine Wohnungskrise. Schon lange wird über kostengünstiges Wohnen diskutiert – nun ist die Situation da, in der konkrete 10 Lösungen tatsächlich umgesetzt werden müssten. Bezahlbarer Wohnraum muss für alle entstehen. Auch, aber nicht nur, für Flüchtlinge und Migranten. Die Arrival City ist eine Stadt in der Stadt. Die Arrival City ist bezahlbar. Die Arrival City ist gut erreichbar und bietet Arbeit. Die Arrival City ist informell. Die Arrival City ist selbst gebaut. Die Arrival City ist im Erdgeschoss. Die Arrival City ist ein Netzwerk von Einwanderern. Die Arrival City braucht die besten Schulen. Datenbank Flüchtlingsbauten Die im Pavillon präsentierten Bauten sind eine Auswahl der Flüchtlingsunterkünfte, die vom DAM auf der Webseite www.makingheimat.de gesammelt werden. Die Auswahl soll nicht werten, sondern gebaute Prototypen präsentieren. Neben der architektonischen Gestaltung und der städtebaulichen Gruppierung hängt die Qualität eines Wohngebäudes für Flüchtlinge wesentlich vom Standort und der Entfernung zur nächsten Arrival City ab, von den Umständen der Betreuung vor Ort und nicht zuletzt von der Frage der individuellen Zukunftsperspektive. Wie lange und unter welchen Umständen wohnt man dort? Die Projekte sollen nach der Fertigstellung weiter vom DAM begleitet werden. Ab Februar 2017 wird eine aktualisierte Fassung der Ausstellung Making Heimat im DAM in Frankfurt zu sehen sein. Die Partner bei der Erstellung der Datenbank sind die Architekturzeitschrift Bauwelt und der „Berlin Award 2016 – Heimat in der Fremde“, ein internationaler Projektaufruf des Landes Berlin zu innovativen Konzepten der Flüchtlingsunterbringung. Heimat Heimat ist ein deutscher Begriff, der sich schlecht in andere Sprachen übersetzen lässt. Weder „home“, „homeland“ oder „home country“ im Englischen, noch „casa“ oder „patria“ im Italienischen und Spanischen umfassen die Vielfalt der Deutungen im Deutschen. Heimat ist ein individuelles „sich zuhause fühlen“. Mit dem Titel Making Heimat wird nach den Bedingungen für ein dauerhaftes Leben in der neuen Heimat gefragt. Denn es ist davon auszugehen, dass viele Migranten nicht wieder in ihre alte Heimat zurückkehren können. 11 Katalog Der begleitende Katalog erscheint bei Hatje Cantz mit Textbeiträgen u.a. von Doug Saunders, Jürgen Friedrichs, Stefan Rettich, Amber Sayah, Marietta Schwarz, Walter Siebel, Peter Cachola Schmal, Oliver Elser und Anna Scheuermann, sowie Interviews von Kai Vöckler mit Friedrich Heckmann und Matthias Schulze-Böing. Für die Bildstrecken hat das DAM u.a. den Fotografen Kiên Hoàng Lê mit einer Reportage über das Dong Xuan Center beauftragt. (deutsch/english, ISBN 978-3-7757-4141-5 ) Auswahlverfahren und Beauftragung Das Ausstellungskonzept für den Deutschen Pavillon wurde durch eine Jury in einem offenen Auswahlverfahren von Juni bis Oktober 2015 bestimmt und entsteht im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). 12 STATEMENTS ZUR ÖFFNUNG DES DEUTSCHEN PAVILLONS Aufbrüche. Zum deutschen Beitrag 2016 Am Anfang war das Thema. „Making Heimat“ ist die Antwort auf die massenhafte Zuwanderung von Flüchtlingen, die 2015 Europa erschütterte und Deutschland fast zerriss. Von den einen wurden die Schutzsuchenden mit Freude und Mitleid empfangen, den anderen konnten sie gar nicht schnell genug wieder verschwinden. Der deutsche Beitrag zur Architekturbiennale 2016 mischt sich ein. Er fragt nach den Gefahren und Chancen dieses Aufbruchs nach Deutschland. Den thematischen Kontext ihrer Argumentation fanden die Kuratoren in den Thesen des welterfahrenen Doug Saunders. Den räumlichen Rahmen gab der Deutsche Pavillon vor. Er galt seit seiner Neugestaltung 1938 als Programmbau nationalsozialistischer Herrschaft. In seiner stillen Wucht und hermetischen Ordnung war dieser Bau, zu dem die Bezeichnung „Pavillon“ nicht so recht passen mag, als Ort kultureller Selbstdarstellung der Bundesrepublik seit Jahrzehnten immer wieder Gegenstand der Kritik, bis hin zur Forderung nach Abbruch und Neubau eines anderen Pavillons im Habitus „demokratischer“ Architektur – was auch immer das sei. Die Geschichte, die Gestalt und die Formensprache dieses Gebäudes provozierten immer wieder die Auseinandersetzung mit ihm. So wurde es durch künstlerische Interventionen wiederholt gestört, verfremdet, überformt oder ausgeblendet. Man denke nur an die starken Bilder zertrümmerter Bodenplatten nach der Aktion Hans Haackes 1993 oder an verschiedene Beiträge zur Architekturbiennale, die ihre Präsentationen demonstrativ in Kontrast setzten zur Baukunst des Jahres 1938, zuletzt 2014 in Kollision mit der Nachkriegsmoderne durch Einbau von Elementen des Bonner Kanzlerbungalows von Sep Ruf. In diesem Jahr scheinen die Mauern unter dem Druck der Ereignisse aufgebrochen, perforiert und auf Zeit provisorisch geöffnet worden zu sein. Auf den zweiten Blick begegnet uns der Pavillon mit einer Botschaft: Was da kam, ließ sich nicht aufhalten, ist eingedrungen in das Haus mit seinen wehrhaften Mauern. Drinnen sehen wir Unterkünfte zur Linderung der größten Not, daneben Projekte neuen Wohnbaus, die nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für Wohnungssuchende aus unterschiedlichen Schichten der deutschen Bevölkerung konzipiert sind. Durch die Öffnungen in der Fassade, die von außen gesehen eben noch die Wahrnehmung irritierten, gewinnt das Gebäude im Inneren temporär eine neue Qualität. Sie stellt jedoch nicht die Architektur in ihrer Tauglichkeit als Ausstellungsraum grundsätzlich in Frage. Denn offensichtlich ist die Maßnahme reversibel, die ausgebrochenen Steine liegen zur Reparatur bereit. Während Zug um Zug einzelne Staaten ihre Grenzen schließen, um die Festung Europa zu sichern, werden in Venedig Mauern geöffnet, zunächst nur für einen Sommer, als Ermutigung für eine andere Politik im Geist der Einheit Europas, in Verpflichtung auf die unantastbare Würde des Menschen. Prof. Dr.-Ing. Werner Durth Leiter des Fachgebiets Geschichte und Theorie der Architektur, TU Darmstadt Vorsitzender der Auswahlkommission für den deutschen Beitrag zur Architekturbiennale 2016 13 Dornröschens Erwachen „Selbst ein wenig überrascht“ sind die Kommissare des Deutschen Pavillons darüber, dass der italienische Denkmalschutz die Wandeinschnitte in dem historischen Gebäude des Pavillons genehmigt hat. Und das ausgerechnet am Entstehungsort der Charta von Venedig. Zwar sind die nun realisierten Eingriffe ganz im Sinne der international anerkannten Richtlinie sowohl ablesbar als auch reversibel. Dennoch: Der damit einhergehende Substanzverlust wiegt schwer, die Integrität des Denkmals wird zweifellos berührt. Darf man das erlauben? Oder muss man es unter den gegebenen Umständen vielleicht sogar erlauben? Baulicher Denkmalschutz lässt sich verstehen als der Versuch, ein Gebäude in einem bestimmten Zustand zu konservieren. Das Denkmal wird für die Gegenwart erhalten und ist dem Heute der Jetztzeit doch in entscheidendem Maße entrückt. Ganz ähnlich wie in dem Märchen der Gebrüder Grimm kann die gute Fee das Dornröschen seinem sicheren Untergang nur durch einen abgemilderten Gegenzauber entreißen: „Es soll aber kein Tod sein, sondern ein hundertjähriger tiefer Schlaf.“ Um das ganze Schloss mit der schlummernden Königstochter wächst alsbald eine schützende Dornenhecke. Auch der widersprüchliche Zustand des für die Gegenwart erhaltenen und zugleich der Gegenwart entrückten Denkmals lässt sich üblicherweise nicht in Frage stellten. Eine „Hecke“ aus Vorschriften und rechtlichen Beschränkungen schirmt es gegenüber allen Zugriffen ab. Es ist nicht vorgesehen, dass die Dornen sich öffnen, um das Gebäude in neue Sinnzusammenhänge zu stellen. Gleich den vielen Königssöhnen im Märchen bleibt in der Hecke der Einschränkungen hängen wer versucht, den Schwebezustand des Gebäudes zu ändern. Doch jedes Denkmal verdankt seine Existenz als Denkmal einem gesellschaftlichen Diskurs. Der in den Jahren 1938 und 2016 umgebaute Pavillon verweist in seiner aktuellen Gestalt auf zwei extreme Pole deutscher Geschichte. Offenbar ist der gegenwärtige Wandel des Bildes von Deutschland in der Welt ein Ereignis, das zumindest dem italienischen Denkmalschutz relevant genug erscheint, den trotz des geforderten Rückbaus erheblichen Eingriff hinzunehmen. Und dennoch ist gerade die Frage des Rückbaus entscheidend für die Legitimation der gesamten Maßnahme. Es macht keinen Sinn, das Dornröschen nur kurz zu erwecken und danach sofort wieder schlafen zu lassen. Es macht keinen Sinn, die Hecke kurz zu öffnen und sofort wieder zu verschließen. Der Substanzverlust und die Integrität des Denkmals sind dadurch kaum rückgängig zu machen. Würde künftig jeder Kommissar einen solchen Eingriff fordern, wäre von dem Originalgebäude bald nichts mehr übrig. Wenn aber die Metapher der Öffnung mehr darstellt als nur ein temporäres Ausstellungskonzept, dann könnte es gelingen, dem Haus neues Leben einzuhauchen, neue Möglichkeiten für Lesbarkeiten herzustellen, im Wortsinn einen neuen Zugang zu eröffnen – dann ist der Eingriff nicht nur möglich, sondern vielleicht sogar richtig und wichtig. Als historisches Relikt ist jedes Denkmal in eine Kontinuität eingebettet. Es wird dann lebendig, wenn man zeigt, dass die Gegebenheiten, die ihm zugrunde liegen, dem Wandel unterliegen. Insofern wäre mit dem gegenwärtigen Eingriff ein Moment genutzt, das Gebäude zu verwandeln, wie sich auch Deutschland gegenwärtig verwandelt. Aber – auch da trifft 14 sich das Bild mit der Wirklichkeit – die Öffnung der Grenzen muss mehr sein als eine große Geste, mehr als ein kurzlebiger Akt der Großzügigkeit. Die neue Offenheit muss, will sie tatsächlich etwas bewirken, Spuren hinterlassen, zu einem Teil der deutschen Gesellschaft werden. Ob die Veränderung des deutschen Pavillons die Kraft hat, als architektonische Weiterentwicklung zu bestehen, wird man sehen. Auch das ein Aspekt, den sie mit der großen deutschen Verwandlung gemein hat. Prof. Andreas Hild Lehrstuhl für Entwerfen, Umbau und Denkmalpflege, TU München Inhaber von Hild und K Architekten, München 15 Café Deutschland „A hole to see the sky through“ - das war eine kleine weiße Postkarte mit einem kreisrunden Loch in der Mitte, die Yoko Ono 1972 auf der Dokumenta zeigte. „(…)there is a crack, a crack in everything, that’s how the light gets in“ sagt Leonard Cohen. Und nun machen die vier Löcher in den ungeliebten deutschen Pavillon! Bislang war sich der deutsche Pavillon selbst genug, wie sich ja die ganze Biennale und die Giardini selbst genug sind bis heute, eine ewige Selbstbespiegelung der Architekten und ihrer Bewunderer. Dies ist nun vorbei, das Licht, die Welt drängt in die Szene, und es ist noch nicht entschieden, ob diesmal unter dem Druck der äußeren Entwicklungen, Global Warming, Global Financial Crisis, Kriege, Hunger, Armut, soziale Ungleichheit, Informationsflut, europäische Krise, Flüchtlingskrise, anders als bisher, die Architekten wirklich in der Lage sind, von der Welt Notiz zu nehmen und von ihr zu lernen, statt ihrerseits die Welt zu belehren. Bislang waren noch immer Wissenschaftler, Ingenieure, ja die ganze Welt schneller und weiter als die in ihrem fatalen Kunstbegriff befangenen Architekten. Als Corbusier die Schönheit der Technik für sich entdeckte, gab es diese Schönheit bereits, geschaffen von eben diesen Ingenieuren und Wissenschaftlern, die nicht auf die Architekten gewartet hatten. Nun ist die Selbstbespiegelung noch nicht vorbei, ja, sie könnte in diesem Jahr sogar einen weiteren Höhepunkt erlangen, wenn sich unter dem etwas martialischen Titel „Reporting from the Front“ herausstellen sollte, dass Architekten wieder meinen, die Welt müsste an ihren Ideen genesen, statt sich als ein Teil einer an der Lösung der Weltthemen arbeitenden Gemeinschaft von Wissenschaftlern, Forschern, Politikern und Aktivisten, zu verstehen. Als ob die Welt auf uns gewartet hätte, um bei der Lösung ihrer sozialen und katastrophalen Probleme von uns ästhetisch oder wie auch immer belehrt zu werden. Es gibt aber auch Hoffnung, dass sich etwas Substantielles im Selbstverständnis der Architekten ändert, sie starten allerdings von weit hinten. So haben Architekten bislang noch immer getan, was möglich war, nur weil es möglich war, selten haben sie daran mitgewirkt, diese Möglichkeiten zu schaffen oder zu erweitern, noch seltener haben wir bewusste Selbstbeschränkung betrieben und nicht getan, was möglich, sondern was sinnvoll und angemessen ist. Es wird sich erweisen müssen, ob nun die Chance gegeben ist, dies zu ändern, oder ob diesmal unter dem Begriff des Sozialen eine weitere Runde im Fegefeuer der Eitelkeiten aufgerufen wird. Man kann nun die Welt auch außerhalb des Pavillons sehen und wahrnehmen, dass man am Wasser und Teil eines der bezauberndsten Panoramen der Welt ist, dass wir all die weißen Wände nicht brauchen, um etwas von der Welt zu erfahren, dass das Leben da draußen ist und nicht in den noch so gut gemeinten Inszenierungen drinnen. Und die Welt kann in den Pavillon eindringen, einfließen. Der interessanteste Ort auf der Biennale war schon immer das Café Paradiso, wo wenigstens der Illusion gehuldigt wurde, es gäbe Kommunikation unter Architekten, wenn schon alle anderen draußen bleiben. Wo sind die Ingenieure, Konstrukteure, Handwerker, die Bauindustrie, die Bewohner, die Bauherren gewesen all die Jahre, wieso glauben wir Architekten, wir könnten ohne diese überhaupt etwas Sinnvolles zustande bringen? 16 Wie sieht die Zukunft des deutschen Pavillons nach diesem Eingriff der vier Fenster aus? Es könnte beim nächsten Mal eine Art Café Deutschland daraus geworden sein, die Fenster als erster Bauabschnitt einer noch weitergehenden Öffnung und Umwandlung von einem Ort der Ausstellung und Präsentation zu einem Ort des Seins und des Austauschs mit anderen? Oder die Fenster könnten der Auftakt zu einem wirklichen Eindringen der Welt in den Pavillon sein, einer Rückeroberung durch die Natur, einer ungeplanten und spontanen Ruinierung des Repräsentativen und Offiziellen und der Wiedergewinnung des Natürlichen? Sicher auch unter ästhetischen Gesichtspunkten reizvoll und logisch. Wie auch immer, man sollte die Öffnungen jedenfalls nicht rückgängig machen, ich wünsche dem Deutschen Pavillon eine Welt, die in ihn eintreten möchte und dort etwas Interessantes vermutet, etwas, was der Mühe des sich durch-die-FensterZwängens wert ist. Christoph Ingenhoven Inhaber von ingenhoven architects, Düsseldorf 17 PUBLIKATION Der Katalog zur Ausstellung Making Heimat. Germany, Arrival Country im Deutschen Pavillon auf der 15. Internationalen Architekturausstellung 2016 – La Biennale di Venezia erscheint zur Ausstellungseröffnung im Hatje Cantz Verlag. Making Heimat. Germany, Arrival Country MAKING HEIMAT M Hrsg. Peter Cachola Schmal, Oliver Elser, Anna Scheuermann A Mit Beiträgen von Anneke Bokern,INVESTIGATES Oliver Elser, Maren Harnack, Friedrich Heckmann, Christian Holl, Peter Körner, Mechthild Küpper, Stephan K URBAN, Lanz, Denise Peikert, Stefan Rettich, THE Doug Saunders, Amber Sayah, AnnaI Scheuermann, Peter Cachola Schmal, Matthias Schulze-Böing, Marietta ARCHITECTURAL, N Schwarz, Walter Siebel, Philipp Sturm, Kai Vöckler G AND Mit Fotos von die arge lola, Kirsten Bucher, Josephine Dannheisig/Christopher Domakis, LudovicSOCIAL Dusuzeau, Kiên Hoàng Lê, Jakob Huber, Tadeuz Jalocha, Peter Körner, Sonia Mangiapane, CristobalH CONDITIONS Palma, Judith Raum, Philipp Reiss, Jessica Schäfer, Stefanie Zofia Schulz, E Florian Thein, Felix Torkar OF I ARRIVAL CITIES M Gestaltung von Something Fantastic, Berlin IN A Englisch/Deutsch 304 Seiten, ca. 120 Abbildungen, Broschur, 13,50 x 21 cm T GERMANY. Making Heimat untersucht die urbanen, architektonischen makingheimat.de und Germany, Arrival Country sozialen Anforderungen an Find out how architects are working on refugee housing projects in Germany at makingheimat.de Arrival Cities in ISBN 978-3-7757-4141-5 9,80 Euro Deutschland. DEUTSCHES ARCHITEKTURMUSEUM SOMETHING FANTASTIC MAKING HEIMAT. GERMANY, ARRIVAL COUNTRY 15. Mostra Internazionale di Architettura Partecipazioni Nazionali GERMAN PAVILION AT THE 15TH INTERNATIONAL ARCHITECTURE EXHIBITION 2016 – LA BIENNALE DI VENEZIA DEUTSCHER PAVILLON AUF DER 15. INTERNATIONALEN ARCHITEKTURAUSSTELLUNG 2016 – LA BIENNALE DI VENEZIA PETER CACHOLA SCHMAL, OLIVER ELSER, ANNA SCHEUERMANN (EDS. / HRSG.) DEUTSCHES ARCHITEKTURMUSEUM SOMETHING FANTASTIC 18 ARRIVAL CITIES? FRAGEN UND ZITATE FÜHRUNG DURCH DEN KATALOG Wo werden Statistiken und Zahlen rund um das Thema Einwanderung in Deutschland vorgestellt? Zu- und Abwanderung, Herkunftsländer, Asylanträge……………………………………………………………….............…….S.16 – 17 Ausländeranteile, Verhältnis Großstadt zum Ankunftsviertel, Ausländeranteil in innerstädtischer Lage; Zu- und Fortzüge; ……………………………………………………………………………………………………………………………….S. 68 – 71 Netzwerke von Einwanderern (Türken, Polen, Vietnamesen)……...…..…………………………..…..………….....…...S. 200 – 204 Einwanderung und Ausbildung….……………………………………………………………..…………………………….………...S. 230 – 231 Einwanderung in Offenbach am Main………………………………………………………...……………………….……………..S. 244 – 247 Wie definiert Doug Saunders die Arrival Cities (Ankunftsstädte) im Kontext von Making Heimat. Germany, Arrival Country. Essay: An der Schwelle: Migrantenquartiere und die Architektur der Inklusion bei Doug Saunders…………….…S. 22 – 41 Interview mit Doug Saunders und Stephan Lanz…………………………………………………………………………….………..S. 42 – 55 Die Ankunftsstädte („Arrival Cities“), jene von Migranten geschaffenen Stadtbezirke, bergen Risiken und Chancen. Denn entweder bildet sich dort eine neue Klasse von Kreativen und Geschäftsleuten heraus, oder es kommt zum Ausbruch einer neuen Welle von Spannungen und Konflikten. Das jedoch hängt in hohem Maße von der organisatorischen und politischen Herangehensweise ab, vor allem aber von den physischen Strukturen und gebauten Formen. Wenn Immigranten erfolgreich sind, werden sie zu einem Teil des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens einer Stadt. Sie partizipieren nicht nur am politischen Leben der Stadt, sondern entwickeln sich auch ansonsten effektiver weiter. Existenzgründung oder abhängige Beschäftigung, das Leben in Hausgemeinschaften und das Zahlen von Steuern – all dies sind Vorgänge, die die politische Partizipation nicht nur zu einer Notwendigkeit, sondern zu einem Recht machen. Erst wenn die Migranten selbst die Befugnis, das Wissen und den Einfluss besitzen, um ihre Institutionen, ihre Lebensumstände und ihren physischen Raum zu gestalten, wird es möglich sein, sich von der alten Phrase zu verabschieden, man müsse „die Immigranten integrieren“. Wenn wir ihnen die Herrschaft über ihren Raum und ihr politisches Leben überlassen, werden sie sich selbst integrieren und werden neue Räume und Gemeinschaften schaffen, die auch uns nachhaltig verändern werden. Doug Saunders 19 Einblicke in die Realitäten von Migrationsprozessen mit dem Leiter des Europäischen Forums für Migrationsstudien. Interview: Friedrich Heckmann, im Gespräch mit Kai Vöckler……………………………………………………………..…S. 56 – 65 Wenn wir unter (internationaler) Migration den Wechsel des Lebensmittelpunktes über Landesgrenzen verstehen, dann bedeutet der Kauf von Wohneigentum eine noch stärkere Verlagerung von Interessen in und Bindungen an das neue Land als das Aufrechterhalten eines Mietverhältnisses. Der Erwerb von Wohneigentum ist also eine massive Investition in die Integration. Friedrich Heckmann Wie funktioniert Einwanderung in Deutschland? Essay: Die Arrival City und die Integration von Migranten bei Jürgen Friedrichs……………………………………..…S. 76 – 85 Doch in Deutschland wird nach Saunders eine Bedingung für erfolgreiche Integration verletzt: die Möglichkeit, rasch die deutsche Staatsbürgerschaft zu erwerben. […] Diesen Fehler sollten wir bei der Integration der neuen Migranten nicht wieder machen. Offenbar gilt: Je toleranter die rechtlichen Bedingungen für die Arbeits- und Wohnbedingungen der Migranten sind, desto eher werden sie in die Gesellschaft der Majorität integriert – und nicht (nur) in die der eigenen Minorität. Jürgen Friedrichs Zu Wohnungskrise, Förderungen, Bauland- und Immobilienspekulation – und was Architektur heute braucht um die Krise zu meistern. Essay: Steuern. Entschlacken. Beschleunigen. bei Stefan Rettich………………………………………………………………...S. 86 – 99 Offenbar führen vergleichbare Problemlagen auch zu gleichen Antworten und nebenbei zu einer neuen Sicht auf die Nachkriegsmoderne, die in einer ähnlichen Situation auf dieselben Konstruktionsmethoden setzte. Stefan Rettich 20 Wie unterstützen Jobs den Integrationsprozess? Essay: Integrationsmotor Arbeit bei Amber Sayah………………………………………………………………………………...S. 110 – 115 Dass von Konflikten zwischen Einheimischen und Zugewanderten selten zu hören ist, spricht dafür, dass das Zusammenleben klappt. Doch Jobs als Integrationsmotor sind kein Selbstläufer, Arbeit allein macht noch keine „Heimat“. Damit sich Fremde zu Hause fühlen können, sei das „Making“ an „Making Heimat“ mindestens ebenso wichtig, betont der Integrationsbeauftrage, also die gezielte Unterstützung und Förderung von Migranten durch Sprachkurse, Bildungspaten, Ausbildungsbegleiter, Sport- und Kulturvereine, private und öffentliche Stiftungen. Amber Sayah Was genau ist das Dong Xuan Center in Berlin-Lichtenberg? Einblicke und Bildstrecken. Foto-Essay bei Kiên Hoàng Lê………………………………………………………………………………..……………….…………S. 118 – 137 Essay: Herr Hien hilft bei Marietta Schwarz……………...………………………………………………………………………..S. 138 – 153 Was verbindet die Siedlung Praunheim von Ernst May (1929) mit Alejandro Aravenas Quinta Monroy (2002)? Essay: Neues Bauen in Frankfurt am Main und Iquique bei Peter Körner and Philipp Sturm………………….….S. 160 – 171 Um dennoch den dringend benötigten Wohnraum für gering verdienende Schichten und Flüchtlinge zu errichten, muss innovativ gedacht und gebaut sowie von bisherigen Standards und Normen abgerückt werden. Ganz gleich, welche Lockerungen der geltenden Bauvorschriften und welche Novellierungen im Bereich der Verwaltung erfolgen, darf nicht allein über Standards und Ästhetik der Architektur diskutiert werden. Peter Körner and Philipp Sturm 21 Wie funktioniert migrantische Selbstständigkeit? Und wo findet sie statt? Essay: The Arrival City ist kleinteilig verfügbar bei Maren Harnack and Christian Holl………………………..……S. 176 – 185 Sprechen wir von „Gettoisierung” in Deutschland? Wie funktionieren Einwanderungsquartiere? Essay: Einwanderungsquartiere: notwendige Stufen im Prozess der Integration bei Walter Siebel………………S. 220 – 227 Freier Wohnraum für die Unterbringung von Flüchtlingen findet sich vor allem außerhalb der prosperierenden Ballungsräume: in ländlichen Gebieten, in den altindustriellen Regionen an Ruhr und Saar und in den neuen Bundesländern, also in strukturschwachen Regionen. Allerdings sind dort die Arbeitsmärkte weniger aufnahmefähig und die Bildungskapazitäten unzureichend. Eine Residenzpflicht würde die Zuwanderer in diesen Regionen festhalten, also dort, wo ihre Integrationschancen besonders schlecht sind. Nachbarschaften zwischen deutschen Verlierern und nicht integrierten Zuwanderern stellen sich obendrein häufig in heruntergekommenen Wohnvierteln her, die ihren Bewohnern tagtäglich vor Augen führen, dass sie am Rand der Stadtgesellschaft leben. Doch bislang ist die Rede von Gettos oder Parallelgesellschaften in Deutschland keineswegs gerechtfertigt. Das ist immer noch eine theoretisch und empirisch unbegründete Zuspitzung der Situation. Unbegründet, denn in der international vergleichenden Forschung wird von einem ethnisch geprägten Viertel erst dann gesprochen, wenn der Anteil einer Ethnie an der Bevölkerung mindestens vierzig Prozent beträgt. Das ist in keiner deutschen Stadt der Fall. Die Bilder, die die Medien zurzeit vom Strom der Flüchtlinge über die Grenzen liefern, rühren jedoch noch an weit tieferen Ängsten. Grenzen haben ein Janusgesicht. Sie engen ein, sie beschränken Freiheiten, aber sie gewährenauch Schutz und Sicherheit. Die Aufhebung einer Grenze ist ein Akt von widersprüchlicher Symbolik. Er ist Befreiung, aber er kann auch tiefe Ängste wecken: vor Kontrollverlust und dem Zusammenbruch aller Ordnung und Sicherheit. Walter Siebel 22 Über Konsequenz und Relevanz von Ausbildung am Beispiel der Rütli-Schule Berlin Neukölln Essay: Die „schlimme Rütli“ und was danach passierte …………………………….…………………………………..….…..S. 234 – 241 Bauen ist Wertschätzung, Wertschätzung für Schüler und für Lehrer. Cordula Heckmann, Direktorin der Rütli-Schule in Berlin-Neukölln Er weiß, dass Schulen umso besser sein sollten, je schwerer es die Schüler – und ihre Eltern – im Leben haben. Mechthild Küpper Wie funktioniert Offenbach am Main, die Stadt in der 58 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund haben? Interview: Matthias Schulze-Böing im Gespräch mit Kai Vöckler…………………………………………………….……...S. 234 – 241 Essay: Offenbach-Porträts von Denise Peikert……………………………………………………………………………….….…..S. 265 – 285 Wir schauen uns zum Beispiel an, ob Menschen unterschiedlicher Nationalität und Herkunft in den Nachbarschaften nebeneinanderher oder wirklich zusammen leben. Sprechen die Menschen miteinander? Besuchen sie sich beziehungsweise gibt es gegenseitige Besuche bei Kindergeburtstagen? Unterstützen sie sich? Und: Vertreten sie ihre Interessen gemeinsam? All das ist Ausdruck gelingender Integration. Wir schaffen dafür Rahmenbedingungen, zum Beispiel durch Begegnungsstätten in den Quartieren, soziale Arbeit, gemeinsame Aktionen und Quartiersmanagement. Wir sehen Segregation deshalb als Herausforderung. Eine gute soziale Mischung ist aus unserer Sicht die beste Gewähr, dass sich die Menschen gut entfalten und ihre Chancen nutzen können, dass Fremdheit abgebaut wird und die Stadtgesellschaft in Balance kommt. Matthias Schulze-Böing 23 BIOGRAFIEN DAM Deutsches Architekturmuseum Peter Cachola Schmal * 1960 in Altötting. Vater aus München, Mutter aus den Philippinen. Aufenthalte in Multan/Pakistan, Mülheim/Ruhr, Jakarta/Indonesien, Holzminden und Baden-Baden. Architekturstudium an der TU Darmstadt. 1989 Mitarbeit bei Behnisch+Partner in Stuttgart und 1990 bis 1993 bei Eisenbach+Partner in Zeppelinheim. 1992 bis 1997 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Darmstadt. 1997 bis 2000 Lehrauftrag für Entwerfen an der FH Frankfurt. Seit 2000 Kurator und seit 2006 Direktor des DAM. 2007 Deutscher Generalkommissar VII. Internationale Architekturbiennale São Paulo. Oliver Elser * 1972 in Rüsselsheim. Architekturstudium in Berlin. 2003 bis 2007 Architekturkritiker und Journalist in Wien. Seit 2007 Kurator am DAM und Autor zahlreicher Beiträge in Zeitungen, Magazinen und Büchern. 2012/13 Vertretungsprofessor für Szenografie an der FH Mainz. Ausstellungen u.a.: Das Architekturmodell – Werkzeug, Fetisch, kleine Utopie, 2012; Die 387 Häuser des Peter Fritz (The 387 Houses of Peter Fritz) auf der Kunstbiennale Venedig, 2013; Mission: Postmodern. Heinrich Klotz und die Wunderkammer DAM, 2014. Anna Scheuermann, geb. Hesse * 1977 in Lahn-Gießen. Architekturstudium an der TU Darmstadt und am Tec de Monterrey in Querétaro/Mexiko. 2005/06 Volontariat am DAM. Seit 2006 freie Kuratorin und Autorin. 2007 Co-Kuratorin des deutschen Beitrags für die VII. Internationale Architekturbiennale São Paulo. Seit 2007 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für diverse Architektur- und Ingenieurbüros. Ausstellungen u.a.: schneider+schumacher, 2012; Nove Novos, 2013; Suomi Seven, 2014. 24 Doug Saunders * 1967 in Hamilton, Ontario/Kanada. Studium in Toronto. Seit 1995 Journalist bei der kanadischen Tageszeitung Globe and Mail, 2003 bis 2012 Leiter des Europabüros der Zeitung in London. Reportagen und Kolumnen u.a. fünf Mal mit dem „National Newspaper Award“ ausgezeichnet, dem kanadischen Pendant zum „Pulitzer-Preis“. Träger des „Donner Prize“ und des „Shaughnessy Cohen Prize for Political Writing". Nominiert für den „Gelber Prize“ (für das weltbeste Buch über internationale Angelegenheiten), 2011. Publikationen: Arrival City, 2010; The Myth of the Muslim Tide, 2012. Something Fantastic Something Fantastic wurde von den Architekten Leonard Streich, Julian Schubert und Elena Schütz gegründet. Sie lehren seit 2013 den Master of Advanced Studies im Bereich Städtebau am Lehrstuhl von Marc Angélil der ETH Zürich mit einem Fokus auf informelle und dynamische Stadtentwicklung. Andere Forschungs- und Lehrprojekte beinhalten Kollaborationen mit der Harvard University und der Yokohama GSA. Die Arbeit von Something Fantastic ist auf den Biennalen in Venedig, São Paulo und Shenzen ebenso wie in zahlreichen Museen, darunter das Museum of Modern Art (MoMA), gezeigt worden. Something Fantastic war für den Iakov Chernikov Prize nominiert, und ihre Gestaltungen haben zahlreiche Buchpreise erhalten. 2016 erscheinen die Publikationen Housing Cairo – The Informal Response (mit Marc Angélil and Charlotte Malterre-Barthes) und The Index for Those Who Want to Reinvent Construction. 25 SPONSOREN UND PARTNER XL L M Friedrich und Sylvia von Metzler + Allmann Sattler Wappner . Architekten B+G Ingenieure Bollinger und Grohmann cma cyrus | moser | architekten KSP Jürgen Engel Architekten Lion Investments Meixner Schlüter Wendt Architekten schneider+schumacher Stefan Forster Architekten Wentz & Co. MEDIENPARTNER 26
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