DIE WELT - Die Onleihe

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DONNERSTAG, 19. MAI 2016
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Zippert zappt
THEMEN
AUS ALLER WELT
Warum Berlin ständig
im Müll erstickt
Seite 23
WIRTSCHAFT
Wenn Deutsche
durch Maschinen
ersetzt werden
Seite 13
SPORT
Der 1. FC Nürnberg
hat seine Seele
wiedergefunden
GETTY IMAGES/PHOTOTHEK/MICHAEL GOTTSCHALK; DPA/EPA/OLIVIER HOSLET; PA/DPA; DPA/OLIVER BERG
ULRICH CLAUSS
S
seit mehr als zwei Jahren auf eine Entscheidung über ihren Asylantrag. Laut
Bundesregierung sind 3808 Verfahren
seit mehr als drei Jahren anhängig,
96.655 seit mehr als einem Jahr, wie aus
der Antwort auf die Anfrage hervorging.
Ein Asylverfahren in Deutschland dauert
nach offiziellen Angaben ab Antragstellung im Durchschnitt sechs Monate. Bei
Herkunftsländern mit sehr hohen (vor
allem Syrien) und sehr geringen Anerkennungsquoten – besonders den Westbalkanstaaten – ist die Verfahrensdauer
durch die Aufnahmezentren und die Beschleunigung der Asylverfahren kürzer.
Umso länger dauern die Verfahren bei
zahlreichen anderen Ländern. Erschreckend lang waren Verfahren insbesondere bei afghanischen (15 Monate), eritreischen (11,7), iranischen (17,6) und
pakistanischen Asylsuchenden (18,9 Monate). Die innenpolitische Sprecherin
der Linkspartei, Jelpke, sagte der „Welt“:
„Darunter sind sehr viele Schutzsuchende mit guten Anerkennungschancen.
Das ist völlig inakzeptabel und für die
Betroffenen unzumutbar.“ Ein Anspruch
auf Familiennachzug bestehe erst nach
einer Anerkennung im Asylverfahren.
onst Nebel nur, und eine Hand
breit See! Verborgen steh’ ich
da vor allem Volke.“ Was Ferdinand Freiligrath, Agitprop-Lyriker
des deutschen Vormärz, einst reimte, traf die Lage der deutschen Bundeskanzlerin in den vergangenen
Monaten eigentlich ganz gut. In unübersichtlicher Lage, dem Volk zunehmend entrückt und auf Sicht
steuernd, blieb auch ihr nicht viel
mehr als Zuflucht in Agitprop: „Wir
schaffen das.“ Nun lichten sich die
Nebel. Was als Flüchtlingskrise im
administrativen Ausnahmezustand
begann, was da zu schaffen ist, das
gewinnt endlich Kontur in Gestalt
harter Zahlen.
Weit über 90 Milliarden Euro bis
2020 kostet überschlagsweise die Bewältigung der Flüchtlingsprobleme,
ließ der Finanzminister wissen, jetzt
legt die Bundesregierung nach, was
die Zahl der Menschen selbst angeht.
Bei aller Vorläufigkeit dieser Statistik
wird klar: So manche von Merkels Ankündigungen verlieren im Lichte der
Zahlen ihre Gültigkeit.
Zum einen hat die von der Kanzlerin geweckte Erwartung keinen
Bestand, dass die meisten nach der
unbedingten Grenzöffnung nach
Deutschland gekommenen Menschen
nicht dauerhaft bleiben würden. Über
70 Prozent der tatsächlich in Asylverfahren begutachteten Flüchtlinge
werden wohl auf Dauer hier bleiben –
so sagen es die Zahlen. Zum anderen
mag die Gesamtzahl der Flüchtlinge
zurückgehen. Eine andere aber steigt:
Es ist die Anzahl der besonders aufwendig zu betreuenden, unbegleiteten Kinder und Jugendlichen. Im ersten Quartal 2016 kamen sogar noch
mehr von ihnen nach Deutschland als
im letzten Quartal des Vorjahres.
Es ist jetzt, da ein ungefährer Überblick über Quantität und Qualität der
Probleme möglich ist, Aufgabe der
Bundesregierung, einen Masterplan
zu ihrer Bewältigung vorzulegen. Sollen aus der „Flüchtlingskrise“ nicht
eine Vielzahl von Unterkrisen erwachsen – Schulkrise, Wohnungskrise, Sicherheitskrise, Arbeitsplatzkrise
–, bedarf es des ordnenden Eingriffs.
Einfach nur zuzuwarten, bis die Probleme im üblichen Gerangel zwischen
Bund, Ländern und Kommunen versickern, erscheint jedenfalls kein gangbarer Weg. Eine Anpassung all der gut
gemeinten Schönwetterregelungen
ist dringend erforderlich. Nicht nur
beim Betreuungsschlüssel für unbegleitete Jugendliche, sondern auch
beim Mindestlohn, bei den Wohnungsbaustandards und vielem mehr.
Weiter Zuflucht bei Freiligrath
wird die Kanzlerin jedenfalls nicht suchen können – der konnte einfach
weiterdichten: „Ich aber will auf dieser Dün’ am Strand, aus einer Wolke
zu euch redend, sitzen!“
Siehe Kommentar und Seite 4
[email protected]
FEDERICA MOGHERINI
ist EU-Außenbeauftragte
und damit Europas Chefdiplomatin. Sie hofft auf
Fortschritte bei den Beitrittsverhandlungen mit der
Türkei, sendet aber eine
klare Botschaft an Ankara:
Die Umsetzung hänge davon ab, ob sich europäische
Standards am Bosporus
durchsetzen. Seite 6
Jeder zweite abgelehnte
Asylbewerber verlässt das Land
28.510 Schutzsuchende warten seit mehr als zwei Jahren auf eine Entscheidung über ihren Asylantrag
E
twas mehr als die Hälfte aller
2014 und 2015 rechtskräftig
abgelehnten Asylbewerber
hat Deutschland inzwischen
wieder verlassen (Stichtag 31.
Dezember 2015). Exakt sind es 51 Prozent. Das geht aus einer Antwort der
Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke für die Linke-Fraktion im Bundestag hervor, die der
„Welt“ vorliegt.
VON MARCEL LEUBECHER
Die spektakulären
Spielzeuge der Reichen
Ein Masterplan
muss her
DORIS SCHRÖDER-KÖPF
(links), Ehefrau von Altkanzler Gerhard Schröder,
ist Integrationsbeauftragte
in Niedersachsen. Die
52-Jährige kritisiert die
Flüchtlingspolitik der Bundesregierung – und plädiert
für eine Politik der offenen
Arme. Denn: „Kleinkariert,
deutsch und dumpfbraun
können wir nicht.“ Seite 4
Seite 9
FINANZEN
Nr. 115
KOMMENTAR
S
tändig erschüttern uns
skandalöse Meldungen
aus der russischen Sportwelt. Erst war nur ein Geher
gedopt, dann zwei, dann die
halbe Winterolympiamannschaft,
dann die andere Hälfte, und jetzt
ist ganz offiziell von Staatsdoping die Rede. Eine streng
verbotene Sache. Deutschland
stand 1990 auch schon Mal unter
Dopingverdacht, weil es seine
Muskelmasse um mehr als dreißig Prozent vergrößert hatte.
Angeblich ganz legal, mit einem
Mittel, das in der Branche unter
dem Namen „2+4“ bekannt ist.
Der unschöne Verdacht konnte
zwar nie ganz entkräftet werden
aber es gab auch keine stichhaltigen Beweise. Das sieht im Falle
Russlands ganz anders aus. Fahnder erhoben jetzt nach intensiven Ermittlungen schwerwiegende Anschuldigungen, nach denen
Russland seit Jahrzehnten, wenn
nicht Jahrhunderten gedopt hat.
Die B-Proben aus der Zeit von
Zar Peter I. werden gerade untersucht. Damit steht aber auch so
gut wie fest, dass Wladimir Putin
seit Jahren gedopt in der internationalen Politikszene unterwegs
ist. Das IOC berät, ob Putin
Siegprämien wie die Krim, die
Ostukraine, Syrien und Gerard
Depardieu zurückgeben muss.
B
Insgesamt verzeichnete die Asylstatistik des Bundesamts für Migration und
Flüchtlinge (BAMF) Ende März rund
410.000 offene Asylanträge. Das Amt
geht allerdings davon aus, dass 300.000
bis 400.000 eingereiste Flüchtlinge noch
gar keinen Antrag stellen konnten.
In der Antwort wird hervorgehoben,
dass Hessen mit 68 Prozent eine vergleichsweise hohe Quote aufweist, Baden-Württemberg mit 46 Prozent eine
besonders niedrige. Die hohe Rückkehrquote ergibt sich vor allem durch die
zahlreichen Migranten aus den sechs
Westbalkanstaaten, die geringe Bleibechancen besitzen. Während abgelehnte
Asylbewerber aus diesen Ländern meist
abgeschoben werden oder freiwillig ausreisen, ist dies in andere Weltregionen
wegen bekannter Abschiebehindernisse
nur begrenzt möglich. Nach Auffassung
der Bundesregierung kommt es darauf
an, „sowohl die freiwillige Ausreise zu
fördern und auszubauen als auch die
Möglichkeiten der Abschiebung besser
und konsequenter zu nutzen“.
Die meisten Schutzsuchenden sind davon aber nicht betroffen: So lag die bereinigte Schutzquote für alle Asylentscheidungen im ersten Quartal bei insgesamt
71 Prozent. Sehr hoch war sie bezüglich
Syrern (100 Prozent), Eritreern (99,3),
Staatenlosen (98,7) und Flüchtlingen mit
ungeklärter Staatsangehörigkeit (97,1).
Werden die vielen Asylsuchenden aus
den sechs Westbalkanstaaten nicht berücksichtigt, lag die bereinigte Schutzquote bei 91,5 Prozent, wie die Bundesregierung auf die Anfrage der Linkspartei
antwortete.
Die bereinigte Schutzquote bezieht
sich nur auf tatsächlich inhaltliche und
nicht rein formelle Entscheidungen. Formelle Entscheidungen sind solche, in denen die Fluchtgründe inhaltlich gar nicht
erst geprüft werden, etwa weil der Asyl-
bewerber ausreist oder den Antrag zurückzieht. Außerdem fallen darunter die
sogenannten Dublin-Fälle, in denen ein
anderer EU-Staat für den Schutzsuchenden zuständig ist, weil er dort vor der
Einreise nach Deutschland bereits registriert wurde. Bei diesen Fällen werden also die Fluchtgründe nicht abschließend
geprüft. 28.510 Schutzsuchende warten
EU macht Zusagen
für 12.200 Flüchtlinge
Im Rahmen des Abkommens mit
Ankara haben sich bisher 19 EUStaaten zur Aufnahme von Syrern
aus der Türkei bereit erklärt. Es
lägen aus der EU sowie aus einem
assoziierten Land Zusagen für fast
12.200 Flüchtlinge vor, teilte die
EU-Kommission mit. Sie ging davon
aus, dass bis Juli 1900 Syrer aus der
Türkei legal in die EU einreisen könnten. Die Türkei hatte sich im März
verpflichtet, alle neu ankommenden
Flüchtlinge von den griechischen
Inseln zurückzunehmen.
Seite 18
Im Plus
Völlig losgelöst
Seite 15
Alexander Gerst wird Kommandant der Raumstation „ISS“. Eine Ehre für den Deutschen. Merkel gratuliert dem „Botschafter aus dem All“
DAX
Dax
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E
in Traum wird wahr: Zum zweiten Mal fliegt
Deutschlands prominentester Astronaut Alexander Gerst zur „Internationalen Raumstation“ (ISS). Der 40-Jährige kann sich auch auf eine Beförderung freuen. Denn drei Monate lang wird Gerst
Kommandant der Raumstation. Der Flug soll 2018
starten – also vier Jahre nach dem ersten Ausflug ins
All. „Herzlichen Glückwunsch an Alexander Gerst“,
sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch
bei einem Besuch im Deutschen Zentrum für Luftund Raumfahrt (DLR) in Köln, wo sie auf Gerst traf.
Sie freue sich sehr über diese Entscheidung, denn wie
so viele andere Menschen habe sie Gerst „als einen
wirklichen Botschafter aus dem All kennengelernt“.
Merkel hatte vor ihrem Besuch bereits erklärt, dass
die Raumfahrt „sehr viel Nutzen im täglichen Leben“
bringe. Die Bundesregierung fördert die Forschung im
Bereich Luft- und Raumfahrt jährlich mit mehr als
einer Milliarde Euro.
Bei seiner Mission vor zwei Jahren umrundete der
Geophysiker Gerst innerhalb von 166 Tagen mehr als
2500 Mal die Erde, betreute etwa 100 Experimente
und stieg für sechs Stunden in den freien Kosmos aus.
Für die deutsche Raumfahrt war der Aufenthalt
rund 400 Kilometer über der Erde nicht nur geografisch ein Höhepunkt. Wohl kaum einer seiner Vorgänger ließ die Menschen so an seiner Mission teilhaben wie „Astro-Alex“, wie Gerst genannt wird. Fast
täglich verbreitete Deutschlands Mann im All seine
Eindrücke per Twitter: Fotos von Städten und dem
Leben auf dem Außenposten der Menschheit oder
einfach ein paar Gedanken – etwa: „Wir Menschen
sind Entdecker. Wann werden wir uns wieder trauen,
über den Horizont hinauszusegeln?“ Auf den Beruf als
Astronaut hat Gerst nie gezielt hingearbeitet. „Ich
hatte das aber immer als Alternative im Hinterkopf“,
berichtete der 1976 in Künzelsau geborene Astronaut.
Die Bewerbung bei der Europäischen Raumfahrtorganisation (Esa) war eigentlich „nur ein Versuch“.
Gerst hat Geophysik studiert und an der Universität
Hamburg geforscht. „Wenn das mit der Bewerbung als
Astronaut nicht geklappt hätte, wäre ich wohl nach
Alaska gezogen, um Vulkane zu erkunden“, sagt der
Mann mit der athletischen Figur und dem kahl rasierten Schädel. Für seine Doktorarbeit über den antarktischen Vulkan Mount Erebus harrte er sechs Wochen
bei minus 45 Grad Celsius aus. „Da habe ich erlebt,
was Einsamkeit wirklich bedeutet.“
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ISSN 0173-8437
115-20
ZKZ 7109