30 Artikel zur deutschen Fluggeschichte Rainer Lüdemann Deutsche Fluggeschichte Teil I Rainer Lüdemann Deutsche Fluggeschichte Teil I 30 Artikel zur deutschen Fluggeschichte 2. überarbeitete Ausgabe Rainer Lüdemann Verlag: epubli GmbH, Berlin Impressum Copyright: © 2012 Rainer Lüdemann Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de ISBN 978-3-****-***-* Fotos auf Vorder- und Rückseite: Rainer Lüdemann Einband-Design: Rainer Lüdemann Inhalt Ein Wort vorab 9 Otto Lilienthal – Erster deutscher Flieger 11 Gustav Weisskopf – Erster Flugversuch mit einem Motorflugapparat? 17 Gustav Weisskopf – Motorisierte Gleiter No. 21 und No.22 21 Gustav Weisskopf – Aus Mangel an Beweisen 25 Internationale Luftschifffahrtsaustellung (ILA) 1909 29 Deutsche und internationale Luftfahrtereignisse in den Jahren 1907 bis 1909 34 August Euler – Wegbereiter des deutschen Flugwesens 40 Deutsche Flugzeugkonstrukteure der Jahre 1909/1910 45 Karl Jatho fliegt 1903 bei Hannover 50 Daimler Motoren-Gesellschaft (DMG) – Erste deutsche Flugmotoren 54 Entwicklung der deutschen Militärluftfahrt vor dem 1. Weltkrieg 59 Claude Dornier – Die ersten Ganzmetallflugzeuge 64 Zeppelin- Luftschiffe vor dem 1. Weltkrieg 1900 bis 1908 69 Zeppelin- Luftschiffe vor dem 1. Weltkrieg 1909 bis 1912 74 Zeppelin- Luftschiffe vor dem 1. Weltkrieg 1912 bis 1914 80 Zeppelin-Militärluftschiffe- Entwicklungen bis Ende 1915 85 Zwischen Himmel und Hölle – Einsatz deutscher Luftschiffe im 1. Weltkrieg 90 Zeppelin-Marine-Luftschiffe - Entwicklungen 1916 bis Herbst 1918 95 Militärluftfahrt in Deutschland nach dem 1.Weltkrieg 101 Claude Dornier – Von der Libelle bis zum Wal 105 Claude Dornier - Die Landverkehrsflugzeuge Komet und Merkur 110 Erste Pläne zum Aufbau der deutschen Fliegertruppe 1923-1926 114 Die deutsche Flugzeugindustrie und die Aktivitäten der Reichswehr 1922- 1932 118 Erster Deutscher mit dem Flugzeug über dem Eis der Arktis 122 Erster Fernflug der Luft Hansa 1926 Berlin- Peking und zurück 127 Der geheime Aufbau der deutschen Luftwaffe 1927- 1934 131 Erster Luftpost-Transport der Lufthansa über den Nordatlantik 135 Deutsche Lufthansa im Südatlantik-Luftpostdienst 140 Junkers W33 „ESA“ sieben Tage in den Fluten des Nordatlantik 144 Die „Bremen“ flieg von Ost nach West über den Nordatlantik 148 Quellen………… 153 Ein Wort vorab Dieses kleine Buch ist eine Zusammenstellung diverser Artikel, deren Inhalt in engem Zusammenhang mit der Entwicklung der deutschen Luftfahrt, insbesondere mit den Pionierleistungen deutscher Flieger, stehen. Diese Arbeit stellt in ihrem Umfang keine vollständige Betrachtung aller Leistungen deutscher Flugpioniere dar. Sie ist im Wesentlichen aber eine Darstellung herausragender Leistungen, Luftfahrtereignissen und technischer Entwicklungen aus den frühen Jahren des Fliegens bis hinein in die 30iger Jahre des letzten Jahrhunderts. Über Lilienthal, Weisskopf, Euler und Grade, die erste ILA bis hin zur Bildung der neuen deutschen Fliegertruppe nach dem 1. Weltkrieg und über die Atlantik-Überquerung der „Bremen“, wird in diesem Buch berichtet Ein zweites Büchlein mit Artikeln über die deutsche Luftfahrt ist in Arbeit und wird über weitere deutsche Flugpioniere und deren Leistungen berichten. Bad Sassendorf, April 2016 9 10 Otto Lilienthal – Erster deutscher Flieger Otto Lilienthal wurde am 23. Mai 1848 in Anklam geboren und sein Bruder Gustav folgte eineinhalb Jahre und seine Schwester 7 Jahre später. Die Familie Lilienthal war ursprünglich schwedischer Herkunft und siedelte sich in der Nähe von Anklam / Vorpommern an, das bis 1815 noch zu Schweden gehörte. Die beiden Söhne begeisterten sich seit ihrer frühsten Jugend mit der Natur und der Technik. Zum Thema Fliegen sollen die beiden Brüder über das Studium einer Schrift mit dem Titel „Die Reisen des Grafen Zambeccary“, eines bekannten Luftschiffers, gekommen sein. Dieses Büchlein enthielt auch ein Kapitel über den Vogelflug, der für viele Jahre zur Hauptbeschäftigung der beiden Brüder wurde. Nachdem Otto 1864 von der Obertertia auf die ProvinzialGewerbeschule in Potsdam wechselte, legte er in nur 2 Jahren das beste Examen seines Jahrganges ab. Danach besuchte er die Gewerbe-Akademie in Berlin um dort eine Ingenieurausbildung für Dampfmaschinen und Pumpen zu erhalten. Nach der Ausbildung konstruierten die beiden Brüder verschiedene Fluggeräte, welche von ihnen ständig verbessert wurden. 11 Darunter war auch ein im Jahr 1868 entstandenes Flügelschlaggerät, das die Beiden voll an ganz in Beschlag nahm. Ob ihrer vielen Rückschläge bei der Erprobung des Apparates begannen die Brüder ab 1871 dieses Thema von einer anderen Seite aus zu betrachten. In den folgenden Jahren stand die Theorie im Vordergrund. Sie bauten Modelle und stellten Hunderte von Berechnungen an. Den Jahresberichten der Aeronautical Society of Great Britain entnahmen sie unter anderem alle für sie wichtigen Informationen zu gewölbten Flügelflächen. Besonders die Thematik des Auftriebes hatte sie fasziniert, deren Ergebnisse in den darauf folgenden eigenen Versuchen bestätigt wurden. Diese Ergebnisse veranlassten sie 1874 einen Drachen zu bauen, welcher in seinen Grundzügen, speziell die Form der Flächen, einem Vogel glich. Die Versuche mit diesem Drachen waren sehr erfolgreich. Lilienthal-Flügel (Replikat) Foto:Lüdemann/ DTMB In den 80iger Jahren des 19. Jahrhunderts begann Otto Lilienthal mit den Bau verschiedener Motoren für Berliner Fabriken, machte sich damit selbständig und gründete eine eigen Firma, welche nach relativ kurzer Zeit bereits 60 Mitarbeiter beschäftigte. Im März 1886 traten die beiden Brüder den 1881 gegründeten „Verein zur Förderung der Luftschifffahrt“ bei und setzten ihre seit 1875 unterbrochenen Versuche fort. Die Versuche mit den Flächen unterschiedlicher Wölbungen wurden im Herbst 1888 abgeschlossen. Damit hatten die Brüder die physikalischen Grundlagen des Vogelfluges ausreichend erklärt, so dachten sie. 12 Vorträge vor dem Verein zur Förderung der Luftschifffahrt, fasste diese zusammen, bearbeitete sie und veröffentlichte noch im selben Jahr sein Buch „Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst“. Das Interesse an diesem Buch war recht mäßig, aber als er später seine ersten Gleitflüge erfolgreich durchführte, fand sein Buch größere Beachtung. Bis 1896 wurden in Deutschland 300 Exemplare verkauft. Mit der Entwicklung des Fluggedanken und der vermehrten Versuche mit Flugapparaten in vielen anderen Ländern weltweit, wurde es in viele Sprachen übersetzt und für viele zu einer Art Standardlektüre, sogar für die Brüder Wright. In England und in Frankreich fand es zu Beginn der 90iger Jahre große Beachtung. Im Sommer 1880 begannen die Brüder mit praktischen Flugversuchen, wobei Otto der aktivere war und Gustav, aufgrund beruflicher Tätigkeit, nur wenig Zeit fand, Otto zu unterstützen. Bei diesen ersten Versuchen gelangen mit den flügelartigen Flächen nur vereinzelte Luftsprünge. Das Gleichgewichtsproblem wurde zum grundlegenden Problem. 1891 baute Otto einen neuen Flugapparat, der die Gestalt eines ausgebreiteten Flügels hatte und eine Flügelfläche von 10 m² besaß. Aber auch mit diesem Gerät konnten nur Sprünge von 7-8 Metern vollführt werden. Nach Verbesserungen des Apparates konnten kurze Gleitflüge von bis zu 25 Metern erreicht werden. Lilienthal wurde immer sicherer in der Bedienung des Apparates. Im Winter 1892/ 1893 fertigte Lilienthal einen neuen Gleiter. Er verkürzte die Spannweite der Flügel und vergrößerte deren Flächen. Im Frühjahr 1893 ließ sich Lilienthal in Steglitz (heutiges Berlin) einen Übungshügel mit Hangar anlegen. Von einer Absprunghöhe von 10 Meter konnten jetzt schon weitere Gleitflüge unternommen werden. Im Sommer desselben Jahres fand Lilienthal in den Rhinower Bergen noch bessere Verhältnisse für seine Gleitversuche. Die Hügelkette bot eine Absprunghöhe von bis zu 60 Metern. 13 Lilienthal-Gleiter (Replikat) Foto:Lüdemann/ DTMB Bei den ersten Versuchen erreichte er schon Weiten von 80 bis 250 Metern, wobei er ausgiebig den Kurvenflug übte. Den Gleiter von 1893 ließ er sich nicht nur in Deutschland sondern auch in den USA patentieren. 1894 ließ sich Lilienthal in der Nähe seines Wohnortes in Lichterfelde einen 15 Meter hohen Absprunghügel errichten. Hier wollte er seine Techniken verfeinern um den Segelflug für längere Zeit zu ermöglichen. Im Vordergrund standen hier besonders das Problem des dynamischen Druckmittelpunktes und die Steuerung seiner Gleitapparate. Hierbei ist er einige Male sehr unsanft auf die Erde zurückgekehrt und hat sich dabei mehrmals verletzt. Bei verstärkten Aktivitäten im Jahr 1895, die Flugstabilität und damit den dauerhaften Segelflug zu verbessern, kam Lilienthal zum Bau eines Doppeldecker-Apparates, von dem er sich eine bessere Handhabung bei der Steuerung erhoffte. Aber mit diesem Gerät wurde die Erlangung des Gleichgewichts in der Luft auch nicht bewältigt. Die Doppeldecker-Variante wurde schnell wieder fallen gelassen und Otto wandte sich wieder dem motorisierten Flügelschlagapparat zu. Zugleich arbeitete er an der Lösung für ein Höhenleitwerk. 14 Lilienthals Doppeldecker-Gleiter (Replikat) Foto: Lüdemann/ DTMB In dieser Zeitl bedrängte Gustav sein Bruder ständig seine Segelflugversuche doch vorübergehend einzustellen bis neue theoretische Erkenntnisse zum Problem der Stabilität vorlägen. Otto war nicht davon abzubringen und er experimentierte weiter mit einem modifizierten 1894iger Modell. Zusammen mit seinem Techniker Paul Beylich fuhr er in die Stöllner Berge und absolvierte dort einige erfolgreiche Segelflüge bis er am 07. August 1896 in ca. 20 Metern Höhe durch eine Windböe aus dem Gleichgewicht kam und fast senkrecht abstürzte. Dabei zog er sich Schwerstverletzungen der Wirbelsäule zu. Zwei Tage später erlag Otto Lilienthal in einer Berliner Klinik seinen Verletzungen. Mehr als 2000 Gleitflüge wurden von Lilienthal durchgeführt, bei denen er sich insgesamt fast 5 Stunden in der Luft bewegte. Die praktische Anwendung des vorhandenen Wissens sowie die Entwicklung einer gut durchdachten Methode, das Fliegen zu erlernen, sichern Otto Lilienthal einen bleibenden Platz in der langen Geschichte der Entwicklung des Fluges. Viele große Flugpioniere, unter ihnen die Brüder Wright, Augustus M. Herring, Octave Chanute und Percy Pilcher, waren von den Arbeiten Lilienthals beeindruckt und nutzten diese ihre eigenen Versuche fortzuführen. 15 Einige von ihnen besuchten die Lilienthal Brüder sogar und informierten sich vor Ort über die Fluggeräte und über die Versuche, die damit durchgeführt wurden. Der Landsberger Ingenieur Alois Wolfmüller und der englische Ingenieur Percy Pilcher kauften einen Gleitapparat und entwickelten diesen für ihre Versuche weiter. Wolfmüllers Flugapparat (Replikat) Foto:Lüdemann/ Flugwerft Oberschleißheim Wilbur Wright schrieb im November 1901 „Ich habe die Übersetzung des Lilienthalschen Werks gelesen und die Illustrationen und Tafeln geprüft. Es ist ein wunderbares Buch, obgleich, wie ich es sehe, Irrtümer vorhanden sind. Und dennoch, für eine Pionierarbeit auf einem vollkommen neuen Gebiet ist sie bemerkenswert gesund und genau. Sein Buch muss als die Arbeit nur eines Mannes außerordentlich hoch eingeschätzt werden.“ 16 Gustav Weisskopf – Erster Flugversuch mit einem Motorflugapparat? Gustav Weisskopf soll seinen ersten Flug mit einem motorisierten Flugapparat im Jahre 1899 in der Nähe von Pittsburgh durchgeführt haben. Der Deutsche Gustav Alvin Weisskopf (Gustave Alvin Whitehead), geboren am 01. Januar 1874 im fränkischen Leutershausen nahe Nürnberg, verbrachte seine Schul- und Jugendjahre in Höchst am Main. Schon zu dieser Zeit war Weisskopf fasziniert von der Vogelwelt und der Art und Weise wie Vögel fliegen. Er baute erste Gleitfliegermodelle und Ballons und studierte den Flügelschlag der Vögel. Seine Mitschüler nannten ihn den „Flieger“. Mit dreizehn Jahren waren er und seine beiden Brüder schon Vollwaisen und lebten von da an bei den Großeltern in Ansbach. Hier baute Weisskopf seinen ersten Gleitflieger, den er nachts vom Dach des großelterlichen Hauses ausprobierte. Obwohl dieser Flugversuch ein totaler Misserfolg war, konnte Weisskopf vom Fluggedanken nicht mehr loskommen. Sein ganzes Leben, seine ganze Lebensarbeit nutzte er, seinen Traum vom Fliegen Wahrheit werden zu lassen. Lehrjahre Im Alter von 14 Jahren verließ er das Haus seiner Großeltern, heuerte auf einem Schiff an und fuhr mehrere Jahre zur See. Während dieser Zeit nutzte er jede freie Stunde für weitere Studien des Vogelfluges, vor allem dem der großen Seevögel. Dieses Studium, wie es Francis Wenham und viele andere vor ihm durchführten, sollte ihm einige Jahre später helfen seine mechanischen Fähigkeiten beim Bau seiner ersten Flugmaschine besser zu entfalten. Als er zwanzig Jahre alt war soll er für kurze Zeit wieder nach Deutschland gekommen sein. Otto Lilienthal hatte schon hunderte von Luftsprüngen gemacht und führte die ersten Gleitflüge von den Rhinower Bergen durch. 17 Hat Weisskopf die Brüder Lilienthal besucht? Immer wieder wurde in verschiedenen Veröffentlichungen darüber berichtet, dass Weisskopf nach Deutschland kam um die Brüder Lilienthal aufzusuchen. Diese Behauptung ist aber bis heute nicht belegt worden. Otto Lilienthals bekannteste Arbeit „ Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst“ war veröffentlicht und eine Vielzahl von seinen Aufsätzen und Vorträgen haben garantiert Interesse von Weisskopf geweckt, aber zu einem direkten Zusammentreffen der beiden wird es nicht gekommen sein. Der junge Weisskopf war bis dahin noch ein unbeschriebenes Blatt und wirklich herausragende Arbeiten in der Entwicklung des Fluges konnte er auch noch nicht vorweisen. Eher muss man annehmen, dass sich Weisskopf aus Bescheidenheit unter die Zuschauer mischte und sehr aufmerksam die Versuche von Lilienthal beobachtete und dessen Fluggerät sorgfältig studierte. 18 Ein Hanggleiter mit Antriebsmotor Später, 1895 (?) und wieder zurück in Amerika, soll Weisskopf in Zusammenarbeit mit der Boston Aeronautical Society Gleiter gebaut haben, die dem Lilienthal-Eindeckermodell sehr ähnlich waren und sogar geflogen sein sollen. 1897 gingen die ersten Nachrichten über Weisskopf durch ganz Amerika und kamen sogar bis nach Europa. Im gleichen Jahr begann er seine Arbeit bei der Horseman Toy Company in New York. Dort war er „Spezialist“ für Hanggleiter, Flugmodelle und Motoren für Flugmaschinen. Nebenbei plante Weisskopf seine ersten eigenen Modelle und führte Versuche mit diesen durch. Für die Weiterbildung auf dem Gebiet der Luftfahrtentwicklungen nahm Weisskopf immer wieder die Möglichkeit des Studiums von Fachliteratur wahr, die er sich von der öffentlichen Bibliothek in Buffalo auslieh. Als Berufsbezeichnung gab er fortan „Aeronaut“ an. Im Jahr 1899 zog er mit seiner Familie von Buffalo nach Baltimore und kurz danach nach Pittsburgh, Pennsylvania. Er arbeitete dort halbtags als Grubenarbeiter und half den Nachbarn bei Reparaturen jeglicher Art. Die meiste Zeit verbrachte er aber mit dem Bau von Flugapparaten und der Entwicklung von Antriebsmaschinen. Es wird von Augenzeugen berichtet, dass Weisskopf im April oder Mai des Jahres 1899 einen erfolgreichen Flugversuch mit einer Flugmaschine gemacht haben soll, welche mit einer Dampfmaschine als Antrieb ausgerüstet war. Aus verschiedenen Quellen geht hervor, dass Weisskopf zusammen mit seinem Assistenten Darvarich nach erfolgreichem selbstständigen (!) Start ca. 6 bis 7,5 Meter hoch und ca. 800 Meter weit geflogen sein soll. Dies geht auch aus einer eidesstattlichen Erklärung von Louis Darvarich hervor. Weiter wird erklärt, dass er als Assistent zur Bedienung der Dampfmaschine diesen Versuch gemeinsam mit Weisskopf durchgeführt hat und dieser Flug in der Nähe eines Vorortes von Pittsburgh mit einem von Weisskopf gebauten EindeckerFlugapparat stattgefunden haben soll. Erster Flugversuch endete mit einem Unfall Darvarich berichtete, dass sie nicht in der Lage waren, mit dem Flugapparat hoch genug zu steigen um ein dreistöckiges Haus zu überfliegen. Dieser Aussage könnte man entnehmen, dass entweder 19 eine Steuerung des Flugapparates nicht vorhanden oder nicht voll funktionstüchtig war. Eine Kollision mit dem Gebäude war also unvermeidlich und Darvarich verbrühte sich durch die austretenden Dämpfe des dabei zerstörten Dampfkessels. Die Verbrennungen waren so schwer, dass er einige Wochen im Krankenhaus verbringen musste. Weisskopf blieb bei diesem Unfall unverletzt. Weisskopf vor seinem Flugapparat No. 21 Die Dampfmaschine war von ihm so genial konstruiert, dass einige Jahre später der Australier Lawrence Hargrave das Design in Miniatur übernahm und für seine eigenen Versuche nutzte. 1900 verschlug es Weisskopf und seine Familie nach Bridgeport, Connecticut, wo er eine Anstellung als Mechaniker oder Schlosser fand. Sein neues Zuhause bot ihm so viel Platz, dass er in einem kleinen anliegenden Schuppen eine Werkstatt einrichten konnte ohne durch seine Arbeiten die Nachbarn zu stören. Am 08.Juni 1901 berichtet die Zeitschrift Scientific American zum ersten Mal über Weisskopf und seinem motorisierten Flugapparat. Zwei Monate später wurde über einen neuen motorisierten Hanggleiter No.21 berichtet, den Weisskopf kurz zuvor fertig gestellt hatte. Mit diesem Apparat soll er am 14. August 1901, also zwei Jahre vor dem ersten Motorflug der Brüder Wright, mehr als zwei Kilometer weit geflogen sein. 20 Gustav Weisskopf – Motorisierte Gleiter No. 21 und No.22 Bereits im Mai 1899 soll Gustav Weisskopf den ersten Flug mit einem Motorflugapparat unternommen haben. Die Flugapparate No. 21 und 22 folgten. Erstmalig berichtete am 08.Juni 1901 die wissenschaftliche Zeitschrift Scientific American über Weisskopf und seinem motorisierten Flugapparat. Der Flug, der einige Tage zuvor stattgefunden haben soll, wurde leider durch einen Unfall beendet. Zwei Monate später wurde über einen motorisierten Hanggleiter No.21 berichtet. Mit diesem Apparat soll Weisskopf am 14. August 1901 erfolgreich geflogen sein. Die Flüge von Apparat No.21 Der Flugapparat No. 21 soll nach Berichten von Augenzeugen 2,5 Kilometer weit und ca. 10-15 Meter hoch geflogen sein. Sein Start erfolgte nach einem relativ kurzen Anlauf eigenständig und ohne fremde Hilfsmittel. Die Landung soll nach erfolgtem Flug sicher ausgeführt worden sein. 21 Vier Tage nach diesem Flug, am 19. August 1901, berichtete die Zeitschrift Boston Transcript von diesem Flugereignis. Augenzeugen bestätigten den eigenständigen Start dieses Flugapparates. Dieser konnte mit Hilfe eines Motors, der zwei Propeller antrieb, fliegen und ohne Schwierigkeiten wieder landen. An dem Tag sollen letztendlich vier Flüge im Morgengrauen durchgeführt worden sein, die in vielen wichtigen Publikationen in Amerika Aufsehen erregten. Weitere drei Flüge sollen am Nachmittag des gleichen Tages stattgefunden haben. In der amerikanischen wie auch in der europäischen Fachwelt wurden diese Nachrichten sehr unterschiedlich zur Kenntnis genommen. Ein Großteil der Luftfahrtkenner und Experten beurteilten diese Meldungen mit Vorsicht, da doch ein „einfacher Fabrikarbeiter“ einen motorisierten Flug mit einer selbstgebauten Flugmaschine zustande gebracht haben soll, ohne auch nur die geringste externe Unterstützung. Unfassbar! Alle wussten zwar, dass die Zeit reif war für eine solche Meldung, aber glauben wollte sie keiner so recht. Erste Wasserlandung und ein Dieselmotor für No. 22 ? Ende September stellte Weisskopf seine No.21 in Atlantic City aus. Ihm genügten wohl die wenigen Flüge um zu wissen, dass er auf dem richtigen Weg war. Er konzentrierte jetzt seine gesamte Energie auf die Verbesserung seiner Antriebsmotoren. Kurz vor Ablauf des Jahres 1901 soll Weisskopf die erste Wasserlandung bei nachfolgenden Versuchsflügen mit seinem Motorflugzeug unternommen haben. Er entwickelte und baute auch den ersten Dieselmotor für Flugmaschinen. Diesen Motor soll er versuchsweise in seine No. 22 (wahrscheinlich neue Bezeichnung er No.21 wegen des neuen Motors) eingebaut und am 17.Januar 1902 einen Rundflug von einer Gesamtlänge von 11 Kilometern gemacht haben. Eigentlich sollen es zwei Flüge gewesen sein, wobei der zweite ca. 7 km weit war. Wieder gab es Presseberichte in aller Welt. Und wieder wurden keine exakten Aufzeichnungen über die beiden Flüge gemacht. 22 Alle Angaben zur Technik des Flugapparates, die bekannt wurden, waren nur Schätzungen der Augenzeugen bzw. erfolgten zu den durchgeführten Flügen von Weisskopf selbst. Genau ein Jahr und elf Monate später stiegen die Brüder Wright zu ihrem ersten Motorflug auf!! Aber verglichen mit den Leistungen von Weisskopf, wenn sie der Wahrheit entsprachen, verdiente ihr längster Flug an diesem Tag kaum erwähnt zu werden. Brief an den American Inventor Im März 1902 schrieb Weisskopf einen Brief an die Redaktion des American Inventor, der am ersten April 1902 veröffentlicht wurde. In diesem Brief wurden die beiden erfolgreichen Flugzeuge No.21 und No. 22 beschrieben. Er schrieb: “…(no.22) is run by a 40horsepower kerosene motor of my own design, especially constructed for strength, power and lightness, weighing but 120 pounds complete… ,it runs about 800 revolutions per minute, has four cylinders …Ignition is accomplished by its own heat and compression…” Diesen Angaben zufolge betrug das Leistungsgewicht des Motors ca. 2,2 kg/PS, eine hervorragende konstruktive Leistung von Weisskopf. Sein selbstzündender Motor soll ca. 40 PS bei 800 U/ min geleistet haben und etwa 18 Kilogramm schwer gewesen sein. Der Bruder John Whitehead dagegen gab an, dass es sich hierbei um einen 4Zylinder-Zweitakt-Motor gehandelt hat, der aber nur 20-25 PS leistete. Das Problem war, dass John Whitehead den Flugapparat nie hat fliegen sehen. Der Rumpf des Flugzeuges, so schreibt Weisskopf weiter, ist aus Stahl und Aluminium gefertigt. Seine Länge betrug 4,90 m, die Breite und Höhe ca. einen Meter. Er sah aus wie ein Fischkörper. Der Rumpf wurde von vier 13 Zoll- Automobilrädern getragen. Die Gesamtflügelfläche der mit Seide bespannten Tragflächen betrug ca. 42 m². In der Beschreibung, die Weisskopf über sein Flugzeug gab, existieren einige interessante Aspekte, welche hier noch kurz aufgeführt werden sollen. 23 Interessante Konstruktionsmerkmale Weisskopf schrieb, dass der Motor auf dem Boden beim Rollen die beiden vorderen Räder antrieb und das ganze Gefährt so auf Startgeschwindigkeit brachte. Nach ca. 18 Metern soll der „Vogel“ gezeigt haben, dass er Auftrieb hat und fliegen wollte. Weiskopf schaltete dann den Antrieb über ein spezielles Getriebe von den Rädern auf die beiden Propeller, sodass der Vortrieb in der Luft damit gewährleistet war. Der Scientific American schrieb in einem Artikel über diesen Antrieb am 08. Juni 1902, dass es sich um eine „double compound engine of 20 horse power“ handelte, die beide Antriebe, die der vorderen Räder und die der gegenläufigen Propeller, bediente. Andere Quellen geben einen 10-PS und einen 20 PS-Motor für den Flugbetrieb an. Die beiden hinteren Räder wurden zum Lenken beim Anrollen auf der Erde benutzt. Ein weiteres interessantes Konstruktionsmerkmal waren die beiden Holzpropeller, die einen SchraubenkreisDurchmesser von 1,80 m besaßen. Erstaunlicherweise waren sie mit einer dünnen Aluminiumhaut überzogen. Warum? Die Antwort blieb er uns leider schuldig. Ein dritter und herausragender Fakt ist die Flügelkonstruktion, über die er schreibt, dass man diese und das Heck in weniger als einer Minute seitwärts an den Rumpf klappen konnte. Woher hatte Weisskopf diese Idee? Hatte er diese übernommen als er in Deutschland 1894 (?) Otto Lilienthal genau über die Schulter schaute? Jedenfalls sind in diesem Fall gewisse Parallelen in der Konstruktion der Flügel nicht zu leugnen. Am Besten ist die Ähnlichkeit beider Flügelformen im direkten Vergleich zu erkennen. Man erinnere sich auch an den Flugapparat von Phillipe d`Esterno aus dem Jahre 1864, der einen ähnlichen strukturellen Aufbau in der Flügelkonstruktion besaß wie der von Weisskopf. 24 Gustav Weisskopf – Aus Mangel an Beweisen Ohne Bildbeweise konnte der Flugpionier Gustav Weisskopf seine Flüge mit den Flugapparaten No.21 und No. 22 nicht glaubhaft machen. Der deutsche Flugpionier Gustav Weisskopf (Gustave Whitehead) war unbestreitbar ein begnadeter Techniker. Er schaffte es aber nicht, aus Mangel an Beweisen, seine durchgeführten Flüge glaubhaft zu machen. Nach dem heutigen Stand der Dinge existieren keine Fotos, die seine Flugversuche mit No.21 und No.22 dokumentieren. Die eidesstattlichen Erklärungen von Helfern und Augenzeugen reichten zur Anerkennung seiner Versuche nicht aus. Aufgrund des Nichtvorhandenseins dieser Beweise urteilten die Verantwortlichen, vor allem das Smithonian Institution, hart über die Leistungen dieses genialen Erfinders und Flugpioniers. Briefe an den American Inventor In einem Schriftwechsel mit der Redaktion der Zeitschrift American Inventor über die Flüge vom 17.Januar 1902 bestätigte Weisskopf nochmals auf Nachfrage, dass er die Flüge selbst und in dem angebenden Umfang ausgeführt hatte. Er schrieb auch, dass er derzeit keine Fotos von No.22 hätte, er aber einige Fotos von No.21 schicken werde. Die meisten Fotos wären nach seiner Aussage von ungenügender Qualität, da er meist bei sehr schlechtem Licht oder schlechtem Wetter geflogen ist. Weisskopf war klar, wie wichtig Fotos vom Fluggerät während des Fluges waren. Um die Zweifel der Skeptiker zu beseitigen, machte er der Redaktion den Vorschlag vor Ort selbst die Fotos zu machen. Weiterhin legte er noch eine kleine Skizze bei auf der er die längste Strecke einzeichnet hatte, die er am 17. Januar 1902 geflogen ist. Arbeitsweise und Ergebnisse eines genialen Konstrukteurs Weisskopf war ein begnadeter Techniker, der 56 Flugapparate und unzählige Motorenkonstruktionen für Flugapparate selbst baute. All 25 sein Geld, welches er nebenbei verdiente, investierte er in die Entwicklung seiner Flugmaschinen und Antriebe. Ein nur geringer Teil davon blieb für den Lebensunterhalt. Er machte selten Aufzeichnungen über seine technischen Arbeiten oder seine geschäftlichen Transaktionen. Aufzeichnungen über technische Daten oder Fotografien waren für ihn nur Nebensache. Aufgrund akuten Geldmangels, denn es floss alles in seine Erfindungen, war er nicht in der Lage Patente finanziell zu unterhalten. Seine hoch entwickelten Motoren verkaufte er für viel zu wenig Geld, um schnell wieder flüssig zu werden. Weisskopf war nie zufrieden mit seiner Arbeit und begann immer wieder nach Fertigstellung des einen sofort ein neues Projekt. So konnte nur ein Genie arbeiten das voll und ganz auf das „Fliegen“ fixiert war. Mangel an Beweisen – Mangel an Anerkennung So traurig es ist und so ungerecht seine Leistungen auch von bestimmten Gesellschaftskreisen eingeschätzt wurden, ergab sich der Mangel an Anerkennung aus dem Mangel an Beweisen. Und weil er nie mit seiner Arbeit zufrieden war neigte er auch nicht dazu, die Ergebnisse sofort der Allgemeinheit zukommen zu lassen. Noch heute nutzen einige Personen die Gelegenheit die Arbeit von Gustav Weisskopf zu diskreditieren. Unter anderem wurde auch bemerkt, dass er „…mit dem Ding ganz bestimmt nicht geflogen ist…völlig unwahrscheinlich…“, und erklärte weiter „… dass ein Autodidakt wie Weisskopf den gesteuerten Flug nicht beherrscht haben konnte. Wer so etwas behauptet, muss es beweisen…“. Eine nicht seltene aber typische und vorherrschende Meinung nach dem Motto: „Was nicht sein kann, dass nicht sein darf“. In diesem Zusammenhang drängen sich förmlich drei Fragen auf: 1. Wurden nur hochgradig Studierte und deren Forschungsergebnisse akzeptiert? 2. Waren damals nicht alle auf diesem Gebiet irgendwie Autodidakten? 3. Zählten nicht auch die Wright- Brüder dazu? 26 Sensationslust oder Unwahrheit? Die Berichte der damaligen Gazetten werden heute noch von den meisten Luftfahrthistorikern angezweifelt und als übertriebene, sensationslüsterne Journaille abgetan. Es gab aber auch andere! John J. Dvorak, Professor der Physik an der Universität of Washington, St. Luis, war einer derjenigen. Er soll im Oktober 1904 öffentlich bekannt gegeben haben, dass Gustav Weisskopf in seinen luftfahrttechnischen Entwicklungen viel weiter war als alle anderen Personen, die sich mit dieser Materie in dieser Zeit beschäftigten. Seine Assistenten und die unzähligen Augenzeugen, die bei den Flugversuchen zugegen waren, konnten die damalige Fachwelt auch nicht davon überzeugen, dass Weisskopf wirklich geflogen ist. Selbst Louis Darvarich, langjähriger Mitarbeiter von Weiskopf in der Zeit von 1899 bis 1912, hat nach eigener eidesstattlicher Aussage all diese Flüge selbst miterlebt. Seinen Angaben zufolge war er mit Sicherheit kein Märchenerzähler. Offiziell wurde letztendlich festgestellt, dass - keine weiteren Aufzeichnungen über Weite und Höhe des Fluges sowie über die erreichte Geschwindigkeit existierten. - kein voll kontrollierter Flug durchgeführt wurde (weder Flughöhe noch Richtung konnten beeinflusst werden) - eine Landung nicht unbeschädigt durchgeführt werden konnte, zumindest in einem Fall. (die von Weiskopf beschriebene Wasserlandung wurde von offizieller Seite völlig ignoriert). - keine weiteren Dokumentationen vorhanden sind. Diese Feststellungen wurden erst nach dem motorisierten Flug der Brüder Wright getroffen! Das Ende eines Aeronauten Im Jahr 1905 meldete Weisskopf mit Hilfe einer seiner Geldgeber ein Patent für ein Gleitflugzeug an. Im Jahre 1908 kaufte ihm ein amerikanischer Flugzeugbauer namens Ch. Wittemann einen Flugzeugmotor ab, baute ihn nach und montierte diesen in andere Flugzeugtypen. Einen wirtschaftlichen Vorteil daraus hatte Weisskopf bestimmt nicht. Im Jahr 1911 trat ein Flugzeugbauer an ihn heran und bat um Unterstützung beim Bau eines Antriebsmotors für ein 27 Hubschrauberprojekt. Weisskopf übernahm den Auftrag, konnte aber nicht fristgerecht liefern. Um einer gerichtlichen Auseinandersetzung aus dem Wege zu gehen, überließ er dem Auftraggeber alles was er noch besaß. Danach wurde es still um ihn. Weisskopf wurde eigentlich nur ausgenutzt und er zerbrach letztlich daran. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich immer mehr und er starb, auf einem Auge erblindet durch einen Arbeitsunfall, im Alter von 53 Jahren am 10. Oktober 1927 durch einen Herzinfarkt. Er hinterließ seiner Frau das selbstgebaute Haus und acht Dollar in bar. Ist Weisskopf nun geflogen oder nicht? Die Informationslage in Bezug auf die Durchführung der Flüge und zu den technischen Daten der Flugapparate ist immer noch sehr unklar und wird wahrscheinlich auch so bleiben. Aber selbst wenn nur ein Drittel dieser Geschichten wahr wäre, weiß man auch, dass an jeder noch so unglaublichen Geschichte immer ein Körnchen Wahrheit hängt! Ist Weisskopf nun geflogen? Die Antwort sollte lauten: „Natürlich ist er geflogen, nur nicht mit einem voll kontrollierbaren Flugapparat. Und er war den späteren praktischen Ergebnissen der Brüder Wright weit voraus.“ 28 Internationale Luftschifffahrtsaustellung (ILA) 1909 Zur Geschichte der Luftfahrt gehört natürlich auch die Geschichte der Internationalen Luftfahrtausstellung (ILA). Sie ist die größte Luftfahrtmesse ihrer Art weltweit. Alle zwei Jahre fand sie in der jüngeren Geschichte an zwei Standorten statt, in Hannover und Berlin. Im letzten Jahr 2009 wurde diese Luftfahrtausstellung 100 Jahre alt und zog wieder Hunderttausende Besucher in ihren Bann. In diesem Jahr schreiben wir 101 Jahre Geschichte der ILA, die im Juli des Jahres 1909 in Frankfurt am Main begann. Die internationale Luftschifffahrtsausstellung wurde erstmalig im Jahre 1909 durchgeführt und hat Millionen von Besuchern in ihren Bann gezogen. Nicht nur Freunde der Luftfahrt kamen damals nach Frankfurt am Main sondern auch viele Luftfahrtenthusiasten, Flugpioniere und Konstrukteure der ersten Stunde trafen sich bei dieser großen internationalen Luftfahrtmesse um ihre Erfahrungen auszutauschen und ihre Produkte auszustellen. Die Ausstellung fand von 10.Juli bis 17.Oktober 1909 statt und stand vornehmlich im Zeichen der imposanten Luftschiffe. Sie gab einen umfassenden Überblick über den Stand der damaligen Luftfahrttechnik. Über 500 Aussteller nahmen die Gelegenheit wahr und präsentierten sich auf dieser Ausstellung. Gründung der ILA GmbH Der Initiator Dr. Paul Gans Fabrice hatte wenig Erfolg mit seinem Plan, den er auf der Münchner Theresienwiese wahr werden lassen wollte, denn der Magistrat stellte sich dagegen. Anders war dies aber in Frankfurt. Die Oberen der Stadt waren begeistert. Der Oberbürgermeister und der Leiter des Physikalischen Vereins Prof. Dr. Linke unternahmen alle Anstrengungen um diese Veranstaltung stattfinden zu lassen. Die Bürger von Frankfurt ermöglichten die Bereitstellung eines Garantiefonds von 800.000 Reichsmark. Von den Bürgern, der Stadt, dem Kriegsministerium und vielen anderen Unternehmen wurden Preisgelder für über 100 Wettbewerbe gestiftet. 29 Ballonaufstieg Foto: Marton Siegeti Ein Wunderland der Luftfahrt Innerhalb eines halben Jahres der Planung fand diese Ausstellung statt. Sie wurde am 10. Juli 1909 auf den noch unbebautem Gelände der Ausstellung eröffnet. Vier große Hallen für die Luftschiffe, zahlreiche Buden und Zelte für die Festtagsfeier wurden aufgebaut. Eine riesige Halle für ein Zeppelin-Luftschiff wurde einige Wochen später fertig gestellt. Millionen Besucher Strömten herbei und wollten die neuesten Errungenschaften der Flugtechnik bewundern. Der Eintritt kostete 1 bis 6 Reichmark und war damit nicht für jedermann erschwinglich. In der 130 Meter langen Messehalle zeigten über 500 Aussteller ihre Exponate. Rund um den Ballon Der Hautteil der Veranstaltung beschäftigte sich mit dem Themen Ballons und Ballonfabrikation, Motorballons, Militärluftschifffahrt, Signal-Dienst für die Ballonfahrt, Gasfabrikation und Kompression, feinmechanische physikalische Apparate als Ausrüstung für die Luftschiffe und Flugapparate. Das älteste Ausstellungsstück war ein französischer Kriegsballon den die österreichischen Truppen im Jahre 1796 bei Würzburg erbeutet hatten. 30 Aus ganz Europa kamen Ballonfahrer um sich an den zahlreichen Wettfahrten zu beteiligen. Der beste Teilnehmer schaffte es 1200 km weit bis nach Ostpreußen und er brauchte dafür 42 Stunden. Insgesamt wurden in den 100 Tagen 431 Ballonfahrten durchgeführt an denen ca. 1200 begeisterte Bürger teilnahmen. Das Zeitalter der Motorflugmaschinen bricht an Unweit entfernt befanden sich das ca. 1 Quadratkilometer große Flugfeld der Flugapparate, der so genannten „Aeroplanes“, für ihre Flugversuche und der Landeplatz der Zeppelin-Luftschiffe Z II und Z III. Hier konnte der interessierte Zuschauer schon die Zukunft und das Potenzial dieser Fluggeräte erahnen. Zwar noch klapprig und aerodynamisch völlig daneben, zeigten die berühmtesten Piloten Europas mit ihren 50- PS- Maschinen was sie bis dahin gelernt hatten. Sie maßen ihre Flugkünste und stritten um die insgesamt 105 Tausend Mark Preisgelder. Auch Deutschland war vertreten durch die Flieger August Euler und Karl Jatho. Sie mussten gegen die berühmten französischen Flieger Bleriot, Latham und Rougier antreten. August Euler schreibt deutsche Luftfahrtgeschichte August Euler stürzte sich wagemutig in den Wettstreit und absolvierte über 50 Starts und Landungen. Am 27.August gelang ihm ein Flug von 2 Minuten und 30 Sekunden und am 7. Oktober zeigte er seine beste Leistung und erhielt dafür den Tagespreis für den längsten Flug von 4min und 54 Sekunden. Dabei überflog er das Flugfeld vier Mal. Im Vergleich zu den ausländischen Mitstreitern war dies natürlich eine sehr spärliche Leistung. August Euler war nicht nur als Flieger angetreten, sondern auch als Konstrukteur. Er zeigte auf der Ausstellung vier verbesserte VoisinDoppeldecker. Weiterhin zeigte er 3 Gleiter, die er ebenfalls in seiner Fabrik in Griesheim bei Darmstadt baute. Euler war auch der Gründer der ersten Flugschule in Deutschland und erhielt das Flugzeugführerpatent Nr.1. 31 Die Luftschiffe kommen Großes Aufsehen erregten natürlich die großen Luftschiffe Z II, das Parseval III und das Clouth und Ruthenberg - Luftschiff. Zehntausend Zuschauer sahen die Landung des Z II am 31. Juli 1909. Der mit Wasserstoffgas gefüllte Gigant war 136 Meter lang und hatte einen Durchmesser von 13 Metern. Am 11. September schwebte das zweite Luftschiff, die Z III, über dem Flugfeld der Ausstellung ein. Sie sollte wochenlang für 200 Mark pro Person Vergnügungsfahrten für die wohlhabenden Interessierten unternehmen. Luftschiff in Fahrt Sammlung: Lüdemann Wissenschaft und Technik - Neue Herausforderungen In vielen Vorträgen und Diskussionen versuchte man hinter die Geheimnisse der Aerodynamik und der Luftelektrizität zu kommen. Weitere Vorträge werden über die Flugmedizin, Navigation und der Luftfotografie gehalten, sowie über die militärische Verwendung der Luftschiffe. Die Luftfahrt- Meteorologie war natürlich auch wichtiger Bestandteil in den Vorträgen während dieser Ausstellung, welche in den Räumen des Physikalischen Vereins gehalten wurden. Auf dem Messegelände wurde eigens für den Flugbetrieb ein „Aeround meteorologisches Observatorium“ eingerichtet. 32 Ein großer Erfolg für die internationale Luftfahrt Nach drei Monaten, am 17. Oktober, schloss die ILA ihre Tore wieder. Rund 1,5 Millionen Besucher waren gekommen und brachten 1,1 Millionen Reichsmark in die Eintrittskasse. Dennoch stand bei der Abrechnung dieser Veranstaltung eine rote Zahl unter dem Strich. Trotzdem gab die Internationale Luftschifffahrtausstellung (ILA), so kann man mit Recht behaupten, der Luftfahrt einen Initialeffekt, neue Impulse zur Verbesserung der Flugtechnik und vor allem der gerade entstehenden Luftfahrtindustrie viele verwertbare Erfahrungen mit auf den Weg. 33 Deutsche und internationale Luftfahrtereignisse im Jahr 1907 - 1909 Das Jahr 1909 wurde geprägt durch den Flug von Louis Bleriot über den Ärmelkanal, der Flugwoche in Reims und der ILA in Frankfurt am Main. Wright-Flugmaschine zeitgen. PK Nachdem die Wrights aller Welt auch in Europa gezeigt haben, wie man fliegt, wurden gerade in Frankreich und auch in Deutschland intensive Versuche unternommen dieselben Flugleistungen zu vollbringen. Im Verlauf des Jahres 1909 sind die Leistungen von Louis Bleriot und Hans Grade von besonderer Bedeutung. Als am 25. Juli 1909 Louis Bleriot mit seinem Eindecker-Flugzeug No. 11 die 33,5 Kilometer in nur 27 Minuten über den Ärmelkanal nach England flog, war für die Fachwelt klar, dass künftig die Kontinente der Welt mit dem Flugzeug erreicht werden können. Bleriot war unbestreitbar der Wegbereiter dieses revolutionären Gedanken. Aber auch die Flugleistung von Grade am 30. Oktober 1909 hatte maßgebend Einfluss auf die Entwicklung des Flugwesens in Deutschland. 34 Louis Bleriot zeitgen. PK Französische Flieger sind führende Kraft in Europa Nach Santos- Dumont, den Brüdern Gabriel und Charles Voisin und den Brüder Henry und Maurice Farman war der Flugpionier Louis Bleriot der Erste, der bei seinen Flugapparaten die Eindecker- Bauart bevorzugte. Mit seiner No.11 gelang ihm der Durchbruch und er vollbrachte, wie auch Hubert Latham, hervorragende Leistungen im Verlauf des Jahres 1909. Hervorheben muss man den Flug von Bleriot mit zwei Passagieren über 300 Meter Weite. Der Anglo-Franzose Latham benutzte den von Leon Levavasseur konstruierten Eindecker „Antoinette VII“. Dieser Eindecker war neben der Bleriot XI das erfolgreichste Fluggerät des Jahres 1909. Während der Flugwoche bei Reims holte er sich den Preis für die größte erreichte Höhe mit 155 Metern. Vom 23. bis 27. September zeigte Latham sein Können über dem Tempelhofer Feld (Berlin) und flog unter anderem von dort nach Johannisthal. Dieser 10- Kilometer-Flug dauerte etwas mehr als 14 Minuten und endete mitten in den Vorführungen der Eröffnungsveranstaltung der Internationalen Flugwochen. 35 Ende der Leseprobe von: Deutsche Fluggeschichte - 30 Artikel zur deutschen Fluggeschichte Rainer Lüdemann Hat Ihnen die Leseprobe gefallen? Das komplette Buch können Sie bestellen unter: http://bit.ly/1XGgZDH
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