Mühlentag, Grenzsteine, Triangulations-Station, Fischteiche und Wasserstrich – Grüngräbchen kreuz und quer sowie rundum Grüngräbchen, zur Gebietskulisse Dresdner Heidebogen gehörend, war fast genauso eine Idee von uns Wandergurken wie das Linzer Wasser, nur eine noch einige Jahre ältere… Eine Frau in der Nachbarschaft, die mit ihrem Mann in den 1960er Jahren wegen der Braunkohle nach Lübbenau kam, erzählte seit Jahrzehnten gelegentlich von der natürlichen Romantik ihres früheren Heimatdorfes… Und dann mussten es ja wenigstens auch sieben Schönheiten sein, wie die einer Frau, von denen Theodor Fontane 1864 in einem etwas sarkastischen Vergleich schrieb, welche eine „Reise“ (sprich Wanderung) so erlebenswert machen würden, um die großen Schuhe anzuziehen. Auslöser waren auch hier die sächsischpreußischen Grenzsteine von 1815, also nach dem Wiener Kongress. Warum aber so rum und nicht preußisch-sächsische Grenzsteine geschrieben, denn Sachsen gehörte doch 1815 zu den Verlierern der Geschichte? Das wäre doch dann auch die alphabetisch richtige Reihenfolge? Ganz einfach, weil heutzutage im einst preußischen und heutigen Land Brandenburg kaum noch jemand über diese Bausteine gemeinsamer Kulturgeschichte im weitesten Sinne spricht - von heimattreuen, 1990 „zwangsbrandenburgisierten Oberlausitzern“ zwischen Ruhland, Ortrand und Merzdorf sowie um Königsbrück einmal abgesehen - wie wir meinen… Aber mindestens zwei von diesen Grenzsteinen müssten es denn schon sein, damit sich die Fahrt „dorthin“ auch „lohnt“, sagten wir uns. Wir fanden schließlich drei! Dazu noch eine Station der KöniglichSächsischen Triangulirung – die Olgahöhe! Und Triangulirung ist auch richtig geschrieben, nur mit einfachem langen i in der Schreibweise der damaligen Zeit. Zwei Schönheiten weist schon der Namen des kleinen Dorfes auf – Grün und Gräbchen. Das Grüne konnten wir am 2. Weihnachtsfeiertag 2015, als wir uns „Wider die Völlerei“ zu zweit neugierig auf den Weg nach Grüngräbchen machten, mehr nur ahnen, aber das Gräbchen beeindruckte uns damals schon wegen seines Namens „Wasserstrich“, dessen Herkunft uns bisher niemand erklären konnte und der, in den Saleskbach mündend, zusammen mit diesem und anderen Fließgewässern 8 Teiche in der Umgebung des Dorfes bespannt. Von der großen und europaweit bekannten Seidel’schen Rhododendron-Zucht im NSG Oberbusch erfuhren wir erst beim Lesen einer InfoTafel im Dorf bzw. bei Recherchen im Internet. Auch ein Schloss (sprich Herrenhaus) gab’s hier früher. Geblieben ist nur die Anhöhe, auf dem es einst stand und das noch erkennbare Areal des früheren Gutes. Alles ohne viel Schickimicki von bzw. mit Fürsten und Grafen… Dafür aber mit einem tollen Schullandheim, einer richtigen Wohlfühloase für Schulkinder und auch für Touristen sowie einer alten, seit einigen Jahren wieder funktionierenden Sägemühle nach über 40 Jahren Stillstand! Herz – was willst du mehr, fragten wir uns aktuell bei unserer erneuten Stippvisite bei „Kaiserwetter“ am 6. Mai, um vor Ort organisatorische Dinge zu regeln und eine paar schöne Frühlingsfotos für diese Presseinformation zu machen. Der aufmerksame Leser dieser Zeilen wird spätestens hier feststellen, dass es tatsächlich wenigsten sieben Schönheiten sind, die Grüngräbchen und seine Umgebung auszeichnen. Und unbedingt nicht zu vergessen die gastfreundlichen Menschen im Dorf, wenn auch Leuten gegenüber, die sie das erste Mal im Dorf sehen, teilweise etwas zurückhaltend, was in der heutigen Zeit nur allzu verständlich ist… Zudem ist da auch noch der Deutsche Mühlentag am Pfingstmontag - zur würdigen Erinnerung an die älteste Antriebsmaschine der Welt. Gründe genug, um Sie und andere Wanderer aus Nah und Fern, ganz herzlich einzuladen, uns am 16. Mai 2016 bei unserer Wanderung im Geiste Theodor Fontanes „Mühlentag, Grenzsteine, Triangulations-Station, Fischteiche und Wasserstrich“ zu begleiten. Wie haben wir uns diesen Tag vorgestellt? Vom Parkplatz, den uns ein einheimischer Unternehmer gastfreundlich unentgeltlich zur Verfügung gestellt hat, laufen wir entlang des Wasserstrichs bzw. Mühlgrabens zur Sägemühle (jetzt Sägewerk) der Familie Kühne. Unser Zeitmanagement ist so geplant, dass wir dort zu den ersten Gästen an diesem Tag gehören werden, so ganz nach dem Motto „Früher Vogel fängt dem Wurm“. Nach einem etwa 20 Minuten dauernden Vortrag über die Geschichte der Mühle, wird uns die Mühle gezeigt und das „Brettlsägen“ eines Holzstammes vorgeführt. Nach etwa 40 Jahren Stillstand, baulicher Stabilisierung des Mühlengebäudes uns Restaurierung der Technik ist das seit 2002 wieder möglich. Anschließend geht’s dann per pedes auf Tour. Zuerst entlang der Königsbrücker und Bernsdorfer Straße, um an unseren Autos die Rucksäcke aufzunehmen, denn die anfängliche Mitnahme wäre bei dem zu erwartenden Gedränge in der Mühle dort nicht notwendig und deshalb unzweckmäßig. Nun hier der weitere Wanderweg: Wiesenweg – Querung Saleskebach – Am Schlossberg – Königsbrücker Str. Richtung Norden – Wiednitzer Weg – Schlossteich – Mittelteich – NSG Lugteich – Querung Neugraben - Wiednitzer Weg – Sächsisch-Preußische Grenze von 1815 (Wiener Kongress) – Alte Coseler Straße Richtung Westen – Grenzstein 139 - Querung S 93/L 58 Grüngräbchen-Hohenbocka – Grenzstein 140 – Grenzstein 141 – Station Olgahöhe der Königl. Sächsischen Triangulierung 1865 – Straße K 9273 Grüngräbchen-Cosel – Querung Saleskbach – Krebsteich rundum – Querung Saleskbach – Lehrpfad – Nymphenteich – Neuteich –Grüner Weg Richtung Südosten – Königsbrücker Str. Richtung O – Gärtnereiweg – Blumenstraße – Sandweg – Am Mühlgraben – (E Einkehr bei der Säge-Müller Familie Kühne zu Speis’ und Trank) – An der Beuns Richtung Osten – hinter den Häusern An der Beuns Richtung Norden bis Bernsdorfer Str./Ecke Wiesenweg (insgesamt etwa 12 Kilometer) Über das freundliche Dorf im Norden Sachsens liest man auf einer schön bebilderten Info-Tafel in der Ortsmitte beim Glockenturm: Herzlich Willkommen in Grüngräbchen. Zum Geleit. Bekannt geworden ist Grüngräbchen durch eine Besonderheit, die Rhododendren. Diese südostasiatische prachtvolle Pflanze wurde durch den königlich-sächsischen Hofgärtner Seidel Ende des vorigen Jahrhunderts nach Grüngräbchen gebracht, als er dort eine Örtlichkeit fand, die sich vorzüglich für die Zucht dieser exotischen Pflanzen eignete. Seitdem gehen die Pflanzlinge nicht nur in alle Gegenden Deutschlands, sondern auch ins europäische Ausland. Sicher übte diese Besonderheit einen günstigen Einfluss auf die Gestaltung des Ortes und seine Entwicklung aus. Die fleißigen Bürger von Grüngräbchen haben ein Übriges getan. Es entstand und erhielt sich eine ländliche Idylle, die typisch für die Heide- und Teichlandschaft der Lausitz ist. Im angrenzenden Naturschutzgebiet „Königsbrücker Heide“ und Biosphärenreservat „Heide- und Teichlandschaft“ steht sie unter besonderem Schutz. Besonders nach der politischen Wende haben die Einwohner viele materielle und finanzielle Mittel aufgewendet, um den typischen Charakter ihres Heimatortes zu erhalten und zu gestalten. Ihre Mühen wurden belohnt: Der kleine Ort, damals selbständige Gemeinde, wurde 1993 im Bundeswettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ Gewinner einer Goldmedaille. Lothar Helmert – Bürgermeister Entstehung und Geschichte des Dorfes Der Heimatort Grüngräbchen hat eine lange und wechselvolle Geschichte erlebt. Er existierte bereits im Jahre 1225 als Hongeremsgrabov oder Grabowe und wurde als solcher Kamenzsches Lehen. Damit fällt wahrscheinlich auch die Entstehung des Rittergutes Grüngräbchen zusammen. Ursprünglich war es nur eine slawische Siedlung, die der Wald- und Weidewirtschaft diente. Doch die Wettiner, die bereits 1136 in den erblichen Besitz der Markgrafschaft Meißen kamen, konnten ihren Machtbereich im Milzener Land um die Mark Lausitz (Gebiet um Bautzen) erweitern. So wurde Grüngräbchen sehr früh deutscher Junkersitz. Im Jahre 1633 ging in der Oberlausitz, wie schon so oft, die Pest um, an der viele Menschen starben. Auch Grüngräbchen oder Klein-Grabichen, wie man es damals nannte, blieb von der Seuche nicht verschont und fast in allen 20 Häusern waren Tote zu beklagen. Um das Jahr 1700 standen im Ort 20 Häuser, wie man aus dem Rauchsteuer-Cataster ersehen kann, da eine Feuerstätte immer eine Rauche war. Bis Ende 1840 sind alle Fronden und Dienste abgelöst worden. Um das Jahr 1850 gab es schon behördliche Baugenehmigungen, die z.B. die Anfertigung von Strohdächern verboten. 1861 kam Traugott Seidel nach Grüngräbchen, der das Rittergut kaufte, und legte eine Rhododendronkultur an. Diese Gärtnerei ist heute ein wichtiger Zuchtbetrieb für Rhododendron und Azaleen, dessen Bedeutung weit über die Grenzen Deutschlands hinaus reicht. Die Teiche von Grüngräbchen Wie alle Teiche der Lausitz sind auch die Teiche unserer Gemeinde im 15. Jahrhundert künstlich angelegt worden. Die Ursache war damals der hohe Bedarf an Fisch, als die Standesherrschaft Königsbrück zugleich mit der Germanisierung die Christianisierung der sorbischen Bevölkerung in ihren Gemeinden rigoros vorantrieb. Der nördlich von Grüngräbchen liegende Lugteich soll früher mehr als zur Hälfte Waldgelände mit moorigem Untergrund gewesen sein. Wie gefundene Baumreste belegen, handelte es sich um Kiefernwald. Der kleinere Teil am Wiednitzer Weg musste schon längere Zeit als Fischteich genutzt worden sein, denn man hatte im Talgelände für diesen Zweck zwei Staudämme errichtet. Olgahöhe und Schäferbusch Der am Fuchsberg ermittelte „Trigonometrische Punkt“ wurde im Jahre 1865 durch einen mächtigen in die Erde eingelassenen Steinsockel, auf welchem eine Granitsäule aufgebaut war, festgelegt. Diesem Punkt gab man stets eine besondere Bezeichnung. Hier wurde der Name Olga gewählt, weil die Ehefrau des damaligen Rittergutsbesitzers Oskar Platz den Rufnamen Olga hatte. Es gibt noch Einwohner in Grüngräbchen, die wissen, dass hinter dem Wirtschaftsgebäude Nr. 49 am Cosler Weg der alte Schafstall stand. Mauerreste zeugen noch davon. Das Gebäude stand 4 m vom Wege ab und das vom Fuchsberg anquellende Wasser eignete sich gut zur Tränke der Schafe. 1823 war hier der alte Schäfer Gottlob Lind mit dem Schafjungen Gottfried Binnig tätig. Von dieser Stallung aus zogen sie mit ihren Tieren bei Sonnenaufgang auf die Weideplätze der umliegenden Flurstücke. Um auch auf die andere Seite des Saleskbaches zu gelangen, hatte man weiter unten eine Holzbrücke gebaut die sogenannte Schafbrücke, die wir heute noch als solche kennen. Das Gelände um den Schafstall nennt man Schäferbusch. Grüngräbchen heute 1996 erfolgte die Eingemeindung zur Gemeinde Schwepnitz. Die Häuser und Höfe des zwischen Wäldern und Teichen liegenden Dorfes sind heute größtenteils renoviert und modernisiert. Das ist Zeugnis des Fleißes und der Bodenständigkeit der 410 Einwohner des Dorfes. Ein Besuch und Ausflüge in die Umgebung lohnen sich zu jeder Jahreszeit. Die Ruhe und erholsame naturnahe Umgebung tragen zur Entspannung bei. Tagesbesuche sind ebenso reizvoll wie mehrtägige Aufenthalte. Übernachten kann man nach vorheriger Anmeldung im Landschulheim oder in einer der Ferienwohnungen. Schon nach zwei Besuchen in Form von Stippvisiten in dem Goldmedaillen-Dorf können wir diese Aussagen uneingeschränkt bejahen. Hier muss man einfach öfter hin fahren! Und deshalb ist unseren Tour in und um Grüngräbchen zum Deutschen Mühlentag 2016 auch eine sehr gute Idee! Alternativ empfehlen wie für den Ausklang des Tagesbesuches in Grüngräbchen eine individuelle Stippvisite der Rhododendren-Zucht Seidel südlich von Grüngräbchen! Modalitäten: Die Wanderung findet statt, wenn sich mindestens 6 Teilnehmer bis zum Abend des 14. Mai 2016 bei uns telefonisch angemeldet haben. Erst bei der Anmeldung werden aus organisatorischen Gründen Treffpunkt und Beginn der Tour bekannt gegeben sowie Details zur Tour erläutert. Da unsere Touren eine private Initiative sind, können wir für unsere Teilnehmer keinen Versicherungsschutz übernehmen. Bitte an Rücksack-Verpflegung und Getränke für einen Stehimbiss im Freien denken, da unterwegs keine Einkehr! Auch festes Schuhwerk mit Profilsohle ist gefragt. Es wird keine fixe Teilnahmegebühr erhoben. Am Ziel freuen wir uns über eine angemessene Spende, je nach Gefallen und Größe des eigenen Geldbeutels, in unseren Fontane-Wanderhut. Zur Erinnerung an die schöne erlebnisreiche Tour gibt’s für alle Teilnehmer wie immer in den zurück liegenden Jahren eine persönliche Urkunde. Gern bestätigen wir unseren Begleitern darauf 12,1234 Kilometer gut gelauntes und blasenfreies Mitwandern. Im Rahmen dieser Präsentation möchten wir uns für die Unterstützung unserer Initiative ganz herzlich bedanken beim Unternehmen Pätzold Dämmstoffe und Trockenbausysteme, welches uns an diesem Tag unkompliziert und unentgeltlich seine Freifläche zum Parken zur Verfügung stellt sowie bei der Familie Kühne von der Sägemühle, die uns während eines Gespräches am 6. Mai über die Geschichte der Mühle und den Ablauf am Mühlentag informierte und uns mit einem freundlichen „Guckt euch nur um und herzlichen Willkommen am Mühlentag. Wir freuen uns auf euren Besuch“ an diesem Tag verabschiedete. Im Fontane’schen Sinne „Wandernd mit dem Herzen sehen – laufend mehr erleben“ Wir freuen uns auf Sie! Gerd Laeser – Gästeführer Niederlausitz – und Frau Edeltraud Lübbenau Tel. 03542-3792
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