Vermarktung Matthias Müller (rechts) mästet seit zwei Jahren Mischpartien und erzielt damit gute Produktionsleistungen. Tierarzt Dr. Christian Melzig betreut den Bestand und begutachtet jede Gruppe zweimal pro Durchgang. Fotos: Dorsch „Auch Mischpartien lassen sich erfolgreich mästen!“ Sammelferkel haben viele Nachteile. Trotzdem ist auch mit ihnen eine erfolgreiche Mast möglich. Auf was es dabei ankommt, zeigt unser Beispiel aus Südbayern. S ammelferkel sind nicht besonders begehrt. Die Fütterung der Herkunftsbetriebe ist uneinheitlich und die Altersstreuung größer als bei einem Lieferbetrieb. Das größte Manko: Sie sind anfälliger für Infektionen. Denn aus jedem Herkunftsbetrieb bringen die Ferkel unterschiedliche Erreger mit, die dann im Mastbetrieb aufeinanderprallen. Die Folgen sind ein höheres Krankheitsrisiko, ein stärkerer Medikamenteneinsatz und geringere Leistungen. Mischgruppen sind aber in vielen Regionen Süddeutschlands noch weit verbreitet. Das ist vor allem dort der Fall, wo die Ferkelerzeugung vergleichsweise kleinstrukturiert ist. So vermarktet die Erzeugergemeinschaft (EG) Südostbay- S 14 top agrar 8/2012 ern noch knapp 50 % ihrer Ferkel in Mischgruppen. Bei der Südferkel GmbH schwankt der Anteil der Sammelferkel je nach Vermarktungsregion zwischen 30 und über 50 %. Im Extremfall besteht eine Mischgruppe aus bis zu 30 Herkünften, im Durchschnitt sind es vier bis fünf. Weil eine schnelle Abkehr von Mischpartien unrealistisch erscheint, stellt sich folgende Frage: Was können die Marktbeteiligten unternehmen, damit sich auch Ferkelgruppen aus verschiedenen Herkünften erfolgreich mästen lassen? „Raus aus der Anonymität!“ „Die Lieferbetriebe müssen raus aus der Anonymität“, lautet die Antwort von Dr. Christian Melzig, dem Leiter des Schweinege- sundheitsdienstes in Landshut. Möglich sei das z. B. durch die Teilnahme an regelmäßig ablaufenden Kontrollprogrammen, die Aufschluss über den Gesundheitsstatus und das Erregerspektrum in ihren Beständen geben. Der Schweinegesundheitsdienst Bayern (SGD) bietet dazu zwei Verfahren an, die für wenig Aufwand einen guten Überblick verschaffen. • Das Bayerische Produktionshygieneverfahren (BayPHV) ist ein staatlich anerkanntes und gefördertes Kontrollprogramm, bei dem ein Tierarzt des SGD routinemäßig alle sechs Monate den Tierbestand und die Stallanlage des Schweinehalters checkt. Zusätzlich sind anlassbezogene Besuche bei Meldung von Gesundheitsproblemen möglich. Ein Besuch dauert im Durchschnitt eineinhalb Stunden und kostet 90 €. Die Fachtierärzte überprüfen dabei die Einhaltung der Schweinehaltungs-Hygieneverordnung und die Produktionshygiene. Zudem achten sie auf Erkrankungen und nehmen bei klinischen Symptomen Proben zur Aufklärung der Krankheitsursache. Besonderes Augenmerk legen sie auf die Umsetzung der Impfprogramme (Zeitpunkte, Intervalle etc.). Erfüllt der Betrieb die gesetzlichen Kriterien und die zusätzlichen Anforderungen des BayPHV, bekommt er vom SGD ein Gesundheitszeugnis ausgestellt. Zudem befreit die Teilnahme des Ferkelerzeugers am Kontrollprogramm den abnehmenden Mastbetrieb von der Pflicht zur Isolierstallhaltung. Stellt der Tierarzt jedoch erhebliche Mängel in der Tiergesundheit oder bei der Seuchenprävention fest, schließt er den Betrieb vorübergehend von der Vermarktung aus. • Mit der Untersuchung des Hodensaftes kastrierter Ferkel lassen sich die Antikörper von häufigen Infektionserregern wie PCV 2, Influenza, PRRS, Mykoplasmen und Salmonellen nachweisen. So kann einfach auf den Erregerstatus der Herde des jeweiligen Herkunftsbetriebes geschlossen werden (siehe top agrar 11/2009 Seite S 4). Der SGD bietet diese Analyse vergleichsweise günstig an. So kostet die Antikörper-Untersuchung auf die fünf wichtigsten Erreger 7,75 € pro Tier. PRRS-Status sollte gleich sein! Für die Vermarktung von Sammelferkeln ist der PRRS-Status die wichtigste Kenngröße. „Bei Mykoplasmen- und Circo-Infektionen gibt es normalerweise keine Überraschungen, weil alle Ferkel geimpft sind“, erläutert Tierarzt Melzig. „Und bei Influenza weisen nahezu alle Betriebe Schnell gelesen • In Süddeutschland werden noch viele Ferkel in Mischpartien vermarktet. • Der SGD Bayern überwacht den Gesundheitsstatus der Herkunftsbetriebe und prüft deren Erregerspektrum. • Einige große Ferkelvermarkter sortieren alle Mischpartien nach PRRS-Status. • Stimmt das Management im Mastbetrieb, kann dieser auch mit Sammelferkeln sehr gute Leistungen erzielen. 830 g Zunahmen und 1,1 % Verluste L udwig Hartinger aus Obertauf kirchen zeigt, dass auch mit Sammelferkeln Spitzenleistungen möglich sind. Seine Mastschweine erreichten im letzten Kontrolljahr 830 g Zunahmen bei 58,9 % Magerfleischanteil und 1,1 % Verlusten. Der Mäster könnte seine Ferkel gar nicht direkt von einem Mäster beziehen, weil seine Abteile unterschiedlich groß sind. Sie umfassen 100 bis 350 Plätze. Denn alle Abteile wurden aus ehemaligen Rinderställen umgebaut. „Wir haben Schritt für Schritt von Milchvieh- auf Mastschweinehaltung umgestellt“, erläutert Hartinger. Der Mäster bezieht seine Ferkel ausschließlich von der EG Südostbayern und stallt dabei zwischen eins und fünf Herkünfte ein. Alle Lieferbetriebe werden durch den SGD gesundheitsüberwacht, die Gruppen sind nach PRRS-Status sortiert. „Über die Ohrmarken lassen sich die Lieferbetriebe zurückverfolgen, so dass sich ihr Gesundheitsstatus über das Kontrollprogramm des SGD nachvollziehen lässt“, erläutert Hartinger. Der Mäster beobachtet seine Tiere sehr intensiv. So geht er beim morgendlichen Kontrollgang in jede Bucht und treibt alle Tiere auf, um Erkrankungen oder Probleme frühzeitig zu erkennen. Fallen Tiere auf, schließt er sich mit seinem Bestandstierarzt Dr. Christian Melzig vom SGD kurz, der bei Bedarf auf Antikörper auf, viele in sämtlichen Proben. Probleme ergeben sich daher weniger durch die Mischung von Herkünften, sondern sind eher saisonal bedingt.“ Kritisch wird es jedoch dann, wenn Ferkel aus PRRS-verdächtigen und PRRS-unverdächtigen Betrieben zusammentreffen. „Dann kann es auch mal richtig knallen“, weiß Melzig. Werden hingegen ausschließlich Ferkel aus unverdächtigen Betrieben zusammengestallt, sinke das Risiko deutlich. Und auch Mischpartien aus Herkünften, die ausschließlich PRRS-positiv sind, laufen nach Melzigs Erfahrung sehr stabil. Einige Vermarkter, wie die EG Südostbayern und die Südferkel GmbH, schreiben deshalb allen Sauenbetrieben, für die sie Sammelferkel vermarkten, zwingend einmal pro Jahr eine Antikörperuntersuchung des Hodensaftes oder Blutes vor. Auf Basis dieser Ergebnisse stellen Mäster Ludwig Hartinger hat seine Tiere gut im Blick. den Hof kommt und behandelt. Weil er antibiotische Behandlungen ganzer Tiergruppen nur im Extremfall durchführen lässt, sind immer wieder Einzeltierbehandlungen notwendig. Dies vor allem bei Atemwegsinfektionen, die vorwiegend zwischen 70 und 80 kg Lebendgewicht auftreten. -do- sie dann Ferkelgruppen mit gleichem PRRS-Status zusammen. Zusätzlich verpflichten die Vermarkter die Lieferbetriebe von Sammelferkeln zur Teilnahme am BayPHV. Diese Gesundheitsüberwachung ist auch für die Sammelferkel-Lieferanten der EG Franken-Schwaben, dem dritten großen Ferkelvermarkter in Bayern, Pflicht. Worauf der Mäster achten sollte: Die Gesundheitskontrolle der Sauenbetriebe und die Sortierung der Partien nach Erregerstatus allein ist jedoch noch keine Erfolgsgarantie. Auch der Mäster muss besondere Anforderungen erfüllen. Klar ist, dass er dem Lieferanten treu bleiben und ausschließlich Ferkel aus Betrieben mit Gesundheitszeugnis zukaufen sollte. Unverzichtbar ist ein Kontrollgang zusammen mit dem Tierarzt ein bis zwei Tage nach dem Einstallen. Hierbei top agrar 8/2012 S 15 Vermarktung wird vor allem geprüft, ob einzelne Tiere behandelt werden müssen. Grundsätzlich ist bei Sammelferkeln während der kompletten Mast eine intensive Tierbeobachtung und schnelles Reagieren erforderlich. „Kranke Tiere sollten sofort behandelt bzw. frühzeitig aus dem Bestand entfernt werden“, rät Tierarzt Melzig. Deshalb brauchen Mäster von Sammelferkeln eine ausreichend große Krankenbucht. Wichtig ist laut Melzig auch eine ausgeklügelte Futterra- tion in der Anfangsphase der Mast, weil die Ferkel in ihren Herkunftsbetrieben ganz unterschiedlich gefüttert wurden. Hohe Leistungen möglich: „Wenn der Mäster das beachtet, kann er auch mit Sammelferkeln sehr gute Leistungen erzielen, ohne dass er überdurchschnittlich viele Medikamente einsetzen muss“, sagt SGD-Tierarzt Melzig und verweist auf Beispiele aus der Praxis. „Wir haben etliche Betriebe, die mit Mischpartien aus gesundheitsüberwachten Betrieben Leistungen erzielen, die denen von Mastbetrieben mit einer Herkunft in nichts nachstehen.“ Tageszunahmen von 750 bis 800 g bei über 58 % Magerfleischanteil und unter 2 % Verlusten seien keine Seltenheit. Diese Betriebe schneiden auch wirtschaftlich gut ab. Der Aufwand für die Betreuung ist zwar größer, dafür müssen die Mäster für Sammelferkel aber weniger ausgeben. Klaus Dorsch „Wir stallen weiter Sammelferkel ein“ Mäster Matthias Müller (links) hat einen guten Draht zu seinem Tierarzt Dr. Christian Melzig. M atthias Müller hat sich vor zwei Jahren bewusst für den Bezug von Mischpartien entschieden, weil er die Schweine in einem 30 Jahre alten Pachtstall mit 1 200 Plätzen mästen wollte. „Den hohen Hygienestatus, den ich auf meinen Ausbildungsbetrieben kennengelernt habe, werde ich in meinem alten Stall ohnehin nicht mehr erreichen, da passen Mischgruppen viel besser dazu“, dachte sich der Mäster aus Heldenstein im Landkreis Mühldorf. Der Neueinsteiger in die Mast sollte Recht behalten. Obwohl er extreme Mischpartien mit 5 bis 18 Herkünften pro 300-er Gruppe einstallt, erzielen seine Tiere mit 750 g Tageszunahmen, 59,5 % MFA und 2,1 % Verlusten gute Leistungen. Als Müller dann vor einem Jahr seinen neuen Maststall mit 650 Plätzen bezog, stallte er auch dort ausschließlich Sammelferkel ein. Hier erreichten seine S 16 top agrar 8/2012 Schweine noch bessere Ergebnisse. Die Zunahmen liegen bei 780 g, die Magerfleischanteile bei 58,9 % und die Verluste bei 1,4 %. Und das alles ohne Einstall-Metaphylaxe. Vermarkter hilft mit. Ohne die Unter- stützung seines Lieferanten wären solche Leistungen mit Sammelferkeln nicht denkbar. Die Südferkel GmbH, über die Müller alle Tiere kauft, bezieht die Sammelferkel nur aus Betrieben, die am bayerischen Produktionshygiene-Verfahren teilnehmen und einmal jährlich ihren PRRS-Status abklären lassen. Müller bekommt dann Partien, die nach PRRS-Status sortiert sind. Hilfreich für den Mäster ist auch, dass die Fahrer der Ferkeltransporter peinlich genau darauf achten, dass keine Mängelferkel angeliefert werden. Zudem kann er mangelhafte Tiere an den Vermarkter für den Einkaufspreis zurückgeben, wenn er die Tiere nach vier bis sechs Wochen in den Endmaststall umstallt. Um den Keimdruck zu begrenzen, fährt Müller seine Ställe im AbteilRein-Raus und reinigt und desinfiziert sie intensiv. So leert und spült er nach jedem Durchgang die Güllekanäle. Im alten Stall kalkt er nach jedem zweiten Durchgang die Wände. Entscheidend ist nach seiner Erfahrung, dass die Ferkel gut starten. Er legt in der ersten Woche eine rohfaserreiche Mischung mit 40 % Gerste vor, damit sich die Tiere nicht überfressen. Zudem beobachtet er die eingestallten Ferkel am ersten Tag mehrmals und prüft dabei, ob Lüftung und Tränkenippel gut funktionieren bzw. ausreichend Futter zur Verfügung steht. Sein Betreuungstierarzt Dr. Christian Melzig vom SGD nimmt jede Gruppe zweimal pro Durchgang unter die Lupe. „Wenn ich akut kranke Tiere schnell behandeln lasse, kann ich mir die Gruppenbehandlung sparen“, ist Müllers Erfahrung. Einen guten Draht zum Tierarzt hält er deshalb für unverzichtbar. Sein Aufwand für Tierarzt und Medikamente bewegt sich zwischen 80 Cent und 1,50 € pro Mastschwein und ist damit nicht höher als bei einer Herkunft. Andererseits muss der Mäster weniger für die Ferkel ausgeben als bei einer Herkunft. Der Vorteil liegt derzeit bei 3 bis 3,50 € pro Tier. Unter dem Strich ist Müller mit der Mast der Sammelferkel zufrieden und will diese Strategie weiter verfolgen. Ansatzpunkte für Verbesserungen sieht er vor allem in der Stalltechnik. So möchte er auch im alten Stall eine Einweichanlage einrichten und leistungsfähigere Lüfter einbauen, um dort Hygiene und Stallklima weiter zu verbessern. -do-
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