The Wonder (of) Woman

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Accessed 9 May 2016 22:49 GMT
The Wonder (of) Woman
Julia Franck
The following text is the German original followed by the English
translation of a previously unpublished essay by Julia Franck, winner of
the 2007 German Book Prize. Although Franck has received critical
acclaim most recently for her novel Die Mittagsfrau (Lady Midday,
2007), she came to the attention of the mainstream German media with
the publication of her second novel, Liebediener (Love Servant, 1999),
which coincided with the Fräuleinwunder craze. The Fräuleinwunder, or
“Girl Wonder” phenomenon, existed briefly at the turn of the millennium,
when Volker Hage first observed in Der Spiegel that many of the young,
female authors writing at the time had a matter-of-fact approach to
representing love and sex. When the newspaper Die Welt asked several of
the authors included in the Fräuleinwunder to write essays about the
popularity of German women authors, Franck penned “Das Wunder
Frau,” or “The Wonder (of) Woman.” Here she strongly criticizes the
Fräuleinwunder label, yet she does find some truth in Hage’s assertion
that women write differently than men. Franck proposes the term
“weibliche Nüchternheit,” or “Female Sobriety,” which both
acknowledges Hage’s observation and provides an alternative way to talk
about the writing style of female authors. Deeming “Das Wunder Frau”
too feminist for publication, Die Welt declined to print it. Julia Franck has
expressly given her permission to the Women in German Yearbook to
publish the German original as well as the English translation of the
essay. (AMH)
“Das Wunder Frau”
Sie haben schon einmal ein Buch von einer Frau gelesen? Und es war
weder ein Kochbuch, noch ein Ratgeber für gewisse Lebenslagen,
sondern ein richtiges belletristisches Buch, in einer Sprache, die präzise,
Women in German Yearbook 24 (2008)
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The Wonder (of) Woman
ja literarisch ist? Vielleicht erschien Ihnen das Buch gar von großem
literarischen
Wert,
wie
Sie
es
sonst
nur
männlichen
Schriftstellernzugetraut hätten. So war es? Nun, dann lesen Sie ganz im
Zeitgeist, gewissermaßen mit der Mode. Aber vergessen Sie nicht, sich
gehörig zu wundern.
Ohne Wunder geht es nicht. Auch nach zweitausend Jahren
christlicher Zeitrechnung ist es noch alles andere als selbstverständlich,
daß Frauen über ähnliche Fähigkeiten verfügen wie ihre männlichen
Artgenossen. Entsprechend dieser fehlenden Selbstverständlichkeit
knabberte das deutsche Feuilleton vor gut einem Jahr an der Tatsache,
daß in jüngster Zeit auffallend viele weibliche Autoren von sich reden
machen, indem sie literarische und (manchmal auch oder) erfolgreiche
Bücher publizieren. Die Redakteure haben eine Weile geknabbert, genagt
und sich offenbar gefragt, wie sie dieses Phänomen möglichst als kleine
reizende Sensation, als eine Art Aufschrei unter ihre Leser bringen. Und
siehe da, wie schon so häufig, fand auch in dieser Frage Der Spiegel als
erster seine Sprache wieder und gab dem Kind einen Namen: Das
Fräuleinwunder.
Bei dieser Etikettierung hielt man sich an ein bewährtes Modell aus
Spiel und Sport: Die öffentlich in Erscheinung tretende Frau wird auf
Hochglanz abgelichtet und versehen mit dem Prädikat “Fräuleinwunder”
dargeboten.
Selbst die Emanzenzeitschrift Emma genierte sich nicht, einen
kritischen Artikel zum Thema Fräuleinwunder mit entsprechend großen
Fotos der Protagonistinnen zu dekorieren. Ein jedes “Fräulein,” selbst das
verheiratete, erhielt eine Bildschlagzeile a la “Die Domina” oder “Die
Kindfrau.” Auch wurde in dem Artikel behauptet, der Begriff
“Fräuleinwunder” stamme aus den 50er Jahren und habe die deutschen
Fräuleins gemeint, die gerne mal für eine Packung Camel mit den
Alliierten ins Bett gingen. Seither wird diese Fabel unter Autorinnen
kolportiert. Leider hat man hier versehentlich zweierlei Begriffe
verwechselt: “Veronika Dankeschön” war das halbseidene deutsche
Fräulein, während das “Fräuleinwunder” die nach außen saubere und
junge deutsche Frau war, mit der man nach dem Krieg zeigen wollte, daß
man wieder etwas zu bieten habe: Romy Schneider, Steffi Graf, Claudia
Schiffer und Anne-Sophie Mutter, sie alle mußten sich mit diesem
Prädikat zufrieden schätzen. Aber sehen wir den Journalisten diese
Einfallslosigkeit und Vergeßlichkeit nach, sie haben ja jeden Tag den
Kopf so voll, da kann ein Begriff, hoppla, mal eine neue Verwendung
finden.
Allein das Wort “Fräuleinwunder” verrät wenig. Bei dem Geschlecht
handelt es sich bekanntlich um keine Fähigkeit und auch das Ledigsein
Julia Franck
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kann keine Auszeichnung sein. Der Begriff belebt das Wort “Fräulein”
wieder, das im Zuge der feministischen Emanzipation in den letzten
fünfzig Jahren erfolgreich abgeschafft wurde. Das Wunder liegt ganz auf
der Seite des Betrachters: Er ist verwundert, wenn ledige, junge Frauen
mit Erfolg literarische Bücher schreiben. Ich kann dieses Staunen nur
schwer ernstnehmen. Es mag aus einer gewissen Umnachtung kommen,
aus der Dämmerstunde des Patriarchalismus. Es sei denn, ich unterstellte
dem Verwender des Begriffes Bösartigkeit, und das will ich nicht.
Machen junge Männer wie Benjamin von Stuckrad-Barre mittels
Hochglanz und Inszenierung von sich reden, wird gleich eine neue
Generation ausgerufen, die stillschweigend wieder vorwiegend aus
männlichen Protagonisten besteht. Das wundert keinen. Dagegen
verleugnet ein Prädikat wie “Fräuleinwunder” schon allein sprachlich die
berufliche Leistung der Frau, zumindest aber verkleinert es sie. Der
Begriff zeugt nicht nur von einer Verwirrung, sondern stiftet diese auch.
Er verrät, daß es sich erstens um ein bloßes Phänomen handelt, das
zweitens bislang für unmöglich gehalten wurde und drittens suggeriert er
eine außerordentliche Einmaligkeit. Das Phänomenale wird durch den
Fotojournalismus unterstrichen. Häufig nimmt das Foto den größeren
Platz ein als der dazugehörige Text. Nicht selten entsteht der Eindruck,
hier sei zuerst eine Fotoredaktion ans Werk gegangen und habe vom
Journalisten passend den Text erbeten. Der Spiegel bildet Autorinnen
farbig und groß am Kopf der Seite ab, deren Bücher dann im umgebenden
Artikel noch einen ganzen Nebensatz wert sind.
Der Stempel Fräuleinwunder grenzt Frauen auf radikale und sichtbare
Weise aus der ernstzunehmenden Literatur aus, er dient lediglich ihrer
Vermarktung. Obwohl der Begriff den Anschein einer Gattung trägt,
handelt sich um keine ästhetische Ausrichtung, die darin Position erhalten
soll. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Inhalt und der Ästhetik
dieser Literatur findet kaum statt. Das Phänomen Fräuleinwunder führt
dazu, daß einige der Autorinnen auf ernsthafte Buchrezensionen und
Interviews verzichten müssen, während sie in Gruppen abgelichtet und in
Massenbesprechungen abgehandelt werden. Auf diese Weise wird ihr
anfänglich hervorstechendes Merkmal, daß sie sich als Autorin (vielleicht
sogar qualitativ) hervorgetan haben, eliminiert, zumindest jedoch
abgewertet. Alle Stuten in den Stall links bitte. Was zählt, sind nun
Locken, Nabel, Augen, Mund. Eine große Nase verrät die Intellektuelle,
eine kleine das Kindchen, bunte Kleidung deutet auf das szenige und
kurzes Haar auf das androgyne Fräulein. Schein und Sein gerinnen zu
einem untrennbaren Konglomerat. Die Erscheinung steht zu oberst,
während die Literatur in Nebensätzen verborgen wird—erwähnt wird sie
vielleicht nur, damit der Leser weiß, daß es sich bei Karen Duve nicht um
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The Wonder (of) Woman
eine Reiterin handelt und bei Judith Hermann um kein Madonnenmodel,
daß Terézia Mora keine Eiskunstläuferin ist und Zoë Jenny bestimmt kein
Reh.
Wie man sich so fühlt, als Fräuleinwunder, fragen Sie sich? Nun,
man möchte diesen Stall für junge Stuten leerfegen, verriegeln und
niederbrennen. Dieser Stall ist keine Auszeichnung, sondern ein
Gefängnis, in dem die Fähigkeiten der Autorinnen versteckt werden. Wie
gut ist es für das eigene Rückgrat da, wenn die erste Veröffentlichung
weder über eine Beziehung, noch eine Fotobewerbung gelungen ist.
Neben anderen haben Röggla, Duve, Mora, Erpenbeck und ich—so
unterschiedlich unsere Literatur ist—eine erste Anerkennung über einen
Wettbewerb erlangt, den Open Mike, der in der ersten Instanz alle
Texteinsendungen kodiert. So weiß die Jury nicht, ob der Autor schon
veröffentlicht hat, welcher Herkunft, welchen Alters und Geschlechts er
ist. Die Jury traut sich ein vom äußeren Erscheinen unabhängiges Urteil
zu. Ein kleines Wunder. Bei diesem Wettbewerb treten auch Männer
hervor, aber die eignen sich für meinen Artikel nicht, denn wer wollte
sich schon über den Erfolg männlicher Schriftsteller wundern?
Mag sein, der hier kritisierte Journalismus ist nur Opfer der
Marktgesetze. Und Produkte, ob nun Zahncreme, Bücher oder Magazine
verkaufen sich zunehmend über Marken, passende Slogans und
Gesichter—mit
einer
Portion
Sex.
Angesichts
zarthäutiger,
dunkelhaariger Frauen träumen wir von französischer Kosmetik und bei
Isabella Rosselini von H&M. In der Literatur dürfen die Frauen etwas
lasziv und geheimnisvoll wirken, denn auch ein Buch verkauft sich mit
Sex und Geheimnis vielleicht etwas besser. Nur jung muß die Autorin
sein. Literatur war bis zur Erfindung vom “Fräuleinwunder” schwer in die
Hochglanzmagazine für Frauen und Nachrichtenfreaks zu bringen. Ratlos
bewegten sich Fotografen um junge Autoren herum, auf der Suche nach
einem Bild, das die trockene Materie Literatur illustrieren könnte. Noch
vor Entdeckung des Prädikats wurde ich bei einem Fototermin für die
Frauenzeitschrift Allegra von der Fotografin gebeten, ob ich mal meine
Schuhe ausziehen könne. Sie sei seit Tagen auf der Suche nach einem
bestimmten Bild, nicht unbedingt für den Beitrag, auf dem nackte Füße zu
sehen sein sollten. Na gut, dachte ich, wenigstens fragt sie mich nicht, ob
ich meinen Rock heben oder eine Zahnspange aufsetzen würde. Und ich
zog meine Schuhe aus. Ohne mein Wissen und ganz im Gegensatz zur
Wahrheit, ich friere leicht, wurde das Bild von der Fotoredaktion
verwendet und mit folgendem Satz untertitelt: “Diese Füße gehören Julia.
Sie sind nackt, weil sie schreibt. Julia braucht das.”
Selbst schuld, dachte ich mir später, was machst du auch solche
Späße mit. Lange Zeit habe ich Fototermine nicht gebührend ernst
Julia Franck
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genommen. Ich unterschätzte die Wirkungskraft von Fotos und mußte
mich in letzter Zeit verstärkt damit auseinandersetzen, als welche Art von
Fräulein oder Autorin ich erscheinen möchte. Stellen Sie sich vor, eine
witzige Pop-Literatin würde wie Angela Merkel aussehen. Oder die
Verfasserin von brillianten philosophischen Essays hätte ein Gesicht wie
Veronika Ferres. Da stimmt was mit dem Image nicht, sagen Sie?
Spätestens seit die Fräuleinmanie einen häufigen Abdruck in Magazinen
mit sich bringt, müssen sich Autorinnen ernsthaft um ihr Image kümmern.
Vom Gesicht und der Gestalt wird unweigerlich auf das Produkt
geschlossen.
Meine Fotos, das wurde mir schnell klar, eignen sich gut für
Mädchenromane und Kinderbücher. Wie schade, daß ich keine solchen
Bücher—passend zum Aussehen—schreibe. Ein rundes Gesicht,
Kulleraugen, Stupsnase, damit ist nicht viel los, da hilft kein bewegtes
Leben und auch die vielen grauen Haare nicht, weil sie im Hochglanz wie
in schwarz-weiß verschwinden. Als eineiiger Zwilling bin ich nicht zum
ersten Mal mit der Macht und dem Verführungspotential der optischen
Täuschung konfrontiert. Trotzdem konnte ich mich noch nicht zu
chirurgischen Eingriffen entschließen. Nun überlege ich, ob ich für das
nächste Buch ein Model anheure, eins mit feingliedrigem Körper, einer
großen schlanken Nase, einer Brille und einem ätherischen Äußeren.
Lachen Sie nicht, denn ich bin sicher, es würde wirken. Schön wäre,
wenn zu dem länglichen Gesicht mit der intellektuellen Nase—
gewissermaßen als feiner, elektrisierender Gegensatz—ein sinnlich
weicher Mund käme. Die Augen dürften nicht zu feurig sein, eher etwas
verschleiert, geheimnisvoll—nicht neugierig, sondern wissend müßten sie
erscheinen.
Sieht man von dieser im wahrsten Sinne des Wortes oberflächlichen
Abbildung der jungen Schriftstellerinnen einmal ab, tun sich die
Magazine schwer. Geschlecht und Dasein werden wie bei einem
Neugeborenen gelobt, während das Erzeugnis, die Literatur, weitgehend
unbeachtet bleibt. Die Auseinandersetzung mit den Texten ist freilich
mühsam, das Erkennen einer Qualität zwischen den Zeilen, die in den
letzten Jahren wieder häufig Dialoge und Handlung und weniger
erklärende Gedanken aufweisen, erfordert Zutrauen, auch zum weiblichen
Autor, und vor allem kritisches Können.
Kaum mehr als Geschlecht und Jugend verbindet die Autorinnen.
Jugend, weil sie entweder jung an Lebensjahren oder jung an Jahren ihrer
Veröffentlichungen, meist unverheiratet, in jedem Fall aber kinderlos
sind. Daß der öffentliche Focus gerade auf jene äußeren Merkmale
gerichtet wird, ist aus zweierlei Gründen beunruhigend. Zuerst einmal
liegt es nahe, daß der Begriff ständig neue junge Autorinnen erfordert, die
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The Wonder (of) Woman
es zu entdecken und zu deflorieren gilt. Die Prognose: Eine Sturmflut
junger Autorinnen, die dem Kriterium Fräulein und Wunder gerecht
werden. Die Konsequenz: Eine Verschlammung jeglicher Werte. Sie
kennen das Märchen vom Drachen, der sich von Jungfrauen ernährt? Zum
zweiten bewirkt der Fräuleinwahn, daß jedes weitere Buch einer Autorin
ihre Disqualifizierung bedeuten kann, sofern sich mit ihm eine Reifung
erkennen läßt, weg vom Debüt, weg vom Fräulein, weg vom Wunder,
weg von dem Phänomen, über das sich angeblich so gut verkaufen läßt—
Menschen, Bücher, Magazine. Nur wohin, wenn nicht aus den Medien
raus und rein in die Vergessenheit?
Selbst wenn eine sexualisierte Ablichtung den Verkaufserfolg eines
Buches erhöht, ist das noch lange kein Indiz für eine literarische
Wertschätzung. Verkaufserfolg und Anerkennung standen noch nie in
Korrelation zueinander. Nach wie vor werden im Zweifel die Bücher von
Männern für die höhere Literatur gehalten. Es gibt Statistiken, die
belegen, daß die großen Literaturpreise größtenteils Männern zuerkannt
werden, während Frauen mal ein Arbeitsstipendium erhalten. Über die
Gerechtigkeit läßt sich hier nur spekulieren. Mag sein, Männer schreiben
besser. Belegen läßt sich hier gar nichts, nur Vermutungen darf ich
anstellen: Schreibt ein Mann von der Liebe, dann kann das wie bei
Grünbein die Auseinandersetzung mit dem Schönen sein, erzählt er von
Gefühlen wie Frisch, dann ist er ein kleiner Moralist und nimmt er Worte
wie “ficken” in den Mund, wie Heiner Müller es gerne mal tat, auch
Schädlich steht ihm da in nichts nach, ist er ein großer Mann, der es
versteht, den Intellekt in den Körper zu zwingen, indem er nur in
Körperteilen und ihren sprachlichen Entsprechungen denkt. Oder so
ähnlich. Meine Wertschätzung finde ich gar nicht mal falsch. Allerdings
muß dieselbe Schreibweise bei einer Frau leider sogleich feministisch
gefärbt sein, um nicht in den Verdacht einer weibischen Gefühligkeit oder
adoleszenten, unflätigen Provokation zu geraten.
An den Büchern meiner Kolleginnen ist mir aufgefallen, daß sie eine
nüchterne Erzählweise bevorzugen. Wo männliche Kollegen ungehemmt
Mut zum Pathos beweisen, beschreiten weibliche Autoren, denen der
Kitschverdacht aufgrund ihres Geschlechts viel schneller anhaftet, einen
Grat zwischen Beiläufigkeit und Nüchternheit. Die Angst vor dem Süßen
und Netten, die vor dem Anrührenden und Gefühlvollem ist groß.
Frauen, da sie vielleicht das Risiko scheuen und die Sicherheit
bevorzugen, treten als Konsequenz den Rückzug in die ungefährliche
Wiege der Lakonie an. Diese vermeidet Sätze wie: “Ja, ich wollte, ich
könnte es auswechseln, dieses mein Geschlecht, hier im Schatten der
Gefahr, mich ganz an Ihre Schönheit zu verlieren” oder “Ich bin ein
Dreck. Ich will Ihren Kot essen” (Heiner Müller) sondern schreibt
Julia Franck
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stattdessen: “wir schliefen nicht miteinander, wir küßten uns nicht, wir
berührten uns kaum, eigentlich nie” (Judith Hermann).
Um eine Veränderung in der Ästhetik, vielleicht gar eine
geschlechtliche Unterscheidung zu benennen, könnte man statt vom
“Fräuleinwunder” von der “Weiblichen Nüchternheit” sprechen.
Wenn der Focus des öffentlichen Interesses nicht mehr allzu sehr auf
die Jungfräulichkeit und sexuelle (sagen wir materiellen und stimulierenden) Verfügbarkeit der Autorinnen gerichtet wäre, nicht alle Welt dem
Deflorationswahn erläge—immer das neueste, das jüngste, das allererste
entdecken und sich einverleiben zu wollen, sondern einen Blick auf die
Ästhetik, die sich herauskristallisierenden ganz eigenen Stimmen dieser
keineswegs im Chor singenden Autorinnen risikierte, dann könnte man
ganze Geschichten, Welten, ja wunderbare Bücher entdecken.
“The Wonder (of) Woman”
So you have read a book by a woman before? And it was neither a
cookbook, nor an advice book for particular situations in life, but a real
book of fiction, in a language that is precise, even literary? Maybe the
book even seemed to have great literary value, what you would otherwise
only expect from male authors. Is that how it was? Well, then you are
reading very much in the spirit of the times, according to fashion, so to
speak. But don’t forget to be suitably amazed.
It will not work without a wonder. Even after two thousand years on
the Christian calendar, it is anything but self-evident that women have
faculties similar to those of their fellow men. As a result, about a year ago
the German “arts and leisure” pages chewed on the fact that, in recent
times, many female authors are conspicuously drawing attention by
publishing literary and (sometimes also or) successful books. The editors
have chewed, gnawed, and apparently asked how they could possibly turn
this phenomenon into a sexy little sensation, a kind of exclamation for
their readers. And behold, as happens so often, Der Spiegel recovered its
voice first and gave the child a name: “Das Fräuleinwunder.”
This labeling was in keeping with a time-honored model from sports
and leisure: The woman is photographed with a high gloss finish,
outfitted with the title “Fräuleinwunder” and presented to the public.
Even the women’s lib magazine Emma was not embarrassed to adorn
a critical article on the topic of the “Fräuleinwunder” with the
appropriately large photographs of the protagonists. Each and every
“Fräulein,” even the married one, received a caption like “The
Dominatrix” or “The Woman-Child.” The article also alleged that the
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The Wonder (of) Woman
term “Fräuleinwunder” comes from the 1950s and refers to the German
Fräuleins who gladly went to bed with the Allies for a pack of Camels.
Since then this fable has been circulating among women authors.
Unfortunately, two kinds of terms were accidentally confused here:
“Veronika Dankeschön” was the half-silk German Fräulein, while the
“Fräuleinwunder” was the outwardly clean and young German woman
who was suitable for showing after the war that Germany still had
something to offer: Romy Schneider, Steffi Graf, Claudia Schiffer, and
Anne-Sophie Mutter—they all had to accept this title. But let’s overlook
the journalists’ lack of imagination and forgetfulness. They have their
heads so full every day that a term can easily—oops!—find a new usage.
The word “Fräuleinwunder” in itself reveals little. Gender, as is
generally known, is not a skill. Being single can also not be considered a
distinction. The term brings the word “Fräulein” back to life, which had
been successfully eliminated in the course of feminist emancipation over
the last fifty years. The miracle rests entirely with the viewer: he is
amazed when single, young women successfully write literary books. I
can hardly take this amazement seriously. It may come from a certain
derangement, from the twilight of the patriarchy. Unless I assume that the
user of this term is mean-spirited, and I do not want to do that. When
young men like Benjamin von Stuckrad-Barre draw attention to
themselves through glitz and theatrics, a new generation is suddenly
proclaimed that implicitly consists of predominantly male protagonists.
This amazes no one. By contrast, a label like “Fräuleinwunder”
linguistically negates the professional accomplishment of women—at the
very least diminishes it. Not only does this term attest to confusion, it also
creates it. First, it suggests that this is merely a phenomenon that, second,
was up to now considered impossible and, third, hints at an extraordinary
singularity. Its phenomenal nature is underscored by photojournalism.
Often the photo takes more space than the accompanying text. The
impression arises, not infrequently, that the photo editor got to work first
and requested the appropriate text from the journalist. Der Spiegel
pictures female authors large and in color at the top of the page, and their
books are worth an entire subordinate clause in the accompanying article.
The stamp “Fräuleinwunder” excludes women from serious literature
in a radical and visual way. It solely serves the purpose of marketing.
Although the term seems to designate a genre, it is not an expression of an
aesthetic orientation. A serious examination of the content and the
aesthetics of this literature rarely takes place. The phenomenon of the
“Fräuleinwunder” leads to the fact that some women authors have to do
without serious book reviews and interviews; instead, they are
photographed in groups and dealt with in summary review. In this way,
Julia Franck
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their initial characteristic—that they excel (perhaps even qualitatively) as
women authors—gets eliminated, or at least devalued. All mares into the
stable on the left, please. What counts are curls, navel, eyes, mouth. A big
nose implies the intellectual woman, a small one a child; colorful clothing
points to the hip Fräulein, and short hair to her androgynous counterpart.
Appearance and reality congeal into an inseparable conglomeration. The
appearance is paramount, while the literature is hidden in dependent
clauses—it is mentioned only so the reader knows that Karen Duve is no
equestrian, Judith Hermann no Madonna-model, that Terézia Mora is no
figure skater, and Zoë Jenny certainly no doe.
How does one feel as a “Fräuleinwunder,” you ask yourself? Well,
one would like to sweep out, lock up, and burn down this stable for young
mares. This stable is no distinction but a jail in which the abilities of the
authors are hidden. How good is it for one’s own backbone when the first
publication was successful neither due to a connection nor a photogenic
job application. In addition to others, Röggla, Duve, Mora, Erpenbeck and
I—as different as our works are—achieved initial recognition through an
Open Mike competition with blind review. Thus the jury does not know
whether the author has published before, or what background, age, or
gender he is. The jury trusts in its ability to arrive at a judgment
independent of appearance—a small miracle. Men also succeed in this
contest, but they are not appropriate for my article; who would want to
marvel at the success of male authors?
Perhaps the journalistic practices criticized here are simply the victim
of market mechanisms. And products, whether toothpaste, books, or
magazines, sell through brands, fitting slogans and faces—with a serving
of sex. Looking at soft-skinned, dark-haired women, we dream of French
cosmetics; in the case of Isabella Rosselini, of H&M. In literature, women
are allowed to appear somewhat lascivious and mysterious because even a
book sells a little better with sex and mystery. Only the author has to be
young. Before the creation of the “Fräuleinwunder” it was difficult to
bring literature into the glossy magazines for women and news addicts. At
a loss, the photographers circled around the young authors in search of a
picture that could illustrate the dry material of literature. Even before the
label was discovered, at a photo shoot for the women’s magazine Allegra
the photographer asked me to take off my shoes. For days she had been
on the hunt for a certain kind of picture, not necessarily for this article,
which involved naked feet. Okay, fine, I thought, at least she is not asking
me to lift my skirt or wear braces. And I took my shoes off. Without my
knowledge, and quite in contrast to the fact that I get cold easily, the
photo editor used the picture with the following caption: “These feet
belong to Julia. They are naked, because she is writing. Julia needs that.”
238
The Wonder (of) Woman
My own fault, I thought later. Why do you participate in such jokes?
For a long time I did not take photo shoots as seriously as I should have. I
underestimated the power of photos, and lately have had to deal with the
question what kind of “Fräulein” or author I would like to be. Imagine if
a clever pop-woman-of-letters looked like Angela Merkel. Or if the
composer of a brilliant philosophical essay had a face like Veronika
Ferres. Something about the image isn’t right, you say? Ever since the
“Fräulein”-mania has resulted in frequent photo-reproductions in
magazines, female authors must seriously pay attention to their image.
Without fail, the face and the figure suggest the product. It soon became
clear to me that my photos were well suited for girls’ novels and
children’s books. What a shame that I do not write books that go with my
appearance: a round face, saucer eyes, a snub nose—nothing much
happening there. An eventful life and many grey hairs do not help either
because they disappear in high gloss as well as in black and white. As an
identical twin this is not the first time that I am confronted with the power
and seductive potential of an optical illusion. In spite of that, I have not
yet opted for surgical intervention. I am currently considering whether to
hire a model for my next book—one with a lanky body, a large and
slender nose, glasses, and an ethereal exterior. Don’t laugh, because I am
sure it would work. It would be nice if the long face and the intellectual
nose could come with a sensual, soft mouth (in effect, a subtle,
electrifying contrast). Rather than fiery, the eyes ought to be veiled,
mysterious; and they would have to appear not curious, but knowing.
Apart from these literally superficial illustrations of young women
authors, the magazines have difficulties. Gender and existence are praised
as in the case of a newborn, while the creative output, the literary work,
remains largely ignored. Engagement with the texts is admittedly tedious,
and the recognition of a quality between the lines, which feature more
dialogue and plot in recent years than expository thought, requires
confidence, also in the female author, and, above all, in critical ability.
Barely more than gender and youth connect these authors. Youth,
because they are young either in terms of age or young in the number of
years they have published, mostly unmarried, certainly childless. That the
public focus is trained on these external characteristics is disconcerting
for two reasons. First, the term implies the ongoing search for new,
young, female authors to be discovered and deflowered. The forecast: a
surge of young women authors deserving of the criteria “Fräulein” and
miracle. The consequence: a muddying of all values. You are familiar
with the fairytale of the dragon that feeds on virgins? Second, as a result
of the “Fräulein”-craze each subsequent book by an author can mean her
disqualification inasmuch as maturity can be discovered in it. Away from
Julia Franck
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the debut, away from the “Fräulein,” away from the miracle, away from
the phenomenon that presumably sells so well—people, books,
magazines. But where to, if not out of the media and into oblivion? Even
if a sexualized photograph increases the market success of a book, that
has never been an indication of literary quality. Market success and
recognition have never stood in correlation with each other. Still, when in
doubt, books by men are regarded as the higher literature. There are
statistics that prove that the big literature prizes are largely awarded to
men, while women periodically receive a grant. One can only speculate
about the justice of this. It may well be that men write better. On this
topic, one can prove nothing; I can only surmise. If a man writes about
love, it is, as with Grünbein, an examination of beauty; if he speaks of
feelings, like Frisch, then he is a mini-moralist; and if he uses a word like
“fuck,” the way Heiner Müller liked to do (Schädlich is his equal in this
department) he is a great man who understands how to force the intellect
into the body by thinking in body parts and their linguistic equivalents. Or
something like that. I do not believe that my estimation is at all incorrect.
However, in the case of a woman the same writing style must
unfortunately have a feminist tint in order to avoid suspicion of feminized
sentimentality or adolescent, bawdy provocation.
I have noticed in the books of my female colleagues that they prefer
an unemotional narrative style. Where male colleagues demonstrate
uninhibited courage in using pathos, female authors—who are much more
easily accused of kitsch because of their gender—walk the line between
casualness and sobriety. The fear of the sweet and the nice, of the
touching and the maudlin, is great.
Women, perhaps because they eschew risk and favor safety,
consequently retreat into the harmless cradle of the laconic. They avoid
sentences such as “Yes, I wish I could exchange this thing which is my
gender, here in the shadows of danger, to lose myself completely in your
beauty” or “I am filth. I want to eat your feces” (Heiner Müller). Instead
they write, “We didn’t sleep with each other. We didn’t kiss. We barely
touched—actually not at all” (Judith Hermann).
In order to express a change in aesthetics or perhaps a gender
difference, one could speak not of the “Fräuleinwunder” but of a
“Weibliche Nüchternheit” (Female Sobriety).
If the focus of public interest were no longer directed so completely
on the virginity and sexual (let’s say, material and stimulating)
availability of female authors, if the whole world had not been seduced by
the delusion of deflowering—to always want to discover and devour the
newest, the youngest, the first—but instead to risk a look at the aesthetics,
the emerging unique voices of women authors who in no way sing in a
240
The Wonder (of) Woman
choir, then one could discover whole stories, worlds—yes: wonderful
books.
Translated by Alexandra Merley Hill