Artikel Zuger Zeitung

Montag, 2. Mai 2016 / Nr. 101
Kanton/Stadt Zug
Neue Zuger Zeitung
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Zugerberg Classic trotzt dem Regen
ZUG Die 21. Zugerberg Classic
fand bei schlechtem Wetter
statt. Trotzdem starteten
270 Läufer und Biker beim
Rennen auf den Zugerberg.
JAN HELDSTAB
[email protected]
Ursprünglich wollte der Ehrenstarter
der Zugerberg Classic, der Zuger Radprofi Martin Elmiger, zwischen dem Start
und der Siegerehrung selber eine Trainingsfahrt einlegen. Doch bei diesen
Bedingungen zog der 37-jährige Radprofi der Sportgruppe IAM einen Ruhetag
ein und verfolgte das Rennen der Zugerberg Classic vom Start bis ins Ziel. So
bewunderte er denn auch vom Streckenrand die zähen Sportlerinnen und Sportler, die bei Temperaturen knapp über dem
Gefrierpunkt den Zuger Hausberg erklommen. «Es ist eindrücklich, wie viele
gekommen sind. Vor allem, als der erste
Läufer aus dem Nebel kam, war das schon
ein toller Moment zum Zuschauen.»
Taube Finger am Lenker
Dieser Eindruck von Elmiger kommt
nicht von ungefähr. Die Läufer erklommen mit vollem Elan die Schlittelpiste
via Schönegg. Der 20-jährige Julian
Hodel aus Oberwil war der schnellste
Gipfelstürmer und erreichte mit einer
Zeit von 28:39 Minuten den Zielstrich
auf dem Vordergeissboden. Schnellste
Frau war Daniela Gassmann-Bahr aus
Galgenen, die kurz nach einer halben
Stunde eintraf (Rangliste im Internet).
Kamen die Läuferinnen und Läufer
noch nahe an die früheren Bestzeiten
heran, war dies für die Biker bei diesen
Bedingungen schier unmöglich. Sebastian Ostertag kam mit den Bedingungen
nicht zurecht und erreichte zum ersten
Mal seit vier Jahren nicht als Erster das
Ziel. «Ich war nicht so fit in dieser Woche und konnte nicht ideal trainieren.
Aber dass ich den Anschluss in einem
technischen Abschnitt verloren habe,
wurmt mich schon», so Ostertag leicht
enttäuscht. Die Krone als schnellster
Biker trägt nun Jeremias Marty aus Gettnau. «Die Finger waren nach der Hälfte des Rennens taub. Aber ich konnte
das gut wegstecken und mein Rennen
zu Ende fahren.» Glücklich war auch
Milena Landtwing, welche als erste
Dame auf dem Berg war. «Ich war gestern noch in Belgien an einem Rennen.
Aber heute Morgen fühlte ich mich gut
und entschied mich trotz dem schlechten Wetter für die Teilnahme.»
Aufwärmen in der Burgbachhalle
Dem schlechten Wetter geschuldet
fanden das Fest und die Siegerehrung
anschliessend im Burgbachsaal statt und
nicht wie gewöhnlich auf dem Platz. So
Spannung herrschte beim Start der Biker gestern am Burgbachplatz.
Julian Hodel, Sieger des Laufes auf den Zugerberg, überholte kurz vor
dem Ziel den lange führenden Tino Hurni (Bild unten).
Bilder Patrick Hürlimann
wärmten sich Sponsoren, Helfer und
Betreuer gleichermassen bei einem warmen Kaffee die Hände. Auf lachende
Gesichter traf man überall. «Es war toll,
dass ich gleich zwei Helferposten zugeteilt bekam. So hatte ich während des
Berglaufs und des Bikerennens etwas
zu tun», so Arthur Dahinden. Voll des
Lobes war auch Philipp Hofmann, der
Marketing-Chef von Hauptsponsor
V-Zug, der es sich nicht nehmen liess,
den Sportlern auf dem Podest persönlich
zu gratulieren. «Dieser familiäre Anlass
macht richtig Freude, und es ehrt mich
sehr, diesen regionalen Anlass unterstützen zu dürfen.»
Die widrigen Bedingungen sind für die
Teilnehmenden der Zugerberg Classic
nichts Neues. Nur einmal in den letzten
fünf Jahren war die Witterung trocken.
Die Teilnehmerzahl liess in diesem Jahr
leicht nach und knackte die 300er-Marke nicht mehr wie im letzten Jahr. «Wir
dürfen trotzdem sehr zufrieden sein», so
Reto Bühler, der das Präsidium auf dieses Jahr übernommen hat (siehe Box).
Auch bei den übrigen Zuschauern war
die Stimmung locker und familiär, sodass
sich noch manch aufgewärmter Besucher
beim Verlassen des Saals wunderte, dass
es draussen immer noch nass und garstig war. Ein schöneres Wetter wäre dem
sympathischen Anlass für das nächste
Jahr nur zu gönnen.
www...
Rangliste und Bilder zur Zugerberg Classic gibt es
unter www.zugerzeitung.ch/bonus
Reto Bühler,
Präsident der
Zugerberg Classic
Ist alles gut
gelaufen?
Reto Bühler, Ihre erste Zugerberg
Classic als Präsident liegt hinter Ihnen. Ist alles gut gelaufen?
Reto Bühler: Ja, ich bin sehr zufrieden.
Alle sind heil auf den Berg und wieder
runter gekommen. Das war für mich das
Wichtigste. Besonders erfreut war ich
über die vielen Teilnehmerinnen und
Teilnehmer, die trotz dem schlechten
Wetter gestartet sind. Und auch die zahlreichen Helferinnen und Helfer, die für
einen gelungenen Wettkampf sorgten.
Die Organisation hat in diesem Jahr
gewechselt.
Bühler: Wir haben im Burgbachsaal eine
Feedback Box aufgestellt, und ich bin
gespannt, was zurückkommt. Ich kann
mir aber vorstellen, dass wir die Zieleinfahrt im nächsten Jahr verändern,
damit Biker und Läufer mehr Platz haben.
NACHGEFRAGT
Die Teilnehmerzahlen gingen aber
dieses Jahr leicht zurück.
Bühler: Das Wetter im letzten Jahr war
ja ähnlich, aber es war nicht ganz so kalt.
Man vergisst leicht, dass im letzten Jahr
auch das 20-Jahr-Jubiläum des Anlasses
war. Deshalb würde ich den Erfolg des
Anlasses nicht von den Teilnehmern
abhängig machen. Im Gegenteil: Ein
grosses Dankeschön an alle Beteiligten,
und ich freue mich auf nächstes Jahr.
INTERVIEW JAN HELDSTAB
Höchster Gewerkschafter stattet Zug einen Besuch ab
ZUG Paul Rechsteiner hat an
der 1.-Mai-Feier auf dem
Landsgemeindeplatz eine Rede
gehalten. Und auch daneben
gab es viel zu diskutieren.
Der 1. Mai stand dieses Jahr unter
dem Motto «Gemeinsam kämpfen – für
eine starke AHV». Zu diesem Thema gab
es auch in Zug einen Anlass: die 1.-MaiFeier auf Landsgemeindeplatz, organisiert durch die Gewerkschaften und
linken Parteien. Drei spannende Redner
waren an diesem verregneten Nachmittag mit von der Partie. Am Rednerpult
stehen Luzian Franzini, Co-Präsident der
Jungen Grünen Schweiz, Franz Stappung, Co-Präsident SP Cham, sowie Paul
Rechsteiner, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes und SPStänderat aus dem Kanton St. Gallen,
der als Hauptredner auftrat.
Diverse Anliegen
Die Stimmung auf dem Landsgemeindeplatz ist locker, die Menschen, die
sich trotz Wind und Wetter versammelt
haben, diskutieren über diverse brennende Themen. Denn die Anliegen, über
welche an den Infoständen aufgeklärt
wird, sind vielfältig. Da geht es etwa um
den Ausstieg aus der Atomenergie, um
bezahlbaren Wohnraum oder eben die
AHV. «Allgemein hege ich ein grosses
Interesse für Politik, weshalb ich auch
heute hier bin», erklärt Tanja Schmidiger
aus Baar. «Ich finde es darum auch
äusserst spannend, mit den Menschen
an den Infoständen zu diskutieren. Gewisse haben eine sehr extreme Meinung
zu den bewegenden Themen. Da ist es
einfach interessant, mit ihnen ins Gespräch zu kommen», ergänzt sie.
Blick in die Zukunft
Die Rede von Paul Rechsteiner ist
wohl der Höhepunkt an diesem Nachmittag. Der St. Galler redet nicht lange
um den heissen Brei herum. So betont
er entsprechend dem Motto den hohen
Stellenwert der AHV. «Die AHV ist die
grösste Errungenschaft des 20. Jahrhunderts, und die vorgängigen Generationen
haben Jahrzehnte dafür gekämpft.» Aber
nicht nur die AHV ist ein Thema. Rechsteiner redet auch über die Auseinander-
Paul Rechsteiner (Mitte) im Gespräch mit der Zuger Regierungs­
rätin Manuela Weichelt und Stadtpräsident Dolfi Müller (rechts).
Bild Patrick Hürlimann
setzung zwischen der Schweiz und
Europa, das grosse Problem der Altersdiskriminierung in der Schweiz und die
Integration der Flüchtlinge. Alles, was
brennt, wird angesprochen. «In der
Schweiz haben wir ein enormes Potenzial für Solidarität», findet Rechsteiner
und kommt dann auf die Bedeutung
der Feier zu sprechen. «Der 1. Mai ist
weltweit der einzige Feiertag ohne re-
ligiöse Motive. Er ist das Resultat einer
grossen Bewegung von Männern und
Frauen, die für die Rechte aller gekämpft haben. Und diese Werte sind
heute noch wichtig», so der Gewerkschafter. Und dann blickte er noch in
die Zukunft. Gemäss Rechsteiner dürfte es in der Schweiz weiterhin spannend
bleiben. Denn: «Wir stehen vor vielen
schwierigen Fragen. Fragen, deren Antwort entscheidend für die Zukunft der
Schweiz sind.» Angetan von den packenden Ausführungen Rechsteiners
lauscht das Publikum gebannt. Denn
nach den drei Reden ist es Zeit für das
offene Mikrofon, bei dem auch die Besucher ihre Meinung kundtun können
und das genutzt wird. Und auch an
den Bänken wird rege diskutiert. «Obwohl ich nicht sonderlich engagiert bin
in der Politik, bin ich sehr interessiert»,
sagt Antonia Siegen aus Zug und ergänzt: «Die Neugier darüber, was hier
geschieht und wer vorbeikommt, hat
mich hierher getrieben. Ich finde es
faszinierend und wichtig, dass Menschen sich versammeln, um für eine
Sache zu kämpfen.»
VANESSA VARISCO
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