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Das Finanzkapital
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Schwerpunkt
Austeritätspolitik und Verteilung
Der Übergang von der Konjunktur- zur Austeritätspolitik
erfolgte besonders drastisch in der krisengeschüttel-
Schwerpunkt
Finanzmarkt-Kapitalismus
ten europäischen Peripherie. Die dort implementierte
Das Finanzsystem hat sich gewandelt. Über das enorm
angewachsene Volumen des gehandelten Kapitals
verfügen neue Akteure wie Hedge Fonds, Investment­
banken und Rating-Agenturen. Sie operieren auf der
Reform­agenda zielte nicht nur auf die öffentlichen
Haushalte, sondern auch auf die Arbeitsmärkte und Sozialsysteme. Wie lassen sich – in einer Zwischenbilanz –
die bisherigen Ergebnisse interpretieren?
Grundlage veränderter Entscheidungskriterien und
transformieren dadurch die Funktionsweise des Kapitalismus insgesamt.
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Schwerpunkt
Die Legitimation des politischen
Systems in der Krise
Über Kosten und Nutzen der Sozialpolitik wird schon
seit längerem gestritten. Dass sie auch eine wichtige
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Legi­timationsquelle politischer Herrschaft darstellt,
wird leicht übersehen. Im dem Maße, wie die Finanz-
Schwerpunkt
Krisengewinner Deutschland?!
und Staatsschuldenkrise sich zu einer Krise des Wohl-
Im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit standen
nun zu bröckeln, mit möglicherweise weitreichenden
bisher die (zukünftigen) Kosten der Finanz- und Eurokrise,
Folgen für Politik und Gesellschaft.
vor allem für die sog. Gläubigerländer. Doch tatsächlich sind der deutsche Fiskus und damit indirekt auch
die deutschen Steuerzahler durch die Krise entlastet
worden. Wie lässt sich dieser Zusammenhang erklären?
fahrtsstaats auswächst, scheint diese Legitimation
Das Finanzkapital
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Das Finanzkapital
Klaus Dörre und Hans Rackwitz
Finanzmarkt-Kapitalismus –
Entstehung, Dynamik, Krisenpotentiale 4
Geraldine Dany und Reint Gropp
Deutschland, ein Krisengewinner?!
Seite 18
Wie der deutsche Staatshaushalt
von der Griechenlandkrise profitiert26
Interview
Führt der Bedeutungsgewinn der Finanzmärkte zu mehr
sozialer Ungleichheit? Und wie wirkt sich die Finanzkrise dabei aus? Ein Gespräch mit Marcel Fratzscher,
Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschafts­
forschung (DIW) und wirtschaftspolitischer Berater
der Bundesregierung.
Christoph Hermann
Löst der Markt alle Probleme?
Arbeits- und verteilungspolitische Implika­tionen der Austeritäts- und Strukturpolitik38
Laura Seelkopf und Frank Nullmeier
Sozialpolitik und Legitimation
in Zeiten ökonomischer Krisen48
Interview mit Marcel Fratzscher
Wege in die Ungleichheit –
und wieder heraus?18
Pro & Contra
Seite 56
Silke Tober
Die Europäische Zentralbank tut gut daran,
die Inflation schnellstmöglich zu erhöhen57
Pro & Contra
Geldpolitik der EZB
Michael Wohlgemuth
Die EZB ist ins Zentrum des europäischen Krisenmanage­
ments gerückt. Dabei ist ihre Rolle auch unter Ökonomen sehr umstritten.
Die EZB in der Sackgasse63
Forum
Balasundaram Krisanthan
und Tim Engartner
Der politische Kern in der
politisch-ökonomischen Bildung68
Rezensionen
Bücher zum Thema 76
Seite 68
Forum
Schulfach „Wirtschaft“
Sollen ökonomische Zusammenhänge in der Schule
in einem Fach „Wirtschaft“ unterrichtet werden oder
interdisziplinär? Was spricht für die zweite Option?
Das streitbare Buch80
Bücher für den Politikunterricht82
Literaturtipps
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Impressum88
EDITORIAL
Dieser Perspektivenwechsel kommt nicht ganz überraschend. Schon in
den 1990er Jahren hatte der Historiker Eric Hobsbawm in seiner Studie
„Das Zeitalter der Extreme“ prognostiziert, dass das 21. Jahrhundert
durch die Wiederkehr harter Verteilungskämpfe gekennzeichnet sein werde; und
nicht wenige Sozialwissenschaftler begannen, sich entweder mit der „Underclass“,
der Prekarität und den vielfältigen Phänomenen der sozialen Exklusion oder
aber – dies allerdings in weitaus geringerem Maße – mit der Anhäufung und
Konzentration von Reichtum, Vermögen und Macht zu beschäftigen. Im Zuge der
Finanz-, Schulden- und Eurokrise hat sich diese Diskussion verallgemeinert. Hiervon
zeugt eine ganze Reihe von Untersuchungen: etwa eine OECD-Studie von 2011
„Divided we stand – why inequality keeps rising“, ILO-Berichte zu Ungleichheiten
in der Arbeitswelt, Publikationen der Europäischen Kommission zu ungleichen
Lebenslagen und gesteigerten Armutsrisiken oder Thomas Pikettys Analyse der
zunehmenden Vermögens- und Einkommenskonzentration. Im Anschluss an
den Oxfam-Bericht „An economy for the 1 %“ und die Veröffentlichung der sog.
„Panama Papers“ hat sich die öffentliche Debatte weiter zugespitzt.
beleuchtet die Zusammenhänge, die
Die vorliegende Ausgabe von
zwischen der Finanzmarktentwicklung, den Krisenprozessen und der sozialen Ungleichheit bestehen. Gibt es strukturelle Ursachen der zunehmenden
Ungleichheit? Wie wirken sich die Krise und das Krisenmanagement verteilungspolitisch aus? Wer trägt die Kosten? Gibt es neben den Krisenverlierern
auch Krisengewinner? Welche wirtschaftlichen und sozialen Effekte sind mit
den politischen Strategien, nicht zuletzt mit der Geldpolitik der EZB oder der
Austeritätspolitik, verbunden? Wie könnten politische Alternativen aussehen?
Und verändern sich im Verlauf der Krise die politischen Machtverhältnisse und
Muster einer – wohlfahrtsstaatlich gestützten – Legitimation von Herrschaft?
Hans-Jürgen Bieling
© Oliver Plätzer
Als Rudolf Hilferding im Jahr 1910 vom „Finanzkapital“ sprach, hatte er
eine ausgeprägte Machtkonzentration von Bank- und Industriekapital
unter Führung des Finanzkapitals vor Augen. Für ihn war damit eine
effektive Organisation der ökonomischen Prozesse verbunden, die
günstige Voraussetzungen schuf, um die Eigentumsverhältnisse zu
verändern und den Kapitalismus zu überwinden. Die heutige Rede
vom Finanzkapital oder vom Finanzmarkt-Kapitalismus verdichtet
sich in einer anderen Zeitdiagnose. In deren Zentrum steht nicht der
„organisierte Kapitalismus“, sondern ein wettbewerbsorientiertes,
globalisiertes und krisenanfälliges Wirtschaftssystem, das vielfältige
Unsicherheiten und Ungleichheiten generiert.
Neuer Glanz oder drohendes
Unheil über der Frankfurter
Bankenskyline?