Stadtanzeiger
winterthur
Dienstag, 9. Juni 2015
7
einwurf
von Peter Pfändler
Die Unfähigkeit
des Lernens
Mal ganz ehrlich jetzt: Dachten Sie
nicht schon mal: «Wie konnte das nur
geschehen?»
Geschichte interessierte mich schon
immer. Als kleiner Junge war es ein bisweilen romantisches Abtauchen in das
Heroische – ohne Nachfragen über
Ethik, Moral, Ursache und Auswirkung.
Dennoch wunderte ich mich oft: «Wie
konnte das nur geschehen?» Etwa, als
ich in einem Buch über die Französische
Revolution blätterte und mich über das
grausige Handeln jener Schergen ekelte,
die auf der Place de la Concorde eine Exekution nach der anderen durchführten.
Pervers: Der Pöbel applaudierte nach jedem abgetrennten Kopf durch die Guillotine. Heute schaue ich in den Mittleren
Osten, verfolge die dramatischen Enthauptungen des IS – ebenso vor applaudierendem Pöbel – und beginne zu verstehen: Der Akt der Barbarei ist deshalb
zeitlos, weil wir Menschen solches immer
noch tolerieren.
«Wie konnte das nur geschehen?»
ist nicht erst angesichts Tausender von
Flüchtlingstoten auf dem Mittelmeer zur
rhetorischen Farce verkommen. Vergleiche ich nämlich die politischen Abläufe
in den Geschichtsbüchern mit jenen von
heute, finde ich de facto keine grundsätzlichen Verhaltensunterschiede jener passiven Politiker, die Macht genug hätten,
um solche Ereignisse sofort zu stoppen.
Wenigstens geben sie mir Erklärungen
auf meine unbeantworteten Kindheitsfragen: «Wie konnte das nur geschehen?» konnte nur deshalb geschehen,
weil wir es geschehen liessen. Wie lange wollen wir es noch geschehen lassen?
Peter Pfändler ist Komiker und
Kommunikationsreferent
Bei der Steig, neben dem Porsche-Zentrum Winterthur, plant die El-Kart AG einen rund 3000 Quadratmeter grossen Eigenbau für das Tempodrom Winterthur und das Wunderland, ein Indoor-Kinderspielparadies. Links der neue Standort für den geplanten Gebäudekomplex. Das rechte Bild zeigt den Visualisierungsplan des Neubaus aus der Blickrichtung Steigstrasse Richtung Brütten hinauf (siehe roten Pfeil in der linken Abbildung). Bilder: pd./google maps
Parkplätze schuld am Umzug
Das Tempodrom Winterthur und
das Indoor-Kinderspielparadies
Wunderland müssen den Lagerplatz auf dem Sulzer-Areal verlassen. Im März des kommenden
Jahres läuft der Mietvertrag mit
der Stiftung Abendrot aus. Nun
soll bei der Steig mit einem Eigenbau ein neues Zuhause entstehen.
Mit Spitzengeschwindigkeiten von fast
55 km/h auf der 260 Meter langen Bahn
die Geraden runterrasen und durch die
engen Kurven rutschen, ohne dass die
Kleider nach Benzin und Öl riechen.
Damit ist es auf dem Lagerplatz in Winterthur bald vorbei. Das Tempodrom
mit der Gokart-Bahn und den ElektroKarts sowie das Wunderland, das einzige Indoor-Kinderspielparadies der Eulachstadt, müssen im März 2016 das
Sulzer-Areal verlassen. Doch die El-Kart
AG, die Betreiberin des Technodroms
Winterthur und des Wunderlandes, hat
einen neuen Standort für ihr Freizeitangebot gefunden. Der vierstöckige, rund
3000 Quadratmeter grosse Baukomplex
soll an der Steigstrasse neben dem Por-
sche-Zentrum Winterthur entstehen
(siehe Bild links). Bereits sind die ersten
Schritte zur Realisierung des rund 11
Wir wären
sehr gerne auf
dem Lagerplatz
geblieben.
Thomas Dinkel
CEO El-Kart AG
Millionen teuren Gebäudes getätigt. Anfang letzter Woche wurde bei der Stadt
die Baueingabe eingereicht.
Das neue Gebäude wird grösser
Geplant ist eine um 100 Meter längere Gokart-Strecke mit neu 360 Fahrmetern. «Dazu wollen wir auch das Wunderland vergrössern und den Kindern auf
2400 Quadratmetern Klettertürme und
Rutschbahnen zum Austoben anbieten»,
ergänzt Thomas Dinkel, Geschäftsleiter
der El-Kart AG mit Sitz in Winterthur.
Der 55-jährige Effretiker, der seit gut 30
Jahren in Winterthur tätig ist, hebt gleich
noch einen weiteren wichtigen Vorteil
des neu entstehenden Standortes hervor:
«Dort haben wir sicher genügend Parkplätze für all unsere Gäste.»
Die Parkplatzsituation ist auch der
Grund, weshalb die Stiftung Abendrot
den Mietvertrag mit der El-Kart AG gekündigt hat. Die Basler Stiftung plant als
Teil eines neuen Gestaltungsplanes für
das Lagerplatzareal einen sechs Millionen teuren Parkhausturm mit 138 Parkplätzen bei der Mündung der Jägerstrasse und der Strasse Zur Kesselschmiede.
Damit soll der Rest des Gebietes weitmöglichst autofrei werden. Thomas Dinkel sah ohne direkte Parkiermöglichkeiten vor seinem Gebäude keine Zukunft
für sein Freizeitangebot mit dem Tempodrom und dem Wunderland. Daraufhin
wurde ihm von der Stiftung Abendrot
der Mietvertrag gekündigt. Die El-Kart
AG liess das nicht auf sich sitzen. Sie erreichte vor Gericht eine Mieterstreckung
um dreieinhalb Jahre, die nun im März
des kommenden Jahres ausläuft.
«Schade, zuvor hatten wir nie Probleme mit dem Vermieter. Wir wären gerne
auf dem Lagerplatz geblieben, wenn wir
unsere Parkplätze hätten behalten können», kommentiert Thomas Dinkel den
Vorfall. «Ab März müssen wir für rund
ein halbes Jahr schliessen. Das neue Gebäude bei der Steig wird voraussichtlich
erst im Herbst fertig sein. Dann können
die Rennbegeisterten wieder die Gokarts
besteigen und die Kleinen sich im Wunderland austoben.» Der erste Schritt für
weiteren Renn- und Spielspass in Winterthur ist mit der Baueingabe für den
Neubau gemacht. Michael Hotz
Auch die ASVZ-KraftCardio-Arena zieht um
Auch die Kraft-Cardio-Arena des
Akademischen Sportverbands Zürich, eine Sportanlage für die Studenten des Kantons Zürich, muss
den Standort am Lagerplatz im
Sulzer-Areal verlassen. Die Sportstätte zieht in die neue BadmintonHalle Shuttlezone Winterthur um,
die Ende dieses Jahres fertiggestellt
werden sollte. In der neuen Halle
ebenfalls im Sulzer-Areal (Zur Kesselschmiede 37) wird der obere Stock
den Studenten für ihre Sportaktivitäten zur Verfügung stehen. mth.
Weitere Informationen:
www.asvz.ch
www.shuttlezone.ch
Manege frei für die kleinen Artisten
Im Zirkus auftreten und den
tosenden Beifall des Publikums
geniessen – das konnten die
Kinder der Tagesschule Schönengrund in Winterthur letzte Woche.
Die Trapezkünstlerinnen strecken die
Hände zusammen und vergleichen begeistert die Hornhaut und Blasen.
«Schaut mal hier», sagen sie und betrachten die Handflächen. Doch dann
ruft die Lehrerin. Es ist Zeit für einen
Probedurchlauf, schliesslich soll die
Nummer an der grossen Vorstellung am
Freitag perfekt sitzen.
Eine ganze Woche haben die Kinder,
zwischen fünf und sechzehn Jahren, verschiedene Nummern und Kunststücke
einstudiert. Diese präsentierten sie letzten Freitag den stolzen Eltern und Geschwistern.
Jeden Morgen treffen sich die kleinen Artisten zu einer gemeinsamen Eröffnung im Zirkuszelt, wo ihnen die Artisten des Circus Luna eine kleine Vorstellung gaben. Den Tag verbringen die
Kinder dann jeweils in ihren Gruppen.
Sie konnten im Voraus selber entscheiden, ob sie Hasen aus dem Hut ziehen,
Feuerbälle spucken oder sich auf Nagelbretter legen wollten.
Feuer spuckende Lehrer
Geleitet werden die diversen Gruppen
von den Lehrern und den Profiartisten.
Weil nicht alle Lehrer wissen, wie man
eine brennende Fackel schluckt oder
Feuer spuckt, erhielten sie zuvor eine
Einführung vom Circus Luna.
«Wir sind alle viel enger zusammengewachsen in der Projektwoche», sagt
Schulleiterin Anna Graf. Die Kinder lernen einander besser kennen und zu vertrauen. Schliesslich braucht es das für
Zoë (10) vollführt ihre Übung am Tuch ohne Schwierigkeiten.
viele Übungen, vor allem in der Trapezgruppe. Wenn die 8-jährige Lou an den
Händen ihrer Kollegin hängt, hat sie keine
Angst. «Ich mache dann das Vogelnest»,
erklärt sie und zeigt das gleich vor: Sie legt
sich mit dem Bauch auf den Boden und
umfasst mit den Händen die Beine. «So
geht das, nur dann in der Luft.» Auch Julia
(10) ist begeistert vom Trapez. Angst vor
der grossen Vorstellung hat sie aber keine. «Ich spiele Klarinette, da bin ich es gewohnt, vor vielen Leuten aufzutreten.»
Köche, Schneider und Artisten
Stolz präsentieren die Trapezkünstler
die gerade fertig gewordenen Kostüme.
An ihrer Vorstellung, die laut Lou «einfach cool» ist, treten sie in glitzernden
Oberteilen und schwarzen Leggins auf.
Diese wurden von der Schneidereigruppe für sie angepasst.
Während auf dem Pausenplatz die
Jongleure proben, gehen Kinder mit
selbst gebastelten Kochhüten vorbei. Sie
sind an den drei Vorstellungen am Freitag für das leibliche Wohl der Zuschauer verantwortlich. Gebrannte Mandeln,
selbst gemachten Eistee und Kuchen
bieten sie in ihren Bauchläden an. Damit auch die Fünfjährigen beim Verkaufen nicht übers Ohr gehauen werden,
helfen die Eltern mit.
Die Köche verschwinden im Schulhausgebäude, wo eine weitere Gruppe
damit beschäftigt ist, Souvenirs der Projektwoche herzustellen. Doch am liebsten soll diese Woche gar nicht vorbeigehen, finden die Kinder. «Ich könnte immer so weitermachen», sagt Julia (10).
«Tschau, tschau, goodbye, adios»,
singen die Kinder laut. «Und tschüss,
it’s time to go.» Mit diesem letzten Lied
beenden sie die Zirkusvorstellung und
verabschieden sich von ihrer aufregenden Projektwoche. Leonie Vogt
Auch das Verbeugen will gelernt sein. Die Profis zeigen, wie es geht.
Farbige Bänder bei den Jongleuren.
Die Artisten auf dem Weg ins Zelt.
Die Akrobaten bauen eine leicht wackelige Pyramide. Bilder: leo.