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Volksabstimmung
● Politik mit Tiefgang
5. Juni 2016
Fragen / Aufträge
Vorlage 1: Volksinitiative «Pro Service public»
Auftrag 1
Vervollständigen Sie die Lücken mit jeweils einem der nachfolgenden, alphabetisch
geordneten Begriffen. Weitere Informationen dazu finden Sie in Ihrem Lehrmittel
«Aspekte der Allgemeinbildung».
allgemeine Anregung; Bundesverfassung; das Ständemehr; das Volks- und Ständemehr; der Bundesverfassung; des Bundesgesetzes über die politischen Rechte; die
fünf grössten Kantone; einfache Mehr; fakultativen; formulierten Initiative; Bundesgesetze; Liste; Nationalräten; obligatorischen, Staatsvertragsreferendum; Stimmberechtigten; qualifizierte Mehr; 8 Kantone; 10; 18; 50; 100; 300; 50'000 Stimmberechtigte;
100'000; 150’000.
Die Volksinitiative ist in Art. 139 der Bundesverfassung geregelt. Es bestehen zwei
Möglichkeiten, eine Volksinitiative einzureichen: entweder in Form einer formulierten
Initiative oder als allgemeine Anregung. Im Gegensatz zum fakultativen Referendum
müssen bei einer Volksinitiative innert 18 Monaten mindestens 100'000 Stimmberechtigte das Begehren unterschrieben haben. Zur Annahme einer Volksinitiative
braucht es in jedem Fall das Volks- und Ständemehr.
Neben dem fakultativen Referendum unterscheiden wir zwischen dem obligatorischen Verfassungs- und Staatsvertragsreferendum. Beim obligatorischen Verfassungsreferendum müssen die Stimmberechtigten über eine vom eidgenössischen
Parlament beschlossene Änderung oder Ergänzung der Bundesverfassung abstimmen. Im Gegensatz zum obligatorischen Referendum ist bei fakultativen nur das einfache Mehr erforderlich. Bei fakultativen Referenden können innert 100 Tagen 50'000
Stimmberechtigte oder 8 Kantone verlangen, dass ein von der Bundesversammlung
beschlossenes Gesetz vom Volk bestätigt oder abgelehnt wird.
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Volksabstimmung
● Politik mit Tiefgang
5. Juni 2016
Auftrag 2
Suchen Sie auf der Internetseite www.uvek.admin.ch das Dossier zur Volksinitiative
«Pro Service public» und beantworten Sie die folgenden Fragen.
a) Was versteht man unter «Service public» und durch wen wird dieser erbracht?
Unter Service public versteht man die Grundversorgung der Bevölkerung insbesondere mit Dienstleistungen in den Bereichen öffentlicher Verkehr, Post und
Telekommunikation. Erbracht werden diese Leistungen durch bundeseigene der
bundesnahe Betriebe wie die SBB, die Post oder die Swisscom, indirekt also
durch den Bund.
b) Weshalb ist der «Service public» wichtig für die Schweiz?
Dank dem Service public geniesst die Bevölkerung in allen Regionen des Landes
– auch dort, wo es sich betriebswirtschaftlich nicht lohnt – eine gute Versorgung
mit den wichtigsten Dienstleistungen zu einem angemessenen Preis. Dies dient
einerseits der Lebensqualität, aber insbesondere auch der wirtschaftlichen Entwicklung der Schweiz.
c) Nennen Sie drei Beispiele für Leistungen, welche ohne den «Service public» unter
Umständen nicht verfügbar wären.
Unterschiedliche Antworten möglich, z.B.:
- Postauto-Linien, welche kleine Ortschaften an den ÖV anbinden
- Internetanschluss in Bergdörfern
- Zahlungsverkehr, welcher der gesamten Bevölkerung offen steht
- Sicherstellung, dass Briefe im gesamten Land zugestellt werden
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Volksabstimmung
● Politik mit Tiefgang
5. Juni 2016
Auftrag 3
Lesen Sie den nachfolgenden Zeitungsartikel und markieren Sie anschliessend gezielt wichtige Wörter und/oder Textteile als Lesehilfe. Beantworten Sie danach die
Fragen a) bis e). Informationen dazu finden Sie ebenfalls in Ihrem Lehrmittel «Aspekte der Allgemeinbildung».
Service-Public-Initiative
Eine kürzere Leine für die Bundesbetriebe
(Neue Zürcher Zeitung, 30.05.2013)
Vertreter der Zeitschriften «K-Tipp» und «Saldo» haben am Donnerstag bei der Bundeskanzlei 106’000 beglaubigte Unterschriften für die von ihnen lancierte Volksinitiative «Pro Service Public» eingereicht.
Insgesamt hätten 120’000 Personen das Begehren unterschrieben. Es verlangt einen Verfassungsartikel, der festhält, dass der Bund bzw. die damit beauftragten Unternehmen im Bereich
klassischer Grundversorgungen (Bahn, Post, Telekommunikation) nicht nach Gewinn streben,
auf Quersubventionierungen verzichten und keine fiskalischen Interessen verfolgen. Zudem
sollen die Angestellten dieser Firmen – konkret gemeint sind Post, SBB und Swisscom –
nicht mehr verdienen als Personen in vergleichbaren Funktionen in der Bundesverwaltung.
Das Motto der Initianten lautet «Service vor Profit und Gewinn». Allfällige Gewinne sollten
in den Betrieben bleiben und nicht anderweitig abgeschöpft werden. Und es dürfe nicht sein,
dass mit zu hohen Post- oder Swisscom-Tarifen dauerhaft indirekte Steuern erhoben würden.
Die Entwicklung, dass Bundesbetriebe auf Kosten der Bevölkerung immer höhere Gewinne
machten und gleichzeitig Dienstleistungen abbauten, sei zu stoppen.
Während sich der Bund als Eigentümer und die betroffenen Unternehmen noch nicht zu dem
Volksbegehren geäussert haben, nahmen am Donnerstag die Gewerkschaften dazu Stellung.
In einem gemeinsamen Communiqué schreiben SEV, Syndicom und VPOD unter anderem,
die verlangte Definition der Grundversorgung zementiere diese auf dem heutigen Stand.
Wenn die bundesnahen Betriebe keinen Gewinn mehr erwirtschaften dürften, würden sie mittelfristig privatisiert, da der öffentlichen Hand die zur Finanzierung notwendigen Mittel fehlten.
a) Was fordern die Initianten?
Die Initianten fordern, dass Unternehmen, welche die Grundversorgungsdienstleistungen anbieten,
- nicht nach Gewinn streben,
- auf Quersubventionierungen verzichten und
- keine fiskalischen Interessen verfolgen.
Ausserdem sollen die Angestellten dieser Unternehmen nicht mehr verdienen als
Personen in ähnlichen Funktionen in der Bundesverwaltung.
b) Was sind die Beweggründe der Initianten für die Lancierung der Initiative?
Die Initianten sind der Meinung, dass bundesnahe Betriebe wie Post oder
Swisscom immer höhere Tarife berechnen und gleichzeitig die Dienstleistungen
reduzieren. Dadurch würden die bundesnahen Betriebe immer höhere Gewinne
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Volksabstimmung
● Politik mit Tiefgang
5. Juni 2016
erzielen. Nach Meinung der Initianten kommt dies einer indirekten Besteuerung
gleich.
c) Was versteht man unter indirekten Steuern?
Unter indirekten Steuern versteht man Steuern, welche den Verbrauch, den Besitz oder einen Aufwand belasten. Bei der Mehrwertsteuer, der Mineralölsteuer
und der Motorfahrzeugsteuer handelt es sich beispielsweise um indirekte Steuern.
Die Höhe von indirekten Steuern ist für alle Steuerpflichtigen gleich hoch.
Wer mehr einkauft, Benzin verbraucht oder mehrere Autos besitzt, bezahlt mehr
Steuern. Dies im Gegensatz zu direkten Steuern, welche auf die individuelle Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen Rücksicht nimmt und daher nicht für alle Steuerpflichtigen gleich hoch sind.
d) Handelt es sich bei den Kosten für beispielsweise einen Telefonanschluss oder
ein Zugbillet um indirekte Steuern?
Nein. Zwar sind die Tarife dieser Dienstleistungen oder Produkte normalerweise
für alle gleich hoch, doch die Swisscom oder die SBB erbringen für das Bezahlen
des Preises eine Dienstleistung. Die Tarife entsprechen daher dem Kaufpreis für
diese Dienstleistung. Der Käufer erhält einen Gegenwert in Form eines Telefonanschlusses oder einer Zugfahrt für das Bezahlen des Kaufpreises. Dies im Gegensatz zu indirekten Steuern, bei welchen der Steuerpflichtige eine Abgabe leistet
ohne einen (direkten) Gegenwert zu erhalten. Normalerweise beinhalten aber die
Preise für Zugbillets oder Telefonanschlüsse bis zu einem gewissen Grad auch
indirekte Steuern, z.B. Mehrwertsteuer.
e) Weshalb sind die Gewerkschaften gegen die Initiative?
Die Gewerkschaften befürchten, dass durch die Initiative die Grundversorgung auf
dem heutigen Stand stehen bleiben könnte. Weiter befürchten sie, dass die bundesnahen Betriebe mittelfristig privatisiert würden, da die öffentliche Hand diese
nicht finanzieren könne, wenn diese keinen Gewinn mehr erwirtschaften dürften.
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● Politik mit Tiefgang
5. Juni 2016
Auftrag 4
Konsultieren Sie das Abstimmungsbüchlein zur Volksinitiative «Pro Service public»
(abrufbar unter https://goo.gl/XgGpVm) und beurteilen Sie, ob die nachfolgenden
Aussagen richtig oder falsch sind. Die falschen Aussagen sind zu korrigieren.
a) Der Ständerat unterstützt die Volksinitiative, der Nationalrat ist dagegen.
Falsch. Die Initiative wurde sowohl von National- als auch Ständerat ohne Gegenstimme zur Ablehnung empfohlen.
b) Für das Jahr 2014 hat der Bund als Aktionär der Post und der Swisscom insgesamt 780 Millionen Franken an Dividenden ausbezahlt erhalten. Nach Annahme
der Initiative dürften diese Gelder nicht mehr an die Aktionäre ausgeschüttet werden, was zu Steuererhöhungen und/oder Leistungsabbau führen könnte.
Richtig.
c) Die Chefs von SBB, Post und Swisscom verdienen heute weniger als ein Bundesrat.
Falsch. Swisscom-Chef Urs Schäppi verdiente im Jahr 2014 insgesamt rund 1,7
Millionen, SBB-Chef Andreas Meyer rund 1 Million und Post-Chefin Susanne Ruoff
825‘000 Franken. Die Initiative verlangt, dass die Chefs der Bundesbetriebe nicht
mehr verdienen dürfen als ein Bundesrat, welcher 475‘000 Franken verdient.
d) Nach Annahme der Initiative kostet ein Generalabonnement 2. Klasse nur noch
555 Franken; der Preis des Halbtaxabonnements wird auf 100 Franken reduziert.
Falsch. Die Initiative macht dazu keine Aussage. Man kann davon ausgehen, dass
sich die Preise für die Leistungen von SBB, Post und Swisscom aufgrund der Initiative kurzfristig nicht verändern. Die mittel- und langfristige Entwicklung lässt sich
schwer abschätzen.
e) Nach Annahme der Initiative müssten die bundesnahen Betriebe nur noch eine
vereinfachte Buchhaltung führen, da über die Grundversorgungsleistungen keine
Buchhaltung mehr geführt werden müsste.
Falsch. Bundesnahen Unternehmen hätten bei einer Annahme der Initiative strengere Rechnungslegungspflichten (Vorschriften, wie eine Buchhaltung zu führen
ist) einzuhalten. Sie müssten in ihrer Buchhaltung die Grundversorgungsleistungen von den übrigen Leistungen abgrenzen, was zu einem grösseren administrativen Aufwand führt.
f) Die Befürworter behaupten, dass die Preise für die Grundversorgungsleistungen
sinken würden, während deren Qualität zunehmen würde.
Richtig.
g) Die Qualität der Grundversorgungsleistungen ist in der Schweiz, verglichen zum
Rest Europas, eher unterdurchschnittlich.
Falsch. Die Schweiz verfügt über das dichteste Netz an Poststellen
und -agenturen und ist führend bei den flächendeckend garantierten Internetgeschwindigkeiten. Die SBB zählt zu den pünktlichsten Bahnen der Welt.
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Volksabstimmung
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5. Juni 2016
Fragen / Aufträge
Vorlage 2: Volksinitiative «Für ein bedingungsloses Grundeinkommen»
Auftrag 1
Lesen Sie den Text und beantworten Sie die Fragen a) bis d).
Sozialsystem nicht auf den Kopf stellen
(Neue Zürcher Zeitung, 23.09.2015)
Der Nationalrat wird sich gegen die Volksinitiative aussprechen. Nur eine Minderheit bei SP
und Grünen wird ihr zustimmen. Die Initiative sei unausgegoren und schädlich, so der Tenor
in der Debatte.
flj. Bern Mit 146 zu 14 Stimmen bei 12 Enthaltungen empfiehlt der Nationalrat die Volksinitiative «für ein bedingungsloses Grundeinkommen» zur Ablehnung. Die Initiativ fordert, dass
alle in der Schweiz lebenden Menschen unabhängig von einer Erwerbstätigkeit, von Alter,
Vermögen oder Gesundheitszustand ein Grundeinkommen erhalten sollen. Die Initianten,
eine Gruppe von Künstlern, Publizisten und Intellektuellen, schlagen für Erwachsene 2500
Franken pro Monat und 625 Franken für Kinder vor. Damit sollen der ganzen Bevölkerung
«ein menschenwürdiges Dasein» und die «Teilnahme am öffentlichen Leben» ermöglicht
werden.
Die Initiative lässt allerdings die Finanzierung offen, wie auch die Frage, was mit den Sozialwerken geschehen soll. Der Bundesrat schätzt die Kosten auf 208 Milliarden Franken pro
Jahr. Davon könnten rund 55 Milliarden Franken bei den Sozialwerken eingespart werden.
Für die restlichen 153 Milliarden Franken müssten zusätzliche Einnahmen generiert werden.
Die Idee habe durchaus etwas für sich, sagte Daniel Stolz (fdp., Basel-Stadt). Allerdings
müsste man in der Konsequenz dann alle anderen Sozialversicherungen abschaffen. Doch die
Initiative sei viel zu unkonkret. Was die richtige Höhe des Grundeinkommens wäre und was
mit den Sozialversicherungen geschähe, sei völlig offen. Die Initiative sei «eine entsicherte
Handgranate», die das ganze System der sozialen Sicherheit einzureissen drohe. Sebastian
Frehner (svp., Basel-Stadt) sprach von der «gefährlichsten und schädlichsten Initiative», die je
eingereicht worden sei.
Mehrere Votanten monierten, dass die Eigenverantwortung und der Anreiz zur Erwerbsarbeit
verloren gingen. Die Schweiz habe bereits eine Art Grundeinkommen, aber eben sehr wohl an
Bedingungen sowie den Bedarf geknüpft, sagte Ruth Humbel (cvp., Aargau). Auch sie warnte
vor den «zerstörerischen» Folgen der Initiative.
Silvia Schenker (sp., Basel-Stadt) hielt dagegen. Viele Leute würden weiterhin arbeiten wollen. Unentgeltliche Familienarbeit oder freiwilliges Engagement würden aber aufgewertet.
Der Arbeitsmarkt könne zudem gar nicht alle Menschen aufnehmen. Doch auch die Mehrheit
der SP-Fraktion lehnte die Initiative ab, unter anderem weil die Rolle der Sozialversicherungen ungeklärt sei. Bei den Grünen hielten sich Befürworter und Gegner die Waage; sechs
Grüne enthielten sich der Stimme. Balthasar Glättli (gp., Zürich) störte sich daran, dass jeder
Lohn mit 2500 Franken subventioniert würde.
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Volksabstimmung
● Politik mit Tiefgang
5. Juni 2016
a) Erklären Sie kurz, was die Volksinitiative will und wie das Initiativkomitee argumentiert.
Die Volksinitiative will, dass alle in der Schweiz lebenden Menschen unabhängig
von einer Erwerbstätigkeit, von Alter, Vermögen oder Gesundheitszustand ein
Grundeinkommen erhalten. Als Betrag wird für Erwachsene 2500 Franken pro
Monat und für Kinder 625 Franken vorgeschlagen. Damit sollen der ganzen Bevölkerung «ein menschenwürdiges Dasein» und die «Teilnahme am öffentlichen
Leben» ermöglicht werden.
b) Aus welchen Gründen lehnen die Gegner die Volksinitiative ab?
Die Gegner halten die Initiative für nicht ausgereift, da sie viele Fragen offenlasse,
insbesondere die Höhe des Grundeinkommens und seine Folgen für die Sozialversicherungen. Dadurch würde das gesamte bestehende System der Sozialversicherungen gefährdet. Weiter befürchten die Gegner, dass mit einem Grundeinkommen die Eigenverantwortung und der Anreiz zur Erwerbsarbeit verloren
gingen.
c) Was entgegen die Befürworter den Gegnern?
Die Befürworter glauben, dass viele Leute weiterhin arbeiten wollen würden. Ausserdem würde ein Grundeinkommen die unentgeltliche Familienarbeit oder freiwilliges Engagement aufwerten. Zudem könne der Arbeitsmarkt gar nicht alle Menschen aufnehmen.
d) Wer befürwortet die Initiative im Nationalrat?
Neben den Initianten befürwortet nur eine Minderheit der Fraktionen der SP und
der Grünen die Initiative. Der Nationalrat empfiehlt die Initiative zur Ablehnung.
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● Politik mit Tiefgang
5. Juni 2016
Auftrag 2
Lesen Sie die nummerierten Argumente für und gegen die Volksinitiative. Ordnen Sie
die Nummern anschliessend den Befürwortern oder den Gegnern zu. (Didaktischer
Hinweis für Lehrpersonen: Die Argumente können anschliessend mit den Lernenden
bzgl. Stärken und Schwächen analysiert werden).
1. Es wäre für verschiedene Personengruppen nicht mehr lohnend, erwerbstätig zu
sein, besonders für Personen mit tiefen Löhnen oder solche in Teilzeitarbeit.
2. Wegen wegfallender Arbeitsanreize wären weniger Fachkräfte verfügbar, was zu
einer Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland führen könnte.
3. Das Grundeinkommen schafft Sicherheit und Freiheit und ermöglicht mehr Innovation und Unternehmertum und bildet die Basis für mehr Chancengleichheit und
Eigenverantwortung.
4. Weil sehr viele Menschen in der Schweiz heute Leistungen aus der Invalidenoder Arbeitslosenversicherung beziehen, die 2500 Franken pro Monat deutlich
überschreiten, werden die bestehenden Sozialversicherungen nicht abgeschafft
werden können. Entsprechend fallen die Einsparungen nicht so hoch aus wie
angenommen.
5. Das Grundeinkommen ermöglicht jeder Person, in Würde nach eigener Entscheidung am sozialen Leben frei teilnehmen zu können.
6. Ein grosser Teil des bürokratischen Aufwands der Sozialhilfe kann abgeschafft
werden.
7. Zur Finanzierung des Grundeinkommens müssten voraussichtlich die Einkommenssteuern angehoben werden, was als demotivierend für die Arbeitsleistung
empfunden würde. Zudem könnten so illegale Wege zur Steuervermeidung vermehrt attraktiv werden.
8. Die für die Finanzierung des Grundeinkommens notwendigen, massiven Steuererhöhungen würden die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz schwer
beeinträchtigen.
9. Die Finanzierung des Grundeinkommens ist gewährleistet, da das Grundeinkommen kein zusätzliches Einkommen ist. Es übernimmt seinen Betrag aus den
heutigen Erwerbseinkommen und Sozialleistungen.
10. Nach der Einführung des Grundeinkommens müssten ungeliebte, niedrig entlohnte Arbeiten, die nicht verzichtbar und gesellschaftlich wertvoll sind, entsprechend wertgeschätzt und auch besser bezahlt werden. Zudem würden bisher
unbezahlte Arbeiten wie die Familienbetreuung und Wohltätigkeit durch das
Grundeinkommen entschädigt.
Befürworter
3, 5, 6, 9, 10
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Gegner
1, 2, 4, 7, 8
Volksabstimmung
● Politik mit Tiefgang
5. Juni 2016
Auftrag 3
Lesen Sie die Argumente des Bundesrates zur Ablehnung der Volksinitiative.
Der Bundesrat anerkennt das Anliegen, der ganzen Bevölkerung ein menschenwürdiges
Dasein und die Teilnahme am öffentlichen Leben zu ermöglichen. Ein bedingungsloses
Grundeinkommen ist aber der falsche Weg. Es hätte einschneidende negative Auswirkungen auf die Schweizer Volkswirtschaft und das System der sozialen Sicherheit. Der
Bundesrat lehnt die Vorlage insbesondere aus folgenden Gründen ab:
Die Schweizer Wirtschaft würde nach Ansicht des Bundesrates durch das Grundeinkommen
deutlich geschwächt. Für Personen, die weniger oder nicht viel mehr als das Grundeinkommen verdienen (z. B. weil sie Teilzeit oder im Niedriglohnbereich arbeiten), würde es sich
finanziell nicht oder kaum mehr lohnen, erwerbstätig zu sein. Dadurch würde die Wirtschaft
Arbeits- und Fachkräfte verlieren. Es bestände die Gefahr, dass Produktions- und Dienstleistungsaktivitäten ins Ausland verlagert würden. Zugleich dürfte die Schwarzarbeit zunehmen.
Schliesslich würde ein Grundeinkommen für Menschen vieler Länder – insbesondere für Personen mit tiefem Einkommen – einen Anreiz darstellen, in die Schweiz einzuwandern.
Weil die Beschäftigung und die Wirtschaftsleistung zurückgingen, hätte der Staat weniger
Steuereinnahmen. In der Folge würden beispielsweise für die Sozialwerke, den Verkehr, die
Bildung, die Armee, die Landwirtschaft oder die Umwelt weniger Geld zur Verfügung stehen.
Angesichts dieser Bedingungen wäre auch die Finanzierung des Grundeinkommens schwierig. Rechnet man mit den Zahlen von 2012, so fehlen zur Finanzierung rund 25 Milliarden
Franken. Diese Lücke müsste durch erhebliche Einsparungen oder Steuererhöhungen geschlossen werden. Der Bundesrat hält dies für nicht vertretbar.
Das bedingungslose Grundeinkommen kann zwar einen Teil der Geldleistungen der sozialen
Sicherheit ersetzen. Viele Menschen benötigen aber finanzielle Unterstützung, die über das
vorgeschlagene Grundeinkommen hinausgeht (z.B. bei hoher Pflegebedürftigkeit). Viele
brauchen auch fachkundige Beratung und Begleitung (z.B. bei der beruflichen oder sozialen
Eingliederung) sowie Hilfsmittel (z.B. einen Rollstuhl). Das heutige System der sozialen Sicherheit müsste also auch mit dem Grundeinkommen weitgehend bestehen bleiben und mit
ihm koordiniert werden.
Der Bundesrat begrüsst die Diskussion über Wert und künftige Ausgestaltung der Arbeit. Er
geht Herausforderungen wie die zunehmende Technisierung der Arbeitswelt oder den demografischen Wandel aktiv an. Ein Grundeinkommen einzuführen, erachtet er aber als ein zu
riskantes Experiment. Es würde den wirtschaftlichen Erfolg und die sozialen Errungenschaften der Schweiz gefährden.
Aus all diesen Gründen empfehlen Bundesrat und Parlament, die Volksinitiative «Für
ein bedingungsloses Grundeinkommen» abzulehnen.
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5. Juni 2016
a) Fassen Sie die Beurteilung stichwortartig zusammen.
- Die Initiative hat ein wichtiges Anliegen: der ganzen Bevölkerung ein menschenwürdiges Dasein und die Teilnahme am öffentlichen Leben zu ermöglichen.
- Der Bundesrat hält das bedingungslose Grundeinkommen jedoch für das
falsche Mittel, dieses Ziel zu erreichen.
- Es schadet der Wirtschaft und dem Werkplatz Schweiz.
- Dadurch gehen Steuereinnahmen zurück, welche zur Finanzierung von
Sozialwerken, Bildung, Verkehr etc. benötigt werden.
- Es könnte dazu führen, dass viele Migranten nur des Grundeinkommens
wegen einreisen.
- Die Finanzierung des Grundeinkommens wäre ohne Leistungsabbau oder
Steuererhöhungen nicht möglich.
- Das Grundeinkommen vermag das heutige System der sozialen Sicherheit
nicht zu ersetzen, sondern müsste mit diesem kombiniert und koordiniert
werden.
- Die zunehmende Technisierung der Arbeitswelt und der demografische
Wandel müssen aktive angegangen werden. Das Grundeinkommen stellt
aber ein zu riskantes Experiment dar, welche den wirtschaftlichen Erfolg
und die sozialen Errungenschaften der Schweiz gefährden, weswegen der
Bundesrat die Volksinitiative ablehnt.
b) Was würde die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens bewirken?
Ziehen Sie dabei auch die Argumente der Befürworter (siehe oben) in Betracht.
Jeder Einwohner würde ein bedingungsloses Grundeinkommen erhalten, unabhängig davon, ob er einer Erwerbstätigkeit nachgeht oder nicht.
Die Folgen davon sind nicht absehbar. Der Bundesrat ist der Meinung, dass ein
Teil der Erwerbstätigen, vor allem im Niedriglohnbereich, aufgrund fehlender Anreize, keiner Arbeitstätigkeit mehr nachgehen würde und die Wirtschaft darunter
leiden würde.
Zudem müssten zur Finanzierung des Grundeinkommens entweder die Steuern
erhöht oder staatliche Leistungen gekürzt werden, was der Wettbewerbsfähigkeit
der Schweiz schaden würde.
Die Befürworter glauben dagegen, dass das bedingungslose Grundeinkommen
dem Einzelnen die Freiheit und Sicherheit gäbe, sich unternehmerisch oder karitativ zu betätigen, was wiederum allen zugute käme. Weiter könnten durch das
Grundeinkommen ein Grossteil der Kosten der bisherigen Sozialversicherungen
eingespart werden.
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5. Juni 2016
Auftrag 4
Schreiben Sie einen Blogbeitrag zum Thema bedingungsloses Grundeinkommen. Ihr Blogbeitrag sollte aus drei Teilen bestehen:
1. kurze Erklärung, was die Volksinitiative verlangt
2. Pro- und Contra-Argumente
3. persönliche Meinung und Begründung Ihres Standpunktes
Individuelle Lösungen
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5. Juni 2016
Auftrag 5
Teilen Sie Ihre Klasse in zwei Lager auf (Befürworter und Gegner des bedingungslosen Grundeinkommens) und diskutieren Sie Pro- und Contra-Argumente in einer Debatte.
-
Bereiten Sie sich dafür 10 Minuten vor (schreiben Sie die Argumente auf, versuchen Sie die Gegenpartei zu überzeugen).
Je eine Lernende oder ein Lernender beider Gruppen stellt sich der Diskussion.
Eine Gruppe von Lernenden (ungerade Anzahl) bildet die Schiedsrichtergruppe,
die Punkte verteilt und den Siegergruppe kürt.
Die übrigen Lernenden bilden das Publikum und können kritische Fragen stellen.
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