SWR2 Tagesgespräch

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an.
Thomas Lutze (Die Linke) MdB, gab heute, 06.05.16,
dem Südwestrundfunk ein Interview zum Thema:
„Europas größter Autoclub am Scheideweg: Vor der
Hauptversammlung des ADAC.
Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Marie Gediehn.
Mit freundlichen Grüßen
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Datum:
06.05.2016
Linken-Verkehrsexperte zu ADAC-Neuausrichtung: notwendiger Schritt
Baden-Baden: Nach den Skandalen vor zwei Jahren steht der ADAC vor einem kompletten
Neuanfang. Bei der Hauptversammlung des Automobilclubs morgen in Lübeck geht es um die
Aufspaltung: Das milliardenschwere Konzerngeschäft mit Versicherungen und Autovermietung
soll vom Verein klar getrennt, der Vereinsstatus damit gesichert werden. Eine neue ADACStiftung soll sich um die Luftrettung kümmern. Für den Verkehrsexperten der Linken im
Bundestag, Thomas Lutze, ist das ein erster notwendiger Schritt. Lutze sagte im SWR
(Südwestrundfunk), daher verstehe er auch nicht, dass es innerhalb des ADAC über diese
Aufspaltung noch Diskussionen gebe. Lutze sprach in diesem Zusammenhang von einem
internen Machtkampf. Die Abspaltung des Konzerns vom Verein sei der richtige Weg: "Wenn
ich mir als ADAC-Mitglied eine Versicherung kaufen will, dann kann ich auf den freien Markt
gehen, beim ADAC werde ich Mitglied, weil ich ein Problem mit meinem Auto habe, und
schnelle Hilfe möchte". Der Linken-Politiker warnte, sollte der ADAC seinen Vereinstatus
verlieren, hätte das Konsequenzen für das einzelne Mitglied.
Wortlaut des Live-Gesprächs:
Gediehn: In aller Kürze, das milliardenschwere Konzerngeschäft, mit Versicherungen,
Autovermietung, anderen Geschäften, soll vom Verein klar getrennt werden, damit der
Vereinsstatus gesichert. Eine neue ADAC-Stiftung soll sich um die Luftrettung kümmern.
Ist das alles aus ihrer Sicht der richtige Weg?
Lutze: Das ist auf jeden Fall ein erster ganz notwendiger Schritt und natürlich der richtige Weg,
weil die Alternative wär natürlich, dass bestimmte Funktionen, die der ADAC ausführt, so nicht
mehr gemacht werden können. Wenn die ihren Vereinsstatus verlieren, dann hätte das
Konsequenzen, auch für das einzelne Mitglied.
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Gediehn: Was ist denn wichtiger für das einzelne Mitglied, die schlicht und ergreifend
schnelle Pannenhilfe oder nicht auch der ADAC als eine Art Anwalt der Autofahrer
jenseits der Politik?
Lutze: Ich glaube, wenn ich mir als ADAC-Mitglied irgendwo eine Versicherung kaufen kann,
dann kann ich auf den freien Markt gehen, das muss ich nicht beim ADAC tun. Beim ADAC
werde ich Mitglied, weil ich vielleicht eine Panne oder ein Problem mit meinem Auto habe und
schnell geholfen werden möchte. Ich glaube, das ist für die allermeisten Mitglieder der fast 20
Millionen hier in Deutschland, der allererste Grund. Der Service der drum herum geboten wird,
zum Beispiel mit dem Verkauf von Versicherungen oder anderen Sachen, die ich auch an jeder
anderen Häuserecke bekomme, ist sicherlich eine ganz nette Zusatzleistung, aber nicht der
eigentliche Grund, ADAC-Mitglied zu sein.
Gediehn: Haben sie denn das Gefühl, dass das für den Neuanfang auch tatsächlich
reicht, dieses Trennen vom Testen, Verkaufen von Kindersitzen, Schneeketten, Kommerz
und dem Service oder müsste da nicht noch mehr passieren?
Lutze: Wenn man den Konflikt, den der ADAC 2014 hatte, betrachtet, ist das ein völlig
notwendiger Schritt, zu dem es gar keine Alternative gibt. Ich verstehe auch die Kollegen vom
Nordrhein überhaupt nicht, dass sie das in Frage stellen. Das ist ein erster notwendiger Schritt.
Der ADAC müsste sich für meine Begriffe darüber hinaus Gedanken machen, wie es in der
Zukunft weitergeht. Und zwar müsste es da eine Wandlung vom Automobilclub geben, zu
einem Mobilitätsclub, weil gerade jüngere Menschen heute zunehmend das Auto nicht mehr in
ihren Mittelpunkt stellen, wenn es um Mobilität geht, sondern auch andere Verkehrsträger
haben. Ich glaube hier wäre der ADAC richtig gefragt, wirklich Alternativen noch anzubieten,
wenn man zukunftsfähig sein möchte.
Gediehn: Bevor wir in die Zukunft gucken, sie haben gerade das Stichwort Nordrhein
gesagt. Der Regionalclub des ADAC Nordrhein versucht diese Neuausrichtung jetzt am
Wochenende zu stoppen. Da wird gesprochen von einer Verschwendung von
Vereinsvermögen. Da fliegen kurz gesagt die Fetzen vor dieser Hauptversammlung. Was
ist das für ein Signal?
Lutze: Es ist nicht untypisch für Organisationen, Vereine, bei Parteien passiert es ja auch
manchmal sowas, ich glaube das es ein interner Machtkampf ist, dass es dort überhaupt nicht
um die Sache geht, sondern dass es ein interner Machtkampf zwischen einzelnen Personen
sind, die möglicherweise unterschiedliche Erfassung haben. Dafür haben die ein gewähltes
Gremium, das ist jetzt die Hauptversammlung, die muss das entscheiden. Ich sage nur, dass
was die Kollegen vom Nordrhein dort wollen, ist relativ riskant. Wenn die sich durchsetzen
würden und ein Gericht nachher anders entscheidet, nämlich dann die Gemeinnützigkeit oder
den Vereinsstatus aberkennen würde, das hätte für meine Begriffe doch sehr große
Konsequenzen für den ADAC.
Gediehn: Jetzt wollen wir in die Zukunft gucken. Der ADAC-Verein beschränkt sich
künftig auf - wir haben gesagt das ist wichtig - Pannenhilfe, technische Beratung für die
immerhin 19 Millionen Mitglieder und den Motorsport, zu verkehrspolitischen Fragen.
Maut, Tempolimit, ich sag auch mal Stichwort Abgaswerte, da meldet sich der ADAC nur
noch zu Wort, im Gegensatz zu früher, wenn er zuvor die Meinung der Mitglieder
erkundet hat. Ist das entspannend für sie als Politiker oder nicht grundsätzlich ein
Verlust?
Lutze: Es ist zumindest relativ einmalig diese Entwicklung. Wir haben ja im Deutschen
Bundestag immer wieder mit Lobby-Vertretern zu tun, wo man dann auch gar nicht weiß, wo die
ihre Meinung her gebildet haben oder wer da im Hintergrund steht. Ich finde es sehr mutig vom
ADAC, das zu sagen. Ich frage mich nur ehrlich gesagt ein bisschen in der Praxis, wie das
funktionieren soll, wenn vor einer wichtigen verkehrspolitischen Entscheidung, wie will der
ADAC seine über 19 Millionen Mitglieder fragen, wie holt man da Stimmungstests ein. Keine
Ahnung wie sowas funktioniert. Aber den Schritt zu gehen, finde ich sehr mutig, weil ich auch
glaube, wir haben in Deutschland rund 80 Millionen Einwohner, wir haben fast 20 Millionen
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
ADAC-Mitglieder, ich glaube da vertritt man nicht nur eine Meinung, sondern da ist man
ziemlich breit aufgestellt.
Gediehn: Nun haben wir im Moment auch gerade relativ viel mit, sagen wir es mal,
Mobilität zu tun. Autofahrer bräuchten doch sehr wohl auch einen Anwalt, zum Beispiel
in Zeiten gefälschter Abgaswerte. Wird das nicht fehlen?
Lutze: Das hängt natürlich von der Führungsspitze des ADAC jetzt ab, inwieweit sie tatsächlich
den Schritt gehen und in ihre Mitgliedschaft hineinhorchen, wie da die Leute ticken, wie sie
denken. Wie gesagt, ich habe da Zweifel, dass das in der Größenordnung überhaupt
funktioniert. Aber mir ist ein vorsichtiges Herangehen immer lieber, als wenn irgendein
Verbandsfunktionär seine persönliche Meinung als die des Verbandes in der Öffentlichkeit
wiedergibt und dadurch Meinungen bildet und sich darauf bezieht. Er hat ja 19 oder 20 Millionen
Menschen im Hintergrund, was er persönlich gar nicht, für meine Begriffe gar nicht, einschätzen
kann. Was fehlen wird uns dadurch nicht. Wie gesagt ich bin als Bundestagsabgeordneter eher
dankbar, dass man solch prägende Äußerungen in der Öffentlichkeit dann nicht hat, sondern,
dass man sich ganz ruhig, sachlich über die Fakten unterhalten kann. Wir haben nicht nur den
Abgasskandal, wir haben auch zum Beispiel das Problem, das Straßen immer mehr überfüllt
sind, wir immer mehr Staus haben, gerade durch den LKW-Verkehr und da hat auch der ADAC
in der Vergangenheit immer eine relativ positive Meinung öffentlich geäußert, dass zum Beispiel
mehr Güterverkehr auf die Straßen gehört, damit natürlich auch die Straße für den Autofahrer
nicht mehr durch LKW überfüllt ist und voller Staus ist.
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- Ende Wortlaut -
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