Report 05-2016 - Smart Investor

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Löcher in der Matrix – Der Mörder ist immer der Russe
Für unsere Heftkategorie „Löcher in der Matrix“ sammeln wir laufend Erstaunliches und Schräges aus der
Welt der Medien. Unser wöchentliches Update.
„Neues Video aufgetaucht: Hier fährt die Russen-Rakete zum MH17-
Tatort“ (bild.de, 12.5.2016)
„Russen-Rambo stänkert gegen Red-Bull-Bosse“ (bild.de, 12.5.2016)
„Russen-Insider gesteht Doping bei Olympia 2014“ (bild.de, 12.05.2016)
„Hacker-Attacke auf Merkels CDU-Zentrale“ (bild.de, 13.5.2016)
Die Russophobie gehört zu den wenigen politischen Phobien, die auch im Mainstream gepflegt werden dürfen, ja offenbar sogar
gepflegt werden sollen. Bei bild.de scheint diese Angststörung geradezu Einstellungsvoraussetzung zu sein. So weit, so bekannt. Neu
ist die Häufung in der seit gestern wieder auf allen möglichen Feldern gegen Russland „zurückgeschossen“ wird.
Den Auftakt machte ein „Beweis-Video“, das zum MH-17-Abschuss über der Ostukraine „aufgetaucht“ war und „sämtliche Restzweifel
an der russischen Schuld … aus dem Weg räumt“, denn: „Hier fährt die Russen-Rakete zum MH17-Tatort“. Ach? Die Quelle ist so
gerichtsfest, wie sie nur sein kann – ein „YouTube-Nutzer“. Es ist das bislang einzige Video dieses unbekannten Filmkünstlers, der zwar
nur 13 Abonnenten hat, dessen Werk aber bereits mehr als 142.000mal angesehen wurde. Im Original ist die Dashcam-Sequenz eines
fahrenden Autos zu sehen, dem ein Tieflader – offenbar beladen mit vier BUK-Raketen – entgegenkommt. Die Aufnahme soll aus dem
von „Putins Schergen gehaltenen Gebiet“ stammen und fünf Stunden vor dem Abschuss aufgenommen worden sein. Bei Bild.de beruft
man sich – wie so oft in der Angelegenheit – auf das „investigative Recherchenetzwerk Bellingcat“. Wenn auf so dünnem Beweisgrund
geurteilt wird, dann kann man dankbar sein, dass die Redakteure nur mediale Hinrichtungen vornehmen dürfen. Zumindest reichte es
für eine Top-Meldung. Die Kommentierung der Sequenz fällt in der Tonspur übrigens deutlich zurückhaltender aus als im Text: „Ist das
die Rakete die Flug MH17 über der Ukraine abschoss?“, „… dieses Video … könnte die russische Beteiligung an dem
Flugzeugabschuss beweisen“ – eine Frage, ein Konjunktiv, das waren die aus dem Weg geräumten, „sämtlichen Restzweifel an der
russischen Schuld“.
Um 19:24 Uhr ging es dann auf dem eigentlich eher unpolitischen Feld des Sports fröhlich weiter: „Russen-Insider gesteht Doping bei
Olympia 2014“. Aber was heißt schon unpolitisch? Kann eine Veranstaltung, an der Russen beteiligt sind, in diesen Tagen überhaupt
noch unpolitisch sein? Um 20:41 Uhr der nächste Schlag gegen den Russen an sich: „Russen-Rambo stänkert gegen Red-Bull-Bosse“.
Gemeint ist Daniil Kwjat, der zuvor auch schon als „Russen-Rüpel“ bezeichnet wurde – rollendes „R“ inklusive. Natürlich war Formel-1Deutschland angefressen, als Sebastian Vettel „abgeschossen“ wurde. Aber was hat das bitte mit der Nationalität des Fahrers zu tun?
Putins geheimer Krieg auf der Rennstrecke? Wurden wir nicht bis zum Erbrechen dafür sensibilisiert, dass weder Nationalität, noch
Glaubensrichtung, Geschlecht, Hautfarbe, sexuelle Orientierung oder Schuhgröße die Basis für stereotype Verallgemeinerungen bilden
dürfen. Gewiss, nur „beim Russen“ gilt das alles selbstverständlich nicht. Der ist nämlich aggressiv, gewissenlos, unfair und ein
bisschen tumb ist er sowieso – der viele Wodka, Sie verstehen?!
Und daher geht es in diesem Stil auch heute Morgen munter weiter: „Hacker-Attacke auf Merkels CDU-Zentrale“ Vielleicht mag man
stutzen, dass die CDU-Zentrale nun auch offiziell in den Besitz der Großen Vorsitzenden übergegangen zu sein scheint. Lindners FDPZentrale? Geschenkt. Für unser heutiges Thema ist der Fließtext interessanter, denn die Hacker waren wohl erneut russische RüpelRambos, zumindest kann man das einfach mal so unterstellen: „… vermutlich ebenfalls aus Russland gesteuerter Hacker-Angriff“.
Ganz so tumb ist der Russe dann offenbar doch nicht? Zumindest nicht so tumb wie „die CDU von Kanzlerin Angela Merkel“, in deren
Zentrale man sich einfach einhackte – über die neuen Besitzverhältnisse in der Partei sprachen wir ja bereits. Zwar gibt der Autor zu,
dass sich „ganz sicher“ nicht sagen ließe, wer hinter der Hackerattacke stehe, aber interessegeleitet spekulieren darf man doch allemal,
wenn es der Sache dient. Und spätestens da wird man dann feststellen: Selbst wenn der Mörder mal ausnahmsweise wieder der
Gärtner war, dann hatte er bestimmt russische Vorfahren.
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Quelle: http://www.smartinvestor.de/allgemein/loecher-in-der-matrix-der-moerder-ist-immer-der-russe