Erfolgreiche Hydrozephalusbehandlung-‐ ganzheitliches

 Erfolgreiche Hydrozephalusbehandlung-­‐ ganzheitliches Denken in der Nachsorge gefordert Dr. med. Arnim Zerche Klinik Kinderchirurgie und Kinderurologie Helios-­‐Klinikum Erfurt Erfurt, den 23.o4.2o16 Was hat die Prognose beim Hydrozephalus in den letzten 20 Jahren verbessert ? Neue Therapiekonzepte : z. B. -­‐ Verbesserte Op-­‐Techniken (Vorder-­‐ oder HinterhornpunkRon) -­‐ Zielsichere PunkRonen ( Sonografie, NeuronavigaRon) -­‐ Verstellbare VenRle mit AnRsiphonfunkRon -­‐ Einsatz der Laparoskopie -­‐ Moderne Intensivmedizin -­‐ ( Anästhesie, AnRbioRka ) -­‐ verbesserte Frühförderung (SPZ) -­‐ Nachsorge !! Warum sich Nachsorge in der Kinderchirurgie entwickelte ? Vielzahl an postoperaRven Früh-­‐ und SpätkomplikaRonen nach VenRlanlage : -­‐ Verstopfung(ObstrukRon), akute DekompensaRon möglich -­‐ DislokaRon, MigraRon von Katheteranteilen -­‐ InfekRon ( auch als SpätkomplikaRon ) -­‐ subdurale Hämatome (Blutungen) -­‐ wachstumsbedingte zerebrale KatheterdislokaRon -­‐ wachstumsbedingt zu kurzer Bauchkatheter mit Insuffizienzfolge -­‐ Schlitzventrikelsyndrom, Shuntsynostosen -­‐ DarmperforaRonen, chronische PeritoniRs, Liquorzysten -­‐ scrotale Hydrozelen durch Liquor -­‐ Entwicklung von Epilepsien -­‐ schleichende progrediente neurologische Ausfälle -­‐ Sehstörungen, Amaurose -­‐ endokrinologische Störungen, -­‐ bei atrialer Ableitung KardiRs, Thrombose des Katheters, ShuntnephriRs -­‐ soziale Probleme mit notwendiger IntegraRonshilfe Fall : Hydrozephalus – Verlauf ohne Nachsorge •  M.F. 15 J. Ausbildung als Koch Erste OperaRon im Säuglingsalter nach MeningiRs, Drainage galt seit mehreren Jahren als funkRonslos • 
Latente Kopfschmerzen 6 Monate vor Einweisung, einmal Synkope auf einer Klassenfahrt, keine Abklärung • 
akute Hirndruckkrise, Einweisung bewußtlos, Schlitzventrikel mit akuter ShunRnsuffizienz bei massiver Hyperostose des Schädelknochens • 
nach Revision mit OSV II – VenRl -­‐ wieder volle Leistungsfähigkeit Symptome progredienter Störungen der Liquordynamik •  Unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Unleidlichkeit, Schreien, Lethargie, Adynamie, hallonierte Augen, Blässe, Leistungsknick, InkonRnenz, Gangverschlechterung, Verschlechterung der Kontakfähigkeit, Vigilanz, Säuglinge fixieren nicht mehr, Sehstörungen, plötzlich verstärktes Schielen, Sonnenuntergangsphänomen, Kopfwachstum übersteigt die PerzenRle, Fontanelle spannt, andere akut einsetzende neurologische Ausfälle – Paresen •  Erbrechen, Bradykardie, BlutdruckansReg, oder -­‐abfall, Pupillenerweiterung, -­‐trägheit, -­‐differenz, Nackensteifigkeit, Bewußtseinsverlust, Anfälle, Bradypnoe, Ateminsuffizienz als Spätsymptome Der Behandlungserfolg ist abhängig: -­‐von der zeitgerechten Erfassung der Dynamik klinischer Veränderungen und ihrer adäquaten Therapie Das heißt, je schneller Symptome zunehmen, um so schneller muss gehandelt werden !! Voraussetzungen für Nachsorge -­‐Schaffung einer Wechselbeziehung auf Augenhöhe mit den PaRenten, Bereitschak auch von den Eltern bzw. PaRenten zu lernen -­‐grundsätzlich posiRve Einstellung zu Kindern mit Handicaps, auch schwer betroffenen Menschen ( nicht selbstverständlich ) -­‐Sicherung personeller Bezugspunkte in der Einrichtung bei Problemen (okmals ist Vertrauen an wenige Personen gebunden), -­‐Führung im Arzt-­‐ PaRenten-­‐Verhältnis, Schaffung von Kompetenzen bei den Eltern, Fortbildungsangebote, -­‐regelmäßige Weiterbildung der behandelnden Ärzte zur Verbesserung von Therapiestandards ( fachlicher Anspruch ), eigene MoRvaRon Nachsorge-­‐Frequenz in der Kinderchirurgie-­‐Ambulanz Erfurt -­‐ Start nach primärem stat. Aufenthalt: -­‐ 1 bis 2 Wochen nach Entlassung -­‐ dann nach 4 Wochen und nach 3 Monaten -­‐ nach dem zweiten Lebensjahr 2-­‐3 mal / Jahr -­‐ ab Schulalter einmal jährlich -­‐ wenn OperaRonen erfolgten: nach 2-­‐3 Wochen, 4 Wochen, danach nach 3 und 6 Monaten Kontrollparameter im Säuglingsalter Suche nach Zeichen für ShunRnsuffizienz: Kopfumfangsmessung, Fontanelle, Gewichtskontrolle, Nahrungsabnahme, Trinkprobleme? Erbrechen, Spucken, Bauchbeschwerden? Stuhlgang? Agilität, Schlafverhalten, Schnarcher?, Atempausen? Neurologie, Motorische Entwicklung, laufende Therapien ? Abtasten des Shuntverlaufs, VenRl bei Symptomen prüfen, regelmäßige Schädelsonografie, Bauchsonografie Ventrikelgrößenverlauf, KorrelaRon zum Kopfumfang ( Sonografie, MRT-­‐ im Verlauf ) Kopfdeformität? vorzeiRge Synostose? Augenarztbefunde, EEG-­‐ Befunde-­‐ Medikamente? Impfungen, Kontrolle VenRlpass Aunlärung über Verhalten bei ShunfunkRonsstörungen Erfassung Nebenerkrankungen: z.B. Gelenkkontrakturen, MDT, Phimose, Hernien, Skoliose, FehlsichRgkeiten, Strabismus, Latexallergie bei Klein-­‐ und Schulkindern -­‐ Kontrolle der Shuntlänge, VenRlfunkRon und -­‐einstellung, PunkRonskapsel -­‐ regelmäßig Ultraschall, ev. Röntgen -­‐ MRT-­‐ Verlauf Ventrikel alle 3-­‐5 Jahre je nach Dynamik der Neurologie -­‐ Entwicklung: Selbständigkeit im Essen aufnehmen, Essen zubereiten -­‐ eigene Kompetenz in der Wahrnehmung der Körpertoileoe, -­‐ InterakRon in der Familie, Hobbys erfragen und fördern, -­‐ Teilnahme am aktuellen Tagesgeschehen ? -­‐ SportakRvitäten, Sportbefreiung für Sportarten mit Gegnerkontakt, -­‐ Fähigkeiten im außerhäuslichen Bereich, Einkaufen, etc. -­‐ Erteilen von Aoesten für erhöhten Zeitbedarf bei Klassenarbeiten -­‐ Eingehen auf Berufswünsche-­‐ u.U. werden Empfehlungen erfragt, -­‐ vor geplanter Fahrschule Einschätzung Tauglichkeit, EEG Fall : S. F. • 
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Frühgeburtlichkeit 34. SSW Nach 2 wöchiger Aufzucht Entlassung nach Hause 2 Monate später Sonnenuntergangsphänomen Shuntanlage, gute ParenchymresRtuRon normale geisRge Entwicklung, keine neurologischen Ausfälle Regelmäßige Kontrollen: „ immer alles gut“, im Nebensatz dann: Mit 5 Jahren intermirerend Kopfschmerzen bei Schlitzventrikel und Schlitzventrikelsyndrom Umwandlung in ein Orbis-­‐Sigma-­‐ VenRl II => vollständige Besserung der Symptome Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Neurochirurgen Neuroendoskopie (Fensterung von Zysten, 3.VST, Septostomie) •  Entlastung des 4. Ventrikels •  Ausräumung subduraler Hämatome •  Bergung festgewachsener, infizierter Katheter mit mikrochirurgischer Technik •  NeuronavigaRon bei engen Hirnkammern •  Kraniektomie: Eröffnung der Schädelnähte – Shuntsynostose •  Therapie Chiari-­‐MalformaRon •  Laparoskopische Platzierung Bauchkatheter • 
Fall 4: E.A. • 
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Hydrozephalus internus außerhalb der Einrichtung ErstoperaRon im Säuglingsalter Aufnahme bei uns mit dekompensiertem Hirndruck mit 10 Jahren bei Chiari-­‐ MalformaRon Zentrale Shuntrevision ohne KomplikaRonen mit Wiederherstellung der Shunt-­‐
Durchgängigkeit 3 Wochen später Wiedervorstellung mit Kopfschmerzen anders als vor der Op Subduralhämatome beidseits Ausräumung und PRO-­‐GAV 15/20 Miethke-­‐VenRl Fall : R.T., m., 12 Jahre 3 MONATE 2 JAHRE 3 ½ JAHRE Kraniofaziale Fehlbildungen 05.12.2014 Dr.med.A. Zerche -­‐Bei medizinischen Maßnahmen, besonders bei Noteingriffen behutsam auf die Eltern eingehen, fachlich und wissenschaklich fundierte Argumente bringen, ohne spektakulär zu sein -­‐Ängste der Eltern mindern, keine überspitzten Aussagen treffen, die weitere Verunsicherung schaffen „Menschlichkeit ist die beste Medizin“ , Walter Möbius, Piper 2008 -­‐Spannungen bei Kompetenzgerangel unter den Eltern selbst abbauen helfen, im Gespräch jedes engagierte Familienmitglied würdigen -­‐Eigene Sorgen nur transporReren, wenn konkrete Beeinflussung der Therapie ansteht, immer ein Gefühl der Geborgenheit vermioeln, -­‐ Erstellung medizinischer Gutachten bei PflegegeldstreiRgkeiten, Wohnraumbeschaffung, Unterbringung in Einrichtungen, Kuren, Berufswahl ! -­‐ Wissen über benachbarte Fach-­‐Disziplinen aneignen, um auf vielseiRge Fragen der Eltern und PaRenten eingehen zu können „ über den Tellerrand hinausschauen“ – ein wichRger Vorteil der Kinderchirurgie, da nicht so stark nur organbezogen gedacht wird! -­‐ z.B. Modellprojekt des Bundesministeriums in den 90er Jahren: Fortbildungen zu verschiedenen Organsystemen bei Spina bifida-­‐ Kindern ASBH-­‐ Tagungen ( Urologie, Neurochirurgie, Orthopädie, Psychologie…) -­‐ Fortbildung des Klinik-­‐ und Praxispersonals, um für die Probleme zu sensibilisieren und Kompetenzen zu schaffen -­‐ Sicherstellung einer Maximalversorgung in AkutsituaRonen mit unmioelbarer Klinikanbindung, interdiszipl. Zusammenarbeit mit Neurochirurgen regelmäßig bei entsprechender Fragestellung -­‐ Gewährleistung eines 24-­‐ Stundendienstsystems an 365 Tagen im Jahr ! -­‐ bei Erfordernis Trauerbegleitung Vertrauensbildung •  Das Behandlungsergebnis ist besRmmt von der Zusammenarbeit von Ärzten, Therapeuten und der Familie des Kindes •  Interfamiliäre Kontakte fördern -­‐ zu Großeltern, Geschwistern, auf sie eingehen – hohes Förderungspotenzial ! •  Empathie und Parteinahme für das Kind und die Familie müssen vorhanden sein und glaubhak vermioelt werden •  Die Familie durchlebt ok eine IdenRtätskrise: es ist notwendig, MinderwerRgkeitsgefühlen entgegenzuwirken •  Vertrauensbildung kann nur im Rahmen regelmäßiger Kontakte mit Bindung an die Behandlungseinrichtung erfolgen •  Dafür möglichst ambulante und staRonäre Betreuung konRnuierlich verzahnen (örtlich und personell in sog. Klinik-­‐Spezialambulanz) Fall : S. R. ( 8/2004) • 
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congenitaler Hydrozephalus IniRal altbluRg massiv Liquor in externer Drainage Im MRT Hämosiderinablagerungen an den Hirnnerven Internisierung des Shunts nach 4 Wochen Mit 4 Jahren rezidivierende Kopfschmerzen MRT-­‐ Verlauf mit engen Ventrikeln Revision: zentraler Ventrikelkatheterverschluß Besserung der SymptomaRk Kind ist mental normal entwickelt Fall: W.M., 14 Jahre, ml. •  ShuntperitoniRs ( Bauchfellentzündung ) nach 14 Jahre langer Hydrozephalus-­‐ Drainagebehandlung, MMC •  Darmverschluß: Teilenfernung von Dünndarm notwendig •  PostoperaRv Periduralkatheter zur Schmerztherapie und Paralysebehandlung OrganisaRonshilfe -­‐  Vermeidung zu ehrgeiziger organbezogener Therapieprogramme, die überfordern und OrganisaRonsprobleme schaffen -­‐  zuerst Förderung und Erhaltung von größtmöglicher Selbständigkeit (bei Spina bifida-­‐ Kindern auch OpRon der Rollstuhlnutzung ) -­‐  Entlastungsmöglichkeiten ( Familienhilfe-­‐
unterstützende Dienste, interfamiliäre Hilfen, Kurzzeitpflege, Kontakte zu Selbsthilfegruppen in der Region, Reha-­‐Einrichtungen nutzen ) Inklusion unterstützen •  prakRsche Hinweise für den Alltag für junge Familien sind wichRg, um grundlegende Aufgaben zu bewälRgen (eigene Kinder von Vorteil und eigene Erfahrung wichRg) •  Unterstützung bei sozialrechtlichen Auseinandersetzungen (Nachteilsausgleich) •  Kontakte zu Behinderteneinrichtungen und Mitbetroffenen herstellen •  Lebensqualität verbessernde AkRvitäten anregen: Ausflüge, Sport, Reisen, Muoer-­‐ Kind-­‐ Kuren, •  Alltag mit (und gelegentlich auch ohne Kind) durch posiRve Erlebnisse erleichtern ( Rolli-­‐Kurse, diagnost.-­‐therapeut. Schulungen ) Nachsorge zur Obhut •  bei sozial schwachen Familien unabdingbar •  minderjährige Eltern und bildungsschwache Eltern engmaschig kontakReren •  Zusammenarbeit mit dem Jugendamt, Familienhilfen •  Nutzung von staRonären RehabilitaRonseinrichtungen, •  Enge Zusammenarbeit mit Pädiatrie, Orthopädie, Kinderurologie und dem Sozialpädiatrischen Zentrum •  Spenden ggf. Verwendung kontrollieren (mit JA) •  Fachkompetenz im Sozialdienst mit koordinieren Literatur Höpner, F: Überwachung von venRlversorgten Kindern in: KomplikaRonen in der Kinderchirurgie , Hrsg.: A.F. Schärli, G. Thieme Verlag Stuogart 1991, S.21-­‐22 H. L. Rekate, M.D. : Comprehensive Management of Spina Bifida, CRP Press 1991 Cremer Köln: Konzept, Untersuchungsprogramm und Ergebnisse der ambulanten Betreuung von Kindern mit Myelomeningozele in Monatsschrik Kinderheilkunde, Vol 138, S457.460, 1990 G. Gräfe und D. Hörmann: Zur klinischen Relevanz der Dynamik von Ventrikelveränderungen beim operierten Hydrozephalus von Kindern mit Myelomeningozele Zentralblao Chirurgie 115,1990, S.1459-­‐1465 T. Michael, A. Moers, E. Strehl: Spina bifida : Interdisziplinäre DiagnosRk, Therapie und Beratung, De Gruyter 2010