Kleine Anfrage 1654

Landtag Brandenburg
Drucksache 6/3990
6. Wahlperiode
Kleine Anfrage 1654
der Abgeordneten Isabelle Vandre
Fraktion DIE LINKE
an die Landesregierung
Lehraufträge an den Brandenburger Hochschulen
Am 1. September diesen Jahres wird die Neufassung des Paragraphen 58 des
Brandenburgischen Hochschulgesetzes in Kraft treten. Dieser, mit der Novellierung
des Brandenburgischen Hochschulgesetzes im Jahre 2014 überarbeitete Paragraph,
regelt die Vergabepraxis von Lehraufträgen an den Brandenburger Hochschulen. In
Konsequenz der Definition von Lehraufträgen als „Ergänzung des
Lehrangebots“ (Paragraph 58, Absatz 1 BbgHg) und zur Begegnung der Ausweitung
dieser Personalkategorie, die häufig mit der Prekarisierung der Lehrbeauftragten
einhergeht, sieht die Neuregelung vor, dass Lehrbeauftragte nun nur noch höchstens
4 SWS pro Semester und maximal 4 Semester in Folge Seminare an Brandenburger
Hochschulen anbieten dürfen.
Da die Hochschulen sich bereits heute auf das Inkrafttreten dieser gesetzlichen
Regelung vorbereiten müssen, frage ich die Landesregierung:
1.) Wie überprüfen die Hochschulen, dass Lehraufträge ausschließlich ergänzenden Charakter haben? Wie definiert sich der ergänzende Charakter eines
Lehrauftrages?
2.) Wie überprüft das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur die
Praxis der Hochschulen bei der Vergabe von Lehraufträgen? Wie verfährt das
MWFK bei der Feststellung, dass Lehraufträge entgegen ihrer Definition an
den Hochschulen vergeben werden?
3.) Wie bewertet es die Landesregierung, dass der überwiegende Teil der Lehrbeauftragten für die gleiche Zeit an Lehre nur durchschnittlich etwa ein Drittel
dessen als Vergütung erhält, was die Hochschulen für angestellte wissenschaftliche Mitarbeiterinnen aufbringen?
4.) Mit welchen Mehrkosten wäre landesweit zu rechnen, wenn die aktuell im
Land vergebenen Lehraufträge durch sozialversicherungspflichtige Arbeitsverträge ersetzt werden würden?
5.) Wie bewertet die Landesregierung, dass Lehraufträge einseitig von den Hochschulen vergeben werden und dass die Lehrbeauftragten nicht arbeitsrechtlich
geschützt sind (keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, kein Mutterschutz,
keine Elternzeit, kein Urlaub, keine Möglichkeit ein Arbeitsgericht anzurufen
etc.)? Welche Alternativen sieht die Landesregierung, um Lehrbeauftragten,
denen kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis angeboten werden kann, zumindest arbeitnehmerähnlichen Mindestschutz zu gewähren?
6.) Aus welchen Gründen wurden oder werden an den Hochschulen ggf. unvergütete Lehraufträge vergeben? Geschieht dies typischerweise durch Verzicht
der Lehrbeauftragten vor oder nach der Erteilung (bspw. weil Berufspraktikerinnen bereits über ein auskömmliches Einkommen verfügen)? Wenn auch
aus anderen Gründen auf eine Vergütung verzichtet wird, welche sind dies?