tisch. Geodä i. Fre ich. Berufl 42. Jahrgang 2016 ISSN 0342-6165 Zeitschrift des Bundes der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e. V. | www.bdvi-forum.de HEFT 2/2016 Hallo, Saarland, wie geht’s? Landesgruppenvorstand im Interview Ich sag es nicht. Gefahr der fehlenden Datenschutzerklärung Raus mit der Sprache! Auskunftspflicht der Behörden DPAG PVSt G 50591 »Entgelt bezahlt« BDVI Berlin *"" "+," "" -&"#) ""& "& ./ "("& . -" "& .#& . $& ) ! "#"$#"%&# "'"#"(" FORUM 42. Jahrgang, 2016, Heft 2 EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser, kennen Sie Tom und Jerry? Bestimmt! Und können Sie sich auch an den Vorspann erinnern? Also an die Bilder zu Udo Jürgens’ »Vielen Dank für die Blumen«? Gut. Dann haben Sie sicher die abschließende Sequenz vor Augen, in der Tom das von ihm gelesene Tagebuch von Jerry zornesrot zerreißt und darauf in Rage herumspringt. Diese Szene kann nach heutigen Gesichtspunkten als sinngebende Symbolik des Wutbürgertums gewertet werden. Wutbürger, wohin man blickt. Alles, so scheint es, ist es wert, sich darüber aufzuregen, auf und ab zu springen, Dinge zu zerreißen und Gerichte zu beschäftigen. Aber das FORUM wäre nicht das FORUM, hätte es für seine Leser nicht Abhilfe parat: Konsumieren Sie zum einen Erkel/Weiske und wandeln Sie psychische Belastungen in Erfolg um. Oder lesen Sie über Alaa Darwish und Sie bekommen gute Laune. Das hilft, sollten Sie an Wutbürgeritis leiden, Ihnen, Ihrem Blutdruck und auch Ihren Mitmenschen. Es gibt allerdings auch ein medial immer raumgreifenderes Pendant zum Wutbürger. Nein, nicht »Gutmensch«, das ist ja nur die Übersetzung von »normal« ins Wutbürgerische. Gemeint ist eine künstlich stark überhöhte Begeisterung für wenig Begeisterung hervorrufende Dinge. Schalten Sie sich durch das Fernsehprogramm und Sie sehen Köche, die andere Köche bewerten, Sänger, die andere Sänger bewerten, und Models, die andere Models bewerten. Auffallend dabei ist die jeglichen Sinns befreite Heranziehung der Vorsilbe »mega«. »Mega«, BDVI-, DVW- und VDV-Mitglieder sowie einige Ingenieure, Rechtsanwälte, Ärzte oder Zerspanungsfacharbeiter mit erweiterten Allgemeinkenntnissen (theoretisch also eigentlich alle Menschen) wissen es, ist die Vorsilbe für Maßeinheiten mit dem Faktor eine Million. »Mega« selbst ist kein Adjektiv. Und als solches erst recht kein Maß für Qualität. Denn was würde das für unser tägliches Leben bedeuten? Im Restaurant war das Essen in Ordnung, nicht super, und auf die entsprechende Nachfrage antwortet man: »Das Schnitzel war kilo!« »Dass du schon wieder eine Fünf im Aufsatz geschrieben hast, finde ich voll dezi, mein Sohn!« Mitten im schönsten Ereifern über diesen sprachlichen Mummenschanz bemerkt der Autor nämlicher Zeilen selbst eine gewisse Ähnlichkeit zu oben erwähntem Zeichentrickkatzentier. Was der Beweis dafür ist, dass das hier geschilderte Wutbürgerpendant bislang recht unbescholtene Bürger durch kleine Taschenspielertricks ebenfalls zu Wutbürgern machen kann. Durchatmen! Es hilft, besonnene Aufsätze zu lesen, wie z. B. die von Holthausen oder Thiele. Es hilft, sich vor Augen zu führen, dass wir in einer funktionierenden Demokratie ohne Krieg und Naturkatastrophen leben und es um uns herum relativ gerecht zugeht. Wir haben Kostenordnungen und auch sonst mehr Regelwerk, als wir in unserem ganzen Leben je befolgen können, und neuerdings ist es sogar unzulässige Benachteiligung aus Altersgründen, wenn man als ÖbVI mit 70 sein Siegel abgeben soll. Aber es ist gut, es ist jetzt gerecht. Obwohl … wenn man so darüber nachdenkt, kommt man automatisch zu einer anderen Frage: Laut Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Art. 54 Abs. 1, darf nur zum Bundespräsidenten gewählt werden, wer das 40. Lebensjahr vollendet hat. Warum 40? Ist das nicht auch eine unzulässige Diskriminierung aus Altersgründen? Ach, was soll’s, wir regen uns nicht auf. Wer sind wir denn, diese Dinge beurteilen zu können? Das FORUM ist, Sie können es lesen, wenn Sie eine Seite zurückblättern, schon über 40 und darf Bundespräsident sein. Will es aber nicht. Üben wir uns daher in Milde und wünschen Ihnen, dass der Kongress in Potsdam mega wird, dass das Begleitprogramm und der Kabarettabend mega werden und dass Sie sich in Potsdam wohlfühlen. Denn auch Potsdam ist mega. Hauptsache, es regnet nicht. Denn das wäre dann voll milli. Herzliche Grüße 1 2 IN DIESEM HEFT IN DIESEM HEFT 42. Jahrgang, 2016, Heft 2 Ein Interview 4 Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Das FORUM tat also eine Reise in einem kleinen Propellerflugzeug und erzählt nun. Von den Gegebenheiten in der BDVI-Landesgruppe Saarland. Werny und Heinrich stellten sich den Fragen und gaben einen umfassenden und interessanten Einblick in die Situation im Land. Das FORUM bedankt sich, empfiehlt die Lektüre und möchte den Gastgeber noch einmal wegen der versehentlichen Zerstörung der Jalousie durch den Fotografen um Verzeihung bitten. FORUM Editorial Andreas Bandow 1 Jobbörse 62 Veranstaltungskalender 63 Impressum 68 Windenergie VERBAND Es darf nicht mit dem Fluchtstab aufhören! Ein FORUM-Interview mit dem Vorstand der BDVI-Landesgruppe Saarland Andreas Bandow Oft muss man sich anhören: Nein, ich bin nicht neugierig, ich möchte es nur gerne wissen! Neugier kann man den Planern von Windenergieanlagen sicherlich nicht unterstellen, ein gewisses Informationsbedürfnis ist jedoch zwingend vorhanden. Gerade, wenn es um sensible Eigentümerdaten geht. Warum z. B. Katasterbehörden diesem Informationsersuchen nachkommen müssen, schildert Thiele. Auch außerhalb windenergetischer Projekte höchst hilfreich. 4 Katasterauskunft durch ÖbVI BDVI-Geschäftsstelle 16 Harmonisierung der Bauordnungen von Brandenburg und Berlin Auf der Zielgeraden Frank Reichert 18 26 Expertise mit Siegel: ÖbVI BDVI-Kongress 2016 in Potsdam – Programm BDVI-Geschäftsstelle 34 Gelungene Integration Ein FORUM-Interview mit Alaa Darwish aus dem Büro Rek, Wieck, Dr. Schwenk Andreas Bandow 42 Expertise mit Siegel: ÖbVI Neues Angebot für BDVI-Mitglieder Michael Zurhorst 2 2 59 Bauordnung 26 Der BDVI-Kongress findet in Potsdam statt und so ist es nur logisch, auch etwas aus dem ausrichtenden Bundesland zu erfahren. Zum Beispiel zum Thema Bauordnung. Die Bauordnung des Landes Brandenburg soll mit der des Landes Berlin harmonisiert werden. Lesen Sie die Beurteilung der entsprechenden Gesetzentwürfe aus Sicht des BDVI. Und hören Sie bitte auf, bei diesem Thema immerzu an den Flughafen BER zu denken – wir wissen ganz genau, dass Sie das tun! IN DIESEM HEFT Datenschutz 36 Ist große Aufregung Gebot der Stunde oder besonnene Contenance? In gewohnt gelassen-rheinischer Art nimmt Holthausen den geneigten Leser mit zur Beurteilung des »Gesetzes zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzes«. Wegen des langen Gesetzestitels bleibt an dieser Stelle nicht mehr viel Platz für werbende Worte. Muss aber auch nicht sein, denn: Holthausen lohnt sich immer! Noch ein Interview 42 Alaa Darwish ist ein fröhlicher junger Mann. Er arbeitet im Berliner ÖbVI-Büro Rek-Wieck-Dr. Schwenk, geht nach der Arbeit zum Deutschunterricht und möchte im Herbst sein Studium fortsetzen. Bevor Alaa begonnen hat, als Vermesser zu arbeiten, hat er im LaGeSo in Berlin seinen Landsleuten geholfen. Und davor ist er aus Syrien, aus dem Krieg, nach Deutschland gekommen. Und jetzt erzählt er dem FORUM von seiner Familie, von seinen Plänen, seiner Arbeit, seinen Deutschkursen und von den Weisheiten seines Kollegen Ulli. Durch und durch positiv! Gefährdungsbeurteilung 48 Holthausen schrieb im FORUM 1/2016 über die Beurteilung von psychischen Gefahren in einem Vermessungsbüro und deren rechtliche Auswirkungen. Dieses Thema führen Erkel und Weiske noch etwas weiter aus. Diesmal ist die Auswirkung auf den gesamten Bürobetrieb im Fokus: Was ist der Unterschied zwischen Belastung und Beanspruchung? Welches Verbesserungs- und Einsparungspotenzial geht von einer Gefährdungsbeurteilung aus? Und noch vieles mehr. Sollten Sie bei der Reflexion des Beitrags jedoch herausfinden, dass nur eine Erhöhung der psychischen Belastung auch eine Effizienzsteigerung Ihres Unternehmens herbeiführen kann, konsultieren Sie vorher bitte unbedingt die Autorinnen! Das wäre in diesem Fall sehr, sehr wichtig! RECHT Vermessungsbehörden müssen über Eigentümerdaten informieren Planung von Windenergieprojekten Jan Thiele 18 Die Aufregung über ein neues Gesetz Datenschutz und Datenschutzerklärung Rüdiger Holthausen 36 MANAGEMENT Die Gefährdungsbeurteilung in der Vermessung – von der Pflichtübung zum Gewinn für alle? Ingrid Erkel, Annelie Weiske 48 TECHNIK Einsatz von Geoinformationen für kleine Kommunen durch Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure Hans Ulrich Esch 52 KATASTER Nachtrag Über die Maßeinheiten, das Mess- und Eichwesen Helmut Hoffmann 56 REPORT Aktuelles aus Sachsen-Anhalt Dietwalt Hartmann 59 BILDUNG Tag der Geodäsie Deutschland Theo Kötter MOSAIK 60 64 3 2 VERBAND Es darf nicht mit dem Fluchtstab aufhören! EIN FORUM-INTERVIEW VON ANDREAS BANDOW | FORUM-REDAKTION M itte April traf das FORUM zwei der drei Mitglieder des Vorstandes der Landesgruppe Saarland zum Interview. Die Reise nach Saarbrücken war aufschlussreich und informativ und brachte Antworten auf Fragen zu ALKIS® im Saarland, zu der besonderen Situation, drei Katastergrundlagen zu haben, zu kurzen Wegen und zur Nachwuchssituation im Land. Ein lohnens- und lesenswertes Gespräch. 4 2 VERBAND FORUM | In der FORUM-Redaktion gibt es als Prüfinstrument für den Nutzen eines Beitrages die Frage: Was nutzt dieser Artikel den ÖbVI im Saarland? Zum Beginn des Interviews drehe ich diese Frage um: Was aus dem Saarland muss ein ÖbVI in Schleswig-Holstein oder in Mecklenburg-Vorpommern zwingend wissen? ERIK WERNY | Im Saarland sind wir stolz darauf, dass sämtliche ÖbVI auch Mitglied im BDVI sind. Ich weiß nicht, ob es das in einem anderen Bundesland noch gibt. PETER HEINRICH | Obwohl wir natürlich auch nicht die Menge an ÖbVI haben. WERNY | Wir sind elf ÖbVI in acht Büros. HEINRICH | Übersichtlich. Interessant ist sicherlich die historische Entwicklung des Katasters im Saarland. Ich glaube, es gibt nur wenige Bundesländer, in denen mal bayerisches, mal preußisches und mal französisches Kataster galt, was heutzutage immer noch aufzufinden ist. Trotz ALKIS®. Zur BDVI-Arbeit. Der neue Vorstand besteht aus drei Kollegen. Haben Sie sich neu zusammengefunden? WERNY | Ja, im Prinzip schon. Als Thomas Rickmann signalisierte, dass er nicht mehr kandidieren wird, hat er zuerst zum Gespräch gebeten. Der damalige Stellvertreter Michael König stand für den Vorsitz nicht zur Verfügung und ja – dann kam ich mit ins Boot. Michael König stand als Stellvertreter weiterhin bereit und es war nur dann auch Peter Heinrich mit ins Boot zu nehmen. Ist die Vorstandsarbeit mit drei Kollegen zu schaffen? WERNY | Alles, was hier im Saarland anfällt, ist doch recht überschaubar. Es sind auch generell sehr kurze Wege hier. Wir sind uns alle persönlich gut bekannt und müssen nicht großartig Termine mit dem Landesamt oder dem Ministerium vereinbaren. Daher reichen drei Vorstandskollegen gut aus. Gab es Überlegungen, sich zur Unterstützung der Verbandsarbeit einen Mitarbeiter für die Geschäftsstelle zu suchen, so wie Sachsen oder NRW? WERNY | Also bisher war das bei uns nie ein Thema. Wir sind insgesamt zu elft – so groß ist in manch anderer Landesgruppe allein der Vorstand. Interessant wäre es allerdings, mit anderen Landesgruppen stärker zu kooperieren. Dietwalt Hartmann, Vorsitzender der BDVI-Landesgruppe Sachsen-Anhalt, hat im FORUM-Interview gesagt, dass er trotz der auch dort recht kleinen Landesgruppe froh ist, Frank Reichert zu beschäftigen, den er sich als Geschäftsstellenleiter mit Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern teilt. Die Verknüpfung der Kenntnisse aus drei Bundesländern bringe Vorteile. WERNY | Ja, da sehe ich die größten Vorteile. Auch die Bundesgeschäftsstelle bietet sehr gute Grundlagen und Hilfestellungen. Aber ich finde es einfach wichtig, dass man über die Ländergrenzen hinausguckt, wie die anderen Bundesländer ticken. Gerade in Rheinland-Pfalz, das unser einziger Nachbar ist. Und da gibt es bestimmt schon Ansatzpunkte, stärker zu kooperieren, wobei man sogar merkt, dass auch die Vermessungsverwaltungen so ein bisschen voneinander abgucken … Noch mal auf die Vorstandstätigkeit bezogen: Mussten Sie vorher im Büro oder gar zu Hause um Erlaubnis fragen oder ist diese Belastung neben dem Beruf leicht zu schaffen? HEINRICH | Das war für mich kein Problem. Wie gesagt, wir sind im Saarland nicht viele und als die eine Position noch zu besetzen war, ging das relativ kurz entschlossen zu. Ich bin da auch mehr oder weniger reingestolpert. Ich bin seit 2013 ÖbVI, habe vorher noch 300 andere Sachen gemacht und das war mehr oder weniger meine erste Verbandssitzung. Man stellte fest: Wir bräuchten noch einen zweiten Vorsitzenden – Herr Heinrich, wie sieht’s aus? Ja, okay, machen wir! Ist aber, was die zusätzliche Belastung angeht, für mich kein Problem und durchaus machbar. WERNY | Deswegen ja auch zwei Stellvertreter – das vielleicht noch als Ergänzung zu der vorherigen Frage. Allein, um die Termine ein bisschen aufzuteilen. Ich musste eigentlich auch nicht groß fragen. Wir sind ein relativ großes Büro und ich habe den Vorteil, den Senior noch im Haus zu haben, der mir einige Dinge abnimmt. Vor allem die, die ihm noch Spaß machen … Ansonsten ist mir das auch nicht schwergefallen, ich war schon immer sehr stark ehrenamtlich engagiert, daher wusste ich schon, was auf mich zukommt. Bei 100 % Organisationsgrad – wie ist das Engagement der anderen Mitglieder für den BDVI? HEINRICH | Die Kollegen, die aus Altersgründen verständlicherweise nicht mehr ganz so verbandsaktiv sind, mal ausgenommen, sind die restlichen vier, fünf Büros schon aktiv, wenn es wirklich darauf ankommt. Von diesen fünf Büros sind drei im 5 2 VERBAND Vorstand und ein anderes, Steuer-Rickmann, war zuvor im Vorstand aktiv. Und auch Peter Geisler ist sehr engagiert. WERNY | Bei Mitgliederversammlungen o. Ä. sind wir in der Regel auch immer vollzählig, wir sitzen da nicht zu dritt. Klar ist das Engagement ein klein bisschen unterschiedlich. Diejenigen, die noch mittendrin stehen, sind ein bisschen aktiver als die, die jetzt schon etwas älter sind. Aber das ist ja auch verständlich. Stichwort BDVI-Kongress … HEINRICH | Beim BDVI-Kongress in Wiesbaden vor zwei Jahren, da waren wir, glaube ich, das Bundesland mit der prozentual höchsten Teilnehmerzahl! Von den acht Büros waren fünf beim Kongress. WERNY | Auch in Kempten waren fünf Kollegen. Die, die ich vorher auch genannt habe, sind in der Regel auch auf den Kongressen. Persönlich kann ich es auch nicht nachvollziehen, warum sich viele so passiv verhalten. Es ist interessant, Kollegen zu treffen und sich auszutauschen. Gerade über die Ländergrenzen hinaus – dass man mal sieht, wie die anderen ticken. Man kann sich da relativ gut gegenseitig »befruchten«. Deshalb kann ich es auch nicht verstehen, warum man z. B. bei den Hauptvorstandssitzungen immer wieder nach Gründen suchen muss, das Ganze noch attraktiver zu machen. Das ist schade und enttäuschend aus Sicht des Saarlands. Zum Thema »Über Ländergrenzen sehen« ergibt sich die Frage nach Besonderheiten hinsichtlich der Arbeit an den Grenzen zu Luxemburg und Frankreich. Wirkt sich das auf die alltägliche Arbeit aus? Ein Katasterpuffer? Noch mal zur innerdeutschen Befindlichkeit: Wie geht es dem Saarland nach einem Jahr mit ALKIS®? HEINRICH | Es gab eine Formulierung, die hieß: »Nach ALKIS® wird alles besser.« Bezogen auf »nach« (lacht) … Aber es läuft! WERNY | Im Saarland geben wir vorerst nur Punkte ab, also nur den unvollständigen Fortführungsentwurf, weshalb die Umstellung noch nicht ganz so gravierend ist. Es gab am Anfang sicher ein paar Probleme, was den Datenfluss usw. anbetrifft. Das hat alles eine gewisse Zeit gedauert. Besondere Schwierigkeit war, dass kurz vor ALKIS® auch noch ein paar neue Vorschriften, was die KaVermA, also die Katastervermessungsanweisungen, betrifft, eingeführt wurden. Fairnesshalber muss man aber auch erwähnen, dass der Umstieg im Saarland relativ reibungslos war. Es gab nicht den wochenlangen Fortführungsstopp wie in anderen Bundesländern. Wir haben sechs Landkreise im Saarland und die Daten wurden landkreisweise migriert. Das hat immer vier Wochen gedauert. Während dieser Phase gab es auch ein paar Verzögerungen, aber es kam nicht dazu, dass ein halbes Jahr lang alle Räder stillstanden. Wir sind halt kein Flächenland und deswegen ist es wohl an manchen Stellen etwas einfacher. Mit dem Landesamt haben wir auf Augenhöhe gearbeitet. Wenn wir Probleme hatten, dann haben wir mit der Verwaltung gemeinsam versucht, diese zu lösen. Es wurde uns also nichts übergestülpt, sondern wir haben gemeinsam versucht, die Sache Zug um Zug zu optimieren. Abgesehen von der Einrichtungszeit oder von der Eingewöhnungs- und Lernphase in den eigenen Büros – haben sich die Bearbeitungszeiten mit ALKIS® im Gegensatz zu vorher verändert? HEINRICH | Ich würde sagen ja! HEINRICH | Auf die alltägliche Arbeit eher nicht … Also na ja, je nachdem, welchen Saarländer man fragt. Nach Luxemburg bestehen schon einige Kontakte. Das nächste Département, welches in Frankreich auch für uns zuständig ist, hat seinen Sitz in Metz; das ist ein bisschen weiter weg. Zudem kommt die Sprachbarriere erschwerend hinzu. Hoheitliche Vermessungen in Frankreich stehen ja logischerweise nicht zur Debatte und für technische Vermessungen fragen die Auftraggeber dann doch lieber einen Muttersprachler. WERNY | Ein paar Besonderheiten gibt es immer dann, wenn man eine Vermessung direkt an der deutsch-französischen Grenze durchführt. Da wird dann nicht direkt der Grenzpunkt vermarkt, sondern da sollte man ein bisschen Abstand halten zur Bundesgrenze … 6 2 Mehr oder weniger Zeitaufwand? HEINRICH | Es ist mehr. Bei uns im Büro dauert es insgesamt länger. Allgemein kamen verschiedene Punkte gleichzeitig auf uns zu. Neben der ALKIS®-Einführung kam die DIRI-Web-Einführung, d. h., dass wir online auf die Daten des Liegenschaftskatasters zugreifen können – allerdings jetzt auch verpflichtet sind, das zu tun. Das heißt, im Vorfeld entsteht durch die Selektion der Katasterdaten mehr Zeitaufwand als vorher. Bei der Messung draußen hat sich der Messungsaufbau nicht weiter geändert. Die Nachbearbeitung selbst ist definitiv zeitintensiver geworden, zumindest bei uns im Büro. VERBAND Bildet sich der Mehraufwand, den man hatte und hat, in der Kostenordnung ab? WERNY | Nein, nicht unbedingt. Ende 2014 wurde die Grundgebühr um eine Pauschale erhöht als Ausgleich dafür, dass wir mit Einführung von DIRI-Web die Vermessungsunterlagen jetzt online ziehen können. Früher haben wir die Unterlagen fertig kopiert bekommen, jetzt muss ein Mitarbeiter die vorher online ziehen und werten. Deshalb wurde die Pauschale erhöht. Ansonsten gab es noch keine Gespräche, was die Gebührenordnung betrifft. Aber die Neuerungen müssen sich jetzt erst mal einpendeln lassen. Das Landesamt musste auch Erfahrungen sammeln, dann kommt ein Austausch und jetzt, nach einem Jahr, müssen wir die Sache gemeinsam angehen, um auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Auch, was die Gebühren betrifft. Zum Aufwand noch kurz: Ich kann auch bestätigen, dass die Bearbeitungszeiten gestiegen sind. Vielleicht können verschiedene Abläufe noch optimiert werden. Gerade was Softwarehersteller betrifft, müssen wir noch ein bisschen mehr am Ball bleiben. Wir haben den Nachteil, wenn – sage ich mal – vier ÖbVI aus dem Saarland schreien, dass das nicht ganz so ernst genommen wird, wie wenn vielleicht 150 Kollegen aus NRW Alarm geben. Stichwort DIRI-Web – also digitales Rissarchiv. Sie sagten, Sie müssen Ihre Vermessungen damit vorbereiten. Heißt das, es besteht keine Wahlmöglichkeit, sich die Unterlagen auch weiterhin von der Behörde ausfertigen zu lassen? ERIK WERNY 26.12.1972 geboren in St. Ingbert, Saarland 2001 Abschluss Studium Geoinformatik und Vermessung an der Fachhochschule Karlsruhe 2001-2003 Laufbahn für den gehobenen vermessungstechnischen Verwaltungsdienst des Saarlandes beim LKVK 2003-2005 praktische Tätigkeit beim Vermessungsbüro Volker Werny seit 2008 Zulassung zum ÖbVI – Gründung der Ing.-Gesellschaft Werny + Partner seit 2014 Vorsitzender der Landesgruppe Saarland WERNY | Genau. Es wurde verpflichtend eingeführt. HEINRICH | Die einzige Ausnahme ist dann gegeben, wenn bestimmte Unterlagen in DIRI-Web nicht aufzufinden sind. Ganz alte Sachen, Flurbücher etc. Dann kommt es also durchaus vor, dass man das Archiv vom LVGL anruft oder anschreibt und die fehlenden Unterlagen auf herkömmliche Art und Weise anfordert. Wie umfänglich ist DIRI-Web? Sind auch Grenzniederschriften, Rezesse, Separationskarten, Ergänzungs- und Reinkarten usw. abrufbar? WERNY | Nein. Es ist nur das Zahlenwerk – also die verschiedenen Arten von Rissen sind hinterlegt oder sollten es zumindest sein. Wir haben festgestellt, dass es schon noch Lücken gibt. Sei es, dass nicht alle Risse gescannt oder nicht hinterlegt sind. Es kommt bei der Messungsvorbereitung oft vor, dass man merkt: Da fehlt was und wir müssen nachbestellen. Und dann bekommen wir die fehlenden Unterlagen zur Verfügung gestellt. Haftet der ÖbVI für die Vollständigkeit der vorbereiteten Vermessungsunterlagen oder geht die Haftung auf das Landesamt über? WERNY | Ich notiere mir die Frage gerade mal und gebe sie an Herrn Dr. Holthausen weiter. HEINRICH | Einen Präzedenzfall gibt es hier nicht und eine offizielle Aussage dazu ist meines Wissens auch noch nicht getroffen worden. Aber so, wie die Situation momentan ist, gehe ich eigentlich davon aus, dass ab einem gewissen Grad der ÖbVI in der Haftung ist – einfach aus dem Grund: In den Vermessungsunterlagen ist ja auf dem Risskopf immer notiert, welches die Ursprungsrisse sind. Und wenn ich dann eine Messung durchführe und von den fünf grundlegenden Rissen vier in DIRI-Web fehlen und ich sie deshalb nicht hinzuziehe, bin ich natürlich selbst schuld – darüber hätte ich mich im Vorfeld informieren müssen. 7 2 VERBAND WERNY | Wir sind aber schon glücklich, dass es DIRI-Web endlich gibt. Weil wir so sehr viel flexibler sind, was die Abarbeitung der Aufträge betrifft. Auch kann man die Kunden im Vorfeld besser beraten und ist nicht mehr darauf angewiesen, Unterlagen zur Verfügung gestellt zu bekommen. Es war ein Meilenstein – das muss man schon sagen. Wir wollen nicht rummeckern, aber wir stehen in regem Kontakt mit dem LVGL, um DIRI-Web Zug um Zug zu optimieren. Wie beziehen Sie die für die Fortführungsvermessung notwendigen NAS-Datensätze? WERNY | Auch über DIRI-Web … Das dauert in anderen Bundesländern teilweise drei Wochen … WERNY | Das ist bei uns nicht so, das geht bei uns 1:1. Wir bestellen die NAS-Daten und die dazugehörigen Risse. Das war es eigentlich. Früher musste man noch die Punktnummern extra anfordern, aber im NAS-Datensatz ist ja alles drin. Und diese Daten bekommen wir in einem Download-Link. Da sind dann praktisch die NAS-Datei drin und die PDFs. Haben Sie auch Zugriff auf den Teil von ALKIS®, der die Liegenschaftskarte darstellt? HEINRICH | Wir markieren den Bereich, den wir brauchen, und bekommen dann einen Download-Link, in dem uns die Daten als ZIP-File zur Verfügung gestellt sind. WERNY | Wir haben schon Zugriff auf die Liegenschaftskarte. Wir können sie für die Bearbeitung eines Auftrages kostenpflichtig bestellen. Aber das Auskunftsrecht in dem Sinne, in welchem wir es auch für das Saarland einfordern werden, das gibt es noch nicht. Man hat sie also sofort? In einer halben Stunde? Worin sehen Sie die Vorteile des Auskunftsrechts? HEINRICH | Im Normalfall ja. 8 2 HEINRICH | Der Status ist momentan so: Wir haben das LVGL VERBAND in Saarlouis als zentrale Außenstelle. Damit es aber flächendeckend im Land vertreten ist, wurden in verschiedenen Landkreisen sogenannte Bürgerbüros eingerichtet. Diese Bürgerbüros sind dann ein- oder zweimal die Woche für ein paar Stunden besetzt. Das heißt, man könnte zu den normalen Öffnungszeiten dorthin gehen. Wir als ÖbVI-Büros haben diese Flächendeckung aber aus der Natur der Sache heraus. Außerdem haben wir im Normalfall jeden Tag zwischen 7 und 16 Uhr geöffnet – für »Lieschen Müller« sicherlich der Vorteil, sich nicht auf einen speziellen Tag festlegen zu müssen, die kann im Zweifel auch mal nach der Arbeitszeit vorbeikommen. Außerdem von Vorteil ist es natürlich, dass das LVGL die Mitarbeiter für diese Bürgerbüros an Stellen einsetzen könnte, an denen sie fehlen, d. h., mit der Erteilung des Auskunftsrechtes an ÖbVIBüros würden im Landesamt Kapazitäten frei. Und außerdem – wenn jemand im ländlichen Bereich wohnt, der vielleicht nicht mehr mobil ist und vielleicht auch nicht mit dem Internet in dem Maße vertraut ist, aber trotzdem eine Katasterkarte bräuchte, dann muss der- oder diejenige momentan versuchen, sich telefonisch durchzufragen. Mit einer hohen Wahrscheinlichkeit hat er oder sie aber einen ÖbVI im Umkreis zu sitzen, während das Bürgerbüro 20, 25 km weit entfernt ist. So, wie ich die Kollegen bei uns einschätze, würde auch zu dem Kunden hingefahren werden, um ihm bei seiner Frage zu helfen. Das ist halt einfach die Flexibilität, die die ÖbVI haben. Das Auskunftsrecht also vor dem Hintergrund des Dienstleistungsgedankens und nicht irgendwelcher Profitüberlegungen? HEINRICH | Mit dem Auskunftsrecht an sich kann ich keinen Profit erwirtschaften. Wenn jetzt aber jemand das dritte Mal wegen einer Katasterkarte kommt und dann zusätzlich eine Teilungsvermessung zu beauftragen hat, dann wäre das durchaus positiv. Klar, dass sich da gewisse Synergien ergeben, kann vorkommen. Aber im ersten Moment ist es bei uns nicht wirklich Ziel, damit Profit zu erwirtschaften. Das ist definitiv nicht unser Anliegen. Also klares Ziel: Auskunftsrecht für ÖbVI, so wie in 90 % der Bundesrepublik auch! WERNY | In jedem Landkreis gibt es einen ÖbVI (außer im Kreis Merzig), aber im Saarland sind ja die Wege alle relativ kurz, fährt man nicht länger als eine halbe Stunde, ohne dass man das Saarland verlässt, außer man fährt im Kreis. Trotzdem ist es für den Bürger ein zusätzlicher Nutzen, wenn er flexible Öffnungszeiten der ÖbVI-Büros nutzen kann und die Wege dadurch noch kürzer werden. PETER HEINRICH 13.07.1974 geboren in Saarbrücken 1996-1998 Ausbildung zum Vermessungstechniker 1998-2004 Studium der Geodäsie an der Rheinischen Friedrich-WilhelmsUniversität Bonn 2005-2007 Referendariat in Rheinland-Pfalz 2007-2010 Vermessungsassessor bei ÖbVI Kurt Engler in Saarbrücken 2011-2011 Vertriebsingenieur bei Helmut Schultz Gesellschaft für Vermessungstechnik mbH 2011-2013 Ingenieurbüro Heinrich seit 2013 Bestellung zum Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur, Nachfolger von Kurt Engler seit 2014 stellv. Vorsitzender der BDVI-Landesgruppe Saarland Die kurzen Dienstwege wurden oft erwähnt. Wie ist es um das Verhältnis BDVI/ÖbVI zur Verwaltung generell bestellt? WERNY | Zum Landesamt ist das Verhältnis relativ gut. Wir arbeiten z. B. seit mehreren Jahren gemeinsam in einer KaVermAGruppe, einer Gruppe mit fünf Mitgliedern, und wir sind mit zwei Kollegen vertreten. Das ist schon ein Austausch auf Augenhöhe. Was die Aufsichtsbehörden oder unser Fachreferat betrifft, haben wir relativ wenige Berührungspunkte. Das liegt vor allem daran, dass diese Stelle fast verwaist ist. Unser zuständiger Fachbereichsleiter ist kein Vermesser mehr, was wir natürlich nicht so gern sehen. Dann war im Ministerium noch eine Mitarbeiterin im höheren Dienst für die Flurbereinigung zuständig, also unsere Ansprechpartnerin. Außerdem gab es noch einen Sachbearbeiter des gehobenen Dienstes dort, der für die fachlichen Dinge verantwortlich war. Diese dünne Personaldecke ist aus unserer Sicht schon problematisch – es ist immerhin die Auf- 9 2 VERBAND BDVI-LANDESGRUPPE SAARLAND IN ZAHLEN 11 Mitglieder im BDVI 11 ÖbVI in 8 Büros ca. 126 Mitarbeiter/-innen STATISTISCHE ANGABEN 2015 6 Landkreise 53 Gemeinden 409 Gemarkungen Flurstücke: 1.288.591 Fläche: 2.569.749.409 m² Zahl der erledigten Anträge 2015: 797 Teilungsvermessungen (ÖbVI-Anteil 68,4 %) 3.605 neu entstandene Flurstücke 129 Grenzfeststellungen (ÖbVI-Anteil 62,0 %) 1.244 Gebäudeeinmessungen (ÖbVI-Anteil 75,8 %) mit insgesamt 2.013 eingemessenen Gebäuden dem die Landesämter sogar aufgefordert wurden, öffentliche Aufträge nur noch an das LVGL zu vergeben. Durch starken Protest meines Vorgängers Thomas Rickmann konnten wir die Sache zumindest etwas aufweichen, sodass teilweise die Aufträge auch wieder an ÖbVI vergeben werden. Aber grundsätzlich ist schon eine gewisse Konkurrenzsituation da, die sich partiell sogar in den technischen Bereich erstreckt, was wir überhaupt nicht gern sehen und gegen die wir auch ganz massiv vorgehen. Wo liegen aus Sicht eines ÖbVI die Herausforderungen an die Vermessungsverwaltung in der Zukunft? HEINRICH | Es gibt verschiedene Punkte. Zum einen ist es so, dass wir im Saarland wie in ganz Deutschland ein massives Nachwuchsproblem haben. Einer der großen Punkte ist daher, dass die Verwaltung für die nächsten Jahre sicherstellen muss, dass sie genügend Leute vor allem auch im höheren Dienst hat. Im Saarland ist irgendwann im letzten Jahrtausend ein relativ großer Prozentsatz an Leuten zum ungefähr gleichen Zeitpunkt in den höheren Dienst integriert worden. Diese gehen jetzt natürlich auch alle zum ungefähr gleichen Zeitpunkt in Pension. Da muss die Verwaltung aufpassen. LANDESGRUPPENVORSTAND Erik Werny Michael König Peter Heinrich Vorsitzender stellvertretender Vorsitzender stellvertretender Vorsitzender 2 Mitgliederversammlungen im Frühjahr und Herbst sichtsbehörde. Wir sind sehr dafür, dass das Fachreferat personell verstärkt wird. Die Politik argumentiert zwar, dass Personal und damit Kosten eingespart werden müssen, aber dann sollte man sich seitens der Verwaltung unserer Auffassung nach auch aus dem operativen Bereich zurückziehen und sich auf die wesentlichen Aufgaben konzentrieren, denn sonst ist das der Anfang vom Untergang der Vermessungsverwaltung hier im Saarland. Da können wir uns, zumindest mit der Vermessungsverwaltung, schon mal Rheinland-Pfalz anschließen. Zum operativen Bereich: Tritt die Verwaltung als Wettbewerber zu den ÖbVI auf? WERNY | Es gibt leider Kommunen oder andere Landesbehörden, die ihre Aufträge teilweise oder gar ausschließlich an das Landesamt vergeben. Es gab vor ein paar Jahren von der sogenannten Jamaika-Koalition einen Ministerratsbeschluss, mit 10 2 Wir können es nicht so weit kommen lassen, dass im Saarland in fünf Jahren nur noch einer im höheren Dienst ist, und das war es dann. Von der technischen Seite her – klar, wir müssen schauen, dass wir allgemein mit ALKIS® weiterkommen, dass diese Abläufe insgesamt rund werden, auch seitens der Verwaltung vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass irgendwann ja mal komplette Fortführungsentwürfe von den ÖbVI übergeben werden sollen und nicht nur Punktdateien. Dann gibt es eine andere Sache, die da noch anzusprechen ist: Schön wäre es, wenn wir irgendwann mal – wann auch immer – in den Zustand des Koordinatenkatasters kommen, dass bei uns auch mal die Koordinaten und die Karten übereinstimmen. Was man natürlich auch nicht vergessen darf: Die Verwaltung muss auch im Bereich der Ausbildung und der Jugendarbeit aktiv bleiben. Wir benötigen auch weiterhin kompetente Ansprechpartner in den Behörden. WERNY | Priorität der Verwaltung muss es sein, Nachwuchs einzustellen, insbesondere im Fachreferat, wo Fachgesetze und Fachverordnungen erlassen werden. Und dann müssen beim LVGL auch andere Dinge vorangetrieben werden, wie ALKIS® hinsichtlich Fortführungsentwurf oder wie die Datenhomogenisierung, was die Karte betrifft. Die Problematik ist, dass das eingestellte Personal dann aber im operativen Messgeschäft eingesetzt wurde. Das muss sich nach BDVI-Meinung verschieben. Sicher müssen die Mitarbeiter dort mal ein bisschen im Außendienst schnuppern, um hinterher mitreden zu können. Aber man VERBAND sollte die Leute nicht im Außendienst ausbilden, um sie danach an die Prüfung von eingereichten Vermessungen zu setzen. Wir ÖbVI haften für die Messung vollumfänglich. Daher muss bei den Behörden kein Personal vorgehalten werden, das maximal prüft, ob ein i-Punkt beim Straßennamen fehlt. Das muss sich aus unserer Sicht signifikant verschieben. Das Personal soll dann für wichtigere Aufgaben eingesetzt werden. Wir verstehen den politischen Willen, das Personal zu reduzieren, aber man muss sich auf ein paar Schwerpunkte konzentrieren und Personal dann am besten im operativen Bereich einsparen. Ich habe von Katasterämtern gehört, bei denen ein fehlender i-Punkt ein Rückweisungsgrund ist … HEINRICH | Kommt darauf an, wer es bearbeitet (lacht). Nein, so schlimm ist es nicht. Ich denke, wir haben ein ganz gutes Verhältnis zum LVGL und Differenzen können kurzfristig aus der Welt geschafft werden. Mit welchen Maßnahmen kann es sowohl der Verwaltung als auch dem BDVI gelingen, den Beruf attraktiver und für die Öffentlichkeit interessant zu machen, sodass man sich mittelfristig um den Nachwuchs keine Sorgen mehr machen muss, dass man also Studenten oder Azubis bekommt, vielleicht sogar Referendare? WERNY | Wenn sie nicht sowieso aus dem Saarland kommen … | HEINRICH Wir sind hier seit drei Jahren zumindest im kleinen Bereich aktiv. Es gibt im Saarland einmal im Jahr eine AusbilWie ist die Nachwuchssituation unter den ÖbVI? dungsmesse. Diese findet in Saarbrücken auf dem Messegelände statt. Auch dieses Jahr wieder (September) geht es darum, den WERNY | Dazu habe ich keine genaue Kenntnis. Die Kollegen Beruf den potenziellen Auszubildenden zu präsentieren. schon etwas fortgeschrittenen Alters haben nichts darüber höDas tun wir vom BDVI, VDV und vom DVW zusammen – wir ren lassen, ob sie einen potenziellen Nachfolger haben oder wie haben einen gemeinsamen Stand und repräsentieren den Bere- lange sie ihr Büro betreiben möchten. Im Saarland haben wir ich Vermessung. Als die Messe das erste Mal stattgefunden hat, ja auch keine Altersbeschränkung – daher gibt es eigentlich keiwaren wir sehr auf die Auszubildenden fixiert, haben dann aber nen Grund, mit 65 wie der Beamte den Hammer fallen zu lassen. festgestellt, dass doch auch sehr viele gefragt haben: »Was kann Wobei wir es im kleinen Saarland nicht ganz so dramatisch seich denn danach machen? Kann ich das auch studieren?« Ent- hen – die Arbeit, die hier anfällt, die kann man auch mit drei oder vier Büros stemmen. Das ist ja nicht das Problem. sprechend haben wir das ganze Spektrum dann erweitert. Das hat sich mittlerweile auch in der Anzahl der Bewerbungen für Ausbildungsplätze bei den Büros, die da waren und auch ausbilden wollten, niedergeschlagen. Problem ist naturgemäß der höhere Dienst oder auch Ingenieure, denn im Saarland haben wir keine Hochschule. Die nächstgelegenen Möglichkeiten, zu studieren, liegen in Bonn, Karlsruhe und Mainz und es gibt wohl wenig Leute, die sich mit dem Gedanken tragen, einfach mal ins Saarland zu gehen und mal zu überlegen, was man hier machen kann. Jetzt mal die Frage, die ich vorhin in Bezug auf die Verwaltung gestellt habe. Wie sind die Herausforderungen an ein ÖbVI-Büro für die Zukunft? HEINRICH | Ich formuliere es jetzt mal so, wie es in jedem betriebswirtschaftlich orientierten Betrieb ist: Wir müssen versuchen, unsere Arbeitsabläufe zu optimieren, an verschiedenen Stellen Zeit und dadurch Geld zu sparen. Die Menge der Messungen wird 11 2 VERBAND nicht weniger und man muss halt immer versuchen, immer mehr in immer kürzerer Zeit parallel zu machen. Eventuell wird das eine oder andere Büro sich auch so aufstellen, dass es noch ein bisschen größer werden wird, um das Ganze zu optimieren. Das klang jetzt sehr nach der hoheitlichen Aufgabe. Wie sieht es auf technischer Seite aus? Dahin gehend Herausforderungen? WERNY | Wir müssen sehen, dass wir als ÖbVI uns als attraktive Arbeitgeber darstellen. Und da gehört einfach nicht nur dazu, draußen Grenzsteine zu setzen und irgendwelche Fortführungsrisse zu zeichnen, sondern man muss innovative Techniken einführen, an denen die Leute dann auch Spaß haben, die einem auch selbst Spaß machen. Dass wir uns einfach breit aufstellen – da gibt es ja ein ganz interessantes Spektrum von Laserscanning bis hin zu Vermessung mit Drohnen. Das sind auch Dinge, die uns interessant machen – auch bei dem Nachwuchs. Auf der Ausbildungsmesse hatten wir dieses Jahr das erste Mal eine aktive Drohnenvorführung und das hat gleich Begeisterung und Aufmerksamkeit geweckt. Das sind die Dinge, die wir insgesamt forcieren müssen. Büros, die noch ein paar Jahre vor sich haben, müssen sich auf jeden Fall Gedanken machen. Zu einem attraktiven Arbeitgeber gehört es auch, vernünftige Löhne zu bezahlen. Wir werden niemanden hinter dem Ofen hervorlocken, der zehn Stunden am offenen Graben für 800 Euro im Monat Leitungen einmisst. Da muss ein generelles Umdenken her. Es gibt mit Sicherheit schon viele, bei denen das lange vollzogen ist, aber den Rest müssen wir auch mitziehen. HEINRICH | In der Landesbauordnung und Bauvorlagenverordnung stehen gewisse Paragrafen und es gibt in der Praxis gewisse Inhalte, die von den unteren Bauaufsichten gefordert werden. Den Begriff existiert zwar in der Bauvorlagenverordnung, jedoch wird er nicht so angewendet wie in anderen Bundesländern. Für Häuslebauer erklärt – welche Schritte beim Einfamilienhausbau betreut der ÖbVI? HEINRICH | Von der topografischen Aufnahme angefangen über eine Grenzermittlung, Lageplanerstellung für den Architekten, Flurkarte zum Bauantrag, eventuellen Lageplan zum Bauantrag. Wenn das Bauvorhaben selbst umgesetzt werden soll, Grobabsteckung für den Bodenaushub, Einweisung nach der Landesbauordnung. Eventuell Vermessungen während der Bautätigkeit und dann letztendlich noch mal die Gebäudeeinmessung am Ende. Und wenn noch etwas dazwischen sein sollte – vielleicht auch baurechtliche Fragestellungen – wie Ausfertigung und Beglaubigung von Baulastenanträgen, Grundstücksvereinigungen, also wirklich alles, was mit Grund und Boden zu tun hat. Welche Segmente davon sind hoheitlich hier im Saarland? HEINRICH | Die Gebäudeeinmessung. WERNY | Nur die Gebäudeeinmessung. Die Einweisung, also die Absteckung, war mal hoheitlich, oder? In dem Kontext die Frage nach der Ausbildung und der Beschäftigung von Geomatikern. WERNY | Im Saarland wird meiner Kenntnis nach ein Geomatiker beim LVGL und einer bei einem Energieversorger ausgebildet, bei einem ÖbVI allerdings noch keiner. Wir haben sowieso Probleme, überhaupt Auszubildende zu finden und denen zu erklären, was ein Vermessungstechniker ist, und wenn man dann noch mit einem Geomatiker kommt … Aber dass die Anforderungen immer mehr in die GIS-Schiene gehen, sehe ich auch so. Daher ist die Geomatikerausbildung nicht von der Hand zu weisen, obwohl ich auch kein Fan davon bin, den Vermessungstechniker in Salamitaktik in einen Industrievermesser oder was weiß ich noch alles zu zerlegen. Lassen Sie uns noch kurz zum Thema Baurecht kommen. Gibt es im Saarland den Amtlichen Lageplan? 12 2 WERNY | Ja, es war mal in der Landesbauordnung verankert, dass die Absteckung von einer Vermessungsstelle durchgeführt werden musste, außer innerhalb von Industrieanlagen oder bei Absteckungen, bei denen weit und breit keine Grundstücksgrenze zu berücksichtigen ist. Seit ein paar Jahren ist sie aber nicht mehr hoheitlich. Wir hatten die Sorge, dass uns dadurch etwas wegbrechen würde, da die Absteckung nun eigentlich jeder machen darf, theoretisch sogar ein Metzger. Wichtig war nur, dass der sogenannte Einweisungsschein der unteren Bauaufsicht vorgelegt wird. Zumindest unser Büro hat aber die Erfahrung gemacht, dass die Konkurrenz der technischen Büros nicht groß ist, da die offensichtlich nicht so sehr heiß darauf sind, sich mit Grundstücksgrenzen usw. zu befassen. HEINRICH | Es ist wirklich nichts passiert. Jeder sagt: »Lass das mal lieber einen machen, der sich mit Grenzen auskennt.« VERBAND WERNY | Vielleicht noch ein Wort zur Nachwuchskräftegewinnung. Ich denke, wir dürfen nicht mehr so passiv sein, wir müssen auch versuchen, aktiv die Leute zu bekommen. Dazu gehört auch, mit Schulen zu kooperieren und Praktikumsstellen anzubieten. Das ist immer eine gute Gelegenheit, Schüler über ein Praktikum kennenzulernen. Und die jungen Leute haben dann auch das Büro kennengelernt. Da sind welche dabei, die wollten gar nicht unbedingt Vermesser werden, die waren nur froh, dass sie eine Praktikumsstelle hatten, und dann kommt es halt manchmal doch zu einer Ausbildung. Die Zeiten, in denen die Auszubildenden automatisch zu uns gerannt kamen, sind wohl vorbei. HEINRICH | Vielleicht noch kurz zum heutigen Bild vom Vermesser – wenn man jemandem erklären soll, was ein Vermesser ist und was er macht, dann ist die einfachste Erklärung: Das sind die, die mit einer rot-weißen Stange an der Straße stehen. Die kennt irgendwie jeder. Aber was wir ansonsten machen, ist in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Ich glaube, dass das das Problem ist, das die Vermesser quer durch Deutschland haben. Dass sie es einfach nicht schaffen, »werbewirksam« aufzutreten. Über dieses Bild von den Fluchtstangen und den Gummistiefeln wird berufsintern viel geschimpft. Ist es nicht aber trotzdem das Mittel der Wahl, die Leute in einem ersten Schritt auf den Beruf aufmerksam zu machen? Den Schornsteinfeger verbindet man auch zuerst mit der Bürste, der Leiter und dem Zylinder. Aber wenn er kommt, hat er weiße Handschuhe an, einen Computer dabei und fummelt da an irgendwelchen Sonden rum. HEINRICH | Gestern sahen die bei mir aber anders aus! Also die Schornsteinfeger. Sicher, aber manchmal haben Vermesser auch immer noch Gummistiefel an und halten Fluchtstangen in der Hand. Muss man sich aus solchen Dingen ein Identifikationsmerkmal bilden und dann anfangen aufzuklären – oder muss es anders sein? Müssen wir in der Öffentlichkeit mit anderen Dingen assoziiert werden? HEINRICH | Jein. Das mit dem Fluchtstab ist ein Bild, das hat jeder schon mal gesehen. Wenn ich jetzt sage, das ist jemand, 13 2 VERBAND der steht draußen mit dem Tachymeter und misst Prismen an, weiß normalerweise kein Mensch, wovon ich rede. Wenn wir es natürlich schaffen, das Ganze modern und auch nach außen so zu präsentieren, wie wir es wirklich machen, auf welchem technischen Stand wir sind, wie das Ganze aussieht, wäre das erstrebenswert. Nur bekommt man das nicht so schnell in das Bewusstsein der Leute rein. WERNY | Ja, ich gebe dir recht – ich sehe da auch keinen Nachteil, dass wir immer mit unseren Fluchtstangen oder mit Tachymetern in Verbindung gebracht werden. Es darf dann nur nicht das Image entstehen, dass das unser ganzes schmales Leistungsspektrum ist … HEINRICH | Es darf halt nicht mit dem Fluchtstab aufhören. Verwaltungsvertreter und die Vertreter des BDVI gefragt, wer Fußballweltmeister wird. Die Verwaltungsvertreter waren sich zu 100 % sicher, dass es Kolumbien wird. Rudi Wehmeyer und Andreas Rose haben gesagt, es wird Deutschland. Ich frage jetzt hier: Wer wird Fußballeuropameister 2016? WERNY | Gute Frage … Vielen Dank. Die Antwort bitte. WERNY | Der Wunsch ist natürlich, dass es Deutschland schafft. Aber ehrlich gesagt glaube ich nicht dran. Und ich sage, es wird … HEINRICH | Ich bin nicht fußballaffin und sage: Es wird Deutschland! WERNY | Ich sage: Es wird Spanien. Das ist als Schlusswort so nicht mehr zu überbieten. Meine Herren, ich danke für das Gespräch. Ich danke für das Interview und beende den fachlichen Teil, habe aber darüber hinaus noch eine allerletzte Frage: 2014 beim Interview in Düsseldorf wurden die 14 2 Andreas Bandow, FORUM-Schriftleitung VERBAND PRAXWERT – DIE SOFTWARE ZUR WERTERMITTLUNG Bereits im Einsatz bei: - Finanzverwaltung NRW - Landesamt für Vermessung Sachsen-Anhalt - zahlreichen Handwerkskammern! Kostenlose Demo-Version zum Download und PraxWert 5.3 bestellen unter www.olzog.de/praxwert BDVIMitglieder s p a re n 150,– EU R Ihre Vorteile: im ersten J teinfache Bedienung ahr! tpraxisgerechte Umsetzung tsofort einsetzbare Berechnungstabellen tautomatische Erstellung von Gutachten tFreiraum für individuelle Gestaltung von Berechnungen und Gutachten tstets aktuell durch regelmäßige Updates toptimiert durch neue, gesetzlich notwendige Module tkostengünstig & leistungsfähig in Kooperation mit OLZOG Verlag · Welserstr. 1 · 81373 München · www.olzog.de 15 2 VERBAND Katasterauskunft durch ÖbVI I BDVI-GESCHÄFTSSTELLE | BERLIN nzwischen können ÖbVI in den meisten Bundesländern Auszüge aus dem Liegenschaftskataster an Dritte abgeben. In drei Bundesländern ist dies (noch) nicht möglich. Die letzte Spalte der nachfolgenden Tabelle führt die Kostenteilung für die Auszüge selbst an. Die Bandbreite der Aufteilung ist enorm, wobei in einigen Bundesländern die Regelungen noch überarbeitet werden sollen. In manchen Bundesländern sind zusätzlich Kosten für den Zugang fällig, so in Brandenburg und Niedersachsen. Bundesland ÖbVI auskunftsberechtigt Nein Rechtsgrundlage Brandenburg Nein (in bestimmten Zusammenhängen möglich) Ja Bremen Ja Gesetz über das Vermessungswesen in Berlin (VermGBln) – letzte Änderung: 18. November 2009 § 7 Verwendungsvorbehalte Abs. 1 Gesetz über das amtliche Vermessungswesen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Vermessungsgesetz – BbgVermG) – Stand: 13. April 2010 § 26 Abs. 3 – Hamburg Hessen Ja Ja BadenWürttemberg Berlin 16 2 – – Hessisches Gesetz über das öffentliche Vermessungs- und Geoinformationswesen (Hessisches Vermessungs- und Geoinformationsgesetz – HVGG) – Stand: 27. Dezember 2012 § 18 Abs. 1 Kostenregelung (Stand 2015) Kostenteilung ÖbVI – Amt – – Gebührenordnung für das amtliche Vermessungswesen im Land Brandenburg (Vermessungsgebührenordnung – VermGebO) – Stand: 19. Juli 2013 §9 > Kostenteilung: 50 % Amt – 50 % ÖbVI Einnahmen werden derzeit in voller Höhe an Behörde weitergegeben. Entsprechende Regelung steht noch aus. > Kostenteilung: 50 % Amt – 50 % ÖbVI Die Auslagen werden ohne Entgelt und umsatzsteuerfrei weitergeleitet. > Kostenteilung: 100 % Amt – 0 % ÖbVI VERBAND Bundesland MecklenburgVorpommern ÖbVI auskunftsberechtigt Ja Niedersachsen Ja NordrheinWestfalen Ja Rheinland-Pfalz Ja Saarland Sachsen Nein Ja Sachsen-Anhalt Ja SchleswigHolstein Ja Thüringen Ja Rechtsgrundlage Gesetz über das amtliche Geoinformations- und Vermessungswesen (Geoinformations- und Vermessungsgesetz – GeoVermG M-V) – Stand: 16. Dezember 2010 § 36 Abs. 4 Niedersächsisches Gesetz über Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure (NÖbVIngG) – Stand: 25. März 2009 § 2 Abs.1 Gesetz über die Landesvermessung und das Liegenschaftskataster (VermKatG NRW) – Stand: 12. April 2014 § 15 Abs. 2 § 4 Bereitstellung und Nutzung der Geobasisdaten Landesverordnung zur Durchführung des Landesgesetzes über das amtliche Vermessungswesen (LGVermDVO) – Stand: 27. Oktober 2014 § 12 Abs. 1 – Gesetz über das amtliche Vermessungswesen und das Liegenschaftskataster im Freistaat Sachsen (Sächsisches Vermessungs- und Katastergesetz – SächsVermKatG) – Stand: 14. Juli 2013 § 12 Abs. 1 Vermessungs- und Geoinformationsgesetz Sachsen-Anhalt (VermGeoG LSA) – Stand: 18. Oktober 2012 § 21 Abs. 3 Gesetz über die Landesvermessung und das Liegenschaftskataster (VermKatG) – Stand: 15. Dezember 2010 § 14 Abs. 2 Thüringer Vermessungs- und Geoinformationsgesetz (ThürVermGeoG) – Stand: 30. Juli 2012 § 19 Abs. 3 Kostenregelung (Stand 2015) Kostenteilung ÖbVI – Amt > Kostenteilung: 80 % Amt – 20 % ÖbVI Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen (KOVerm) – Stand: 22. Mai 2012: Anlage 3 > Kostenteilung: 30 % Amt – 70 % ÖbVI Die technische Möglichkeit hängt von der individuellen Vereinbarung mit den Katasterämtern ab. Die ÖbVI verkaufen Katasterauszüge im Auftrag des Katasteramtes. Die Auszüge werden zum gleichen Preis verkauft, wie das Amt sie abgibt. > Kostenteilung: 70 % Amt – 30 % ÖbVI Landesverordnung zur Durchführung des Landesgesetzes über das amtliche Vermessungswesen (LGVermDVO) – Stand: 27. Oktober 2014 § 13 Übermittlung und Verwendung der Geobasisinformationen des amtlichen Vermessungswesens (VV-ÜbermittlungGeoBasis) – Stand: 11. November 2013 > Kostenteilung: 14 % Amt – 86 % ÖbVI – Gesetz über das amtliche Vermessungswesen und das Liegenschaftskataster im Freistaat Sachsen (Sächsisches Vermessungsund Katastergesetz – SächsVermKatG) – Stand: 14. Juli 2013 § 12 Abs. 2 > Kostenteilung: 50 % Amt – 50 % ÖbVI Amtliche Auszüge »Bürgerbüro« > Kostenteilung: 100 % Amt – 0 % ÖbVI Gesetz über die Landesvermessung und das Liegenschaftskataster (VermKatG) – Stand: 15. Dezember 2010 § 14 Abs. 3 > Kostenteilung: ca. 50 % Amt – 50 % ÖbVI (Grundlage VermEgO) Anwendungsregelungen 2012 zur Thüringer Verwaltungskostenordnung für das amtliche Vermessungswesen (ThürVwKostOVerm) – letzte Änderung: 30. November 2012 (Anwendungserlass zur ThürVwKostOVerm 2012) Nr. 3.2. Ausgaben aus den Datenbanken des Liegenschaftskatasters (zu Nr. 2) > Kostenteilung: 50 % Amt – 50 % ÖbVI 17 2 RECHT Vermessungsbehörden müssen über Eigentümerdaten informieren JAN THIELE | POTSDAM D ie Umsetzung von Windenergieprojekten beginnt immer bei der Flächensicherung. Die Schwierigkeit besteht allerdings oftmals darin, von den zuständigen Vermessungs- und Katasterbehörden die erforderlichen Eigentümerinformationen zu erhalten. Dass hierauf ein gesetzlicher Anspruch besteht, hat nunmehr die Rechtsprechung bestätigt. 18 2 RECHT 19 2 RECHT 1 | AUSGANGSLAGE Folgendes Fallbeispiel soll in die Problematik einführen: Ein Unternehmen, das sich mit der Planung, der Errichtung, dem Betrieb und der Betriebsführung von Windenergieanlagen (WEA) befasst, plant ein neues Projekt im Bundesland Sachsen. Für die Umsetzung des Vorhabens hat das Unternehmen bei der zuständigen Behörde, dem Staatsbetrieb Geobasisinformation und Vermessung Sachsen (GeoSN), die Bereitstellung von Eigentümerdaten im Bereich einer Gemeinde beantragt. Die Informationen sind insbesondere für die Standort- und Wegeplanung sowie die Verlegung von Leitungen und die Berücksichtigung von Eigentümerinteressen erforderlich. Der GeoSN teilt auf die Anfrage allerdings mit, Eigentümerdaten könnten nicht zur Verfügung gestellt werden, da das Unternehmen über kein berechtigtes Interesse verfüge. Diese Erfahrung machen Unternehmen regelmäßig bei der Projektvorbereitung: Immer wieder scheitern Vorhaben im Bereich der erneuerbaren Energien wie die Planung von WEA oder von Freiflächenfotovoltaikanlagen bereits im Ansatz bei der Flächenprüfung, weil sich Vermessungs- und Katasterbehörde weigern, die Identität von Grundstückseigentümern mitzuteilen. Regelmäßig heißt es zur Begründung, für die Herausgabe der Eigentümerdaten fehle es am erforderlichen berechtigten Interesse der Antragsteller bzw. stünden die schutzwürdigen Interessen der Grundstückseigentümer entgegen. Die Informationen zur Person des Grundstückseigentümers sind für Projektierer jedoch von entscheidender Bedeutung: Die Eigentümerangaben versetzen die Unternehmen in die Lage, festzustellen, ob sich auf den ausgewählten Flächen Projekte realisieren lassen. Nur wer die für ein Vorhaben erforderlichen Flächen durch den Abschluss von Nutzungs- oder Kaufverträgen gesichert hat, kann eine Genehmigung beantragen und ein Projekt erfolgreich umsetzen. Vor diesem Hintergrund wenden sich Unternehmen, Planungsbehörden oder Vermessungsingenieurbüros im Zuge der Projektentwicklung regelmäßig zunächst an die zuständigen Vermessungs- und Katasterbehörden mit der Bitte, die Eigentümerdaten von Grundstücken zu übermitteln. Wird die Auskunft dann verweigert, können Verträge zur Grundstückssicherung nicht geschlossen und damit Projekte nicht begonnen werden. Auf diese Weise werden immer wieder Investitionen in Millionenhöhe blockiert. In diesem Konflikt lässt nunmehr die niedersächsische Verwaltungsgerichtsbarkeit aufhorchen, die den Unternehmen der 20 2 RECHT Windenergiebranche einen Anspruch auf Auskunft über Eigentümerdaten zugesprochen hat (Verwaltungsgericht Hannover, Urteil vom 25. November 2014 – 4 A 6492/13). Auch wenn das Urteil sich zunächst nur auf die niedersächsische Rechtslage bezieht, lassen sich die Argumente auch auf Auskunftsbegehren in den übrigen Bundesländern übertragen. 2 | RECHTLICHE GRUNDLAGEN DES AUSKUNFTSANSPRUCHS AUF EIGENTÜMERDATEN Grundlage des Auskunftsanspruchs sind die Vermessungsgesetze der Bundesländer. Der Verfassungsgesetzgeber hat die Gesetzgebungskompetenz für das amtliche Vermessungswesen den einzelnen Bundesländern übertragen, welche die rechtlichen Grundlagen und die Organisation des hoheitlichen Vermessungswesens – abhängig von der jeweiligen Verwaltungsstruktur – unterschiedlich ausgestaltet haben. Auch wenn es infolgedessen 16 Vermessungsgesetze gibt, unterscheiden diese sich hinsichtlich des Auskunftsrechts aber kaum. § 5 Abs. 2 Satz 1 Niedersächsisches Gesetz über das amtliche Vermessungswesen (NVermG) besagt etwa, dass Eigentumsangaben bereitgestellt werden an » 1 | Behörden oder sonstige öffentliche Stellen, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, 2 | Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs, soweit ein berechtigtes Interesse dargelegt wird.« § 10 Abs. 1 des Gesetzes über das amtliche Vermessungswesen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Vermessungsgesetz – BbgVermG) regelt: » Die Geobasisinformationen sind allen bereitzustellen. Für die Bereitstellung von personenbezogenen Geobasisinformationen ist das Vorliegen eines berechtigten Interesses erforderlich. Das berechtigte Interesse ist darzulegen. Die Darlegung des berechtigten Interesses ist entbehrlich, wenn die betroffene Person ihre Zustimmung erklärt hat.« Vergleichbar lautet auch § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 des Gesetzes über das amtliche Vermessungswesen und das Liegenschafts- kataster im Freistaat Sachsen (Sächsisches Vermessungs- und Katastergesetz – SächsVermKatG): » Informationen aus den Eigentümerdaten des amtlichen Vermessungswesens werden an 1. Flurstückseigentümer, soweit die Daten ihr Flurstück betreffen, 2. Behörden, 3. Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure und 4. Notare bereitgestellt. An Gemeinden, soweit sie nicht untere Vermessungsbehörden sind, werden Informationen aus den Eigentümerdaten des amtlichen Vermessungswesens nur zur Erfüllung ihrer Aufgaben für ihr Gebiet bereitgestellt. Den sonstigen unter Satz 1 Nr. 2 bis 4 Genannten werden diese Informationen nur bereitgestellt, wenn sie zur Aufgabenerfüllung im Einzelfall erforderlich sind. Anderen natürlichen oder juristischen Personen werden Informationen aus den Eigentümerdaten des amtlichen Vermessungswesens nur bereitgestellt, wenn ein berechtigtes Interesse besteht und offenkundig schutzwürdige Interessen Betroffener nicht entgegenstehen.« Vergleichbare Regelungen finden sich in den Vermessungsgesetzen der übrigen Bundesländer. Bezogen auf den Auskunftsanspruch von Privatpersonen oder Unternehmen sehen alle Gesetze als besondere Voraussetzung vor, dass der Antragsteller ein »berechtigtes Interesse« geltend machen kann. 3 | VORLIEGEN EINES BERECHTIGTEN INTERESSES Was die Landesgesetzgeber unter »berechtigtem Interesse« im Sinne der Vorschrift verstehen, ist in den verschiedenen Gesetzen allerdings nicht definiert. Auch die Grundbuchordnung (GBO), die zur Auslegung herangezogen werden kann – denn das Liegenschaftskataster ist nach den gesetzlichen Bestimmungen das amtliche Verzeichnis der Grundstücke im Sinne des § 2 Abs. 2 GBO –, bietet insoweit keine nähere Erläuterung. Infolgedessen bedarf es der Auslegung des Begriffes »berechtigtes Interesse« am Maßstab des Grundbuchrechts (vgl. Wilsch, in: Hügel [Hrsg.], Beck’scher InlineKommentar GBO, Stand 1. Oktober 2014, § 12, Rn. 1). Unter Beachtung dessen sind die im Grundbuch enthaltenen Eigentümerdaten, die sich auch im Liegenschaftskataster wiederfinden, der Spiegel der privaten dinglichen Rechte an Grundstücken. 21 2 RECHT Das Grundbuch mit seinen Angaben hat die Aufgabe, über die das Grundstück betreffenden Rechtsverhältnisse möglichst erschöpfend und zuverlässig Auskunft zu geben. 4 | VERWALTUNGSGERICHT HANNOVER: PROJEKTENTWICKLER HABEN BERECHTIGTES INTERESSE Die mit der Grundbucheintragung verbundenen materiellrechtlichen Vermutungsschutzwirkungen und Gutglaubensschutzwirkungen (§§ 891, 892, 893 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) erfordern daher, das Grundbuch in weitgehendem Maße der Einsicht durch die am Rechtsverkehr Teilnehmenden zu unterwerfen. Ungeachtet der dargelegten Grundsätze versuchen einige Vermessungsbehörden nach wie vor, Projektentwicklern das berechtigte Interesse an der Auskunft über Eigentümerdaten abzusprechen. Dementsprechend wird in § 12 GBO die Einsicht in das Grundbuch (und zwar auch in Form der Gewährung eines Grundbuchauszuges) ebenfalls jedem gestattet, der ein »berechtigtes Interesse« darlegt (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 6. März 1981 – VZB 18/80). Dieser weite Maßstab gilt somit auch für die Eigentümer von Grundstücken betreffenden Informationen aus dem Liegenschaftskataster. So geht etwa die sächsische Vermessungsverwaltung gestützt auf einen behördeninternen Erlass des sächsischen Staatsministeriums des Innern vom 3. Mai 2012 »Bereitstellung von Eigentümerdaten im Zusammenhang mit der Errichtung von Windenergieanlagen« nach wie vor davon aus, dass ein berechtigtes Interesse erst bei konkreten Kaufverhandlungen anzunehmen sei. Dies ist freilich in hohem Maße widersprüchlich, werden doch die beantragten Informationen benötigt, um erstmals mit Eigentümern überhaupt in Kontakt treten zu können. Die Übermittlung von Eigentümerdaten setzt hiernach ein »berechtigtes Interesse« voraus. Im Gegensatz zu einem »bloßen Interesse«, das einen Anspruch auf Übermittlung nicht begründet, weil es den schutzwürdigen Interessen eingetragener Berechtigter und damit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nicht Rechnung trägt, ist für ein »berechtigtes Interesse« im Sinne der vermessungsrechtlichen Vorschriften erforderlich, dass der Antragsteller ein »verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse« darlegt (vgl. Wilsch, a. a. O.). Dieses berechtigte Interesse, das sich im Unterschied zu einem rein rechtlichen Interesse nicht auf ein bereits vorhandenes Recht oder konkretes Rechtsverhältnis – wie einen Vertrag – stützen muss, kann auch mit einem bloß tatsächlichen, insbesondere wirtschaftlichen Interesse begründet werden. Dabei genügt zwar nicht jedes beliebige Interesse. Solange jedoch die Verfolgung unbefugter Zwecke oder reiner Neugier ausgeschlossen wird, sodass die Kenntnis von den Eigentümerdaten für den Antragsteller aus sachlich nachvollziehbaren Gründen für sein künftiges Handeln erheblich erscheint, ist über die Eigentümerdaten Auskunft zu erteilen (vgl. zu diesem Maßstab Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 30. September 2013 – 12 W 261/13 [GB], 12 W 261/13). Die Anforderungen an ein berechtigtes Interesse dürfen zusammenfassend betrachtet also nicht überspannt werden. So darf insbesondere nicht gefordert werden, dass über die Darlegung eines verständigen, durch die Sachlage gerechtfertigten Interesses hinaus auch eine genau bestimmte rechtliche Handlungsabsicht verlangt wird (Wilsch, a. a. O.). 22 2 Hoffnungsvoll stimmt daher das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 25. November 2014 (Az. 4 A 6492/13), dass auf die Klage eines Windenergieunternehmens das zuständige niedersächsische Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung (LGLN) dazu verurteilt hat, dem Projektentwickler Informationen über Eigentümer von benötigten Flächen zur Verfügung zu stellen. Das Landesamt hatte zuvor die Auskunft verweigert, u. a. mit der Begründung, dass die dem geplanten Vorhaben, für das die Eigentümerdaten angefragt waren, zugrunde liegende planungsrechtliche Situation einer Verwirklichung des geplanten Projektes entgegenstehe. Dem ist das Verwaltungsgericht jedoch entgegengetreten. In seiner Urteilsbegründung hat die Kammer das öffentliche Interesse angenommen und festgestellt, dass das klagende Unternehmen die Angabe benötigt, um » in einem möglichst frühen Planungsstadium ermitteln zu können, ob Eigentümer von Potenzialflächen hier die Grundstücke für eine Windenergienutzung zur Verfügung stellen würden. Nur für diesen Fall machen weitere kostspielige Untersuchungen und Planungen Sinn. Würde die Klägerin abwarten, bis der Planungsprozess, ob eine Fläche Aufnahme in das Regionale Raumordnungsprogramm findet, abgeschlossen ist, würde sie nicht nur mutmaßlich zu spät kommen. Sie benötigt die Angaben auch, um – nach Kontaktaufnahme mit den Eigentümern – zu entscheiden, wie sie im Rahmen der Beteiligung bei der Aufstellung des Raumordnungsplans Stellung nehmen möchte.« RECHT Das LGLN hat gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zunächst fristwahrend Berufung zum Oberverwaltungsgericht Lüneburg eingelegt, um die Rechtsauffassung der ersten Instanz überprüfen zu lassen. Dieses Rechtsmittel hat die Behörde jedoch wieder zurückgezogen, nachdem das Oberverwaltungsgericht in einem richterlichen Hinweis seine vorläufige Rechtsauffassung dargelegt hatte. Auch das Oberverwaltungsgericht hat es dabei als rechtswidrig erachtet, dem Windenergieunternehmen Auskunft über Eigentümerdaten zu verwehren. Vielmehr liege ein berechtigtes Interesse u. a. schon dann vor, wenn ein Windenergieunternehmen wirtschaftlich an Einkommenserwerbsmöglichkeiten teilhaben will, die aus der Projektumsetzung resultieren. Auf planungsrechtliche Fragen komme es nicht an. Solange die Planung nicht vollkommen »ins Blaue hinein« und »ohne Augenmaß« betrieben werde, könne – so die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts – einem Projektierer das berechtigte Interesse an der Auskunft über Eigentümerdaten durch die Vermessungsbehörden nicht abgesprochen werden. Dem stünden auch gegenläufige Interessen der betroffenen Grundstückseigentümer nicht entgegen. 5 | BESONDERES ÖFFENTLICHES INTERESSE AN ERNEUERBAREN ENERGIEN Hinzu kommt, dass die Planung und Errichtung von WEA dem öffentlichen Interesse und öffentlichen Aufgaben, d. h. der Daseinsvorsorge, dienen. Auch aus diesem Grund kann ein berechtigtes Interesse an der Auskunft über Eigentümerdaten begründet werden. Nach der Rechtsprechung ist die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gegeben, wenn es um den Bereich der Daseinsvorsorge geht. Zur Daseinsvorsorge wiederum zählt die Versorgung der Bürger mit den grundlegenden Leistungen wie Energie (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. Februar 2005 – III ZR 294/704). Anders gesagt: Die Versorgung der Allgemeinheit mit Energie – auch Energie aus Windkraft – ist eine dem Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge zuzuordnende Aufgabe (vgl. Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 26. Mai 2009 – 1 U 1422/08). Außerdem stellen die Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der Energieversorgung ein Gemeinschaftsinteresse höchsten Ranges dar. Insbesondere die Förderung der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien und der weitere zügige Ausbau der Erzeugung von erneuerbaren Energien vor allem durch Windenergie liegen 23 2 RECHT im öffentlichen Interesse (so das Oberverwaltungsgericht BerlinBrandenburg, Beschluss vom 23. August 2013 – OVG 11 S 13.13; vom 19. November 2008 – OVG 11 S 10.08 – und vom 11. März 2014 – OVG 11 S 22.13). Die Rechtsprechung weist in diesem Zusammenhang immer wieder darauf hin, dass » die beabsichtigte Erhöhung des Stromanteils aus erneuerbaren Energien am gesamten Strombedarf erklärtes politisches Ziel in der Bundesrepublik Deutschland ist und vor diesem Hintergrund der zügige Ausbau der aus der Windkraft zu gewinnenden Energie auch ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse begründet.« (vgl. u. a. Verwaltungsgericht Aachen, Beschluss vom 14. März 2014 – 6 L 106/14) Im Ergebnis steht somit fest: Projektentwicklern im Bereich der erneuerbaren Energien wie z. B. bei der Planung von WEA steht ein gesetzlicher Anspruch gegenüber den Vermessungs- und Katasterbehörden zu, Auskunft über Eigentümerdaten zu erhalten. Solange keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Informationen dazu dienen sollen, unbefugt Zwecke zu verfolgen oder die reine Neugier zu befriedigen, stellt die Auskunft auch keine Verletzung des Rechtes auf informelle Selbstbestimmung der betroffenen Grundstückseigentümer dar. Rechtsanwalt Dr. Jan Thiele DOMBERT Rechtsanwälte [email protected] 24 2 RECHT Esri bringt das Vermessungs wesen auf den Punkt. Wir freuen uns auf Ihren Besuch auf dem BDVI-Kongress vom 2. bis 4. Juni in Potsdam. Esri präzisiert die Vermessung der Welt durch mobile Messtechnik und mobiles GIS. Die ArcGIS Plattform von Esri bietet Vermessungsingenieur e en punktgenaue Möglichkeiten, lagerelevante Informationen in Karten, Apps und Analysen in eigenen Lösungen zu nutzen, zu teilen und geräteunabhängig – online und offline – einzusetzen. Bereiten Sie maßstabsabhängig ortsbezogene Informationen so auf, dass sie von Außendienstmitarbeitern, Führungskräften, Kunden, Subunternehmern, Bürgern und anderen in Flächenleerstandskatastern, Baulückenkatastern, To ourismuskarten, Bebauungsplänen, Themenkarten und vielem mehr verwendet werden können. Esri Deutschland GmbH, Ringstr. 7, 85402 Kranzberg, Tel. e +49 89 8 207 005 1200, [email protected], esri.de Ein Unternehmen der Esri Deutschland Group 25 2 VERBAND 26 2 VERBAND Plenarsaal, Landtag Brandenburg Auf der Zielgeraden Harmonisierung der Bauordnungen von Brandenburg und Berlin FRANK REICHERT | MAHLOW B erlin und Brandenburg haben sich die Annäherung ihrer Landesbauordnungen auf die Fahnen geschrieben. Nicht immer steht dabei die Anpassung an die von der Bauministerkonferenz der Länder beschlossene Musterbauordnung im Fokus. Im Abstandsflächenrecht etwa orientiert sich Berlin weitgehend an der bewährten brandenburgischen Systematik. Brandenburg hingegen trennt sich von der bisherigen rechtlichen Sicherung mittels Dienstbarkeiten und führt wieder Baulastenverzeichnisse ein. 27 2 VERBAND GESETZ ZUR NOVELLIERUNG DER BRANDENBURGISCHEN BAUORDNUNG UND ZUR ÄNDERUNG DES LANDESIMMISSIONSSCHUTZGESETZES: Gesetzentwurf vom 28. Dezember 2015 – Drucksache 6/3268 und parlamentarischer Vorgang in der Parlamentsdokumentation des Landtages Brandenburg bdvi-bb.de/3268 DRITTES GESETZ ZUR ÄNDERUNG DER BAUORDNUNG FÜR BERLIN: Vorlage zur Beschlussfassung (Gesetzentwurf) vom 9. Februar 2016 – Drucksache 17/2713 und parlamentarischer Vorgang in der Parlamentsdokumentation des Abgeordnetenhauses Berlin bdvi-bb.de/2713 GESETZENTWÜRFE Während die neuerliche Anpassung der Musterbauordnung (MBO) an das europäische Bauproduktenrecht bereits auf dem Weg ist, sind die Bundesländer noch dabei, die aktuelle MBO mit Stand vom 21. September 2012 mehr oder weniger strikt in Landesrecht zu überführen. Im Land Brandenburg hat das Kabinett am 22. Dezember 2015 die Novelle zur Brandenburgischen Bauordnung (BbgBO) beschlossen und dem Landtag zugeleitet. Nach der ersten Lesung des Gesetzentwurfs (Drucksache 6/ 3268) am 20. Januar 2016 und anschließender Beratung in den Fachausschüssen wurde die neue Bauordnung in der Sitzung des Landtags Brandenburg am 28. April 2016 beschlossen. Am 1. Juli 2016 tritt sie in Kraft. In Berlin wurde der Entwurf des Dritten Gesetzes zur Änderung der Bauordnung (BauO Bln) am 9. Februar 2016 verabschiedet und dem Berliner Abgeordnetenhaus zur Beschlussfassung übergeben, das die vielen Detailänderungen nun parlamentarisch prüft (Drucksache 17/2713). In welchem Umfang es tatsächlich zu den avisierten Novellierungen kommt, steht also noch nicht abschließend fest. Die Hauptdiskussionspunkte der Debatte in der ersten Lesung am 18. Februar 2016 waren die Schaffung von mehr barrierefreiem Wohnraum, die Pflicht zur Anbringung von Rauchmeldern sowie das Thema Nachverdichtung, um mehr Flächen für den Wohnungsbau zur Verfügung stellen zu können. Berlin und Brandenburg vor allem die Angleichung des materiellen Bauordnungsrechts in der Region auf die Fahnen geschrieben. Die angestrebte Harmonisierung hat dabei in Brandenburg zu einem größeren Anpassungsdruck geführt als in Berlin, wo die Bauordnung seit ihrer Neufassung 2005 bereits in wesentlichen Teilen der MBO folgt. Als wichtige Neuerungen werden in Brandenburg z. B. das fünfstufige Gebäudeklassensystem, die Brandschutzanforderungen und der Sonderbautenkatalog musterkonform übernommen. Nach Auseinandersetzung mit den Inhalten der Novelle haben die Koalitionsfraktionen auch die Abschaffung der bewährten Brandenburger Sonderregelung zum Objektplaner und die Wiedereinführung des Entwurfsverfassers und des Bauleiters positiv bewertet und nicht als Einschränkung des Verbraucherschutzes gesehen. Das Gleiche gilt für die Einführung des qualifizierten Tragwerks-/Brandschutzplaners als Ersatz für das »Vieraugenprinzip« bei der präventiven Prüfung der bautechnischen Nachweise für Wohngebäude. Die ebenfalls auf Vereinfachung und der Angleichung des Bauordnungsrechts gerichtete Zielstellung des Berliner Gesetzentwurfs fasste der Senator für Stadtentwicklung und Umwelt Andreas Geisel wie folgt zusammen: »Schnelles Bauen ist in einer wachsenden Stadt wie Berlin notwendig und deshalb müssen komplizierte und entbehrliche Vorschriften der Bauordnung auf den Prüfstand. Mit der Änderung der Bauordnung Berlin werden Verfahren beschleunigt, z. B. durch kürzere Stellungnahmefristen für die Stadtplanungsämter. Im Gebäudebestand werden mit der Änderung Abstandsflächen weniger Probleme machen. Das geänderte Baurecht wird das Bauen in unserer Stadt erleichtern.« Mit dem Abstandsflächenrecht ist bereits der wesentlichste Aspekt angesprochen, bei dem die bauordnungsrechtliche Annäherung zwischen Berlin und Brandenburg den Bereich des Vermessungswesens und damit den Tätigkeitsbereich der ÖbVI tangiert. Gleich danach rangieren die Wiedereinführung der Baulast in Brandenburg sowie die zusätzlichen Prüfpflichten der Berliner ÖbVI im Zusammenhang mit Grundstücksteilungen. Für Interesse dürfte sorgen, dass der gegenseitigen Anpassung an bewährte Regelungen in Detailfragen Vorrang gegenüber strenger Musterkonformität eingeräumt wurde. Nicht weniger von allgemeinem Belang sollten jene Passagen sein, in denen beide Länder abgestimmt und einheitlich über das Grundgerüst der MBO hinausgehen. Es besteht somit Anlass genug, die für das Vermessungswesen in Brandenburg und Berlin bedeutsamen Neuregelungen im Detail vorzustellen, auch wenn in Berlin das parlamentarische Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. ZIELSTELLUNG ABSTANDSFLÄCHENRECHT Neben weiteren Anpassungen an die MBO und landesspezifischen Nachsteuerungserfordernissen hat man sich in den Ländern Die Überarbeitung des Abstandsflächenrechts bezweckt insbesondere städtebauliche Nachverdichtungsmöglichkeiten und 28 2 VERBAND Erleichterungen für Energieeinsparungs- sowie Erschließungsmaßnahmen. Dabei wurde den landesrechtlichen Spezifika Vorrang vor einer Mustertreue zur MBO eingeräumt, sodass bewährte Grundsätze des Abstandsflächenrechts unverändert bleiben. Bemessungsregel für Abstandsflächen Einen ganz wesentlichen Fortschritt bei der Angleichung des Bauordnungsrechts im Raum Berlin-Brandenburg stellt die künftig einheitliche Berechnungsmethode der Abstandsflächen in § 6 Abs. 4 der jeweiligen Bauordnungen dar. Da sich die bisher in Brandenburg abweichend von der MBO praktizierte Berechnungsweise der Abstandsflächen bewährt hat, bleibt diese unverändert und dient als Grundlage für die Neuregelung in Berlin. Mit dem Ziel, die Bemessung der Abstandsflächen von Dächern zu vereinfachen, wird in Berlin die bisherige Berechnung der Abstandsflächen nach der MBO mit ihren neigungsabhängigen Zuschlägen für Dächer aufgegeben. Anstatt die Höhe des Daches ganz oder zum Teil in der Ebene der Außenwand hinzuzurechnen, verursacht künftig jeder Punkt der Dachhaut eigene Abstandsflächen. Die Tiefe der Abstandsfläche bemisst sich dabei in Berlin und Brandenburg einheitlich nach dem lotrechten Maß von jedem Punkt des oberen Abschlusses der Wand oder der Dachhaut bis zur Geländeoberfläche. Vorteilhaft daran ist, dass alle Außenpunkte der Gebäudehülle Abstandsflächen nach einer einheitlichen Bemessungsregel entstehen lassen. Dachaufbauten werden gedanklich wie ein selbstständiges Gebäude betrachtet, die getrennt ermittelten Abstandsflächen werden übereinanderprojiziert. Und auch bei gestaffelten Wänden, die gegenüber der Außenwand zurückgesetzt sind (zurückgestaffelte Geschosse), sind die Abstandsflächen für den jeweiligen Wandabschnitt gesondert zu ermitteln. tungen der Grundstücksgrenze mit Abstandsflächen rechtlich gesichert werden müssen. Die Zulässigkeit einer pauschalen Abstandsfläche von 3 m bei bestimmten Wohngebäuden wird sowohl in Berlin als auch in Brandenburg über die MBO hinausgehend auf sämtliche Gebäude der Gebäudeklassen 1 und 2 mit nicht mehr als drei oberirdischen Geschossen ausgedehnt. Damit führt z. B. die Nutzungsänderung eines Einfamilienhauses in eine Arztpraxis nicht mehr zu einer neuen Abstandsflächenbetrachtung. In Brandenburg führt die Neuregelung zudem zu einer Erleichterung für den Bauherrn, da es keine Einschränkung mehr in Bezug auf die Gebäudehöhe (bisher 9 m) gibt. Vorrang des Planungsrechts Die Neufassung der MBO 2012 sieht eine weitreichende Ausnahme von der Pflicht vor, dass Gebäude die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen einhalten müssen. Soweit nach der umgebenden Bebauung im Sinn des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB abweichende Gebäudeabstände zulässig sind, sollen nach § 6 Abs.1 Satz 3 MBO Abstandsflächen nicht mehr erforderlich sein. Ursprünglich sahen auch die Referentenentwürfe für Berlin und Brandenburg diese mittlerweile umstrittene Regelung vor. Im Gegensatz zu der an dieser Stelle nur schwer verständlichen Begründung der MBO, die die Reichweite der Neuregelung nur vorsichtig andeutet, benannte der Berliner Referentenentwurf von 2014 die mit der Übernahme der MBO-Regelung in Landesrecht verbundene Rechtsfolge mehr als deutlich: »Abschaffung des Abstandsflächenrechts in Gebieten nach § 34 BauGB«. Diese Offenheit setzte schließlich eine breite und über die Landesgrenzen ausstrahlende fachliche Diskussion in Gang, die letztlich dazu führte, dass zunächst Berlin und in der Folge auch Mit der Neuregelung verkürzen sich die Abstandsflächen zur Brandenburg wieder Abstand von dem Vorhaben nahmen. SoTraufseite, sodass sich in der Blockrandbebauung die Fälle redu- mit bleibt es bei der bisherigen Vorrangregelung für die Fälle, zieren, bei denen die Abstandsfläche über die Straßenmitte fal- dass an der Grundstücksgrenze gebaut werden muss oder darf. len würde. Zudem wird die Benachteiligung der abstandsflächenrechtlichen Dachbemessung gegenüber Staffelgeschossen Vorbauten Für die in § 6 Abs. 6 BauO Bln definierten Vorbauten und vortrebeseitigt. tenden Bauteile, die bei der Bemessung der Abstandsflächen außer Betracht bleiben, wird eine vollständige Anpassung an Tiefe der Abstandsflächen Bei der Tiefe der Abstandsfläche wiederum folgt Brandenburg die MBO vorgenommen. Dies wirkt sich u. a. auf den Mindestdem bereits an der MBO orientierten Berliner Vorbild (§ 6 Abs. 5 abstand der Vorbauten zur gegenüberliegenden NachbargrenE-BauO Bln/ BbgBO). Die Verringerung der Abstandsflächen- ze aus, der von 3 m auf 2 m reduziert wird. § 6 Abs. 6 BbgBO tiefe von 0,5 H auf 0,4 H – unter Beibehaltung der bisherigen knüpft ebenfalls an die Regelung der MBO an, wobei jedoch aufMindestabstandsflächentiefe von 3 m – zielt nur noch auf einen bauend auf der bisherigen brandenburgischen Rechtslage Winbauordnungsrechtlich zu sichernden Mindeststandard und ver- tergärten und Balkone mit einer Bautiefe bis 3 bzw. 2 m auch folgt keine städtebaulichen Nebenzwecke mehr. Der Wegfall weiterhin in der Abstandsfläche privilegiert bleiben. der bisher in § 2 Abs.1 Satz 3 BbgBO 2003 geregelten »Bagatellfläche«, wonach die geringfügige Erstreckung von Abstands- Neu ist für beide Länder der aus der MBO übernommene Wegflächen von bis zu 2 m² auf das Nachbargrundstück zulässig fall seitlicher Abstandsflächen von Vorbauten und Dachaufwar, erscheint im Hinblick auf die Absenkung der Regelabstands- bauten bei grenzständigen Gebäuden. Die Regelung hat ausflächentiefe gerechtfertigt, auch wenn dann kleine Überschrei- weislich der Begründung das Ziel, in der geschlossenen Bauweise 29 2 VERBAND die Zulassung von Abweichungen für Dachaufbauten und Vorbauten weitgehend entbehrlich zu machen. Da eine Beschränkung auf die Nachbargrenze fehlt, an die das Gebäude bereits angebaut ist, genügt als Voraussetzung auch ein Anbau an die vordere Grundstücksgrenze. Grenzgaragen In Bezug auf die Zulässigkeit untergeordneter baulicher Anlagen ohne eigene Abstandsflächen weicht die Berliner Bauordnung (§ 6 Abs. 7 BauO Bln/§ 6 Abs. 8 E-BauO Bln) nur geringfügig von der MBO ab. Abweichend von der MBO wird lediglich an der höchstzulässigen Dachneigung von bis zu 45 Grad festgehalten, um überhohe Sattel- oder Walmdächer zu verhindern. Zudem wird gegenüber der MBO klargestellt, dass Dachüberstände in die maximal privilegierte Gebäudelänge von 9 m einzubeziehen sind. Aufschlussreich ist in dieser Beziehung auch die Aussage in der Gesetzesbegründung, dass Gebäudeteile, die mehr als 3 m von der Grundstücksgrenze entfernt sind, bei der Längenermittlung unberücksichtigt bleiben. Die Anpassung an die bestehende Berliner Regelung bringt für Brandenburg umfassendere Änderungen mit sich. Statt der bisher maximal zulässigen Gebäudehöhe von 3 m darf künftig die über die gesamte Außenwandbreite gemittelte Wandhöhe 3 m nicht überschreiten, was eine Erleichterung für den Bauherrn und eine Erschwernis für den Nachbarn darstellt. Statt auf eine maximale »Außenwandlänge« von 9 m wird künftig auf eine zulässige »Gebäudelänge« von 9 m abgestellt. Dachüberstände sind somit künftig einzubeziehen, auch wenn dies nicht so klar wie im Berliner Gesetzentwurf formuliert ist. Wärmedämmung und Solaranlagen Im Hinblick auf das Erfordernis der Energieeinsparung und die Regelungen der Energieeinsparverordnung bleiben künftig unter bestimmten Voraussetzungen Maßnahmen der Wärmedämmung und Solaranlagen an bestehenden Gebäuden bei der Bemessung von Abstandsflächen außer Betracht. Die gleichlautenden Bestimmungen in § 6 Abs. 7 E-BauO Bln/BbgBO folgen wörtlich der MBO. Indem die Privilegierung von Maßnahmen zum Zweck der Energieeinsparung von den Abstandsflächen auch auf die Grundstücksgrenzen ausgeweitet wird, gehen die Länder Berlin und Brandenburg über die MBO noch weit hinaus. Dazu wird künftig vom Grundsatz, dass ein Gebäude nur bei öffentlich-rechtlicher Sicherung auf mehreren Grundstücken zulässig ist, ein in Berlin und Brandenburg gleichlautender Ausnahmetatbestand geschaffen. Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 E-BauO Bln/BbgBO gilt diese Grundforderung nicht mehr bei bestehenden Gebäuden für eine den Anforderungen der Energieeinsparverordnung entsprechende Außenwand- und Dachdämmung. Somit darf die an einer vorhandenen Grenzwand nachträglich angebrachte Außenwand- 30 2 dämmung mit ihren Bauteilen künftig auf das Nachbargrundstück übergreifen, ohne dass es einer Baulasteintragung bedarf. Diese Vereinfachung von Dämmmaßnahmen knüpft an die Bestimmungen der beiden Nachbarrechtsgesetze an, die bei Überbau durch Wärmedämmung bereits eine begrenzte Duldungspflicht für übergreifende Bauteile vorsehen (§ 19a BbgNRG, § 16a NachbG Bln). Abweichungen für Aufzüge und Treppen Ein Kuriosum in der angestrebten Harmonisierung des Bauordnungsrechts stellt es dar, dass die über die MBO hinausgehenden Neuregelungen des Abstandsflächenrechts in Abs. 9 und 10 beider Bauordnungen über Kreuz liegen. § 6 Abs. 9 BbgBO entspricht § 6 Abs. 10 E-BauO Bln und umgekehrt korrespondiert § 6 Abs. 9 E-BauO Bln mit § 6 Abs. 10 BbgBO. Vielleicht lässt sich dies ja im Gesetzgebungsverfahren im Berliner Abgeordnetenhaus noch angleichen. Mit § 6 Abs. 9 BbgBO/§ 6 Abs. 10 E-BauO Bln soll der nachträgliche Anbau von Aufzügen, Treppen und Treppenräumen im Gebäudebestand erleichtert werden, indem Abweichungen zugelassen werden, wenn wesentliche Beeinträchtigungen angrenzender oder gegenüberliegender Räume nicht zu befürchten sind. Dazu wird auf eine Regelung zurückgegriffen, die bis 2006 bereits in der BauO Bln verankert war, dann aber für entbehrlich gehalten wurde. Die Neuregelung erlaubt nun wieder Aufzüge mit größeren Abmessungen und schafft zudem Erleichterungen für Ausbauten von Dachräumen und Aufstockungen, die auf zusätzliche bauliche Rettungswege angewiesen sind. Nutzungsänderung und Anbauten Nach ständiger Rechtsprechung ist bei einer baulichen Änderung oder Nutzungsänderung an rechtmäßig bestehenden Gebäuden häufig eine abstandsflächenrechtliche Neubetrachtung erforderlich. In Brandenburg wurden daher mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung der BbgBO (GVBl. I 2005, S. 242) Änderungen bestandsgeschützter Gebäude auch für den Fall ermöglicht, dass diese zwar die erforderlichen Abstandsflächen nicht einhalten, aber durch die Änderung auch keine neuen, nachteiligen Auswirkungen auf das Nachbargrundstück hervorgerufen werden. Mit der BbgBO 2008 (GVBl. I, S. 172) wurde dies dann dahin gehend konkretisiert, dass auch Vor- und Anbauten aus abstandsflächenrechtlicher Sicht außer Betracht bleiben, wenn sie für sich genommen die erforderlichen Abstandsflächen einhalten. Die Neuregelung in § 6 Abs. 10 BbgBO/§ 6 Abs. 9 E-BauO Bln knüpft nun an die bisherige brandenburgische Rechtslage an und beschreibt jeweils fünf Fallkonstellationen von abstandsflächenrechtlich zulässigen Maßnahmen an oder in rechtmäßig errichteten Gebäuden. Wesentlich sind dabei die abstandsflächenrechtlichen Privilegierungen für Vorbauten, für die Neu- VERBAND errichtung von Dachräumen oder -geschossen innerhalb der ursprünglichen Abmessungen sowie für nachträglich zu errichtende Dach- und Staffelgeschosse. Mit § 6 Abs. 9 Satz 2 geht die Berliner Regelung noch über das brandenburgische Vorbild hinaus, indem Gebäudeabriss und -neuerrichtung am selben Ort innerhalb der Abmessungen des beseitigten Gebäudes abstandsflächenrechtlich ermöglicht werden. (Keine) Erleichterung von Abweichungen Zunehmend lassen die deutschen Verwaltungsgerichte den allgemeinen Grundsatz, dass Abweichungen zugelassen werden können, »wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen (…) vereinbar sind« (§ 67 Abs. 1 MBO), in Bezug auf Abstandsflächen nur noch bei grundstücksbezogener Atypik gelten. In Reaktion auf die Rechtsprechung (z. B. OVG BerlinBrandenburg, Beschluss vom 19. Dezember 2012, OVG 2 S 44.12) sollte nun in beiden Ländern gesetzlich klargestellt werden, dass auch im Abstandsflächenrecht die Zulassung von Abweichungen möglich ist. Berlin hat dies im Gesetzentwurf deutlich in § 6 Abs. 11 formuliert: »Eine Abweichung von den Abstandsflächen und Abständen kann nach § 67 zugelassen werden, wenn deren Schutzziele gewahrt bleiben. Eine atypische Grund- stückssituation ist nicht erforderlich.« Die abstraktere brandenburgische Regelung des Gesetzentwurfs zielte in die gleiche Richtung, wobei die Abweichungsmöglichkeit auf jene Absätze beschränkt werden sollte, die nicht bereits gesetzliche Ausnahmetatbestände beinhalten: »§ 67 Abs. 1 Satz 1 bleibt für die Absätze 1 bis 5 und 7 unberührt« (§ 6 Abs. 11 E-BbgBO). Dass dieser Passus schließlich aus dem Regierungsentwurf gestrichen wurde, geht auf einen Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion DIE LINKE zurück, der damit begründet wurde, dass die Abweichungsmöglichkeit angesichts der Verkürzung der Abstandsflächentiefe auf 0,4 H nicht benötigt würde und außerdem erhebliche Vollzugsschwierigkeiten sowie vermehrte Rechtsstreitigkeiten erwarten lassen würde. Somit gilt § 67 BbgBO grundsätzlich auch für Abstandsflächen – nach den Maßgaben des OVG. TEILUNG VON GRUNDSTÜCKEN Die MBO setzt in § 7 für eine Teilung bebauter oder bebaubarer Grundstücke voraus, dass dadurch keine rechtswidrigen Zustände geschaffen werden. In bauordnungsrechtlicher Hinsicht betrifft dies vor allem den Brandschutz, die Abstandsflächen und die gesicherte Erschließung. Zur Vermeidung von Grundstücksteilungen, die nicht mit dem materiellen Baurecht im Einklang stehen, sieht die MBO allerdings nicht viel vor. Die Muster- 31 2 VERBAND regelung beschränkt sich darauf, die Unzulässigkeit baurechtswidriger Teilungen zu benennen und ansonsten auf die Möglichkeit der Erteilung einer Abweichung zu verweisen. Im Kern entspricht die MBO-Regelung § 19 Abs. 2 BauGB, der analog vorsieht, dass durch die Teilung eines Grundstücks keine Verhältnisse entstehen dürfen, die den Festsetzungen eines Bebauungsplans widersprechen. Unter der Teilung wird dabei die Erklärung des Eigentümers gegenüber dem Grundbuchamt verstanden, dass ein Grundstücksteil abgeschrieben werden soll. Mithin handelt es sich um ein Gebot, das dem Gesetz nach allein den Eigentümer trifft. Die katasterrechtliche Zerlegung, die eine Grundstücksteilung lediglich vorbereitet, ist nicht erfasst. Die ÖbVI können und sollen die Eigentümer nur auf die Rechtswidrigkeit einer Teilung hinweisen, haben jedoch keinen Einfluss auf deren Teilungserklärung beim Grundbuchamt. Unrechtmäßige Teilungen können nur nachträglich durch repressives, personalintensives Vorgehen der Bauaufsichtsbehörden korrigiert werden. Brandenburg hat daher zur Vermeidung rechtswidriger Grundstücksteilungen schon 2008 die ÖbVI und Katasterbehörden gesetzlich verpflichtet, präventiv darauf zu achten, dass die erforderlichen Abweichungs- oder Befreiungsanträge bei der Bauaufsichtsbehörde gestellt werden bzw. durch öffentlich-rechtliche Sicherung ein rechtmäßiger Zustand hergestellt wird. Ber- 32 2 lin greift nun im neu gefassten § 7 BauO Bln wörtlich auf die Regelung in § 7 Satz 2 BbgBO (neu) zurück. Eine die Grundstücksteilung vorbereitende Liegenschaftsvermessung darf nur vorgenommen werden, wenn die Bauaufsichtsbehörde die erforderlichen bauordnungsrechtlichen Abweichungen zugelassen oder die planungsrechtlichen Befreiungen erteilt hat. Hier sind künftig also insbesondere die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure in eigener Verantwortung gefordert, den Bauherrn auf die entsprechenden Erfordernisse hinzuweisen. Weder in Brandenburg noch in Berlin berücksichtigt wurden die Wünsche der Berufsvertretung nach einer gesetzlichen Verankerung der Einbeziehung der Bauaufsicht. Aus Sicht der Praxis wäre ein klar definiertes Antragsverfahren wünschenswert gewesen, in dem im Bedarfsfall innerhalb einer bestimmten Frist eine rechtsverbindliche und justiziable Entscheidung der Bauaufsicht über die Zulässigkeit einer Zerlegung herbeigeführt werden kann, sodass das Vermessungsverfahren seinen Fortgang nehmen kann. BAULASTEN Mehr als 20 Jahre nachdem die Baulasten in Brandenburg abgeschafft worden sind, regelt § 84 BbgBO nun ihre Wiedereinführung. Begründet wird dies damit, dass die an die Stelle der VERBAND Baulasten getretene rechtliche Sicherung durch beschränkte persönliche Dienstbarkeiten im Hinblick auf die grundbuchrechtlichen Bestimmtheitserfordernisse mitunter Probleme bei der Eintragung bereiten würde, insbesondere wenn Lagepläne und Bauzeichnungen vorgelegt wurden. Während Baulasten grundsätzlich insolvenzfest seien, sei dies zudem bei beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten zugunsten der unteren Bauaufsichtsbehörde nicht immer gewährleistet. Auch sei das seinerzeit angestrebte Ziel, dass bei Grundstücksveräußerungen nur noch das Grundbuch geprüft werden müsse, im Praxisvollzug nicht erreicht worden, da nach wie vor unbefristete Baulasten aus der Zeit vor der Einführung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit bestünden. Führung des Baulastenverzeichnisses Zur Führung des Baulastenverzeichnisses trifft die BbgBO abgesehen von der Zuweisung an die Bauaufsichtsbehörden keine weiteren Festlegungen. Allerdings enthält § 86 Abs. 7 BbgBO eine Verordnungsermächtigung zum Erlass von Vorschriften zur Führung des Baulastenverzeichnisses. Es ist dringend zu wünschen, dass in der künftigen Verordnung mit einer entsprechenden Verpflichtung zur landeseinheitlichen elektronischen Führung gemäß § 5 Abs. 2 des Brandenburgischen Geodateninfrastrukturgesetztes die Anbindung an das Liegenschaftskataster garantiert wird. Mit Blick auf die notwendige permanente Aktualisierung des Flurstücksbezugs erscheint eine in ALKIS® integrierte Führung am sinnvollsten. Im Hinblick auf § 7 BbgBO muss zudem gewährleistet sein, dass ÖbVI und Katasterbehörden einen einfachen, kostenfreien elektronischen Zugang zum Baulastenverzeichnis bekommen. Um zu vermeiden, dass im Grundstücksverkehr, bei Liegenschaftsvermessungen sowie bei der Erstellung von Amtlichen Lageplänen im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens drei Verzeichnisse einzusehen sind, sollten bereits bestehende Altverzeichnisse in das neue Baulastenverzeichnis überführt werden. Ferner sollten die für Bauaufsichtsbehörden eingetragenen beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten zumindest nachrichtlich in das Baulastenverzeichnis eingetragen werden. Einsichtnahme in Baulastenverzeichnis Jeweils an gleicher Gesetzesstelle wird in Berlin wie in Brandenburg die klarstellende Regelung der MBO zur Einsichtnahme in das Baulastenverzeichnis bei Darlegung des berechtigten Interesses übernommen (§ 84 Abs. 1). Brandenburg geht allerdings einen Schritt weiter. In Anlehnung an § 43 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung der Grundbuchordnung (GBV) wird ergänzend bestimmt, dass ÖbVI sowie Notare befugt sind, das Baulastenverzeichnis ohne Darlegung eines berechtigten Interesses einzusehen. Der Gesetzentwurf greift damit auf eine Regelung der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt zurück, wo dieser Passus 2013 auf Initiative der Notarkammer mit Unterstützung des BDVI erstmals gesetzlich verankert wurde. FAZIT Dass die MBO der Vereinheitlichung der einzelnen Bauordnungen der Länder dient und einen Orientierungsrahmen für deren Bauordnungsgesetzgebung darstellt, kann nicht dazu führen, die zur Übernahme in Landesrecht angedachten Änderungen nicht zuvor einer kritischen Bewertung zu unterziehen. Mustertreue zur MBO kann jedenfalls kein hinreichender alleiniger Sachgrund für eine Änderung des Landesrechts sein. Die MBO ist und bleibt ein Muster, das nicht zuletzt auch der Fortentwicklung bedarf. Mit den auf die Harmonisierung des Bauordnungsrechts zweier Bundesländer gerichteten Ansätzen können die aktuellen Novellierungen der Nachbarländer Berlin und Brandenburg wertvolle Anregungen liefern, wo die MBO über die materiellen Anforderungen an Bauprodukte, Bauteile und bauliche Anlagen hinaus praxisgerecht ergänzt und überarbeitet werden kann. Neben der überfälligen Rücknahme der Sonderregelung für Abstandsflächen im unbeplanten Innenbereich (§ 6 Abs. 1 Satz 3 MBO) ist dabei an die gegenüber der MBO weiterentwickelte Berechnungsmethode der Abstandsflächen oder die Beglaubigungs- und Einsichtsbefugnisse der ÖbVI im Zusammenhang mit Baulasten zu denken. Unterschriftsbeglaubigung Der Umstand, dass die Eintragung von Baulasten häufig in Ver- Bildnachweise: Landtag Brandenburg – Manuel Dahmann, bindung mit der Teilung von Grundstücken erfolgt, lässt es zu- Klaus-Dietmar Gabbert dem geboten erscheinen, die ohnehin befasste Vermessungsstelle in den Kreis derjenigen aufzunehmen, die zur Beglaubigung der Unterschriften von Erklärungen zur Übernahme einer Baulast befugt sind. In Anlehnung an die entsprechende Berliner Dipl.-Ing. Frank Reichert Regelung wird daher künftig auch in Brandenburg die Beglaubigung über die MBO hinausgehend durch ÖbVI und KatasterBDVI-Geschäftsstellenleiter behörden zugelassen (§ 84 Abs. 2 BbgBO), worin aus Sicht der Brandenburg Vermessungspraxis ein wesentlicher Vorteil gegenüber dem [email protected] herigen Instrument der rechtlichen Sicherung liegt. 33 2 VERBAND BDVI-KONGRESS 201 6 2. bis 4. Juni Potsdam PROGRAMM Expertise mit Siegel FREITAG Ort DONNERSTAG Steigenberger Hotel Sanssouci Allee nach Sanssouci 1 | 14471 Potsdam 10:00 Uhr bis 16:00 Uhr SITZUNG DES HAUPTVORSTANDES 16:00 Uhr bis 17:30Uhr BI – BILDUNGSINSTITUT DES BDVI Mitgliederversammlung (intern) Ort ab 19:00 Uhr Mövenpick Restaurant »Zur Historischen Mühle« Zur Historischen Mühle 2 14469 Potsdam GET-TOGETHER Eintreffen der Gäste und Beisammensein in gemütlicher Atmosphäre 2 Eröffnung des Anmeldecounters, Morgenkaffee in der Fachausstellung »Markt der Möglichkeiten« ERÖFFNUNG DER FACHAUSSTELLUNG »MARKT DER MÖGLICHKEITEN« Hersteller, Händler, Dienstleister und Rahmenvertragspartner des BDVI präsentieren ihr Dienstleistungsangebot für den ÖbVI. KONGRESSVERANSTALTUNG 9:30 Uhr bis 9:45 Uhr Begrüßung/Kongresseröffnung Michael Peter, BDVI-Landesgruppe Brandenburg, Vorsitzender 9:45 Uhr bis 10:15 Uhr Gedanken zum Kongressmotto Michael Zurhorst, BDVI-Präsident ca. 10:15 Uhr bis 11:20 Uhr Podiumsdiskussion »Freie Berufe auf dem Prüfstand« Dr.-Ing. Brauer (Vizepräsident BIngK) Hr. Fuentes Hutfilter (OECD) Dr. Gambke MdB (Bündnis 90/Grüne) Dr. Pützer (Vizepräsident Commission de Coopération Notariale Internationale) Dr.-Ing. Rippert (AHO-Vorstandsvorsitzender) Moderation: Tanja Samrotzki 11:20 Uhr bis 12:00 Uhr 34 Waschhaus Arena und Foyer Schiffbauergasse | 14467 Potsdam 3. JUNI 2016 ab 8:30 Uhr Ort 4. JUNI 2016 Pause, Besuch der Fachausstellung »Markt der Möglichkeiten«, Kaffee und Kuchen VERBAND FREITAG 4. JUNI 2016 12:00 Uhr bis 13:00 Uhr IT-Sicherheit und ÖbVI – »Livehacking« Vortrag (1. Teil) 13:00 Uhr bis 14:00 Uhr Gemeinsames Mittagessen, Besuch der Fachausstellung »Markt der Möglichkeiten« 14:00 Uhr bis 14:45 Uhr IT-Sicherheit und ÖbVI – »Livehacking« Fortsetzung Vortrag (2. Teil) 14:45 Uhr bis 15:00 Uhr Pause, Besuch der Fachausstellung »Markt der Möglichkeiten« 15:00 Uhr bis 16:30 Uhr Panel 1 PANELVORTRÄGE FREITAG Ort »BIM-salabim« Gerd Grabau und Kai Tamms Panel 3 »Messen vermessen« Helmer Birkenbach Panel 4 »Unternehmensflurbereinigung Unteres Odertal« Christoph König und Gerhard Derksen Schinkelhalle Schiffbauergasse | 14467 Potsdam ab 19:00 Uhr ABENDVERANSTALTUNG Sektempfang und Buffet ab 21:00 Uhr »Kabarett smart 2050 survey« kabarett aus dem jahr 2050 von schwenktillylehmannbandow screen up. die 50er sind extraorbital big. survey bebt – in office wie in admin. all voll smart. alles total in watch. prop and build. our knowledge voll prall. »Verkauf einer Stadtbibliothek – Verkehrswertermittlung zwischen Wunsch und Wirtschaftlichkeit« Uwe Ehrhorn Panel 2 4. JUNI 2016 SAMSTAG Ort ab 8:30 Uhr 5. JUNI 2016 Waschhaus Arena und Foyer Schiffbauergasse | 14467 Potsdam Anmeldung/Einlass Panel 5 »Vom Luftbild zur Datenbank« Manfred Peick 9:30 Uhr bis 13:00 Uhr MITGLIEDERVERSAMMLUNG Panel 6 »Industrievermessung« Rudolf Wehmeyer ab 13:00 Uhr Gemeinsames Mittagessen Panel 7 »Spione im Weltraum« Clemens Kiepke Panel 8 »3-D-Laserscanning von Kirchenbauten am Beispiel des Bonner Münsters« Martin Pilhatsch Panel 9 »Line of sight« Kirstin Flüssmeyer und Michael Korte 16:30 Uhr Besuch der Fachausstellung »Markt der Möglichkeiten«, Kaffee und Kuchen 35 2 RECHT Die Aufregung über ein neues Gesetz RÜDIGER HOLTHAUSEN | KÖLN 36 2 RECHT S eit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts vom 17. Febraur 2016 (BGBl. 2016 I, S. 233) am 24. Februar 2016 wird in zahlreichen aufgeregten Veröffentlichungen vor allem im Internet das Gefahrenpotenzial einer unzureichenden oder sogar ganz fehlenden Datenschutzerklärung beschrieben. Mitunter entsteht bei diesen Mitteilungen der Eindruck, die Anforderungen an eine Datenschutzerklärung seien nun gesetzlich neu bestimmt worden. Richtig ist sicherlich ein weitverbreitetes Unwissen über die Rechtsgrundlagen und den erforderlichen Inhalt einer Datenschutzerklärung sowie über die Rechtsfolgen einer ganz fehlenden oder mangelhaften Datenschutzerklärung. Im Folgenden sollen daher Rechtsgrundlagen, Inhalt und Bedeutung der Datenschutzerklärung zusammenfassend beschrieben und die letzten gesetzgeberischen Aktivitäten zum Datenschutz erläutert werden. Am Ende wird sich ergeben: Die Aufregung um das neue Gesetz kann sich für die Angehörigen der Freien Berufe wieder legen, solange sie sich an die Grundregeln des Datenschutzes halten und sich nicht auf Abenteuer mit von ihnen gespeicherten Daten ihrer Auftraggeber einlassen. 37 2 RECHT 1 | Rechtliche Grundlagen der Datenschutzerklärung sind § 13 Telemediengesetz (TMG) und § 33 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Nach § 13 Abs. 1 TMG haben Diensteanbieter den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs insbesondere über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten in allgemein verständlicher Form zu unterrichten. Diensteanbieter sind nach § 2 Nr. 1 TMG natürliche oder juristische Personen, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithalten oder den Zugang zur Nutzung vermitteln. Davon erfasst sind insbesondere Online-Angebote von Waren und Dienstleistungen mit unmittelbarer Bestellmöglichkeit. 1 | wenn es für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen erforderlich ist, 2 | soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt, oder 3 | wenn die Daten allgemein zugänglich sind, es sei denn, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen gegenüber dem berechtigten Interesse der verantwortlichen Stelle offensichtlich überwiegt. Darüber hinaus beschreibt § 33 Abs. 1 BDSG ebenfalls, dass der Betroffene bei erstmaliger Speicherung seiner personenbezogenen Daten für eigene Zwecke des Unternehmers von der Speicherung, der Art der Daten, der Zweckbestimmung der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung und der Identität der verantwortlichen Stelle zu benachrichtigen ist. Ist also z. B. ein Unternehmer von seinem Auftraggeber mit der Erbringung einer Dienstleistung beauftragt, darf der Unternehmer alle personenbezogenen Daten speichern, die er für die Durchführung des Auftrages benötigt. Personenbezogene Daten sind nach § 3 Abs. 1 BDSG »Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener)«. Die strenge Zweckbindung der Verarbeitung personenbezogener Daten – außerhalb der ausdrücklichen Einwilligung des Betroffenen nach § 4a BDSG – hat somit weiter zur Folge, dass der Datenverwender die personenbezogenen Daten nach Beendigung und Erfüllung des Auftrages löschen muss. Hierunter fallen also sämtliche Angaben, die einer natürlichen Person zugeordnet werden können, das gilt maßgeblich für Name und Anschrift eines Auftraggebers – bei Grundstücksvermessungen auch die Eigentümerdaten der am Verfahren Beteiligten −, die der Auftragnehmer im Zuge der über das Internet erfolgten Auftragserteilung im Wege des E-Commerce speichert. Nur derjenige Unternehmer, der eine Internetseite ohne jede Interaktion mit Nutzern der Internetseite unterhält und ohne dass Nutzerdaten gespeichert werden, benötigt keine Datenschutzerklärung. Will er das nicht und will er die Daten – maßgeblich, um sie für zukünftige weitere Aufträge vorzuhalten – weiter speichern, um sie bei neuen Aufträgen nicht jeweils nochmals in seine EDV eingeben zu müssen, muss der Unternehmer darauf nicht nur in der Datenschutzerklärung hinweisen, sondern zu dieser dauerhaften Speicherung auch die Einwilligung des Betroffenen (§ 4a BDSG und die entsprechenden Vorschriften der Länder) einholen. Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten sind nur zulässig, soweit der Umgang mit diesen Daten entweder durch das Gesetz erlaubt ist – insbesondere durch das BDSG und die Datenschutzgesetze der Länder – oder wenn der Betroffene eingewilligt hat (§ 4 Abs. 1 BDSG). 2 | Warum ist überhaupt der Gesetzgeber in der Pflicht, die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten zu regeln? Der Bundesgesetzgeber hat die Bedeutung des Umgangs mit personenbezogenen Daten zuletzt in dem Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts (BT-Drucksache 18/4631) ausführlich beschrieben. Die zentrale Erlaubnisnorm zum Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten ist § 28 BDSG (und die analogen Vorschriften der landesrechtlichen Datenschutzgesetze). Danach ist die Verarbeitung personenbezogener Daten zulässig, Demnach nutzen Unternehmer, die mit Verbrauchern über Verträge verhandeln oder mit Verbrauchern Verträge schließen, personenbezogene Daten der Verbraucher in immer größerem Umfang. Dabei werden die Daten immer häufiger vom Unternehmer zu anderen Zwecken verarbeitet 38 2 RECHT und genutzt, um die Daten für das Unternehmen (etwa zu Zwecken der Werbung, des Erstellens von Persönlichkeitsund Nutzungsprofilen usw.) zu kommerzialisieren. Betroffen hiervon ist daher das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verbrauchers und hierbei sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, also das Recht des Einzelnen, über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen. Bei Datenverarbeitungen z. B. zu Zwecken der Werbung, des Erstellens von Persönlichkeits- und Nutzungsprofilen, des Adresshandels oder zu ähnlichen kommerziellen Zwecken hält der Gesetzgeber das Risiko einer erheblichen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts für besonders hoch, da in diesen Fällen die Daten oft längere Zeit gespeichert, mit anderen Daten verknüpft, zu Profilen gebildet und vielfach auch an Dritte weitergegeben werden, sodass der Betroffene schnell den Überblick darüber verliert, wer was von ihm weiß. Regelmäßig würden – so der Gesetzentwurf weiter (BT-Drucksache, a. a. O., S. 19) – von Unternehmern zu den genannten Zwecken die Daten einer Vielzahl von Verbrauchern in gleicher Weise erhoben, verarbeitet und genutzt, sodass im Falle der Unzulässigkeit der Datenverarbeitung das Persönlichkeitsrecht vieler Verbraucher erheblich verletzt werde. Die einzelnen Verbraucher könnten häufig schon nicht erkennen, wer ihre Daten zu welchen Zwecken erhebt und wie diese Daten genutzt, verarbeitet oder an Dritte übermittelt werden. Damit ist gleichzeitig die Funktion der Datenschutzerklärung beschrieben, deren Zweck darin besteht, die konkreten Erhebungs- und Verarbeitungsvorgänge der personenbezogenen Daten durch den Unternehmer zu erläutern. Darüber hinaus muss die Datenschutzerklärung den Betroffenen über sein Recht auf Auskunft, Berichtigung, Löschung oder Sperrung sowie über Widerrufs- und Widerspruchsrechte, sofern ausdrücklich datenschutzrechtliche Einwilligungen erteilt wurden, informieren. 3 | Wegen des ganz unterschiedlichen Umfangs der Speicherung personenbezogener Daten und eines ebenfalls uneinheitlichen Umgangs des Unternehmers mit diesen Daten gibt es zwangsläufig keine Standard-Datenschutzerklärung, die alle Fälle abdeckt. Im Internet wird inzwischen eine unübersehbare Anzahl von Empfehlungen für die Gestaltung von Datenschutzerklärungen angeboten. Welchen Inhalt die Datenschutzerklärung im Einzelfall haben muss, hängt also davon ab, welche personenbezogenen Daten erfasst werden und was mit diesen Daten im Weiteren geschieht. Die Grundfassung einer solchen Datenschutzerklärung könnte etwa lauten: »Ihren Namen, Ihre Anschrift und Ihre Grundstücksdaten werde ich bis zur vollständigen Erledigung des mir erteilten Auftrages speichern. Für andere Zwecke als für die Durchführung des Auftrages werde ich Ihre Daten nicht verwenden. Ist der Auftrag abgeschlossen, werde ich Ihre Daten wieder löschen.« Die Pflicht zur Löschung der Daten ist teilweise auch ausdrücklich in den Vermessungs- und Katastergesetzen der Länder geregelt. So bestimmt § 14 Abs. 3 VermKatG NRW, dass die Eigentümerangaben nach Erfüllung des Zwecks, zu dem sie bereitgestellt worden sind, zu löschen sind (dazu im Einzelnen Mattiseck/Seidel, Vermessungs- und Katastergesetz Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl., § 14 Anm. 4). Von der oben vorgeschlagenen Klausel schon nicht mehr erfasst ist das dauerhafte Speichern der Daten des Auftraggebers nach Beendigung des Auftrages, etwa zur Vorhaltung der Daten für zukünftige Aufträge. Die Zulässigkeit dieser Speicherung setzt daher eine ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen voraus. Diese Einwilligung bedarf der Schriftform (§ 4a Abs. 1 BDSG sowie gleichlautend die Datenschutzgesetze der Länder). Die Datenschutzerklärung allein reicht also für die dauerhafte Speicherung der Daten des Auftraggebers nicht aus, sondern hierzu muss der Auftraggeber schriftlich erklären, dass er (z. B.) damit einverstanden ist, dass der Unternehmer für zukünftige Aufträge seinen Namen, seine Anschrift und seine Grundstücksdaten speichert. Der Betroffene ist in diesem Zusammenhang darüber hinaus darüber zu informieren, dass er die Einwilligung in die Speicherung seiner Daten jederzeit widerrufen kann. Je intensiver der Unternehmer die personenbezogenen Daten des Betroffenen nutzt, desto ausführlicher muss die Datenschutzerklärung ausfallen. Das betrifft etwa die Datenweitergabe an Dritte zur Prüfung der Bonität des Auftraggebers, die Verwendung von Analysetools (z. B. Google Analytics oder Piwik) – hiermit lassen sich statistische Angaben über Aufrufe der Internetseite erfassen und auswerten, was datenschutzrechtlich von Bedeutung ist, wenn die IP-Adressen der Besucher der Internetseite des Unternehmers erfasst und verarbeitet werden, wobei umstritten ist, ob die Speicherung der IP-Adresse ein personenbezogenes Datum ist, 39 2 RECHT Social-Media-Plug-ins (Facebook, Twitter usw.), vor allem in der Form eines »Like«-Buttons, wenn die IP-Adresse des Besuchers der Internetseite schon mit deren Aufruf gespeichert wird. 4 | Alles das ist nicht neu! Die aktuelle Aufregung in Zusammenhang mit Datenschutzerklärungen leitet sich aus dem bereits angesprochenen Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts ab. Das Gesetz beinhaltet – anders als vielfache Veröffentlichungen nahelegen – keine Änderungen an die Anforderung von Datenschutzerklärungen. Der Zweck des Gesetzes besteht vielmehr darin, den Verbraucherdatenschutz effektiver zu gestalten. Zwar könnten – so der Gesetzentwurf S. 11 BT-Drucksache 18/4631 – die Datenschutzaufsichtsbehörden bei Verstößen gegen Datenschutzvorschriften mit aufsichtsrechtlichen Maßnahmen vorgehen und auch Bußgelder verhängen. Eine flächendeckende Kontrolle scheide aber schon aufgrund der Zahl der Unternehmer aus. Die Verbraucher selbst wüssten oft gar nicht, dass ihre Daten von einem Unternehmer unzulässig erhoben, verarbeitet oder benutzt wurden. Wenn sie davon erfahren, könnten sie zwar Ansprüche auf Löschung, Berichtigung oder Sperrung von Daten geltend machen oder auch Schadensersatz verlangen. Sie scheuten aber häufig die Kosten und Mühen der Anspruchsdurchsetzung. Daher solle zukünftig neben den betroffenen Verbrauchern und den Datenschutzbehörden auch Verbänden und Kammern die Möglichkeit eingeräumt werden, gegen die unzulässige Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Verbraucherdaten durch Unternehmer zum Zwecke der Werbung, der Markt- und Meinungsforschung, des Betreibens einer Auskunftei, des Erstellens von Persönlichkeits- und Nutzungsprofilen, des Adresshandels, des sonstigen Datenhandels oder zu vergleichbaren kommerziellen Zwecken vorzugehen. Das hat der Gesetzgeber nun in der Weise umgesetzt, dass vor allem das Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) geändert wurde. Bei der Zuwiderhandlung eines Unternehmens gegen datenschutzrechtliche Vorschriften bei Datenverarbeitungen zu den eben genannten Zwecken sollen die Ansprüche nach § 2 Abs. 1 UKlaG (Unterlassung und Beseitigung = Löschen der Daten) den in § 3 UKlaG genannten Stellen zustehen. Dies sind vor allem Verbraucherverbände, aber auch Be- 40 2 rufsverbände wie z. B. der BDVI, Industrie- und Handelskammern, Ingenieurkammern, Handwerkskammern usw. Künftig können also diese Stellen gegen Unternehmer bei Verstößen gegen jede datenschutzrechtliche Vorschrift, die die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Verbraucherdaten zu den in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 11 UKlaG genannten Zwecken regelt, Ansprüche auf Unterlassung und Beseitigung geltend machen. Insoweit ist diese neue Rechtslage eine Ergänzung der wettbewerbsrechtlichen Befugnisse der genannten Stellen, die nach überwiegender Ansicht schon bisher Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) haben können, wenn Unternehmer bei der Erhebung oder Verwendung von Verbraucherdaten gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen (z. B. Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 19. November 2010 – 6 U 73/10). Von der Novellierung des UKlaG nicht erfasst werden datenschutzrechtliche Vorschriften und deren Verletzung, soweit sie die Zulässigkeit der Datenerhebung, Datenverarbeitung und Datennutzung zu anderen als den in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 11 UKlaG genannten Zwecken regeln. Nach der ausdrücklichen Hervorhebung im Gesetzentwurf (BT-Drucksache 18/4631, S. 19) fallen in den Anwendungsbereich der Vorschrift nicht solche datenschutzrechtlichen Vorschriften, die die Zulässigkeit der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Verbraucherdaten durch Unternehmer regeln, wenn der Unternehmer die Daten nur zur Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten erhebt, verarbeitet oder nutzt. Dasselbe gilt nach der ausdrücklichen Feststellung im Gesetzentwurf in der Regel für die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Daten eines Verbrauchers, die der Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Verbraucher dienen (vgl. § 28 BDSG). Das »Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts« gibt also den genannten Stellen die Befugnis, insbesondere Unterlassungsansprüche in Form von Abmahnungen und Unterlassungsklagen geltend zu machen, sofern verbraucherschützende Datenschutzvorschriften verletzt werden und der Unternehmer die Daten zu Zwecken der Werbung, der Markt- und Meinungsforschung, des Betreibens RECHT einer Auskunftei, des Erstellens von Persönlichkeitsund Nutzungsprofilen, des Adresshandels, des sonstigen Datenhandels oder zu vergleichbaren kommerziellen Zwecken erhoben, verarbeitet oder genutzt hat. Macht man sich diese Einschränkungen klar, liegt auf der Hand, dass z. B. Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure in der Regel von den neuen Vorschriften des UKlaG nicht betroffen sind, denn sie erheben, verarbeiten oder nutzen personenbezogene Daten der Auftraggeber in aller Regel nicht zu den eben genannten Zwecken. Auch von den neuen Abmahnbefugnissen der Verbraucherund Wirtschaftsverbände, Kammern usw. sind sie daher von vorneherein nicht betroffen, eben weil sie personenbezogene Daten nicht zu den genannten kommerziellen Zwecken erheben, verarbeiten oder nutzen. Ungeachtet dessen sollte jeder von der Sammelleidenschaft anderer Unternehmer in Bezug auf personenbezogene Daten potenziell betroffene Verbraucher – also auch z. B. ÖbVI als »Privatpersonen« in ihrer Rolle als Verbraucher − Kenntnis von den gesetzlichen Anforderungen an den Umgang mit derartigen Daten und seinen individuellen Rechten haben. Dr. Rüdiger Holthausen BDVI-Justiziar [email protected] 41 2 VERBAND Alaa Darwish im Büro Rek Wieck Dr. Schwenk Gelungene Integration EIN FORUM-INTERVIEW VON ANDREAS BANDOW | FORUM-REDAKTION 42 2 VERBAND FORUM | Alaa, zunächst danke, dass du uns deine Geschichte erzählst. Wie alt bist du und wo kommst du her? ALAA DARWISH | Ich bin 26 Jahre alt und komme aus Swaida in Syrien. Ich bin hier in Deutschland seit ungefähr 13 Monaten. Was ist dein Beruf in Syrien gewesen? Hast du gelernt oder studiert? DARWISH | Ich habe in Aleppo studiert, aber es ist nicht wie hier in Deutschland. An der Universität studieren wir fünf Jahre. Zuerst habe ich drei Jahre als Bauingenieur und die letzten zwei Jahre im Bereich Vermessung oder Geodäsie studiert. CHRISTOF REK | Er ist voll anerkannt als Bachelor in der Geodäsie. Und wenn Alaa seinen Deutschkurs B2 besteht, hat er alle Voraussetzungen, um hier an der TU Berlin ab Herbst 2016 den Masterstudiengang zu beginnen. DARWISH | Für das Studium brauche ich C1, nicht B2. Mit dem B2-Zertifikat kann ich meinen Bachelor anerkennen lassen. Aber wenn ich weiterstudieren möchte an der TU Berlin, muss ich in Englisch oder in Deutsch auf C2 kommen. Sind die fachlichen Hürden die größeren Herausforderungen oder die sprachlichen? DARWISH | Die Sprache ist sehr schwierig und damit ist es etwas unterschiedlich – ich höre, ich kann verstehen, aber manchmal kann ich nicht erklären, was ich möchte oder um was es geht. Und weißt du: Deutsche Sprache ist sehr schwierig – fünf oder sechs Wörter für die gleiche Bedeutung. Jeder Mitarbeiter sagt diese Wörter, nicht die anderen. Aber der andere Kollege hat diese anderen Wörter gesagt … Wie habt ihr euch eigentlich gefunden? REK | Grundsätzlich ist zu attestieren: In unserem Beruf haben wir große Nachwuchssorgen und wir wissen, dass wir in den letzten Monaten sehr, sehr viele Flüchtlinge in Deutschland aufgenommen haben. Ich glaube, es ist daher ein gesellschaftspolitisches Selbstverständnis und auch eine Aufgabe, auch im Kleinen zur Integration beizutragen. Und deswegen hat Herr Dr. Schwenk im Herbst eine Arbeitsvermittlungsagentur angesprochen, die den Unternehmen Flüchtlinge vorstellt und die bürokratischen Hürden abbaut. Mit dieser Agentur haben wir erste Kontakte gehabt, die leider nicht sehr erfolgreich waren. Parallel dazu hat sich Alaa Darwish bei uns völlig eigenständig beworben und den Kontakt zur Geschäftsleitung gesucht. Wie bist du aufmerksam geworden auf das Vermessungsbüro Rek – Wieck – Dr. Schwenk? DARWISH | Ich war als freiwilliger Helfer im LaGeSo, um den Flüchtlingen zu helfen und zu übersetzen. Danach habe ich mich mit einem Freund getroffen und gesagt, dass ich hier ein Praktikum brauche, um Erfahrungen zu sammeln. Dann sagte er, okay, du kannst dir dieses Büro ansehen, bzw. habe ich gesagt, dass ich Vermessung studiert habe. Dann wurde mir gesagt, dass es eine Firma hier in Berlin gibt, die einen Flüchtling sucht, der in diesem Bereich, in der Vermessung, arbeitet. Dann habe ich – es war ein bisschen witzig – bei R&S angerufen und es wurde mir gesagt, Herr Rek hätte jetzt keinen Termin frei. – Was möchten Sie? – Ich möchte mit Herrn Rek sprechen. – Das geht gerade nicht. – Was soll ich machen jetzt? Dann habe ich noch einmal angerufen – es wurde mir gesagt, dass ich meinen Lebenslauf und die Bewerbung per E-Mail senden kann, und das habe ich gemacht und das ist gut, weil das geklappt hat. Unterscheidet sich die Arbeit, die du hier machst, von dem, was du gelernt hast? DARWISH | Am ersten Tag waren meine Augen weit offen – aha, ja, ich kenne ja diese Sachen! Ich kenne das Tachymeter, ja … Es war überraschend, weil ich dachte, wir sind in Deutschland – es gibt GPS mit Satelliten, sie benutzen keine Tachymeter mehr und es ist was anderes – aber nein, sie benutzen die gleichen Geräte wie wir. Die Deutschen sind wie die Syrer! REK | Vielleicht einmal kurz zu Alaa selbst. Alaa ist dank der Unterstützung seiner Familie nach Deutschland gekommen. Die Familie hat Geld gesammelt, damit er einen Flug nach Deutschland nehmen konnte. Er hat hier eine Aufenthaltsbewilligung als Praktikant erhalten, sein klares Ziel war, im Herbst sein Studium fortzusetzen – hier in Deutschland. Das hat uns gereizt, wir haben es geprüft und ihm dann einen Praktikumsvertrag angeboten, zuerst auf Probe – drei Monate. Diesen werden wir jetzt bis September verlängern, dann müssen wir eine Entscheidung treffen. Entweder möchte er studieren oder er wird hier voll beschäftigt. DARWISH | (überrascht) Super! Dann kann ich hierbleiben bis September! Super! Dann bin ich nicht weg! CHRISTIAN WIECK | So einfach geht das! Das kann man sagen. Christof, Christian, an euch die Frage: Was sind so die größten Herausforderungen im täglichen Miteinander? 43 2 VERBAND REK | Zunächst sind es die sprachlichen Hürden. Aber ich glaube, dass Alaa inzwischen sehr große Fortschritte gemacht hat. Er versteht schon sehr gut Deutsch, er hat eine Wohngemeinschaft mit Deutschen gesucht, damit er gezwungen ist, auch außerhalb des Büros deutsch zu reden. Das finde ich wichtig und toll. Trotzdem gibt es natürlich im Alltag Verständigungsprobleme, speziell mit den Vermessungsbegriffen, im Außendienst beim Messen. Es geht darum, das Tachymeter, hier die modernsten Geräte, kennenzulernen und tatsächlich zu verstehen, zu verinnerlichen. Und selbstverständlich ist er jetzt nach zwei Monaten noch nicht so schnell wie ein gelernter Messgehilfe, aber ich bin ganz beeindruckt von seiner Motivation und seiner Lernbereitschaft. Deswegen bin ich mir sicher, dass er in Deutschland einen guten Weg gehen kann. Wobei ich auch wichtig finde, was Alaa bei seiner Vorstellung ganz klar formuliert hat: Je nachdem, wie die Entwicklung in Syrien ist, möchte er auch wieder zurück. WIECK | Aber die Diskussion war schon lang und es wurden natürlich auch Bedenken vorgetragen, die sich Gott sei Dank nicht bewahrheitet haben. DARWISH | Ja, eines Tages muss ich zurück nach Syrien gehen und die Erfahrung mitnehmen. Als ich meinen Bachelor abgeschlossen habe, habe ich in Syrien nach praktischer Beschäftigung gesucht und das ist schlecht dort – wir haben z. B. drei Vermessungsingenieure in unserer Stadt und ich war in einem großen Büro da – aber das gibt uns nicht die Erfahrung – man macht ein Geheimnis daraus … Man darf nicht die Tachymeter anfassen, nur tragen und an den Punkt gehen – kleine Sachen. Aber die richtige Erfahrung geben sie uns nicht. Wir müssen suchen, und das nach fünf oder sieben Jahren. REK | Wir dürfen nicht verschweigen, dass sich vier weitere Kandidaten vorgestellt haben, die allerdings sehr schlecht Englisch und gar kein Deutsch konnten. Die Hürden sprachlicher Verständigung wären so hoch gewesen, dass eine sinnvolle Beschäftigung in einem Vermessungsbüro nicht möglich gewesen wäre. Ein weiterer Kandidat, ein Bauzeichner auch aus Aleppo, konnte leidlich gut Englisch – das wäre gegangen –, aber wir haben Abstand genommen und beschlossen, zunächst einmal mit Alaa Erfahrungen zu sammeln und erst dann zu überlegen, ob wir einen weiteren Flüchtling aufnehmen. WIECK | Ich glaube, die allgemeinen sprachlichen Herausforderungen sind mittlerweile fast überwunden, da Alaa aufgeschlossen und stets interessiert ist und die Kommunikation entsprechend gut funktioniert. Daher hat er sich in den wenigen Wochen ein gutes Standing erarbeitet. Nun gilt es, die vielen Fachbegriffe und Arbeitsabläufe noch besser zu verstehen, um auch hier weitere Anerkennung und Verantwortung einzusammeln und bestens vorbereitet ins Studium zu starten. Wie sind, gerade auf dieses Thema bezogen, die Arbeit und die Aufnahme im Bürokollegium? WIECK | Wie bei jedem neuen Mitarbeiter oder Azubi gibt es immer erst einmal eine gewisse Zurückhaltung, auch in Bezug auf den neuen kulturellen Kreis, den wir hier noch nicht hatten. Aber Alaa ist sehr aufgeschlossen und wurde super aufgenommen. Die Ängste und Befürchtungen, die die Mitarbeiter zweifelsohne bei jedem neuen Mitarbeiter haben, die haben wir ganz schnell abgebaut – oder, Alaa? REK | Wir haben, nachdem wir uns entschieden hatten, Flüchtlinge aufzunehmen, überlegt, ob es bürointerne Regeln geben 44 2 muss. Man sollte dazu sagen, Alaa ist nicht gläubig – also du bist keiner Religion beigetreten. Wir haben die Mitarbeiter, die gesamte Belegschaft, in einer Betriebsversammlung gefragt, ob sie bereit sind, Flüchtlinge hier in dieses Büro zu integrieren. Darüber hat sich eine lange Diskussion entwickelt, an deren Ende die gesamte Belegschaft zugestimmt hat. Und das ist die Grundvoraussetzung, um überhaupt Flüchtlinge aufzunehmen. Mit Alaa haben wir tatsächlich einen Glücksgriff getan, weil er der gleichen Branche entstammt, schon Grundkenntnisse hatte und ausgesprochen motiviert und hoch interessiert mit der Belegschaft umgeht. DARWISH | Ich bedanke mich! Alaa, wurdest du von den Behörden an irgendeiner Stelle befragt, was du von Beruf bist, um dich einer sinnvollen Beschäftigung zuführen zu können? DARWISH | Vor diesem Praktikum habe ich auch einen Monat Praktikum gemacht in einem Architekturbüro – auch ein Freund von mir hat sich mit diesem Ingenieur getroffen und ich habe ein Praktikum gemacht. Dann habe ich für einen weiteren Monat ein anderes Praktikum gemacht. Mit AutoCAD und Office ein bisschen – aber okay, ist nicht mein Bereich, nicht das, was ich gelernt habe. Als ich dann hier war, habe ich gesehen, dass es eine große Firma ist und es gibt viele richtige Leute hier, wie Ulli und Norbert – habe ich gedacht, okay, ich möchte dieses hier haben, das Geld und alles ist egal. Alles, was wichtig ist, ist hier … Gab es Hilfen von den Ämtern für dich? DARWISH | Von den Ämtern nicht. Als ich nach Deutschland kam, habe ich ein Konto bei der Sparkasse mit 8.000 Euro eröffnet. Aber 8.000 Euro reichen nur für sechs oder sieben VERBAND Monate zusammen für die Schule und für die Wohnung. Nach fünf Monaten habe ich die Schule für vier Monate besucht, danach konnte ich nicht mehr bezahlen und habe A2 gemacht. Dann habe ich B1 alleine zu Hause gelesen und ein bisschen probiert. Und ich habe das LaGeSo gefunden – dorthin kann ich gehen, mich treffen mit Deutschen und deutsch reden und arabisch. Dann wurde mein Deutsch besser und von da an war alles gut. Wenn man hier ist, muss man nur entscheiden, dass man die Sprache sprechen muss, und mit den Leuten reden: »Hallo, wie geht’s dir?« auf der Straße, in der Bar, irgendwo – nur auf Deutsch. nen möchte. Was er verdienen muss. Er bekommt keine Unterstützung seitens des Landes Berlin oder vom LaGeSo. Er hat daraufhin gesagt, 400 Euro würden genügen. Wir haben auf 800 Euro erhöht – und dann bürointern gesagt: Nein, wir werden keinen Arbeitsvertrag abschließen, der unter den Mindestlohn fällt. DARWISH | Mehr! Ihr bezahlt mehr! REK | Nee! DARWISH | Ja! Sehr viel! REK | Alaa hat seit Anbeginn – seit er in Deutschland ist – fünfmal in der Woche Deutschunterricht genommen. Das ist ganz sicher die Grundvoraussetzung, um hier auch wirklich Arbeit zu finden – es ist wichtig, dass alle Deutsch lernen, und da haben wir ein Musterbeispiel. Ohne die deutsche Sprache wäre es nicht gegangen. DARWISH | Na klar, deswegen – das war die erste Sache, die ich gemacht habe. Ich hatte ein Praktikum und dann sofort in die Schule. Jetzt mache ich das Praktikum und abends in die Schule. REK | Eines möchte ich auch noch berichten. Wir haben einen Praktikumsvertrag aufgesetzt und Alaa gefragt, was er verdie- REK | Worauf er mir dann um den Hals gefallen ist … Christof, Christian, wurdet ihr von den Behörden in irgendeiner Form bei der Aufnahme und bei der Integration von Alaa unterstützt? REK | Nein, gar nicht! Es war mir wichtig, im Vorfeld der Gespräche mit allen Flüchtlingen zu klären, wie das mit einer Ausbildung aussieht bzw. aussehen kann. Alaa braucht keine Ausbildung als Vermessungstechniker in Angriff zu nehmen. Wenn, dann macht er den Masterstudiengang. Aber wir wollten für die anderen Kandidaten diese Information haben. 45 2 VERBAND DIPL.-ING. CHRISTOF REK ÖbVI | Jahrgang 1961 Studium Vermessungswesen an der TU Berlin Referendariat im Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur Vizepräsident des Deutschen Vereins für Vermessungswesen e. V. (DVW e. V.) DIPL.-ING. CHRISTIAN WIECK aus der Vermessung kommen, diesen Beruf weiterhin ausüben möchten und sich tatsächlich bei der BDVI-Landesgruppe Berlin beworben haben. WIECK | Die Entscheidung, die anderen Flüchtlinge nicht zu nehmen, obwohl es keine sprachlichen Voraussetzungen gibt, begründen wir damit, dass die schulischen Ausbildungsinhalte mit den vielen Fachbegriffen nicht zu schaffen gewesen wären. Damit haben Azubis schon zu kämpfen – wie man weiß. Gibt es einen Pool, in welchem seitens der Behörden erfasst wird, welcher Flüchtling welchen Beruf hat? ÖbVI | Jahrgang 1976 Studium Vermessungswesen an der TU Berlin Referendariat im Land Brandenburg Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur Lehrbeauftragter an der TU Berlin (Masterstudiengang Denkmalpflege) PROF. DR.-ING. WALTER SCHWENK ÖbVI | ÖbvS | Jahrgang 1944 Studium, Promotion und Referendariat in Berlin Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger (IHK Berlin) Lehrbeauftragter an der Hochschule Neubrandenburg Honorarprofessor seit 2015 ALAA DARWISH Bachelor of Engineering (B. Eng.) | Jahrgang 1989 Studium Bauingenieurwesen (Spezialisierung Topografie) an der Universität in Aleppo (Syrien) Wir haben von der Senatsverwaltung ein sehr positives Feedback bekommen – auch dergestalt, dass die Qualifikation B2 oder C1 nicht gefordert wird, die Mitarbeiter der Senatsverwaltung waren in der Angelegenheit sehr offen. Gleichwohl muss man natürlich auch sehen, dass die Schule bestanden werden muss. Und das war bei den Kandidaten, die wir hier hatten, kaum denkbar gewesen. Deswegen konnten wir diese Bewerber nicht berücksichtigen. Es gibt inzwischen – das haben wir auch von unserem BDVI-Landesgruppenvorsitzenden Manfred Ruth erfahren – durchaus syrische Flüchtlinge, die beruflich ausgebildet 46 2 REK | Die Vermittlungsagenturen, die es privatwirtschaftlich inzwischen überall gibt, interviewen die Flüchtlinge in ihrer Unterkunft und bauen eine Datenbank auf, in der sie natürlich sehr wohl unterscheiden, wer in diesem oder in jenem Beruf schon Erfahrungen oder gar eine Ausbildung hat. Und ich glaube auch, die Jobvermittlungsagenturen wissen das. WIECK | Die private Agentur hat uns damals gesagt, die Arbeitsagenturen würden die Berufe der Flüchtlinge nicht erfassen, sie dürften das gar nicht. Die Vermittlungsagenturen, die auf freiwilliger Basis arbeiten, erfassen die Informationen und können dann losmarschieren. Und diesen Pool, nach dem du fragst, gab es im letzten Monat bei einer Jobmesse in Berlin. Dort haben sich Unternehmen und Agenturen vorgestellt, Flüchtlinge konnten ihren Beruf, ihre Zertifikate, ihre Qualifikation und ihr Sprachlevel angeben. Anschließend sind die Agenturen u. a. an den BDVI Berlin herangetreten und haben gesagt: »Wir haben hier eine Liste – wenn ihr irgendwo Bedarf seht oder es Möglichkeiten gibt, die Leute unterzubringen, dann können wir die gerne zur Verfügung stellen.« Die letzte Frage an euch ist eigentlich obsolet: Könnt ihr für dieses Modell werben, Flüchtlinge aufzunehmen, und wenn ja, mit welchen Argumenten würdet ihr die Kollegen überzeugen? REK | Ich habe schon geworben. Ich habe beim Neujahrsempfang für diese Aufgabe und die damit verbundene Integration geworben. Ich werde sicherlich auch im Land Brandenburg bei der LGB nochmals vorstellig werden und für dieses Modell werben. Gleichwohl gibt es eben die sprachlichen Barrieren, die man einfach sehen muss, aber nur so lösen wir auch für die Zukunft unsere Nachwuchsprobleme – u. a. WIECK | Ja, wir können nur dafür werben. Wir sind dafür und können es empfehlen. Bei uns ist Alaa der Zweite. Wir haben VERBAND Christof Rek, Alaa Darwish, Christian Wieck vor einigen Jahren mal mit Aroslav nur gute Erfahrungen gemacht. Und neben dem beruflichen und dem Nachwuchsthema fördert es auch das Miteinander unter den Kollegen und das Verständnis für andere Kulturen, sich neuen Sachen offen zu widmen – dafür bist du, Alaa, bestes Beispiel! DARWISH | Okay. REK | Ich halte es für extrem wichtig, andere Kulturen zu verstehen und sich mit der speziellen Situation in Syrien – in einem Kriegsgebiet – zu beschäftigen. Wie groß muss die Not, das Elend sein, dass Menschen ihre Familie und die eigene Heimat verlassen? Wenn man das versteht, die Bilder sieht und die Erzählungen von Alaa hört, versteht man die Probleme, die auch politisch diskutiert werden. Alaa, du hast das Schlusswort: Wie sehen deine Wünsche aus? Für die nähere und für die weitere Zukunft? DARWISH | Das erste Ziel ist es, meiner Familie zu helfen. Jetzt habe ich einen Bruder hier in Deutschland – er ist auch Flüchtling. Und ich muss ihm helfen – na klar, das ist die erste Sache. Und mein Vater und meine Mutter sind noch in Syrien. Ja, sie möchten nicht hier nach Berlin kommen oder nach Deutschland, aber ich muss ihnen mit dem Geld helfen. Sie haben so viel bezahlt für mich und das war vor dem Krieg – ein Euro be- deutete für uns 50 syrische Lira, jetzt nach dem Krieg bedeutet ein Euro für uns 400 Lira, es hat sich mehr als verachtfacht. Sie können das nicht tragen. Mein Vater war Ingenieur und meine Mutter war Lehrerin und sie können das nicht alleine tragen. Und was ist die Schwierigkeit hier? Die Kultur … Die Leute verstehen vielleicht ein bisschen, dass wir nicht normal sind bis jetzt. Wir kommen aus dem Krieg – weit weg von unserem Land. Wir hatten ein gutes Leben und dann von einer Minute auf die andere war das gute Leben weg. Wir brauchen ein bisschen mehr Geduld – das ist die erste Sache. Und zu deiner Frage: Natürlich muss ich zur Uni gehen, weiterstudieren. Weil – lernen ist die beste Sache. Man muss das machen, das lernen! Wie Ulli sagt: Von der Wiege bis zur Bahre! Ich danke euch und wünsche euch gemeinsam alles Gute! Dipl.-Ing. Andreas Bandow FORUM-Schriftleitung [email protected] 47 2 MANAGEMENT Die Gefährdungsbeurteilung in der Vermessung – von der Pflichtübung zum Gewinn für alle? INGRID ERKEL | WIESBADEN ANNELIE WEISKE | LOBBACH D ie Arbeitswelt verändert sich. Gründe dafür sind neben technischen und gesetzlichen Neuerungen die sich wandelnden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Vermes- sung. So können neue, unerkannte Gefährdungen und Belastungen für die Mitarbeitenden auftreten. Lagen in der Vergangenheit die Aufgaben des Arbeitsschutzes in erster Linie in der Vermeidung von Unfällen und Berufskrankheiten, treten heute die körperlichen und psychischen Belastungen viel stärker in den Vordergrund. Dies zeigt die deutliche Zunahme von psychischen Erkrankungen. Auch der Gesetzgeber erkannte die Situation und verschärfte seit Oktober 2013 das Arbeitsschutzgesetz. Neben klassischen Gefährdungsarten wie »physikalische, chemische und biologische Einwirkungen« sind jetzt z. B. auch Gefährdungen zu beurteilen, die sich aus »der Gestaltung von Arbeitsabläufen und deren Zusammenwirken« und »unzureichender Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten« ergeben (§ 5). Weiter wurden in die Gefährdungsbeurteilung (GBT) auch psychische Belastungen aufgenommen (§ 5 Abs. 3 Nr. 6). Alle Arbeitgeber – unabhängig von der Anzahl der Mitarbeitenden – sind 48 2 zur Durchführung verpflichtet, ebenso zur Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen, die aus der GBT entwickelt und durchgeführt werden. Ebenfalls neu ist die Dokumentationspflicht für den gesamten Prozess, die auch für Betriebe unter zehn Mitarbeitern verpflichtend ist. Ziel der Gesetzesänderung ist es, die Belastung, die vom jeweiligen Arbeitsplatz ausgeht, zu überprüfen. Unerheblich ist dabei die individuelle Empfindung (Beanspruchung). MANAGEMENT WAS IST EIGENTLICH DER UNTERSCHIED ZWISCHEN BELASTUNG UND BEANSPRUCHUNG? Definition Belastung nach der DIN EN ISO 10075-1 (1a) Psychische Belastung ist die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken. Definition Beanspruchung nach der DIN EN ISO 10075-1 Psychische Beanspruchung ist die unmittelbare (nicht langfristige) Auswirkung der psychischen Belastung im Individuum in Abhängigkeit von seinen jeweiligen überdauernden und augenblicklichen Voraussetzungen, einschließlich der individuellen Bewältigungsstrategien. Umstrukturierung mangelnde Organisation ökonomische Bedingungen, »weniger Personal bei gleicher Arbeitsmenge« Gefährdungen für das Muskel-Skelett-System, Erkrankungen der Atemwege (Außendienst) Die Beanspruchungen in der Vermessung: starker Termin- und Leistungsdruck quantitative Überforderung fachliche Überforderung Beschwerden/Konflikte Vereinbarkeitsprobleme – bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit Wen wundert’s, dass die psychischen AU-Tage insgesamt an der Spitze liegen. Zusammenfassend führt die Arbeit zu einem hohen Burn-out-Risiko, hoher Morbidität für psychische Erkrankungen, erhöhtem Risiko für Herz- und andere Organkrankheiten. Gerade die Berufsanfänger sind durch dieses hohe Maß an Belastungen besonders gefährdet. Psychische Belastung und Beanspruchung Fehlzeiten: So lange dauert’s BEANSPRUCHUNG günstig Anzahl der Krankschreibungstage je Fall nach Diagnosen 2013 Depressionen 64,0 (7,1 %) Belastungsstörung Bluthochdruck zu niedrig zu hoch Rückenschmerzen BELASTUNG Körperliche Voraussetzung des Menschen Psychische Belastung durch Arbeit Quelle: Baua 27,8 (7,1 %) 18,6 (0,9 %) 13,6 (5,2 %) Bronchitis 7,1 (3,3 %) Atemwegsinfekt 5,8 (6,3 %) ( ) Anteil der AU-Tage an den Fehlzeiten 2013 insgesamt in Prozent Quelle: Depressionsatlas der Techniker Krankenkasse 2015 GESUNDHEIT – FÜRSORGEPFLICHT DES ARBEITGEBERS Auch in Vermessungsunternehmen gilt (wie in jedem anderen Unternehmen): Ausfälle verursachen Kosten. Die Belastungen in der Vermessung: verschiedene Aufgaben gleichzeitig, bedingt durch Zeitvorgaben Arbeit nicht selbst planen können und keinen Einfluss auf Arbeitsmenge haben unterschiedliche Führungsstile sehr schnell arbeiten müssen, die Durchführung ist (detailliert) vorgeschrieben Arbeitsunterbrechungen Pausenausfall Hier sind nicht nur die direkten Kosten gemeint, die durch Abwesenheit entstehen, sondern vielmehr die Kosten durch reduzierte Arbeitsleistung unter erhöhter psychischer Belastung. Mangelnde Konzentration, ein unfreundlicher, rauer Ton untereinander, mehr »Sprechen übereinander statt miteinander« schaffen leicht ein generelles Klima der Unzufriedenheit. Das wiederum erhöht stark das Risiko für krankheitsbedingte Ausfälle bei den Mitarbeitenden, vor allem aber auch die Gefahr 49 2 MANAGEMENT für Arbeitsunfälle und Fehler mit teils gravierenden Folgen. Wie sollen Qualitätsmanagementsysteme und Qualitätssicherung greifen, wenn die Rahmenbedingungen dafür dauernd oder überwiegend nicht gegeben sind? Wo die Bezeichnung »psychische Belastung« zu Verunsicherung führt, was wohl damit gemeint ist, lässt sich auch sehr gut mit der Übersetzung »unnötige und krank machende Stressfaktoren am Arbeitsplatz« arbeiten. Wichtig ist in beiden Fällen, dass die Erhebung anonymisiert geschieht und dass die folgenden vier Felder einbezogen sind (nach: Nationale Arbeitsschutzkonferenz, Berlin, »Leitlinie Beratung und Überwachung bei psychischer Belastung am Arbeitsplatz«): FELD Arbeitsinhalt/ -aufgabe HAFTUNGSRISIKEN NICHT UNTERSCHÄTZEN Bei Arbeitsunfällen, Erkrankungen, ja selbst schon bei der Beantragung von Kuren versuchen die Kostenträger, alle oder Teile der Kosten auf den Arbeitgeber abzuwälzen. Lassen sich die Ursachen mit erhöhtem, vermeidbarem Stress in Verbindung bringen, kann es für den Unternehmer teuer werden. Stellt die Gewerbeaufsicht oder die Berufsgenossenschaft dann bei ihrer Prüfung fest, dass das Unternehmen keine psychische Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes durchgeführt und keine Maßnahmen zur Behebung von Missständen getroffen hat, haben die Regressforderungen von Kranken- und Unfallversicherungen bzw. Schadensersatzforderungen vor Gericht gute Chancen. Allein eine sechswöchige Kur kann mit ca. 50.000 Euro zu Buche schlagen. Zusätzliche Kosten können entstehen, wenn einem Arbeitnehmer wegen Krankheit gekündigt wird und wenn seine Erkrankung in Zusammenhang mit psychischen Belastungen am Arbeitsplatz stehen könnte. Ist dann die Gefährdungsbeurteilung mit nachfolgenden Verbesserungsmaßnahmen nicht erfolgt, hat er in seiner Arbeitsschutzklage gute Chancen auf Wiedereinstellung bzw. eine höhere Abfindung. Arbeitsorganisation Arbeitsumgebung Soziale Beziehungen MÖGLICHE PSYCH. BELASTUNGSFAKTOREN MERKMALE nur Teilbereiche zu bearbeiten Vollständigkeit der kein Einfluss auf Pensum, Abläufe, Methoden Aufgabe Monotonie: häufige Wiederholung Handlungsspielraum gleichartiger Handlungen Abwechslungszu viel/zu wenig Information, reichtum schlecht aufbereitet und dargeboten Informationsunklare Kompetenzen und Verantwortlichkeiten angebot Über-/Unterforderung vs. Qualifikation Verantwortung unzureichende Einarbeitung/Unterweisung Qualifikation stark berührende Ereignisse emotionale ständiges Eingehen auf andere Inanspruchnahme (unterschiedliche Auftraggeber, privat, Behörden) Bedrohung durch Gewalt Arbeitszeit wechselnde/lange Arbeitszeiten Arbeitsablauf ungünstige Arbeitsverhältnisse (Außenbereich) Kommunikation/ Zeitdruck/hohe Arbeitsintensität Kooperation häufige Störungen/Unterbrechungen physikalische/ Lärm, Beleuchtung, Gefahrstoffe chemische/ schwere körperliche Arbeit infektiöse Faktoren ungünstige Arbeitsräume, Enge physische Faktoren unzureichende Gestaltung von Arbeitsplatz- und Signalen/Hinweisen/Kennzeichnung Informationsfehlende/ungeeignete Arbeitsmittel gestaltung ungünstige Bedienung/Einrichtung von Geräten Arbeitsmittel unzureichende Hard-/Software unzureichender Witterungsschutz Kollegen zu geringe/zu hohe Zahl sozialer Kontakte Vorgesetzte häufige Streitigkeiten und Konflikte soziale Drucksituationen fehlende soziale Unterstützung Führungskräfte nicht qualifiziert fehlendes Feedback/fehlende Anerkennung fehlende Führung/fehlende Unterstützung im Bedarfsfall Nach erfolgter Erhebung und entsprechender Dokumentation wird eine Bewertung der gefundenen kritischen Faktoren durchgeführt. Die Bewertung ist vor allem deshalb so wichtig, weil sich nach ihr die Priorisierung der Maßnahmen zur Verbesserung richtet. Die Priorisierung richtet sich schließlich danach, wie schnell und einfach etwas zu verbessern ist, in zweiter Linie danach, was weWIE KANN EFFEKTIV UND EFFIZIENT AN DIESE AUFGABE HERANGEGANGEN nig beeinträchtigend und zumutbar ist. Alles, was schwerwieWERDEN? gend ist und die Gesundheit von Mitarbeitenden schwer beeinträchtigen/bedrohen kann, erhält höchste Priorität. Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass ein psychisches Gefährdungspotenzial an allen Arbeitsplätzen zu erheben ist, hat aber nicht bestimmt, wie dies genau zu geschehen hat. Somit können geeignete Verfahren ausgezeichnet auf die Besonderheiten der Arbeitsplätze hin ausgewählt werden. Gleichartige Arbeitsplätze/Aufgabengebiete lassen sich für die Analyse sehr gut clustern, sodass sich die Anzahl der Einzelerhebungen deutlich und sinnvoll verringern lässt. Ob diese per strukturiertem Interview oder durch Fragebogen durchgeführt werden, ist situativ zu entscheiden. 50 2 Eine konsequente Ausübung der Fürsorgepflicht trägt somit nicht nur zu einer wirksamen Kostenreduktion bei, sondern beeinflusst in ganz entscheidendem Maße das Qualitätsmanagement und die Qualitätssicherung im Betrieb. Den formalen Abschluss eines solchen Projektes bildet dann die Überführung in einen kontinuierlichen Prozess. Ohne Einbindung und Engagement der Firmenleitung und das Commitment der Führungskräfte sowie der Betriebsräte (so- MANAGEMENT weit vorhanden) können derartige Prozesse nicht initiiert und etabliert werden. In vielen Fällen zeigt sich, dass die Schwachstellen hauptsächlich im kommunikativen und Führungsbereich liegen. Sind die körperlichen und psychischen Belastungen an Arbeitsplätzen in den verschiedenen Bereichen ohnehin schon besonders hoch, werden sie durch mangelnde Führungskultur und chronische Konflikte zwischen den Mitarbeitenden oft auf die Spitze getrieben. Wertschätzender Umgang untereinander sowie eine wertschätzende und gesunde Führung sind also von entscheidender Bedeutung für ein positives Arbeitsklima. Angesichts der Schwierigkeiten vieler Unternehmen bereits jetzt, geeignete Mitarbeitende zu bekommen, wird die Attraktivität als Arbeitgeber immer wichtiger. Dazu tragen Klima und Kultur eines Hauses entscheidend bei. Wie kann ein solcher Kulturwandel eingeleitet und begünstigt werden? Der ideale Weg, nämlich Führungskräftetraining topdown, lässt sich leider in den wenigsten Fällen realisieren. Was allerdings – aus dem Maßnahmenkatalog gegen psychische Gefährdung und Belastung entwickelt – oft sehr gut funktioniert, ist eine gezielte Unterstützung von Teams und Individuen durch geeignetes Coaching. Hier kann eigenes Verhalten und das von Kollegen/Führungskräften reflektiert und es können Bewältigungsstrategien entwickelt werden. Dabei lassen sich zielführende Kommunikationstechniken einüben. Achtsamkeit sich selbst und dann anderen gegenüber kann erfahren und erlernt werden. Wo es gelingt, auf diesem Weg Teams zu entwickeln und zu stärken, wird auch die Qualität der Interaktionen zwischen Teams deutlich zunehmen. Darüber hinaus bewähren sich Coachings für spezielle Teilnehmergruppen, wie z. B. junge Führungskräfte, Trainings für Stress- und Konfliktmanagement, interkulturelle Trainings für Mitarbeitende aus dem Ausland und die deutsche Belegschaft, Angebote für Team-Supervisionen und Einzelcoachings in besonderen Belastungs- und Lebenssituationen. Wird ein solches Unterstützungs- und Interventionsnetz richtig aufgebaut, wird der Effekt auch die Führungskräfte erreichen. Dann ist die Chance sehr hoch, dass Mitarbeitende in Umstrukturierungs- und sonstige Planungsprojekte mit eingebunden werden. Erhöhte Transparenz und die Möglichkeit, sich einzubringen, steigern deutlich die Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Wie kann das organisiert werden und wer könnte es durchführen? In den seltensten Fällen eignen sich hierzu hausinterne Mitarbeitende, da die Scheu, sich zu öffnen, gegenüber »Kolleginnen und Kollegen« besonders hoch ist. Dies beginnt bei den strukturierten Interviews zur Erhebung des psychischen Gefährdungs- potenzials und besteht auch bei »Coachings«. Die Methode »kollegiale Beratung« funktioniert allenfalls für arbeitstechnische Fragen, versagt jedoch meistens bei tiefer sitzenden Problematiken – wer möchte sich vor dem Kollegen eine Blöße geben? Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, sich dafür externe Professionalität einzukaufen. Wichtig ist dabei vor allem, dass Berater keine Fertiglösungen und Fragebögen aus ihrer Schublade mitbringen, sondern sich individuell mit den Gegebenheiten des Hauses und der Mitarbeitenden auseinandersetzen und entsprechende Vorschläge passgenau unterbreiten können. Wird die Gefährdungsbeurteilung engagiert und mit hoher Priorität durchgeführt, so ergibt sich daraus ein positiver und zielgerichteter Veränderungsprozess, von dem alle profitieren. Verbesserungs-, Entwicklungs- und Einsparpotenzial werden gemeinsam aufgedeckt, die Effizienz gesteigert und Ideen und Vorschläge aller fließen ein. weniger Stress 0 hohe Attraktivität für Arbeitgeber w zufriedenere Mitarbeiter 9 e Gestaltung und Zukunftssicherung! gesunde Führung gesündere Mitarbeiter 9 e Wertschätzung u höhere Motivation höhere Produktivität r Ingrid Erkel Gesundheitsökonomin (EBS) [email protected] Dr. Annelie Weiske dr. weiske strategie + personal [email protected] 51 2 TECHNIK Einsatz von Geoinformationen für kleine Kommunen durch Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure 52 2 TECHNIK HANS ULRICH ESCH | COCHEM D er Deutsche Städtetag (DST) hat im Jahr 2015 ein Positionspapier mit dem Titel »Einsatz von Geoinformationen in den Städten« verabschiedet. Ich verweise hier auf die Artikel von Udo Stichling, Harald Lwowski und Carsten Kamp im letzten FORUM zu ebendiesem Thema und möchte somit hier Wiederholungen vermeiden. In diesem Papier sind Gute-Praxis-Beispiele aufgelistet, welche ich im Folgenden bestätigen und ergänzen möchte. Zunächst fällt auf, dass die Beispiele größtenteils von Vermessungsbehörden für größere Städte erstellt wurden bzw. dass diese maßgeblich beteiligt waren. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Geobasisdaten bei ebendiesen Behörden geführt werden und der Umgang mit Geodaten ein gewisses Know-how erfordert. Der Umgang mit Geodaten, insbesondere Geobasisdaten, ist für die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure Tagesgeschäft. Sowohl für Katastervermessungen als auch für technische Vermessungen können die Geobasisdaten in der Regel über geschützte Auskunfts- und Transferschnittstellen direkt von den jeweiligen Datenservern der Kommunen oder Länder abgerufen werden. Die Kosten sind unterschiedlich, aber vertretbar. Der flächendeckende Abruf von Geobasisdaten ist jedoch nicht so einfach. Arbeitet man für Kommunen, so erhält man, je nach Vereinbarung zwischen den Kommunen und der katasterführenden Stelle, einen flächendeckenden Zweitkatasterauszug. Möchte man für einen privaten Auftraggeber arbeiten, so wird es schon schwieriger. Aktuell bearbeite ich mehrere Aufträge von Weingütern, die an einer Zusammenstellung all ihrer Grundstücke interessiert sind, welche dann mit weiteren Informationen angereichert werden sollen, um somit eine transparente und übersichtliche, gleichzeitig aber wirtschaftliche Bewirtschaftung ihres Grundbesitzes zu ermöglichen. Beste Grundlage für ein solches Bewirtschaftungskataster sind die Geobasisinformationen. Das Problem ist jedoch die Zerstreutheit der Grundstücke. So liegen z. B. bei einem noch relativ kleinen Weingut ca. 120 Grundstücke mit verschiedenen Eigentümerangaben in drei Gemarkungen. Zur Bearbeitung von Geoinformationen habe ich mich für das Programm ArcGIS for Desktop von der Firma Environmental Systems Research Institute (ESRI Inc.) entschieden. Mit diesem Programm können die o. g. Bedingungen als Filter gesetzt und die zu dem Auftrag passenden Geobasisinformationen relativ einfach extrahiert werden. Dies setzt jedoch voraus, dass man über alle Geobasisinformationen in Form einer NAS-Schnittstelle verfügt. 53 2 TECHNIK Abbildung 1-2 Abbildung 1-1 Abbildung 1-3 Dieser Weg wird nicht von allen katasterführenden Stellen beschritten. Einige Vermessungs- und Katasterverwaltungen verlangen die Vorlage von Excel-Listen der Flurstücke oder Bestandsnummern oder Grundbuchblattnummern und liefern dann die gewünschte NAS-Schnittstelle. Das bedeutet, dass man diese Informationen mühsam über die Auskunfts- und Transferschnittstellen eruieren muss. Derzeit ist z. B. in Rheinland-Pfalz nur die Suche in einer Gemarkung und jeweils nur nach einem Suchkriterium möglich. Der Zeitaufwand ist somit deutlich höher als mit ArcGIS. Ein zweites Problem sind die Kosten. Die Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder (AdV) schlägt in ihrer Gebührenempfehlung 3,80 Euro pro Flurstück vor. Modifikationen davon sind in den Ländern teilweise noch in Arbeit. Verfügt man über ein entsprechendes Programm und das nötige Know-how sowie über die benötigten Geobasisinformationen, so kann man diese als Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur sowohl für kleine Kommunen als auch für private Auftraggeber zusammenstellen und veredeln. Unabhängig von den weiteren Ausführungen möchte ich klarstellen, dass die amtliche Katasterauskunft sowie die Erteilung von Auszügen aus dem Liegenschaftskataster (explizit im Positionspapier des DST als Gute-Praxis-Beispiel der Stadt Bielefeld ausgewiesen) flächendeckend bei fast allen Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren praktiziert werden. 54 2 BEISPIELE FÜR DEN EINSATZ VON GEOINFORMATIONEN IN KLEINEN KOMMUNEN Städtischer Grundbesitz Für die Stadt Zell an der Mosel wurde ein Geoinformationssystem mit allen städtischen Grundstücken angelegt. Diese wurden nach vorgegebenen Kriterien geordnet und können nun weiter ergänzt und veredelt werden. Zunächst sind die Erfassung aller Bäume und die Einrichtung eines Baumkatasters vorgesehen, siehe Abbildungen 1-1, 1-2 und 1-3. Die vom ÖbVI erfasste Information, »Koordinate« der Bäume, kann durch den Collector, eine von ESRI entwickelte und kostenfreie App, von städtischen Mitarbeitern vor Ort um die Beschreibung ergänzt werden. Der Nachweis der Standsicherheit der städtischen Bäume ist im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht von jeder Kommune, ob klein oder groß, zu erbringen. Im Weiteren sind ein Friedhofskataster, ein Grünflächenkataster und ein Straßenzustandskataster gefragt. Der Vorteil für die Kommune besteht darin, dass die Geodaten durch die Arbeitsteilung wirtschaftlich erfasst und mit hoher TECHNIK Qualität transparent und übersichtlich, sowohl am Bürorechner als auch vor Ort auf einem Handy dargestellt werden können. Lokalportale In den bekannten großen Immobilienportalen findet man in der Regel keine Bauplätze in kleinen Kommunen, erst recht nicht landwirtschaftliche Grundstücke. Aus diesem Grund habe ich ein Lokalportal Eifel-Mosel-Hunsrück einAbbildung 2-1 gerichtet, in dem Bauplätze von Kommunen, aber auch von privaten Eigentümern eingestellt werden können. Darüber hinaus werden auch landwirtschaftliche Grundstücke, wie z. B. Weinberge, eingestellt, siehe Abbildungen 2-1 und 2-2. Diese Portale können selbstverständlich für jede Kommune oder jeden privaten Auftraggeber individuell erstellt und in die jeweilige Umgebung eingebettet werden. Der Vorteil für die Kommunen und privaten Eigentümer besteht darin, dass die Bauplätze zu geringen Kosten »ins Netz« gestellt werden und somit auf dem Markt angeboten werden. Bewirtschaftungskataster Private Auftraggeber wie z. B. Weingüter sind an einem Bewirtschaftungskataster interessiert, in dem alle Grundstücke mit ihren Geobasisinformationen nachgewiesen werden und in dem Traubensorten, Qualitäten, Jahr der Pflanzung, Erziehungsart, Steillage, Erträge, Dünger etc., anstehende Arbeiten und deren Terminierung erfasst werden können. Die Daten sind übersichtlich indoor und outdoor verfügbar und können ohne Mehrarbeit direkt aktualisiert werden. Abbildung 2-2 der Landesämter für Vermessung und Geobasisinformationen, wie bei uns in Rheinland-Pfalz üblich, sicherlich gerne behilflich. Die Arbeitsteilung mit den kleinen Kommunen und den privaten Kunden kann derart erfolgen, dass der ÖbVI die Administration, d. h. die Bereitstellung der Geobasisdaten, die Koordinierung der nötigen Punkte und die Übernahme bereits existenter Daten in das System, übernimmt und der Kunde die Daten mit dem Collector oder über Excel-Dateien, welche leicht einzulesen sind, ergänzt. Möglich sind derzeit Schreib- und Leselizenzen, geschützte Leselizenzen sind in Arbeit. Der Einsatz von Geoinformationen auch in kleinen Kommunen wird kommen, weil er wirtschaftlich ist. Da Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure wirtschaftlich arbeiten, sind sie als Partner für die Kommunen prädestiniert. FAZIT Bevor sich Gewinn einstellt, bedarf es Investitionen in Software und Schulung. ArcGIS for Desktop ist für die Bearbeitung von Geoinformationen gut geeignet, da es über sehr gute Werkzeuge verfügt und man die Anwendung relativ schnell erlernt. Bei der Beschaffung der Geobasisdaten sind die Mitarbeiter Dipl.-Ing. Hans Ulrich Esch BDVI-Vizepräsident [email protected] 55 2 KATASTER Nachtrag HELMUT HOFFMANN | BERLIN I n dem Beitrag »Über die Maßeinheiten, das Mess- und Eichwesen« (s. Heft 1/2014, S. 32) wurde u. a. ausgeführt, dass die Bundesregierung nach dem Mess- und Eichgesetz vom 25. Juli 2013 – MessEG (BGBl. I, S. 2722) – ermächtigt wurde, auf dem Verordnungsweg Regelungen über Ausnahmen von der nach dieser Rechtsnorm vorgeschriebenen Eichpflicht zu erlassen. Die Rechtsverordnung liegt nun vor. Sie ist seit dem 1. Januar 2015 in Kraft (Mess- und Eichverordnung – MessEV – s. Abbildung: auszugsweise wiedergegeben). »im Vermessungswesen, wenn Messgeräte verwendet werden, die den Vorschriften des öffentlichen Vermessungswesens entsprechen« Nach der MessEV wird für den Bereich des Vermessungswesens, im Gegensatz zu allen diesbezüglichen bisher in den Eichordnungen enthaltenen Regelungen, bei den Ausnahmen für dieses Fachgebiet zwischen Anwendungen im amtlichen und geschäftlichen Verkehr differenziert. Somit stellt die MessEV klar: Die behördlichen Vermessungsstellen sowie die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure sind von der Eichpflicht im Sinne der o. g. Rechtsnormen ausgenommen, unabhängig davon, ob sie die Geräte (Instrumente) für Vermessungen im amtlichen Verkehr einsetzen (wozu auch die Erstattung von Gutachten für staatsanwaltliche sowie gerichtliche Verfahren oder Schiedsverfahren zählt) oder für Tätigkeitsbereiche verwenden, die dem geschäftlichen Verkehr zuzuordnen sind. Die Ausnahmen gelten jedoch nur, wenn die eingesetzten Messgeräte den einschlägigen in den Bundesländern geltenden Vorschriften des öffentlichen Vermessungswesens entsprechen. Danach finden im amtlichen Verkehr das MessEG und diese MessEV keine Anwendung u. a.: »im öffentlichen Vermessungs- oder Markscheidewesen« (§ 5 Abs. 2, lfd. Nr. 1, s. Abbildung) Mit dieser Vorschrift folgt der Verordnungsgeber den Ausnahmeregelungen, wie sie in allen bisher ergangenen Eichvorschriften enthalten waren. Darüber hinaus enthält die MessEV nun erstmalig eine Ausnahmeregelung für Anwendungsbereiche im Vermessungswesen, bei denen Messgeräte oder Messwerte im geschäftlichen Verkehr verwendet werden. Nach § 5 Abs. 1, lfd. Nr. 9 MessEV (s. Abbildung) sind das Mess- und Eichgesetz und diese Verordnung u. a. nicht anzuwenden: 56 2 Helmut Hoffmann [email protected] KATASTER Abbildung | Bundesgesetzblatt Nr. 58/2014 – Auszug 57 2 INHALT Das perfekte Maß! Expertise mit Siegel: ÖbVI Unsere Expertise mit Siegel – das perfekte Maß für Sie! ® 58 Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure (ÖbVI) unterstützen und beraten Sie bei Ihrem Bauvorhaben – von der Bauplanung bis zur Fertigstellung. Ob amtlicher Lageplan, Absteckung des Gebäudes vor Beginn der Baumaßnahme, vermessungstechnische Bauüberwachung oder Einmessung des fertig gestellten Gebäudes – wer sichergehen will, fragt einen Experten – den ÖbVI. Einen Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur in Ihrer Nähe finden Sie unter www.bdvi.de 2 REPORT Expertise mit Siegel Ö ffentlich bestellte Vermessungsingenieure (ÖbVI) sind Experten. Aufgrund nachgewiesener Qualität unseres Sach-, Fach- und Rechtswissens hat uns der Staat mit einem Dienstsiegel betraut. Im hoheitlichen Sektor unserer Tätigkeiten bekommen unsere Produkte ein Siegel, das das Ergebnis zu einer öffentlichen Urkunde macht, die als richtig und rechtmäßig gilt. Zu Recht können unsere Kunden erwarten, dass unsere Arbeit auch im nicht hoheitlichen Sektor denselben Qualitätsstandards unterliegt. Die Berufsbezeichnung ist ein marktetabliertes Gütesiegel, auch wenn das Amtssiegel nicht verwendet wird. Unsere Expertise hat also im Doppelsinne des Wortes ein Qualitätssiegel, ob hoheitlich oder privatrechtlich. Dieses Alleinstellungsmerkmal zu präsentieren, ist das Anliegen der neuen Imagekampagne »Expertise mit Siegel: ÖbVI«. Die Botschaft: Expertise, Kompetenz, Rechtssicherheit = ÖbVI. Einprägsame Überschriften, kombiniert mit pfiffigen Motiven aus dem BDVI-Kalender »Vermessung im Detail«, sorgen für einen hohen Wiedererkennungswert; kurze erläuternde Texte informieren über die Dienstleistungen der ÖbVI und im weitesten Sinne über die verschiedensten »Lebenslagen« in der Vermessung, bei denen ein ÖbVI zurate gezogen werden sollte. Die Aussagen sind flexibel und vielseitig einsetzbar. Sie besitzen Wiedererkennungspotenzial und werden immer abgeschlossen mit dem neuen Slogan »Expertise mit Siegel: ÖbVI«. Über einen Pool auf der BDVI-Homepage können sowohl die BDVI-Landesgruppen als auch jedes ÖbVI-Büro Motive für eigene Werbeauftritte auswählen und in unterschiedlichen Formaten herunterladen – als Anzeige, Poster, Roll-up oder als Banner auf der eigenen Homepage. Alle Informationen zur neuen Kampagne finden Sie unter: www.bdvi.de Viel Erfolg bei der Nutzung der neuen Kampagne! Wir freuen uns auf Ihr Feedback! Dipl.-Ing. Michael Zurhorst BDVI-Präsident [email protected] Aktuelles aus Sachsen-Anhalt achsen-Anhalt wird 2016 bis 2021 von einer Koalition aus S CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen regiert. Die Koalitionsvereinbarung, auf die sich das bundesweit erste schwarz-rotgrüne Regierungsbündnis am 19. April 2016 geeinigt hat, sieht eine personelle Verstärkung und Aufwertung des Landesamts für Vermessung und Geoinformation vor. Um die Ziele der Landesregierung im Bereich der Landesentwicklung erreichen zu können, sollen nach dem Willen der Koalitionspartner eine am Gemeinwohl und an den Nutzerbedürfnissen ausgerichtete Grundversorgung mit qualitativ hochwertigen Geobasisdaten und deren internet- und standardbasierte Zugänglichmachung sichergestellt werden. Der Koalitionsvertrag hält dazu fest: »Dies erfordert ein leistungsstarkes Geodatenmanagement in Sachsen-Anhalt, das die für die Erschließung der Potenziale vernetzter Geodaten erforderlichen Maßnahmen und Prozesse koordiniert, bündelt und vereinheitlicht. Zentraler Geodatenmanager des Landes ist das Landesamt für Vermessung und Geoinfor- mation (LVermGeo). Dafür ist eine angemessene Personalausstattung von mindestens 840 Vollbeschäftigteneinheiten erforderlich.« Damit wird der bislang eingeschlagene Kurs des Personalabbaus in der Landesverwaltung im Bereich »Vermessung und Geoinformation« verlassen, wo bislang ein Stellenabbau auf 600 Beschäftigte im Jahr 2020 vorgesehen war. Aus Sicht des Freien Berufs wird nun noch viel stärker darauf zu achten sein, dass sich die Vermessungs- und Geoinformationsbehörde des Landes auf die beschriebenen Kernaufgaben beschränkt und nicht die operative Vermessungstätigkeit zulasten der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure noch weiter ausbaut. Dipl.-Ing. (FH) Dietwalt Hartmann BDVI-Landesgruppenvorsitzender Sachsen-Anhalt [email protected] 59 2 BILDUNG INHALT Tag der Geodäsie Deutschland THEO KÖTTER | BONN D ie Universitätsstandorte mit den Studiengängen Geodäsie und Geoinformation (GuG) in Deutschland, die bundesweit im Ausschuss Geodäsie der Bayerischen Akademie der Wissen- schaften (DGK) organisiert sind, haben für dieses Jahr zum ersten Mal einen bundesweiten Tag der Geodäsie geplant. 60 2 :::::: BILDUNG PR-VERANSTALTUNGEN »GEODÄSIE UND GEOINFORMATION« (GUG) Nach der Vorstellung der DGK sollen am 4. Juni 2016 – soweit nicht bereits andere langfristige Planungen bestehen – Informations- und Werbeveranstaltungen sowie Medienkampagnen zum Thema »Geodäsie und Geoinformation« konzentriert stattfinden. Bereits seit einigen Jahren werden an den Universitäten in bewährten Kooperationen mit der Gesellschaft für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement (DVW), der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen (AdV) und den jeweiligen Behörden in den Bundesländern, dem Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure (BDVI), dem Verband Deutscher Vermessungsingenieure (VDV) und zahlreichen anderen Akteuren solche Veranstaltungen sehr erfolgreich durchgeführt. Eine begrenzte Auswahl der vielfältigen, bereits etablierten und geplanten Veranstaltungsformate findet sich in der nebenstehenden Aufstellung. Warum also noch ein zusätzlicher Tag der Geodäsie Deutschland? Der bundesweite Tag soll langfristig auch neben den bestehenden sehr erfolgreichen Veranstaltungen etabliert werden, um deren Wirkungen zu unterstützen. Es gilt, die Information der breiten Öffentlichkeit über Aufgaben und Berufsfelder der GuG weiter zu verbessern, die Aufmerksamkeit bundesweit zu erhöhen und vor allem Interesse von Schülerinnen und Schülern an den Themen zu wecken. Dabei geht es letztlich um das gemeinsame Ziel aller Beteiligten: die Gewinnung von Studienanfängern für den akademischen Berufsnachwuchs, denn es besteht bereits heute ein erheblicher Bedarf. Warum sind die Studiengänge GuG so attraktiv? »Wer sich heute für eine Ausbildung im Bereich Geodäsie entscheidet, hat beste Chancen auf dem Arbeitsmarkt«, so die Interessengemeinschaft Geodäsie. Der wesentliche Grund: Die klassischen Aufgaben wandeln sich und viele zusätzliche kommen hinzu. Es entstehen vielfältige neue spannende Berufsfelder als Folge der wichtigen Gegenwartsaufgaben und zukünftigen Herausforderungen der Gesellschaft, der Wissenschaft und der Wirtschaft. Mit welchen Themen befassen sich GuG heute und morgen? Im Fokus stehen neben den unverzichtbaren traditionellen Aufgaben der Eigentumssicherung und des Flächenmanagements neue Megathemen. Dazu gehören Klimawandel und Meeresspiegelanstieg, Klimaschutz und Klimaanpassungsstrategien einschließlich Energiewende, Stadt- und Dorfumbau zur Anpassung der Siedlungs- und Infrastrukturen an den demografischen Wandel, bezahlbares Wohnen in prosperierenden Städten, Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, Ausbau und Modernisierung der Infrastruktur, Multisensorsysteme und kinematische Messverfahren, Navigation und autonomes Fahren, Stadtmodellierung, BIM sowie Smart City. Zur Bewältigung dieser Aufgaben werden dringend qualifizierte Fach- und Führungskräfte mit einer Expertise für hochpräzise Vermessungen, für Geoinformation sowie für Grund und Boden benötigt. Veranstaltungsformate (Auswahl), die von den Studiengängen GuG bzw. an den Universitäten und Technischen Universitäten bereits etabliert oder geplant sind und vielfach gemeinsam mit Berufsverbänden und Fachverwaltungen in Deutschland durchgeführt werden: »Tag der Geodäsie Deutschland«, erstmals am 4. Juni 2016: Veranstaltungen einiger Studiengänge GuG »Aktionswoche Geodäsie«: Bündelung aller bestehenden Veranstaltungen innerhalb einer landesweiten Woche »Wissenschaftsnacht«, »Tag der Wissenschaft«, »Wissenschaftsrallye«: zentrale Veranstaltungen der Universitäten für Kinder und Jugendliche unter Beteiligung von GuG »Schnupperuni«, »Schnupperstudium«, »Probier die Uni aus«: Angebote für Schülerinnen und Schüler, an Veranstaltungen einzelner Studiengänge einschließlich GuG teilzunehmen »Girls’Day«: Angebote für Schülerinnen mit spezifischen Fachveranstaltungen, um Interesse für ein Studium der Mathematik, Naturwissenschaften oder Ingenieurwissenschaften zu wecken »Unitag«, »Tag der offenen Tür«: zentraler Informationstag an den Unis zur allgemeinen Information über Studiengänge »Ausbildungsmesse«, »Messe Abi Einstieg«: Messepräsentation für Abiturienten einschließlich der Studiengänge GuG Die Studiengänge GuG in Deutschland wollen daher zur Nachwuchsgewinnung und Qualifizierung einen essenziellen Beitrag leisten. Der Tag der Geodäsie Deutschland will dieses Anliegen unterstützen. Prof. Dr.-Ing. Theo Kötter Vorsitzender des Ausschusses Geodäsie der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (DGK) [email protected] 61 2 FORUM JOBBÖRSE PLZ-Bereich 4 Geoinformatiker für den Vertrieb-Außendienst Wir sind seit 1960 Anbieter von Vermessungslösungen und suchen für den Vertrieb der Trimble GIS-MappingProdukte (Planungs-, Dokumentations- und Erfassungslösungen) einen Mitarbeiter im Vertrieb-Außendienst. Zur Erweiterung unseres Teams suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine(n) ANGEBOTE VERTRIEBSMITARBEITER(IN) IM AUSSENDIENST PLZ-Bereich 1 Ihre Aufgaben • Chiffre 6037 A Vermessungsbüro im Großraum Beratung von Kunden bei der Auswahl und Beschaffung von Berlin mit den Leistungsbereichen Vermessung, Planungs-, Dokumentations- und Erfassungslösungen Bodenordnung und Geoinformation sucht Ver- Vertrieb von kundenspezifischen Gesamtlösungen für EVU, Landwirtschaft und Forstbereich messungsassessor zur langfristigen Mitarbeit Umsatz- und Ergebnisverantwortung für die Verkaufsgebiete NRW, Rheinland-Pfalz und Hessen und gegebenenfalls späteren Beteiligung. Repräsentation des Unternehmens auf Messen und anderen Veranstaltungen Ihr Profil PLZ-Bereich 4 Hohe Motivation und Kundenorientierung Techniker im Energieversorgungs- oder GIS-Bereich, Geoinformatik Lambers & Ostendorf Ingenieure suchen zur Unterstüt- Flexibilität und Reisebereitschaft (Pkw-Führerschein) zung an unserem Standort in Barnstorf zu sofort eine/-n Sicheres Auftreten beim Kunden und Verhandlungsgeschick ausgebildete/-n Vermessungstechniker/-in in Vollzeit, unbefristet. Werden Sie Teil unseres Teams, gestalten Sie Unser Angebot die dynamische Entwicklung von Lambers & Ostendorf Herzog GmbH bietet Ihnen eine anspruchsvolle Aufgabe in einem dynamischen und kundenorientierten Unter- Ingenieure aktiv mit. nehmen. Wir ermöglichen Ihnen Freiräume für Ihre persönliche Entwicklung, ein leistungsgerechtes, erfolgsorientiertes Gehalt und ein Dienstfahrzeug auch zur privaten Nutzung. Selbstverständlich arbeiten wir Sie um- Vertiefte Kenntnisse in den Bereichen innendienstliche fassend in die angebotenen Lösungen ein. Auswertungen mit GEOgraf, KIVID A³ sind erwünscht. Kenntnisse in den Bereichen Autodesk AutoCAD, Bent- Interesse? Bitte schicken Sie Ihre Bewerbungsunterlagen mit Angabe Ihrer Gehaltsvorstellungen und des frühest- ley Microstation oder GE Smallworld wären von Vorteil. möglichen Eintrittstermins an: Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung! Bitte richten Sie Herzog GmbH | Drususstraße 24-26 | 40545 Düsseldorf | [email protected] – oder wenden diese per E-Mail an [email protected]. Sie sich telefonisch an Herrn Herzog | Tel. 0211/54240-900). Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung. GESUCHE PLZ-Bereich 2 • Chiffre 5648 Verm.-Ass. sucht Stelle in Niedersachsen oder Bremen: Anstellung zur Absolvierung des Anerkennungsjahres bei einem ÖbVI in Niedersachsen oder Bremen. Gründung einer Sozietät oder Übernahme eines Büros wird angestrebt. Anzeigenaufträge für Angebote und Gesuche können Sie online unter www.bdvi-forum.de aufgeben. 62 2 FORUM VERANSTALTUNGSKALENDER BDVI-GREMIEN, -KOMMISSIONEN 22. September 2016, Düsseldorf UND -ARBEITSGRUPPEN § 6 BAUO NRW –ABSTANDSFLÄCHEN Workshop zu ausgewählten Themen 2. Juni 2016, Potsdam www.ikbaunrw.de 3 Akademie BDVI-HAUPTVORSTAND 3 Seminare 3 Seminarprogramm www.bdvi.de 3 Aktuelles 3 Termine 21. November 2016, Düsseldorf 3. Juni 2016, Potsdam SATELLITENGESTÜTZTE VERMESSUNG: GNSS-NUTZUNG BDVI-KONGRESS www.bdvi.de 3 Aktuelles 3 Termine IN REFERENZDIENSTEN www.ikbaunrw.de 3 Akademie 4. Juni 2016, Potsdam 3 Seminare 3 Seminarprogramm BDVI-MITGLIEDERVERSAMMLUNG www.bdvi.de 3 Aktuelles 3 Termine GEOINFORMATION SEMINARE / SYMPOSIEN / WORKSHOPS / TAGUNGEN 27. Oktober 2016, Leipzig 13. MITTELDEUTSCHES GEOFORUM 2016 www.geoleipzig.de VON ANLAGEN ERNEUERBARER INTERNATIONAL ENERGIEN www.vhw.de 3 Fort- und Ausbildung 23./24. September 2016, Riga CLGE-GENERALVERSAMMLUNG 22. Juni 2016, www.clge.eu Bad Neuenahr-Ahrweiler INSTANDHALTUNGSSTAU: SO KALKULIEREN SIE RICHTIG! STUDIENREISEN www.sprengnetter.de 3 Seminarkalender 17.-27. November 2016, Namibia BDVI-FACHEXKURSION 7./8. September 2016, Köln www.bdvi.de 2. KÖLNER WERTERMITTLERTAGE 2016 www.bundesanzeiger-verlag.de WEITERE BEREICHE MESSEN / AUSSTELLUNGEN INGENIEURVERMESSUNG 21. Juni 2016, Berlin WAS TUN, WENN DER AUFTRAGGEBER NICHT ZAHLT? Absicherung und Durchsetzung offener Honorarforderungen www.unita.de BODENORDNUNG / STADTUMBAU / WERTERMITTLUNG 22. Juni 2016, Leinfelden-Echterdingen NEUE BEWERTUNGSAUFGABEN DURCH DIE ERRICHTUNG 4.-6. Oktober 2016, München EXPOREAL 2016 www.exporeal.net 11.-13. Oktober 2016, Hamburg INTERGEO® 2016 www.intergeo.de Weitere umfangreiche Informationen zu Fort- und Weiterbildungen finden Sie u. a. auch unter den folgenden Links: www.bdvi.de/de/aktuelles/termine www.dvw.de/fortbildung www.bw-vdv.de/bildungswerk-vdv www.sprengnetter.de www.vhw.de www.staedtebau-berlin.de V E R A N S TA LT U N G S K A L E N D E R A k t u e l l e Te r m i n e Mittwoch, 15. Juni 2016 Bildungsinstitut BDVI Zwangsvollstreckung – Update Ort: Hannover Samstag, 18. Juni 2016 BILDUNGSWERK VDV ALKIS® – Erfahrungsaustausch Ort: Osterholz-Scharnbeck Dienstag, 21. Juni 2016 DVW-Seminare Building Information Modeling (BIM) und 3-D-Geoinformation Ort: Bochum Stand: 2. Mai 2016 Mittwoch, 22. Juni 2016 Bildungsinstitut BDVI Verwaltungsrecht/ Verfahrensrecht – Update Ort: Kassel Weitere Infos: www.GEODÄSIE-AKADEMIE.de/Veranstaltungskalender Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e.V. Mittwoch, 29. Juni 2016 Bildungsinstitut BDVI ÖbVIG – neue Gestaltungspotenziale? Ort: Dortmund DVW – Gesellschaft für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement e.V. Die Veranstaltungen werden teilweise als Kooperationsveranstaltungen angeboten. Angegeben ist der jeweils verantwortliche Veranstalter. Geschäftsstelle der GEODÄSIE-AKADEMIE info@GEODÄSIE-AKADEMIE.de Verband Deutscher Vermessungsingenieure e.V. 63 2 MOSAIK Ausbildung/Nachwuchsförderung AUSBILDUNG ZUM/ZUR »STAATLICH GEPRÜFTEN VERMESSUNGSTECHNIKER/-IN« Vermessungstechnikern oder Menschen mit einem anderen Berufsabschluss oder mit einer ähnlichen ausländischen Berufsqualifikation steht ein besonderer Bildungsweg offen: Die Fachschule für Vermessungstechnik in Hagen bietet auch in diesem Jahr die Ausbildung zum/zur »Staatlich geprüften Vermessungstechniker/-in« an. Die Erlangung der Fachhochschulreife ist für Studierende möglich. Quelle: www.cuno.de ARBEITSPLATZ ERDE – GEODÄSIE UND KARTOGRAFIE ZUM ANFASSEN IN DRESDEN Schüler, Berufseinsteiger und Umsteiger in Sachsen waren herzlich eingeladen aus erster Hand zu erfahren, welche spannenden Tätigkeitsfelder Geodäsie und Kartografie zu bieten haben. Unter der Schirmherrschaft des sächsischen Innenministers Markus Ulbig und in Zusammenarbeit von Wissenschaft, Verwaltung und geodäti- 64 2 schen Verbänden des Freistaates Sachsen fand am 2. April in Dresden auf der Prager Straße eine Präsentation der vielfältigen Tätigkeitsfelder von Geodäten statt – buchstäblich Geodäsie und Kartografie zum Anfassen. Quelle: BDVI, Landesgruppe Sachsen versorgten Bewerber leicht gesunken. Der Anteil der in den Freien Berufen abgeschlossenen Ausbildungsverträge an allen Ausbildungsverträgen liegt bundesweit bei 8,2 %, ein Plus von 0,1 % gegenüber dem Vorjahr. Bezogen auf die sieben Ausbildungsbereiche weisen die Freien Berufe mit 92,8 % weiterhin den höchsten relativen Anteil der mit jungen Frauen geschlossenen Verträge auf. AUSBILDUNGSJAHR 2015/2016: POSITIVER TREND Bei den neu abgeschlossenen AusbildungsBEI DEN FREIEN BERUFEN verträgen in den Freien Berufen stellen Das Bundeskabinett hat am 27. April 2016 den Berufsbildungsbericht 2016 verabschiedet. Die Erhebung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) hat zum Stichtag 30. September 2015 und damit für das laufende Ausbildungsjahr 2015/ 2016 ergeben, dass die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge mit gut 522.100 leicht rückläufig ist – das sind 0,2 % weniger Neuverträge als zum Vorjahreszeitpunkt. Weiter positiv ist die Entwicklung bei den Freien Berufen: Mit insgesamt 43.053 Verträgen halten sie das Vorjahresniveau. Die Zahl der insgesamt unbesetzten Lehrstellen ist erneut gestiegen, die Zahl der un- die Auszubildenden mit Realschulabschluss mit 56,4 % den größten Anteil. 27,1 % verfügen über eine Studienberechtigung. Einen Hauptschulabschluss haben 16 %, 0,6 % haben keinen Schulabschluss. Parallel zum Berufsbildungsbericht erscheint der dazugehörige ausführliche Datenreport. Daraus geht ergänzend hervor, dass der Anteil von Auszubildenden mit ausländischen Wurzeln bei den Freien Berufen im Jahr 2014 gestiegen ist, von 9,8 % im Vorjahr auf 11,4 %. Hier liegen die Freien Berufe mit deutlichem Abstand vorne. Quelle: BFB MOSAIK Wertermittlung BKIMMO – WORKSHOP UND MITGLIEDERVERSAMMLUNG Der jährliche BKImmo-Workshop hat am 22. April in Großenlüder-Kleinlüder bei Fulda stattgefunden. Geoinformation LANDESPROGRAMM »OFFENE GEODATEN« IN THÜRINGEN Auf die aktuell steigende Nachfrage nach digitalen Daten mit Raumbezug wurde in Thüringen mit einem Landesprogramm »Offene Geodaten« reagiert. Das Landesprogramm wurde am 9. Februar 2016 vom Kabinett beschlossen. Damit werden in Thüringen Schritt für Schritt offene Geodaten aller Behörden ohne Zugangsbe- schränkungen mit einer einfachen, einheitlichen und leicht verständlichen Lizenz im Internet zur Verfügung gestellt. Die frei nutzbaren Geodaten sollen für Transparenz in der Verwaltung sorgen sowie eine aktive Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger an Prozessen in Wirtschaft, Verwaltung und Politik ermöglichen. Karte: www.geoportal-th.de Die Bundesregierung betont in ihrem im April beschlossenen Nationalen Reformprogramm (NRP) 2016, dass es auch weiterhin möglich sein müsse, gerechtfertigte und verhältnismäßige Regulierungen zu erhalten. Sie nimmt dabei Bezug auf das laufende Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen der Fest- Als Bindeglied zwischen Workshop und Mitgliederversammlung am 23. April fand – schon traditionell – ein Grillabend statt, bei dem weiter fachlich diskutiert und natürlich auch das eine oder andere private Wort gesprochen werden konnte. Mögliche positive Wirkungen eines Abbaus von Regulierungen müssten gegen deren Bedeutung für Qualitätssicherung und Verbraucherschutz abgewogen werden. Ein Tagesordnungspunkt der Mitgliederversammlung des BKImmo e. V. am 23. April war die Wahl des Vorstandes. Helge Köhncke stand nicht zur Wiederwahl zur Verfügung. Als neues Vorstandsmitglied konnte Udo Stichling gewonnen werden. Der Vorstand setzt sich damit aktuell wie folgt zusammen: Dr. Hubertus Brauer (Vorsitzender), Ulrich Esch (stellvertretender Vorsitzender), Prof. Dietmar Weigt (Beisitzer), Udo Stichling (Beisitzer) und Joachim Matzkows (Schatzmeister). Quelle: Bundesregierung/BFB Nicole Harder, BKImmo e.V. HOAI BUNDESREGIERUNG: GERECHTFERTIGTE UND VERHÄLTNISMÄSSIGE REGULIERUNG ERHALTEN In diesem Jahr ging es im Besonderen um die Verkehrswertermittlung von Immobilien unter Berücksichtigung von Fotovoltaikanlagen, um Wohnpreis- und Marktanalysen, um die Entwicklung des Zwangsversteigerungsmarktes und um Immobilienbewertung im internationalen Kontext. Ein Teil der Nachmittagsveranstaltung war der Vorstellung von Gutachten aus dem Mitgliederkreis gewidmet. Diskutiert wurde in diesem Jahr die Begutachtung eines Kaufvertrages, bei dem der Notar die Unwirksamkeit aufgrund eines möglichen Wucherpreises vermutet hatte. Zudem wurden zwei Gerichtsurteile des Finanzgerichts Brandenburg erläutert und diskutiert. legung verbindlicher Mindesthonorare durch die Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) und durch die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). 65 2 MOSAIK Verbändeumschau BIngK: DR.-ING. HUBERTUS BRAUER NEUER VIZEPRÄSIDENT DER BUNDESINGENIEURKAMMER Bei den Vorstandswahlen der Bundesingenieurkammer am 15. April in Berlin wurde Dr.-Ing. Hubertus Brauer (ÖbVI) neu in den Vorstand gewählt, der damit den bisherigen Vizepräsidenten, Dipl.-Ing. Peter Dübbert (ÖbVI), ablöst. Die Amtszeit beträgt jeweils vier Jahre. Der wiedergewählte Präsident, Dipl.-Ing. Hans-Ullrich Kammeyer, zu den Aufgaben der neuen Amtszeit: »Es stehen viele politische Herausforderungen auf der Tagesordnung, allen voran der Kampf um den Erhalt der HOAI und die Fortentwicklung der gesetzlichen Grundlagen für den Titelschutz des Ingenieurs.« Quelle: Bundesingenieurkammer BFB: ZAHL DER EXISTENZGRÜNDUNGEN IN FREIEN BERUFEN STEIGT WEITER Nach Berechnungen des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM Bonn) entwickelt sich das Gründungsgeschehen im Bereich der Freien Berufe weiter positiv. Bezogen auf das Jahr 2015 ist die Gesamtzahl der freiberuflichen Existenzgründungen im vierten Jahr in Folge um 2,7 % auf 83.300 angestiegen. Zum Vergleich: Die Zahl der gewerblichen Existenzgründungen hat im Jahr 2015 rund 298.500 betragen. Sie liegt damit um rund 11.300 bzw. 3,7 % niedriger als im Vorjahr – der fünfte Rückgang seit dem Jahr 2011. BFB: UMSATZSTEIGERUNG BEI FREIBERUFLICHEN UND TECHNISCHEN DIENSTLEISTUNGEN Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach ersten Berechnungen mitteilt, ist der Umsatz im Bereich der freiberuflichen und 66 2 v. l. n. r.: Dipl.-Geol. Sylvia Reyer, Dipl.-Ing. Rainer Ueckert, Dipl.-Ing. Ingolf Kluge, Dipl.-Ing. Hans-Ullrich Kammeyer, Dr.-Ing. Hubertus Brauer, Dipl.-Ing. Reinhard Pirner, Prof. Dr.-Ing. Stephan Engelsmann technischen Dienstleistungen im Jahr 2015 um 4,5 % und die Zahl der Beschäftigten um 2,2 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. BFB: OECD-WIRTSCHAFTSBERICHT DEUTSCHLAND ADRESSIERT AUCH DIE FREIEN BERUFE BDVI: GEODÄSIE-KONGRESS NRW Die OECD hat am 5. April 2016 den aktuellen »Wirtschaftsbericht Deutschland« vorgestellt. Am 14. April 2016 fand im Goldsaal der Dortmunder Westfalenhalle der erste nordrhein-westfälische Geodäsie-Kongress statt. Ausgerichtet haben diesen Kongress die drei maßgeblichen Berufsverbände für das Vermessungs- und Liegenschaftswesen BDVI, DVW und VDV. Über 300 Teilnehmer aus Ministerien des Landes, Verwaltung, Wirtschaft und Freiem Beruf fanden den Weg nach Dortmund. Die Veranstaltung drehte sich um gesellschaftliche Megathemen in unserem Land: Infrastruktur und Logistik, Netzpolitik und Breitbandstrategie, berufspolitische Perspektiven im Informationszeitalter. Nicole Harder, BDVI-Landesgruppe NRW Bereits eingangs halten die Autoren fest, dass »regulatorische Hemmnisse, wie z. B. Exklusivrechte für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten, (…) den Wettbewerb in Teilen des Dienstleistungssektors« behindern. Daraus abgeleitet fordert die OECD, »die restriktive Regulierung der freien Berufe (zu) reduzieren«. Der vollständige Bericht mit detaillierten Forderungen zu den Freien Berufen kann auf den Seiten der OECD bestellt bzw. heruntergeladen werden. Ein Vertreter der OECD wird beim BDVIKongress in Potsdam an der Paneldiskussion zum Thema »Freie Berufe auf dem Prüfstand« teilnehmen. MOSAIK Gut zu wissen AHO: GRÜNES HEFT, HEFT 35 »VERGABE FREIBERUFLICHER LEISTUNGEN« Das AHO-Heft 35 befasst sich mit den unterschiedlichen Vergabeverfahren, Verfahrensarten und Verfahrensschritten bei der Vergabe freiberuflicher Leistungen. Es werden Empfehlungen für die Durchführung der Verfahren vom Projektstart bis zur Auftragserteilung formuliert, insbesondere für eine sinnvolle Anwendung der Regelungen zur Nachweisführung der Eignung. Die erforderlichen Leistungen bei der Verfahrensbetreuung, der dafür erforderliche Aufwand und auch die Anforderungen an die Verfahrensbetreuung werden beschrieben. Bundes- und Länderrichtlinien für die Vergabe freiberuflicher Leistungen werden einer besonderen Betrachtung unterzogen. Die derzeit geltenden Regeln, das Vergaberecht in Deutschland, die EU-Vergabevorschriften und die Vergabevorschriften der Länder werden in Übersichten dargestellt. Für verschiedene Verfahren werden entsprechende Formulare aufgeführt. IGG: TRIFFT RICHTUNGSWEISENDE ENTSCHEIDUNG FÜR GEODÄSIE-AKADEMIE Die GEODÄSIE-AKADEMIE ist im Februar 2014 als gemeinsame Plattform für die Fort- und Weiterbildung der Geodäten aufgebaut worden. Seitdem gehen die Aktivitäten zu ihrer Weiterentwicklung voran – sowohl strategisch durch die Spitzenvertreter der IGG (InteressenGemeinschaft Geodäsie) als auch konzeptionell durch den Arbeitskreis GEODÄSIE-AKADEMIE. Die Präsidenten der Mitgliedsverbände BDVI, DVW und VDV der IGG vereinbarten auf einem Treffen am 29. und 30. Januar 2016 in Münster die Überführung der GEODÄSIE-AKADEMIE in eine tragfähige Rechtsform. Die erforderlichen rechtlichen, inhaltlichen und finanziellen Rahmenbedingungen sollen bis Ende 2016 entscheidungsreif aufgearbeitet werden. Die beteiligten Verbände BDVI, DVW und VDV müssen die neue Rechtsform der GEODÄSIE-AKADEMIE dann noch beschließen. Eine Vielzahl von Gründen spricht für die geplante Maßnahme: Organisatorische Entlastung und Unterstützung der Veranstalter Forderung nach Zertifizierung des Veranstalters bei Fortbildungsmaßnahmen Professionalität und Qualität in der Ausrichtung von Fortbildungsmaßnahmen Strukturierung und Homogenisierung des Seminarkostenmodells Erhöhung der Teilnehmerzahlen der Seminare Stärkung der Wahrnehmung des Berufsstandes Da die Akademie letztendlich von den Seminarteilnehmern und -veranstaltern getragen und gelebt werden soll, sind Ergänzungen, Änderungen, Wünsche und Fragen jederzeit herzlich willkommen. Bitte richten Sie Ihre Anregungen an: [email protected] Quelle: IGG/Martin Ullner KNAPP EIN DRITTEL DER UNTERNEHMEN NUTZT SOCIAL MEDIA In Deutschland haben laut Destatis im Jahr 2015 rund 31 % der Unternehmen mit Internetzugang Social Media, also digitale Medien und Technologien, eingesetzt, um mit Kunden und Geschäftspartnern zu kommunizieren oder interne Abläufe zu koordinieren. Insgesamt 26 % der Unternehmen mit Internetzugang haben soziale Netzwerke wie Facebook, XING oder LinkedIn genutzt, große Unternehmen häufiger als Kleinstunternehmen. Multimedia-Portale für Audio-, Videooder Fotodaten werden von rund 9 % der entsprechenden Unternehmen und damit seltener genutzt. Weblogs oder Mikroblogging-Dienste wie Twitter haben sogar nur 4 % verwendet. RECHTLICHE GRUNDSÄTZE ZUR NUTZUNG NICHT STAATLICHER DROHNEN Zum Thema »Unbemannte Luftfahrtsysteme« (UAVs) hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) die Erforschung der rechtlichen Grundsätze kommerziell und privat genutzer Drohnen beauftragt. Gemeinsam mit dem Institut für unbemannte Systeme der NBS Northern Business School und Taylor Wessing PartG mbB will das BMJV untersuchen, ob das geltende Recht ausreichend ist, das Gefährdungs- und Missbrauchspotenzial von UAVs zu beschränken. 67 Mitglieder des Arbeitskreises GEODÄSIE-AKADEMIE 2 MOSAIK IMPRESSUM HERAUSGEBER Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e. V. (BDVI) Luisenstraße 46, 10117 Berlin Telefon 030/240 83 83 Fax 030/240 83 859 Gut zu wissen SCHRIFTLEITUNG Dipl.-Ing. Andreas Bandow Dr.-Ing. Wolfgang Guske Magdeburger Straße 14, 14806 Bad Belzig Telefon 033841/799 779 Fax 033841/799 780 [email protected] [email protected] REDAKTION Martina Wolkowa-Norda Dipl.-Ing. Martin Ullner Dipl.-Ing. Christoph König Dipl.-Ing. Jörg Burchardt Niklas Möring GEOBIKER- UND GEOBIKERPRO-TOUREN Die Motorrad fahrenden Vermesser/-innen aus Berlin und Brandenburg sind erneut zur alljährlichen GEObiker-Tour und GEObikerPro-Tour eingeladen. Die GEObiker-Tour startet am 11. Juni in Berlin, führt durch die Uckermark und wird in dem Hotel am Start- bzw. Endpunkt mit einem Abendessen und gemütlichen Beisammensein enden. Rund 230 km sind zu absolvieren. Anmeldungen sind bis zum 21. Mai 2016 möglich. Die GEObikerPro-Tour führt als kurvenreiche Fahrt durch Tschechien bis in das Zittauer Gebirge nach Oybin. Ca. 800 km werden ohne Autobahn erfahren, los geht es am 26. August, Rückkehr ist am 28. August. Anmeldungen sind bis zum 5. August 2016 möglich. Anmeldungen/Infos: www.geobiker.de REDAKTION MOSAIK Martina Wolkowa-Norda Luisenstraße 46, 10117 Berlin Telefon 030/240 83 83 Fax 030/240 83 859 KONZEPT + GESTALTUNG Nolte | Kommunikation Motzstraße 34, 10777 Berlin www.nolte-kommunikation.de FOTOGRAFIE Robert Lehmann Telefon 0177/378 28 16 www.lichtbilder-berlin.de DRUCK MOTIV OFFSET Druckerei MANUSKRIPTE Bitte an die Schriftleitung richten. Gezeichnete Beiträge stellen die Ansicht des Verfassers dar, nicht aber unbedingt die des BDVI oder der Schriftleitung. Mit der Annahme des Manuskriptes und der Veröffentlichung geht das alleinige Recht der Vervielfältigung und der Übersetzung auf den BDVI über. BDVI-MITGLIEDER IM BLICKPUNKT RUNDER GEBURTSTAG – WIR GRATULIEREN //April Horst Barth, Plauen (60) Heinz Bödicker, Ahaus (70) Paul Börger, Oberhausen (70) Erwin Duppel, Rutesheim (60) Heiner Hänsel, Meißen (60) Christine Holst, Bad Schwartau (40) Karl Hormes, Bedburg (60) Wolfgang Klein, Bonn (70) Regina Mathow, Leverkusen (50) Frank Wagner, Schwerin (50) Christian Wieck, Berlin (40) //Mai Ekkehard Burghardt, Osnabrück (80) Carsten de Vries, Neumünster (60) Wolfgang Frey, Lörrach (60) Carsten-Ulrich Haase, Hannover (60) Rainer Jope, Leipzig (70) Alfred Kieser, Tauberbischofsheim (70) Jörg Neiseke, Schwerin (50) Gernot Seegers, Rheinbach (40) Helmut Stützel, Kirn (60) Jürgen Tollmann, Merzenich (60) Dirk Weidner, Fürstenwalde (50) NEUE MITGLIEDER IM BDVI Alle Rechte vorbehalten, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und Übersetzung. Der Abdruck von Originalartikeln ohne vorherige Zustimmung der Schriftleitung ist nicht gestattet. ABONNEMENT Bezugspreis im Jahresabonnement 36 E*, für das Einzelheft 10 E* * zzgl. MwSt. und Versand ISSN 0342-6165 ANZEIGEN Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e. V. (BDVI) Martina Wolkowa-Norda Luisenstraße 46, 10117 Berlin Telefon 030/240 83 83 Fax 030/240 83 859 [email protected] rung oder Bei Adressände nement: on Ab Fragen zum m.de ru fo vibd post@ David Bornemann, Luckenwalde BILDNACHWEIS Privat; TMB-Fotoarchiv/Wolfgang Ehn/ SPSG (S. 34-35); David Ausserhofer (S. 24); M. Purkart (S. 51); fotolia: Dudarev Mikhail (S.68); gettyimages (S. 62); shutterstock: Payless Images (S. 3), Pixelbliss (S. 36-37), Leifstiller (S. 38-41), Matej Kastelic (S. 60), tuivespa (S. 63) 68 2 ABGESTÜRZT? Konzentrieren Sie sich auf Ihren Erfolg. Wir optimieren Ihr Versicherungskonzept. Mit über 45 Jahren Erfahrung wissen wir, worauf es bei Versicherungslösungen insbesondere auf dem Gebiet der Vermessungstechnik ankommt. Wir bewerten ganz neutral Ihre speziellen Risiken, bieten Ihnen eine stets aktuelle Marktübersicht und helfen Ihnen so, Ihr Versicherungskonzept leistungsstark und kostengünstig zu gestalten. Wir beraten Sie gerne – branchenspezifisch. Stuttgart München Frankfurt Berlin Rosensteinstraße 9 70191 Stuttgart Telefon +49 (0)711 21038-0 Telefax +49 (0)711 21038-26 [email protected] Verdistraße 42 81247 München Telefon +49 (0)89 891134-0 Telefax +49 (0)89 891134-26 [email protected] Gerbermühlstraße 32 60594 Frankfurt Telefon +49 (0)69 605015-0 Telefax +49 (0)69 605015-26 [email protected] Germaniastraße 18 /20 12099 Berlin Telefon +49 (0)30 893868-0 Telefax +49 (0)30 893868-26 [email protected] www.vohrer.de Fokus auf … … höchste Produktivität Die neuen Leica Digitalnivelliere! Dem Innovationsführer und Erfinder der Digitalnivelliere Leica Geosystems - ist es gelungen, neue Digitalnivelliere zu entwickeln, die Ihren Arbeitsablauf deutlich beschleunigen. Leica Geosystems GmbH Vertrieb Tel. 089/14 98 10 0 • www.leica-geosystems.de Möglich wird dies durch das Zusammenspiel der neuen Autofokus Funktionalität, der neuen großen Farb-Touch Anzeige, der hochwertigen Weitwinkel-Kamera und dem neuen Digitalkompass.
© Copyright 2024 ExpyDoc