No#zen,zusammengestelltvonWolfgangTeichert.Fotos:RainerPelka GinsteraufSylt:Niesogelb,wiejetztimMai2016 WandernaufSylt,hießunserProgramm.Essindfast50Kilometergeworden. Genusswandernalso,Spazierengehen,Spazierenstehen,aufdenSpurenThomasManns, EmilNoldes,TheodorStormsundanderer,lautetederUnterKtel.„Wandernund Philosophie“habendieLeutevonKlappholPaldarausgemacht.KünstlerundKäuze,lange bevordieSchönenundReichendortgewesensind,habenwiraufunsereWeiseentdeckt. Sylt,jedeundjederverbindetetwasmitdieserInsel.AberdieerstaunlicheFremdheitdes Vertrautenwardannetwas,aufdaswirenpassant,imVorübergehenaufmerksamgeworden sind.FreinachGoethesindwirsovorunshingegangenund„nichtszusuchen“,daswarder Sinn,gefundenhabenwird,jedeundjederfürsichAnderesvonderAusterbiszum Bernstein,vomSchweinswalbiszumSchnitzel. ZuBeginn:Waswirerinnernodererwarten? Entspannungsucheman,NaturundKultur,Langsamkeit,wieeinHeimkommenseies,nach KlappholPalzureisen,besonderswennmanalsjungesMädchenhiergearbeitethat.Weit zurückindieKindheitreichendieSyltErinnerungenderAngereisten:DerKontrastvonLu^, KliffundHeide.Ja,eshabe„eineninnerenZwang“gegeben,sichanzumelden,erfuhrenwir zuBeginnvonjemandem.UndmangehelieberandieNordsee,wennesdieWahlzwischen OstseeundNordseegäbe.Manseinicht„freiwillig“hier,sonderneinfachvonderEhefrau mitgenommen,nehmeesaber„sportlich“. Nundenn:EinekleineInselphilosophieoderLebenskunst:DennSyltistnichtnur symbolisch,sondernauchräumlicheinOrtdesRückzugs:vomFestlandabgelöst,allerdings verbundendurcheinenDamm. DieInselliegeaufdergleichenHöhewiederSüdzipfelAlaska.DerGolfstromhältsiewarm. Sieseivor8000JahrenvomFestlandgetrennt.DochdiegrößtedeutscheNordseeinselist seitJahrzehntenbedroht.Der"blankeHans"–wiediestürmischeNordseeimVolksmund heißt–nagtvorallemamWestufer.EtwaeineMillionKubikmeterSandwerdenJahrfürJahr durchAufspülungenwiederhergestellt.EinumstriPenes,weilsysiphusähnlichesProjekt.Zu kostspieligundineffekKvsagendieeinen,notwendigundrePend,meinendieandern. InzwischenhabedieInselnurnoch21.000Einwohner,abermehralsdoppeltsoviele GästebePen.WährendvieleEinheimischeaufsFestlandflüchten,kämpfenanderefürdas kleineParadiesmitrotemKliff,rauerBrandung,sKllemWaPundjedeMenge Naturschutzgebieten. WasderRahmenfüreinBildtut“,schreibteinPhilosoph,„indemeresausdemWeltkontext ausschließt,dasleistetderIsolator,dasMeer,fürdieInsel.WennInselnWeltmodellesind, danneben,weilsievomübrigenWeltzusammenhanghinreichendgetrenntist. Rahmenalso,AusschniP.Wofür? InselnspielteninderphilosophischenLiteraturnurineinerHinsichteineprägendeRolle:in derutopischenLiteratur–beidenOrtendergroßenUtopien.Also:Utopoi(Nichtorte)selber sindInseln.InBezugaufdasWasseristdieInseldasHerausragende,sieragtsozusagen herausausderEinödedesüberallGleichen,desWassers.UndimBezugaufdasFestlandist dieInselalsBilddasAbgetrennte,dasAbgelöste.Beide,dasWasserwieauchdasFestland, sindvomBildherdas"ganzAndere".Wirhabenja,wennwirvoneinerInselSyltsprechen, allesoforteinekonkreteVorstellungvondem,waseineInselseinkönnte.BlauerHimmel, Strand,Reethäuser,einnichtallzugroßerFleckenLandimWasser,gebogenwieeinHaken. Überschaubar,jedenfallsausderLu^.UndderTheologeMichaelvonBrückformuliertsogar inseinemPhilosophie-ProgrammfürKlappholPal:„DieKüste,derÜbergangvomMeerzum Land,istevoluKonsbiologischwieauchpsychologischeinbesondererZwischenraum,der EntwicklungundAulruchsignalisiert.DieInselistgefährdeterOrt.Elementewirken zusammen,umallesenergeKschzugestaltenundumzugestalten.Sogenannte„Kra^orte“ könnenzerstörenund/oderheilen,jenachdem,wiewirunsaufdieseUmgebungen einlassen.DieInselSylthatinbesondererWeisegeomanKscherkennbareQualitäten,die auchhistorischwirksamgewordensind“. MenschlichesWahrnehmenistinselar#g. UndFritzRaddatzhingegenschreibtetwasblumig:„.Syltisteinnichtendenwollendes,sich ständigerneuerndessteteskleinesWunder:ObdiezartlilaDünenveilchen–winzige Biedermeier-SMefmüNerchen–imvomSonnenglastausgedorrtenSand,...oderderbleiche FingerdesLeuchNurmfeuers,derdurchdenNovembernebelstreiR,alswolleerdie Dünengespensterherbeistreicheln.Manchmal,indenSommernächten,gibtein schweigendesMeerweitdraußenSandrippenfrei,derWindschältFetzenvonderHautdes Meeres,unddiewinzigenVögel,dieStrandläuferinihrerpossierlichenEmsigkeit,bildenein flaNerndesHohlsaummuster;manchmalhängendieRegentropfenwieGlasperlenim windgeschütztenDünengras(S.7fZitataus„MeinSylt“/FritzJ.Raddatz)DasMeerziehtden SchmutzausderSeele.EinSpätnachmiNag,einfrüherAbendamunendlichscheinenden KampenerStrand,kaumMenschen,nurWolken,späteSonneunddonnerndeBrandung–es ist,alswürdederMenschinnerlichgewaschen,alskehrteerzurückineineVorexistenz.“ KleineRastundLesung Zusammenfassendgesagt:DieInselheutewärezuauchzusehenalslebensnotwendigerOrt desRückzugs,alsoalseinOrt,andemmanvondenNormendraußen,vonderständigen sozialenKontrolle,entlastetistundetwasfürsichseinkann.Aberesstelltsichdannauchdie FrageWaswürdeichdenntun,wennichwirklichalleinwäreaufdieserInsel?Würdeiches überhauptaushalten?Ichvermute,diemeistenMenschenwürdenesnichtaushalten.Ein WochenendewürdensieaufihreInselfahren,dannaberwiedergernezurückkommen.Das menschlicheLebenhateinBedürfnisnachKommunikaKon.Dassessichnichtnacheinem insularenLebenineinemengerenSinn,nacheinemFür-sich-SeinimstrengenSinnsehnt, sondernnacheinemglücklichenMaßausMiteinanderseinundSelbstsein,dasmachtseine DialekKkaus.DeshalbstelltsichdieFrage:WieweitgehtmanaufsWasser?Undwieweit hineininsFestland?Undwieo^undwielangebleibtmansozusagenaufderInsel?Wer darindasMaßgefundenhat,häPedieKunstdesLebensentdeckt. DiegenauundgutvonRainerPelkavorbereitetenExkursionen(derenmarkantePlätze immeramAbendzuvorperBildgezeigtwurdenzumWiedererkennen)haPe–beibestem MaiwePermitleichtwarmerOstbriese–ihrenunterschiedlichenCharme,anerWestküste vonKlappholPalbisWenningstedtundzurück,amWaPvonKampenbisKeitumund schließlichamHimmelfahrtstagzumEllenbogen.DabeiimmeranderGrenzevonLandund Meer.HingewiesenwurdeaufKliffundKliffende,aufrotesKliffundaufWaPebensowieauf dieGeschichtederEigentumsverhältnissevonList,beginnendmitdenWikingernund endendmitderAufregung,dassgenauimJahrhundertealtenPrivat-undNaturschutzgebiet einSyltereinpompösesZeltaulauenlies,umdieHochzeitseinerTochterdortzufeiern.Es mussteeswiederabbauen,ehedasFestaufWanderdüne,HeideundSalzwiesestaqinden konnte.DieseExkursionenbildetenmitFundenvonBernstein,Austernunddurchbohrten HolzplankensozusagendasRückgratderTagung. AngereichertundmitHintergrundbildernundkleinenReferatenwurdedasThema1.Durch denVortragWoNoldeseineWir,nmalte:EmilNoldeaufSylt:NoldeseiimfürdenSommer 1930nachKampeninsGästehausKliffendegezogen,einHausvomBerlinerBuchhändlerund AnKquarHeinrichTiedemannamEndedesRotenKliffsseinerFrau,derSchauspielerinClara Tiedemann(1891–1966),geschenkt. HierbeherbergtesiePersönlichkeitenallerCouleur,wieThomasMann,ErnstRowohlt,aber auchHermannGöring.UndnunimSommer1930warunterihrenGästenalsoauchEmil Nolde. InClaraTiedemanns„KampenerSkizzen“liestsichersteihreBegegnungmitdenNoldesso: AmVormiNageinessonnigenHerbsNagessitzeichmitRenée SintenisinmeinemBüro.InderoffenenTürstehtplötzlicheineDameundhinterihreinHerr; ichmeinebeideschongesehenzuhaben.DieDame–klein,mitglaNemkurzgeschniNenem Haar,schönenklugenAugen,sehrernst. DerHerr–groß,mitsehrhellenAugen,ganzreserviert. DieDamefragtnacheinemschönenEinbeNzimmer,möglichstgleich.Abernochistalles besetzt,dasWeNerwarm,niemandwillabfahren.IchversprecheBescheidzugebenund erhalteihreWesterländerAdresse.InderHaustürwendetsiesichum:„HabenSieein Atelier?"„Ja,ichhabeeinAtelier." Siesehensichan,lächeln,scheinensichzufreuen. „Wirkommenwieder." Damitverabschiedensiesich.Mensch,watsagste,hastedenndennichterkannt?"sagt Renée. „DetisdochderProfessorNolde." SokamernachKliffende. „WissenSie,FrauTiedemann",sagteNolde,alserwiederkam,„ichhäNeauchbeieinem KunstmalerinWesterlandeinAtelierbekommenkönnen.AberwissenSie,wasersagte?“ SeineAugenblitzten.„Ersagte:HieristreichlichPlatz,ichhabehierdiegrößtenSchinken gemalt.'Schinken!FrauTiedemann,diesWortwerdeichnievergessen!" Errichtetesichhäuslichein. FrauAdabatmichnochinständig,michseineranzunehmen. „Siewerdenesgewissnichtglauben",sagtesielächelnd,„abererreistzumerstenMalallein. Ichwürdegernbleiben,abersieverstehen,wennmanHandwerkerhat..." UndnebenvielemberichtetCarlaTiedemanndennauchvomletztenAbendinKliffende:“ UndnunwillichSiemalen.“ „Mich?DasisteinguterScherz,HerrNolde. DasistnunwirklichnichtsfürSie. WennichsoanIhreexoMschenSchönheitendenke..“ Erantwortetnicht,siehtmichan,abwägend,abschätzend,diehellenAugenhalb geschlossen: „HeuteAbendumacht.“ So„sitze"ichdennabendsumacht,wasnütztdasStreiten.“ Noldealsomaltsiemehrfach.CarlaTiedemann:“DieStundengehenhin.WievieleBläNer sindes?Zehn?Fünfzehn!„DasnächstegehörtIhnen,unddanndürfenSieallesehen.“Das letzteBlaNistferMg.Erzeigtesmir.IchseheundstauneundkannmichnichtsaNsehen.“ ErhaPeihrdanneinBildversprochen,konntesichaberdennochnichtdavontrennen. _____________________________________________________________ AufeinerKampenerStelefandenwirvonCarlaTiedemanndiesZitat:„DieseprickelndeLu^, dieserWind,dereinemständigindenOhrenpfei^,derschneeweißeStrand,dieseganze Prachtohnegleichen.Kannsieirgendwoschönersein?“ 2.DieInselSyltinderLiteratur:Seit2001vergibtdieS#Rungkunst:raumsyltquelle alljährlichdas"Sylt-QuelleLiteraturs#pendiumInselschreiber".DieAusschreibungsteht untereinemvonJahrzuJahrneuausgegebenenThemaundrichtetsichandeutschsprachige Autor/innen,diebereitsinBuchformpublizierthaben,unabhängigvonAlter,Wohnsitzoder Staatsangehörigkeit.IndiesemJahristesUweKolbe(1957geboreninOst-Berlin).Zwei Gedichte,dieerMedaillonsnennt,wurdenvorgestellt: Ankun^ AmTagderAnkun^,unbekannt, sowiees,Vorsatz,bleibenwird, demHauseunbekannt,dasHaus bleibtfremd,dieReisehatkeinZiel. MitKleingeldeingekau^,dashier. DenEinsatzdannerhöht, hinaufzurKronederDünen, näherdemHimmelderWelt. GoPhieltdorteineBankbereit, derTischler,ichbildetemirein, wirschautengemeinsamaufsMeer. und RantumBecken DenNazibetonuntermFuß,zugehen keinandererWeguntermNieselregen. WaswarendieSchulland-unddie Erholungsheime?Kasernen,Kasernen. WaswardieseInsel?Festungwarsie. Warumseheichnichtdavonab? WeildasdaimWegsteht,ansteht vonuntenundüberall. AlszweitekamElsMoors,Schri^stellerinundLyrikerinausFlandern.SieistzurZeitderSylt FoundaKoninRantum.Mitihren"Inselgedanken"hatsieunseinenaufDeutschverfassten Textgeschickt.DarausdieseProbe: lsMoors Inselgedanken WarumfühltessichaufSyltan,alswäreesdasersteMalinmeinemLeben,dassichauf einerInselbin?DassKmmtgarnicht,ichbinschonö^eraufeinerInselgewesen.Ichschrieb sogarmaleinBuch,"SehnsuchtnacheinerInsel",aberdakamichaufdenGedankenmitder InselerstnachderEntscheidung,einemeinerHaupwigurensterbenzulassen,weileine KokosnussihrenKopfzerschmePerthaPe.DieInselwarbloßeineIdee,unddannnichtohne Ironie BeiKlappholPal Egedacht,dieIdeederperfektenundunerträglichenEinsamkeit,manholtsichseinEssenmit einemHelikopterundgehtjedenTagschwimmen,undmitdenpaarLeuten,dieesaufder Inselgibt,mitdenenmussmansichverständigen,weileskeineanderengibt.Allesist begrenztaufeinerInsel,sogardieEinsamkeit.AbersolcheIdeen,entdeckeichjetztaufder InselSylt,haben,auchwennsieausPhantasiegeborenwurden,immernochinteressante BeziehungenzuRealität.RedeichhieraufSyltzumBeispielmitdemeinzigenBäckerin Rantum,dergegenüberdemGoldschmiedlebtundmehrmalsproTagmiteinemBesendie TreppezuseinemLadensauberhält,underzähleichihmbeimEinkaufen,dassessowindig war,dassichmitdemFahrraddieletztensechsKilometerzuFußlaufenmusste,unddassich dannspäter,alsichschonziemlichnervösgewordenwarvondieserintensivenBeschä^igung mitdemdauerndenundsehrkrä^igenWind,auchinHörnumnachdemimFreien verspeistenPflaumenkuchen(dieSahnewehtefastweg)undnacheinerTasseSylterTee meineKePewiederaufsRadlegenmusste(währendichdasmachte,wurdemeinFahrrad umgeblasenundmeineHändeundGesichtschwarz,unddannwurdeauchnochdas Taschentuchweggeblasen)-daschienesderBäckerirgendwiepersönlichzunehmen,dass ichmichinseinerAnwesenheitüberdenWindbeschwerenwollte.DiegroßarKgeMalerin SarahBiggs,dienebenmirlebt,gestand,mitdemWindundmitdemWePerselberzureden, staPmitdemBäcker.VomBäckerkau^eichdenWein,denichmitSarahgetrunkenhabe,es wareinRieslingausderPfalz,daserinnertemichsofortanHolzundGeschützt-Werden, Sachen,dieeshierkaumgibtaufSylt.AberwennplötzlichsoeinTannenwaldau^aucht, dannsinddieBäumeganzkleinundstehendichtnebeneinandermitSandzwischenden Wurzeln,underriechtfastaufunheimlicheWeisenachzuHause.KeinMini-Waldmit TannenbäumenaberkanndieSensaKonvonMeerdirektlinksundMeerdirektrechtsund sonstüberallwunderschönenDünenübertreffen.DasStückvonderInselSylt,wodieDörfer RantumundHörnumliegen,isteigentlichnurnocheinschmalerStreifenLand.Man bekommtgleichzeiKgsovielMeer,sovielLu^undsovielgeschwindigeZeit,diemitden WolkenfließtundeinemTagwieheuteständigaufsNeuehelleSonnebringt,dassmansie eigentlichganzgutbegreifenkann,diestrengeAntwortvomBäcker.“Aberwenn’skeinen WindgegebenhäPe,wäredieLu^dochnichtsoblaugewesen!”AlsichinHörnumankam waricherschöp^.AlsichdannaberandersrumnachHauseging,brauchteichnichtsmehrzu tun,meinFahrradwolltevonalleinefahren.Unterwegs,sofliegendstaPfahrend,habich michselbergescholten:DubistdochkeineMöwe!“ Esfolgtedie(unvermeidliche)LesungdesGedichts„PidderLüng“vonDetlevvon Liliencron(1844-1909)derdorteinenSylterSagenstoffverarbeitet,vondemerstmalsCP.Hansen(1864)berichtethaPemitdemfriesischenAusspruch„LewwerduadüsSlaaw“ WolfgangTeichertlasdannnochThomasMansRomanZauberbergausdemKapitel„Schnee“ unddemKapitel„Strandspaziergang“zweiPassagen.MannhaPedieInseldreimalbesucht undhaPevonderBrandunggeschrieben,„nachderenPrankenschlägenichmichdasganze Jahrzurücksehnenwerde.“Diese„PrankenschlägehabensichdannimRomanlautmalerisch niedergeschlagen,wiemanbesondersbeimLautlesenmerkt:„Waserabernichtgekannt haPe,wardieNeigung,diesebegeisterndeBerührungdertödlichenNatur,soweitzu verstärken,dassdievolleUmarmungdrohte…“ 3.Käuze,Künstler,Kenner–wasManfredWedemeyerüberKünstleraufSylt zuberichtenwusste. RainerPelkabemerkteWerdiesBuchaufschlage,sähedasganzeliterarischeSchaffenvon ManfredWedemeyerwieineinemBrennglas:„Naturfreude,Vogelkunde,Pflanzenkunde, Biologie,ForschunginderVergangenheit.“SeitdiesemBuchseiManfredWedemeyerzum Sylt-Autorschlechthinavanciert.Mehrals50BücherüberSylterThemenhabederAutorbis zuseinemLebensendeverfasstoderherausgegeben,hinzukämenzahlreicheAufsätze.Eines der50BücheristdaskleineBändchen„Käuze,Künstler, Kenner–kaumgekanntesSylt“,auseinigeAusschniPevorgelesenwurden.Wedemeyerin seinemVorwortvon 1986:„Ichweißnicht,obmanaufSyltverwegenerträumtodergarhellsichMgwird. JedenfallsgibteshiereinInselgefühl,aufdasvieleBesucherundEinheimischereagiert haben.EineReihevonÄußerungen,GeschehnissenundErlebnissen,diedenInselgeistund dasPhänomenSyltbetreffen,habeichgesammeltundin66Geschichtendargestellt.Sie möchtendenGeistderLandschaReinwenigbeschwören.DamitderInselgeist,dieses unsichtbare,ätherischeWesen,nichtentweichenkann,habeichmitmeinerSammlung versucht,ihngleichsamaufFlaschenzuziehen.SiekönnennuneineFlaschenachder anderenentkorken,denInselgeistherauslassenundihnschluckweisezusichnehmen. UndsowurdeneinigeGeisterentkorkt:VonJensUweLornsen(1793–1838)–warumdie Uwe-DüneseinenNamenerhielt,überWulfManneDecker(1815–1880)–DasFaktotum mitdemNoKzbuchundO]oJenner(1828–1884)derBadearzt,derdasNacktbaden empfahl,PaulEbeNickelsen(1832–1894)–DaguerreotypistundTausendkünstler,Theodor Storm(1817–1888)imStrandkorb–Warereswirklich?BisCarmenSylva(1843–1916), diedichtendeKönigininWesterlandundendendmitChris#anMorgenstern(1871–1914) undseinemBriefandenkleinenPhilippDeppeunddenplaPdeutscheDichterKlausGroth (1819–1899)unddemvonihminListhäufigbesuchten SeemannundLandwirtPeterFriedeauf,derdorteinenBauernhofbesaß.ZumAbschied widmeteerihmeinPhotomitdiesemGedicht: DenFriedenliebtjajederChrist. IchselberliebedenFriedeaufList. Demweih'ichdahermeinaltesGesicht unddiesmeinjüngsteskleinesGedichtFrieseaufList Achja,nichtzuvergessen:MarleneDietrich(1901–1992)–eine,dieSyltvergaß 4.kleineAnmerkung:Woichgehundsteh. VomSpazier(stehen)gehen,erzählenundgenießenaufSylt. EinfachlosgehenJackeüber,guteingecremtwegenderSonne,etwasfestereSchuheanden FüßenundhinausandenStrand,andieGrenzezwischenLandundMeer.„DieGrenzeistder eigentlichfruchtbareOrtderErkenntnis“,hatderTheologePaulTillichgesagtunddasmit demGegensatzvonLandundMeerverknüp^,dersein„landscha^lichesUrerlebnis“ gewesensei.Dasverwundertnicht,dennTillichmachtevorderEmigraKongernemitseiner FamilieaufSyltUrlaub.IneinergelehrtenZeitschri^(Merkur)haPeichzuvorgelesen, SpaziergangseieineuntergehendeFormderBewegung.Frühergingdereinsame Spaziergänger,soderAutor,los,umsichselbstundumderWeltzubegegnen.KeineBildung ohneSpazierengehen,jedenfallsinderLiteratur.EinsamerSpaziergangbedeute Selbsterfahrung,also–soführteerweiteraus–dereinsameSpaziergängerhabesichmit seinenÄngsten,GedankenundTräumenkonfronKertgesehen. ErmaganeinenberühmtenSpaziergängergedachthaben,dessenTräumereienebeneinen „promeneursolitaire“zeigenwollten:„SobinichnunalleinaufderdieserWelt,habekeinen Brudermehr,keinenNächsten,keinenFreund,keineGesellscha^,außermirselbst“. (J.J.Rousseau). AufgrundseinerlangsamenGehbewegung,dienebendemKörperauchdenGeistin Schwungbringt,könneheutejedoch,sobelehrtderAutor,derSpaziergangalsFreizeitpraxis fürjungeLeutenichtmehrmitaktuellenAkKvitätenwieJoggingoderFitnessangeboten mithalten.Spaziergängekönntensomitaussterben,lasichnoch. Neindenkeich:esgingeallesbesser,wennwirmehrgingen.Stammtauchnichtvonmir,dies Zitat.EswareinemSpaziergängeraufgefallen,dervor111JahrenvonLeipzignachSyrakus gelaufen;achtJahrevorseinemTod.Demgingesdamalswirklichbesser,alsereinfach losgegangenist:„Manhatmichgetadelt,daßichunstetundflüchKgsei:mantatmir Unrecht.DieUmständetriebenmich,undeshieltmichkeinehöherePflicht...Ichstehefür alles,wasichselbstgesehenhabe,insofernichmeinenAnsichtenundEinsichtentrauen darf…“.Spazierengehen,umfüralleszustehen,wasmanselbergesehenhat,eineMaxime, dieinZeitendesgeliehenenSehens,sprichderTVKamera,ziemlichaktuellwerdenkann. Eineeigene„Ansicht“sichbilden,hatmitselberHingehenzutun.Und-somein Deutschlehrerdamals:Absichtslossollteman,„Spazierenschlendern“.Inspiriertwarer–in denfünfzigerJahren–idealisKschvom„imWaldesovorsichHingehenundnichtszu suchen“.Inzwischenweißman,dassderSpaziergängeranderIlm,seinenTextChrisKane Vulpiusnach25JahreZusammenlebens,gewidmethat.„Gefunden“haPeersiebeim Spazierengehen,alserüberdieBrückeüberdieIlminRichtungWeimarspazierte.Nocham selbenTagwarensieeinLiebespaar!SoschnellkannSpazierengehensein. Einschub______________________________________________________________ UndderHimmeldortoben Himmelfahrtsdünenpredigt Auchwennesheißt,derHimmelundallerHimmelHimmel(1.Könige8,18)könnenichtdas fassen,wasChristen„GoP“nennen,begegnenwir,aufdemRückenliegend,denWolken nachschauendvielleichtnichtihm,aberWeiteundvielleichtauchunsererVerlorenheit angesichtsderWeite,sowieTrauernde,denenihrgeliebterErgänzerentschwundenist. Himmelfahrtbedeutet,dasVerschwindendesgeliebtenErgänzers(Jesus).Esheißt:„Ichbin dannmalweg“.Vonnunankönntemansagen:Heavenistnotaplace,butafeeling.Wasdie Engländerheavennennen,maltendiemiPelalterlichenMalerinGoldgrund(wieinSt.Severin inKeitum).Siebeschönigtendamitnichts:KreuzbleibtKreuz,SchmerzbleibtSchmerzund TodbleibtTod.SoistdasindieserWelt;auchaufSylt.AberdieMalerwagenüberdiesem alleneinengoldenenHimmelaufgehenzulassen.Esistnichtalles„Faktum“,sondernoffene (goldene)Möglichkeit.DerRabbi,gebetendenUnterschiedvonHimmelundHöllezu erzählen,weistaufdieLöffelgeschichtehin,beidersichimHimmeldieLeutegegenseiKg ernährenundteilen,denndieLöffellasseneigeneszumMundführennichtzu.Daraufwar maninderHöllenichtgekommen.ImHimmelalsointeressiertsichfüreinanderundsucht nichtdumpfallenzuMahlzeiten.MenschlichesLebenenwaltetsichuntereinem kooperaKvemPrinzip,wosichHimmelundErdeberührenwieinEichendorffsGedicht:Es waralshäPderHimmel… ________________________________________________________________ Lernensolltenwirjedoch:SpazierengehenhabemitAbsichtslosigkeitzutun. KannichmirAbsichtslosigkeitvornehmen?KeinZiel,wiebeimPilgern,keinZweckwiebeim Einkaufen,keineÜbung,wiebeimSport? Mirfälltein,dassichvoreinigerZeitgehörthabe,IndenWerkendesPhilosophenSpinoza gebeesnureineeinzigeStelle,anderersichderMuPersprachedersephardischenJuden bedient.EshandeltesichumeinePassage,inderSpinozaeineHandlungbeschreibenwollte, inderakKvundpassiveinunddieselbePersonsind.UmeinBeispieldafürzufinden,sahsich Spinozagezwungen,aufseineMuPersprachezurückzugreifen.Spazierengehenheißtin jenemSpanisch,dasdieSephardensprechen,pasearse-sich-promenieren,alsoden SpaziergangbegreifenalseinSich-spazieren-führen,einSich-gehen-lassen. IchgeheSpazieren,ummichgehenzulassen..Wennwirspazierengehenundunsgehen lassen,danngeschiehtallerdingsdochetwas,-sophilosophiertspazierendderTheologe KlausHemmerle.Espassierevielleichtnichtsmitmir,derichabsichtslosmichgehenlasse, wohlabermitderLandscha^,dieichbegehe;amStrandmitdenSpurenzumBeispielWenn Dugehst,sagtHemmerle,dannwirddieserStrandwegeinedurchDichbegangene Landscha^,Landscha^,dieDeineSpurenträgt–auchwenndieseSpurenäußerlich verwischen. Andersgesagt:IchlasseeineLandscha^entstehen,weilsiemeineSpurenträgt!Ichkann später-wiejetzt-vondieserLandscha^erzählen,kannsiemalen,vermiPlevonihrein neuesBild.Ichkannanderensagen,wiemansiedurchwandernsoll.BegangeneLandscha^ wirderschlosseneLandscha^. SichgehenlassenalsohatFolgenfürdas,wasbegangenwird. WirhabeneinanderbeimGehenSzenenunsererjeweiligenLebensgeschichteerzählt:Die ersteaufregendeFreundinimnassenZeltaufderInsel:Helga.AbendsdannbeimWeindie GeschichtevonGudrun,dienacktundüberraschendihremSchweizerProfessoram KlappholPalerStrandindieArmegelaufenist...GeschichtenerzählenheißtErinnerungen wieder-holen,präsentmachen.WieichschoneinmalhiergewesenbininKlappholPal,als jungesMädchen,arbeitendmitKindernundtanzendabendsinList,woderMannfürsLeben gefundenwurde.Allesdortoben,wodieGrenzeaufSeenichtganzklarverläu^zwischen RastamEllenbogenzuHimmelfahrt DänemarkundDeutschland,woman„pragmaKsk“„susammen„arbeitetundwomansich beimSpazierengehennichtansieht,sondernnachvorneweist,aufdenSchweinswalzum BeispieloderdasGinstergelb.Womangeneinsampicknickt,wenndieFüßeschwerwerden undwomaneinfachgenießt,sozusagen„SinnundGeschmackfürs Unendliche“(SchleiermacherherüberReligion)odereinfachSchmeckender ScampisimTrubelvonList?GenusshatmitKnappheitzutun.FinaleSaPheitistseinFeind. WerHungerleidet,fürdenisteinStückBrotdervollkommeneGenuss,weraberBrotgenug hat,empfindetGenuss,wennereinenkaltenRieslingzumFischbekommt.DerKampf,den daspuritanischeErbeheutegegendasRauchenführt,istwahrscheinlichauchein (heimlicher)KampfgegendenGenuss.DerletzteTrost,derdemGenießetbleibt,istdie Tatsache,dasser(odersie)währendsiegenießen,keinenSchadenanrichten,wasman denen,dieunentwegtGutestun,nichtimmernachsagenkann.Dabeiwissenwirdoch,dass GleichheitundGerechKgkeit–unseresowichKgenErrungenscha^en–grundsätzlichim WiderstreitstehenmitdemBedürfniszugenießen.AberesliegtauchaufderHand,dasswir MenschenunserLebennichtwiderspruchsfreilebenkönnen,wiejaauchdieBiographien derergezeigthaben,diedieseInselbesuchthabenundbesuchen.Entscheidendfürdie VerwerflichkeitdesGenussesscheintdasMaaßzusein.Aberwolegtes?„Esgibt´,so GeorgesBataille,inunseine„Bewegung,dieunablässigüberGrenzenhinausdrängtunddie immernurteilweiseeingedämmtwerdenkann.ÜberdieseBewegungkönnenwirim AllgemeinenkeineRechenscha^ablegen.DasUniversum,dasunsträgt,antwortetaufkeine ZwecksetzungderVernun^“.UnsereFähigkeitzugenießen,bestündealsoinderKunst, schwindelfreizubalancierenzwischenAlltagundSonntag,VerbotundÜbertretung.Denn, wernichtgenießt,istungenießbar.UnddasisthierindiesenTagenniemandgewesen, soweitichsehe.Wannalsoau‚ören?WennesamSchönstenist. WolkenundMaisKlleaufderWaPseite
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