© Ocskay Bence - Fotolia.com MENSCHEN MIT MENSCHEN © olly - Fotolia.com Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied MENSCHEN MIT MENSCHEN Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Inhaltsverzeichnis Vorwort Unser Verband Unser Haus 100 Jahre Caritasverband im Bistum Trier Wir in Neuwied feiern mit S. 04 — 05 S. 06 S. 07 — 08 S. 09 Tagesstätte „Schöppche“ Allgemeine Sozialberatung Der Start ins Leben — Schwangerenberatung Schuldner- & Insolvenzberatung IST — Interventionsstelle gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen Elisabeth-Tag „Stadt — Land — Zukunft“ Migrationsberatung Flüchtlingshilfe und Willkommenspaten Fachdienst Sucht Ambulante Kinder- und Jugendhilfe Kuren Sozialstationen — Pflege zuhause Kleiderladen „CarLa“ Neuwieder Tafel Nekis — Selbsthilfe S. 10 — 11 S. 13 S. 15 — 17 S. 19 — 21 S. 22 — 25 Helfen & Spenden Neue Satzung — neuer Vorstand S. 66 S. 67 Jahresbericht 2015 S. 26 — 29 S. 30 — 31 S. 33 — 39 S. 40 — 45 S. 46 — 55 S. 56 — 57 S. 58 — 59 S. 60 — 61 S. 62 — 63 S. 64 — 65 MENSCHEN MIT MENSCHEN Liebe Leserin, lieber Leser, das Jubiläumsjahr 2016 – 100 Jahre Caritasverband im Bistum Trier – beginnt mit dem „spirituellen Auftakt“ in der Chrisam-Messe am 23. März im Dom zu Trier. Dort wird wieder jener „spirituelle Auftakt“ zu hören sein (Lukasevangelium 4,16-21) mit dem Jesus in die Öffentlichkeit tritt. „Sein“ Text aus dem Propheten Jesaja ist mit Bedacht gewählt: „Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.“ (Lk 4,18-19) Diese Kurzformel verdichtet Wesentliches, für die Caritas Verpflichtendes: Der barmherzige und gerechte Gott steht an der Seite der Armen und Zerschlagenen. An uns ist, diese gute Nachricht „rüberzubringen“. Durch Taten – und Worte – der Liebe. Durch barmherziges und gerechtes Handeln. Durch die „Trias“ unseres gelebten Selbstverständnisses im anwaltschaftlichen, solidarischen und gute Dienste leistenden Einsatz. Das ist doch einmal eine gute Nachricht. So etwas wie ein Silberstreif für „Heute“ (vgl. Lk 4,21): Den Armen ist noch zu helfen und die Verstrickungen der in sich Gefangenen sind lösbar. All das lässt klarer sehen und macht denen Hoffnung, die am Boden sind. 100 Jahre – MenschenMITMenschen. Eine Mini-Formel, ein „guter“ Slogan. Mittendrin das „Zauberwort“: MIT. Miteinander. Mitmensch. Mit dir. Auf Augenhöhe. Keine „Herablassung“. Mit-Sorge statt Für-Sorge. Subjekt statt Objekt. Dialog jetzt und heute – und gerade auch mit denen, die auf gute Nachricht warten (siehe oben). Zudem feiern wir im Kontext der Weltkirche das Heilige Jahr der Barmherzigkeit. Für Papst Franziskus ist Barmherzigkeit das grundlegende Gesetz, das im Herzen eines jeden Menschen ruht und den Blick bestimmt, wenn er aufrichtig auf den Bruder und die Schwester schaut, die ihm auf dem Weg des Lebens begegnen. Und mit dem Verweis auf den zitierten Text des Lukasevangeliums sagt der Papst: Dieses Heilige Jahr bringt den Reichtum der Sendung Jesu mit sich, so wie es in den Worten des Propheten anklingt: den Armen ein Wort und eine Geste des Trostes bringen, denen, die in den neuen Formen der Sklaverei der modernen Gesellschaft gefangen sind, die Freiheit verkünden, denen die Sicht wiedergeben, die nicht mehr sehen können, weil sie nur noch auf sich selbst schauen, denen die Würde zurückgeben, denen man sie geraubt hat (vgl. Misericordiae Vultus, 2.16). 4 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Mit der Herausgabe dieses Jahresberichtes möchten wir allen Menschen und Institutionen herzlich danken, die unsere Arbeit im vergangenen Jahr gefördert, begleitet und unterstützt haben. Trotz immer knapper werdender finanzieller Ressourcen halten wir eine gute, umfängliche Information über das Engagement des Caritasverbandes für unumgänglich! Es würde uns freuen, wenn der Rückblick, die Informationen über unsere Dienste, Projekte und Aktivitäten sowie das aktuelle Jahresprogramm Ihr Interesse finden. Informieren können Sie sich darüber hinaus auch im Internet: www.caritas-neuwied.de Mit freundlichen Grüßen Werner Hammes Rudolf Düber Vorsitzender des Vorstandes Caritasdirektor Bernd Wagener Claudia Pauly Vorsitzender des Caritasrates Dienststellenleiterin 5 MENSCHEN MIT MENSCHEN Unser Verband Der „Caritasverband für die Stadt Neuwied“ wurde am 19. November 1919 gegründet. Ein knappes Jahr später folgte die Erweiterung zum „Caritasverband für Stadt und Kreis Neuwied“. Am 19. November 1989 wurde der „Caritasverband für die Region Rhein-Wied-Sieg e.V.“ gebildet , inzwischen umbenannt in „Caritasverband Rhein-Wied-Sieg e.V.“, zu dem die beiden Geschäftsstellen Neuwied und Betzdorf, die Kirchliche Sozialstation Neuwied, die Caritas-Sozialstation an Rhein und Wied GmbH in Linz (in gemeinsamer Trägerschaft mit den Franziskanerbrüdern vom Heiligen Kreuz e.V., St. Josefshaus Hausen / Wied) und die CARITAS - Dienste und Arbeit gGmbH gehören. Der regionale Verband als eingetragener Verein ist zugleich eine Gliederung des Diözesancaritasverbandes Trier (DiCV) bzw. Deutschen Caritasverbandes (DCV) mit Sitz in Freiburg. Vorstand und Caritasrat Die derzeitigen Mitglieder des Vorstands und des Caritasrates finden Sie auf unserer Website – www.caritas-neuwied.de – auf der Seite „Über uns“. Die Mitglieder Werden auch Sie Mitglied und engagieren sich auf diese Weise für die Arbeit unseres Verbandes – wir würden uns freuen, Sie in der „Caritas-Familie“ begrüßen zu dürfen. Leitbild Unser Leitbild orientiert sich an der christlichen Nächstenliebe. Unsere vorrangige Option gilt den Armen und Schwachen. Dieser Auftrag prägt unser Menschenbild, unsere Ethik und unsere Weltanschauung. 6 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Unser Haus in Neuwied Das Haus der Caritas-Geschäftsstelle in Neuwied hat seine ihm eigene Geschichte. Vor 97 Jahren war es Gründungsort des Caritasverbands Neuwied. Und nun sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ortscaritasverbandes neuerlich seit 25 Jahren in diesem Hause tätig. Hier begegnen sich Menschen seit 25 Jahren nach dem Motto „MENSCHEN MIT MENSCHEN“ — Caritas wird ermöglicht durch Menschen, die mit Menschen gemeinsam agieren als Werk christlicher Nächstenliebe. Nach Ankauf (1990) und Umbau (1991) des ehemaligen Pfarrhauses der Pfarrgemeinde St. Matthias ist die Geschäftsstelle der Caritas Neuwied mit ihren Fachdiensten seit April 1991 wieder — wie vor 97 Jahren ! — in der Heddesdorfer Straße 5 untergebracht. Aber nicht nur das. Das Haus schreibt seine eigene Geschichte. Neuwied ist bekannt als Stadt der Religionen, als Deichstadt, als Stadt der Schulen, als Stadt der damals liberalen Wirtschaftskulturen, als Stadt, wo einst Orgeln gebaut wurden. Im August 1790 zog der damals 27-jährige Christian Weil, ein selbsternannter Klavier- und Kunstschreiner von seinem Heimatort Seelbach nach Neuwied. Hier baute er in der Weil'schen Orgelfabrik, Heddesdorfer Straße 5, in den nächsten Jahren zahlreiche Orgeln und führte eine Reihe von Reperaturen durch. Da er Autodidakt war, war die Meinung zu der Qualität seiner Orgeln unterschiedlich. Es befinden sich heute jedoch viele Orgeln mit guter Qualität aus seiner Produktion in einigen Kirchen, u.a. in Heddesdorf, im Schloss Sayn, in der Mennonitenkirche, in Neustadt, in Oberdries. Nachdem 1888 der letzte Spross der Familie Weil gestorben war, wurde das Unternehmen aufgelöst. 1905 kaufte die katholische Pfarrgemeinde St. Matthias das leer stehende Fabrikgebäude und richtete später ihr Pfarramt darin ein. Der damalige Pastor, später Dechant Albert Fuchs, von der Pfarrei St. Matthias in Neuwied und erst Domkapitular und späterer Weihbischof in Trier, gründete am 19.11.1919 den Caritasverband Neuwied und war dessen 1. Vorsitzender. Erste hauptamtliche Caritas-Sekretärin war zu diesem Zeitpunkt Helene Cramer aus Euskirchen; ihre Nachfolgerin wurde ein Jahr später Maria Neises aus Saarbrücken, gefolgt von Gertrud Sauerborn. Mit Beginn des Jahres 1928 übernahm Maria Mechelen die Geschäftsführung und blieb in dieser Funktion über 44 Jahre. 1972 ging sie in Pension. 7 MENSCHEN MIT MENSCHEN Maria Menne übernahm die Geschäftsführung im April 1972. Im Jahr 1984 verließ sie den Verband, um ihren Wunsch, „wieder an der Basis zu arbeiten“, erfüllen zu können. Nachfolger wurde im selben Jahr Helmut Fink, der schon seit 1973 im Verband im Bereich der Jugend- und Familienhilfe tätig war. Zu diesem Zeitpunkt war die Geschäftsstelle des Caritasverbands noch in beengten Verhältnissen in einem Gebäude in der Bahnhofstraße untergebracht. Die Suchtberatungsstelle separat in einem inzwischen abgerissenen Haus „An der Matthiaskirche“. Als das Pfarrhaus St. Matthias Mitte der 90er Jahre in das gegenüberliegende Gebäude wechselte, packte Geschäftsführer Fink die Gelegenheit beim Schopf. Der Caritasverband kaufte das Haus, renovierte es — und die Caritas zog wieder in die Räume der ehemaligen Orgelfabrik ein und war damit an ihren Gründungsort zurückgekehrt. 2008 ging Helmut Fink in Rente und Rudolf Düber trat im November bis heute die Nachfolge des Geschäftsführers an. Dienststellenleiterin ist Claudia Pauly. Foto: Pauly 8 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied 100 Jahre Caritasverband im Bistum Trier Wir in Neuwied feiern mit Mit der Chrisam-Messe im Trierer Dom am 23. März 2016 startete der Caritasverband im Bistum Trier in sein Jubiläumsjahr zum 100-jährigen Bestehen. Das Besondere des Gottesdienstes: Die Weihe der heiligen Öle durch Bischof Stephan. Da die Chrisam-Messe in diesem Jahr auf den Gründungstag des DiözesanCaritasverbandes am 23. März 1916 fiel, war ein besonderer Beginn des Festjahres gegeben: „Die in der Messe geweihten Öle haben eine heilende Wirkung, und hier ist eine enge Verbindung zum Auftrag der Caritas, heilend zu sein und zu helfen“, so der Vorsitzende des Diözesan-Caritasverbandes, Prälat Franz Josef Gebert Das Jubiläum ist ein Anlass zum Feiern — aber auch zum Nachdenken über: Caritas und ihre Relevanz für die Gesellschaft, Caritas als sozialpolitischer Anwalt, als Sprachrohr für Benachteiligte, als Solidaritätsstifter. Caritas trägt Verantwortung für die Gesellschaft, bringt sich ein, gestaltet mit. Wir schärfen unser Profil als katholischer Wohlfahrtsverband und verlässlicher Partner. Nachfolgend die Termine und besonderen Anlässe des Caritasverbands in Neuwied: 1. | Unser Haus in Neuwied Das Haus des Caritasverbands in Neuwied hat seine eigene, ganz besondere Geschichte; denn hier, in der ehemaligen Orgelfabrik wurde 1919 unser Verband gegründet. Und seit 25 Jahren sind unsere Mitarbeiter nun erneut wieder in diesem Hause tätig. Mehr dazu im voran stehenden Beitrag. 2. | „Schöppche” Unser „Schöppche“ wurde im März 20 Jahre alt. Daher feiern wir am 30. April 2016 mit haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen und vielen weiteren Netzwerkpartnern das 20-jährige Jubiläum. Und nicht zuletzt auch die Besucher unseres „Schöppche“ feiern mit! 3. | Fachdienst Sucht Für unseren Fachdienst Sucht gibt es am 13. September einen besonderen Grund zu feiern: 25 Jahre Suchtprävention. 4. | Elisabeth-Tag Am 21. November begehen wir den diesjährigen Elisabeth-Tag ebenfalls zum Thema: „Menschen mit Menschen“. 9 MENSCHEN MIT MENSCHEN Tagesstätte „Schöppche“ Tageseinrichtung für Menschen in Not Unsere Tageseinrichtung für Menschen in Not — unser „Schöppche“ — besteht seit dem 18.3.1996. Es wird in diesem Jahr 20 Jahre alt. Von Anfang an war es unsere Idee und unser Ziel, dass Menschen miteinander sprechen, miteinander Probleme angehen und nach Lösungen suchen, dass einer für den anderen da ist. Wir erinnern uns gegenseitig (Leitung, Mitarbeiter/innen, Besucher ) an diese Prämisse, die doch oft im Alltagsgeschäft verloren geht, wo man leicht gute Ratschläge gibt, Hilfe von oben kommt, gut gemeint aber ... Das christliche Menschenbild ist anspruchsvoll und sicher auch manchmal anstrengend. Begegnen wir doch im „Schöppche“ Menschen in Not, die ganz unten sind, ausgegrenzt aus der Gemeinschaft, oft seelisch krank und ohne Hoffnung auf Besserung, ohne Perspektive. Seien es die Wohnungslosen (Nichtsesshafte, Durchwanderer, sogenannte Stadtstreicher, „auf Platte“ oder in prekären Wohnverhältnissen lebende Menschen), seien es alleinstehende psychisch Kranke und Auffällige, die aus normalen bürgerlichen Lebensbezügen herausgefallen sind. Hier miteinander Mensch zu sein, sich auf Augenhöhe zu begegnen — was immer wieder bedacht werden muss — im Sinne einer Um- und Rückkehr zu unseren guten Grundsätzen, ist aber der Mühe wert, sind wir doch alle bedürftig, darauf angewiesen, das einer die Last des anderen trägt. So ist der Beweggrund für viele Ehrenamtliche, im Schöppche mitzumachen, dass ihnen nach dem Ende ihrer Erwerbsarbeit oder nach dem Verlust eines lieben Menschen „die Decke auf den Kopf gefallen“ ist. Sie wollen gerne für sich und andere etwas tun, was ihr Leben mit Sinn und Freude erfüllt. Auch wenn es vordergründig ein Gefälle gibt zwischen den Besuchern unserer Einrichtung und den Mitarbeitern, so zeigt sich doch, dass jeder dem anderen etwas geben kann. Immer wieder berichten Ehrenamtliche, dass Nähe und Zuwendung auf Dauer — auch bei den noch so schwierigen und verschlossenen Besuchern — Früchte trägt und Motivation weckt zur Veränderung. Da kommt oft tief Verschüttetes, Lebendiges, da kommen wieder Eigenkräfte zum Vorschein. Der andere wird zum Gegenüber, zum Partner im Gespräch, der auch seinerseits etwas von seiner Erfahrung und Nähe weitergeben kann. Dies bereichert das Leben beider. 10 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Schild „Schöppche“ — Holzschnitt von Helmut Fink Es entstehen Bindungen, die heilsam sind, den Menschen wieder auf die Beine helfen und die auch noch tragen bei schweren Erkrankungen und Tod. „Menschen mit Menschen“ heißt im Schöppche, mit dem Bemühen aller und Gottes Hilfe, die wir ab und an im Gebet und Gottesdienst in Anspruch nehmen, bei aller Not und „Tragik“, die dort oft zutage tritt, allen das Gefühl zu geben: Was hier geschieht, hat etwas mit Größe, Anstand und Respekt zu tun. 11 „Schöppche“ Tagesstätte für Menschen in Not Heddesdorfer Str. 5 | 56564 Neuwied Telefon: 02631 / 98 75-55 Fax: 02631 / 98 75-75 Ansprechpartnerin: Sonja Maibach Telefon: 02631 – 98 75-18 [email protected] MENSCHEN MIT MENSCHEN © esthermm - Fotolia.com Soziale Dienste – Existenzsicherung & Integration – Heddesdorfer Str. 5 | 56564 Neuwied Telefon: 02631 / 98 75-0 Fax: 02631 / 98 75-75 [email protected] Fachteamleitung: Claudia Pauly Fachkräfte: Martina von Berg — Lilly Bittner — Manfred Hübinger — Olga Knaus — Sonja Maibach — Petra Michel — Daniela Veith — Andrea Wilberg — Susanne Wilmer — Astrid Zeitz 12 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Allgemeine Sozialberatung Die allgemeine Sozialberatung setzt sich in vielfältiger Weise für die Verbesserung der Lebenssituation unter anderem von Einzelpersonen, Familien ein: Die Allgemeine Sozialberatung nimmt sich vor allem der Menschen an, die mit bestimmten Bedarfen aus der Stadt und dem Kreis Neuwied zu uns kommen — entsprechend dem Motto des diesjährigen Jahresberichts: „Menschen mit Menschen“. Unsere Mitarbeiter bieten Beratung für Menschen mit sozialen, finanziellen, gesundheitlichen und familiären Problemen an. Wir informieren, beraten und unterstützen in folgenden Bereichen: — Unterstützung bei persönlichen und familiären Problemen — bei wirtschaftlichen Problemen — bei Problemen mit Behörden — Beratung zu Sozialhilfe und Grundsicherung — Anspruchsberechnung Antragstellung Überprüfung von Bescheiden — Vorstellung sozialrechtlicher Alternativen — finanzielle Hilfe in Notsituationen, z.B. über Stiftungen — Vermittlung weitergehender Hilfen zu anderen Einrichtungen 13 Wir suchen mit Ihnen nach Zukunftsperspektiven und unterstützen Sie beim Finden neuer Handlungs- und Lösungsmöglichkeiten. Im Jahre 2015 wurden insgesamt 478 Klient/innen (261 Frauen / 217 Männer) aus Stadt und Kreis Neuwied beraten. Unsere Beratung ist kostenfrei, anonym und vertraulich, für jede/n zugänglich, unabhängig von Religion und Staatsangehörigkeit. Unsere Vernetzung mit: — Beratungsstellen im Haus (Suchtberatung, Suchtprävention, Schuldnerberatung, Familienhilfe, Schwangerenberatung, Jugendhilfe, Mutter-Kind-Kuren etc.) — Kleiderladen und Tafel (materielle Hilfestellungen) — Selbsthilfegruppen (Nekis) — Institutionen und Behörden vor Ort — Gemeinden — Kirchengemeinden — Ehrenamtlichen hilft den zu beratenen Menschen und unterstützt sie in ihrem Lebens- und Sozialraum entsprechend dem Motto „Menschen mit Menschen“. MENSCHEN MIT MENSCHEN © astrosystem - Fotolia.com Soziale Dienste – Beratung für Schwangere – Heddesdorfer Str. 5 | 56564 Neuwied Telefon: 02631 / 98 75-0 Fax: 02631 / 98 75-75 schwangerenberatung @caritas-neuwied.de Fachteamleitung: Claudia Pauly Fachkräfte: Sonja Maibach Andrea Wilberg Astrid Zeitz 14 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Der Start ins Leben — Gedanken aus der Praxis der katholischen Schwangerenberatung Caritas heißt Nächstenliebe, das wissen bereits viele. Wenn man sich dem Motto „Menschen mit Menschen“ annähert, wenn Caritas für ein Miteinander steht, in dem sich Menschen begegnen und auch wir als Beraterinnen bereichert werden durch die Momente in der Beratung, dann hat dies auch mit der Liebe zum Leben zu tun. Und vieles hat sich in fast 100 Jahren nicht verändert (am 19.11.2019 wird unsere Geschäftsstelle Neuwied ihr 100-jähriges Jubiläum feiern). Gemäß Selbstverständnis als Schwangerenberater/innen der katholischen Kirche beraten wir zum Leben hin: Zum Leben, das die Rat suchende Frau führt, mit ihrem Partner, alleine, mit ihren Eltern und Angehörigen. Sie lebt in Hoffnung und auch in Sorge. In Erwartung des neuen Lebens in ihr. Heute ist der Start ins Leben für ein Baby entschieden besser als früher, es ist medizinisch gut mit seiner Mutter versorgt und es gibt eine Vielzahl an staatlichen und nichtstaatlichen Hilfen. Aber für viele Eltern, die zu uns in die Beratung kommen, bedeutet es auch Existenz in Abhängigkeit von sozialen Transferleistungen, das Einkommen einer Person reicht oft nicht für drei und schon gar nicht für mehr. Eine bezahlbare kindgerechte Wohnung zu finden und eine gute Kinderbetreuung 15 macht es vielen Menschen schwer, wenn sie eine Familie gründen. Auf das Soziale bezogen bestehen Wahlmöglichkeiten; das Elterngeld ist mehrfach reformiert, der Ausbau der Kinderbetreuung schreitet voran, Arbeitgeber sehen das Potential in der Teilzeitbeschäftigung. Viele positive gesellschaftliche Entwicklungen beobachten wir, die auch ein JA zu mehr Kindern in unserer sich stetig wandelnden Gesellschaft sagen. Bin ich eine gute Mutter, ein guter Vater? Diese Sorge begleitet alle, die ein Leben mit Kindern führen oder sich auf eine neue Lebensphase vorbereiten. „Ich schaffe das!“ — Ein Satz, den wir Beraterinnen im vergangenen Jahr auch oft gehört haben. Gerade von Frauen, die Mut haben zum Leben, die gegen sozialen Abstieg genauso kämpfen wie gegen Vorurteile. Mal sind sie zu jung für das Kind, mal sind sie zu alt mit über 40. Ein guter Job ist da, für den man sich nach der Elternzeit wieder engagieren möchte oder es ist noch keine Ausbildung in Sicht. Wie verhält sich der Vater des ungeborenen Kindes zu mir, wie können meine Eltern mich unterstützen? Viele Fragen sind zu klären innerhalb unserer Schwangerenberatung. Sie sind so individuell wie das Leben selbst und es gibt keine Rezepte. MENSCHEN MIT MENSCHEN Der Start ins Leben — Gedanken aus der Praxis der katholischen Schwangerenberatung Mut vermitteln, zuhören, gute Fachkenntnisse haben und Brücken bauen, dies sind die wichtigsten Zutaten in unserer Beratung. Im Jahr 2015 wurde aufgrund des hohen Flüchtlingsaufkommens in der Stadt und im Kreis Neuwied das Beratungsangebot unserer Schwangerenberatung rege von den asylsuchenden Frauen aus allen Herkunftsländern in Anspruch genommen. Schwangere Flüchtlingsfrauen kamen meistens kurz vor der Entbindung, zum Teil auch nach der Entbindung zu uns in die Beratung. Wir mussten in kurzer Zeit handeln, um diese Frauen möglichst zeitnah zu beraten und ihnen zu helfen. Die Entwicklung zeigt uns, dass wir uns auf mehr schwangere Flüchtlingsfrauen einstellen müssen. Die Muttersprachen der zu beratenen Frauen waren meist Syrisch, Kurdisch, Dari (Paschto, oder Urdu), Rumänisch oder Bulgarisch. Die Sprachbarriere erweist sich häufig als Problem. Erscheint eine Klientin ohne Dolmetscher zur Beratung, müssen wir einen Dolmetscher kontaktieren. Als Schwangerenberater/innen sehen wir auch für uns hier einen gesellschaftlichen Auftrag: daran mitzuwirken, dass die — materiellen wie auch immateriellen — Lebensbedingungen für Mütter, Väter und Kinder sich verbessern, vor allem in der Phase der Familiengründung, und dass Mut zum Leben erwächst. Dafür braucht es mehr als guter Worte. In diesem Sinne sind wir im Jahr 2015 282 Frauen und ihren Angehörigen begegnet. Die Einzelfallarbeit war durch Berentung eines Mitarbeiters und Wechsel einer Mitarbeiterin aus der Schuldnerberatung in die Schwangerenberatung sowie durch damit verbundene strukturelle Veränderungen im Fachdienst — bei gleichzeitig hoher Zahl von Anfragen Schwangerer — eine große Herausforderung, die von unserem Team erfolgreich gemeistert wurde. 126.622,00 Euro wurden aus Mitteln der Bundesstiftung „Mutter und Kind“, aus der Landesstiftung „Familie in Not“, dem Bischofsfonds und sonstigen geldlichen Mitteln 2015 bewilligt und konnten den Familien und ihren Kindern bei einem guten Start in das Leben helfen. Vierteljährlich fanden Treffen mit einer Hebamme und einer Schwangerenberaterin vor der Geburt des Kindes — sogenannte Hebammeninformationstreffen — statt, welche sich im Laufe der letzten Jahre etabliert haben. Dabei werden die angehenden Mütter über die Leistungen der Hebamme und der Schwangerenberatung informiert. Mit unserem gesetzlich wahrgenommen Auftrag, Frauen im Rahmen der vertrau- 16 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied lichen Geburt zu beraten, haben wir 2015 unsere Netzwerkarbeit und die Koordinationstreffen fortgeführt. Darüber hinaus wurden im vergangenen Jahr vier Präventionsveranstaltungen angeboten, u.a. ein Gymnasium besucht und im Rahmen des Religionsunterrichts eine Einheit zum Thema „Leben von Anfang an“ durchgeführt. Wir haben uns, wie in den Jahren zuvor, eng vernetzt mit den anderen Fachdiensten in unserem Haus sowie mit den anderen Schwangerenberatungsstellen im Umfeld. Danke sagen wir allen Menschen, die uns und unserer Arbeit vertraut haben, denn ohne Vertrauen findet keine Begegnung statt. Und diese Begegnung kann zur Kraftquelle werden, die jeder Mensch im Leben braucht — ganz nach dem Motto: "Menschen mit Menschen" © Uzi Tzur - Fotolia.com 17 MENSCHEN MIT MENSCHEN © fred goldstein - Fotolia.com Soziale Dienste – Schuldner- & Insolvenzberatung – Heddesdorfer Str. 5 | 56564 Neuwied Telefon: 02631 / 98 75-0 Fax: 02631 / 98 75-75 [email protected] Fachteamleitung: Claudia Pauly Fachkräfte: Daniela Veith Susanne Wilmer Astrid Zeitz 18 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Schuldner- und Insolvenzberatung Das Leitmotiv des diesjährigen Jahresberichts „Menschen mit Menschen“ findet sich in vielfältiger Weise innerhalb des Fachbereichs Schuldner- und Insolvenzberatung wieder: „Menschen mit Menschen“ heißt für uns, dass hinter jedem Beratungsangebot ein Mensch mit seiner eigenen Haltung und Professionalität steht, um einem anderen Menschen in einer Notlage zu helfen. Im Fachdienst Schuldner- und Insolvenzberatung haben sich die Menschen hinter dem Angebot verändert: Astrid Zeitz, seit 15 Jahren in diesem Bereich tätig, spürte nach dieser langen Zeit das Bedürfnis, den Fachbereich zu wechseln, um sich neue berufliche Horizonte zu eröffnen. Sie wechselte zum 1.8.2015 in die Schwangerenberatung. An ihrer Stelle wurde das Team durch Daniela Veith ergänzt, die ihrerseits ebenfalls nach neuen beruflichen Herausforderungen suchte. Daniela Veith : „Ich bin durch und durch Sozialarbeiterin und sehe mich mit meinem christlichen Menschenbild ganz nah am Menschen. Ich freue mich, viele Erfahrungen, die ich in meiner 21 Jahre währenden Berufserfahrung sammelte, in der Schuldnerberatung einbringen zu dürfen. Gleichzeitig bin ich aber auch noch ‚die Neue‘ in diesem speziellen Arbeitsfeld und auf anfängliche Unterstützung meiner Kolleginnen angewiesen. Auch hier erlebe ich ‚Menschen mit 19 Menschen‘, nämlich im guten Miteinander im Team, das mich unterstützt, wo ich es benötige.“ Daniela Veith wurde seitens des Caritasverbandes der Besuch eines Zertifikatkurses Schuldnerberatung ermöglicht. Ebenso wird sie kontinuierlich von ihrer Vorgängerin Astrid Zeitz und ihrer Teamkollegin Susanne Wilmer eingearbeitet. Besonderheiten und Schwerpunkte Trotz der Umstrukturierungen und der anstehenden Einarbeitung ab August hatten wir im Jahr 2015 viele Erstberatungen von Menschen, die eine schnelle und unbürokratische Hilfe benötigten. So fanden 225 Erstberatungen von Menschen statt, die sich wegen Schulden und existentiellen Nöten in Zusammenhang mit Überschuldung an uns wandten. Insgesamt hatten wir im Jahr 2015 zu 381 überschuldeten Personen Beratungskontakte. 1. Existenzberatung Unter den Erstberatungen befand sich erneut ein hohes Maß (103) an so genannten P-Konto-Bescheinigungen, die Menschen benötigen, deren Konto von einem Gläubiger gepfändet wird. Das P-Konto dient dazu, die materielle Existenz des Kontoinhabers und seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen zu sichern. Diese Bescheinigungen dürfen MENSCHEN MIT MENSCHEN Schuldner- und Insolvenzberatung nicht nur von anerkannten Schuldnerberatungsstellen ausgestellt werden. Auch Arbeitgeber, Steuerberater und Sozialleistungsträger dürfen diese Bescheinigungen ausstellen. In der Praxis geschieht dies jedoch kaum, da das Ausstellen nicht vergütet wird und eine hohe fachlich qualifizierte Personalressource vorgehalten werden muss. Gemäß unserem Leitmotiv „Menschen für Menschen“ sehen wir von der Kontopfändung Betroffene im Fokus unserer Tätigkeit: Menschen, deren Konto gepfändet wird, bleibt seit dem 1.7.2015 ein Grundfreibetrag von 1073,88 Euro auf dem Konto verfügbar. Mit diesem Betrag können aber weder innerhalb noch außerhalb eines Haushaltes Unterhaltspflichten erfüllt werden. Somit wären Familien in ihrer Existenz bedroht. Nur das Ausstellen einer P-KontoBescheinigung und das Ergänzen um die Unterhaltspflichten – nach eingehender Prüfung durch uns – ermöglicht es den Familien, über den zum Leben notwendigen und vom Gesetzgeber anerkannten Betrag auf ihrem Konto verfügen zu können. In diesem Fall bemühen wir uns sehr darum, kurzfristige Termine zu ermöglichen, damit die Existenz des Schuldners / der Schuldnerin gesichert ist. Über die Bescheinigung hinaus sehen wir es als unseren Beratungsauftrag an, den Schuldner auch dahingehend zu beraten, ob bei einmalig eingehenden Geldern (z.B. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, einmalige Beihilfen bei Schwangerschaft durch das Jobcenter) der von uns freigestellte Pfändungsschutzrahmen auf dem Konto ausreichend ist. Über die vorherige detaillierte Beratung hinaus haben wir so auch 16 Anträge an Vollstreckungsgerichte oder öffentliche Gläubiger gestellt, wo der P-Konto Schutz nicht ausreichend war. Die sog. „öffentlichen Gläubiger“ (Finanzamt, Kreis- und Stadtverwaltung, Verbandsgemeinde, Krankenkasse, Jugendamt u.a.) sind gesetzlich befugt, ebenfalls Kontopfändungen auszubringen. Im Jahr 2015 haben wir festgestellt, dass diese von diesem Recht vermehrt Gebrauch machen. Unsererseits werden etwaige rechtliche Klärungsbedarfe in persönlichen Kontakten mit den öffentlichen Gläubigern gelöst. 2. Langzeitberatung Im Rahmen der Langzeitberatung wurden insgesamt 172 Klienten beraten. Bei der Kurzberatung fallen im Regelfall 2 – 3 Kontakte an, als Langzeitberatung gilt eine Beratung ab dem 3. Kontakt. In Krisensituationen und bei Insolvenzberatungen kann sich die Beratung über den Zeitraum von fünf bis sieben Jahren erstrecken. Zu Beginn der laufenden Beratung heißt „Menschen mit Menschen“ für uns, die Schuldner nicht auf ihre oftmals angst- 20 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied auslösenden Schulden zu reduzieren, sondern mit ihm / ihr gemeinsam einen Weg aus der Angstspirale zu finden. Dies heißt, dass wir versuchen, die ratsuchenden Menschen aus ihrer depressiven Haltung, aus Unwissenheit und Ohnmachtsgefühl in Aktivität zu bringen. Dies gelingt oft durch kleine Schritte, die wir gemeinsam gehen. Eine Kiste mit ungeöffneten Rechnungen nach langer Zeit mit der Beraterin gemeinsam zu öffnen, kann ein solcher Wendepunkt sein. Vermehrt begegneten uns im Jahr 2015 ältere Menschen und Menschen aus der „Mittelschicht, bei denen sich das Zusammentreffen verschiedener Lebensereignisse — wie Krankheit, Trennung, gescheiterte Selbständigkeit, gescheiterte Hausfinanzierung — auf das Einkommen und die Verschuldung und damit auf die gesamte Lebensgrundlage auswirkten. Diese Menschen sehen oftmals in unserer Beratungsstelle den letzten Rettungsanker in ihrer verzweifelten Lebenssituation. Hier sehen wir es als unsere Aufgabe an, die Situation gemeinsam zu analysieren und das dringendste Problem zu identifizieren. Danach erarbeiten wir unter Hinzuziehung des gesamten Familiensystems die weiteren Lösungsschritte im Rahmen der allgemeinen Schuldnerberatung bis hin zu einem erforderlichen Insolvenzverfahren. 21 Die Beratung von älteren Menschen stellt nach unserer Erfahrung an die Schuldner- und Insolvenzberatung zusätzliche Herausforderung an die Gesprächsführung sowie die Haushaltsund Budgetberatung. Sie erfordert eine besondere Lebensweltorientierung. Unsere Netzwerkorientierung ermöglicht einen konstruktiven und unbürokratischen Umgang mit den Banken vor Ort. In den Institutionen, mit denen wir zusammenarbeiten, sehen wir im Sinne der Klienten immer die Personen hinter der Institution, die wir für die Nöte unserer Schuldner/innen sensibilisieren möchten. Dies dient einem Interessensausgleich aller Beteiligten, da langfristig nur so eine Schuldenregulierung realisierbar wird. Auch das heißt für uns: „Menschen mit Menschen“. STOPP Keine Gewalt ! IST - Interventionsstelle gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen Heddesdorfer Str. 5 | 56564 Neuwied Tel. 02631 / 98 75-52 [email protected] 22 © Adiano - Fotolia.com MENSCHEN MIT MENSCHEN Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Information und Beratung bei Gewalt in engen sozialen Beziehungen IST - Interventionsstelle Neuwied „Alleine hätte ich das nicht geschafft“ — dies äußern Frauen häufig, nachdem sie in ihrer von Gewalt geprägten Beziehung etwas verändern oder sich daraus befreien konnten. Die Interventionsstelle informiert und berät Frauen, die in Ihrer Beziehung psychische (93%), körperliche (88%), soziale (47%) , ökonomische (37%) oder sonstige Gewalt erfahren. Die Zahlen in Klammern geben die Prozentsätze bei den im Jahr 2015 beratenen Frauen wieder. Primäre Zielgruppe sind Frauen, die nach einem erfolgten Polizeieinsatz und der Zustimmung zur Datenweitergabe durch die Polizei an die Interventionsstelle vermittelt wurden. Eine weitere Zielgruppe sind Frauen, die durch Eigeninitiative oder durch Vermittlung anderer Stellen — wie Jugendamt, Kindergarten, Lebensberatungsstellen, Bildungsträger — die Beratung bei der Interventionsstelle in Anspruch nehmen. Im Jahr 2015 erfolgten insgesamt 123 Meldungen bei der IST, davon wurden 87 über die Polizei per Fax vermittelt, 36 meldeten sich selbst, oder wurden von anderen Institutionen vermittelt. Der Anteil der beratenen Frauen mit Migrationshintergrund lag bei 34% und ist seit Jahren stabil. Die Aufgabe der Interventionsstelle ist es, von Gewalt betroffene Frauen über 23 ihre rechtlichen und finanziellen Möglichkeiten zu informieren, sowie sie zu beraten, welche weiteren Maßnahmen sie zu ihrem Schutz treffen können und bei deren Umsetzung Unterstützung zu leisten. Ziel aller Bemühungen ist es, mit den Betroffenen Schritte in ein gewaltfreieres Leben zu erarbeiten. Dabei können viele professionelle Helfer unterstützend wirken. Daher kooperieren in einem Arbeitskreis Vertreter der Polizeiinspektionen, die Jugendämter von Stadt und Kreis Neuwied, die Lebensberatungsstellen des Bistums Trier und des Diakonischen Werkes, die Gleichstellungsbeauftragten von Stadt und Kreis, der Weiße Ring, der Kinderschutzdienst und die Interventionsstelle, um die betroffenen Frauen wirksam unterstützen zu können. Darüber hinaus organisierte der Arbeitskreis in diesem Jahr in Asbach, Linz und Neuwied Infostände, um auch die Bevölkerung auf das weit verbreitete Phänom der Gewalt in engen sozialen Beziehungen aufmerksam zu machen. Dabei kam es immer wieder zu intensiven Gesprächen, bei denen Passanten von eigener Betroffenheit oder Erfahrungen aus dem Familienoder Bekanntenkreis berichteten. MENSCHEN MIT MENSCHEN Netzwerk gegen Gewalt mit Infoständen im Landkreis präsent Auch 2015 wurden anlässlich des „Internationalen Tags zur Beseitigung jeder Form von Gewalt gegen Frauen“ wieder Infostände in Linz, Neuwied und Asbach aufgebaut, um auf das Thema Gewalt aufmerksam zu machen und die bestehenden Hilfsangebote für Opfer aufzuzeigen. Die Gewalt wirkt sich leider allzu oft auf die ganze Familie aus. „Die Meldungen der Polizei an die Interventionsstelle der Caritas zeigen, dass immer wieder minderjährige Kinder Zeugen der Gewalt sind. Solche Erfahrungen können für kein Kind schadlos sein, deshalb ist es wichtig, dass auch die Jugendämter sich an den Runden Tischen des rheinland-pfälzischen Interventionsprojektes gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen beteiligen“, begründet Achim Hallerbach, 1. Kreisbeigeordneter, das Engagement der Jugendämter. Das Netzwerk gegen Gewalt im Landkreis Neuwied engagiert sich seit 2007 in Anlehnung an den 25. November, dem „Internationalen Tag zur Beseitigung jeder Form von Gewalt gegen Frauen“, dem Gedenktag der Vereinten Nationen. Dem Netzwerk in Neuwied gehören der Caritasverband, das Diakonische Werk, die Evangelische Frauenhilfe, der Verein TROTZDEM – Lichtblick – Verein gegen sexuellen Missbrauch / Frauennotruf, die Gleichstellungsbeauftragten und Jugendämter der Stadt und des Kreises Neuwied, die Frauenbegegnungsstätte UTAMARA e.V., die Katholische Frauengemeinschaft, die Lebensberatung Neuwied, die Koordinationsstelle gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen der Polizei Neuwied, der Kinderschutzdienst, der Weiße Ring sowie die Interventionsstelle in Neuwied an. Während in Neuwied und Linz die Fußgängerzone für die Stände genutzt wurde, konnten in Asbach die Passanten im Vorteil-Center komfortabler am Quiz zum Thema Gewalt teilnehmen und die für Asbach vom Vorteil-Center gespendeten Brötchen gewinnen. Mit dem Slogan „Gewalt kommt uns nicht in die Tüte“ wurden die Brötchen überreicht, doch das wichtigste stand auf der Rückseite der Tüte: Die Telefonnummern der Beratungsstellen. „Die Kontaktdaten der Hilfeeinrichtungen müssen immer wieder veröffentlicht werden, denn die Kenntnis über mögliche Hilfeeinrichtungen ist meist nicht sehr groß“, so Doris Eyl-Müller, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Neuwied. Infos zum Netzwerk: Doris Eyl-Müller, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Neuwied, Tel. 02631 – 803 410, [email protected] 24 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Dr. Jürgen Mertens (Vorteil Center) und der 1. Kreisbeigeordnete Achim Hallerbach mit den Mitgliedern des Netzwerkes gegen Gewalt im Vorteil-Center Asbach. In den Beratungen zeigt sich immer wieder, dass von Gewalt betroffene Frauen neben der professionellen Hilfe dringend Unterstützung aus ihrem sozialen Umfeld benötigen. Hier ist jeder gefordert, der in seiner Umgebung eine Betroffene kennt, sich als Mitmensch zu zeigen und vielleicht in einem ersten Schritt ein offenes Ohr zu haben und in einem weiteren die Vermittlung an die Interventionsstelle oder eine andere Beratungsstelle zu unterstützen. — Dann sind diese Frauen nicht mehr allein und der Ausstieg aus der Gewalt kann gelingen. 25 MENSCHEN MIT MENSCHEN Elisabeth-Tag thematisiert „Stadt — Land — Zukunft“ Demografische Entwicklung und sozialer Wandel Nov. 2015 | Die demografische Entwicklung stellt eine Herausforderung dar. Sie verstärkt die Unterschiede zwischen Stadt und Land, so auch in Stadt und Kreis Neuwied. Die Bevölkerungsstruktur wird sich in den kommenden Jahren spürbar verändern. Das Durchschnittsalter steigt. Der Pflegebedarf nimmt zu. Während die Städte wachsen, dünnt der ländliche Raum aus. Die Kommunen stellt dies vor ganz unterschiedliche Herausforderungen. In naher Zukunft werden immer weniger arbeitende Menschen in unsere Sozialversicherungskassen einzahlen, diese müssen immer mehr Menschen versorgen. Sozialversicherungssystem und Gesundheitssystem geraten langfristig an ihre Grenzen. In Zukunft müssen wir damit rechnen, dass unsere Wirtschaft volatil und krisenanfällig bleibt — was in der Folge eine Polarisierung von Arm und Reich wahrscheinlich macht. Immer mehr Menschen könnten trotz hohen Ausbildungsniveaus in prekäre Lebensverhältnisse geraten. Innerhalb der vergangenen Jahre stieg weltweit sowohl die Anzahl prekärer Beschäftigungsformen als auch die Zahl der von Armut bedrohten Arbeitnehmer an. „Stadt – Land – Zukunft“, so lautete das Jahresthema 2015 des Caritasverbands und dies war zugleich das Thema des 7. Elisabeth-Tages am 23.11.2015, den der Caritasverband Neuwied gemeinsam mit dem SKFM Sozialdienst Kath. Frauen und Männer, den Maltesern und dem Kreuzbund veranstaltete. Nach musikalischer Einstimmung durch den Caritas-Chor begrüßte der Vorsitzende des Caritasverbands RheinWied-Sieg, Werner Hammes, die Gäste, darunter Vertreter aus Politik, Verwaltung, Gesellschaft und Kirche, ehrenund hauptamtliche Mitarbeiter und Vertreter der Gremien und stimmte in seiner Ansprache auf das Thema ein. Im Vortrag zeigte sich die Referentin Sabine Bätzing-Lichenthäler, Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie des Landes Rheinland-Pfalz optimistisch, dass der demografische Wandel bereits als gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrgenommen werde. „Meine Erfahrungen mit den vielen demografiepolitischen Projekten und Programmen in unserem Land, aber auch die zweite landesweite Demografiewoche zu Beginn dieses Monats zeigen, dass die Bereitschaft und Fähigkeit, den demografischen Wandel in Rheinland-Pfalz zu gestalten, enorm sind. Den Herausforderungen, die eine weniger, älter, aber auch vielfältiger werdende Gesellschaft mit sich bringt, gerade mit Blick auf regionale Unterschiede, auf den Pflegebedarf, und auch auf die Situation auf dem Arbeitsmarkt, 26 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Sabine Bätzing-Lichenthäler (stehend) zeigt sich optimistisch. | Foto: Rhein-Zeitung können wir nur gemeinsam mit allen Verantwortlichen in den Kommunen, Vereinen, der Wirtschaft und Wissenschaft, den Kirchen und Wohlfahrtsverbänden und mit innovativen Ideen begegnen.“ Es folgten kurze Statements der Fachteamleitungen: Gibt es noch Chancen für Menschen mit Handicaps, z.B. mit Suchterkrankungen?, so fragte Martina Wirges, Teamleitung Fachdienst Sucht, 27 und betonte, dass ein Beruf Stabilität bei ehemaligen Suchtkranken schaffe und die beste Präventionsmaßnahme sei. Bezüglich der Tafel verwies Elisabeth Adrian, Stabsstelle Caritas der Gemeinde, auf Handlungsbedarf bei der Versorgung von Kranken, die in Armut abgerutscht sind. Die Dienststellenleiterin und Fachteamleitung Soziale Dienste, Claudia Pauly, MENSCHEN MIT MENSCHEN Elisabeth-Tag thematisiert „Stadt — Land — Zukunft“ Demografische Entwicklung und sozialer Wandel Blick ins Publikum | Foto: Rhein-Zeitung JUNG beleuchtete das Thema unter dem Gedanken „Heute Flüchtling — morgen arbeitslos?“ und der damit verbundenen Frage der Integration. Entscheidend sei, verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit in Stadt und Kreis Neuwied anzugehen und Flüchtlinge in Arbeit zu integrieren. Schlüssel hierzu sind Sprache, Schulbildung, Ausbildung sowie die berufliche Qualifikation. Anschließend bestand die Möglichkeit, konkrete Fragen an die Ministerin zu stellen. Hiervon wurde reger Gebrauch gemacht. Die Landesregierung nehme den demografischen Wandel und seine Folgen und Handlungsnotwendigkeiten sehr ernst, so die Ministerin. Er stelle aber auch eine Chance dar, die Zukunft aktiv und kreativ mitzugestalten. 28 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Der Caritas-Chor | Foto: Sarah Lessenich Den Schlusspunkt des Elisabeth-Tages setzte Caritasdirektor Rudolf Düber mit nachdenklichen Worten: Die Planung der Zukunft hänge immer und irgendwie mit dem Gedanken zusammen, die Gegenwart zu verlängern. Von heute aus gedacht berechneten wir, was künftig sein wird. Mit vielen Unbekannten. Ob die Erkenntnisse der Demografie und die Planung aber eine tragfähige Zukunft 29 bahnen könnten — oder ob die gesellschaftlichen Realitäten der Gegenwart nicht doch viel grundlegender analysiert werden müssten — das sei die Frage. Zum Ausklang der Veranstaltung sang noch einmal der Caritas-Chor — und bei einem anschließenden kleinen Imbiss gab es vielfach Gelegenheit, die aufgeworfenen Fragen in kleinen Gesprächsrunden zu vertiefen. MENSCHEN MIT MENSCHEN „Menschen mit Menschen“ in der Migrationsberatung In der Migrationsberatung haben wir im Jahr 2015 insgesamt 344 Klienten beraten, davon 194 Männer und 150 Frauen. Im Jahr davor waren es 147 Personen, 72 Männer, 75 Frauen. Die Zahl der zu Beratenden hat sich somit mehr als verdoppelt. Der größte Teil der Menschen, die in die Migrationsberatung kamen, sind seit Mitte 2015 die Flüchtlinge oder Asylbewerber und diejenigen, die schon ein längerfristiges Aufenthaltsrecht bekommen haben. Auch die Zahl der Menschen aus den Westbalkan-Staaten war ungewöhnlich hoch. Europäische Staatsbürger erscheinen im Vergleich zu den Flüchtlingen verschwindend gering, spielen aber dennoch eine wichtige Rolle in unserer Beratung. Viele Themen wurden bearbeitet: Die größte Nachfrage galt den Sprachkursen und der Sprachförderung, gefolgt von Schule, Ausbildung und Beruf sowie der Anerkennung ausländischer Qualifikationen. Ferner gab es Anfragen zum Aufenthaltsrecht, zu den sozialen Leistungen sowie bei der Wohnungssuche. Weitere Fragen betrafen die Familienzusammenführung. Seltener wurden Themen wie Gesundheitshilfe, Schwangerschaft und Ehe, Familie und Erziehung, wirtschaftliche Fragen und Verschuldung oder Suchtprobleme angesprochen. Diskriminierung wurde ganz selten als Thema benannt. Aufgrund der großen und wachsenden Zahl der Flüchtlinge in Stadt und Landkreis Neuwied – 1.668 Personen waren es im Jahr 2015 – war und ist ein besonderes Engagement der Migrationsberaterinnen des Caritasverbands notwendig – gemeinsam mit den Netzwerkpartnern –, um sich der Zielgruppe der Flüchtlinge und dieses Themas anzunehmen und angemessene Beratung sowie finanzielle und sonstige Hilfen anzubieten. Die Flüchtlinge / Asylsuchenden wollen in Deutschland Zukunftsperspektiven entwickeln. Der erste Schritt ist der Besuch eines Sprachkurses, der den meisten zu Beginn aber noch nicht zugänglich ist. Zertifizierte Sprachkurse stehen Asylbewerbern zur Verfügung, die aus einem bestimmten Krisenland kommen oder die eine gute Bleibeperspektive haben. Es besteht aber ein Anspruch oder eine Verpflichtung, einen Integrationskurs mit einer Sprachprüfung B2 und einem Orientierungskurs zu absolvieren, sobald jemand einen dauerhaften Aufenthaltsstatus in Deutschland hat. Ein Sprachkurs und das Erlernen der deutschen Sprache ist aber nur die Basis und der Anfang einer gelingenden Integration. — Die Menschen suchen 30 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Medico-Mentor/innen Arbeit und brauchen ein ausreichendes Einkommen. Menschen aus anderen Ländern sind sehr unterschiedlich ausgebildet. Es gibt welche, die nur eine sehr kurze Schulausbildung und keine Berufsausbildung haben. Andere haben in ihrem Heimatland studiert und vielleicht schon Jahre lang gearbeitet, sind u.a. Altenpfleger, Ärzte oder Ingenieure. Sie können ihre Qualifikationen anerkennen oder auf Gleichwertigkeit mit deutschen Standards prüfen lassen. Soziale Dienste – Migrationsberatung – Heddesdorfer Str. 5 | 56564 Neuwied Telefon: 02631 / 98 75-0 Fax: 02631 / 98 75-75 [email protected] Fachteamleitung: Claudia Pauly Fachkräfte: Lilly Bittner Olga Knaus Martina von Berg 31 Die Medico-Mentor/innen waren auch 2015 wieder unterwegs, um anderen Menschen mit Migrationshintergrund zu helfen. Sie kommen in unterschiedlichen Bereichen als ehrenamtliche Übersetzer und Vermittler zum Einsatz, z.B. als Begleitung zu Ärzten oder ins Krankenhaus. Sie bieten ihre Arbeit unentgeltlich an und sind somit für die Menschen ohne ausreichende deutsche Sprachkenntnisse eine wertvolle Hilfe. Sie übersetzen von Arabisch, Farsi, Polnisch und Russisch ins Deutsche. Wollen Sie Medico-Mentor werden? Wir suchen weitere Personen, die sich als Medico-Mentoren ehrenamtlich engagieren wollen und mindestens Deutsch und eine weitere Sprache sprechen. Insbesondere suchen wir Personen mit türkischen und arabischen Sprachkenntnissen. Wer Interesse hat, kann sich gerne bei der Caritas melden. Nähere Infos und Kontakt für MedicoMentoren und Netzwerkpartner, die die Medico-Mentoren in Anspruch nehmen wollen bei Martina von Berg Tel. 02631 / 98 75-53 [email protected] MENSCHEN MIT MENSCHEN Saharauis: luz y sombra de un exilio | © david19771 - Fotolia.com 32 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied „Weil sie um ihr Leben fürchten“ Es gibt zu viele Flüchtlinge, sagen die Menschen. Es gibt zu wenig Menschen, sagen die Flüchtlinge. Ernst Ferstl Im Jahr 2015 kamen 1.668 neue Asylbewerber, die im Kreis oder der Stadt Neuwied unterkommen konnten. „Zu viele“, denken die einen. „Warum nach Deutschland?“, überlegen die anderen. Es wird zurzeit sehr viel und überall über dieses Thema gesprochen, diskutiert und gestritten: an der Kasse im Supermarkt, unter Nachbarn, in den Medien und der Politik. Doch ist uns dabei bewusst, wie glücklich wir eigentlich sind? Weil wir unsere Meinung äußern können, weil wir die Nachbarn haben, weil wir einkaufen gehen können. Weil wir einfach am leben sind. Flüchtlinge suchen bei uns den Schutz nicht, weil sie glücklich sind sondern, weil sie um ihr Leben fürchten. In unserer Gesellschaft gibt es auch viele Menschen, die sich fragen, „Wie können wir helfen?“ oder gemeinsam mit Flüchtlingen nach Problemlösungen suchen und ihnen helfen, den Alltag zu meistern, die Sprache zu erlernen. In unserer Arbeit geht es um Menschen, um Flüchtlinge, und nicht um Zahlen. Es geht um Schicksale, dramatische und erschreckende Erlebnisse, anrührende 33 Lebensgeschichten. Und hinter jedem Schicksal stehen Menschen. Menschen, die träumen und lachen konnten, die ihre Wege gingen und ihr Leben leben wollten. Bis der Krieg kam. Krieg, der wie eine gewaltige Lawine alles erbarmungslos mit sich gerissen hat und alles dabei zerstörte. Er nahm diesen Menschen ihr Zuhause, ihre Liebsten, ihre Träume, ihre Zukunft. Wir versuchen tagtäglich, die Asylsuchenden dabei zu unterstützen, sich in die deutsche Kultur zu integrieren. Selbst, wenn es vorübergehend sein sollte. Wir versuchen gemeinsam mit den Asylsuchenden, ihr Gefühl für Ruhe und Sicherheit wiederzufinden. — „Menschen mit Menschen“ — Wir hoffen, dass unser Engagement nicht nur der „Tropfen auf den heißen Stein“ ist, sondern der „Anfang eines Regens“ sein kann. „Ich träume davon, dass eines Tages die Menschen sich erheben und einsehen, dass sie geschaffen sind, um als Brüder miteinander zu leben.“ Martin Luther King MENSCHEN MIT MENSCHEN Flüchtlingshilfe 2015 Ehrenamtliche und „Willkommenspaten“ Vorbemerkungen zur aktuellen Situation im Landkreis Neuwied: Gesellschaftlicher Zusammenhalt, sozialer Ausgleich und der Umgang mit Flüchtlingen haben unsere Bürger in Stadt und Kreis Neuwied im Jahre 2015 stark bewegt. Angesichts anwachsender Flüchtlingszahlen und damit verbundener fremdenfeindlicher Strömungen und Tendenzen in unserer Gesellschaft rücken die demokratischen Grundwerte verstärkt in den Mittelpunkt: Religionsfreiheit, kulturelle Vielfalt, das Recht auf Bildung und das Recht auf Unversehrtheit. Als Christen sind wir aufgefordert, diese Werte zu wahren und uns für die Flüchtlinge einzusetzen. Das Jahr 2015, vor allem die zweite Jahreshälfte, war geprägt vom stärksten Zuwachs der Flüchtlingszahlen: 1.668 neue Asylbewerber kamen in den Landkreis Neuwied, insbesondere aus Syrien, Afghanistan, Eritrea und den Westbalkanstaaten. Menschen, die durch den Krieg, politische, ethnische und andere Konflikte ihre Heimat verließen. Die Asylsuchenden aus dem vorderen und mittleren Orient — vorwiegend Muslime, danach Yesiden und in kleinerer Zahl Christen — erhalten ein vorläufiges Aufenthaltsrecht. Die Menschen, die wegen schlechter wirtschaftlicher Verhältnisse aus den Balkanstaaten zu uns kommen, werden nach ca. 6 Monaten wieder zur Rückkehr aufgefordert. Damit die Abschiebung nicht stattfindet, gehen diese Menschen freiwillig in ihre Heimat zurück. Im Dezember ist uns ein Rückgang der Westbalkanflüchtlinge aufgefallen. Die große Zahl der der Stadt und dem Kreis Neuwied zugewiesenen Flüchtlinge stellte insbesondere die Kommunen hinsichtlich ihrer Unterbringung vor besondere Probleme. Die Stadt Neuwied mietete 70 Wohnungen in der Deichstadt an, um die Flüchtlingsfamilien dezentral unterzubringen. Hunderte von Flüchtlingen fanden ihr vorübergehendes Refugium in den Turnhallen der Deichstadt. Zum Ende des Jahres wurde das Containerdorf in Block mit 750 Plätzen für die zentrale Unterbringung der Flüchtlinge für die Stadt Neuwied errichtet. Einige Vermieter der Deichstadt zeigten eine erhebliche Bereitschaft, Flüchtlingen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Flankiert wurde diese Bereitschaft durch Unterstützung von kirchlicher Seite (evangelischen wie katholischen Kirchengemeinden), sowie auch hier durch die Unterstützung seitens der Wohlfahrtsverbände. Vielerorts haben sich auch Initiativen gebildet, die den Menschen helfen: sie helfen bei der Vermittlung der deutschen Sprache, unterstützen bei Behördengängen und JUNG DYNAMISCH 34 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied insgesamt bei der Integration: in den Verbandsgemeinden, der Stadt, dem jeweiligen Orten, wo die Flüchtlinge leben. Täglich, regelmäßig gibt es Treffen in den fünf Begegnungsstätten — Treffpunkten — Café Asyl — der Deichstadt. Gleichfalls in den Verbandsgemeinden. Seit Jahren schon ist die Caritas Neuwied in der Migrationsberatung tätig. Gesetzesänderungen begleiten uns ständig. Rechtliche Neuerungen und Sonderregelungen für Einzelfälle verkomplizieren und erschweren den Arbeitsalltag. Ohne regelmäßiges Studium der „Pflichtlektüren“, ohne neue Schulungen „läuft“ unsere Beratungsarbeit nicht. Es ist fundamental wichtig, unser Fachwissen auf dem neuesten Stand zu halten, weil es oft um existenzielle Fragen wie Bleiberechtsregelungen oder Familiennachzugsbestimmungen geht. Ab Januar 2016 sind wir explizit mit einer 0,7 Stelle in der Sozialberatung und Verfahrensberatung für Flüchtlinge tätig. Der Arbeitsdruck ist im letzten Jahr enorm gestiegen. Die Anzahl der Klienten, die wir zu betreuen haben, hat rapide zugenommen: 344 Klienten wurden im Jahr 2015 beraten und betreut. Im Jahr zuvor waren es 147. Unser Projekt „Willkommenspaten“ Willkommenskultur wird von den Ehrenamtlichen des Caritasverbands in Neuwied aktiv betrieben, sehr gut umgesetzt und unterstützt. Paten tragen gemeinsam Sorge für diejenigen, die Schutz suchen: von Anfang an bis manchmal auch zum letzten Tag für diejenigen, die nach der Dublin III – Verordnung rückgeführt werden. „Menschen mit Menschen“ wird in unserem Projekt groß geschrieben. Diverse Hilfen für die Asylsuchenden werden durch die Willkommenpaten getragen. Sie helfen den Flüchtlingen schnell und unbürokratisch und haben dies zu ihrer neuen Aufgabe gemacht. Die Paten stehen in ständigem Kontakt mit ihren Schützlingen, handeln nach den jeweiligen Bedarfen. Sie machen die Flüchtlinge mit den Strukturen und Angeboten der Stadt vertraut, damit sie sich in unserer Gesellschaft zurechtfinden und integrieren. Es geht um praktische Unterstützung im Alltag – vom Deutsch lernen bis zu Behördegängen und dem Aufbau zwischenmenschlicher Kontakte. Im Rahmen ihrer jeweiligen Möglichkeiten unterstützen die Ehrenamtlichen die Flüchtlinge niedrigschwellig und lebenspraktisch orientiert. 35 MENSCHEN MIT MENSCHEN Flüchtlingshilfe 2015 Ehrenamtliche und „Willkommenspaten“ Deutsche Sprache und Kommunikation gehören zu den Schlüsselfaktoren der Integration in unsere Gesellschaft. Darum haben sich im Laufe des Jahres 2015 Angebote der Vermittlung deutscher Sprache etabliert. Wir betrachten es als Erfolg, dass sechs ehemalige Lehrer sich ehrenamtlich im Sozialraum betätigen: sie gehen in die Familien und vermitteln den verschiedenen Generationen — „Vater, Mutter, Kind und Oma“— die deutsche Sprache. Darüber hinaus wird ein Lehrer ab Jahresanfang 2016 ehrenamtlich in den Räumen des Caritasverbandes zwei Mal wöchentlich die deutsche Sprache unterrichten. Andere Paten helfen privat beim Spracherwerb — und die Flüchtlinge sind dabei sehr glücklich Deutsch zu lernen. 53 Willkommenspaten zählten wir im vergangenen Jahr. Sie sind „bunt gemischt“: vom Lehrer über den Lebensberater bis zum Polizeibeamten. Alle bringen sich ein und helfen nach ihren besten Möglichkeiten. Hilfe zur Selbsthilfe ist eines der Hauptziele im Projekt, das sich sehr gut etabliert hat. Von den Kooperationspartnern erfahren wir hohe Anerkennung. Die Stadtverwaltung Neuwied hat unsere mehrsprachige Broschüre „Wegweiser für Flüchtlinge“ unter anderem auch in die Willkommensmappe der Stadt mit aufgenommen. Die neu überarbeitete Auflage des Wegweisers ist in vier Sprachen übersetzt. Darin sind Informationen gebündelt und der Wegweiser ermöglicht den Flüchtlingen eine erste Orientierung in Stadt und Kreis Neuwied und bei Behörden. Neben der Zusammenarbeit mit den einzelnen Paten hat sich ein regelmäßiges Gruppentreffen einmal im Monat etabliert. Aktive und neu hinzugekommene Paten tauschen sich hier in allen Fragen aus, geben Wissen und Informationen weiter, helfen bei verschiedenen Bedarfen, Problemlagen usw. Die Paten sind besonders motiviert, wenn sie Erfolge erleben bei der Integration „ihrer“ Flüchtlinge, oder bei Behördengängen, wenn sie für Flüchtlinge erfolgreich verhandeln konnten. Flüchtlinge bekommen die Möglichkeit in den Begegnungsstätten, die regelmäßig angeboten werden, sich bei Kaffee und Kuchen mit Paten auszutauschen, ihren Alltag einmal hinter sich zu lassen und sich auch mit anderen Flüchtlingen zu treffen. Verständigung ist das größte Problem der Neuankömmlinge. Ob bei Behördengängen oder beim Arzt – oftmals sind Dolmetscher gefragt. Besonders stolz sind wir auf den ersten Flüchtling, der in unserem Projekt mitarbeitet: Herrn Mohammed Sido, 36 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied der das ganze Prozedere für die neu in der Turnhalle Ankommenden im September ins Arabische übersetzt hat. Zusammenarbeit mit kommunalen und weiteren Netzwerkpartnern Wir arbeiten sehr gut mit der kommunalen Seite zusammen: sei es in den verschiedenen Gremien wie der LIGA vor Ort, in Ausschüssen der Stadt und des Kreises, im AK Asyl, in der Lokalen Agenda Integration. Darüber hinaus wurden wir neben anderen kompetenten Partnern zu Bürgerversammlungen in den Stadtteilen Neuwieds eingeladen, wie auch zu ersten runden Tischen von Stadt und Kreis zum Thema Flüchtlinge / Flüchtlingsarbeit. Des weiteren flankierten wir drei Treffen des Kreises mit Ehrenamtlichen, um diese zu informieren, offene Fragen zu beantworten und ggf. zu schulen. Auch haben wir im Herbst 2015 auf Einladung der Stadt an der ersten Ehrenamtsbörse mit anderen Netzwerkpartnern zum Thema Flüchtlinge / Flüchtlingsarbeit teilgenommen, um Interessierte über unsere Arbeit zu informieren. Zusammenarbeit mit pastoralen Netzwerkpartnern Die Zusammenarbeit der Caritas mit der pastoralen Seite ist sehr gut etabliert. Wir arbeiten mit den katholischen Pfarreien zusammen und, in Absprache mit der Diakonie, flankiert diese die evangelische Pfarreien. Wir arbeiten vorwiegend mit der Pfarreingemeinschaft St. Matthias in Neuwied, mit der Pfarrei St. Marien in Linz und mit dem Dekanatsbüro zusammen. Die Pfarreingemeinschaft St. Matthias hat in Absprache mit dem Arbeitskreis Christlicher Kirchen (ACK) zwei Begegnungsstätten — Treffpunkte — Café Asyl — an verschiedenen Orten in der Stadt Neuwied eröffnet, damit flächendeckend die große Region der Stadt Neuwied Treffpunkte für die Flüchtlinge hat. Hier flankieren wir die Treffpunkte mit unserer Beratungsarbeit. Die meisten unserer Willkommenspaten nutzen diese Treffpunkte ebenso wie die Flüchtlinge aus dem Projekt. In der katholische Pfarrei St. Clemens in Dierdorf hat uns Pfarrer Corsten im Oktober 2015 zum ersten Runden Tisch für die Flüchtlingsarbeit eingeladen. Es wurde geplant, dort das Café Asyl wieder neu zu beleben. Durch Flankierung der Arbeit in Linz, in beispielhafter Zusammenarbeit mit Diakon Roevenstrunk, der sehr großen Wert auf die Zusammenarbeit mit unserem Verband legt, hat sich hier eine sehr intensive, gute Zusammenarbeit entwickelt. Wir stehen ihm mit unserer Beratungsarbeit mit Rat und Tat zur Seite und flankieren je nach Bedarf die Treffen mit den Ehrenamtlichen dort. 2015 haben wir eine monatliche 37 MENSCHEN MIT MENSCHEN Flüchtlingshilfe 2015 Ehrenamtliche und „Willkommenspaten“ Fortbildungsreihe im großen Saal der Verbandsgemeinde Linz für Ehrenamtliche begonnen, in Zusammenarbeit mit Diakon Roevenstrunk und Verbandsbürgermeister Fischer. Diese Fortbildungsreihe wird bis Mai 2016 gehen. Begonnen haben wir mit dem Thema „Barriere deutsche Sprache“. Auch mit Pastoralreferentin Margit Ebbecke vom Dekanat Rhein-Wied und ihrem Team haben wir eine sehr gute, intensive Zusammenarbeit, mit bedingt durch die „Tandem-Arbeit“ Caritas und Pastoral auf Dekanats- und Bistumsebene. Wir treffen uns in regelmäßigen Abständen zum Austausch. Auch unsere Weihnachtsaktion 2015 war wieder ein voller Erfolg: Dekanat RheinWied und Caritasverband sammelten unter dem Motto „Flüchtlingen helfen — hier bei uns und international“ insgesamt 5.084,20 Euro. Besonders beigetragen zum Erfolg der Aktion haben zwei Benefizkonzerte in der Kirche Maria Himmelfahrt in Waldbreitbach: Das Advents-Mitmachkonzert unter der Leitung von Dekanatskantor Peter Uhl sowie das Konzert „Alpenländische Weihnacht“ der Eheleute Maria und Robert Schmidt sowie von Klemens Wirtz. Aber auch Kirchenbesucher haben wieder fleißig gespendet und viele Einzelspenden sorgten mit dafür, dass die erfreulich große Summe zusammenkam. Mit der einen Hälfte des Erlöses werden Flüchtlinge hier bei uns vor Ort unterstützt. Ein Vergabeausschuss, der mit Mitgliedern der Caritas und des Dekanates besetzt ist, entscheidet über Kriterien und konkrete Bedarfe. Zum Vergabeausschuss gehören die Beraterinnen der Migrationsberatung, eine Kollegin aus dem Fachdienst Soziale Dienste, die Pastoralreferentin des Dekanats und die Fachteamleitung der Sozialen Dienste. Es gibt unterschiedliche Bedarfe, z.B. Sprachkurse, Fahrtkosten zum Sprachkurs, Familienzusammenführung, besonderer Mehraufwand im Einzelfall. Zu der Vergabepraxis haben wir Kriterien aufgestellt, um die Geldmittel fach- und sachgerecht zu verteilen. Voraussetzung sind eine besondere Notlage und die Nachrangigkeit der Geldvergabe. Die andere Hälfte des Erlöses aus der Weihnachtsaktion geht an Projekte des Hilfswerks Caritas international, um Menschen nahe der syrischen Grenze in den kalten Wintermonaten zu helfen. „Viele Flüchtlinge leben in einfachen Zelten, ungeheizten Kellerlöchern oder offenen Rohbauten. Für die ohnehin geschwächten Menschen ist das lebensbedrohlich. Deshalb verteilen wir Winterkleidung, Schuhe und warme Decken“, erklärt Achim Reinke, Pressereferent bei Caritas international. 38 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied „Flüchtlingen helfen — hier bei uns und international“ Weihnachtsaktion erbracht 5.084,20 Euro Künstlerin Beate Heinen hatte ihr Bild „Christ, der Retter ist da“ für die Aktion zur Verfügung gestellt. Es zeigt das Jesuskind, das die zerrissene Weltkugel heilen möchte. Mit dieser Botschaft bleibt die Weihnachtshoffnung auch über die vergangenen Feiertage hinaus hochaktuell. 39 MENSCHEN MIT MENSCHEN © kubko - Fotolia.com Im Mittelpunkt der Suchtberatung und Therapie steht bei uns immer der Mensch in seiner Ganzheit und Einzigartigkeit. Aufgenommen mit Respekt, Wertschätzung und Empathie versuchen wir mit dem Ratsuchenden, die für ihn passenden und realisierbaren Lösungswege aus der Sucht zu entwickeln. Dieser Entwicklungsprozess braucht einen geschützten Raum und ausreichend Zeit, damit Menschen sich uns gegenüber öffnen und anvertrauen können. Fachdienst Sucht – Prävention und Beratung & Therapie – Heddesdorfer Str. 5 | 56564 Neuwied Telefon: 02631 / 98 75-60 Fax: 02631 / 98 75-75 [email protected] [email protected] Fachteamleitung: Martina Wirges Fachkräfte Suchtberatung & Therapie: Peter Kesselheim Jutta Gulden-Lascheck Ulrike Proft Susanne Schirmberg Gisela Schoop Fachkräfte Suchtprävention: Stephanie Fischer Martina Knapp Lisa Seibert-Atkins 40 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Fachdienst Sucht — Beratung & Therapie Im Jahr 2015 haben sich insgesamt 167 Frauen und 422 Männer an den Fachdienst Sucht – Beratung &Therapie gewandt. Weitere 40 Personen, zumeist Jugendliche und junge Erwachsene, nutzten zudem unser speziell für junge Menschen ausgerichtetes Gruppenangebot in den Abendstunden. 127 der Frauen suchten Hilfe aufgrund einer eigenen Suchtproblematik. Unverändert hoch war hier mit 43% eine Problemstellung im Zusammenhang mit Alkohol, gefolgt von 22% im Zusammenhang mit illegalen Drogen. Von den 422 Männern besuchten 386 die Beratungsstelle aufgrund einer eigenen Suchtproblematik. Wie auch in den Jahren zuvor, bezogen sich mit 46% die häufigsten Beratungsanfragen auf illegale Drogen, gefolgt von 38% in Bezug auf Alkohol. Einen nicht geringen Anteil stellt die Gruppe von 40 Frauen und 36 Männern dar, die unsere Beratung als Angehörige von Suchtkranken nutzten oder aber sich an uns wandten, um ihre Lebenssituation zu reflektieren und ggf. geeignete Hilfen mit unserer Unterstützung zu erschließen. In 2015 konnten wir unser Beratungsund Therapieangebot durch neue Gruppenangebote in den Abendstunden ausweiten. Neben der Ambulanten Reha Suchtgruppe, die bereits seit 2009 immer montags und mittwochs von 18:00 bis 20:00 Uhr stattfindet, bieten 41 wir nun seit Herbst 2015 auch opiatabhängigen Menschen die Möglichkeit einmal im Monat ein offenes Gruppenangebot in den Abendstunden wahrzunehmen. Das in 2014 neu installierte Abendangebot „Suchtinfogruppenstunde“ wurde auch in 2015 gerne in Anspruch genommen und von rund 40 Jugendlichen und jungen Erwachsenen genutzt. Uns als Suchtanlaufstelle vor Ort ist es wichtig, dass Menschen gemäß dem Thema dieses Berichtes: „Menschen mit Menschen“ einen schnellen Zugang zu unseren Unterstützungs- und Hilfsangeboten finden. Mit dem Erstkontakt möchten wir dem Ratsuchenden ein professionelles und damit auch verlässliches Beratungsangebot bieten. Das Erleben und Verhalten eines Menschen ist durch den Einfluss von Suchtmittel und süchtigen Verhaltensweisen durcheinandergebracht. Daraus entwickeln sich weitere Konflikte und fortscheitend ist die physische, psychosoziale und existentielle Lebenssituation einmal mehr, einmal weniger bedroht. Gravierender noch, wenn ein Mensch in seinem Leben nie wirklich die Chance hatte, in stabilen sozialen und existentiell sicheren Beziehungen aufzuwachsen und sich zu entwickeln. Hier kommt die Sucht als weitere Belastung hinzu und Lösungswege müssen oft auch durch vernetzende Hilfen erschlossen werden: „Menschen mit Menschen“. MENSCHEN MIT MENSCHEN Fachdienst Sucht — Prävention © Friedberg - Fotolia.com Auch im Jahr 2015 erreichten wir mit unseren vielfältigen, immer wiederkehrenden präventiven Angeboten rund 2.000 Menschen. Im Sinne der universellen Prävention geben z.B. Angebote zur Stärkung und Förderung der Gesundheit die notwendige Unterstützung, um mit Herausforderungen und Belastungen im Leben umzugehen. Die Förderung von Kompetenzen und Fähigkeiten eines jeden im Zusammenleben in einer Gemeinschaft, sei es in der Familie, unter Freunden, in der Schule, stehen immer im Mittelpunkt unserer präventiven Arbeit. Die Resilienzforschung beschreibt die Widerstandsfähigkeit der menschlichen Seele als seelischen Schutzfaktor. Dieser Schutzfaktor ist nicht angeboren, sondern erlernbar. Die Resilienz kann lebenszeitlich und unter verschiedenen Umständen variieren, deshalb ist kein Mensch immer gleich widerstandsfähig. Die Wurzeln für die Entwicklung von Resilienz liegen einerseits in der Person des Menschen, andererseits in seiner Lebensumwelt. Suchtprävention, ob universell, selektiv oder indiziert, nimmt immer den einzelnen Menschen im Zusammenleben mit seinem sozialen Umfeld in den Blick. Das bekannte Prinzip der Verhaltensund Verhältnisprävention, welches wir seit mehr als 20 Jahren in unserem Tun umsetzen, findet sich hier wieder. 42 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Hervorzuheben ist die Resilienzforschung besonders im Zusammenhang mit der Erkennung und Förderung seelischer Schutzfaktoren. So weiß man, was Kinder stark macht und wie man Kinder aus Risikofamilien unterstützen kann, um mit ihrer schwierigen Lebenssituation besser umzugehen. Das Resilienzkonzept legt dabei den Fokus auf die Bewältigung von Risikosituationen. Es fokussiert die Fähigkeiten, die Ressourcen und die Stärken jedes einzelnen Kindes bzw. jungen Menschen, ohne dabei die Probleme zu ignorieren oder zu unterschätzen. Von Interesse ist also, wie individuell mit Stress umgegangen wird und wie Bewältigungskompetenzen aufgebaut bzw. gefördert werden können. Dies war der Schwerpunkt unserer Fachtagung zum Thema „Selbstverletzendes Verhalten“ (siehe Seite 44). Auch im Jahr 2015 wurden unsere Fortbildungsangebote von Multiplikatoren rege genutzt. Im Sinne einer Verhaltensprävention zeigt der exemplarische Beitrag zum Thema Stressbewältigung (Seite 45), dass auch wir, die im Feld tätig sind, für unsere Gesundheit im Sinne der Psychohygiene Sorge tragen können und auch müssen. Sensibilisiert und gestärkt konnten die Teilnehmer/innen dieser Veranstaltung die Methoden der Stressbewältigung mit in ihr jeweiliges Handlungsfeld nehmen und ihren Zielgruppen dort anbieten. 43 Die Wichtigkeit unserer Angebote aus dem Bereich der selektiven und indizierten Prävention, z.B. die zur Frühintervention bei auffälligen Jugendlichen, ist evident. Auch in 2015 suchten uns Jugendliche gezielt auf, um ihren Umgang mit Suchtmitteln oder ihr Verhalten im Umgang mit Konsumgütern zu überprüfen und ggf. zu modifizieren. Als Fachstelle für Suchtprävention sehen wir unsere Arbeit als ständige Herausforderung mit dem Ziel, ein fachlich qualifiziertes Angebot zeitnah bereitzuhalten. Dabei steht der Mensch im Kontext der Gemeinschaft immer im Mittelpunkt unserer Unterstützung und Hilfe. MENSCHEN MIT MENSCHEN Was tun bei Jugendlichen mit Selbstverletzungen? Selbstverletzendes Verhalten – Fachtagung im „Big House“ Was sind Ursachen für das Schneiden, Verbrennen oder riskante Aktivitäten bei Kindern und Jugendlichen? Warum verletzen sie sich selbst, und wie können Pädagogen ihnen helfen, dieses zwanghafte Verhalten einzustellen? Mit diesen Fragen beschäftigten sich 34 pädagogische Mitarbeiter der Jugendund Schulsozialarbeit bei einer Fachtagung 2015 im Neuwieder Jugendtreff „Big House“. Organisiert hatten diese Fachtagung die Mitglieder des Arbeitkreises Suchtprävention gemeinsam mit der Selbsthilfegruppe Grenzgänger und Fighters. Als Referent konnte Florian Hammerle gewonnen werden. Finanziert wurde die Veranstaltung aus Teilnahmebeiträgen und Mitteln der LZG Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. Diplom-Psychologe Florian Hammerle, psychologischer Psychotherapeut und Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, erklärte den Fachkräften die psychologischen Grundlagen und Definitionen der Selbstverletzung. Anschaulich beschrieb er den „Krankheitsgewinn“ der Selbstverletzung, der bei den Betroffenen emotionale Anspannung verringere. Oft hätten sie Erfahrungen mit Gewalt und Missbrauch in ihrer Kindheit sammeln müssen. Im Anschluss an den Fachvortrag stellten sich zwei Betroffene vor. Sie leiten eine Selbsthilfegruppe für Erwachsene, die unter der Borderliner-Persönlichkeitsstörung leiden. Eine weitere Selbsthilfegruppe haben sie für Jugendliche mit psychischen Problemen gegründet. Die beiden Frauen beschrieben sehr eindrucksvoll Auszüge ihrer persönlichen Krankheitsgeschichte und stellten unter anderem so genannte „Skills“ vor. Skills sind risikofreie Hilfsmittel, die helfen können, Selbstverletzung in akuten Anspannungssituationen zu verhindern. Zu den exotischsten Ideen gehörte dabei ein Cocktail aus einer Chilischote mit Brausepulver. Aber auch Schläge gegen einen Boxsack, ein Knet- oder Wurfball oder laute Musik können Betroffenen helfen, nicht auf Selbstverletzung zurück greifen zu müssen. Diplom-Psychologe Hammerle erarbeitete mit den Fachkräften Gesprächsstrategien anhand wissenschaftlicher Grundlagen aus der DBT (DialektischBehaviorale-Therapie) in Verbindung mit praktischen Rollenspielen. So erhielten die Pädagogen einen vertieften Einblick in die Thematik aus Therapeuten- wie auch aus der Sicht Betroffener, und damit Handwerkszeug für die eigene berufliche Praxis im Umgang mit Kindern und Jugendlichen. 44 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Stressbewältigungsstrategien im Schulalltag Multiplikatorenschulung für Schulsozialarbeiter Kinder- und Jugendliche erleben in ihrem Alltag in Familie, Schule und Freizeitbereich unterschiedliche Stresssituationen. Im Kontext Schule benennen Schüler Leistungsdruck, Probleme mit Mitschülern und Lehrern als Stressfaktoren. Überwiegen die Stressoren und sind nicht genügend Ressourcen zur Bewältigung dieser Belastungen vorhanden, kann dies zu psychosozialen Problemen führen, die sich in psychosomatischen Symptomen (wie Kopfschmerzen, Konzentrationsstörrungen, Magenschmerzen) äußern können. Schulsozialarbeiter sind im Berufsalltag mit dieser Problematik konfrontiert. Um adäquat reagieren zu können benötigen sie vielfältige Methoden. In unserem Seminar wurden Elemente verschiedener Entspannungsmethoden vermittelt, die sowohl der eigenen Gesundheit dienen als auch in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen schnell und effektiv einsetzbar sind. Um die Wirkung der Entspannungsmethoden bewusst zu erleben, wurden die Teilnehmer zuvor durch Interaktionsübungen mit hohem Anforderungsprofil in Anspannungssituationen gebracht. Die Teilnehmer hatten die Aufgabe, sich in einem Stressbarometer einzutragen: — vor der Anspannungssituation — nach der Anspannungssituation — nach dem Entspannungsverfahren 45 Bei allen ließ der Stress nach der Entspannung nach, sowohl auf der emotionalen wie auf der Körperebene. Die Erfahrung war für einige ein AhaErlebnis und erhöhte die Motivation Entspannungsübungen mit Schülern umzusetzen. Methoden waren: — Impulsreferat zum Thema Stress — Interaktionsübungen — Reflexionsmethoden — Konzentrations- / Energieübungen — Yogaübungen — Progressive Muskelentspannung — Phantasiereisen Zeitumfang: 9.00 – 16.00 Uhr Referentinnen: Anja Bogdanski, Koordinationsstelle Schulsozialarbeit Stadt Neuwied Lisa Seibert-Atkins, Fachkraft für Suchtprävention, Caritasverband Neuwied © drubig-photo - Fotolia.com MENSCHEN MIT MENSCHEN Ambulante Kinder- und Jugendhilfe Heddesdorfer Str. 5 56564 Neuwied Telefon: 02631 / 98 75-0 Fax: 02631 / 98 75-75 [email protected] Fachteamleitung: Veronika Bahr Telefon: 02631 – 98 75-27 Fachkräfte: Susanne Ahrends Carina Beringer Jutta Capitain Margrit Dott Petra Düpré Freyja Esser Franziska Gras Faruk Kanoglu Kathrin Kleber Heike Körber Kerstin Moog Waltraud Pohlen Elisabeth Rieger Frank Scholl Daniel Schulte Rita Zimpfer 46 Lena Bendel Esther Bockmühl Sarah Danninger Michaela Drüppel Stefanie Ehrenstein Gabi Fröbus-Hessler Beate Hallerbach-Nilges Astrid Katzberg Olga Knaus Melanie Mähler Gertrud Nink Ulrike Proft Barbara Schäfer Savita Schreck Bianca Willscheid Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied „Menschen mit Menschen“ — Begegnungen im Fachdienst Kinder- & Jugendhilfe Auch in diesem Jahr haben wir für Sie wieder im Kalender geblättert und das Jahr 2015 Revue passieren lassen. Wir greifen einige markante Termine heraus, die punktuell die Inhalte unserer Arbeit widerspiegeln und im Gesamten ein Bild über unsere Tätigkeiten vermitteln können: 7.1.2015 | Hausbesuch bei Familie A.: Die jungen, wenig belastbaren Eltern der 3 Monate alten Felicitas brauchen regelmäßige Beratung und Unterstützung bei der Pflege und Ernährung ihres schwer behinderten Kindes. Wir sind seit nach der Geburt täglich mit 2 Kontakten in der Familie tätig, zusätzlich kommt 1 x am Tag die Hebamme, um das Baby zu wiegen. Diese Hilfe in der Familie leisten wir im Rahmen unseres Schutzkonzeptes. Es handelt sich um einen sogenannten Kontroll- und Schutzauftrag gemäß § 8a des Kinderschutzgesetzes. Wir stehen in der Verantwortung, das Wohlergehen des Babys abzuschätzen. Ob Heiligabend, Weihnachten, Sylvester oder Neujahr, wir haben die Familie täglich besucht. Zurzeit läuft alles gut. Derzeit begleiten wir 3 Familien so intensiv, das bindet viel Personal und bedeutet für die einzelnen Mitarbeiterinnen eine enorme psychische Belastung. Wir freuen uns, wenn mit unserer Unterstützung die Eigenverantwortung der Eltern wächst und sie mittelfristig ohne Hilfe ihre Familie managen können. 27.1.2015 | Heute gab es für unsere 32 ehrenamtlichen Lernpaten als „Dankeschön“ einen Neujahrsempfang im Roentgen-Museum in Neuwied. Neben dem 1. Beigeordneten der Kreisverwaltung, Achim Hallerbach, dankte auch Caritasdirektor Rudolf Düber den Lernpaten für ihr Engagement mit folgenden Worten: „Meine lieben Damen und Herren, der Journalist Heribert Prantl hat für mich – und ich denke auch für Sie – eine sehr eingängige Formel für „Elite“ parat: Zur wirklichen Elite gehören die Menschen, die sich in Wohlfahrtsverbänden, in sozialen Initiativen usw. engagieren, an der Basis der Demokratie also. Das kostbarste Kennzeichen eines Gemeinwesens, das dem Gemeinwohl verpflichtet ist und verpflichtet bleiben will, ist das Engagement seiner Bürgerinnen und Bürger: Erstens das professionelle Engagement. Zweitens das ehrenamtliche Engagement. Und drittens die gute Zusammenarbeit zwischen den Profis und den Ehrenamtlichen. Aus ein, zwei und drei ergibt sich die Zivilgesellschaft. 47 MENSCHEN MIT MENSCHEN Begegnungen im Fachdienst Kinder- & Jugendhilfe Die Zivilgesellschaft beantwortet die Frage, die in Zeiten anhaltend schlechter Nachrichten besonders beliebt ist: Wo bleibt eigentlich das Positive? Es gibt dieses Positive. Es gibt die vielen Initiativen, die dort ansetzen, wo der Staat es nicht oder nicht mehr tut: Sie kümmern sich! Die Ehrenamtlichen sind die Unbezahlbaren dieser Gesellschaft. Sie sind die Elite. Sie sorgen dafür, dass aus Demokratie nicht Dekadenz wird. Demokratie arbeitet gegen Ausgrenzung. Demokratie ist Inklusion und Integration. Mit eigenen Worten: Sie als Lernpatinnen und Lernpaten leisten ihren engagierten Beitrag für das Ganze! Indem sie solchen jungen Menschen, die es nötig haben, von ihrer Zeit geben! Indem sie sich zuwenden, ihre Erfahrungen und ihre Empathie einbringen! Dadurch bauen sie Brücken. Hierdurch erst wird Teilhabe möglich. Ihre Haltung ist das, was jungen Menschen Halt gibt! Dankeschön für diese Haltung und für die Übernahme von Verantwortung!“ Wir begleiten die Lernpaten durch persönliche und telefonische Beratungskontakte ebenso wie durch Coachingtreffen, die sowohl die Fragen einzelner Lernpaten als auch ein aktuelles Thema der Arbeit bearbeiten. Während der Elternzeit von Olga Knaus hat Elisabeth Rieger die Arbeit im Lernpatenprojekt übernommen. 16.3.2015 | Erstkontakt bei Familie B.: Der 11-jährige Paul besucht seit einem Jahr das Gymnasium. Dort hat er, wie auch schon in der Grundschule, ganz erhebliche Probleme, sich in die Klassengemeinschaft einzufügen. Untersuchungen beim Kinderpsychiater haben nun das schon vermutete Untersuchungsergebnis bestätigt, dass Paul an dem Asperger-Autismus-Syndrom leidet. Die Erkrankung führt dazu, dass viele Reaktionen und Gesten der Mitmenschen nicht eingeordnet werden können und deshalb zu vielen zwischenmenschlichen Störungen führen. Das Jugendamt hat für Paul eine sogenannte Integrationshilfe in Form von Schulbegleitung bewilligt. Der/die Integrationshelfer/in hat die Aufgabe, dem Kind die soziale Integration in den Klassenverband zu ermöglichen. Die Fachteamleiterin möchte heute die Familie und den Jungen kennenlernen und sich einen Eindruck vom Familiensystem zu verschaffen, um dann möglichst passgenau eine Integrationskraft für Paul auszusuchen. Bis Ende 2015 ist die Zahl der Integrationshilfen bei uns im Fachbereich auf 15 angewachsen. Über die intensive Begleitung konnte es gelingen, den Kindern ihr Schulsystem zu erhalten. Oft haben Grundschulkinder schon 2 oder 3 Schulwechsel hinter sich, ehe eine Diagnose erstellt und ein Hilfebedarf ermittelt worden ist. Mit jedem 48 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Scheitern an einer Schule leidet das Selbstwertgefühl der Kinder sehr. Umso wichtiger ist es dann, dass ein betroffenes Kind mit Hilfe der Integrationskraft wieder Freude am Schulbesuch erleben kann. 29.4.2015 | Heute ist ein Termin mit dem Vorstand des Karnevalsvereins Oberbieber. Die Mitglieder des Vereins möchten einen Teil aus dem Erlös ihrer Karnevalsveranstaltung spenden. Unser interner Spendentopf „Kinder in Not“ kann dringend eine Aufstockung gebrauchen. Über die 400,00 Euro, die wir heute entgegennehmen können, freuen wir uns sehr. Mit dem Geld können wir Notsituationen in Familien abmildern. Oft sind es die nicht alltäglichen Ausgaben, die in Familien zu finanziellen Engpässen führen. Das können die Hallenturnschuhe genauso sein wie ein Zuschuss zum Wandertag in der Schule oder der Kauf von Babynahrung. Wir freuen uns über die Spendenbereitschaft und geben das Geld gerne weiter. 4.5.2015 | Gesprächstermin im St. Antoniushaus in Waldbreitbach bei der dortigen Sozialarbeiterin. Sie hat diesen gemeinsamen Termin für eine Patientin vereinbart, um die Patientin über ambulante Hilfen zu informieren. Frau D. hat vier kleine Kinder zwischen 6 Monaten und 9 Jahren und leidet unter Depressionen und starken Angstzuständen. Bei ihrem Partner und Vater der Kinder bleibt sie nur noch, weil der für die Einkäufe sorgt und die Kinder in Kindergarten und Schule bringt. Sie selbst ist seit Monaten nicht vor die Tür gegangen, bis ihre Hausärztin sie in die Klinik eingewiesen hat. Dort hat sie sich so stabilisiert, dass sie nun bereit ist, ambulante Hilfen anzunehmen. Wir besprechen, dass die Hilfegewährung durch das Jugendamt erfolgt und vereinbaren, dass ich mit dem Jugendamt einen Termin vereinbare und mit der Kollegin des Jugendamtes zu ihr komme, damit sie, wenn sie entlassen wird, ihre gute persönliche Entwicklung fortsetzen kann. Zwischenzeitlich ist die Hilfe eingerichtet und Frau D. nutzt die Hilfe in Form von sozialpädagogischer Familienhilfe gerne. — Regelmäßig nahmen im Jahr 2015 ca. 60 Familien dieses Leistungsangebot wahr. 5.5.2015 | Eine Kollegin von der Schwangerenberatung hat uns darauf aufmerksam gemacht, dass die körperbehinderte werdende Mutter, Frau M., im Juni ein Baby erwartet und vermutlich Familienpflege zur Versorgung des Babys als Unterstützung benötigt. Wir überlegen in der Wohnung der werdenden Mutter gemeinsam, welche Hilfen sie in Anspruch nehmen kann und wobei wir sie im Rahmen der Jugendhilfe im Ernstfall unterstützen können. 49 MENSCHEN MIT MENSCHEN Begegnungen im Fachdienst Kinder- & Jugendhilfe Familienpflege wird im Rahmen der Jugendhilfe dann eingesetzt, wenn praktische Hilfe bei der Organisation des Haushaltes sinnvoll ist. Unsere Familienpflegerinnen sind hierfür speziell ausgebildet. Neben dem Einsatz bei Schutzaufträgen durch das Jugendamt unterstützen sie durch das Haushaltsorganisations-Training ebenso und entlasten in Krisensituationen. Im Rahmen der Familienpflege leistet der Caritasverband durchschnittlich 3.000 Einsatzstunden pro Jahr. 30.6.2015 — Überregionaler Lernpatentag am in Koblenz | Bereits zum 3. Mal wurde gemeinsam mit der Bürgerstiftung Koblenz ein überregionaler Lernpatentag thematisch vorbereitet und durchgeführt. So wurden Anfang des Jahres inhaltliche Schwerpunkte festgelegt und entsprechende Referenten gesucht. Die beiden Referenten Karin Kuhnen und Rolf Polcher hielten einen Vortrag zum Thema „Willkommenskultur für Kinder nicht-deutscher Muttersprache“. Die Begeisterung, mit der Frau Kuhnen, eine pensionierte Lehrerin, die jetzt ehrenamtlich an der Medardus-Grundschule Bendorf tätig ist, und der Schulleiter, Herr Polcher ihre „Willkommenskultur“ vortrugen, war regelrecht ansteckend und motivierend, sich dem Thema mit eigenem Engagement zu stellen. 16.7.2015 — Fachbereichsteam | In jedem Fachbereichsteam werden neben aktuellen organisatorischen Fragen immer Schwerpunktthemen behandelt. Heute geht es um das Projekt „Leseabenteuer – mit Spiel und Spaß“. Unsere Projektstudentin im Fachbereich möchte mit Grundschulkindern aus „unseren Familien“ ein Leseprojekt durchführen. Sie hat den gesamten Ablauf des Projektes erarbeitet, die Einheiten geplant und inhaltlich aufbereitet. Viele bildungsbenachteiligte Kinder haben es in der Schule schwerer, wenn sie nicht flüssig lesen und den Sinn des Gelesenen nicht erfassen können. Mit Spiel und Spaß sollen sie an das Lesen herangeführt werden und dabei noch ihre Sozialkompetenzen in der Gruppe verbessern lernen. Nach der Präsentation des Projektes von Steffi Ehrenstein sind wir überzeugt: „Das wird gelingen!“ Nach und nach wird sie die Familien, deren Kinder vom Alter her für das Projekt geeignet sind, zu Hause besuchen. Starten wird das Projekt mit einem ganztägigen Kennenlern-Tag. Danach werden sich die Kinder mit ihr 14-tägig im Caritasverband 50 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Leseabenteuer und Spaß mit der Kinder- & Jugendhilfe 24.11.2015 | Im September startete das Projekt „Leseabenteuer – mit Spiel und Spaß“. Lustige Lesespiele wurden gespielt, eigene Lesezeichen und Bücher gebastelt. Ganz beliebt bei jedem Treffen: das Bauen der Lese- und Piratenhöhle, in welcher dann gemeinsam „Das magische Baumhaus – Der Schatz der Piraten“ von Mary Pope Osborne, gelesen wurde. Die Thalia Buchhandlung hatte das Buch für jedes der Kinder kostenlos zur Verfügung gestellt. Das Projekt endete am 18. Dezember mit einem Abschlusstreffen, gemeinsam mit den Eltern. Bei weihnachtlichem Gebäck und heißem Punsch wurden Erfahrungen ausgetauscht, Buchempfehlungen für die Kinder weitergegeben und geplant, wie den Kindern weiterhin Freude am Lesen vermittelt werden kann. 51 MENSCHEN MIT MENSCHEN Begegnungen im Fachdienst Kinder- & Jugendhilfe treffen, gemeinsam Abschnitt für Abschnitt aus einem Buch in der Lesehöhle lesen, Lesezeichen basteln und selbst ein kleines Buch herstellen. Kurz vor Weihnachten schloss das Projekt mit einem Elternabend für die Eltern und die Kinder ab. Als Überraschung gab es für jedes Kind ein Buchgeschenk, individuell abgestimmt auf die jeweiligen Interessen des Kindes. „Eine runde Sache“, das war die einhellige Meinung der Kinder, der Eltern und unseres Teams. 17.7.2015 — Hilfeplangespräch bei Familie Z. | Seit 1 Jahr arbeiten wir in der Familie im Rahmen der sozialpädagogischen Schulaufgabenhilfe. Die drei schulpflichtigen Kinder der Familie erhalten diese Hilfe 2 bis 3 Mal die Woche, weil die Eltern sie nicht unterstützen können. Es handelt sich nicht um eine Nachhilfetätigkeit, die ist im Kinder- und Jugendhilfegesetz nicht vorgesehen, sondern um eine parallele erzieherische Unterstützung. Ursachen dafür kann z. B. die Erkrankung eines Elternteils, eine Krisensituation in der Familie oder eine Entlastungsnotwendigkeit sein. Neben der Bewältigung der Hausaufgaben wird auch an der Konzentrationsfähigkeit des Kindes gearbeitet oder ein Ordnungssystem für den Schulranzen erlernt. Wichtig ist es, das Kind zu unterstützen, seine Dinge eigenständig zu regeln und die Eltern anzuleiten, wie sie mit ihrem Kind auf diese Ziele hinarbeiten können. 10 Kinder wurden in 2015 in dieser Form begleitet. 21.8.2015 | Ferien und Urlaubszeit. Wir arbeiten schon auf das nächste Schuljahr hin, denn es stehen 5 Anfragen für Integrationshilfe an. Wir haben zwecks Personalsuche ein Inserat aufgegeben. Heute und in den nächsten Tagen finden Vorstellungsgespräche statt. Kurz nach Beginn des neuen Schuljahres nehmen 5 Integrationshelfer ihre Tätigkeit beim Caritasverband auf. 5.9.2015 | Frau Pohlen hat heute einen Begleiteten Umgang. Eine Mutter reist aus Süddeutschland an, um ihre 3-jährige Tochter, die hier in einer Pflegefamilie lebt, zu sehen. Zu den Vorbereitungen für diesen begleiteten Umgang gehörten ein Gespräch mit den Pflegeeltern, ein Gespräch mit der Mutter vor dem Kontakt und die Vorbereitung des Raumes mit altersgerechten Spielsachen, damit der Kontakt zwischen Mutter und Tochter entspannt verlaufen kann. Begleitete Umgänge variieren zwischen wöchentlich und dreimonatig, je nach Situation. 2015 wurden 5 Kinder bei ihrem Kontakt zu den leiblichen Eltern begleitet. 52 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied 2.10.2015 | Das Team der ambulanten Kinder- und Jugendhilfe hat ein gemeinsames Treffen mit dem Team des Allgemeinen Sozialen Dienstes des Kreisjugendamtes. Wir stellen den neuen Kolleginnen und Kollegen des Jugendamtes unser ambulantes Hilfeangebot vor. Es wird deutlich, dass wir ein vielfältiges und differenziertes Angebot vorhalten, davon einige Leistungsmodule, die speziell der Caritasverband anbietet, wie beispielsweise: Familienpflege — Sozialpädagogische Schulaufgabenhilfe — Elterncoaching — Integrationshilfen Das gegenseitige persönliche Kennenlernen und die Vorstellung unserer Hilfen dienen der guten Zusammenarbeit im Alltag. 29.10.2015 | Frau Herzog, unsere Kollegin von der Kurvermittlung, kommt zum Gespräch. Sie hat eine alleinerziehende Mutter von 2 Jungen kennengelernt, die einen Kurantrag gestellt hat. Während des Vermittlungsgespräches wird deutlich, dass die berufstätige Mutter mit ihrer Situation überfordert ist und eine Kur alleine keine grundlegende Verbesserung ihres familiären Erziehungsalltags bringen kann. Erziehungsprobleme, die finanziell angespannte Situation, die Doppelbelastung und der Stress mit dem Kindesvater haben die Mutter an den Rand ihrer Belastbarkeit gebracht. Die Mutter wünscht sich weitere Hilfen und so nehmen wir Kontakt mit ihr auf, besuchen sie in ihrer häuslichen Umgebung und besprechen mit ihr die aktuellen Schwierigkeiten. Dabei wird deutlich, dass die Kur ein Puzzleteil der notwendigen Unterstützung darstellt, aber darüber hinaus eine ambulante Hilfe erforderlich sein wird, damit sie sich stabilisieren kann. Mit ihrem Einvernehmen wird ein Erstkontakt mit dem Jugendamt hergestellt. 10.11.2015 | Im heutigen Fachbereichsteam besprechen wir neben vielen anderen Punkten auch unsere „Schuhaktion“. Wie schon seit einigen Jahren können wir aus Spendenmitteln (der größte Teil kommt von der Josef-Ecker-Stiftung und den Messdienern der Pfarrei St. Clemens Dierdorf), wieder für 60 Kinder Winterschuhe kaufen. Die Aktion „Warm durch den Winter“ ist ein wahrer Segen. Denn warme, passende Winterschuhe sind für viele Kinder keine Selbstverständlichkeit. 23.11.2015 | Heute ist unser diesjähriger Elisabeth-Tag. Die rheinland-pfälzische Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler ist zu Gast. Die aktuelle sozialpolitische Situation im Land, aber auch in unserer Region sind Themen, über die diskutiert wird. Frau Bätzing-Lichtenthäler kann einige Anregungen aus unseren Reihen mitnehmen und hoffentlich fruchtbar in ihrer politischen Arbeit umsetzen. 53 MENSCHEN MIT MENSCHEN 16.12.2015 | Weihnachten steht vor der Tür. Bereits zum 6. Mal haben die Mitarbeiter der Firma TRW für 90 Kinder unseres Fachbereiches liebevoll Päckchen gepackt. Diese Aktion von Herz zu Herz rührt uns jedes Jahr sehr an. 54 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Begegnungen im Fachdienst Kinder- & Jugendhilfe 30.11.2015 | Gespräch mit Frau T. Sie möchte ab dem 1.3.2016 ein 20-wöchtiges Praktikum beim Caritasverband absolvieren. Sie studiert an der Fachhochschule Koblenz Soziale Arbeit und das Praxis-Semester dient dazu, das bisher erworbene Fachwissen mit dem Arbeitsalltag in der Sozialen Arbeit in Verbindung zu bringen. Wir stellen uns immer wieder der Aufgabe, jungen Leuten das Feld Soziale Arbeit transparent zu machen. Dabei erhalten wir vielfältige Anregungen der Studierenden und die Studierenden vielfältige Praxiskenntnisse. Für die Weiterentwicklung der Sozialen Arbeit äußerst fruchtbar! Dem stellen wir uns gerne immer wieder neu. 9.12.2015 | Besuch im Kindergarten Leutesdorf. Die Erzieherinnen und die Eltern haben mit den Kindern gemeinsam das Fest des Hl. Martin erarbeitet und gemäß dem Handeln des Heiligen auch geteilt: Wir dürfen eine Spende von 150,00 Euro entgegennehmen und unseren Topf „Warm durch den Winter“ damit auffüllen. 16.12.2015 | Weihnachten steht kurz vor der Tür. Bereits zum 6. Mal haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma TRW für 90 Kinder unseres Fachbereiches liebevoll Päckchen gepackt, die heute angeliefert werden. Zum 1. Advent durften die Kinder einen Wunschzettel schreiben. Alle 90 Päckchen werden in den nächsten Tagen von unserem Team in die Familien gebracht und den Eltern überreicht, die sie dann am Hl. Abend unter den Baum legen. Diese Aktion von Herz zu Herz rührt uns als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jedes Jahr sehr an. Das Jahr neigt sich dem Ende zu und wie viele Menschen, so ziehen auch wir ein Stück Bilanz: Wir Hauptamtlichen im Fachbereich der „Ambulanten Kinder- und Jugendhilfe“ haben nach besten Kräften versucht, den Familien, denen wir beruflich begegnet sind, in ihren Nöten und Sorgen zu begegnen und sie prozesshaft bei Veränderungen professionell zu begleiten. Der unmittelbare Kontakt im häuslichen Umfeld ist sozusagen „hautnah“ und die professionelle Hilfe gelingt dann, wenn es uns gelingt, von Mensch zu Mensch unserem Nächsten zu begegnen. „Menschen mit Menschen“ hat viele Gesichter, die wir auch in diesem Jahr wieder kennenlernen durften: der Teamgeist im Fachbereich — die einzelnen Fachbereiche in unserem Haus miteinander — die professionelle Zusammenarbeit der Helfer untereinander — die ehrenamtlichen Lernpaten mit ihren Patenkindern — die Menschen, die unsere Arbeit finanziell oder ideell unterstützen. Die Aufzählung hat keinen Anspruch der Vollständigkeit, sondern drückt beispielhaft aus: viele kleine Schritte (und gute Begegnungen) an vielen Orten führen zu einem guten Miteinander, zu „Menschen mit Menschen“. 55 MENSCHEN MIT MENSCHEN Stärkung des Wunsch- und Wahlrechts bei Kuren Krankenkassen sind seit Juli 2015 ausdrücklich verpflichtet das Wunsch- und Wahlrecht bei Mütter- / Mutter-Kind- und Vater-Kind-Kuren zu beachten. Zwar haben die Krankenkassen immer noch das Recht, die Klinik vorzuschlagen, aber auch die Pflicht das Wunschund Wahlrecht zu beachten. Dies bedeutet, Versicherte müssen der ausgewählten Klinik durch die Krankenkasse nicht zustimmen. So sind z.B. berechtigte Wünsche der Mütter und Väter zur Auswahl einer Klinik: Schwerpunktmaßnahmen, der Wunsch nach einer konfessionellen Klinik, besondere Angebote bei der Kinderbetreuung. Das Müttergenesungswerk hat sich nachdrücklich dafür eingesetzt das Wunsch- und Wahlrecht bei der Auswahl einer Klinik zu stärken. Unserer Beratungsstelle ist es besonders wichtig, die Position der Mütter und Väter zu stärken. Entsprechend unserem Jahresthema „Menschen mit Menschen“ wollen wir Brücken bauen, um unsere Mitmenschen zu verstehen und deren Sorgen zu teilen. Im Jahr 2015 suchten 149 Frauen den Caritasverband in Neuwied zu einer Kurberatung auf. 59 Kuranträge für Frauen wurden an die Krankenkassen gestellt; 56 davon wurden bewilligt. Durch die Muttertagssammlung 2015 konnten 2.984,70 Euro gesammelt werden. Ohne den ehrenamtlichen Einsatz © drubig-photo - Fotolia.com 56 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied der Frauen aus den Pfarrgemeinden und KFD-Verbänden wäre das nicht möglich gewesen. Wir danken den Sammlerinnen von ganzem Herzen. Mit den Geldern konnten wir Frauen und Kinder vor Ort unterstützen. Kurnachsorge Eine Kur unterbricht den Alltag und die gewohnte Routine. Sie bietet somit die Chance, neue Verhaltensmuster kennen zu lernen und später in den Alltag zu integrieren. Damit die neu gewonnen Erkenntnisse und guten Vorsätze auch im Alltag aktiviert werden, erhält jede Frau einige Wochen nach der Kur eine Einladung zum Gespräch. Neben einer Reflektion der Maßnahmen in der Kur werden dabei alltagstaugliche Handlungsansätze erarbeitet. Bei Bedarf können weitergehende Hilfen vermittelt werden, z.B. Erziehungs- oder Lebensberatung. Von allen angeschriebenen Frauen nahmen 26 dieses Beratungsangebot an. © drubig-photo - Fotolia.com Soziale Dienste – Kuren & Erholung – Heddesdorfer Str. 5 | 56564 Neuwied Telefon: 02631 / 98 75-16 Fax: 02631 / 98 75-75 [email protected] Ansprechpartnerin Kuren & Erholung: Birgitt Herzog Ansprechpartnerin Kurnachsorge: Petra Michel 57 © Yuri Arcurs - Fotolia.com MENSCHEN MIT MENSCHEN Caritas Sozialstation an Rhein und Wied GmbH Am Schwimmbad 4 53545 Linz / Rhein Telefon: 02644 / 95 55-0 Fax: 02644 / 95 55-75 www.caritas-sozialstation-rhein-wied.de Kirchliche Sozialstation Neuwied Langendorfer Str. 172 56564 Neuwied Telefon: 02631 / 222 93 Fax: 02631 / 222 97 www.kiso-neuwied.de Pflegedienstleiterin: Kerstin Rauhaus Pflegedienstleiterin: Heide Horsch Stellv. Pflegedienstleiterin: Ina Kurz Stellv. Pflegedienstleiter: Volker Renz 58 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Die Sozialstationen — Pflege gemäß Leitlinie „Menschen mit Menschen“ „Menschen mit Menschen“ — Arbeiten die Sozialstationen der Caritas unter diesem Motto oder sind die ambulanten Dienste nur noch reine Wirtschaftsbetriebe? Diese Frage ist ganz klar zu verneinen: Tagtäglich erlebe ich als Pflegedienstleitung der Kirchlichen Sozialstation in Neuwied, inwieweit das Engagement der Mitarbeiter über den regulären Dienst hinausgeht. Es sind viele Patienten, die alleine leben, wenig oder fast keine Ansprache haben und sich in vielen Angelegenheiten, besonders bei Behörden, hilflos und alleine fühlen. Für die Mitarbeiter ist es hier selbstverständlich, sich die Sorgen und Nöte anzuhören, diese an die Leitung weiterzugeben, und es wird daraufhin zusammen nach Lösungen und Hilfeansätzen gesucht. Wie kann der Mensch auch weiterhin in seinem gewohnten Umfeld bleiben? Ist dies machbar? Welche zusätzlichen Dienste können ihm, auch in Verbindung mit anderen Institutionen angeboten werden? Dieses mit dem Klienten zusammen zu erörtern, das heißt für uns: Dienst von Mensch zu Mensch. Besonders wird diese persönliche Zuwendung, die nicht in Zahlen und Geld berechnet oder bewertet werden kann, in der Palliativversorgung ersichtlich. 59 Wie sollen wir als Pflegekräfte den Menschen zur Seite stehen, wenn die Versorgung in Minuten berechnet wird? Wie sollen wir die Gespräche mit den Betroffenen und Familienmitgliedern minutiös abrechnen? Dies ist nicht durchführbar und auch nicht mit unserem Verständnis für eine ganzheitliche Versorgung / Betreuung zu vereinbaren. Hier wird menschliche Zuwendung zusammen mit Fachkenntnis benötigt und die Pflege kann und wird auch nicht im Minutentakt durchgeführt. Vor die Bewältigung solcher Situationen werden die Mitarbeiter täglich gestellt. Es ist sehr viel Verständnis für das Leid der Betroffenen vorhanden, und ebenso eine ganzheitliche Betrachtungsweise der Patienten in ihrem Umfeld. Ja, der Dienst der Mitarbeiter der Kirchlichen Sozialstation Neuwied wird tagtäglich geleistet unter der Leitlinie „MENSCHEN MIT MENSCHEN“ Und wir hoffen, dass dieses Verständnis und das Versorgen von Hilfebedürftigen noch lange unter diesem Motto durchgeführt werden kann. Heide Horsch Pflegedienstleitung Kirchliche Sozialstation Neuwied MENSCHEN MIT MENSCHEN „CarLa“ — 30 Jahre Kleiderladen der Caritas in Neuwied Im Mai 2015 feierte der Caritasverband Neuwied das 30-jährige Bestehen seines Kleiderladens. Im Mai 1985 war das Projekt bei der Caritas in Neuwied aus der Taufe gehoben worden. Caritasdirektor Rudolf Düber berichtet dazu: „Die damals zuständigen Mitarbeiter Margret Günster und Karl-Josef Heinrichs hatten sich zusammen mit engagierten Ehrenamtlichen aus den Katholischen Pfarrgemeinden der Stadt Neuwied und ihrer Stadtteile auf den Weg gemacht, ein Angebot für bedürftige Menschen zu schaffen, in dem sie sich mit preiswerter Kleidung versorgen konnten. Dies war die Geburtsstunde des damals ‚Kleiderbörse‘ genannten Secondhand-Projektes.“ „Im Hinterhof des damaligen Kinderheimes in der Marktstraße, das sich in Trägerschaft der Franziskanerinnen von Waldbreitbach befand, fand die Kleiderbörse eine erste Anlaufstelle,“ ergänzt Claudia Pauly, Dienststellenleiterin in Neuwied. „Mithilfe von rund 30 ehrenamtlichen Helferinnen starteten wir, die ersten Kleiderspenden zu aquirieren, zu sortieren und bedürftigen Menschen anzubieten. Die Kleiderbörse kam gut an! Spender wie auch Empfänger der Kleidung waren schnell gefunden und sehr zufrieden mit dem Angebot.“ Die heute verantwortliche Mitarbeiterin im Caritasverband, Elisabeth Adrian, erinnert sich: „Als das Kinderheim schloss, zogen wir mit der Ausgabe der Kleidung in die ehemalige Turnhalle um. Später wurden Räume im Souterrain der Commerzbank angemietet. Die Turnhalle blieb jedoch noch lange als Lager erhalten.“ 2008 kam die Wende! Elisabeth Adrian berichtet weiter: „In der Marktstraße 91 wurde ein Ladenlokal frei und uns war schnell klar, dass dies ein neuer Standort für die „Kleiderbörse“ werden könnte. Das Gebäude des ehemaligen Kinderheimes sollte nämlich abgerissen werden. Ein Wechsel war nicht zu vermeiden. Lager und Ausgabestelle sollten zusammengeführt werden. Hierfür bot der neue Laden ausreichend Platz.“ Heute hat die ehemalige „Kleiderbörse“ nicht nur einen neuen Namen — seit 2008 heißt sie „CarLa“ — Kurzform für „Caritas-Laden“ —, sondern sie ist auch montags bis freitags 9.00 — 17.00 Uhr durchgehend geöffnet und zusätzlich samstags von 10.00 — 14.00 Uhr. Dies gewährleisten die 23 ehrenamtlich engagierten Frauen zusammen mit zwei Kräften in Beschäftigungsmaßnahmen. „CarLa macht Kunden und Mitarbeitern viel Freude!“, sagt Elisabeth Adrian. „Unser Dank gilt allen ehemaligen und heutigen Mitarbeitern und natürlich den vielen Spendern!“ 60 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Kleiderladen „CarLa“ Marktstr. 91 56564 Neuwied Telefon: 02631 / 34 73 43 Ansprechpartnerin im Caritasverband: Elisabeth Adrian Telefon: 02631 / 98 75-29 [email protected] Öffnungszeiten: Mo - Fr 09.00 — 17.00 Uhr Sa 10.00 — 14.00 Uhr 61 MENSCHEN MIT MENSCHEN NEUWIEDER TAFEL AUSGABESTELLE Reckstr. 43 | 56564 Neuwied im früheren Pfarrhaus neben der Kirche Hl. Kreuz Ausgabezeiten: Mo, Di, Do, Fr jeweils 11.00 — 12.00 Uhr Antragstellung Kundenkarte: Mo + Do jeweils 10.00 — 13.00 Uhr Kooperationsgemeinschaft: AWO-Kreisverband Neuwied e.V. Caritasverband Rhein-Wied-Sieg e.V. Diakonisches Werk Neuwied DRK-Kreisverband Neuwied e.V. Parität. Wohlfahrtsverband Neuwied Landkreis Neuwied Stadt Neuwied Kath. Pfarrei St. Matthias Neuwied Ev. Kirchengemeinden Neuwied Träger: Caritasverband Rhein-Wied-Sieg e.V. Heddesdorfer Str. 5 56564 Neuwied Telefon: 02631 / 98 75-0 Fax: 02631 / 98 75-75 [email protected] Ansprechpartnerin: Elisabeth Adrian Im Nov. 2015 feierte die Neuwieder Tafel ihr 10-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass hatte sie an einem Stand in der Fußgängerzone zu Suppe, Kaffee und Kuchen eingeladen. Etliche Passanten, ehemalige Helfer und Förderer nahmen diese freundliche Einladung gerne an und ließen es sich munden. Eine Gruppe syrischer, junger Flüchtlinge aus der Raiffeisenturnhalle folgte ebenfalls der Einladung — nachdem sie der Opfer der Terroranschläge von Paris gedacht hatten. „Wer hätte das bei unserer Gründung im Jahr 2005 gedacht, dass wir so lange gebraucht werden!?“ betonte die verantwortliche Mitarbeiterin im Caritasverband Neuwied, Elisabeth Adrian. „Zeitweise hatten wir weit über 1.000 Haushalte erfasst. Regelmäßig kommen auch heute im 3 Wochen-Rhythmus 800 Haushalte.“ „Seit wir im vergangenen Jahr in das Pfarrhaus von Hl. Kreuz umgezogen sind, hatten wir kurzzeitig auch mal etwas weniger Nutzer, weil so manchem der Weg zu weit oder zu umständlich war. Aber dies hat sich im Laufe der Zeit wieder gegeben, so dass wir jetzt wieder in einem 3 Wochen-Rhythmus die Ausgabe machen. Und statt 2 Ausgabetage haben wir nun 4 — Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag —, an denen wir jeweils 50 bis 60 Haushalte versorgen. 62 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Fotos: Elisabeth Adrian Suppe zum Jubiläum — 10 Jahre Neuwieder Tafel Dank der vielen Spender und Märkte, die wir haben und die uns über die Jahre die Treue hielten, haben wir nach wie vor ein gutes Angebot für die Nutzer der Tafel“, berichtet Elisabeth Adrian weiter. 63 Dies freut neben den vielen Nutzern auch das Team der 25 Ehrenamtlichen, 5 Bundesfreiwilligen, 5 Ein-Euro-Jobber — und die Mitglieder der Kooperationsgemeinschaft Neuwieder Tafel. MENSCHEN MIT MENSCHEN Nekis Neuwieder Kontakt- & Informationsstelle für Selbsthilfe Die Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe ist Ansprechpartner und Unterstützer für ca. 100 Gruppen in Stadt und Landkreis Neuwied. Wir sind behilflich bei der Gründung von neuen Gruppen, stehen beratend in Sachen Öffentlichkeitsarbeit zur Seite und helfen bei der Beantragung von Fördermitteln. Ziel bei Selbsthilfetagen und Gesamttreffen ist, die Präsenz der Gruppen in der Öffentlichkeit zu stärken und den Austausch untereinander zu gewährleisten. Das diesjährige Motto des Jahresberichtes „Menschen mit Menschen“ ist gerade im Bereich der Selbsthilfe mehr als treffend. Eine Selbsthilfegruppe hebt die Isolation der einzelnen auf und stärkt dadurch das Selbstvertrauen und die Solidarität. Durch die regelmäßigen Treffen entsteht ein stützender Zusammenhalt, der Verständnis und Trost gibt und Mut macht zu neuer Aktivität und verändertem Verhalten. Im Gespräch erfährt jede/r nicht nur seine eigene Situation neu, sondern auch die der anderen Teilnehmer/innen. Jede/r kann vertrauensvoll am Leid und an den Sorgen anderer Anteil nehmen, weil man sich selbst gut kennt. Jede/r ist auch Vorbild für Problembewältigung. Eine Selbsthilfegruppe macht solche konstruktiven Fähigkeiten bewusst und fördert ihre Entfaltung. Das Geschehen in einer Selbsthilfegruppe ist ein Prozess zunehmender Selbstentwicklung von Mensch zu Mensch und Hilfe zur Selbsthilfe. Im Jahr 2015 wandten sich 168 Hilfesuchende an die Nekis mit Fragen zur Selbsthilfe als auch zu Hilfen in anderen besonderen Nöten. In den Telefonaten wurde oft deutlich, dass die Nekis für viele eine erste Anlaufstelle zur Hilfesuche ist. In diesen Gesprächen ist es unser Bestreben, nicht nur Wege in die Selbsthilfe zu weisen, sondern auch zu allen anderen Hilfebereichen, die damit einhergehen bzw. vorrangig sind. Da es in den an uns herangetragenen Fragen vielfach nicht nur ein Problem gibt, sondern eine Vielzahl von Komponenten zusammen kommen, ist es wichtig, den Weg zu einer ganzheitlichen Lösung aufzuzeigen. In sowohl telefonischen als auch persönlichen Gesprächen konnte geklärt werden, welche Hilfen notwendig waren und an die entsprechenden Stellen in Stadt und Kreis Neuwied und in die Selbsthilfegruppen verwiesen werden. Hierbei war unsere Vernetzung mit den diversen sozialen Einrichtungen in Stadt und Kreis Neuwied sehr hilfreich. 64 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Darüber hinaus ist die Nekis in Stadt und Kreis Neuwied in allen die Selbsthilfe tangierenden Arbeitskreisen und den Seniorenbeiräten der Stadt Neuwied und der Verbandsgemeinde Linz beratend tätig. In Kooperation mit der Psychiatriekoordination des Kreises und der VHS Neuwied bieten wir zweimal im Jahr in der Veranstaltungsreihe „Irrwege verstehen“ einen Austausch zu brisanten Themen in der Gesundheitsfürsorge an, der in der Bevölkerung immer auf großes Interesse stößt. Die Aufgaben der Nekis werden auf Grundlage einer Kooperationsvereinbarung ideell und finanziell mit getragen vom Landkreis Neuwied, dem Marienhaus-Klinikum St. Antonius Waldbreitbach, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, dem Verein zur Förderung der Selbsthilfegruppen und -initiativen in Stadt und Kreis Neuwied e.V. und dem Caritasverband Rhein-Wied-Sieg e.V., Geschäftsstelle Neuwied, als Träger. — Auch hier greift das Motto des Jahresberichtes: „Menschen mit Menschen" ... eine stets aktuelle Liste aller Selbsthilfegruppen finden Sie auf: www. nekis.de Nekis — Neuwieder Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe Ringstr. 70 | im Gesundheitsamt 56564 Neuwied Telefon: 02631 / 80 37 97 Fax: 02631 / 98 75-75 eMail: [email protected] web: www.nekis.de 65 Selbsthilfekoordinator: Jens Arbeiter allgemeine Öffnungszeiten: Mo | Di | Mi 9.00 — 12.00 Uhr und nach Vereinbarung MENSCHEN MIT MENSCHEN Helfen & Spenden Werden Sie selbst zum Helfer ! – Durch Ihr aktives Mitwirken in Ihrer Gemeinde, durch Ihren ehrenamtlichen Einsatz in einer unserer Einrichtungen, als Mitglied unseres Verbands – oder als Spender. Mit Ihrem Engagement leisten Sie Ihren Beitrag gegen eine Mentalität des Wegschauens und der sozialen Kälte, helfen Sie mit, Nächstenliebe stark zu machen, stärken Sie die Stimme der Armen und Benachteiligten in unserem Land, sorgen Sie dafür, dass die Hilfe weitergeht: in Ihrer Stadt, Ihrem Dorf, in Ihrer Pfarrei, in den Sozialstationen und Pflegediensten, in den Beratungsstellen ... In welchen unserer Einrichtungen Sie derzeit ehrenamtlich mitarbeiten können (z.B. in unserer Tagesbetreuungsstätte „Schöppche“, bei der „Neuwieder Tafel“ oder im Kleiderladen) finden Sie auf unserer Website – www.caritas-neuwied.de – auf der Seite „Helfen & Spenden“. Sachspenden sind möglich für die „Neuwieder Tafel“ (Lieferung von Lebensmitteln, Sachspenden für die Ausstattung) und für unseren Kleiderladen „CarLa“ in Neuwied. Aber nicht zuletzt auch mit Ihrer Geldspende helfen Sie, Menschen eine sinnvolle Lebensperspektive zu ermöglichen. Unser Spendenkonto: Sparkasse Neuwied IBAN: DE76 5745 0120 0000 4204 89 BIC: MALADE51NWD Unsere Caritas-Stiftung „Dem Nächsten nah“ Mit einer Stiftung oder Zustiftung können Sie ein Anliegen auf besonders nachhaltige Weise verwirklichen. Das Stiftungsvermögen bleibt in seinem Bestand unangetastet und seine Erträge kommen ausschließlich dem Stiftungszweck zugute. Nähere Informationen gerne im persönlichen Gespräch: Claudia Pauly Tel. 02631 / 98 75-17 66 Jahresbericht 2015 Caritas Neuwied Neue Satzung — neuer Vorstand Die Mitglieder des neuen Vorstands des Caritasverbands Rhein-Wied-Sieg e.V. — von links: Caritasdirektor Rudolf Düber, 1. Vorsitzender Werner Hammes aus Neuwied, 2. Vorsitzender Werner Zöller aus Betzdorf, hier im Mai 2015 zusammen mit der Neuwieder Dienststellenleiterin Claudia Pauly — freuen sich über den damals druckfrischen Jahresbericht 2014 der Neuwieder Geschäftsstelle. Die neue Satzung finden Sie auf unserer Website www.caritas-neuwied.de Auch den neuen Jahresbericht 2015 erhalten Sie gerne und natürlich kostenlos in unserer Geschäftsstelle in Neuwied. 67 Herausgeber dieser Broschüre: Caritasverband Rhein-Wied-Sieg e.V. Geschäftsstelle Neuwied Heddesdorfer Str. 5 56564 Neuwied Telefon: Fax: 02631 / 98 75-0 02631 / 98 75-75 eMail: [email protected] www.caritas-neuwied.de Inhaltlich verantwortlich: Rudolf Düber Claudia Pauly Caritasdirektor Dienststellenleiterin Satz & Gestaltung: Josef Groß Erscheinungsdatum: April 2016
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