Sport Dienstag, 3. Mai 2016 | Nr. 102 7 . HANDBALL .................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... Herle hört auf TSV Herrsching hat bereits einen Nachfolger gefunden: Neuer Trainer wird Reinhold Weiher VON CHRISTIAN HEINRICH Herrsching – Sie hatten sie noch einmal durch die Hölle geschickt. Bis Mitte der zweiten Halbzeit sah es so aus, als könnten die Herrschinger Handballer dem VfL Günzburg noch die Meisterschaft vermiesen. Mit 19:16 führte der Außenseiter vom Ammersee gegen den haushohen Favoriten. Dass die Schwaben am Ende doch noch die Nikolaushalle rocken durften, dämpfte die Stimmung bei den Gastgebern nicht. „Das war ein Spiel, wie ich es mir vorstelle“, schwärmte Armin Herle trotz der 24:25-Niederlage im Saisonfinale. Der Trainer des TSV wird noch lange von der Leistung zehren, denn es war sein letztes Spiel, bei dem er für den Landesligsten auf der Bank saß. Nach zweieinhalb erfolgreichen Jahren hört der 48-jährige Übungsleiter für viele überraschend auf. Für ihn selbst stand die Entscheidung bereits seit Weihnachten fest. „Die Mannschaft braucht noch mehr Zeit und Energie“, hat er in den vergangenen Monaten gemerkt. Ein Aufwand, den der Vater von zwei Kindern und engagierte Lehrer nicht mehr länger betreiben wollte und konnte. Abschiedsbusserl: Abteilungsleiter Uli Sigl (r.) bedankte sich bei seinem Coach auf ganz persönliche Art und Weise für zweieinhalb Jahre hervorragende Arbeit mit der Mannschaft. FOTO: ANDREA JAKSCH „Das ist schon ein Job, den man nicht einfach so nebenher machen kann“, zeigte Uli Sigl absolutes Verständnis für den Entschluss seines stark strapazierten Trainers. Zusammen mit Herle war der Herrschinger Abteilungsleiter einer der wesentlichen Baumeister an der Meisterschaft in der Bezirksoberliga und Tabellenplatz sechs in der Landesliga. Dass er nun seinen Partner verliert, bedauert Die erste Ehrenspielführerin TSV Herrsching verabschiedet Tina Drexler – Spiel nur Nebensache Herrsching – Die ganze Zeremonie war so ergreifend, dass die Zuschauer in der Nikolaushalle nahe dran waren, ihre Taschentücher zu zücken. „Ich war nicht der einzige, der feuchte Augen hatte“, gab Kurt Siglstetter zu. Für den Trainer und das Herrschinger Publikum hieß es am Ende einer langen Saison Abschied nehmen von Tina Drexler. Nach 25 Jahren im Dienst des TSV erklärte der 34-Jährige ihren Rücktritt (siehe untenstehenden Bericht). „Das war sehr emotional“, räumte Siglstetter ein, der die Spielerin kennt, seit sie zwei war und sie insgesamt sieben Jahre trainiert hat. In einem Vierteljahrhundert hatte sich Drexler so mannigfache Verdienste um den TSV erworben, dass die zahlreichen Ehrungen gesplittet werden mussten. Vor der Partie gegen den VfL Günzburg wurde Drexler offiziell von Abteilungsleiter Uli Sigl zur Ehrenspielführerin des Turnund Sportvereins gekürt. Sie ist die erste Spielerin überhaupt, die in der Geschichte des Clubs mit dieser Auszeichnung bedacht wird. Als das Kräftemessen mit den Schwaben schließlich mit 19:21 (11:8) verloren war, begann Teil zwei der Feierlichkeiten. Das Publikum wählte Drexler zur Spielerin der Saison, Franziska Türk und Saskia Mantel kamen punktgleich auf Rang zwei. Drexler bekam zur Erinnerung ein Trikot überreicht und musste feststellen, dass am Ende einer erfolgreichen Karriere zwei Hände nicht ausreichten, um alle Präsente aufnehmen zu können. Ihre Mannschaft widmete ihr noch ein weiteres Trikot mit den Unterschriften aller Spielerinnen, außerdem gab es von der Abteilung noch eine VIP-Karte für die nächste Saison. Dabei ließen es ihre Kolleginnen nicht bewenden. Drexler bekam auch noch den goldenen Schuh, der normalerweise nur Europas bestem Torjäger zusteht. Drexler erhielt ihn jedoch für „den Tritt des Jahrhunderts“, den sie einst ihrer Gegnerin Linay Gürsel in den Allerwertesten verpasst hatte. Die Kemptenerin ließ es sich nicht nehmen, ihr die Trophäe selbst zu überreichen und ihr noch ein persönliches Gedicht zu widmen. „Das spricht von Anerkennung.“ Siglstetter war begeistert vom großen Respekt, den Drexler über die Vereinsgrenzen hinaus genießt. Die Geehrte bedankte sich artig für all die Geschenke und das Lob. Irgendwie hat es sich für sie dann doch gelohnt, noch ein Jahr drangehängt zu haben. Und vielleicht sieht man sie irgendwann mal wieder für den TSV spielen. Trikots hat sie ja genug bekommen. hch Torschützen: Niemietz 4/1, Oberhofer 2, Liebl 2, Drexler 2, Petsch 2, V. Gangnus 2, T. Gannus 2, Haller 2, Mantel 1/1 Sigl sehr, „denn das Ganze basiert auf freundschaftlicher Basis“. Das Vakuum, das der Trainer nach „zweieinhalb extrem intensiven Jahren“ hinterlässt, ist mittlerweile wieder ausgefüllt. In der kommenden Saison wird Reinhold Weiher das Team vom Ammersee betreuen. Der 48-Jährige hat in der vergangenen Runde beim Liga-Rivalen TV Memmingen gearbeitet, der früh als erster Absteiger feststand. „Er passt wie die Faust aufs Auge“, ist Herle überzeugt, dass der TSV den richtigen Nachfolger für ihn gefunden hat. Weiher trainierte zuvor in Friedberg und beim TSV Schwabmünchen, wo er ähnliche Strukturen wie in Herrsching legte. Weihers Verpflichtung kann vor allem für diejenigen Spieler eine Chance bedeuten, die lange mit Herle zusammengearbeitet haben. Auch die Arbeit des Pädagogen war trotz allem Engagements nicht frei von Abnutzungserscheinungen. „Weiher wird Schwung und Ideen in die Mannschaft bringen“, glaubt Sigl. Aber nicht nur der Coach steht für eine Frischzellenkur. Neben Thomas Stanglmair präsentierte der TSV-Chef mit Alexander Tietz und Philipp Lembke zwei weitere Verstärkungen für die nächste Saison. Offen bleibt hingegen, wie es mit Herle weitergeht. Trotz diverser Angebote, wird er im nächsten Jahr kein anderes Team übernehmen. „Ich bin ja nicht weg“, sagt er und lässt sich so die Option offen, irgendwann in einer anderen Funktion beim TSV einzusteigen. Torschützen: Mackeldey 7/3, Kircher 5, Vielhaber 4, Herz 3, Bergmeister 2, Zech 2, Kaltstein 1 Niederlage Nummer 25 TSV Gilching verliert auch sein letztes Landesligaspiel Gilching – Als auch das letzte Spiel der Rückrunde verloren war, da wusste Sören Heise, dass er als der Pleiten-Trainer in die Annalen des TSV Gilching eingehen würde. In 13 Begegnungen holte er mit seinen Handballerinnen keinen einzigen Punkt. „Super Statistik“, nahm der Coach diese Bilanz mit Ironie. Da er aber ein sehr seriöser Übungsleiter mit hohen Ambitionen ist, hinterließ die schwarze Serie auch ihre Spuren. „Jede einzelne Niederlage juckt mich“, gestand er. So oft wie seine Damen verloren haben, muss sein ganzer Körper voller Kratzspuren sein. Eigentlich war das letzte Spiel einer deprimierenden Saison dazu auserkoren, ihm ein wenig Linderung in seinen Leiden zu verschaffen. Die Vorzeichen standen eigentlich gut, denn gegen den TSV Allach hatte der Tabellenletzte der Landesliga Süd sein einziges Erfolgserlebnis verzeich- net. Allerdings hatte der Drittletzte diese Partie auch noch nicht aus seiner Erinnerung gestrichen. „Sie waren schon motiviert“, stellte Heise fest. Seine Akteure merkten dagegen viel zu spät, dass der Gegner das Messer zwischen den Zähnen hatte. Eine Vier- Zukunft des Teams noch nicht geklärt telstunde war gerade absolviert, da führte Allach bereits mit 10:2. „Das Spiel war gelaufen“, so Heise. Dass das Schlusslicht kein Fiasko erlebte und am Ende mit einem 18:28 (5:12) das Gesicht wahrte, lag an einem Charakterzug der Mannschaft, der sie über eine schwierige und strapaziöse Saison hinweg begleitete. Das Team hielt einfach zusammen und gab nie auf. Nach dem Kaltstart entwickelte sich eine Partie auf Augenhöhe. In der zweiten Hälfte der ersten Halbzeit warf Allach nur noch zwei Tore und Gilching sogar drei. Der zweite Spielabschnitt endete dann 16:13 für die Gastgeberinnen. Heise konnte also ohne rot zu werden konstatieren, „dass die letzten 40 Minuten ausgeglichen waren“. Seine Spielerinnen spülten nach der Partie den Frust über die 25. Niederlage im 26. Spiel mit Prosecco hinunter. Die Erleichterung, dass eine katastrophale Saison ihr erlösendes Ende gefunden hat, war allseits zu spüren. „Alle sind froh, jetzt Pause machen zu können“, gab der Coach zu. Einen Pflichttermin hat die Mannschaft aber noch. In einer Woche trifft sie sich, um die Zukunft zu besprechen. Noch immer ist nicht ausgegoren, wie und mit wem es in der nächsten Runde weitergeht. hch Torschützen: Meßner 5, Schulz 3, Walter 2/2, Schneider 2, Wagner 2, Neumann, Siegel 1, Strazicky 1, Schranner 1 Endlich nicht mehr aufwärmen Nach 25 Jahren beendet Tina Drexler ihre einzigartige Karriere – „Erst einmal bleibt da ein weinendes Auge“ Herrsching – Noch ein allerletztes Mal aufwärmen. „Wie habe ich das immer gehasst“, seufzt Tina Drexler. Aber auch bei ihrem Abschiedsspiel am Samstag gegen den VfL Günzburg bekam die 34-Jährige keine Ausnahmegenehmigung erteilt. 25 Jahre lang hat sie sich wider Willen vor jeder Partie die Sehnen gedehnt und die Muskeln locker gemacht. Dass diese Tortour endlich vorbei ist, erfüllt sie mit Erleichterung, auch wenn sie nicht frei von Wehmut ist. „Erst einmal bleibt da ein weinendes Auge“, gibt sie zu. Tina Drexler hat den Handball in Herrsching geprägt wie keine zweite Spielerin vor ihr. Schon mit 17 Jahren begann sie für die erste Mannschaft zu spielen, der sie bis auf eine einzige Ausnahme treu blieb. Für ein Jahr schloss sie sich dem TuS Fürstenfeldbruck an. Wie viele Begegnungen sie für den TSV absolviert hat, weiß sie nicht. Auch ihre Tore hat sie nicht protokolliert. Aber nach 16 Jahren im Er- wachsenenbereich des TSV ist anzunehmen, dass sie schon längst zu jenem Club der 1000er zählt, in den Basti Kircher jüngst als erstes Mitglied aufgenommen wurde. Dass dieser Abschnitt nun endgültig vorüber ist und die Statistiken zugeklappt werden, lässt sie aber auch hoffnungsvoll nach vorne schauen. „Ich freue mich auf das, was kommt.“ Drexler hat in den vergangenen Wochen ihren persönlichen Countdown heruntergezählt. „Noch drei, noch zwei, noch ein Spiel“, sagt sie. Auch wenn immer ein bisschen Unbehagen mitschwang, hat sie sich doch auf das Ende ihrer Karriere in aller Ruhe vorbereiten können. Nach dem Aufstieg in die Landesliga vor zwei Jahren begann sie sich langsam aus der Verantwortung zurückzuziehen. Drexler hat fast ihr gesamtes Leben in Turnhallen zugebracht. Der TSV kam für sie seit Kindestagen einer Familie gleich. Jeden Sonntag- Reich beschenkt: Tina Drexler wurde am Samstag gebührend verabschiedet. FOTO: THOMAS SCHÖTTNER nachmittag traf sie sich mit ihren Mitstreiterinnen und Freunden in der Nikolaushalle. „Das war wie ein Ritual.“ Irgendwie wäre es wohl immer so weitergegangen, wenn sie nicht irgendwann begonnen hätte, loszulassen und ein Leben jenseits des Handballs zu entdecken. Schaut man auf ihren Beruf, war es ein logischer Prozess, denn ihr Aufgabenfeld ist ungemein vielseitig. Drexler arbeitet für den Süddeutschen Verlag als Konferenzmanagerin. Sie organisiert hochrangige Events wie jene Gesprächsrunde von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Berlin. Dass sie nebenbei in jedes Training eilte und auch kein Spiel ihrer Mannschaft verpasste, irritierte nicht nur die Kollegen, sondern auch die eigenen Freunde. „Da hast du ja Training“, bekam sie von ihren Bekannten immer wieder gesagt, wenn die sich mit ihr unter der Woche einmal treffen wollten. Nachdem sie so lange immer für den TSV dagewesen ist, begann sie, sich in den vergangenen zwei Jahren von vielem freizumachen und endlich für sich selbst dazusein. Das fiel ihr leichter als gedacht, weil sich auch die Mannschaft verändert hat. Drexler ist so etwas wie der Dinosaurier vom Ammersee. „Von denen, mit denen ich damals zusammengespielt habe, spielt jetzt keine mehr“, sagte sie. Sie war klug genug, sich nicht gegen diesen natürlichen Prozess zu stemmen, sondern ihn zu begleiten. Ihre Stimme hatte in der Mannschaft zwar weiterhin Gewicht, die Dinge auf dem Platz mussten in der abgelaufenen Saison zunehmend andere richten. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich zu dem Punkt komme, wo ich sage, ich kann auch ohne“, sagt sie von sich selbst überrascht. Tina Drexler hat diese Tür zu einem neuen Lebensabschnitt gefunden und auch schon geöffnet. Im Sommer fliegt sie für vier Wochen in die USA, um neue Eindrücke zu sammeln. Und sie hat mit dem Segeln begonnen. In Zukunft treibt sie nur der Wind zu neuen Horizonten. Endlich frei sein. hch IHRE REDAKTION Tel. (0 81 51) 26 93 33 (0 81 51) 26 93 34 Fax (0 81 51) 26 93 40 sport@ starnberger-merkur.de SPORT IN KÜRZE FRAUENFUSSBALL Bichler mit Viererpack gegen Zweiten Der Lauf des MTV Dießen wird langsam unheimlich. Am Samstag feierten die Landesliga-Fußballerinnen nicht nur ihren siebten Sieg im siebten Rückrundenspiel. Beim 5:0 (2:0) daheim gegen den SV Saaldorf gelang zudem der höchste Heimerfolg der Runde. Dabei war immerhin der in der Rückrunde noch unbezwungene Tabellenzweite zu Gast am Ammersee. Zunächst sah es auch so aus, als würden die Gäste ihrer Favoritenstellung gerecht werden. Der SVS überrannte den MTV regelrecht, vergaß jedoch das Toreschießen. Dießens Trainer Nico Weis reagierte und stellte seine Elf um. Als Belohnung gingen die Gastgeberinnen nach 19 Minuten überraschend in Führung. Maria Breitenberger setzte einen Freistoß ins kurze Eck. Kurz darauf zeigte der Schiedsrichter zum Entsetzen der Dießenerinnen auf den Elfmeterpunkt. MTV-Keeperin Tanja Frank parierte, doch der Unparteiische ließ wiederholen. Doch auch diesmal konnte die Saaldorferin den Ball nicht im Tor unterbringen. Deutlich effektiver war das Weis-Team. Stephanie Wild überraschte die gegnerische Keeperin mit einem 35-Meter-Schuss (42.). Nach der Pause nahmen die MTV-Fußballerinnen dem Gegner schnell den Wind aus den Segeln. Nadine Schwarzfelder schickte Andrea Bichler auf die Reise, die zum 3:0 vollstreckte (47.). Nach zwei Paraden der zur Pause eingewechselten Caroline Schindhelm machte Bichler ihren Hattrick perfekt (64.). Nur eine Minute später gelang wiederum Bichler das Tor zum 5:0-Endstand. toh BEZIRKSOBERLIGA Gilchings Lauf hält an Es macht derzeit einfach Spaß, den Fußballerinnen des TSV Gilching-Argelsried zuzusehen. Am Sonntag zeigte das Team erneut eine bärenstarke Leistung und fertigte den favorisierten SC Amicitia München daheim mit 4:1 (0:0) ab. „Mit so einem Ergebnis hätte ich gegen diesen starken Gegner nie gerechnet“, kommentierte Gilchings Coach Markus Zechner. Selbst wenn im ersten Durchgang noch die Tore fehlten, boten beide Teams Sehenswertes. „Als ob der Erste gegen den Zweiten gespielt hätte“, staunte Zechner. Die Gäste erspielten sich ein leichtes Chancenübergewicht, doch an der TSVDefensive um Torhüterin Nina Großbeck war kein Vorbeikommen. Das erste Highlight nach der Pause zeigte Sarah Lapuh, die ihr Solo bis zur Grundlinie mit dem 1:0 vollendete (48.). Nun hatte Gilching Oberwasser. Julia Schwarz sorgte mit zwei Toren für klare Verhältnisse. Ein Elfmetertor der Gäste sorgte kurzzeitig für Hektik. Doch der TSV ließ nichts mehr anbrennen und legte durch Simone Lautenschütz sogar noch nach (87.). toh
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