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Islam in Deutschland: Für neuen Erziehungsstil
Religionspädagoge Khorchide
Für neuen muslimischen
Erziehungsstil
Der Religionspädagoge Mouhanad Khorchide wirbt für einen
Wandel in der religiösen Bildung und hebt den Freiraum des
Einzelnen hervor. Das dürfte nicht allen gefallen.
01.05.2016, von STEFAN TOEPFER
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Veröffentlicht: 01.05.2016, 14:32 Uhr
© AFP
Inspiration: Ein junger Muslim liest im Koran.
D
ie Zuhörer umweht ein Hauch von Reformation an diesem Freitag im Historischen Museum.
Nicht, weil es um geschichtliche Zeugnisse jener Epoche geht, sondern um eine höchst
aktuelle Frage: Wie wird ein Mensch vom Objekt religiöser Bevormundung zum Subjekt seines
religiösen Lebens? Weil es den Reformatoren im 16.Jahrhundert darum ging, haben sie die Bibel
übersetzt und auf Bildung großen Wert gelegt.
Autor: Stefan Toepfer, Redakteur in der
Rhein-Main-Zeitung.
Folgen:
Es ist genau diese Frage, die auch den muslimischen
Religionspädagogen Mouhanad Khorchide beschäftigt,
wie er den Zuhörern deutlich macht. Zu der Vortrags-
und Diskussionsveranstaltung mit dem Titel „Welcher
Islam gehört zu Deutschland?“ hatte das Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam der
Goethe-Universität eingeladen.
Gott halte keinen Monolog
Khorchide, der das Zentrum für Islamische Theologie an der Universität Münster leitet, plädiert für
„eine andere Form religiöser Erziehung“. Die muslimische Erziehung sei in der Regel noch immer
so, dass man vorgesetzte Ge- und Verbote passiv annehme, so als sei der Islam „eine Ansammlung
endgültiger Antworten“. So werde man zum Objekt religiöser Erziehung. Stattdessen müsse es
darum gehen, die Person dazu zu befähigen, selbst religiöse Erfahrungen zu machen, was auch
bedeute, Raum für kritische Fragen zu schaffen.
Dass Khorchide in diesem Sinn eine „anthropologische Wende, eine Bildung im Sinne des SubjektWerdens“ für nötig hält, dürfte nicht allen gefallen, etwa Vertretern eines Islams, die auf die
Befolgung dogmenartiger Festschreibungen oder Lesarten des Korans bestehen. Doch für
Khorchide ist die Betonung der Individualität geradezu ein Hauptmerkmal des Islams, warne doch
etwa der Koran davor, Gelehrtenmeinungen unhinterfragt zu folgen. Diese Stärke des Islams
verdrängten Muslime jedoch. Wer den Koran nur als passiver Empfänger lese, könne ihn nicht
recht verstehen, fügt er hinzu. Schließlich halte Gott keinen Monolog, sondern wolle
Kommunikation mit jedem Einzelnen. In seiner schriftlichen Form sei der Koran zwar fixiert, „aber
als Kommunikation ist er dynamisch“.
Abkehr vom Islam gelte nicht mehr als Hochverrat
Auch Bassam Tibi erachtet es als wichtig für die Zukunft der Muslime in Europa, dass sie sich mehr
und mehr als Individuen sehen und nicht nur als Mitglied eines Kollektivs. Der
Politikwissenschaftler war unter anderem in Göttingen tätig und hat den Begriff des „Euro-Islam“
geprägt. Darunter versteht er einen Islam, der unter anderem zwischen Religion und Politik trennt
und Toleranz gegenüber allen Menschen zeigt.
Als Beispiel für ein wichtiges Grundrecht nennt Susanne Schröter, Ethnologin und Leiterin des
Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam, die Religionsfreiheit, zu der auch eine Freiheit
von Religion gehöre. Wie es um die Freiheit stehe, den Islam zu verlassen, will sie von Aiman
Mazyek wissen, dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland.
Es sei bedauerlich, wenn jemand seine Religion verlasse, „aber letztlich gilt die Gewissens- und
Religionsfreiheit“, sagt Mazyek und verweist auf eine Charta seines Verbands, in der das schon vor
14 Jahren festgeschrieben worden sei. Die Position, nach der eine Abkehr vom Islam als eine Art
Hochverrat gewertet werde, sei inzwischen überholt.
Mayzek nimmt Imame in die Pflicht
Schröter kommt auch auf die AfD zu sprechen und hält mit Blick auf den bevorstehenden Parteitag
fest: „Der Islam ist keine politische Ideologie, sondern eine abrahamitische Religion.“ Ähnlich sagt
das auch Mazyek, der sich von jeder Form des religiösen Extremismus distanziert.
Die Frage sei, welche Form des Islams man wolle, so Schröter. Sie wirbt dafür, die innerislamische
Vielfalt zu sehen, die von jungen Hardlinern über konservativ-traditionelle Milieus bis zu liberalen
Muslimen und den sogenannten Kulturmuslimen, die die Mehrheit bildeten, reiche. „Man muss
sich die Mühe machen, diese Stimmen zu hören, sie miteinander und mit Nichtmuslimen ins
Gespräch zu bringen.“
Mazyek macht sich für einen anderen Berührungspunkt stark und nimmt dafür die Imame ziemlich
deutlich in die Pflicht. In deren Freitagspredigten spiele der Alltag der Menschen in Deutschland
noch eine zu geringe Rolle, moniert der Verbandschef. Es werde viel über Palästina, Syrien oder
Afghanistan gesprochen, was richtig sei. „Aber wenn man den Islam in Deutschland als
Herzensangelegenheit versteht, muss das in der Predigt seinen Niederschlag finden.“
Quelle: F.A.Z.
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