TIROLER GKK Qualität im Gesundheitswesen. Qualitätsaspekte im ambulanten Bereich V. l. n. r.: Siegfried Almer (VAEB), Martina Amler (NÖGKK), Werner Salzburger (TGKK). 40 Q U A L I TA S • 0 1 / 1 6 Tiroler GKK Arno Melitopulos (TGKK), Andrea Fried (medinform), TIROLER GKK Ein Bericht aus der Werkstatt 2015 des Vereins SV Wissenschaft Qualitätssicherung und Qualitätssteigerung sind unter anderem Schwerpunkte der aktuellen Gesundheitsreform „Zielsteuerung Gesundheit“. Der Verein SV Wissenschaft griff in der Werkstatt 2015 genau dieses Thema auf. Schwerpunkt waren unterschiedliche Qualitätsaspekte mit Bezug auf den ambulanten Versorgungsbereich und die Gesundheitsförderung. Während im stationären Versorgungsbereich bereits seit mehreren Jahren ein Qualitätsmesssystem eingeführt ist, fehlt dies im ambulanten Bereich – abgesehen vom ÖQMedModell – weitgehend. ls Blick über die Landesgrenzen gab Karen Pottkämper vom AQUA Institut Berlin einen kompakten Überblick zur politischen Qualitätsstrategie in Deutschland mit Fokus auf den vertragsärztlichen Bereich. Es wurden Richtlinien und Instrumente sowie deren Möglichkeiten und Grenzen vorgestellt. A Kernstück der Werkstatt 2015 waren vier Workshops zu Qualitätsaspekten in folgenden Themenbereichen: Qualitätssicherung in der Krankenbehandlung Um Qualitätssicherung im Gesundheits wesen voranzutreiben, wurden für unterschiedliche Bereiche zielgerichtet Initiativen und Maßnahmen entwickelt. Zwei bereits etablierte Systeme sind das ÖQMed-Modell der Ärztekammer als Qualitätssicherungssystem im niederge- Q U A L I TA S • 0 1 / 1 6 lassenen Bereich und ein Set an Indikatoren, Austrian-Inpatient Quality Indicators (A-IQI), als Qualitätsmesssystem im stationären Bereich. Die A-IQI-Ergebnisse sollen künftig einerseits als Expertenbericht, andererseits auch als Orientierungshilfe für die Öffentlichkeit online zugänglich sein. Die Orientierungshilfe wird eine Krankenhaussuche ermöglichen und für ausgewählte Behandlungen qualitätsrelevante Themen und Kennzahlen anführen. Im Kontext der bestehenden Messinstrumente wurden der Stand der Entwicklung und die damit einhergehenden Möglichkeiten und Grenzen der Austrian-Outpatient Quality Indicators (A-OQI) diskutiert. Qualitätsmanagement in der Gesundheitsförderung Gesundheitsförderung nimmt einen wichtigen Stellenwert in der Gesellschaft ein. Eine Vielzahl an Gesundheitsförderungs- aktivitäten wird als Projekte, welche in der Regel zeitlich befristet sind, gestartet. Um definierte Ziele nachhaltig zu erreichen, bedarf es insbesondere im Bereich der Gesundheitsförderung einer entsprechenden Kontinuität und festen Verankerung der Angebote und Aktivitäten. Gleichzeitig ist eine ausreichende Flexibilität notwendig, um basierend auf systematischer Wissens entwicklung und Evaluation steuernd in die bestehenden Projekte und Programme einzugreifen. Der FGÖ (Fonds Gesundes Österreich) identifiziert z.B. im Rahmen der Evaluation von Projekten wesentliche hinderliche oder förderliche Faktoren, die über Erfolg und Misserfolg entscheiden können. Sie sind auch Entscheidungskriterien dafür, ob und wie ein Projekt auf andere Settings ausgeweitet oder als Programm etabliert werden sollte. Diese „Erfolgsbedingungen“ werden nach Abschluss von geförderten Projekten im Sinne des „Voneinander Lernens“ auch dargestellt. 41 TIROLER GKK Qualitätsmanagement auf Ebene des Gesundheitssystems täten sind in den vergangenen Jahren vor allem im stationären Bereich erfolgt. Steigende Lebenserwartung und medizinischer Fortschritt sowie die dadurch verbesserte Behandlung von Krankheiten sind wünschenswerte Aspekte. Sie stellen aber gleichzeitig das Gesundheitswesen im Kontext limitierter Ressourcen und komplexer werdender Anforderungen vor Herausforderungen. Daher ist es zur Aufrechterhaltung des solidarischen Gesundheitssystems unausweichlich, einen effizienten Einsatz der limitierten Ressourcen auf systemischer Ebene sicherzustellen. Der Workshop fokussierte neben dem Stand zur Umsetzung der österreichischen Patientensicherheitsstrategie auf unterschiedliche Projekte (Steigerung der Medikationssicherheit, Versorgung chronisch kranker Patienten von zu Hause) zum Einsatz von eHealth; Chancen und Herausforderungen wurden diskutiert. Aus der Perspektive der Sozialversicherung umfasst dies drei große Themenfelder: Erstens eine wirkungsorientierte Zielsteuerung auf der Systemebene: mehr Gesundheit für alle, finanzielle Risikoabsicherung und Patientenzufriedenheit. Das zweite Feld behandelt die Schaffung von Rahmenbedingungen für Qualität: rechtliche Rahmenbedingungen, Capacity Building, Evaluierung und Transparenz. Das dritte betrifft die Fragestellung, wie neue Leistungen qualitätsgesichert in das System aufgenommen werden. Dem Einkauf neuer Leistungen steht – notwendigerweise – ein Dis-Investment von obsoleten (im Sinne von ineffektiv, unangemessen) medizinischen Interventionen gegenüber. HTA ist beispielsweise ein Baustein in einem Kontinuum wissensbasierter gesundheitspolitischer Entscheidungen zu Investment und Dis-Investment: assessment – appraisal – decision. Patientensicherheit Der große Stellenwert, den Patientensicherheit und Risikomanagement in den letzten Jahren in nationalen Gesundheitssystemen erhalten haben, wurde weitgehend durch verschiedene Initiativen auf internationaler Ebene ausgelöst und begünstigt. Sowohl die EU als auch die WHO haben den Mitgliedstaaten immer wieder gute Vorschläge für nationale Strategien und Initiativen gegeben. Konkrete Aktivi- 42 Werkstatt – Zweiter Tag Der zweite Tag der SV Wissenschaft Werkstatt startete mit einem Plenarreferat zum Konsumverhalten im Gesundheitswesen von Helene Karmasin. Sie stellte dar, warum unsere Gesellschaft, die ausgerichtet auf den Markt – also auf Produkt und Konsum – ist, oft nicht mit den Regelungen und der Bürokratie der öffentlichen Systeme zu Rande kommt. Dabei zeigte sie auf, welche Möglichkeiten das solidarische Gesundheitssystem hat, um ohne Marktwirtschaft doch entsprechend mehr Zufriedenheit und Akzeptanz schaffen zu können. Damit einhergehend wurde das Thema der Gesundheitskompetenz von Jürgen Soffried, Institut für Gesundheitsförderung und Prävention GmbH, aufgegriffen. Dargestellt wurde, wie sich Versicherte im Gesundheitssystem zurechtfinden und Gesundheitsinformationen finden, verstehen, beurteilen und anwenden können. Vor allem hob Soffried hervor, dass dies nicht ausschließlich von der individuellen Fähigkeit und Motivation des Einzelnen abhängt, sondern vielmehr maßgeblich von der Komplexität und den Anforderungen des Systems, in dem wir leben. Transparenz und Vereinfachung wurden als wesentlicher Schlüssel zu mehr Qualität und Zufriedenheit angeführt. Die beiden letzten Präsentationen adressierten die Tatsache, dass sich die Art der Qualitätsmessung in den letzten Jahren stark gewandelt hat. Diese führte einerseits weg von der ausschließlichen Qualitätsdiskussion innerhalb der Health Professionals hin zum Einbeziehen unter- schiedlicher Stakeholder wie Patienten und Finanzierer des Gesundheitssys tems. Andererseits wurde die Messung von wirtschaftlichen Kennzahlen immer mehr von der Ergebnisqualitätsmessung abgelöst. In der abschließenden Podiumsdiskussion war der einhellige Tenor, dass die Bemühungen und Fortschritte in Richtung transparenter Information für Patientinnen und Patienten intensiv voran zu treiben sind. Klargestellt wurde auch, dass Gesundheitskompetenz ein notwendiger Faktor für die Bevölkerung ist, um mit der neuen Transparenz, den Gesundheitsinformationen aus den Spitälern umgehen zu können. Arno Melitopulos, Tiroler Gebietskrankenkasse (TGKK) und Vertreter der Sozialversicherung, forderte dementsprechend: „Information braucht Wissen oder konkreter: Transparenz braucht Gesundheitskompetenz.“ Clemens Auer, Gesundheitsminis terium, empfahl einen behutsamen und klugen Umgang mit Informationen, will sich aber von den Bedenken seitens des Ärztekammerpräsidenten Artur Wechselberger bezüglich eingeschränkter Wahlmöglichkeiten der Patienten nicht vom eingeschlagenen Kurs abbringen lassen. Patientenanwalt Gerald Bachinger plädierte für eine rasche Fertigstellung des Patienteninformationsportals: „Die Patienten haben ein Recht darauf zu wissen, wie gut ihre Krankenhäuser tatsächlich sind.“ Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass etliche unterschiedliche Qualitätsfacetten beleuchtende Initiativen auf den Weg gebracht wurden und nunmehr koordiniert und unter Beteiligung aller relevanten Stakeholder umgesetzt ■ werden müssen. Kontakt: Mag. Evelyne Walch Öffentlichkeitsarbeit Tiroler Gebietskrankenkasse [email protected] www.tgkk.at Q U A L I TA S • 0 1 / 1 6
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