Dr. h. c. Erwin Poeschel t 21. Juli 1965 von Alexander Frick Dr. h. c. Erwin Poeschel von Alexander Frick A m 21. Juli 1965 starb in Kilchberg bei Zürich Erwin Poeschel, der eines unserer gediegensten Bücher, nämlich die «Kunstdenkmäler des Fürstentums Liechtenstein» verfasste. Dr. Poeschel wurde aufgrund seiner Verdienste um die liechtensteinischen Kultur- und Kunstdenkmäler an der Jahresversammlung unseres Vereins vom 22. November 1959 einstimmig zum Ehrenmitglied ernannt. In den folgenden Zeilen w i l l ich versuchen in kurzen Zügen das Leben und Wirken dieses unseres hochverdienten Ehrenmitgliedes zu skizzieren. Sein Geburtsort war Kitzingen am Main, sein Geburtsdatum der 23. Juli 1884. In Kempten i m Allgäu besuchte er das Gymnasium und nachher studierte er i n München Jurisprudenz. E i n plötzlicher Blutsturz gab seinem Leben eine entscheidende Wendung. Poeschel, der bereits als Referendar i m Dienste eines Anwaltes stand, musste — es war i m Jahre 1913 — in der reinen Luft von Davos Heilung suchen. Die Krankheit war sehr hartnäckig; lange Zeit musste er das Bett hüten; Rückfälle blieben nicht aus. Dieses lange Leiden i n jungen Jahren hat zur Formung seines Wesens sicher viel beigetragen. In Davos wandte sich E. Poeschel, der von jeher der Kunstgeschichte zugetan war, von der Rechtswissenschaft ab, um sich ganz dem Studium und der Beschreibung der Kunst zu widmen. Das an urwüchsigen und vielfältigen Kunstgütern so reiche Graubünden sollte Poeschel sozusagen sein Leben lang beschäftigen. 9 Ein dreibändiges Werk über das Bürgerhaus Graubündens erschien in den Jahren 1923 bis 1925. Vier Jahre später überraschte Poeschel die Freunde der Kunstgeschichte mit dem umfassenden Werk über die Burgen Graubündens, das heute noch seinesgleichen sucht. In sieben Bänden bearbeitete Poeschel die Kunstdenkmäler Graubündens in einer geradezu faszinierenden, einmaligen Art. Dr. Rudolf Jenny, Staatsarchivar in Chur, schreibt in seinem Buch «Einbürgerungen 1800 bis 1960» : «Graubünden war unter den schweizerischen Kantonen der erste, welcher sich r ü h m e n durfte, über eine abgeschlossene Inventarisation seiner Kunstschätze zu verfügen, ein Ruhm, welcher ausschliesslich dem begabten Bearbeiter der «Kunstdenkmäler Graubündens» zuzuschreiben ist, wobei es erstaunlich und rätselhaft erscheint, wie rasch, intensiv und feinfühlend sich Erwin Poeschel i n die zunächst fast grenzenlos anmutende Welt des bündnerischen Kunst- und Kulturgutes einzufühlen wusste, war dieser grosse Gelehrte doch vorerst weder ein Bündner noch ein Kunsthistoriker, sondern ein Rechtsanwalt, welcher aus seiner bayerischen Heimat kommend i m Januar 1913 Davos erreichte und Genesung suchte i n der hellen, reinen Luft der sonnendurchfluteten Landschaft von Davos». Neben seinen Hauptwerken hat sich Poeschel in schier ungezählten Abhandlungen i n wissenschaftlichen Zeitschriften und in der Tagespresse immer wieder mit der Kunst, Kultur und Geschichte in einer sehr subtilen, feinen Sprache auseinandergesetzt. Diese ausserordentlichen Verdienste Poeschels um die Wissenschaft und Forschung wurden von der Universität Zürich mit der Verleihung des. Ehrendoktorates gewürdigt. * x * Mit Gesetz vom 28. II. 1944 betreffend den Denkmalschutz hatte die fürstliche Regierung den Auftrag erhalten, sämtliche Kunstdenkmäler des Landes aufnehmen zu lassen. Die W a h l des Bearbeiters unserer Kunstdenkmäler war f ü r die Regierung leicht gemacht, denn 10 die Situation war geradezu ideal, indem Dr. h. c. Poeschel soeben die Inventarisation in Bünden abgeschlossen hatte und über unseren damaligen Diözesanbischof Christianus Caminada eine gute Verbindung zu Dr. Poeschel hergestellt war. Dr. h. c. Poeschel nahm den Auftrag an und schon nach weniger als zwei Jahren legte er zur Freude aller ein druckfertiges Manuskript vor. Nur einem Manne, der schon über ein überdurchschnittliches Wissen und über grösste Erfahrung verfügt, ist es möglich, in so kurzer Zeit einen so grossen Stoff zu verarbeiten. Es war ein wirkliches Vergnügen ihn und seine Frau bei der Arbeit zu beobachten. Sein geschultes Auge sagte ihm bald, ob es sich um ein schützenswertes Kunstgut handle oder nicht. Wenn ja, so beschrieb er es i n einer so gepflegten Sprache, wie man sie selten noch findet. Überall fand er die richtige Nuance, mit jedem Problem wurde er sachlich und sprachlich leicht fertig. So wurden die «Kunstdenkmäler des Fürstentums Liechtenstein» zu dem was ich eingangs sagte, zu einem der gediegendsten Werke über unser Land. Alle, die mit Dr. Poeschel zusammenkamen, freuten sich über diesen vornehmen, hochgebildeten und doch so bescheidenen Menschen, der ganz i n seiner Arbeit aufging. Seine klugen, sprechenden Augen sahen alles, sein klarer Verstand verarbeitete das Gesehene mit grösster Sicherheit. Dr. h. c. Poeschel wird auch i n Liechtenstein nicht vergessen werden. Mit dem Werk über die «Kunstdenkmäler des Fürstentums Liechtenstein» hat er sich selber ein unvergängliches Denkmal i n unserem Volke gesetzt. 11
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