Der Tag, als Österreich blau wurde

STICHWAHL
35,4
Bundespräsidentenwahl
Stimmenanteile in Prozent
21,2
Auszählungsgrad: 89%
19,0
11,2
10,9
2,3
Hofer
SEIT 1848
Van der Bellen
Griss
Khol
Hundstorfer
Lugner
MONTAG, 25. APRIL 2016 · PREIS: 2,20 EURO · NR. 20.845*** · DIEPRESSE.COM
Der Tag, als Österreich blau wurde
Präsidentschaftswahl. Norbert Hofer ist nun der
Favorit für die Stichwahl. Eine sichere Bank ist das
für ihn nicht. Dort wartet Alexander Van der Bellen.
THEMEN
MEIN GELD
Wie die
Minizinsen
wirken
Norbert
Hofer
Die Geldpolitik der
Europäischen Zenttralbank EZB sorgt
zunehmend für
Unmut, auch bei
Politikern.
S. 9
Alexander
Van der Bellen
AUSLAND
Türkei setzt
Merkel unter
Druck
Ankara fordert ultimativ die Visafreiheit für die EU. S. 15
RECHTSPANORAMA
Weiße Flächen = noch nicht ausgezählte Gemeinden
Quelle: Wahlbehörde · Grafik: „Die Presse“
E
s ist der größte Erfolg in der Geschichte der FPÖ: zum ersten Mal bei einer
bundesweiten Wahl auf Platz eins. Dafür verantwortlich: Eine generelle Unzufriedenheit mit der Regierung. Die Flüchtlingskrise und ihre Folgen. Und schon auch der
Kandidat selbst: Norbert Hofer hat sein
Image des freundlichen Freiheitlichen mehr
oder weniger bis zum Finale beibehalten.
Und wenn nötig – vor allem bei den Auftritten vor den freiheitlichen Anhängern, die
solches gewohnt sind – auch rauere Töne
beigemengt. Und Norbert Hofer hatte auch
eine Geschichte zu erzählen – seine eigene
Lebens- und Leidensgeschichte, jene seines
Umgang mit der Behinderung nach seinem
Paragleiter-Unfall. In der Nachwahlbefragung von Peter Hajek für ATV liest sich das
dann so: „Er überzeugte die Wähler durch
Dynamik und Sympathie, aber auch durch
richtige Themensetzung. Seine Auftritte waren immer mit klaren Botschaften versehen.“
Dabei war Norbert Hofer gar nicht als
Präsidentschaftskandidat der FPÖ vorgesehen gewesen. Das hätte Ursula Stenzel werden sollen. Doch dies wurde einen Tag zu
früh, vor dem entsprechenden Parteivorstand, publik: Die Funktionäre und die freiheitlichen Fans rebellierten. FPÖ-Chef
Heinz-Christian Strache bekniete Hofer, der
schon abgesagt hatte, noch einmal – letztlich
erfolgreich. Und egal wie die Stichwahl ausgeht: Der Dritte Nationalratspräsident ist
nun die unumstrittene Nummer zwei in der
FPÖ – wenn nicht sogar mehr.
Van der Bellens Anti-Hofer-Allianz
In der Stichwahl wird Norbert Hofer nun auf
Alexander Van der Bellen treffen, der es mit
Müh und Not dorthin geschafft hat. Wieder
einmal waren die Umfragewerte besser als
das Wahlergebnis – Alexander Van der Bellen
kennt das bereits aus seiner Zeit als GrünenChef. Doch noch ist für ihn nichts verloren.
Alexander Van der Bellen mit seinem
bürgerlichen Habitus, der in seiner politischen Persönlichkeit linke und liberale Elemente vereint, könnte die nötige Strahlkraft
aufbringen, das sich nun formierende AntiHofer-Lager zusammenzuhalten. Eine Art
„Cordon sanitaire“ dürfte nun gegen den
freiheitlichen Kandidaten hochgezogen werden. Österreich steht jedenfalls in den kommenden vier Wochen eine Polarisierung bevor wie schon lange nicht mehr.
Für die beiden bisherigen Großparteien
SPÖ und ÖVP endete die Präsidentschaftswahl 2016 in einem Fiasko: Der sozialdemokratische Kandidat Rudolf Hundstorfer erreichte nur 10,9 Prozent, der konservative
Kandidat Andreas Khol 11,2 Prozent – bei
Redaktionsschluss dieser Ausgabe. Norbert
Hofer erreichte mit 35,4 Prozent mehr als
dreimal so viel. So einfach zur Tagesordnung
überzugehen, wird nun weder für SPÖ-Chef
Werner Faymann noch für ÖVP-Obmann
Reinhold Mitterlehner möglich sein.
Ein beachtliches Ergebnis erreichte die
Unabhängige Irmgard Griss, die frühere Präsidentin des Obersten Gerichtshofs. Aus dem
Die vorläufigen Gemeindeergebnisse der
ersten Runde der Bundespräsidentenwahl,
eingefärbt nach dem
jeweils stimmenstärksten Kandidaten (weiße
Gemeinden bei Redaktionsschluss noch nicht
ausgezählt).
Stand, ohne Parteiapparat im Hintergrund
(wenn man von den Neos einmal absieht),
schaffte die Grazerin 18,9 Prozent und landete nur knapp hinter Van der Bellen auf
dem dritten Platz.
Wie groß ist der Großteil?
Norbert Hofer geht nun jedenfalls als Favorit
in die Stichwahl. Alexander Van der Bellens
Chancen sind aber intakt. Die Wähler der
ausgeschiedenen Kandidaten werden wohl
auch zu einem großen Teil Alexander Van
der Bellen wählen. Die Frage ist: Wie groß ist
dieser Großteil? Und wie viele dieser Wähler
werden zu Hause bleiben?
KOMMENTAR
Juristen und Wirtschaftsexperten
bezweifeln, dass die
Abschaffung alle
Delikte erschweren
würde.
S. 17
KULTUR
Durch die
Liebe
verwandelt
Die Sopranistin
Lise Lindstrom im
Interview.
S. 23
VON FLORIAN ASAMER
Haider? Strache? Hofer!
B
is auf den Noch-Bundespräsidenten erinnert sich wohl
kaum jemand an den genauen
Ausgang der Hofburg-Wahl vom
25. April 2010. Heinz Fischer wurde mit 79,33 (!) Prozent im Amt bestätigt. Doch gemütliche Sonntage,
an denen andere Wähler die Arbeit
für die eigene Überzeugung übernehmen, waren einmal.
Die Wahlberechtigten werden
sich wohl künftig wieder die Mühe
machen und von ihrem Stimm-
recht selbst Gebrauch machen
müssen. Die Grünen, pardon der
unabhängige Alexander Van der
Bellen, haben ja genug schlechte
Erfahrung mit guten Umfragen.
Umso verwunderlicher, dass man
auf diesem dünnen Eis so selbstbewusst Schlittschuh gefahren ist.
Statt die eigenen Sympathisanten
mit begründeter Skepsis zum
Wählen zu animieren.
Bei der FPÖ das umgekehrte
Bild: Norbert Hofer hat die Pro-
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gnosen beinahe verdoppelt. Sich
zu Blau zu bekennen und Blau zu
wählen bleibt zweierlei. Und wer
hat es geschafft, im Bund die Nummer eins für die FPÖ zu erobern?
Jörg Haider? Heinz-Christian Strache? Nein, Norbert Hofer! SPÖ und
ÖVP kommen gemeinsam auf
ca. 22 Prozent. Noch vor ein paar
Wochen hätte man mit diesem
Tipp viel Geld gewinnen können.
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