CARL CHRISTIAN MÜLLER, LL.M. MMR | MÜLLER MÜLLER RÖSSNER | Mauerstr. 66 | 10117 Berlin Rechtsanwalt Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht de THOMAS G. MÜLLER, LL.M. Rechtsanwalt SÖREN RÖSSNER, LL.M. Rechtsanwalt s. Berlin, den 09.05.2016 Hintergrundinformation zum Verfahren Leif ./. JohannesGutenberg-Universität Mainz es Massive Verschlechterung der Informationszugangsansprüche durch das neue Landestransparenzgesetz – Regelungen verfassungswidrig Vor dem Verwaltungsgericht (VG) Mainz wird am 11.05.2016 (11.45 Uhr, Raum 92) die Kla- .k r ge von Herrn Prof. Dr. Thomas Leif gegen die Johannes Gutenberg-Universität Mainz verhandelt. Der Kläger hatte am 18.12.2014 bei der Universität beantragt, ihm Kopien zu der vertraglichen Vereinbarung zwischen der Universität, der Boehringer Ingelheim Stiftung und dem Land Rheinland-Pfalz über die Förderung der Lebenswissenschaften an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie ggf. zu Folgevereinbarungen zu dieser Verein- w barung zu überlassen. Nachdem sich die Universität –selbst nach Intervention des rheinland-pfälzischen Beauftragten für die Informationsfreiheit- weigerte, hat er am 09.07.2015 Klage erhoben. Das VG Mainz hat mit Beschluss vom 16.02.2016 zur mündlichen Verhand- w lung geladen. w Rechtslage nach dem bis zum 31.12.2015 geltenden Landesinformationsfreiheitsgesetz Den Antrag hat der Kläger unter Geltung des § 4 Abs. 1 Landesinformationsfreiheitsgesetz Rheinland-Pfalz (LIFG) gestellt. Das LIFG gewährte jeder Person einen voraussetzungslosen Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Nach dieser Vorschrift wäre Kanzlei Berlin | Mauerstr. 66 | 10117 Berlin | Telefon: 030.206 436 810 | Telefax: 030.206 436 811 Zweigstelle Mainz | Christofsstr. 5 | 55116 Mainz | Telefon 06131.211 35 0| Telefax: 06131.211 35 29 E-Mail: [email protected] | Internet: www.mueller-roessner.net Deutsche Kreditbank | Kto.: 101 657 5217 | Blz.: 120 300 00 | IBAN: DE35 1203 0000 1016 5752 17 | BIC: BYLADEM1001 USt-IdNr.: DE281527011 | Finanzamt Berlin Mitte/Tiergarten Eingetragen in das Partnerschaftsregister Amtsgericht Berlin (Charlottenburg), PR 930 die Universität verpflichtet gewesen, dem Kläger die erbetenen Unterlagen zu gewähren, da die Beklagte als Körperschaft des öffentlichen Rechts nach § 2 Abs. 1 LIFG vom Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst war, insbesondere Hochschulen nach dem LIFG RLP anders als in anderen Bundesländern nicht vom Anwendungsbereich ausgenom- de men waren und der Anwendungsbereich auch keine Ausnahme für den Bereich der Forschung und Lehre vorsah es sich bei den streitgegenständlichen Verträgen um amtliche Informationen im Sinne s. des § 2 LIFG handelt und schließlich auch keine Schrankenbestimmung der §§ 9 LIFG dem Anspruch des es Klägers im Wege stand. Rechtslage nach dem ab dem 01.01.2016 geltenden Landestransparenzgesetzes Am 01.01.2016 ist das Landestransparenzgesetz (LTranspG) in Kraft getreten, das das LIFG ersetzt. Nach der Übergangsbestimmung des § 26 Abs. 3 LTranspG ist über Anträge auf .k r Zugang zu Informationen, die nach dem LIFG gestellt sind, nunmehr nach den Bestimmungen des LTranspG zu entscheiden. Das LTranspG beinhaltet jedoch eine entscheidende Verschlechterung, was die Zugangsansprüche gegenüber öffentlichen Forschungseinrichtungen angeht: Nach § 16 Abs. 3 LTranspG ist der Anspruch auf Informationszugang im Bereich von Wissenschaft, Forschung und Lehre nunmehr auf Informationen über den w Namen von Drittmittelgebern, die Höhe der Drittmittel und die Laufzeit der mit Drittmitteln finanzierten abgeschlossenen Forschungsvorhaben beschränkt. Diese massive Einschränkung der Informationszugangsrechte gegenüber Hochschulen wird von ausgewie- w senen Experten als „verfassungswidrig“ eingeschätzt. (vgl. Anhörungs-Protokolle zur Beratung des Gesetzes). w Ein Anspruch auf Überlassung von Kopien zu der vertraglichen Vereinbarung zwischen der Johannes Gutenberg Universität Mainz, der Boehringer Ingelheim Stiftung und dem Land Rheinland-Pfalz ist nach dem LTranspG somit ausgeschlossen. Sollte das Gericht den Antrag des Klägers nach dem LTranspG entscheiden, würde die Klage wohl abgewiesen. | Seite 2 von 5 Weiteres Vorgehen des Klägers: Der Kläger verfolgt den mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf Überlassung der Kopien gleichwohl weiterhin. Zum einen liegt mit der Übergangsregelung des § 26 Abs. 3 LTranspG ein verfassungs- de rechtlich nicht zu rechtfertigender Fall der echten Rückwirkung eines Gesetzes vor, der den Kläger in seinen Grundrechten aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG sowie Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes aus Art. 20 Abs. 3 GG verletzt, denn sein Antrag auf Informationszugang war nach den bis zum 01.01.2016 geltenden Bestimmungen des LIFG ursprünglich begründet. Der Antrag § 4 LIFG entschieden werden. Auch die Schrankenbestimmung des § 16 Abs. 3 LTranspG, wonach der Anspruch auf es s. muss daher nach der Regelung des zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Informationszugang im Bereich von Wissenschaft, Forschung und Lehre auf Informationen über den Namen von Drittmittelgebern, die Höhe der Drittmittel und die Laufzeit der mit Drittmitteln finanzierten abgeschlossenen Forschungsvorhaben beschränkt sind, dürfte verfassungswidrig sein. Zwar soll ausweislich der Gesetzbegründung hier- .k r mit die Grundrechtsposition von Wissenschaft und Forschung gestärkt werden. Allerdings steht zu befürchten, dass durch die Ausnahme vom Grundsatz des freien Informationszugangs und der Verweigerung von Transparenz im Bereich von Wissenschaft und Forschung eine derartige Gefährdung erst herbeigeführt wird und die Regelung zur w Gefahrenabwehr nicht geeignet erscheint. Zudem stützt der Kläger seinen Antrag nunmehr in seiner Eigenschaft als Journalist auf § 6 Landesmediengesetz Rheinland-Pfalz (LMG), wonach Behörden verpflichtet w sind, den Medien Auskünfte zu erteilen, sofern kein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt wird. Nach dieser Vorschrift ist also eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf der einen Seite w und den Interessen der beklagten Universität auf der anderen Seite vorzunehmen. Sofern sich die Universität insofern auf die Wissenschaftsfreiheit beruft ist ihr entgegenzuhalten, dass • Sinn und Zweck der Wissenschaftsfreiheit vornehmlich darin liegt, der Allgemeinheit die Vorteile einer freien und ungelenkten Forschung zu sichern und im Zusammenhang mit den potentiellen Gefahren einer drittmittelfinanzierten Forschung | Seite 3 von 5 nur ein Mehr an Transparenz die Freiheit der Forschung sichern kann; denn Universitäten, die zunehmend auf eine Drittmittelfinanzierung angewiesen sind, stehen in der Gefahr in Abhängigkeiten zu geraten, die nicht im Interesse der Allgemeinheit sondern vielmehr im Interesse der Fördernden liegen (z.B. Letztentscheidung bei der Berufung von Professoren) der Wissenschaftsbetrieb (zumal der öffentlich-rechtliche) dem Verdacht, nicht er- de • kenntnis-, sondern interessengeleitet zu forschen deshalb nur durch größtmögliche Transparenz entgegenwirken kann. s. Kritik am Vorgehen des Gerichts Die sehr weiträumige Terminierung des Gerichts wirft Fragen auf. Die durchschnittliche Verfahrensdauer eines durch Urteil abgeschlossenen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens es beträgt in Rheinland-Pfalz 6,9 Monate. Die rheinland-pfälzische Verwaltungsgerichtsbarkeit weist damit im bundesweiten Vergleich die kürzesten Verfahrensdauern auf. Ohne dass für den Kläger ein Grund ersichtlich wäre, hat das Gericht vorliegend jedoch bereits über sieben Monate gebraucht, um überhaupt einen Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen, der wiederum über zehn Monate nach Eingang der Klage am 09.07.2015 liegt. Dies ist .k r umso kritikwürdiger in einem Verfahren, in dem ein unstreitiger Sachverhalt zur Entscheidung ansteht. Es geht also um die Beurteilung einer reinen Rechtsfrage, die sich in einem Termin abhandeln lässt. Warum hier nicht früher terminiert und damit nach der zum Zeitpunkt der Antragstellung und Klageerhebung geltenden Rechtslage entschieden werden w konnte, erschließt sich nicht. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass das Gesetzgebungsverfahren zum LTranspG bereits im Gange war, als die Klage eingereicht wurde. Die Ministerpräsidentin hat den Geset- w zesentwurf, in dem die Übergangsbestimmung des § 26 Abs. 3 LTranspG bereits enthalten war, am 23.06.2015 dem Landtagspräsidenten zur Beratung und Beschlussfassung übersendet. Der Gesetzesentwurf war zu diesem Zeitpunkt auch bereits öffentlich abrufbar. Auch w der Terminplan war bekannt – jedenfalls war damit zu rechnen, dass das Gesetz den Landtag noch in der zu Ende gehenden Legislatur passieren würde. Es war damit also bekannt, dass sich die Gesetzeslage noch vor der Landtagswahl ändern würde. Anlage – Alle Fragen und Fakten zu diesem Verfahren finden Sie in der Anlage | Seite 4 von 5 Nach der Gerichtsverhandlung am 11.5.2016 findet um 13.30 Uhr ein PresseHintergrundgespräch statt, u.a. mit Prof. Dr. Kreiß, der ebenfalls in der gleichen Sache das Verwaltungsgericht angerufen hat. de Ihr Ansprechpartner für Rückfragen Rechtsanwalt Carl Christian Müller Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht T. 030 2064368 10 F. 030 2064368 11 w w w .k r es s. [email protected] | Seite 5 von 5
© Copyright 2024 ExpyDoc