Kniegesundheit im Karate durch Ausrichtung der unteren Körperhälfte Wie schon in Teil I (Rückengesundheit im Karate durch Aufrichtung der oberen Körperhälfte, siehe Heft 2/2011 S. 4) zu sehen, kann Aufrichtung und Ausrichtung des Skeletts nicht nur die Karate-Techniken effektiver machen, sondern auch noch genau die Bereiche schützen, die die Karateka früher oder später plagen: den Rücken und – wie Teil 2 zeigen wird – die Knie. In Teil I haben wir dazu zu den Quellen des Karate geschaut – nach China. Viele der Übungen aus dem Qi Gong, welches aufgrund seiner Geschichte vorbereitende Übungen für Kampfkünste beinhaltet und nichts anderes heißt, als ‚mit dem Qi/Ki üben/arbeiten – können auch im Karate genutzt werden. Dazu muss man zunächst einmal den inneren ‚Bauplan‘ des Körpers visualisieren: sehr schön lässt sich eine spiralförmige Anordnung der Muskeln, Sehnen und Bänder und eine daraus resultierend der Statik des Skeletts nachzeichnen. Diese Vorgaben lassen sich bei der Ausführung von Bewegungen optimal nutzen. In Abbildung 1 ist schematisch dargestellt, wie sich die Kraftlinien im Bein bei richtig auf- und ausgerichtetem Fußgewölbe verhalten. Das aufgerichtete Fußgewölbe kann jede/r einmal selbst im Stehen ausprobieren. Durch Druck des Großzehballens nach vorne innen in den Boden entsteht bei gleichzeitigem Druck der Ferse nach hinten unten außen eine das Fußgewölbe nach oben aufrichtende Kraft. Die nach oben gerichtete Kraft setzt sich über die gesamte Beinmuskulatur bis zum Ansatz des Oberschenkels am Becken fort. Die ‚Verschraubung‘ der Muskulatur, die sich dabei um das Kniegelenk herum ergibt, ist das, was dem Knie besonderen Halt gibt. Die Herausforderung für den Karateka ist nun, diese Verschraubung in die Karate-Stände hinein zu übertragen. Die vorgegebene Ausrichtung der Gliedmaßen in den Ständen beinhaltet bei richtiger Ausführung bereits die Möglichkeit dieser inneren Verschraubung. Gleichzeitig lässt sich dann in der Bewegung eine Übertragung der Kraft, die über die Füße auf den Boden wirkt, über die gesamte ‚Muskel- und Gelenkkette‘ bis in die gerade ausgeführte Technik beobachten. Beim ‚Kraft aus der Erde holen‘ arbeiten wir also schlicht mit der Gegenkraft zur Erdanziehungskraft. Abb. 1: Stabilität des Kniegelenks durch Verschraubung, Quelle: Taijiquan & Qigong Journal, 2/2005, Heft 20, S. 41, Bild aus dem Artikel v. Daniele-Claude Martin Eine kleine Übung kann diesen komplexen Sachverhalt erfahrbar machen: man stelle sich hüftbreit in paralleler Fußstellung und mit der in Teil I beschriebenen Aufrichtung auf eine Matte und beschreibe mit den Knien langsam Kreise nach außen. Eine rotierende Gewichtsverlagerung wird an der Kontaktfläche zum Boden spürbar. Nun stoppe man das Knie kreisen nach einer Umdrehung. Es geschieht jetzt eine von den Füßen bis zum Scheitelpunkt aufrichtende Bewegung durch den gesamten Körper. Bei genauerem Hineinspüren kann man die oben beschriebene Verschraubung der Beine bemerken. Dies macht zunächst natürlich ‚nur‘ das Prinzip klar. Dieses nun in den gesamten Bewegungsablauf der Karate-Technik zu übertragen, bleibt die spannende Aufgabe des ständigen Trainierens und Weiter-Übens. Fragen zu den Übungen können gerne per Mail an mich gerichtet werden. Abb. 2: Erkennbar ist hier die Drehrichtung des Oberschenkels nach außen: muskulär überwiegen hier die Außendreher. Die Drehrichtung der Muskulatur am Schienbein ist hier dagegen links herum. Das Knie wird durch diese Aus- und Aufrichtung nach oben stabilisiert Foto: N. Mandel, Archiv WBC e.V. © Dr. Natalie Mandel, 4. Dan, DKV-A-Trainerin, Trainerin in der Prävention, Taiji-/Qigong-Lehrerin, Referentin der Deutschen Dan Akademie, 1. Vorsitzende und Pressereferentin des WBC e.V., www.kikonzept-online.de, www.karate-wedemark.de, [email protected]
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