Übungsblatt 02 - OC I - SoSe 2014 (Prof. Bunz) 1. Alkane sind im Allgemeinen sehr reaktionsträge. Durch Umsetzung mit Halogenen können sie jedoch leicht funktionalisiert werden. Geben sie den Mechanismus der Radikalkettenreaktion für die Monochlorierung eines hypothetischen Alkans R-H an. Erläutern Sie die Reaktivitätsunterschiede hinsichtlich Reaktionsgeschwindigkeit und Selektivität bei der Radikalkettenreaktion mit Flur, Chlor, Brom und Iod. Lösung am Bsp. der Chlorierung: 1. Kettenstart (Initiation): Licht Cl2 Homolytische Spaltung 2 Cl hν oder Radikalstarter wie DBPO (Dibenzoylperoxid) O O Ph ∆T Ph O - 2 CO2 O (Phenylradikal) 2 2. Kette (Propagation oder Kettenfortpflanzung) Cl R H + HCl R + Cl Cl2 Chlorspaltung Cl + R Wasserstoffspaltung R + .... Kettenreaktion Nicht produktive Zusammenstöße: Cl + Cl-Cl R + H Cl-Cl + H R R Cl + R 3. Abbruch (Termination) 2 Cl Cl2 2R 2 RH2C Rekombination von Radikalen R R CH2 RH2C CH3 RHC CH2 (Disproportionierung) Unterschiede: Selektivität steigt bei geringerer Reaktivität: Selektivität Fluor Chlor Brom primär 1 1 1 sekundär 1.2 4 250 tertiär 1.4 5 6300 1 Anmerkungen: Fluor: Oftmals explosionsartige Reaktion. Meistens werden Alkane vollständig fluoriert, wobei es auch zu C-C-Bindungsspaltung kommen kann; Abhilfe kann durch Verdünnung des F2-Gases mit einem inerten Gas geschaffen werden. Iod: Keine radikalische Iodierung möglich. Chlor: Häufig Mehrfachchlorierung (da sehr reaktiv). Eher von industriellem Interesse. Brom: Höhere Selektivität und seltener Überbromierungen als bei Chlor. Für Laborsynthesen geeignet (zudem flüssig und daher besser Verwendbar als Gase) 2. Ein großer Überschuss von Isopropylcyclopentan wird mit Brom bzw. Chlor unter Lichteinfluss zur Reaktion gebracht. Welche Produkte sind jeweils möglich, geben Sie eine Prognose bezüglich der relativen Mengen an, in denen diese Produkte gebildet werden. 2 3. Welches Produkt erwarten sie, wenn sie 1-Brom-3-chlorcyclobutan mit Natrium umsetzen? Wie heißt die Reaktion? Schlagen sie einen Reaktionsmechanismus vor. (Anmerkung: nur ein Beispiel; prinzipiell kann auch das Na mit der C-Cl-Bindung reagieren, was praktisch zu einer Vielzahl Produkten führen würde) 4. Was erhalten sie bei der Umsetzung von 3-Iodhexan mit Magnesium in Diethylether. Anschließend wird unter inerten Bedingungen zur Reaktionslösung 1-Iodbutan zugegeben. a) Formulieren sie den Reaktionsmechanismus und geben sie die Oxidationszahl am Metall an. Benennen sie das so dargestellte Produkt. Prinzip der Umpolung R Mg0 Et2O I 3-Iodhexan I Mg0 Mg+II Mg-OF Grignard-Verbindungen I I Oxidative Addition: Die Oxidationszahl am Magnesium erhöht sich formal von 0 auf +II. Mechanistischer Verlauf geht über zwei 1-Elektronentransferschritte (SET, single electron transfer) auf der Mg-Oberfläche (vgl. R. Brückner, 2.Auflage, S 774). Anmerkung: Dies ist nur eine vereinfachte Darstellung des Sachverhaltes; auf Konkurenzreaktionen wie der beta-HydridEleminierung, aber auch der Ausbildung des Schlenkgleichgewichtes und mögliche Tranmetallierungen wurde nicht eingegengen SN2 -MgI2 3 1 2 4 4-Ethyloctan 3 b) Machen sie sich das Grundprinzip der Verwendung von Metallorganylen anhand des oben genannten Beispiels klar. (Tipp: Betrachten sie die die Partialladung am Kohlenstoff). c) Vervollständigen sie das unten aufgeführte Reaktionsschema. MgBr H2O/D2O MeI O C O O H/D C MgBr Me O Daher: Der Ausschluss von H2O/CO2 aber auch von O2 (Begünstigung eines radikalischen Mechanismusses) ist bei synthetischen Arbeiten mit Grignardreagenzien unbedingt notwendig! 5. a) Welche der verschiedenen isomeren Hexane können mittels der Wurtz-Reaktion dargestellt werden? 5 Strukturisomere des Hexans: 4 Mögliche Isomere für die Wurtz-Reaktion. a) (Bindungsbruch) (Retrosynthesepfeil!!!) X 2 + 2 Na 1-Propylhalgenid (bromid/iodid) 2 X + 2 Na 2-Propylhalgenid (bromid/iodid) b) Warum ist die Reaktion zur Herstellung der anderen Isomere nicht brauchbar? Diese Reaktion ist nur zur Darstellung symmetrischer geradzahliger Alkane geeignet. Bei der Verwendung unterschiedlicher Edukte entstünde ein schwer aufzutrennendes Produktgemisch. 6. Das Prinzip der Nucleophilen Substitution (SN-Reaktionen) a) Nennen sie jeweils fünf a) Protisch polare Lösungsmittel; b) Aprotisch polare Lösungsmittel und c) Unpolare Lösungsmittel Anmerkung: Die Geschwindigkeit vieler Reaktionen, wie auch der ablaufende Reaktionsmechanismus ist von der Art des LM abhängig. Die LM stabilisieren/destabilisieren Überganszustände und sorgen für eine Dissoziation bzw. die Solvatation von Ionenpaaren und Molekülen. Je größer die Polarität des LM ist, desto höher ist dessen Dielektrizitätskonstante ε. (Es gibt eine Reihe an Polaritätsskalen, in der die LM aufsteigender Polarität angeordnet sind. Bspw. Polaritätsskala nach Reichardt) a) z.B H2O,EtOH, MeOH, Essigsäure, Isopropanol b) THF (Tetrahydrofuran), DMF (Dimethylformamid), DMAA (Dimethylacetamid), DMSO (Dimethylsolfoxid), Aceton (formal aprotisch aber CH-acide!), Acetonitril, Benzonitril usw. c) Hexan, Diethylether, Pentan, (generell alle Alkane), Cyclohexan, Benzol usw. 5 6 b) Unter welchen Bedingungen und mit welchen Lösungsmitteln werden SN1 bzw. SN2 begünstigt? SN2: primäre oder sekundäre Alkylreste als Substrate bevorzugt. Unpolare Lösungsmittel sind günstig für die Stabilisierung des Übergangszustandes, aber häufig ungünstig, da die entsprechenden Nucleophile schlecht löslich sind. Folglich werden entweder aprotisch polare Lösungsmittel verwendet (auf Kosten der Reaktivität/Reaktionsgeschwindingkeit) oder Komplexbildner wie Kronenether für Metallionen eingesetzt. Diese komplexieren die Kationen und steigern die Nucleophilie der Anionen. Nucleophilie ist die Fähigkeit eines Reagenzes sein Elektronenpaar ein elektronenarmen (Reaktions)Partner (Electrophil) zur Verfügung zu stellen. Starke Nucleophile können zugleich sehr schwache Basen sein (bspw. I-, CN-, RS-) und bevorzugen SN2. Nucleophilie ist auch vom LM abhänging: Bspw. Wässrig organische LM wie Ethanol-Wasser: I->Br->Cl->FAber: in DMF kehrt sich die Reaktivität um: Cl->Br->ISN1: immer an tertiären und manchmal auch an sekundären Alkylresten. Polare, protische Lösungsmittel beschleunigen SN1 stark, da sie die Bildung des polaren Überganszustandes erleichtern und die Carbokationen durch die Ausbildung von Solvathüllen stabilisieren. Im Allgemeinen steigt die Tendenz zur SN1 mit zunehmender Fähigkeit der Ausbildung von stabilien Carbokationen (elektronische Stabilisierung). Es sei angemerkt, dass es neben der Konkurrenz zwischen SN1 und SN2 auch zusätzlich zu Eleminierungen kommen kann. So begünstigen starke nicht nucleophile Basen wie Hünigs Base (N-Ethyl-N,N-di-Isopropylamin) Eleminierungen. 6 c) 1-Methylcyclohexanol wird mit wässriger Bromwasserstoffsäure umgesetzt. Beschreiben Sie den Mechanismus der Produktbildung von 1-Brom-1-Methylcyclohexan anhand eines Energieprofils. Mechanismus: tertiäres Kohlenstoffatom protisches LM (wässrige HBr) SN1 Br OH2 OH + H -H2O - H +H2O reversible Protonierung mitttels einer Säure wie HBr Br Carbeniumion 1-Bromo-1-methylcyclohexan Energieprofil: 7 d) 3-Ethyl-1-Iod-4,5-Dimethylheptan wird mit wässriger Kaliumhydroxid-Lösung umgesetzt. Beschreiben Sie den Mechanismus der Produktbildung von 3-Ethyl-4,5-Dimethylheptan-1-ol anhand eines Energieprofils. 3-Ethyl-1-iodo-4,5-dimethylheptan 3-Ethyl-4,5-Dimethylheptan-1-ol - KI + KOH HO I R SN2 ∆G (kJ/mol) Mechanismus: primäres Kohlenstoffatom Reaktionsenthalpie ∆H (kJ/mol) R R HO I R HO I +I HO H H H H H H Übergangszustand Waldenumkehr Reaktionskoordinate 8 e) Was ist das Hauptreaktionsprodukt der folgenden Reaktion in Aceton? Warum wird nach längerer Reaktionszeit das racemische Produkt erhalten? Diese Reaktion ist unter dem Namen Finkelstein-Reaktion bekannt. Die Löslichkeit von KBr in Aceton ist kleiner als von KI, welches aus der Reaktionslösung ausfällt. 9
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