Torf ist nicht gleich Torf Moortypen Niedermoor grundwassergespeister und damit mineralienbzw. nährstoffbegünstigter Moortyp, Boden wenig sauer bis neutral, deutlich größere Fruchtbarkeit als Hochmoor, große Artenvielfalt, wurde in früheren Zeiten bevorzugt urbar gemacht und kultiviert. Hochmoor regenwassergespeister Moortyp, daher sehr geringer Mineraleintrag, unfruchtbar, nur sehr geringe Biomasseproduktion (Trockenmasse 10 -100 Gramm/m² und Jahr) Boden sehr sauer, sehr geringe Artenvielfalt, hochspezialisierte Pflanzen. Übergangsmoor Zwischenzustand zwischen Hoch- und Niedermoor. Bildet sich zum Ende der Niedermoorphase aus, wenn infolge der Zunahme der Dicke des Moorkörpers die Grundwasserversorgung der obersten Moorschichten zum Erliegen kommt und sich eine andersgeartete Vegetation ausbildet, die ausschließlich mit Regenwasser auskommt. Die meisten Renaturierungsversuche durch Wiedervernässen von ehemaligen Hochmooren führen zu einer Art Übergangsmoor. Waldmoor, Bruchwald Moorboden mit Baumbestand, wesentlichen Biomassebeitrag für die Vertorfung: Holz. Das Waldmoor konkurriert mit dem Hochmoor bei nicht zu großen Tiefen des Moorkörpers und kommt auch mit niedrigeren Wasserpegeln zurecht, weil die Bäume mit ihren Wurzeln nährstoffreichere Bereiche (Niedermoorunterlage oder mineralischen Untergrund, bzw. mineralreicheres Grundwasser) erreichen können. Die meisten Braun- und Steinkohlelager unserer Erde gehen auf erdgeschichtliche Waldmoore mit Großbäumen (z.B. Mammutbäumen) zurück, was deren Kohlenstoffspeicherfähigkeit bestens belegt. Ausgedehnte Tropenwaldmoore existieren auch heute (gerade) noch. In Indonesien (u.a. Borneo) werden aktuell riesige Flächen solcher Moore (über 100.000 km²) mit ihrem Baumbestand und dem darunterliegenden meterdicken Moorboden gebrandschatzt, um Ölpalmen für das angeblich „ökologisch korrekte“ Palmöl, anzupflanzen. www.chiemseemoor.de Torf Torf wird mit den verschiedensten Begriffen belegt, was dem Laien gelegentlich die Orientierung erschwert. Mit den verschiedenen Torfsorten beschreibt man unterschiedliche Aspekte der Materials bzgl. Handhabung und Gebrauch bzw. welche Pflanzen die Hauptmasse im Torf bilden, das Alter des Torfs, seine Struktur, Abbaumethoden, seine Konsistenz usw. Weißtorf: oberflächennaher, junger Hochmoortorf = Fasertorf, meistens aus Bleichmoosen = Torfmoosen (Sphagnum) gebildet (Farbe: hell, hellbraun bis mittelbraun je nach Pflanzenausgangsmaterial). Die Faserstruktur der ursprünglichen Pflanzenmasse (meist wird dabei Torfmoos genannt) ist noch deutlich zu erkennen. Die helle Farbe weist darauf hin, dass der Inkohlungsprozess noch nicht weit fortgeschritten ist. Gartenbau und Landwirtschaft verwenden Weisstorf als Pflanzsubstratbasis bzw. für Einstreu. Junger und faseriger Weisstorf weist neben seiner Speicherwirkung für Wasser auch eine gute Durchlässigkeit für Wasser auf, was einen raschen Wasseraustausch bzw. -durchsatz in den oberflächennahen Zonen des Moorkörpers begünstigt. Schwarztorf alter Torf aus tieferen Hochmoorschichten (Farbe: sehr dunkles braun bis schwarz). Durch Ab- und Umbau der Biomasse sind praktisch keine Pflanzenstrukturen mehr zu erkennen. Der Kohlenstoffgehalt ist infolge weit fortgeschrittener Inkohlung deutlich höher als im Ursprungsmaterial. Er ist daher als guter Brenntorf verwendbar. Bei geeigneter Vorbehandlung (Auffrieren im Winter) kann Schwarztorf auch im Gartenbau verwendet werden. www.chiemseemoor.de Tiefliegender Schwarztorf weist zwar ebenfalls einen hohen Wassergehalt auf, erlaubt aber wegen seiner eher pastösen Konsistenz keine intensive Wasserzirkulation. Schwarztorfschichten dichten den Moorkörper zum Untergrund hin ab. Typologie und Bezeichnungsweisen für Torf Gartentorf = Düngetorf: vorgetrockneter, ansonsten unbehandelter Weisstorf oder Schwarztorf als Bodenverbesserer für gärtnerische Zwecke, dient im Wesentlichen zur Verbesserung der Bodenstruktur. Gewisse Düngerwirkung durch teilweisen Abbau der Torfsubstanz, bildet im Lauf der Zeit Dauerhumus. Hochmoortorf: stammt aus Hochmooren: mineralienarm, erhöht als Gärtnertorf den Säuregrad des Bodens. Als Brenntorf: asche- und schwefelarm, ergibt hochwertige Torfkohle bzw. Torfkoks. Niedermoortorf: stammt aus Niedermooren, daher mineralienund nährstoffreicher als Hochmoortorf, nur schwach sauer bis neutral reagierend, deutlich höherer Asche- und Schwefelgehalt bei Verwendung als Brenntorf bzw. Torfkohle. Vertorfte Pflanzen: Moostorf, Bruchwaldtorf (Holztorf), Schilftorf, Seggentorf, Wollgrastorf etc. Abbau- und Verarbeitungsverfahren: Frästorf, Baggertorf, Maschinentorf, Handtorf etc. Konsistenz: Krümeltorf, Sodentorf, Specktorf Verwendungszweck: Brenntorf, Streutorf, Gärtnertorf, Düngetorf, Bäder (=Medizinal-)Torf: besonders alter und damit stark humifizierter Schwarztorf mit hohem Gehalt an Huminsäuren bzw. Huminstoffen. Torf ist Humus Beim gärtnerisch interessierten Laien baut sich beim Begriff „Humus“ vor dem geistigen Auge oft der berühmte Komposthaufen auf, in dem sich die Ringelwürmer ringeln und die Springschwänze springen. Verschiedene Bazillen und Pilze schaffen im Innern des Komposts ein warmes und heimeliges Ambiente und alles ist wunderbar und die Radieschen und Kürbisse werden immer größer. Es ist sicher richtig: Kompost ist Humus, aber eben nur eine von vielen möglichen Formen dieses Stoffes. Und eine Form dieser äußerst wertvollen Substanz Humus ist eben auch Torf. Der humusreichste Boden ist der Moorboden. Auch wenn es kein Kompost ist, so enthält Torf sehr wohl Strukturkomponenten und Stoffe, die im Boden für den Aufwuchs von Pflanzen essentiell sind. Deswegen wird Torf bis heute als wichtiger Zuschlagstoff zur Optimierung von Böden, bzw. Pflanzsubstraten eingesetzt. Die globale Torfbilanz ist positiv: die Menge an Torf nimmt weltweit zu! Torf kann global gesehen daher auch in weiterer Zukunft einen wichtigen Beitrag zur Nahrungsmittelproduktion leisten. Um Missverständnisse zu vermeiden: Umgangssprachlich meint man mit Humus meist eine besonders fruchtbare, üppig mit Kompostmaterial angereicherte Erde. Die Wissenschaft vom Boden (sog. Bodenkunde, Pedologie) definiert „Humus“ wesentlich allgemeiner: „ Humus ist ein Bodenbestandteil und beschreibt die Gesamtheit unbelebter / toter organischer Materie biologischen Ursprungs im Boden. Den größten Anteil des Humus stellen abgestorbene Pflanzenteile dar, aber es werden zum Humus auch alle Rückstände aus dem Leben von Tier und Mensch gerechnet. Humus umfasst nicht nur das ursprüngliche Material (sog. Rohhumus, Streu), sondern auch alle Folgeprodukte durch Abbau und Umwandlung des Ausgangsmaterials infolge unterschiedlichster biologischer, chemischer und physikalischer Prozesse. Dieser Humusbildungsprozess läuft natürlich auch im Moor ab mit Abbau, Umwandlung und Speicherung des anfallenden organischen Materials. Bei Hochmooren wird dabei meist als Biomasseproduzent das Torfmoos genannt, es tragen aber natürlich auch alle anderen Moorpflanzen zur Humusbildung durch Vertorfung bei. Letztlich sind auch die Moorleichen Bestandteil des Humus im Moor. “ Moorböden nehmen bei der Klassifizierung von „Böden“ hinsichtlich des Humusgehalts eine Sonderstellung ein: es sind die Böden mit dem höchsten Humusgehalt. Humus ist nicht gleich Humus, wie man am Beispiel Kompost und Torf sieht. Die genauen Umsetzungswege der organischen Ausgangssubstanzen sind in ihrer Vielfalt und Komplexität Gegenstand umfangreicher wissenschaftlicher Untersuchungen. Dauerhumus Hiermit bezeichnet man den besonders langlebigen, chemisch-biologisch nur sehr schwer abbaubaren Anteil der Humusmasse. Er entwickelt sich vor allem aus den holzartigen Bestandteilen der Biomasse (Lignin). Die Verweildauer von Dauerhumus im Boden hängt deutlich von den Rahmenbedingungen wie Bodenstruktur, Bodendurchlüftung, Klima, Mineralgehalt usw. ab. Sie kann bis über 100 Jahre betragen, eventuell noch länger, wenn der Humus in tiefere Bodenschichten absinkt. Bei ungestörter Bodenentwicklung und reduzierter Bodendurchlüftung kann Dauerhumus mehrere Tausend Jahre alt werden (Schwarzerde-Böden z. B. in der Ukraine). Dem steht der sog. Nährhumus gegenüber, der vom Bodenleben und den Pflanzen wesentlich schneller aufgeschlossen werden kann und unmittelbar als Dünger wirkt. Er entwickelt sich vor allem aus Grünschnitt und nicht verholzten Bestandteilen der Biomasse. Nährhumus wird wesentlich rascher abgebaut als der Dauerhumus. Dauerhumus ist kein unmittelbarer Pflanzennährstoff (Dünger) und ist dennoch entscheidend für die Fruchtbarkeit von Böden. Er wirkt im Boden als Strukturbildner (Bildung sog. TonHumus-Komplexen), Nährstoffspeicher und Nährstoffvermittler und beeinflusst damit wesentlich die Effizienz des Nährstoffhaushalts im biologischen Kreislauf. www.chiemseemoor.de Humusgehalte von Böden Der Gehalt eines Bodens an Dauerhumus ist das Resultat einer Gleichgewichtsbildung: Auf der einen Seite wird durch die Lebenszyklen von Pflanzen und Tieren permanent abgestorbene Biomasse erzeugt und im Boden versenkt und damit letztlich Dauerhumus produziert. Gleichzeitig wird bereits vorhandener Dauerhumus, wenn auch sehr langsam, wieder abgebaut. Ein Gleichgewicht in der Dauerhumusbilanz wird dann erreicht, wenn die Zufuhr gleich groß ist wie die Abbaurate. Ändern sich die langfristigen Rahmenbedingungen im Boden z.B. durch geänderte Bodenbearbeitung, so stellt sich ein neues Gleichgewicht ein. Die typische Änderungsdauer des Humusgehalts eines Bodens liegt typischerweise im Bereich von Jahrzehnten (z. B. beim Übergang von klassischer Landwirtschaft zum ökologischen Landbau). Bei der Öko-Bilanzierung von Biomasse für Energiegewinnung darf die Humusbilanz der Anbauflächen nicht außer Acht lassen gelassen werden. Nachhaltigkeit ist nicht gegeben, wenn der Pflanzenanbau zu Lasten des Humusgehalts im Boden geht. Die fruchtbarsten Böden weisen neben ihrem Hauptanteil an mineralischen Bestandteilen (Lehm, Sand, etc.) einen Humusgehalt von ca. 8 %-10 % auf. Sog. Schwarzerdeböden (russ. Tschernosem) liegen in riesigen Flächen und Mächtigkeiten von mehreren Metern z. B. in der Ukraine oder in der Walachei vor. Diese Gebiete werden wegen ihrer hohen Ertragskraft auch als Kornkammern Europas bezeichnet. Sie sind ähnlich wie Moore ein Relikt der Nacheiszeit. Typische Humusgehalte von Böden Unbearbeiter Boden 3 – 8 % (wesentl. Masseanteil des Bodens: Mineralien). Ackerböden 1 – 5 % (wesentl. Masseanteil des Bodens: Mineralien). Schwarzerden bis 10 % (wesentl. Masseanteil des Bodens: Mineralien, Betonung von Kalk [Löss] ). Moorböden über 30 % in der Trockensubstanz (wesentl. Masseanteil im Boden: kapillar und kolloidal gebundenes Wasser, Rest Mineralien). Die klassische Landwirtschaft mit starker Bodenbearbeitung führt zu einer gesteigerten Durchlüftung des Bodens. Der im Bodenhumus ge- www.chiemseemoor.de speicherte Kohlenstoff wird u.a. vom gesteigerten mikrobiellen Bodenleben verarbeitet und als CO2 an die Atmosphäre abgegeben. Ackerböden weisen daher oft geringere Humusgehalte auf als ungestörte Böden. Torf in der Bodenkultivierung Der im Handel erhältliche unbehandelte Gartentorf fühlt sich zwar weitgehend trocken an, kann aber gewichtsmäßig über 60 % an Wasser enthalten. Daher wird Torf nach Volumen und nicht nach Gewicht verkauft. Gärtnertorf ist ein Umwandlungsprodukt von Moorpflanzen, wie z. B. dem Torfmoos. Die lebenden Moose weisen eine spezielle Gefäßstruktur auf, die einen regen Stoffaustausch mit der Umgebung und insbesondere die Speicherung großer Mengen von Wasser erlaubt. Nach dem Absterben findet sich dieses Kapillargefäßsystem in den frühen Stadien der Torfbildung im Material wieder (sog. Fasertorf, Weißtorf). Die große spezifische Oberfläche der Torfbestandteile in Verbindung mit einem hohen Gehalt an bioaktiven Humin-Bestandteilen zeichnen Torf als einen Rohstoff erster Güte aus. Torf wird als Zuschlagstoff zur Verbesserung der Bodenstruktur verwendet (Durchlässigkeit für Wasser und Luft). Im Lauf der Zeit wird Torf wie jede andere Pflanzenmasse im Boden zu Dauerhumus abgebaut und umgewandelt. In gewissem Umfang werden dabei auch Nährstoffe freigesetzt. Ob Torf sinnvoll eingesetzt werden kann, hängt von der Bodenbeschaffenheit sowie der beabsichtigten Bepflanzung ab. Wenn z.B. die Bodenstruktur nicht verbessert werden muß, sondern nur der Gehalt an Dauerhumus erhöht werden soll, bieten sich alternativ Dauerhumus-Konzentrate auf Leonardit-Basis an. Dauerhumus-Konzentrate Biomasse bzw. Torf von Waldmooren wandeln sich über geologische Zeiträume gesehen und bei geeigneten Umgebungsbedingungen allmählich in Braunkohle um. Für eine agrarische und gärtnerische Nutzung sind gewisse Braunkohlevorstufen von hohem Interesse, weil sie einen sehr hohen Gehalt an Dauerhumuskomponenten (Huminsubstanzen) aufweisen. Sie laufen unter Bezeichnungen wie Weichbraunkohle, Xylit, Lignit, Leonardit etc. Sie werden z.B. weltweit zur Kultivierung von sehr humusarmen Sand- u. Mineralböden verwendet. Biomasse zu Torf und Kohle Abgestorbene Biomasse wird im Boden permanent auf verschiedenen Wegen ab- und umgebaut. So kompliziert die Dinge im Einzelnen auch sind, so gibt es doch einige grundsätzliche Tendenzen des Biomasseumsatzes in der Natur, die eine gewisse Systematik bei der Beschreibung erlauben. Die Rolle der Bodenluft Die Umsetzung von durchlüfteter Biomasse (im Boden, im Komposthaufen, in entwässerten und kultivierten Moorböden) bezeichnet man auch als Kompostierung, bzw. Mineralisierung und Humifizierung der Biomasse unter Beteiligung des mikrobiellen Bodenlebens. Es entsteht reichlich CO2 und es bildet sich sog. Dauerhumus. Die Umsetzung von Biomasse unter Luftabschluss führt je nach An- oder Abwesenheit von mikrobiellem Bodenleben zu Vertorfung, Gärung oder Fäulnis. Die Humifizierung von Biomasse verläuft dabei im Detail anders als im belüfteten Boden. Vor allem ist sie begleitet u.a. von der Entstehung von Sumpfgas (Methan CH4 und CO2). Dieses Methan ist z. B. in polaren Mooren im Permafrostboden (noch) gebunden. Methan ist wesentlich klimaschädlicher als CO2 (Faktor 30), daher die Angst vor dem Auftauen der Permafrostböden. Entwässerung und Wiedervernässen Die Entwässerung von Mooren führt zur Bodendurchlüftung und schaltet die Vertorfung ab. Es setzt Kompostierung bzw. oxidativer Abbau der Torfsubstanz ein. Die Struktur des Bodens und das mikrobielle Bodenleben verändern sich. Der Boden verdichtet sich, es bildet sich Dauerhumus und es werden Nährstoffe freigesetzt. Die Umkehr des Prozesses z. B. bei der längerfristigen Wiedervernässung trockengelegter Moorböden, schaltet nun wiederum die Kompostierung ab und die Vertorfung / Versumpfung setzt sich weiter fort. Die Strukturänderungen des Bodens aus der entwässerten Phase sind aber nicht vollständig reversibel. Humifizierung, Bildung von Dauerhumus Abgestorbene Biomasse verändert sich in ihrem chemischen Aufbau im Lauf der Zeit und vor allem die holzartigen Bestandteile der Biomasse werden zunehmend in bioaktive Huminsubstanzen wie Huminsäuren und Humine umgewandelt. Die Humifizierung von Biomasse ist ein entscheidender Prozess der Bodenbildung: es bildet sich im fortgeschrittenen Stadium sog. Dauerhumus. In Gegenwart mineralischer Bodenbestandteile (Ton, Sand, Lehm) und einer ausreichenden Durchlüftung wird der Boden dauerfruchtbar und landwirtschaftlich nutzbar. Torf ist von gärtnerischem Interesse, weil er bereits einen hohen Gehalt an den bioaktiven Huminsubstanzen aufweist und dies in Verbindung mit einer oberflächenreichen Mikrostruktur, die den Stoffaustausch zwischen Boden, Bodenleben und den Pflanzenwurzeln optimiert. Torfzugaben zu normalen Böden werden wie jede andere Biomasse (z.B. Kompost) im Lauf der Zeit durch die weitergehende Humifizierung in Dauerhumus umgewandelt. Inkohlung Die organisch-chemischen Reaktionsprodukte der Humifizierung weisen eine permanente Zunahme des Kohlenstoffgehalts auf. Über geologische Zeiträume kann dann z .B. Braunkohle entstehen. Der Kohlenstoff liegt dabei nach wie vor organisch-chemisch gebunden vor und nicht etwa elementar. Auf der Zeitskala der Umwandlung von Biomasse in Richtung Kohle (Mio. Jahre) ist die Bildung von Torf ein recht früher Reaktionsschritt (typ. Zehntausend Jahre). Die heutigen Braunkohlelager sind nicht aus Hochmoortorf entstanden. Dazu ist die Produktionsrate von Torfmoos viel zu mickrig. Ausgangsmaterial für die Braunkohlebildung waren Waldmoore mit Hölzern fossiler Großbäume, z.B. auch Mammutbäumen. Man findet heute alle Übergangsformen von Torf zu Braunkohle. www.chiemseemoor.de Einige dieser Braunkohle-Vorstufen sind von gärtnerischem und landwirtschaftlichem Interesse. Diese Stoffe laufen unter Bezeichnungen wie: Xylit (nicht zu Verwechseln mit dem Zuckerersatzstoff), Lignit, Leonardit, Weichbraunkohle, Oxyhumolit (verwitterte Braunkohle z.B. Böhmischer Kapuzin oder Braunkohle aus Wermlitz/Brandenburg). Diese Rohstoffe weisen den höchsten Gehalt an Huminsäuren auf (bis zu 80%). Huminsäuren sind komplex-chemisch sehr aktiv. Gewisse Huminsäuren können dadurch sogar metallisches Gold in Spuren in Lösung bringen. Über geologische Zeiträume können sie die Bildung von Goldlagerstätten beeinflussen. B wenn die agrarische Biomasseproduktion auf vormals kargen Böden durch Zugabe des Kohle-Dauerhumus ausreichend angesprungen ist, dann können ja die Kompostspezialisten auf den Plan treten (mindestens 10% der Biomasse zurück in die Böden im Sinne einer biotechnischen Nachhaltigkeit). Dann sollte man aber auch darauf verzichten, alle agrarischen und forstlichen Nutzflächen immer bis auf den letzten Krümel angeblich „minderwertiger“ Biomasse für Energiezwecke ausräumen zu wollen (siehe „bioliq“-Verfahren). Biomasse ,in welcher Form auch immer, ist nie minderwertig! Nur durch Rückführung einer ausreichenden Menge an Biomasse in den Boden ergibt sich eine leistungsfähige und nachhaltige Bodenfunktion mit regem Bodenleben. Viele gärtnerische Pflanzenwachstumsförderer arbeiten mit Huminsäuren, (vorzugsweise in Form von Kalium-Humat: K-Humat). Huminsäuren mobilisieren Spurenelemente wie Eisen, Molybdän, Kupfer etc. in der Bodenlösung und machen sie erst dadurch pflanzenverfügbar (Bildung von sog. Chelat-Komplexen). Diese gärtnerischen Spezialprodukte werden aber meist nicht etwa biologisch gewonnen, sondern industriell aus den genannten speziellen Braunkohlen. Künstliche Humifizierung und Verkohlung von Biomasse Heute versucht man durch geeignete Verfahren, frische Biomasse bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen um 200° C einer beschleunigten Humifizierung und Inkohlung zu unterwerfen und im Schnellverfahren eine Art Dauerhumus herzustellen. Die teilverkohlten Endprodukte könnten als Zuschlag bei der Herstellung von Pflanzsubstraten verwendet werden. Die genannten Weichbraunkohlen wurden in der Umgebung entsprechender Lagerstätten aber auch gerne ohne weitere Verarbeitung unmittelbar als Bodenverbesserer auf die Felder gebracht. Ein Ansatz, der auch heute wieder zunehmend bei der Aufwertung minderer Böden angewandt wird. Auch bei der Herstellung sog. torffreier Blumenerden werden solche Braunkohlevorstufen zur Erhöhung des Humingehalts eingesetzt. Bei der Humifizierung von Biomasse liegt Kohlenstoff wegen der vergleichsweise niedrigen Reaktionstemperaturen immer chemisch gebunden vor. Dies ist auch noch bei den fossilen Kohlen, wie z.B. Braunkohle, der Fall. Sollte sich nun beim Stichwort „Nutzung von Braunkohle“ der politisch korrekte Widerstandgeist regten, so darf trotzdem versucht werden, auf folgende Sachverhalte hinzuweisen: A bei der agrarischen Bodenverbesserung werden diese speziellen Braunkohlen nicht verbrannt, sondern als Dauerhumus über lange Zeiten im Boden feinverteilt gespeichert. www.chiemseemoor.de Dagegen liegt der Kohlenstoff, z. B. in der Holzkohle weitgehend elementar vor. Dies ist eine Folge der Hochtemperaturbehandlung (> 500° C) des Holzes, wodurch die organischen Moleküle komplett zerstört werden. (Ähnlich passiert auch bei der Herstellung von Torfkohle bzw. Umwandlung von Braun- und Steinkohle in Koks). Vollständig verkohlte Biomasse wie z.B. Holzkohle wird ebenfalls als „Bodenverbesserer“ eingesetzt. Sie weist eine hohe Porosität bzw. große innere Oberfläche auf. Sie unterstützen mit ihrer großen inneren Besie- delungsfläche als Bodenzuschlagstoff eine hohe mikrobiologische Aktivität und regen Stoffaustausch. Die frisch gebrannte Holzkohle ist aber bodenbiologisch noch inaktiv. Durch Beladung mit biochemisch aktiven Huminsubstanzen bzw. mikrobiologischen Kulturen kann sie aber aktiviert werden. Eine Möglichkeit hierzu ist z. B. die Kombination mit den braunkohle-basierten Dauerhumuspräparaten. Gärtnertorf mit seiner Porenstruktur und seinem natürlichen Gehalt an Huminsubstanzen ist schon aktiviert. Ein Beispiel für die agrarische Anwendung von Kunstkohle ist die Terra Preta. Diese bildete sich aus Siedlungsrückständen (Holzkohle, Keramikscherben als Substratmaterial sowie Fäkalien für die Aktivierung) von Amazonas-Indianern. Diese Menschen hatten intuitiv ein hohes Gespür für solche Zusammenhänge und haben sehr gezielt auch mit einer Art Bioreaktoren die gärtnerisch hochproduktiven Bodensubstrate hergestellt. Dies war eine wesentliche Voraussetzung für die Existenz einer relativ großen Bevölkerungszahl bei hoher Siedlungsdichte in einer eher unproduktiven Urwaldumgebung. Auf unsere heutige Umweltproblematik übertragen, hofft man, mit ähnlichen Ansätzen den Zielkonflikt zwischen effektiver Landwirtschaft und der damit verbundenen CO2-Emission der Böden zu entschärfen. Reiner Kohlenstoff als bodenaktives Trägermedium wird durch das mikrobielle Bodenleben praktisch nicht angegriffen. Die Verweildauer von solchen Substratkohlen im Boden wird mit weit mehr als tausend Jahren angesetzt. Einen nennenswerten globalen Effekt kann man sich aber nur erhoffen, wenn diese Strategie großflächig und weltweit genutzt werden würde. www.chiemseemoor.de Moorkultivierung und Torfböden Es gibt Moore, an deren Rändern sich auf den etwas trockeneren Torfböden bunte Naturlandschaften entwickelt haben. Eine ungeheure Pflanzenvielfalt in Form üppigster Blumenwiesen gedeiht dort mit Orchideen wie Drehwurz, Bienen-Ragwurz, Ständelwurz, diversen Knabenkräutern, aber auch Sumpfdotterblumen, verschiedenen Nelkenarten, Wiesensalbei, Iris, Klee, Hahnenfuß, Primeln, Glockenblumen und vielem mehr. Das Land ist fruchtbar und wurde schon in frühester Steinzeit besiedelt. Bei der Anlage dieser Paradiese ist Mutter Natur wie folgt vorgegangen: durch den Wind schaffte sie vor allem Kalksand heran, der sich kontinuierlich in dünnen Schichten über den Torf gelegt hat. Der Kalk neutralisierte die Säure des Torfs und setzte damit auch weitere Nährstoffe aus dem Torf frei. Damit wurden ideale Startbedingungen für den Aufwuchs einer paradiesischen Pflanzenvielfalt gelegt. Diese Landschaften heißen „Machair“ und liegen vor allem an Küstenstrichen in Irland, Schottland und den Äußeren Hebriden. Der Kalksand stammt von Muschelschalen an der Atlantikküste. Damit hat Mutter Natur die Blaupause geliefert für die Kultivierung von Moorflächen durch den Menschen: Trockenere, durchlüftete Torfböden wurden durch Entwässerung hergestellt, die Zufuhr von Kalk und sonstigen Mineralien erfolgten ebenfalls von außen durch den Menschen. Viele Moorflächen wurden und werden in dieser Weise kultiviert und über lange Zeiten landwirtschaftlich genutzt. Allerdings haben sich zumindest in Deutschland die Zeiten drastisch geändert und es wird auf politischer Ebene darüber nachgedacht, die globale CO2-Bilanz durch Dekultivierung genutzter Moorflächen mittels Wiedervernässung zu retten. Nutzung der Südlichen Chiemseemoore; im nördlichen Teil zwischen Bahnlinie und Chiemsee: weitgehende Kultivierung; im südlichen Teil: Torfabbau in den ehemaligen Hochmoorbereichen (Filzen), heute Naturschutzgebiete. www.chiemseemoor.de Es ist kennzeichnend für den Verlust an „Bodenhaftung“ in unserer Gesellschaft, dass Lebensvorgänge in der Natur wegen der damit verknüpften CO2-Emissionen zunehmend als Störfaktor empfunden werden. Dabei weiß jedermann, dass die globale CO2-Problematik weitestgehend durch die unnatürliche Verbrennung großer Mengen fossiler Brennstoffe verursacht wird und dafür kann Mutter Natur nun rein gar nichts. Für das Verständnis der angedachten Umweltmaßnahmen wie der „Renaturierung“ von landwirtschaftlich genutzten Moorflächen z.B. durch Wiedervernässen, ist es sicher informativ, die seinerzeitigen Überlegungen und Verfahren unserer Vorväter bei der Moorkultivierung zu kennen. Der Begriff „fruchtbarer Boden“ beschreibt vor allem Böden mit einer hohen Fähigkeit der Nährstoffspeicherung und Nährstoffaufbereitung (Bodenleben). Ein optimaler Boden verringert den Bedarf an Dünger durch Speicherung von Nährstoffen (verhindert Auswaschung) und durch effiziente Nährstoffvermittlung an die Pflanze. Die eigentlichen Nährstoffe müssen natürlich bei permanenter Bodennutzung entsprechend kontinuierlich durch geeignete Düngerzufuhr nachgeliefert werden. In den Vorzeiten hat man zur Nutzung von Moorböden die sog. Moorbrandkultur angewendet, um die ursprünglich mageren Moorböden etwas aufzuwerten. Der Bewuchs und die oberste Torfschicht wurden abgebrannt und verascht, wodurch ein kurzzeitiger Düngereffekt erzielt wurde. Angebaut wurde vorzugsweise Buchweizen. Nachhaltigkeit war bei diesem Verfahren aber nicht gegeben. Das Verfahren ähnelt der „Philosophie“ des heutigen Abbrennens der Tropenwaldmoore für landwirtschaftliche Nutzung (z. B. aktuelles Abfackeln von Waldmooren mit meterdicken Torfböden in Indonesien/Borneo zur „Erschließung“ von Abbauflächen über mehrere 100.000 km² für die Produktion von Palmöl und Palmkernöl bzw. -fett). Schritte zur Moorkultivierung Der erste Schritt der Moorkultivierung ist die Entwässerung. Diese Maßnahme wurde durchaus sensibel gehandhabt. Abzuwägen war: Einerseits ausreichende Absenkung des Wasserpegels, um die Wurzeln der geplanten Nutzpflanzen in ein ausreichend durchlüftetes Substrat zu stellen ohne das Risiko von Staunässe. Ackernutzung erfordert dabei eine weitergehende Absenkung des Wasserpegels als die Wiesen- und Weidennutzung. Die Aufforstung von Moorflächen z.B. mit Fichten erforderte die weitestgehende Absenkung des Wasserniveaus. Andererseits ausreichend hoher Wasserpegel, um eine Austrocknung des Bodens bei ungünstigen Wetterperioden zu vermeiden. Mit der Entwässerung des Bodens wurden zusätzlich folgende Wirkungen beabsichtigt: Sackung und Verdichtung des Bodens, um den Pflanzen besseren Halt zu geben bzw. eine ausreichende Tragfähigkeit für die Bodenbearbeitung zu erzielen. Zusätzlich wurden solche Böden auch gewalzt, um eine optimale Kapillarstruktur des Bodengefüges zu erreichen. Durchlüftung des Bodens, um das Bodenleben anzuregen und einen gewissen Abbau der Torfmasse zu erreichen. Hierdurch werden in begrenztem Umfang Nährstoffe freigesetzt, insbesondere auch pflanzenverfügbarer Stickstoff. Allerdings kann mit dieser Maßnahme allein kein intensiverer Ackerbau betrieben werden. Wie bei jedem Boden erfordert auch hier eine stärkere landwirtschaftliche Nutzung eine entsprechende Düngerzufuhr. Mineralstoffbilanz, Kalkung von Hochmooren Moorböden weisen oft ein großes Defizit an Mineralbestandteilen auf, bzw. haben eine ungünstige Bodenstruktur. Eine deutliche Aufwertung von Moorböden wurde durch Vermischen mit Ton, Sand und Lehm angestrebt. Im Emsland wurde dazu mit riesigen Dampfpflügen mit Schartiefen von 2 m der mineralische Untergrund des Moores zusammen mit dem darüber liegenden vorher etwas abgetorften Torfboden umgebrochen und so ein Mischboden erzeugt. In den Südlichen Chiemseemooren wurde ein anderer Ansatz verfolgt: Das Moor wurde nicht abgetorft und es wurde kein Mischboden erzeugt. Vielmehr wurde der natürliche Hochmoorboden durch unmittelbares Einbringen von hochkon- www.chiemseemoor.de zentrierten Mineraldüngern wie Thomasmehl, bzw. natürlichen Düngern unmittelbar in Kultur genommen. Da Hochmoorböden stark sauer reagieren, ist insbesondere eine ausreichende Kalkung wichtig, um den Boden weitgehend zu neutralisieren und damit pflanzenverträglicher zu machen. Der so mineralisierte Boden wurde intensiv bearbeitet, um die Bodenstruktur zu optimieren. Die Herstellungsschritte Kalkung und Düngung sind auch bei der Herstellung vieler Pflanzsubstrate oder Blumenerden nötig, sowohl bei torffreien als auch torfhaltigen Mischungen. Modell: 12-er Lanz Bulldog aus den 20er-Jahren mit extrabreiten Moorrädern (Stahl) zur Bewirtschaftung von Moorflächen. Paludikultur Die Kritik der Naturschützer richtet sich bei kultivierten Moorböden vor allem gegen den Zerfall der Torf-Substanz im durchlüfteten Moorboden als Folge der Entwässerung. Hierdurch wird eine als unnötig erachtete CO2-Emission verursacht. Durch Wiedervernässen der Moorböden soll die unnötige Bodendurchlüftung und damit die CO2Produktion gestoppt werden. Wie eingangs erwähnt, wurde in den vergange- Nutzung der kultivierten Moorflächen z. B. für Biomasseproduktion, z. B. schnell wachsender Jungbaumbestand für die Hackschnitzelproduktion (meist Weiden oder Pappeln mit kurzem Umtrieb). www.chiemseemoor.de nen Zeiten die Entwässerungstiefe aus guten Gründen der jeweiligen Moornutzung natürlich angepasst. Eine unnötige Bodendurchlüftung gibt es daher nicht. Aber wenn man sich den Luxus leisten kann, dann kann man diese landwirtschaftlichen Flächen stilllegen oder man ändert die Bodennutzung so, dass sie mit einem höheren Wasserspiegel zurechtkommt. Die Krönung dieser Philosophie ist die sog. Paludikultur, bei der typische Moorpflanzen bei sehr hohem Grundwasserstand auf ehemaligen Moorböden für die unterschiedlichsten Anwendungen kultiviert werden. Die fruchtbareren Niedermoore sind nutzbar zur Gewinnung von Energiebiomasse oder Hohlstengelpflanzen als Isolationsbaustoff. Reaktiviert werden könnte auch die Nutzung von Woll- bzw. Riedgras (Binsen) für textile Anwendungen. Hochmoore werden naheliegender Weise zur Kultivierung von Torfmoosen für die Pflanzsubstratherstellung genutzt. In Deutschland beschäftigt sich z.B. die Universität Greifswald mit der Paludikultur. Ausblick: Bei Wiedervernässung ehemaliger Moorböden kann die Treibhausgas-Bilanz im Vergleich zum genutzten Boden auch sehr negativ ausfallen. Wiedervernässte Moorflächen können je nach Vorgeschichte immense Mengen an Treibhausgasen freisetzen, u. a. das besonders schädliche Methan. Die Renaturierung ehemals landwirtschaftlich benutzter Moorflächen sollte eher in Richtung Moorwald mit einem geringeren Grad an Wiedervernässung gehen. Dies hätte diverse ökologische Vorteile gegenüber klassischen Ansätzen und ist insbesondere kurzfristig wirksamer in Sachen Treibhausgasbilanz. www.chiemseemoor.de Torf in Gartenbau und Landwirtschaft Der aktuelle Zeitgeist in Mitteleuropa richtet sich aktuell gegen jeglichen Gebrauch von Torf, insbesondere im Deutschen Blumentopf. Diverse Diskussionsbeiträge aus den mitteleuropäischen Landen zum Thema Torf tragen inzwischen eher die Züge einer irrationalen Hexenjagd, die die Verwendung auch nur eines Stäubchens Torf verteufelt. Warum schießt sich dabei die grüne Diskussion gerade auf den Hobbygärtner ein? Warum bleibt das Thema „Erwerbsgartenbau“ bei der öffentlichen Diskussion weitgehend außen vor? Welche Probleme sollen eigentlich mit der Torfvermeidungspolitik gelöst werden bzw. wird hier nicht das Kind mit dem (Moor)Bade ausgeschüttet? Schließlich ist die globale Torfbilanz positiv: die Menge an Torf nimmt zu und die Moore wachsen, Torf ist damit eine regenerative Ressource. In Ländern mit großen und größten Moorflächen und Torfreserven hat man daher auch andere Auffassungen zum Thema Torf als die Miniaturmoorbeschützer in Mitteleuropa. Substratherstellung für den Pflanzenbau sichert in erheblichem Umfang Arbeitsplätze. Im Emsland residiert einer der weltgrößten Substrathersteller mit wichtigsten Beiträgen zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Region. Wegen Alternativlosigkeit hat sich über die Zeiten bis heute der Einsatz von Torf in Landwirtschaft und Erwerbsgartenbau gehalten und liefert hier nach wie vor einen wichtigen Beitrag bei der Boden- und Substratkultur. Gartenbau Der Begriff „Gartenbau“ löst bei Laien oft romantische Reflexe aus, die aber den Blick auf die Notwendigkeiten des Erwerbsgartenbaus verstellen können. Erwerbsgartenbau umfasst den systematischen und wirtschaftlichen Anbau von: - Gemüse - Obst - Zierpflanzen/Blumen - Pflanzenzucht/Baumschulen - Pilzzucht u. a. www.chiemseemoor.de Eine notwendige Voraussetzung für einen berechenbaren und wirtschaftlich tragfähigen Erfolg für Produzenten und Kunden sind Kultursubstrate, die hohen Anforderungen genügen müssen: gezielte Einstellbarkeit der Substrateigenschaften u.a. von pH-Wert und Nährstoffgehalt für eine optimale Nährstoffaufnahme, Freiheit von Belastungen wie Schadstoffen, Unkrautsamen, mikrobiellen Belastungen, hohe Aufnahmekapazität für Luft und Wasser, verknüpft mit einer stabilen Substratstruktur, diese Eigenschaften/Qualitäten müssen reproduzierbar sein und dürfen z.B. keinen jahreszeitlichen Schwankungen unterliegen. Es fehlte und fehlt natürlich nicht an intensiven Bemühungen von Seiten der Industrie, nach Alternativen für Torf zu suchen. Bisher findet sich aber in der Summe an biologisch- physikalisch- chemischen Eigenschaften keine durchgreifende Alternative zu Torf als Ausgangsmaterial für die professionelle Substratherstellung. Dieser Umstand ist übrigens auch der Regelungsfreude der Politik zum Thema Dünger, Bodenhilfsstoffe, Kultursubstrate und Pflanzenhilfsmittel geschuldet, wo offensichtlich überidealisierte Zustände angestrebt werden, die einen unsinnigen Aufwand verursachen und nicht einmal Salatgurken und Bananen krumm sein dürfen. Wenn man sich nun viele der als „torffrei“ angepriesenen Pülverchen und Mixturen genauer anschaut, stellt man fest: so schlecht hat Mutter Natur das mit dem Torf gar nicht gemacht. Und Kalk und Dünger wird natürlich auch überall dazu gegeben. Der technische Aufwand, andere Biomassen, z.B. Holz, in Kultursubstrate ausreichender Qualität umzuwandeln, ist teilweise erheblich, was natürlich auf entsprechend höhere Preise der „torffrei“-Produkte hinausläuft. Wenn Moore in einem globalen Maßstab geschützt werden sollen, um z. B. auch die Treibhausgasbilanz nicht weiter zu verschlechtern, gäbe es mit dem Verzicht auf Palmöl und Palmkernfett und den damit zusammenhängenden Produkten einen probates Mittel zur Schonung riesiger Moorflächen, wie folgendes Beispiel zeigt: In Indonesien werden für Ölpalmenplantagen Hundertausende von Quadratkilometern der ökologisch extrem wertvollen Tropenwaldmoore einschließlich der Torfböden ganz schnöde abgebrannt. Die Rauchschwaden sind sogar aus dem Weltraum zu beobachten, die freigesetzten Treibhausgasmengen übertreffen die Gesamtemissionen der USA! Weitere Hilfsstoffe für die Bodenaufwertung wären ionentauschende anorganische Mineralien mit großen spezifischen Oberflächen wie Zeolithe und Bentonite. Humusdefizite des Bodens können aber auch kurzfristig mit Dauerhumus-Konzentraten korrigiert werden. Das Vermeiden von Ölpalmprodukten wird aber von Otto Normalverbraucher sicher als uncool empfunden, weil mit Konsumverzicht behaftet. Palmöle und -fette sind in einer Vielzahl sehr gängiger Produkte enthalten (Palmkernfette verstecken sich in den Zutatenlisten von Produkten hinter dem Begriff „-Laurate“). Da halten wir lieber mit dem torffrei gefüllten bundesdeutschen Blumentopf dagegen. Streutorf mit seinem Filz aus Mikro-Hohlfasern weist eine hervorragende Aufnahmefähigkeit für diverse flüssige „Rückstände“ bei der Viehhaltung auf. Die antibakterielle Wirkung von Torf in der Nutztierhaltung ist seit langem bekannt. Torf als Einstreu reduziert drastisch Klauen- und Fußerkrankungen bei Stallhaltung im Vergleich zu anderen Streumaterialien wie z.B. Stroh. Ursache hierfür ist wieder der Gehalt an Huminsäuren und Huminstoffen. Nachdem sich also bei sachlicher Diskussion herausstellt, dass der Erwerbsgartenbau ohne Torfprodukte bis auf Weiteres nicht auskommt und gleichzeitig von hoher volkswirtschaftlicher Relevanz ist, hat man nun einen Nebenkriegsschauplatz bei den sog. Hobbygärtnern eröffnet: Es ist sicher richtig, dass bei Hobbygärtnern einige Sachzwänge des Erwerbsgartenbaus nicht gegeben sind, u.a. Wirtschaftlichkeitsüberlegungen. Man sollte auch nicht alle Hobbygärtner über einen Kamm scheren. Es gibt sicher eine Vielzahl von Hobbygärtnern, die fachkompetent sind und Torf sachgerecht einsetzen. Voraussetzung für eine tatsächliche Bodenverbesserung ist, per Bodenanalyse erst einmal festzustellen, welche Defizite die Bodenbeschaffenheit tatsächlich aufweist und ob Torfzugaben überhaupt hilfreich sind. Für den Hobbygärtner ist Kompost eine mögliche Alternative zur Verwendung von Torf, solange nicht gerade ein Moorbeet angelegt werden soll. Bei schwereren Böden sind Kompost-Sandgemische hilfreich, mit denen eine Strukturverbesserung im Sinne eine bessern Bodendurchlässigkeit erreicht wird. Streutorf Torfmull wird heute bei uns zwar kaum mehr als Einstreu eingesetzt, andererseits ist diese Anwendung ein gutes Beispiel für die besonderen Eigenschaften des so schlicht erscheinenden Rohstoffs Torf. Weiterhin werden u. a. Ammoniak bzw. Ammoniumsalze sehr effektiv absorbiert, wodurch Geruchsbelästigung und der atmosphärische Verlust von Stickstoffverbindungen aus dem Stallmist erheblich reduziert werden. Nicht unwesentlich bei der Viehhaltung ist auch die Wärmeisolierung der Einstreu. Insgesamt schlägt Torf andere Einstreumaterialien wie z.B. Stroh um Längen. Torf wurde daher sehr erfolgreich als Einstreu in der Groß- und Kleinviehhaltung, bzw. der Geflügelzucht eingesetzt. Die „verbrauchte“ Einstreu stellt natürlich einen hocheffektiven Dünger dar. In einer „verfeinerten“ Form der Einstreu wurde Torf in Form von „Natur-Pampers“ für das Wickeln von Kleinkindern verwendet. Ob PlastikPampers da wirklich der Weisheit letzter Schluss sind, ist fraglich. Last but not least werden heutzutage z.B. in Skandinavien moderne Trockentoiletten auf Torfbasis angeboten, was wiederum die Trinkwasserreserven schont. www.chiemseemoor.de Humus und die Politik Fruchtbare Böden für die Nahrungsmittelproduktion waren und sind in allen Gesellschaften von existenzieller Wichtigkeit und damit ein politischer Machtfaktor. In Anbetracht der globalen Bevölkerungszunahme werden die Verfügbarkeit von landwirtschaftlichen Flächen und die Steigerung ihrer Produktivität noch weit wichtiger werden. Nun tut sich aber wegen der Kohlenstoff-Speicherwirkung des Dauerhumus im Boden ein Zielkonflikt bei den heimischen Klimaverteidigern auf. Die klassische Landwirtschaft senkt tendenziell den Humusgehalt in Böden ab, es soll aber aus Klimagründen der Gehalt an Dauerhumus (als Kohlenstoffspeicher) angehoben werden. Eine Humusanreicherung bei Böden bei gleichzeitiger effektiver landwirtschaftlicher Nutzung erfordert neue Bodenbearbeitungstechniken. Diese werden aber erst über längere Zeiträume hin wirksam. Der Boden als Ressource Humus ist eine Schlüsselsubstanz für die Fruchtbarkeit landwirtschaftlicher Flächen. Ausreichend ertragreiche Böden sind wiederum die existenzielle Grundlage einer Bevölkerung. Sie sind daher immer Gegenstand von wirtschaftlichen und politischen Interessen und Konflikten gewesen: lokal, regional, national, global. Weil die nutzbaren Flächen auch bei uns begrenzt sind, streiten sich bei uns diverse Gruppen von Bodennutzern um diese knappe Ressource: u.a. die klassischen Nahrungsmittelproduzenten mit den innovativen Öko- und Biobauern und last but not least mit den Energiebauern. Und über allem schwebt der Naturschutz, der überhaupt keine Nutzung mehr haben will, zumindest bei uns. Man kann ja für die Dinge des täglichen Bedarfs externe Ressourcen anzapfen. Dies ist aber eine vergleichsweise harmlose Form von Verteilungskampf. Gelegentlich kann er aber durchaus bis zum Genozid führen, wie dramatische Ereignisse zeigen, die vor noch nicht einmal hundert Jahren in Osteuropa abliefen: Die Ukraine weist über riesige Flächen mehrere Meter dicke Schichten sehr humusreicher und fruchtbarer Böden auf (Ukraine: Kornkammer Europas). www.chiemseemoor.de In diesen sog. Schwarzerde-Regionen bildete sich deshalb in den letzten Jahrhunderten ein selbstbewusster, eigenständiger Bauernstand, die sog. Kulaken. Mit dem Hereinbrechen des Bolschewismus Anfang des 20. Jahrhunderts beschloss die politische Führung der neuen Sowjetunion den Zugriff auf diese ertragreichen Regionen. Es sollten die Kulaken enteignet und die kommunistische Kolchosenwirtschaft eingeführt werden. Um dies ohne viel Federlesens umzusetzen, gefiel es Väterchen Stalin, durch staatlich organisierte Plünderung aller Nahrungsmittel bzw. Agrarprodukte und flächendeckenden Dauerbelagerungszustand in den Schwarzerde-Regionen den möglichen Widerstand der Kulaken durch schlichtes Verhungernlassen der Bevölkerung zu brechen („sog. Dekulakisierung“). Das Resultat waren mehr als 10 Millionen Tote in den 1930er-Jahren (sog. innere Angelegenheit der Sowjetunion). Und kaum war diese Heimsuchung vorüber, fiel der GröFaZ aus Deutschland auf seiner Suche nach Lebensraum im Osten in die Ukraine und Russland ein. Ziel waren u. a. auch wieder die Schwarzerde-Regionen und das Ergebnis war ähnlich desaströs. Heute findet Umverteilung von fruchtbaren Böden im globalen Maßstab etwas subtiler in Form von „Land-Grabbing“ statt. Nach der Verwüstung eigener landwirtschaftlich nutzbarer Flächen erwirbt China nun in Afrika riesige Ländereien zur Sicherung des Nahrungsmittelbedarfs in China. Der Hungerkontinent Afrika wird damit also zum Nahrungsmittelexporteur. Was passiert, wenn eines Tages der Ruf „Afrika den Afrikanern“ erschallt? Auch vor unserer Haustür läuft diese Form der Landnahme ab. Hier versucht eine spezielle Form von Heuschrecken u.a. der erwähnten humusreichen Schwarzerde-Böden in der Ukraine habhaft zu werden nach dem Motto: je knapper in der Zukunft die Ressource Boden ist, desto höher ist der Profit. Aber auch in unserer Europäischen Union mit ihren hochgepriesenen Werten erliegt man entsprechenden Versuchungen, wie man in Rumänien und Bulgarien studieren kann. Wegen der rapide wachsenden Weltbevölkerung und der zunehmenden Verwüstung und Versteppung großer Areale infolge des Klimawandels ist also für die weitere Zukunft genügend Konfliktpotential vorhanden. Aber auch zum Thema Klimawandel hat jeder seine eigenen Ansichten. In Russland gewinnt man dem herannahenden Klimawandel durchaus positive Aspekte ab: Man hofft auf eine Verschiebung der Klimagrenze für die landwirtschaftliche Bodennutzung nach Norden mit einem entsprechend deutlichen Zugewinn an Flächen in (der dann ehemaligen) Taiga bzw. Tundra. Auch die Eskimos in Grönland üben sich schon mal als Kartoffel- und Salatbauern, wenn es mal mit der Robbenjagd nicht mehr so weit her sein sollte. Und in Bayern nimmt der Weinbau weiter zu und wir müssen nicht mehr in die Toskana (und sparen dadurch Treibstoff). Mitteleuropäische Bodenpolitik heute: der Boden als Kohlenstoffspeicher Inzwischen wird der Humusgehalt von Böden von der Politik als wichtige Größe eingestuft, allerdings nicht nur aus Gründen der Nahrungsmittelproduktion, sondern als Kohlenstoffspeicher. Die gute Nachricht: Die globale Kohlenstoffbilanz der Böden ist schon positiv! Der Humusgehalt und damit der Gehalt der Böden an Kohlenstoff nehmen zu, der Atmosphäre wird über die Bioschiene zunehmend mehr CO2 entzogen. Dies gilt allgemein für die globale Gesamtheit der Böden, aber auch speziell für die Moorböden. Die Bildung von Torf als Spezialfall der Humusbilanz ist im globalen Maßstab ebenfalls nachhaltig. In verschiedenen Industrienationen hofft man aber im Sinne einer CO2-Bilanzkosmetik, noch mehr Kohlenstoff durch Anhebung des Gehalts an Dauerhumus in Böden speichern zu können. Der Zielkonflikt Mehr Humus im Boden als Kohlenstoffspeicher wäre wünschenswert, die klassische Landwirtschaft und übertriebene Holzentnahme in Wäldern reduziert aber in vielen Fällen den Humusgehalt in genutzten Böden! Bereits vor mehr als hundert Jahren war die Humusbilanz der Waldböden ein wichtiges Argument für die Verwendung von Torf als Einstreu in der Viehhaltung: es sollte die Entnahme von Laub- und Nadelstreu aus den Wäldern für die Viehhaltung reduziert werden. Laub- und Nadelstreu bzw. Reisig weisen den höchsten Mineral- und Stickstoffgehalt der Baumbiomasse auf und stellen damit die beste Dauerhumusbasis dar. Ohne permanenten Nachschub an Laub- und Nadelstreu verarmt der Waldboden drastisch mit entsprechenden Konsequenzen für die Nachhaltigkeit des Baumbestandes. Ein Beispiel hierfür ist der idyllische Nürnberger Reichswald: Der heutige lichte Kiefernbewuchs ist letztlich der traurige Rest eines ursprünglich üppigen Mischwaldes, der durch radikale Entnahme der Baumstreu durch die Bauern in den vergangenen Zeiten in seiner Humusbilanz katastrophal gestört und dadurch zerstört wurde. Heute droht dem Wald wieder die gleiche Gefahr, allerdings aus anderen Motiven. In der Art der Schwäbischen Hausfrau wird im Wald aufgeräumt und auch das angeblich minderwertige Waldrestholz bis zum letzten Stäubchen zur Energiegewinnung entnommen. Damit handeln wir angeblich ökologisch korrekt, weil damit fossile Brennstoffe ersetzt werden. Das Waldrestholz wird in vielen Fällen in einer Low-Tech-Version in Form von Chips oder Pellets verhackstückt. Es gibt aber auch eine High-Tech-Variante: Die „Schnapsidee“ eines europäisch geförderten Bio- www.chiemseemoor.de Liq-Verfahrens zur Herstellung von Flüssigbrennstoffen aus „Restbiomasse“, u.a. Waldrestholz, das flächendeckend gesammelt wird. Bei dieser Philosophie werden dann die Initiatoren in einigen Jahren von einer angeblich vollkommen unvorhersehbaren „Nachhaltigkeitslücke“ mangels ausreichender Bodenregenerierung „überrascht“ werden; der Reichswald lässt grüßen. zukommen bzw. die anfallenden kohlenstoffhaltigen organischen Stoffe in tiefere Bodenschichten absinken zu lassen, wo sie dem kurzfristigen Stoffumsatz entzogen werden. Aber man kann ja diese Dinge korrigieren, zumindest für den Deutschen Boden. Dazu führt man Biomasse in Form von Holz mit erheblichem Transportaufwand aus einem weit weniger ökologisch ausgerichteten Osteuropa ein und sonnt sich im Gefühl der (lokalen) ökopolitischen Korrektheit (sog. Kirchturm-Politik). Eine nachhaltige Anhebung des Kohlenstoffgehalts der Böden durch solche Methoden dauert aber typischerweise einige Jahrzehnte und bis dahin ist das Thema Klimawandel ja angeblich schon gelaufen. Weiterhin kann der ökologische Landbau hinsichtlich Produktivität (noch) nicht mit dem klassischen Landbau konkurrieren. Wir bräuchten also wieder größere Flächen, womit sich der Teufelskreis schließt. Und letztlich müssten diese Methoden weltweit angewendet werden, um eine globale Wirkung zu erreichen. Ökologischer Landbau Einen Beitrag, um den Zwiespalt zwischen Landwirtschaft und Kohlenstoffgehalt des Bodens zu entschärfen soll z.B. der ökologische Landbau liefern. Hier versucht man, mit einer reduzierten Bodenbearbeitung und Bodendurchlüftung aus- Es führt kein Weg daran vorbei: homöopathische Naturheilmethoden bei der Bodenbearbeitung werden die globale Treibhausgasbilanz sicher nicht entscheidend korrigieren. Man müsste schon an die eigentliche Ursache ran: die Verbrennung fossiler Energieträger. www.chiemseemoor.de
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